Niho - Kommentare

Alle Kommentare von Niho

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    Niho 07.07.2016, 23:28 Geändert 14.10.2018, 22:54

    Seit 2009 hatte Michael Moore keinen weiteren Film gemacht. Vergangenes Jahr kündigte er dann seinen nächsten Film, der seit fast einem halben Jahr auch in Deutschland zu sehen ist, an.
    Denkt man beim erstmaligen Blick auf das Filmplakat zuerst an einen Film, der sich (schon wieder) mit der US-Amerikanischen Außenpolitik beschäftigt, wird man dann schnell eines Besseren belehrt: Augenzwinkernd reist Moore durch hauptsächlich europäische Länder, um gute Ideen zu "stehlen". Zwar hat "Where to Invade Next" so einen roten Faden, der aber erstens schnell kein besonders guter Gag mehr ist und zweitens auch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass Moore sich hier mit viel zu vielen Themen oberflächlich auseinandersetzt. Da geht es mal um das Gesundheitswesen, dann um Bildung, danach um Drogenpolitik, Gefängnisse, Arbeitnehmerrechte, Todesstrafe, Feminismus und schließlich auch noch um die Finanzkrise.

    Das wäre erstmal kein Grund, "Where to Invade Next" allzu schlecht zu sehen, wenn wenigstens das Gesamtkonzept überzeugen würde. Und stellenweise kann man wirklich nicht leugnen, dass der Film wirklich unterhaltsam ist, auch wenn ihm einige Minuten weniger gut getan hätten.
    Viel schlimmer als das ist stattdessen die vereinfachte und populistische Sichtweise von Moore, die besonders bei "Fahrenheit 9/11" oder auch bei "Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte" (in diesem Fall mit einer grauenvoll personalisierten und verkürzten Kapitalismuskritik) schon hervortrat.
    Hier wird sie nun auf die Spitze getrieben: Glaubt man dem Film ist Europa ein einziges Paradies. So werden teilweise lange Landschaftsaufnahmen mit malerischer Musik im Hintergrund oder lachende Menschen eingeblendet, während in Bezug auf die USA ganz andere Bilder gezeigt werden: Militär, Gewalt, Korruption, Armut.
    Ein Beispiel: Laut "Where to Invade Next" scheint Deutschland das Land zu sein, in dem alle total glücklich durch die Gegend laufen, alle paar Monate eine 3-wöchige Kur vom Arzt verschrieben bekommen und nicht zuletzt auch an die Zeit des Nationalsozialismus zurückdenken, derer sich alle schuldig fühlen, weswegen die Verurteilung rechten Gedankengutes quasi zur Staatsräson geworden ist.
    Wow. Ich weiß nicht, welches Deutschland Michael Moore während der Dreharbeiten besucht hat, aber ich kann mich nicht erinnern, jemals in so einem Land gelebt zu haben. Dass Moore schließlich auch Holocaust und bestimmte Aspekte der US-Amerikanischen Geschichte parallelisiert, ist die Spitze des Eisbergs der Geschmacklosigkeit.

    Zwischendurch erweckt Moore oft den Anschein, als wollte er die USA zum zur Nation gewordenen Bösen erklären. Damit bedient er nicht nur ein schlichtes antiamerikanisches Ressentiment, sondern zeichnet auch ein dualistisches Weltbild und versinkt so in Extremen, ohne in irgendeiner Weise zu differenzieren.

    Klar - wie schon so oft steckt in dem, was er sagt, ein zumindest teils wahrer Kern und Moore hat sicherlich auch gute Absichten, aber seine Kritik ist letztendlich unnütz, wenn er die teilweise bemerkenswerten Konzepte aus den verschiedenen Ländern in dieser pauschalisierenden und mit dümmlichen Vergleichen durchzogenen Form darstellt.

    Alles Schlechte wird auf der Seite, die den USA "gegenübersteht", wegretuschiert. Wenn Moore dann sogar den Iran als Positivbeispiel anbringt, fragt man sich, ob Moore sich diesen Schwachsinn überhaupt noch selbst abkauft.

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      Niho 04.07.2016, 22:54 Geändert 29.11.2018, 17:23

      Wie schon bei anderen Filmen, die nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren ("Open Water", "Gravity", "127 Hours", teilweise "All is Lost"), beweist auch "The Shallows", dass schon eine simple Grundidee den Stoff für gut 80 Minuten Nervenkitzel liefern kann.
      Genauso schnell wie man das merkt, wird allerdings auch deutlich, dass der Film eben nicht mehr bietet als das, was man nach dem Trailer sowieso schon erwartet hat. Die Erwartungen sollte man also danach richten, wie der Trailer einem gefallen hat. Die bessere Alternative wäre aber wohl, den Trailer gar nicht erst zu schauen, um nicht in fast jeder Szene ein Déjà-vu zu erleben.

      "The Shallows" hat dabei einen ruhigen Einstieg, der seine Zeitlupenaufnahmen so extrem ausreizt, dass man nach rund 20 Minuten wirklich froh ist, dass das endlich aufhört, wenn die Hauptperson Mia schließlich ihren schon bekannten Platz einnimmt. Black Lively, die somit den ganzen Film allein tragen muss, meistert ihre Rolle dafür aber wirklich gut.
      Auch die hektischen Kamerafahrten - oftmals wechselnd zwischen Oberfläche und Wasser - unterstreichen die Spannung noch einmal doppelt.
      Bestimmte Klischees will "The Shallows" dann aber vor allem am Ende nicht auslassen, wenn man die angedeutete Hintergrundgeschichte noch einmal herausholt, um ein bisschen für Emotion zu sorgen, ehe der Hai wieder um die Ecke kommt.

      Fazit: "The Shallows" siedelt sich letztendlich irgendwo im Mittelfeld an, wenn man ihn mit anderen Genrevertretern vergleichen möchte. So ist er definitiv besser als "Open Water" (allein schon aufgrund des Schauspiels), aber kommt aufgrund von fehlenden Ideen (und natürlich auch begrenzten Möglichkeiten) zum Beispiel nicht an einen denkwürdigen Film wie "All is lost" heran. Das muss er aber auch überhaupt nicht. Für kurzweilige Abendunterhaltung ist er quasi perfekt geeignet.

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        Filme wie "Green Room" hat es schon viele gegeben. Hoffnung weckte der Film aber wahrscheinlich gerade dadurch, dass es danach aussah, als läge ein realitätsnahes und mit originellen Ideen zugepflastertes Kammerspiel vor.
        Und ja - man muss "Green Room" auch zugestehen, dass er in Sachen Nervenkitzel ein ganzes Stück besser funktioniert, als viele andere Filme, in denen versucht wird, einen Thriller auf engem Raum mit minimaler Handlung auf die Beine zu stellen. Das liegt hier nicht zuletzt auch an der glaubwürdigen Szenerie, der Kamera, die sich stets eng an die handelnden Personen hängt, an den facettenreichen Kostümierungen oder den Schauspielern, unter denen vor allem Patrick Stewart besticht. Handwerklich ist "Green Room" also absolut stark inszeniert - teilweise mit subtilem Einsatz von Musik, andererseits aber auch mit kompromissloser Gewalt.
        Dennoch ist "Green Room" insgesamt nicht wirklich rund: Deutlich wird das, wenn die Protagonisten gerade zu Beginn gnadenlos dümmlich und ohne einen Hintergedanken agieren. Das ist besonders dann schade, wenn man bedenkt, dass man im Mittelteil im Gegensatz dazu versucht, fast jede Figur glaubhaft erscheinen zu lassen, was mal mehr und mal weniger funktioniert.
        Dass der Film nicht lange zögert und so auch einen relativ hektischen Mittelteil hat, würde zudem auch nicht weiter stören, wenn Saulnier das Ende dann nicht so dermaßen langwierig und vor allem belanglos inszeniert hätte, dass man als Zuschauer schon leicht enttäuscht ist.

        Fazit: Spannend, brutal, nervenaufreibend - ein beträchtlicher Teil von "Green Room" ist wirklich durch und durch sehenswert. Einige Mängel senken das Niveau schließlich wieder. Nichtsdestotrotz eine Empfehlung besonders für Thriller-Fans, auch wenn man die Erwartungen nach den überschwänglichen Kritiken zumindest leicht zurück fahren sollte.

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          Mit "11.22.63" liegt nun also die Serienadaption von Stephen Kings "Der Anschlag" vor. Ein Buch, das durchaus eine herausragende Rolle im Schaffen von King darstellt, da es sich weit abseits der üblichen Horrorgeschichten, die zumeist schon verfilmt wurden, bewegt. "Der Anschlag" zählt in der deutschen Taschenbuchausgabe über 1100 Seiten. Die Handlung erstreckt sich dementsprechend über 5 Jahre. Da verwundert es nicht, dass "Der Anschlag" überhaupt nur als (Mini-)Serie umgesetzt werden konnte. Und selbst da wurden schon allerlei Abstriche gemacht: So erstreckt sich die Handlung in der Serie beispielsweise nur über 3 Jahre und auch zwischendurch wird auch so mancher Handlungsstrang gekürzt oder ganz entfernt. Trotzdem, und das hat man wahrscheinlich der Mitwirkung Kings am Drehbuch zu verdanken, wurde die Story nicht komplett verstümmelt, sondern, zumindestens größtenteils, sinnvoll eingekürzt. Dadurch wirkt die ganze Serie meist weder gehetzt, noch langwierig. Es ist zwar trotzdem zu empfehlen, die Buchvorlage zuerst zu lesen, aber in diesem Fall wäre es wohl keine Katastrophe, wenn man es nicht tut. Beim Lesen des Buches nach der Serie sollte man sich allerdings bewusst sein, dass King dort eine viel weiter ausschweifende Geschichte erzählt.

          "11.22.63" beginnt in der fast eine 1 1/2 Stunde langen Pilotfolge ziemlich unvermittelt. Das nimmt vorerst auch keinen Abbruch, weil die erste Folge unheimlich stark mit den verschiedensten Ereignissen vollgepackt ist, die teilweise auch neu zur Serie hinzugefügt wurden. James Franco passt, den Erwartungen zum Trotz, überraschend gut in die Rolle des Jake Epping und auch sonst ist besonders die Inszenierung unheimlich glaubhaft und detailverliebt. Einzig die Farbübersättigung der Vergangenheit gegenüber der Gegenwart erscheint etwas zu gewollt und übertrieben.
          Für die Leute, die das Buch gelesen haben, wird besonders hier und wiederholt am Ende der Serie deutlich, dass doch viele Einzelheiten aus der Serie geschnitten wurden. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich dann auch daran, weil das Gesamtpaket trotzdem stimmt.
          Mit fortschreitender Laufzeit der Serie wird allerdings immer deutlicher, dass dafür auch neue Ideen ihren Platz in "11.22.63" fanden. Selbst die Einführung neuer Figuren und/oder das frühere Begegnen mit bestimmten Figuren scheint gerade für das Serienformat schlüssig. Wichtig ist schließlich vor allem das die Faszination und Spannung, die auch schon das Buch ausübte, erhalten bleibt.

          Nach der Pilotfolge ist die Länge der Folgen danach zwischen 40-60 Minuten angesiedelt. Der Serie tut es durchaus gut, dass sich nicht zwanghaft an eine bestimmte Länge für jede Folge gehalten wurde. Die Cliffhanger sind damit meist gut gesetzt. Wer das Buch noch nicht gelesen hatte, sollte beim Schauen der Serie aber besonders keine falschen Erwartungen haben: Denn das letztendliche Attentat ist der Schluss, auf den "11.22.63" stetig hinarbeitet. Bis dahin werden einige Handlungsstränge gesponnen, die von Liebesgeschichte bis Spionagestory ein großes Spektrum abdecken. Zugegeben, Folge 3 und Folge 4 können nicht ganz mit dem Rest der Serie mithalten, was den Unterhaltungsfaktor angeht. Das ist aber aufgrund der großartigen Schauspieler und der klugen Geschichte schnell vergessen, weil es danach auch wieder richtig los geht. Das Ende ist dafür dann dermaßen spannend, dass man auch wie gefesselt da sitzt, wenn man den Ausgang der Geschichte schon kennt. Die achte und letzte Folge war mir persönlich fast schon etwas zu vollgepackt, weswegen mir ein Teil davon auch etwas zu kurz kam, was im Buch glaubhafter und ausführlicher erzählt wurde (Leser des Buches wissen wahrscheinlich von was ich rede). Emotional wird es allerdings, wie im Buch, auch in der Serie.

          Fazit: Trotz kleiner Mängel ist "11.22.63" eine extremst starke Serie, die beim Zuschauer nie für Langeweile sorgt. Eine der Serien, nach deren Ende man traurig ist, dass es schon vorbei sein muss.

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          • Niho 30.03.2016, 23:00 Geändert 30.03.2016, 23:00

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            Niho 11.03.2016, 22:48 Geändert 07.05.2018, 09:24

            In 153 Minuten erzählt „Der Untergang“ den Verlauf der letzten Tage in Berlin '45, speziell im Führerbunker. Hätte ich mir die Fernseh-Fassung gegeben, wären gleich nochmal weitere 30 Minuten dazugekommen. Ich bin froh, dass ich mir wenigstens das gespart habe, denn „Der Untergang“ erzählt letztendlich zu wenig in zu langer Zeit. Groß und breit bekommt der Zuschauer einen Mix aus Diskussionen im Führerbunker, einschlagenden Bomben in Berlin und eine mit großen Rehaugen dreinschauende Sekretärin zu sehen. Auf jene Sekretärin beruft sich auch der komplette Film. Wird diese Figur hinterfragt? Nö. Sie wusste natürlich von absolut nichts, was uns gleich am Anfang näher gebracht wird, damit ja keine Zweifel aufkommen. Aus genau diesem Grund ist sie auch so überrascht, als Hitler sich über die Vernichtung der Juden auslässt. Unsere Protagonisten fragt sich plötzlich, ob das denn wirklich wahr sein kann: Hitler – ein Antisemit? Das ist ja gar nicht zu fassen! Als Zuschauer fragt man sich einfach nur, ob die Traudl die 12 Jahre vor 1945 etwas verpasst hat.

            Aber man bekommt ja auch selbst bekommt ganz neue Einblicke in die Lebenswelt des Adolf Hitler. In seiner sterilen Möchtegern-Hollywood-Inszenierung scheint der Film immer wieder wiederholen zu wollen, dass Hitler ja auch ein Mensch war. Was für eine bahnbrechende Erkenntnis!
            Die Antwort auf die Frage, was es dem Zuschauer jetzt aber bringen soll, zu wissen, welche körperlichen Beschwerden Hitler vor seinem Tod hatte und dass er seinen Hund ganz sehr lieb hatte, scheint dennoch ein Geheimnis zu bleiben. Ob das nun wirklich stimmt oder einer neuen Schlagzeile der Bild-Zeitung entnommen ist, sei mal dahin gestellt, aber das eigentliche Problem ist doch, dass es hier nicht darum geht, dass man Hitler in der Inszenierung zu nahe kommt. Das Problem liegt in der Tatsache, dass „Der Untergang“ nach Mitleid für die handelnden Personen zu betteln scheint. Darüber hinaus wird die NS-Herrschaft personalisiert auf eine kleine Gruppe von Menschen beschränkt. "Der Untergang" kommt so zuweilen als filmische Begründung für das vermeintliche "Von nichts gewusst" der damaligen Bevölkerung daher.
            Da wundert es dann auch nicht mehr, wenn Albert Speer und Arzt Dr. Schenk, letzterer war im KZ Mauthausen für Menschenversuche verantwortlich, schnell mal zu freundlichen Identifikationsfiguren stilisiert werden.
            Das ist fast so interessant, wie die Tatsache, dass unsere Traudl mit einem SS-Mann verheiratet war, was im Film selbst aber verschwiegen wird.

            Warum hier gefühlt so gut wie alle deutschen Schauspieler mitgespielt haben, wird von Minute zu Minute unverständlicher. Da nützt es dann auch nichts mehr, wenn Bruno Ganz seine Rolle hervorragend spielt.

            Der Sozialpsychologe Harald Welzer kritisierte an „Der Untergang“ nicht nur, dass er den Anspruch erhebt „wirklicher als die Wirklichkeit zu sein“, sondern formulierte auch treffend, dass er „eben nur das Ende einer Geschichte erzählt, ganz wie es die mediale Geschichtsdiditaktik von Guido Knopp über Günther Grass bis Jörg Friedrich vorbereitet hat.“
            Und eben diese geschichtsrevisionistischen Tendenzen machen den Film so unerträglich.

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              Niho 04.03.2016, 20:03 Geändert 04.03.2016, 20:03
              über Clown

              Wirklich überraschen wird es wohl keinen, dass es sich bei "Clown" nicht um die fulminante Wiederbelebung des Mythos um den mordenden, bösen Clown handelt, wie ihn spätestens seit "Es" wohl jeder kennt. Gerade deswegen ist es aber auch umso schöner zu sehen, dass "Clown" zumindest mit einigen Ideen punkten kann, auch wenn der Trailer schon relativ viel verrät.
              Zwar ist der Film in einigen Momenten, dank unheimlich prominenter Schauspielriege und wahrlich kreativen Dialogen, unfreiwillig komisch, aber das bringt wenigstens etwas Abwechslung in die Geschichte, wenn sie mal wieder Gefahr läuft, in das Schema F des Horrorfilms abzurutschen.
              Nötig ist es eigentlich auch nicht, dass "Clown" beinahe 100 Minuten lang ist. Wäre der Film rund 15-20 Minuten kürzer, hätte "Clown" ein unterhaltsamer Slasher werden können. So wird leider etwas zu sehr versucht, auf Krampf noch eine Hintergrundgeschichte aufzubauen.
              Allein die letzten Minuten sind dann noch einmal ein völliger Fehlgriff und könnten aus jedem anderen Horrorfilm - natürlich mit je einem anderen Monster - stammen.

              Fazit: "Clown" ist weit davon entfernt wirklich langweilig zu sein. Aber mehr als eine Mischung aus Body-Horror, Horror-Klischees und einigermaßen gut umgesetzten Einfällen braucht man dann auch nicht erwarten.

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                Niho 11.02.2016, 22:14 Geändert 02.07.2016, 21:12
                über 1984

                "1984" ist längst zum Synonym für einen diktatorischen Überwachungsstaat, für eine gnadenlose Dystopie und für eine entmenschlichte Gesellschaft geworden, selbst bei Leuten, die weder das Buch noch den Film kennen. Dabei ist Orwells 1949 erschienener Roman und die Verfilmung von 1984 heute immer noch zeitlos aktuell und hat an all seiner Brisanz nichts verloren.
                Der Film schafft es dabei perfekt, die bedrückende Atmosphäre des Buches glaubhaft zu vermitteln, ob nun durch die ungesättigten Bilder oder die kalte Szenerie. Teilweise werden einige Details ausgelassen oder die Chronologie wird verändert, aber "1984" scheint eine der wenigen Verfilmungen zu sein, die trotzdem keineswegs schlechter sind als das Buch. Im Gegenteil, es bringt dem Zuschauer noch einmal eine teils ganz neue Inszenierung von Orwells Roman näher. Die Rollen sind dabei ebenso passend besetzt.
                Abgesehen von der ansonsten hervorragenden Umsetzung weist "1984" dann aber die gleichen Kritikpunkte auf, wie schon die Buchvorlage. Die Geschichte an sich ist interessant und man möchte unbedingt wissen, wie es weitergeht, aber dennoch würde ich "1984" nur Leuten empfehlen, die sich im Klaren darüber sind, dass man bei diesem Film keinen Nervenkitzel zu erwarten braucht und die gesamte Handlung, besonders, wenn das Ende näher rückt, auch ziemlich bedrückend ist. Solange man also mit der richtigen Einstellung an den Film herangeht, erlebt man mit "1984" zweifellos ein wichtiges Stück Filmgeschichte.

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                  Mit "Kill the Boss 2" liegt also schon seit über einem Jahr der zweite Teil des originellen Erstlings von 2011 vor. Und aufgrund der durchwachsenen Kritiken war der Film auch erstmal wieder aus meinem Blickfeld verschwunden. Dass er aber dennoch nicht so schlecht ist, wie man vielleicht vermuten könnte, bewies er dann relativ schnell. Natürlich hatte der erste Teil noch den zusätzlichen Bonus, dass man diese Art von Story bis dahin noch nie in dieser Form gesehen hat. Trotzdem ist es erstmal gut zu sehen, dass man zumindest versucht hat, etwas Neues einzubauen und nicht die Geschichte von Teil eins nur mit anderen Charakteren nacherzählt.
                  Allerdings trat mit zunehmender Laufzeit aber wieder die selbe Beobachtung wie im ersten Teil ein: Während der Film am Anfang wirklich noch Spaß macht, lässt die Witzdichte schließlich mehr und mehr nach und der Film vermag nicht mehr wirklich zu begeistern. Da hilft dann auch die bekannte Schauspielerriege (u.a. Christoph Waltz) auch nicht mehr weiter.

                  Fazit: Nicht ganz so gut wie Teil 1, aber trotzdem lohnenswert für ein bisschen Schmunzeln zwischendurch. Wer aber schon mit dem ersten Teil nichts anfangen konnte, wird hier wohl auch eher wenig begeistert sein.

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                    Villeneuve hat bereits 2009 mit "Polytechnique" ein Drama abgeliefert, wie man es in dieser Form selten so intensiv, hart und schrecklich realistisch erlebt hat. In kühlen Bildern erzählt er die Geschichte von Menschen, die durch einen Mann ums Leben kommen, der all seinen Hass auf eine bestimmte Gruppe von Menschen projiziert. Die Tatsache, dass der Film von realen Ereignissen handelt, verwundert nicht, wenn man überlegt, wie oft die Nachrichten Bilder von Amokläufen zeigen.
                    "Polytechnique" ist demnach auch kein Film, den man sich ansieht und danach sofort wieder vergisst: Nicht nur die Darstellung und die dazugehörige Kameraführung, sondern auch die Leistungen der Schauspieler sorgen letztlich dafür, dass Villeneuves dritter Film nicht allzu schnell in Vergessenheit gerät.
                    "Polytechnique" setzt nicht nur ein Zeichen gegen blinden Hass, sondern führt die trostlose Geschichte für einige Charaktere noch weiter aus, wobei der Film dabei nicht immer chronologisch erzählt wird.

                    Fazit: Mit 77 Minuten relativ kurzer Film, der schonungslos realistisch inszeniert ist und gerade deswegen ein herausragendes, beklemmendes Drama darstellt.

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                      Man möge meinen, dass ein Spielfilm, der den "Slender Man"-Mythos in den Mittelpunkt rückt, eigentlich groß vermarktet werden müsste oder zumindest im Kino laufen sollte, da der gesichtslose Unbekannte ja schon seit Jahren durch diverse Creepypastas, die "Marble Hornets"-Webserie und natürlich die zahlreichen Videospiele bekannt ist. Bei "The Operator" (Was soll denn der Titel?), im Original "Always Watching", wird aber schon nach einigen Minuten klar, warum es sich dabei um eine Direct-to-DVD Veröffentlichung handelt.
                      Aber erstmal zum Positiven: Immerhin verfügt der Film über eine noch nicht dagewesene Handlung und hat zwischendrin auch mehrmals einige Ideen, die doch überzeugen können, ob nun die gelungene Verknüpfung von Story und Found-Footage-Stil oder auch die Idee, die Geschichte ausgehend von einer verschwundenen Familie zu erzählen, um sie letztlich auch zu einem akzeptablen Abschluss zu führen.
                      Sonst folgt "The Operator" aber durchgehend dem Schema F des Found-Footage Films: Die Charaktere lieblos, die Dialoge unfreiwillig komisch, die Bildstörungen nervig, das Bild der Kamera allzu oft verwackelt.
                      Und ansonsten? Ein Wechsel aus Szenen, in denen sich die Protagonisten hysterisch streiten und halbwegs gut inszenierten Gruselmomenten, die nicht immer aber zumindest manchmal funktionieren.

                      Fazit: "The Operator" erfüllt die Erwartungen für alle, die relativ verdauliche Found-Footage Kost erwarten. Im Vergleich mit anderen Filmen des Genres überdurchschnittlich gut, insgesamt aber nicht weiter erwähnenswert.

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                        Niho 22.12.2015, 22:11 Geändert 22.12.2015, 22:13

                        Stephen King - Verfilmungen nehmen in der Welt der Filme wohl immer eine Sonderstellung ein. Die verschiedenen Werke schwanken dabei von äußerst negativ bis absolut herausragend. "Es", als eine der bekanntesten Verfilmungen (wahrscheinlich, weil es auch eines seiner bekanntesten Bücher ist), siedelt sich letztendlich irgendwo im Mittelfeld dieser Skala an. Überraschenderweise finden sich dennoch viele Gemeinsamkeiten mit der Vorlage, die ich für einen sehr guten Roman halte, aber nicht für den besten King. So bietet der Film wie das Buch eine sehr gute erste Hälfte, wobei man auch hier schon merkt, dass das Medium Film überhaupt gar nicht zur Inszenierung einer 1500-seitigen Vorlage geeignet ist, egal ob nun Szenen ausgelassen, deren Anordnung durcheinander getauscht oder "nur" stark gekürzt werden. Das Konzept von "Es" als Film verhindert also von Anfang an, dass man die Charaktere gut zeichnen könnte, was widerum dazu führen würde, dass man als Zuschauer mit den Figuren mitfiebert. Im Buch ist es beispielsweise auch nicht schlimm, wenn man jedes Detail über die Lebensgeschichten der Hauptfiguren erfährt, während es hier eben nicht funktioniert, weil man gar nicht die Zeit hat, etwas über sie zu erfahren. Da ändert dann auch die Tatsache, dass man die Protagonisten mit passenden und guten Schauspielern besetzt hat, nichts mehr. "Es" kämpft leider über mal kürzere, ab und an auch über längere Strecken mit einem Mangel an Spannung, was aber teilweise auch im Buch so war, wenn auch nicht so auffällig.
                        Vereinzelt werden auch neue, aber sehr kurze Szenen in den Handlungsverlauf eingebunden. Diese dienen dabei aber mehr der Ergänzung und Fokussierung auf Pennywise als einem Ausbau der Geschichte. Mit Pennywise kommt man zu einem der nächsten Probleme des Films: Im Buch als facettenhafte, unheimliche Personifikation des Bösen dargestellt, verzerrt Tim Curry sie im Film zur bloßen Klamauk-Figur, die mit feinfühligem Grusel nichts mehr gemein hat. Ja, DIESE Rolle spielt er durchaus gut. Die Rolle, die allerdings Es ist, hat nichts mit ihm zu tun.
                        Zugegeben, an einigen Stellen ist die Inszenierung wirklich gut gelungen, beispielsweise bei den Momenten in der Kanalisation. Das bleibt allerdings auch nur solange so, wie man nicht mit vollkommen übertriebenen und billigen Effekten versucht, den Film schockierender zu machen. Überhaupt fragt man sich, was "Es" nun zu einem Horrofilm machen soll. Man kann "Es" dennoch nicht aberkennen, dass die Geschichte über bestimmte Teile auch fasziniert und damit unterhält, aber aus dieser Vorlage hätte man mehr rausholen können. Beispielsweise endet der Handlungsstrang in der Vergangenheit schon nach der ersten Hälfte, was storytechnisch durchaus als großer Fehler zu sehen ist, vor allem wenn danach noch einmal vereinzelte Szenen wiederholt werden, bei denen nicht so recht klar wird, warum. Immerhin kann man ebenso wenig abstreiten, dass der Film an ein paar Stellen noch relativ innovativ ist.
                        Vom Ende habe ich schlussendlich nicht einmal viel erwartet, da ich es schon im Buch als schrecklich überzogen und inhaltsleer, also insgesamt sehr seltsam empfand, was letztendlich zu einer Trübung des Gesamtwerkes führte. In dieser Hinsicht haben sich meine Erwartungen ungefähr bestätigt, da der Film hier ähnliche Darstellungen an den Tag legte.

                        Fazit: Mittelmäßige Verfilmung, die teilweise die gleichen Schwächen wie das Buch aufzeigt, eben nur noch einmal verstärkt, obwohl man den Machern nicht vorwerfen kann, sie hätten es nicht wenigstens versucht. Zusammenfassend bleibt die Erkenntnis, dass "Es" nicht als Film geeignet ist. Als Serienadaption hätte man da definitiv mehr Chancen, etwas mehr aus dem Buch heraus zu kitzeln.

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                        • 8

                          Letztendlich "The Gift" hat meine relativ hohen Erwartungen erfüllt, womit er wohl einen der letzten Geheimtipps im Kinojahr 2015 darstellt. Das liegt nicht nur an überzeugenden Schauspielern, wie z.B. Joel Edgerton, der seine Rolle glaubhaft spielt. Jason Bateman bestätigt dabei nach "Disconnect" ein zweites Mal, dass er auch außerhalb von Komödien kann.
                          Der Film ist dabei irgendwo zwischen Drama und subtilem Psychothriller angesiedelt, schafft es deswegen auch immer, trotz einiger minimaler Längen, den Bogen wieder zu bekommen und die Geschichte in eine unbekannte, neue Richtung zu lenken. Hervorzuheben ist dabei vor allem die Charakterentwicklung, die im längeren Verlauf des Films immer stärker zur Geltung kommt.
                          Einzig allein das zugegeben fiese Ende hat meine Erwartungen nicht voll und ganz erfüllt, auch wenn es letztlich dazu beitrug, den Film rundum passend zu beenden.

                          Fazit: Spannender Thriller, der über seine Laufzeit mit subtilem Nervenkitzel spielt und in wenigen Momenten mit kleinen Schwächen zu kämpfen hat.

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                          • 5 .5

                            Und noch einmal Roth: Nach seinen beiden aktuelleren Streifen "The Green Inferno" und "Knock Knock" habe ich mir mit "Cabin Fever" nun also auch noch den Ekel-Horror-Kult Streifen schlechthin angesehen. Ich bin aber froh, dass ich nicht mit großartigen Erwartungen an den Film heran gegangen bin. Und ehrlich gesagt ist der Film sogar noch relativ gut auszuhalten...wenn man ihn mit Humor nimmt.
                            In diesem Fall funktioniert das also noch, was in so ziemlich allen darauf folgenden Filmen Roth's nicht mehr möglich war und sie deswegen lächerlich wirken ließ.
                            Aber trotz des Trash-Faktors, der miserablen Schauspieler und der wiederkehrenden Klischees kann man nicht leugnen, dass "Cabin Fever" nach den ersten 30 Minuten in Sachen Spannung ordentlich dazu gewinnt. Das und die Jumpscares, die ich in keinen anderen Film so aufdringlich erlebt habe, zwingen den Zuschauer zwar nicht dazu, mit den Figuren mitzufiebern, aber für kurzweilige Unterhaltung reicht es völlig aus.

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                            • 2 .5

                              Deutschland im Oktober 2015. 490 Anschläge auf Flüchtlingsheime sind zu verzeichnen. Pegida bekommt wieder Zulauf. Politiker, die vermeintlich in der Mitte stehen, stigmatisieren alles Fremde.
                              Rassismus wird alltagstauglich...oder war er es schon immer?
                              Mittendrin: "Er ist wieder da" - Ein Film über die Rückkehr von Adolf Hitler im modernen Deutschland. Geschmacklos und unpassend oder niveauvolle Satire?
                              Auf jeden Fall scheint der Film die Massen in die Kinos zu locken, denn das Kino war restlos ausverkauft, als ich mir heute den Film angesehen habe und froh war, noch einen Platz bekommen zu haben, wenn auch in der ersten Reihe.
                              Schon der Kinosaal schien einen einen Querschnitt der Gesellschaft darzustellen, denn von Jung bis Alt war alles dabei.

                              Es ist schon etwas her, seit ich die Buchvorlage von Timur Vermes gelesen habe. Ich habe es als überaus lustiges Buch in Erinnerung behalten, dass weit davon entfernt war, Hitler zu glorifizieren, viel eher eine Warnung vor der Verniedlichung eines wahnsinnigen Menschen war und Kritik an der Medienlandschaft übte. Zumindest in dieser Hinsicht konnte ich mir also vorstellen, dass der Film mir zusagen wird, auch wenn ich versucht hab, mir vorab so wenig Kritiken wie möglich durchzulesen.
                              "Er ist wieder da" beginnt relativ gemächlich. Hitler beschwert sich darüber, dass ihn niemand mehr richtig grüßt. Selbstverständlich im weltoffenen, aufgeklärten Deutschland des 21. Jahrhunderts, möge man meinen...
                              Die nächste halbe Stunde hält sich der Film dann nah an die Buchvorlage, wärmt die Gags aus dem Buch wieder auf, brachte aber auch frischen Wind in die Story mit dem Borat-ähnlichen Mockumentary Stil, bei dem Oliver Masucci, der glaubhaft Hitler im Film verkörpert, irgendwelche Menschen, ob nun den Rentner in der örtlichen Kneipe oder die Frau im mittleren Alter aus dem Imbiss von nebenan, nach brisanten Themen ausfragt. Erschreckend ist dabei nicht nur, dass die Menschen teilweise scharf die Demokratie oder das Recht auf Asyl verurteilen und auf die Beipflichtungen des Film-Hitlers eingehen, sondern auch, dass diese Menschen ihre menschenverachtende Weltanschauung offen zur Schau stellen, obwohl sie wissen, dass eine Kamera mitläuft. Nicht wirklich schockierend, dass die Neonazis, die interviewt wurden, so radikalisiert sind, dass sie jeden noch so volksverhetzenden Stuss verbreiten würden, aber schon mehr, wenn man die ganzen "normalen" Bürger sieht, die genau denselben Quatsch propagieren. Eine Beobachtung, die die Erkenntnisse zu Fremdenfeindlichkeit in Deutschland aus den letzten Monaten nur noch mehr bestätigt. All das, was der Film damit zeigt, sorgt auch dafür, dass einem das Lachen nicht nur einmal im Hals stecken bleibt. Doch das ist auch gut so, denn schnell erkennt man, dass die Macher eben nicht nur stumpfe Unterhaltung machen wollten, weil hinter all dem bissigen Witz tatsächlich eine Botschaft stecken soll. Diese Linie wird besonders in der zweiten Hälfte immer deutlicher. Dort gibt es schließlich auch eine Szene, in der eine Reihe von Textern sich für Hitler ein paar Gags über diverse Minderheiten ausdenken sollen. Und es ist als will der Film einen Teil seiner eigenen Zuschauer entlarven, denn die Reaktion von einigen Menschen im Publikum ist: Lachen. Ich fühlte mich unwillkürlich an Borat erinnert, denn auch da gab es viele Leute, die lachten. Aber nicht etwa immer weil der Film eine kluge Satire war, sondern aus den falschen Gründen. So auch bei dieser Szene, mit dem Unterschied, dass sie nicht zum Lachen anregen soll.
                              Mehr und mehr kommt auch durch, dass "Er ist wieder da" sich nicht nur mit einigen Ansichten in der deutschen Bevölkerung auseinandersetzt und genauso wenig nur mit der Medienlandschaft. "Er ist wieder da" ist vielmehr eine Satire auf die Situation in Deutschland 2015, mit allem drum und dran.
                              Letztendlich kommt es gegen Ende zum Bruch und der Film wird zunehmend ernster und sogar eine Art Meta-Ebene wird aufgebaut. Überraschenderweise gefiel mir der Film hier noch besser als das Buch, denn es ist so hoffnungslos und dadurch so realistisch, dass man am Ende im Kinosessel sitzt und weiß, dass man gerade etwas verdammt Gutes gesehen hat.
                              Es zeigt, dass Propaganda auch noch im heutigen Deutschland funktionieren kann, dass Menschen immer noch einem Führer glauben können, der ihnen einfache Antworten präsentiert und dass Faschismus nicht aus dem Nichts auftaucht, sondern sich entwickelt, bis man die Entwicklung nicht mehr abwenden kann.
                              Vorbei ist es am Ende dann mit der Witzfigur Hitler, die bei einigen Zuschauern anfangs vielleicht sogar für Sympathie gesorgt hat.
                              Das provokante Gedankenspiel wird letztendlich zur bitteren Warnung.

                              Nach 116 Minuten geht das Licht wieder an. Die Menschen strömen aus dem Kinosaal. Der ein oder andere Gehirnprothesenträger, der ein leichtsinniges Blödel-Filmchen erwartet hat, wird vielleicht vor den Kopf gestoßen sein und ein Großteil der Kinobesucher wird den Film bald schon wieder vergessen haben. Einige werden sich von einem Film auch nicht davon abbringen, jeden Montag wieder Fremdenfeindlichkeit in die Welt hinauszutragen und 2017 das Kreuz bei CSU, AfD oder schlimmer zu machen. Dafür ist das Medium Film aber auch gar nicht geeignet.
                              Doch wenn "Er ist wieder da" auch nur eine Handvoll Menschen zum Nachdenken anregt und ihnen zeigt, dass Geschichte sich immer wiederholen kann, dann hat der Film schon etwas großes erreicht.
                              Deswegen: Absolute Empfehlung!

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                                Auch gut 75 Jahre nach Erscheinungsjahr stellt "Der große Diktator" immer noch einen Meilenstein in der Filmgeschichte dar. Aber abgesehen davon ist dieses Meisterwerk auch der erste Film von Chaplin, den ich überhaupt gesehen habe. Unglaublich, wenn man dann sieht, dass der herrlich bissige Witz des Films immer noch funktioniert (auch wenn der Film direkt mit dem größten Slapstick-Feuerwerk los legt und dann ein kleines bisschen abbaut) und das dabei aber nicht an Ernsthaftigkeit und der Botschaft, die mit fortschreitender Laufzeit immer mehr in den Vordergrund tritt, gespart wurde.

                                Chaplin bewies damit, dass man sich über Wahnsinn lustig machen kann, ohne dass er damit zwangsläufig verharmlost wird. Insofern zeigte "Der große Diktator" zum ersten Mal auch die Notwendigkeit von Satire.

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                                  Ich bin mit niedrigen Erwartungen an "Project: Almanac" herangegangen und aus dieser Sicht fand ich ihn letztendlich nicht einmal so schlecht. Im Großen und Ganzen finde ich Zeitreisefilme sowieso immer irgendwie faszinierend und dass war wohl letztendlich auch der Grund, warum ich mir "Project: Almanac" trotz Michael Bay im Trailer und Found Footage angeschaut habe. Aber gleich vorab: Die gerade genannten Punkte findet man auf im Film oft genug, denn das Regiedebüt von Dean Israelite ist oftmals schrecklich effektüberladen und das Found Footage macht dabei so gut wie gar keinen Sinn, besonders wenn die Kamera auch in Szenen filmt, iin denen man nicht einmal weiß, von wem sie überhabt getragen wird.
                                  Aber gut, was soll man auch erwarten von einem Film, der schon im Trailer sehr massenkompatibel aussieht und eine FSK 6 Freigabe hat, was sich letztendlich auch im Film niederschlägt?
                                  Da ist es umso schöner, wenn man dann sieht, dass "Project: Almanac" zumindest in Abstrichen versucht, eine originelle Geschichte zu erzählen, auch wenn der Film immer das Problem hat, dass die Handlung recht einfach gehalten werden muss, damit es auch auf die Zielgruppe passt. Aus diesem Grund ist "Project: Almanac" über weite Strecken etwas langatmig, bis am Ende wieder etwas Spannung aufkommt. Das Ende ist letztendlich auch nicht wirklich schlecht, war aber spätestens ab Mitte des Films vorauszuahnen.

                                  Fazit: Weitläufig durchwachsener Teenie-Film, der definitiv mehr gekonnt hätte, als er letztendlich ist.

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                                    "Citizenfour" ist rein handwerklich betrachtet erstmal keine außergewöhnliche Dokumentation. Letztendlich macht die Thematik und die Präsentation dieser hier am meisten aus, denn "Citizenfour" ist nicht nur unheimlich eindringlich, sondern geht weit über eine bloße Zusammenfassung der Enthüllungen hinaus und wirkt besonders in der Passage zur Zeit der Veröffentlichung sehr spannend dargestellt, auch wenn einem die Ereignisse bekannt sind. Außerdem ist es schön zu sehen, dass es sich bei jeglichem Filmmaterial um Chats, Interviews oder Originalaufnahmen handelt. Umso bedrückender ist es dann, wenn einem noch einmal die gesamte Tragweite der globalen Überwachung bewusst wird. Es ist, wie Glenn Greenwald in "Citizenfour" treffend sagt, ein Schlag in die Magengrube. Einer, der in der Gesellschaft leider viel zu oft auf Gleichgültigkeit stößt.

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                                      Niho 24.07.2015, 11:49 Geändert 06.10.2018, 16:07

                                      Es ist schon sehr lange her, dass ich "Earthlings" gesehen habe und erst vor wenigen Tagen bin ich dann auf Youtube durch Zufall wieder drüber gestolpert und habe mir noch einmal einige Teile des Films angesehen. Nach wie vor finde ich, dass der Film mit den schockierenden Bildern, die er präsentiert, schockiert und der Zuschauer wird zwangsläufig zum Nachdenken angeregt. Darüber hinaus fande ich es auch immer positiv, dass in "Earthlings" auch verschiedene Teile der Ausbeutung des Menschen gegenüber dem Tier gezeigt wurden.
                                      Eine Szene, die mir allerdings beim erneuten Schauen wesentlich mehr auffiel und die mir, desto mehr ich darüber nachdenke, immer noch bitter aufstößt, findet man gleich zu Beginn: Die Massentierhaltung wird darin mit dem Holocaust verglichen oder, besser gesagt, gleichgesetzt.
                                      Dieser Vergleich ist absolut inakzeptabel. Egal wie man es findet, dass Tiere massenweise abgeschlachtet werden, diese Massentierhaltung hat einen ökonomischen Nutzen. Diesen Aspekt mit dem Holocaust gleichzusetzen, der das Ziel hatte, eine ganze Menschengruppe restlos und um jeden Preis zu vernichten, ist schlichtweg falsch und ist eine Relativierung dieses Ereignisses. Ich will den Machern des Films nicht vorwerfen, dass sie das mit diesem Vergleich erreichen wollten, aber leugnen kann man trotzdem nicht, dass die Singularität des Holocaust in Frage gestellt wird, dass der Holocaust in diese Szene in eine Reihe von abstoßenden Taten eingereiht wird, als wäre er nur eine von vielen, wenn man zuerst Bilder von Ausschwitz und dann von Massentierhaltung zeigt.
                                      Deswegen für mich ein Grund, meine vergebene Punktzahl weiter runter zu setzen.

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                                        "Poltergeist" ist ein weiteres Remake, das wohl von Anfang an zum Scheitern verdammt war. Ich hab das Original nicht gesehen und habe es auch nicht vor, weil das Original wohl auch schon einige Kritikpunkte, wie zum Beispiel die allseits bekannte Handlung, inne hatte, auch wenn man die Handlung im Fall des Originals natürlich auch im zeitlichen Kontext betrachten muss.
                                        Aber ich glaube, dass es egal ist, ob ich das Original schon gesehen habe oder nicht, denn die meisten scheinen sich ja einig zu sein, wenn es darum geht, dieses Remake zu bewerten. Und leider kann ich nach dem Anschauen nicht davon sprechen, dass der Film eigentlich gar nicht so schlimm war, nein, "Poltergeist" war quasi die Metapher für das heutige Horrorgenre, das allmählich komplett zu scheitern droht. Hier fängt diese Beobachtung bei den schlechten Schauspielern an, geht über zu der kontrastreichen Optik, die selbst nächtliche Szenen noch hell wirken lässt und dafür sorgt, dass beim Zuschauer nicht mal ein Hauch von Atmosphäre aufkommt und endet schließlich mit überdrehten CGI-Szenen, die "Poltergeist" entweder wie das Finale eines merkwürdigen Fantasy-Films oder, beispielsweise in der "Geisterwelt", wie ein Videospiel wirken lassen. Manchmal sah es so aus, als würden einige der Schauspieler ein dümmliches Schmunzeln auf den Lippen haben, als würden sie sich später gegenseitig Witze über ihre fatale Entscheidung erzählen, am "Poltergeist" Remake mit zu wirken. Wen wunderts?
                                        Meine Empfehlung für alle, die trotzdem noch interessiert sind: Schaut euch den Trailer an. Denn jede, zumindest im Ansatz gute Idee und Modernisierung im Vergleich zum Original, die ein Remake vielleicht rechtfertigen würde, wird schon dort verbraten und man bekommt, sozusagen als Vorgeschmack, eine Portion halbgarer Schockmomente serviert. Den Rest, den man dann im Film selber sieht, ist die 90 Minuten Lebenszeit eigentlich nicht wert.

                                        Fazit: Nie wieder Horror-Remakes!

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                                          Vor wenigen Tagen hatte ich mal wieder das Buch "Evil" von Jack Ketchum gelesen. Einfach deswegen, weil ich es für eines der erschütternsten und traurigsten Bücher überhaupt halte. Nachdem ich vor gut zwei 2 Jahren schon "An American Crime", also den Film, der sich näher an die Geschichte, wie sie wirklich passiert ist, hält, war ich nun gespannt, was "Jack Ketchum's Evil" zu bieten hat und leider wurde ich ein kleines bisschen enttäuscht. Denn die Verfilmung des Buches kann weder mit "An American Crime" noch mit der Buchvorlage mithalten.
                                          Zwar sind die Schlüsselmomente aus dem Buch immer noch enthalten und so funktioniert die Story auch größtenteils, aber "Jack Ketchum's Evil" scheitert letztendlich an der Umsetzung. Was das Setting insgesamt betrifft, bin ich wohl noch geteilter Meinung, denn einerseits passt es zu der Zeit, in der der Film spielt und andererseits sieht der Film teilweise aus wie ein B-Movie. Dass der Film allerdings auch öfters die Qualitäten eines B-Movies besitzt, zeigen auch die Schauspieler, die, wenn überhaupt, eine leicht unterdurchschnittliche Leistung abliefern. Der größte Kritikpunkt ist aber, dass die Figuren so glaubhaft wie Pappaufsteller agieren, denn alles was den Roman so glaubhaft machte, fehlt hier, weil jeder Charakter ein absolutes Klischee ist. Die Kinder sind entweder leise und weinen vor sich hin oder stellen quasi das Böse in Person dar, während der Charakter von Ruth Chandler keinen Wandel im Film durch macht und von Anfang an der Teufel höchstpersönlich ist, was aber erstens absolut realitätsfern ist und zweitens auch nicht dem Buch oder gar der glaubhaften Entwicklung in "An American Crime" entspricht. Nicht, dass dieser Film eine exakte Kopie der genannten Beispiele sein sollte, aber wenn er schon anders sein will, dann brauch er doch wenigstens nicht alle positiven Aspekte, die die Buchvorlage besaß, in die Tonne treten. Das ist auch ein Grund dafür, warum mich "Jack Ketchum's Evil" nicht so sehr berühren konnte, denn dann lieber subtil und mit unterschwelliger Spannung, als dieser Hau-Drauf-Torture Porn, der etwas lieblos inszeniert ist.
                                          Darüber hinaus sind die Dialoge oft viel zu kurz abgehandelt und die damit einhergehende mangelnde Beleuchtung der Psyche des Protagonisten und der anderen Figuren führt auch dazu, dass die Botschaft des Films verloren geht und der Zuschauer am Ende nur mit der Moral von David "Wichtig ist nur das, was du am Ende tust" sitzen gelassen wird. Bitte was? Wie soll das denn mit dem Rest des Films zusammenpassen? Das lässt den gesamten Film so aussehen, als wäre das am Ende ja alles gar nicht so schlimm gewesen, weil David ja am Ende etwas gemacht hat. Das Buch scheute wenigstens nicht davor, auch die Hauptfigur zu verurteilen, weil sie von Anfang an nichts tat.

                                          Fazit: Unerwartet magere Buchverfilmung, die zwar die erschütternde Grundgeschichte erzählt, aber das in einer lieblosen Art und Weise tut.

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                                            Niho 29.05.2015, 22:19 Geändert 29.05.2015, 22:19

                                            Nr. 600

                                            Warum ich mich ausgerechnet für eine Dokumentation als 600. Bewertung entschieden habe? Wahrscheinlich weil "Cobain: Montage of Heck" in vielerlei Hinsicht aus der Reihe fällt, was schon nach dem ersten Trailer klar war. Umso schöner, dass "Cobain: Montage of Heck" schon jetzt, gerade einmal knapp 2 Monate nach Kinostart, auf DVD erschienen ist und ich mir diesen Film zu Gemüte führen konnte. Als Nirvana-Fan und Zuschauer, der sich fragt, ob eine solche Doku bei mir mal eine wirklich hohe Punktzahl erreichen könnte.
                                            Vor 3 Monaten sah ich bereits "Kurt Cobain: About a Son": Eine relativ gute, aber durchwachsene Doku, die sich viel zu lang hinzog und keinen Reiz bot, den Film wirklich mit vollem Interesse anzuschauen. Dieses Problem hat dieser Film hier auf gar keinen Fall, denn die Aufmachung des gesamten Films ist extrem gut gemacht. Das fängt bei der Einleitung an, geht über das erste Drittel des Films, das sich Cobains Kindheit und Jugend widmet, die Anfänge von Nirvana, den Durchbruch, die Gründung seiner eigenen Familie, bis hin zu dem Ende seines Lebens. Vor allem die erste Hälfte des Films ist für mich persönlich makellos, einfach weil Brett Morgen es schafft, die perfekte Abwechslung zwischen Bildern, Videos, Tagebucheinträgen Cobains, Musik von Nirvana und erstaunlich gut gemachten Animationen zu kreieren. Diese Animationen geben dem Film darüber hinaus noch den Faktor, durch den sich "Cobain: Montage of Heck" zweifellos von allem bisher dagewesenen abhebt. Seien es die teilweise verstörenden und fast schon surrealen Zeichnungen Cobains, die zum Leben erweckt werden oder die Abschnitte in denen sein Alltag in einer bestimmten Zeit animiert dargestellt wird - Es wirkt, denn als Zuschauer sitzt man gebannt da. Darüber hinaus werden auch musikalische Einflüsse unterschiedlich verarbeitet: Auf der einen Seite, die Originalaufnahmen von Nirvana, teilweise live oder die abgeänderten Versionen, wie zum Beispiel das eigentlich totgespielte Riff von "Smells like Teen Spirit", das mit Violinen zu neuem Leben erweckt wird, ebenso wie die Interpretation von "All Apologies" während der Aufnahmen von Cobains Kindheit.
                                            "Cobain: Montage of Heck" lässt auf der anderen Seite aber auch nichts aus: Der übermäßíge Drogenkonsum Cobains wird in seinem vollem Umfang dargestellt, seine Notizen und brutalen Zeichnungen werden dem Zuschauer immer und immer wieder vor Augen geführt, so dass man bald merkt, dass Cobains Selbstmord absehbar war, ebenso wie die Aussagen Cobains, die auch zeigen, dass er einerseits definitiv eine besondere Persönlichkeit war und andererseits sich teilweise selbst widersprach. Auf diese Weise liefert der Film ein bedrückendes Psychogramm einer außergewöhnlichen Person ab.
                                            Begleitet wird dies durch einige Interviews mit Verwandten, (Ex-)Frauen/Freundinnen und Krist Novoselic (leider nur er und nicht Dave Grohl), die zwar besondere Sichtweisen auf Cobain geben, aber trotzdem zu oberflächlich und kurz daherkommen. Da hätte ich mir definitiv noch mehr gewünscht.
                                            "Cobain: Montage of Heck" bleibt nach der ersten Hälfte weiterhin stark, aber enttäuschte mich ein kleines bisschen, weil die Verwendung von persönlichen Materialien absolut überhand nahm. Es mag ja schon eine Sache sein, wenn man Cobains Tagebücher heute bequem im Internet bestellen kann, aber als Zuschauer kommt man sich wie ein billiger Voyeur vor, wenn man sich 5-minütige Clips in Cobains Wohnung mit Courtney Love anschauen, während sie, wahrscheinlich auf Drogen, halbnackt mit ihrer Tochter spielen und dummes Zeug labern. Diese Szenen haben weder irgendeinen Informations-, noch einen Unterhaltungsfaktor, sie sind vielmehr das Abbild dessen, für was Cobain auf gar keinen Fall stand, nämlich einen sensationsgeilen Voyeurismus. Der "Rolling Stone" hat dann auch recht, wenn er schreibt: "The most intimate rock doc ever" - Aber ist das wirklich ein Pluspunkt?
                                            Besonders das sorgt dafür, dass diese Dokumentation letztlich "nur" 8 Punkte von mir bekommen kann, auch wenn sie sonst so verdammt gut ist.
                                            Im Nachhinein hätte ich mir sogar gewünscht, den Film bei voller Lautstärke im Kino gesehen zu haben, auch wenn die Bilder und die Musik schon so unglaublich heftig, mit einer Sogwirkung, die, für Dokus sowieso, eigentlich untypisch ist, auf einen wirken.

                                            Fazit: "Cobain: Montage of Heck" ist ein sehr intensives Filmerlebnis, das kein Muss für jedermann, aber garantiert für Interessierte und Nirvana-Fans ist, denn dann lohnt sich der Film wirklich, auch wenn man als Zuschauer mit einem bitteren Beigeschmack zurückgelassen wird.

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                                              Niho 25.05.2015, 20:50 Geändert 16.02.2018, 16:39

                                              "Ex Machina" greift wie viele Filme der letzten Jahre das Thema "Künstliche Intelligenz" auf. Dass die Ideen bezüglich dieser Thematik noch auf lange Zeit unerschöpflich sind, zeigt dieser Film nur zu gut, denn "Ex Machina" ist von vorne bis hinten absolut spannend und durchdacht. Wie sehr wünsche ich mir, dass modernes Kino nur öfter so wäre, wie "Ex Machina"!
                                              Mit grandiosen Schauspielern, einem minimalistischen Score und einer durchweg bedrückenden Atmosphäre ist dieses Kammerspiel unheimlich spannend und das obwohl der Film sehr stark dialoglastig ist.
                                              Das und die glaubhafte Szenerie sorgt für einen rundum gelungenen Science-Fiction Thriller, der mit einer bedrohlichen Botschaft daherkommt, die zum Nachdenken anregt.
                                              Einen Punkt Abzug gibt es für den Beginn des Films, den ich etwas zu schnell abgehandelt fande, aber das macht einen so hochwertigen Film dann wirklich nur noch minimal schlechter.

                                              Fazit: "Ex Machina" ist für mich jetzt schon eine der Überraschungen dieses Filmjahres. Könnte gern mehr Filme von dieser Sorte geben!
                                              Deswegen - Klare Empfehlung.

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                                                "Der Babadook" dürfte die Überraschung im Horrorgenre des Filmjahres 2015 sein. Wahrscheinlich besonders aus dem Grund, dass man "Der Babadook" gar nicht ganz klar als Horrorfilm klassifizieren kann. Was Jennifer Kent dem Zuschauer in ihrem Regiedebüt präsentiert, ist viel mehr als eine gewöhnliche Monster-im-Haus Geschichte. Denn Kent setzt mit "Der Babadook" an einer ganz anderen Stelle an, als es andere Genrevertreter davor getan haben: Klischees werden geschickt umgangen, generell wird das komplette Gegenstück eines Normalo-Horrorfilms geschaffen, was bedeutet, dass die Schauspieler überzeugen, auch wenn sie größtenteils unbekannt sind und Essie Davis mit ihrer Rolle als überforderte Mutter sowieso alle überragt und was auch das Verzichten auf billige Jumpscares bedeutet. "Der Babadook" ist in vielen Momente mehr Psychodrama als Horrorfilm und doch haben einige Szenen eine solch verstörende und albtraumhafte Szenerie, dass sich dieser Film trotzdem nicht hinter anderen verstecken brauch. Das liegt an dem atmosphärischen Einsatz von Musik und grauenhaften Geräuschen, aber auch an den Einsatz von verschiedenen Techniken, insbesondere im Bereich der hier grandios umgesetzten Kameraarbeit.
                                                Die Story ist in ihrer Gesamtheit gesehen keinesfalls rasant und sie schauen sich auch nicht wirklich schnell, aber die spannende, dauerhaft knisternde Stimmung kommt gut rüber, ebenso wie die Figurenentwicklung der Mutter, auch wenn im letzten Viertel des Films alles etwas aus dem Gleichgewicht kippt. Hatte man sich davor noch etwas zurückgehalten, so war das Ende dann doch etwas übertrieben und zu lang geraten, ohne wirklich mal zum Punkt zu kommen. Was davor weniger ins Gewicht gefallen war, wurde dann besonders deutlich: Die häufigen Plotholes, die durch den abrupten Schnitt entstehen, tun der Spannung schließlich doch einen Abbruch. Natürlich darf man dabei nicht vergessen, dass diese Lücken absichtlich sind, damit der Film seine Wirkung nicht verfehlt, aber trotzdem gibt es dafür einen kleinen Minuspunkt. Aber trotzdem: "Der Babadook" ist intelligent, darüber brauch man sich nicht streiten. Ja, ich hätte mir noch eine wirkliche Wendung am Schluss gewünscht, aber desto länger ich drüber nachdenke, desto überzeugte bin ich, dass die offenen Fragen, die dem Zuschauer bleiben, dem Film zu Gute kommen, weil "Der Babadook" voller Metaphern und Anspielungen steckt und sich ein zweites Mal Anschauen deswegen auch lohnen wird.

                                                Fazit: Kluges, schauriges und düsteres Regiedebüt, das auch noch danach zum Nachdenken anregt und einfach erfrischend unkonventionell ist.

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                                                  "The Pyramid" ist wahrscheinlich jetzt schon der Flop des Jahres. Und dabei habe ich versucht, so unvoreingenommen wie möglich an den Film heranzugehen, mehr auf den soliden Trailer als die vielmals negativen Kritiken bedacht. Meine Bewertung fällt letztlich aber noch schlechter aus.
                                                  Man hat mit "The Pyramid" einen Film geschaffen, der insgesamt nur mit seiner Location Pluspunkt erzielen könnte, wenn er die Atmosphäre richtig ausnutzen würde und gelungene Schockmomente einbauen würde. Ich rede aber nicht umsonst im Konjunktiv, denn "The Pyramid" ist völlig uninspiriertes "Kino", das die ersten 30 Minuten nur so belangloses Gelaber bietet, dass man die glatt überspringen könnte. Die Dialoge und die jeweiligen Reaktionen der Schauspieler, sowie deren (Überraschung!) unglaublich peinliche schauspielerische Leistungen innerhalb der Pyramide sind wenigstens noch lustig und ich glaube, dass ich wirklich Spaß gehabt hätte, wenn ich den Film nicht allein geschaut hätte. So war es aber einfach nur extremst hohes Fremdschämen, dass sich bis zum Ende immer weiter steigerte, ob nun mit den klischeehaften Charakteren (1. Der Typ, der am Anfang stirbt 2. Die nervige Frau, die die ganze Zeit etwas Zickenkrieg in den Film bringen muss 3. Der naive Dummkopf, der als Kameramann fungiert und durchgehend erklärt, wie stark es in der Pyramide nach Scheiße riecht 4. Der Schlauberger-Professor, der etwas Pseudo-Infotainment in den Film bringen muss 5. Die Hauptperson, die entweder am Schreien und Heulen ist oder als taffe Powerfrau gegen Sand, Katzen oder gleich Anubis persönlich kämpft ....und nicht zu vergessen den grandiosen Cameo-Auftritt von WALL-E), schlechten CGI-Effekten oder dem nervigen Einsetzen von Musik. Zu allem Überfluss kommt dann auch noch Found-Footage dazu, wenn auch nur teilweise, was aber nicht zum Vorteil des Filmes genutzt wird, da andere Kameraperspektiven immer in den ungünstigsten Momenten eingesetzt werden.
                                                  Bis zum Ende zieht sich der Film auf diese Art immer weiter hin und verzichtet auch noch auf Atmosphäre und Schockmomente. Einzig allein in 1-2 Momenten, in denen das Found-Footage vorteilhaft eingesetzt wird, kann er so überzeugen, dass es für 0,5 Punkte reicht.

                                                  Fazit: Ein wilder Mix aus "The Descent", "Katakomben" und Trash-Dialogen? Ja, aber "The Pyramid" ist auch der Beweis dafür, dass Horrorfilme dieser Art, speziell aus dem Bereich Found-Footage, keine Zukunft mehr haben.

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