ThomasCine - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+24 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+18 Kommentare
-
Das ReservatDas Reservat ist eine Drama aus dem Jahr 2025 von Ingeborg Topsøe mit Marie Bach Hansen und Danica Curcic.+16 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
28 Years Later390 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps94 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt93 Vormerkungen
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens87 Vormerkungen
Alle Kommentare von ThomasCine
Leichte Spoiler:
Homeland beschließt seine Handlung am Ende von Staffel 3 selbst. Nicht auf grandiose Weise, aber noch einmal mit der Einfühlsamkeit, die die Serie so toll macht. Die kritischen Zwischentöne und moralischen Fragen sind da und so wird Homeland nachwirken und sollte in Erinnerung bleiben.
Das klingt jetzt wie ein Nachruf, aber leider ist es keiner. Staffel 4 wird kommen und die einzige Möglichkeit wie sie kommen kann ist mit einem komplett neuen Aufbau. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die vierte Staffel viel ruinieren kann.
Mein Blogeintrag zum Thema und vielleicht ein bisschen mehr:
http://thomasschroers.wordpress.com/2013/12/15/dimensionen-upstream-color-2013/
Dimension Film
Die Dimensionen eines Filmes sind vielfältig. Es existiert die Betrachtung der Handlungsdimension und der handwerklichen Dimension. Desweiteren gibt es für den Zuschauer jene Dimension, die sich mit der Bedeutung des Filmes und den möglichen Subtexten beschäftigt. Schließlich gibt es die Ebene, auf der sich der Zuschauer ein Fazit bildet. Die Frage nach einem „guten“ Film und was dieser zu leisten hat kann stets in diesen Dimensionen beantwortet werden.Mit Hinblick auf die allgemeine Dimension „Film“ sind es verschiedene Aufgaben die ein Film erfüllen kann. In einer simplifizierten Ansicht möchte er den Zuschauer vielleicht an einen anderen Ort transportieren oder die reale Welt um den Zuschauer auf der Leinwand transformieren. Dieser Transport und diese Transformation finden stets nicht nur durch die Visualität des Filmes statt, sondern wenn sie erfolgreich sein möchten vor allem durch die emotionale Verbindung zwischen Zuschauer und Film. Die Filmgeschichte hat das Science Fiction und Fantasy Genre hervor gebracht, welches sich der völligen Transformation widmet. „Upstream Color“ (2013) ist der zweite Film von Shane Carruth und in mancher Hinsicht lässt er sich auch in das Science Fiction Genre einordnen. In anderer Hinsicht scheint er aus jeglichem Genre zu fallen. Als Film jedoch ist „Upstream Color“ ein Werk, dass seine eigenen Ebenen entwickelt und aus diesem Grund lohnt sich diesbezogen ein Blick auf die oben gennanten Dimensionen.
Dimension Handlung
Das Besondere an der Handlung von „Upstream Color“ ist, dass sie nicht zu beschreiben ist. Shane Carruth hat hier einen Film geschaffen über den man inhaltlich nur reden kann, wenn er auch geschaut wurde. Entweder kann zu viel verraten werden oder keine Einordnung der Handlung vorgenommen werden. Der Versuch einen gesunden Mittelweg zu gehen sieht folgendermaßen aus: Die Basishandlung des Filmes besteht darin, dass verschiedene Menschen auf mysteriöse Art zusammengebracht werden. Die Komplexität der Handlung ist damit angedeutet und es ist diese Komplexität die Carruth dem Zuschauer durch seine Narration präsentiert. Dabei reizt er die filmische Sprache in jegliche Richtungen aus, aber erlaubt es dem Zuschauer sich einzufinden und geradlinig zu folgen. „Upstream Color“ ist einer dieser Filme, die inhaltlich auf den ersten Blick sehr herausfordernd sind, aber bei genauer Aufmerksamkeit, ohne an Tiefe zu verlieren, unheimlich zufriedenstellend werden können.
Dimension Handwerk
„Upstream Color“, das ist Filmemachen als handwerkliche Ausdrucksform. Carruth ist dabei das alles beherrschende Multitalent. Neben seinen Aufgaben als Schauspieler führt er Regie, schrieb das Drehbuch, komponiert die Musik, schneidet den Film und ist als einer der Kameramänner tätig. In all diesen Funktionen leistet er bestechende Arbeit. Die Bilder, die er für die Handlung findet sind aus einem Guss und entwerfen eine markante Atmosphäre. Gemeinsam mit der Musik entwickeln sie große Momente, die die Emotionen der Charaktere verstärken und dem Zuschauer den ein oder anderen Schauer über den Rücken laufen lassen. Einmal mehr ist die Schauspielkunst des Independentkinos hervorzuheben. Carruth selbst und seine erstklassige Hauptdarstellerin Amy Seimetz finden sich im Laufe der Erzählung an schwierig charakterlichen Orten wieder, aber sie begegnen diesen Orten mit Ehrlichkeit und Kraft. All dies und weitere unbemerkte Melodien des Filmes geben ihm die hypnotische Wirkung, die eine Geschichte dieses umfassenden Ausmaßes verdient.
Dimension Bedeutung
Die Bedeutung von „Upstream Color“ ist nicht eindeutig und die Bedeutung, die einem solch vielschichtigen Film entnommen wird ist stets subjektiv. Aus diesem Grund verzichtet diese Filmbesprechung bewusst eine mögliche Interpretation des Filmes zu geben. Mit einem gewissen Maß an Aufmerksamkeit finden Zuschauer in diesem Film grundverschiedene, persönliche Gedanken. Shane Carruths zweiter Film ist keine leere Hülle, denn die großen Themen die er anspricht, sei es Liebe, Zuneigung, Tod oder das große Ganze in dem sich die Charaktere befinden, sind reich gefüllt. Die Komplexität der Handlung erklärt sich so durch die Komplexität der möglichen Interpretation. Zu keiner Zeit verkommt sie zu einem vordergründigen Effekt, welcher ein nicht vorhandene Herz verschleiern soll.
Dimension Fazit
Die Möglichkeiten von „Upstream Color“ auf den Zuschauer zu wirken sind unbegrenzt und jede Sichtung kann neue Erkenntnisse bringen. Dabei ist es nicht der Film, der sich weiterentwickelt, sondern der Zuschauer. Carruths Werk ist zwar in seiner Form endültig fertig gestellt, aber dieses äußere Merkmal trifft nicht auf seinen Inhalt zu. Dieser Inhalt ist ein niemals endgültiger, atmender Organismus. Hier wurde ein großer, komplexer Film gemacht, der technisch und narrative brilliert und den Zuschauer durch seine Handlung fordert, aber auch belohnt. Die Bedeutung ist nicht festgesetzt. Nicht im Film, da auch nicht im Leben, denn das Leben entwickelt sich stetig weiter.
Spoiler! Gedanken zum Film in unstrukturierter Form:
Das erschreckenste an diesem Machwerk ist nicht, dass er sich in vielerlei Hinischt der erstklassigen Vorlage entzieht. Nein, es ist die Feststellung das dies schlicht und einfach kein guter Film ist. Ein guter Film braucht gutes Material, d.h. ein vernünftiges Drehbuch. Was immer hier verfilmt wurde ist eigentlich nur peinlich. Der Film als Ganzes ist löchriger als jeder Käse und unfassbar unausgegoren. "Smaugs Einöde" weiß zu keiner Zeit was er sein will, ob Kindergeburtstag (Fass rollt und semmelt die Orks um, Spielereien in Smaugs Höhle) oder erwachsene Fantasy (Köpfe werden in die Kamera abgeschlagen). Er weiß nicht welcher Geschichte er folgen soll und am Ende folgt er gar keiner richtig. Bilbos Szene in der er das erste Mal angsterfüllt den Ring anstarrt birgt so viel Potential für seinen Handlungsstrang, aber Bilbo ist im Endeffekt nicht einmal mehr eine handelnde Person, sondern nur noch hier und da Mittel zum Zweck. Thorin verändert seinen Charakter so schnell, wie Legolas Pfeile schießt und verkommt damit auch zur Farce. Leogolas und Tauriel existieren wohl auch nur damit es am Ende von Teil 3 einen emotionalen Payoff gibt wenn sich alle in den Armen liegen. Gandalfs Handlung, die im Buch gar nicht vorhanden ist und eigentlich sehr interessant sein könnte, verkommt hier zu einem lächerlichen Versuch eine weitere unnötige Verbindung zu dieser Trilogie von vor 10 Jahren herzustellen. Ich kann schon hören wie nächstes Jahr am Ende des Hobbits irgendwo einer auf dem Berg steht und sagt "oh nun herrscht Friede in Mittelerde aber das Böse (in Form von Sauron) ist noch da draußen! (bitte kaufen sie jetzt die super special extended blu ray box des ringen Herrns).
Vor der Eingangsszene hätte auch stehen können "Previously on The Hobbit", denn einen anderen Sinn erfüllt sie nicht.
Was gibt es noch zu erzählen? Die ganze Szenerie um Smaug herum verkommt auch zum Witz und genau wie Smaug selbst kann auch der Zuschauer nur noch seinen goldenen Kopf schütteln. Während im Buch clever gelöst wurde warum Smaug sich am Ende aufmacht zur Seestadt zu fliegen, ergibt es im Film gar keinen Sinn. Er verlässt mit dieser Tat seinen Schatz, obwohl er nicht verletzt ist und die Zwerge eigentlich in Null Komma Nichts vernichten könnte. Die ganzen Kirmesachterbahnfahrten die diese machen um ihn zur Strecke zu bringen sind derart lächerlich, dass die Gefährlichkeit des Drachen in der Luft verpufft.
Will man ein Fazit ziehen, bleibt zu sagen, dass Jackson mit allen Mittel versucht die Handlung zusammenzuhalten, aber grandios scheitert und zwar auf ganzer Linie. Nichts ergibt mehr Sinn, der Film verliert sein Herz und verspottet seine Welt. Die Hobbit Geschichte mag ich gerne, aber auch dieser Fakt macht aus "Smaugs Einöde" keinen guten Film.
PS: Dieser ganze animierte Schmarn sieht derart nach Computerspiel aus, dass jeder Filmfan kotzen muss. Das die Animationen wirklich schlecht sind zeigt uns der Film sogar selbst, wenn er hier und dar ein wenig Neuseeland in Widescreen Form einstreut. Auch die Orks sind aus einer Welt entsprungen die viel will, aber nichts erreicht.
PPS:Zwei gute Dinge hat der Film. Erstens besagte Szene zwischen Bilbo und dem Ring. Zweitens die Animation Smaugs. In die Animation wurde offensichtlich sehr viel Geld gesteckt und sie ist auf ganzer Linie gelungen.
Das wäre ein schönes Vorweihnachtsgeschenk für nach Weihnachten :)
Auf der einen Seite sieht es wie das typische Tom Cruise Vehikel aus, auf der anderen Seite wie ein Sci-Fi Thriller, der eine interessante Handlung mit guten Untertönen haben sollte. Bei Gelegenheit mal die Buchvorlage sichten.
Sehr guter Trailer! Und jeder weiß, dass ein Witz nur gut ist, wenn er auf wahren Tatsachen beruht. ;)
Dir sind da zwei kleine Fehler passiert: Spring Breakers und Upstream Color gehören in die Top Ten.
Möchte mal dieses Video verlinken, weil es auf humoristische Weise vieles über den Film sagt:
http://www.youtube.com/watch?v=P1Cl5FzEIjY
Ich würde noch hinzufügen:
Action ist derart geschnitten, dass man den eigentlichen Film schon nicht mehr sehen kann und das ist leider sehr schade. Wobei, den Showdown wollte ich auch nicht mehr sehen.
Intensive Gangstergeschichte, die die großen Themen des Genres clever verpackt. Getragen von starken Hauptdarstellern und der einzigartigen Schönheit von Ennio Morricones Musik ist "State of Grace" ein Film der nicht altert, sondern immer klassisch bleibt und das ist genau richtig.
Mein Blogartikel zum Film:
http://thomasschroers.wordpress.com/2013/12/08/erwachsen-werden-ganz-weit-hinten-2013/
Der Versuch die Inhalte des Kinos auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen ist nicht schwierig und die Antwort darauf offenbar und einfach. Das Kino in seinen Facetten und Geschichten möchte stets ein Abbild des echten Lebens sein oder Aspekte des Lebens verwandelt darstellen. Durch die Visualität des Mediums vermag es auf seine ganz spezielle Weise wahrhaftige Geschichten zu erzählen, die lebensnahe Emotionen ausdrücken. Die Filme, die Jahr für Jahr produziert werden begleiten so nicht nur ihre jeweilige Zeitgeschichte, sondern auch die Geschichte der Zuschauer. Ganz thematisch gesehen gibt es in dieser Hinsicht Filme über jedes Stadium des menschlichen Lebens. Von der Geburt, über das Heranwachsen, das Berufsleben und schließlich auch das alt werden und sterben. „The Way Way Back“ (Regie: Nat Faxon & Jim Rash, 2013), der den an Kinokassen verwirrenden deutschen Titel „Ganz weit hinten“ bekommen hat, gehört zu jenen Filmen die sich mit dem Erwachsen werden beschäftigen.
Ganz weit hinten beginnt auch die Handlung des Filmes während die Kamera den schüchternen, vierzehnjährigen Duncan (Liam James) beobachtet, der auf der hintersten Rückbank eines Autos Platz genommen hat. Das Auto wird in diesem Falle von Trent (Steve Carell), dem neuen Freund seiner Mutter (Toni Collette), gelenkt. Zusammen mit Trents Tochter fahren sie in den Sommerurlaub in ein Ferienhaus. Kurz nachdem sie dort angekommen sind wird klar, dass Duncan Probleme hat sich in die Aktivitäten der Anderen einzufügen. Während die Erwachsenen mit Freunden all abendlich (und manchmal auch morgens) dem Alkohol und „gutem“ Leben frönen, beginnt Duncan Ausflüge mit dem Fahrrad zu machen. Diese Touren bringen ihn schließlich zu dem Water Wizz Wasserpark, wo er den Bademeister und Manager des Parks Owen (Sam Rockwell) kennen lernt. Mit dieser Begegnung verändern sich sowohl Duncan, als auch seine Umgebung.
„Ganz weit hinten“, stammt aus der Schreibfeder des Duos Nat Faxon und Jim Rash, die schon mit „The Descendants“ (Regie: Alexander Payne, 2011) ihr Auge für lebensnahe Geschichten bewiesen haben. Ihr neuestes Werk führt diese Art des Erzählens konsequent fort und weiß durch seine bodenständige Qualität zu überzeugen. Auch wenn die Geschichte an sich keine radikale Innovation ist, ist es ein filmischer Glücksfall, dass die Darstellung des echten Lebens so gekonnt gelungen ist. Die Handlung entfaltet sich hierbei gelassen und gibt den durchweg erstklassigen Schauspielern genügend Raum ihre Charaktere realistisch zu interpretieren. Aus dem Ensemble ist an dieser Stelle besonders die wunderbare Chemie zwischen dem jungen Liam James und dem stets fesselnden Sam Rockwell hervor zu heben. „Ganz weit hinten“ weiß sehr genau, dass das Leben sowohl Tragik als auch Humor mit sich bringt. Diese beiden Gegensätze sind sehr fein ausbalanciert, sodass sie nicht mehr als Gegensätze präsentiert werden, sondern als zwei Facetten des Lebens. Der Film weiß auch, dass Menschen nicht eindimensional sind und er nimmt die Entscheidungen, die diese Menschen treffen oder noch zu treffen haben ernst. Bezeichnet als Komödie und Drama weiß dieser Film ebenfalls, dass Entwicklungen Zeit brauchen. In der Realität verändern sich die Dinge schließlich auch nicht von jetzt auf gleich. Im Kino entsteht nur eine emotionale Verbindung zwischen Zuschauer und Film, wenn der Film die Gefühle des Zuschauers real werden lässt. Dieses Kunststück, welches immer auch eine Gratwanderung ist, gelingt „Ganz weit hinten“.
Würde man von der Inhaltsbeschreibung schließen, dass dies ein Film sei der vor allem die Altersklasse des Hauptcharakters anspricht, so läge man mit dieser Annahme sehr falsch. Vielmehr verlässt der Zuschauer das Kino mit der Erkenntnis, dass das Erwachsen werden nicht allein Aufgabe der jüngeren Menschen ist. Duncans Geschichte handelt von den großen Dingen des Lebens, Freundschaft, Liebe und der eigenen Identität. Seine Geschichte ist eine sehr persönliche und dies gilt ebenfalls für die Geschichten, die sich um ihn herum abspielen. Die Welt des Filmes ist eine Welt in die sich der Zuschauer leicht versetzen kann, denn er kennt sie. Es ist die Eigene, die eines jeden Lebens und „Ganz weit hinten“ ist daher im Kino ganz vorne mit dabei.
Intensiv! Nicht nur weil es eine wahre Geschichte ist (in wie weit sich alles so zugetragen weiß vermutlich niemand), sondern auch wegen Greengrass Gespür für die Darstellung zeitgenössischer Geschichte. Besonders die Dynamik der zwei Kaptians bringt das gesamte Dilemma auf den Punkt. Und das Dilemma ist weit größer als nur diese eine Entführung.
Sieht ziemlich uninteressant aus. Vor allem mit dieser "wir zerstören alles und dann nochmal und nochmal und dann trampeln wir drauf rum" action, die schon Man of steel noch tiefer in den Abgrund gestürzt hat.
Mein Blogpost zu David Lowery und "Ain't Them Bodies Saints":
http://thomasschroers.wordpress.com/2013/12/01/die-groste-geschichte/
"Jeden Tag begegnen uns unzählige Geschichten. Manche sind wichtiger, andere sind unwichtig und stets ist die Aufnahme und die Wertigkeit von subjektiver Natur. Der Filmemacher David Lowery erzählt ebenfalls Geschichten. Doch bei ihm liegt die Messlatte hoch, denn David Lowery will nichts weniger als die größten Geschichten erzählen. Die Handlungsübersicht seines Kurzfilmes „Pioneer“ (2011) liest sich dementsprechend faszinierend. Dort heißt es: „Ein Vater erzählt seinem Sohn die epischste Gutenachtgeschichte aller Zeiten!“ Ob er dies im Laufe des 15 Minuten langen Filmes schafft ist eine Diskussion wert. Die Tatsache jedoch, dass sein neuester Film „Ain’t Them Bodies Saints“ (2013) in seiner Geschichte ähnlich umgreifend angelegt ist ist bemerkenswert.
David Lowery ist das was man einen Newcomer nennt. Nachdem er einige Kurzfilme und einen Langfilm quasi ohne Budget zusammengestellt hatte ist „Ain’t Them Bodies Saints“ sein erster Film, der weiterreichende Resonanz zeigt. Dies liegt eindeutig an seiner universellen Handlung. Auch wenn dieses Werk weitestgehend in Texas angesiedelt ist gelingt es Lowery den Ort zu verlassen und die Emotionen für Menschen im Allgemeinen greifbar zu machen. „Ain’t Them Bodies Saints“ ist eine Liebesgeschichte, eine Erzählung, ein Drama und in vielerlei Hinsicht auch ein Western. Die Einordnung fällt deshalb schwer, weil Lowery es geschickt schafft verschiedene Elemente miteinander zu verbinden. Zu Anfang des Filmes steht das Versprechen der Liebenden Ruth (Rooney Mara) und Bob (Casey Affleck), die sich schwören einnander niemals zu verlassen. Bob ist jedoch ein Outlaw und Kleinkrimineller. Nach einer prekären Situation, in der er die Schuld Ruths auf sich nimmt und sich den Behörden stellt wandert er zunächst einmal in das Gefängnis. Während seiner vierjährigen Inhaftierung gebärt die schwangere Ruth eine gemeinsame Tochter. Die eigentliche Handlung des Filmes beginnt in dem Moment, indem Bob aus dem Gefängnis ausbricht und sich auf die Reise macht um seine geliebte Frau und sein unbekanntes Kind wiederzusehen.
Von Beginn an entwickelt dieser Film einen hypnotischen Sog, der bis zum letzten Bild anhält. Die Handlung, um die beiden dem Schicksal verfallenen Liebenden entfaltet sich unaufhörlich, da keine Szene zu viel oder zu wenig vorhanden ist. Auf der Suche nach der Wahrheit findet Lowery leere Räume und die Auswirkungen verschiedener Taten. Sein Hauptaugenmerk liegt unter anderem nicht daran einen Überfall zu zeigen, sondern das was die Beteiligten danach erleben. Dieses Gefühl entwickelt sich über seine filmische Sprache weiter. Bewusst werden Handlungen nicht gezeigt, sondern müssen vom Zuschauer zusammen gesetzt werden. Zu einem großen Teil funktioniert der gesamte Film auf diese Weise, denn am Ende ist es der Zuschauer, der nach der Handlung zurück bleibt und in sich hinein blickt.
Stilistisch greift Lowery in die Lichtkiste und schafft so eine Welt voller Kontraste. Auf diese Weise ist Casey Afflecks Charakter Bob stets von Dunkelheit umgeben. Seine geliebte Ruth dagegen badet über weite Strecken des Filmes im Licht. Ganz praktisch inszeniert werden jedoch auch ihre Bildkompositionen mit dem näherkommenden Bob dunkler. Ein weiterer Kontrast liegt in den Bildern weiter Natur, die Lowery immer wieder in seinem Film platziert. In diesen liegen all die rauen Emotionen, die auch in den handelnden Personen wohnen. Der sehnsüchtige Blick auf den Horizont, die Schuld die Bob für Ruth auf sich nahm und die weite, endlose Liebe, in der sie sich vereinigen. Diese Emotionen finden sich ebenfalls in der treibenden Kraft der Musik wieder. Der Soundtrack wird dabei in ausgewählten Momenten durch das anschwellende Klatschen von Händen begleitet, welche intensive Szenen erblühen lassen.
Intensiv ist auch das Schauspiel. Zu dem grandiosen Duo Casey Affleck und Rooney Mara gesellt sich der nicht minder gute Ben Foster in einer kontrollierten, schmerzhaft schönen Vorstellung des Sheriffs. Zu dritt vereinen sie eine geballte schauspielerische Kraft, die so nur selten auf der Leinwand versammelt werden kann. Casey Affleck unterstreicht mit diesem Film aufs Neue, wie gut er das Material an dem er arbeitet auswählen kann.
„Ain’t Them Bodies Saints“, dessen lyrischer Titel nichts mit dem eigentlichen Film zu tun hat präsentiert sich als klassischer Film. Es ist nicht genau auszumachen in welchem Jahr er spielt, doch sicher ist, dass es dort noch keine Smartphones oder Dergleichen gibt. Die Briefe die Bob und Ruth einander schreiben sind Gegenstände einer heute vergessenen, romantischen Welt. Der geschriebene Brief ist hier ein klassisches Mittel, welches die Stimmung der beiden Charaktere und ihrer Emotionen überträgt. In dieser Hinsicht ist die Geschichte groß und umspannend, denn auch der Gedanke des Wartens und Zusammenseins besitzt eine klassisch romantische Kraft, die diese Erzählung benötigt. David Lowerys Werk ist mit seinem sich langsam entfaltenden Sog wie aus einer anderen Zeit. Am Ende ist es die Schicksalshaftigkeit der Erzählung, die ein Finale schafft, welches über den Film hinaus nachzuwirken vermag.
David Lowery selbst ist hier der Vater einer epischen Geschichte des Kinos. Er erzählt sie mit der Eindringlichkeit, die den Zuschauer zu seinem aufmerksamen Kind werden lässt. Staunend ob der vielschichtigen Facetten und verzaubert durch die tiefen Emotionen an denen er teilhaben darf. „Ain’t Them Bodies Saints“ ist ein Film, den nicht jeder sehen wird, aber es ist einer dieser Filme, die jeder sehen sollte. In einigen Jahren , wenn David Lowery hoffentlich der endgültige Durchbruch gelungen sein wird, wird dieses Frühwerk nicht nur in seiner Filmographie als Meisterwerk gelten."
Mein Blogpost über David Lowery und "Ain't Them Bodies Saints":
http://thomasschroers.wordpress.com/2013/12/01/die-groste-geschichte/
"Jeden Tag begegnen uns unzählige Geschichten. Manche sind wichtiger, andere sind unwichtig und stets ist die Aufnahme und die Wertigkeit von subjektiver Natur. Der Filmemacher David Lowery erzählt ebenfalls Geschichten. Doch bei ihm liegt die Messlatte hoch, denn David Lowery will nichts weniger als die größten Geschichten erzählen. Die Handlungsübersicht seines Kurzfilmes „Pioneer“ (2011) liest sich dementsprechend faszinierend. Dort heißt es: „Ein Vater erzählt seinem Sohn die epischste Gutenachtgeschichte aller Zeiten!“ Ob er dies im Laufe des 15 Minuten langen Filmes schafft ist eine Diskussion wert. Die Tatsache jedoch, dass sein neuester Film „Ain’t Them Bodies Saints“ (2013) in seiner Geschichte ähnlich umgreifend angelegt ist ist bemerkenswert.
David Lowery ist das was man einen Newcomer nennt. Nachdem er einige Kurzfilme und einen Langfilm quasi ohne Budget zusammengestellt hatte ist „Ain’t Them Bodies Saints“ sein erster Film, der weiterreichende Resonanz zeigt. Dies liegt eindeutig an seiner universellen Handlung. Auch wenn dieses Werk weitestgehend in Texas angesiedelt ist gelingt es Lowery den Ort zu verlassen und die Emotionen für Menschen im Allgemeinen greifbar zu machen. „Ain’t Them Bodies Saints“ ist eine Liebesgeschichte, eine Erzählung, ein Drama und in vielerlei Hinsicht auch ein Western. Die Einordnung fällt deshalb schwer, weil Lowery es geschickt schafft verschiedene Elemente miteinander zu verbinden. Zu Anfang des Filmes steht das Versprechen der Liebenden Ruth (Rooney Mara) und Bob (Casey Affleck), die sich schwören einnander niemals zu verlassen. Bob ist jedoch ein Outlaw und Kleinkrimineller. Nach einer prekären Situation, in der er die Schuld Ruths auf sich nimmt und sich den Behörden stellt wandert er zunächst einmal in das Gefängnis. Während seiner vierjährigen Inhaftierung gebärt die schwangere Ruth eine gemeinsame Tochter. Die eigentliche Handlung des Filmes beginnt in dem Moment, indem Bob aus dem Gefängnis ausbricht und sich auf die Reise macht um seine geliebte Frau und sein unbekanntes Kind wiederzusehen.
Von Beginn an entwickelt dieser Film einen hypnotischen Sog, der bis zum letzten Bild anhält. Die Handlung, um die beiden dem Schicksal verfallenen Liebenden entfaltet sich unaufhörlich, da keine Szene zu viel oder zu wenig vorhanden ist. Auf der Suche nach der Wahrheit findet Lowery leere Räume und die Auswirkungen verschiedener Taten. Sein Hauptaugenmerk liegt unter anderem nicht daran einen Überfall zu zeigen, sondern das was die Beteiligten danach erleben. Dieses Gefühl entwickelt sich über seine filmische Sprache weiter. Bewusst werden Handlungen nicht gezeigt, sondern müssen vom Zuschauer zusammen gesetzt werden. Zu einem großen Teil funktioniert der gesamte Film auf diese Weise, denn am Ende ist es der Zuschauer, der nach der Handlung zurück bleibt und in sich hinein blickt.
Stilistisch greift Lowery in die Lichtkiste und schafft so eine Welt voller Kontraste. Auf diese Weise ist Casey Afflecks Charakter Bob stets von Dunkelheit umgeben. Seine geliebte Ruth dagegen badet über weite Strecken des Filmes im Licht. Ganz praktisch inszeniert werden jedoch auch ihre Bildkompositionen mit dem näherkommenden Bob dunkler. Ein weiterer Kontrast liegt in den Bildern weiter Natur, die Lowery immer wieder in seinem Film platziert. In diesen liegen all die rauen Emotionen, die auch in den handelnden Personen wohnen. Der sehnsüchtige Blick auf den Horizont, die Schuld die Bob für Ruth auf sich nahm und die weite, endlose Liebe, in der sie sich vereinigen. Diese Emotionen finden sich ebenfalls in der treibenden Kraft der Musik wieder. Der Soundtrack wird dabei in ausgewählten Momenten durch das anschwellende Klatschen von Händen begleitet, welche intensive Szenen erblühen lassen.
Intensiv ist auch das Schauspiel. Zu dem grandiosen Duo Casey Affleck und Rooney Mara gesellt sich der nicht minder gute Ben Foster in einer kontrollierten, schmerzhaft schönen Vorstellung des Sheriffs. Zu dritt vereinen sie eine geballte schauspielerische Kraft, die so nur selten auf der Leinwand versammelt werden kann. Casey Affleck unterstreicht mit diesem Film aufs Neue, wie gut er das Material an dem er arbeitet auswählen kann.
„Ain’t Them Bodies Saints“, dessen lyrischer Titel nichts mit dem eigentlichen Film zu tun hat präsentiert sich als klassischer Film. Es ist nicht genau auszumachen in welchem Jahr er spielt, doch sicher ist, dass es dort noch keine Smartphones oder Dergleichen gibt. Die Briefe die Bob und Ruth einander schreiben sind Gegenstände einer heute vergessenen, romantischen Welt. Der geschriebene Brief ist hier ein klassisches Mittel, welches die Stimmung der beiden Charaktere und ihrer Emotionen überträgt. In dieser Hinsicht ist die Geschichte groß und umspannend, denn auch der Gedanke des Wartens und Zusammenseins besitzt eine klassisch romantische Kraft, die diese Erzählung benötigt. David Lowerys Werk ist mit seinem sich langsam entfaltenden Sog wie aus einer anderen Zeit. Am Ende ist es die Schicksalshaftigkeit der Erzählung, die ein Finale schafft, welches über den Film hinaus nachzuwirken vermag.
David Lowery selbst ist hier der Vater einer epischen Geschichte des Kinos. Er erzählt sie mit der Eindringlichkeit, die den Zuschauer zu seinem aufmerksamen Kind werden lässt. Staunend ob der vielschichtigen Facetten und verzaubert durch die tiefen Emotionen an denen er teilhaben darf. „Ain’t Them Bodies Saints“ ist ein Film, den nicht jeder sehen wird, aber es ist einer dieser Filme, die jeder sehen sollte. In einigen Jahren , wenn David Lowery hoffentlich der endgültige Durchbruch gelungen sein wird, wird dieses Frühwerk nicht nur in seiner Filmographie als Meisterwerk gelten."
Grandios!
Pioneer, seinen erstklassigen Kurzfilm von 2011, könnte man repräsentativ für seine Kurzfilme in die Filmographie mit aufnehmen.
Nebenrolle ohne Dialoge. Trotzdem eine der wichtigsten "Figuren" der Serie, da mit ihrer Hilfe sowohl Leichen, als auch Geld aus der Sichtweite der Gegner gebracht werden kann. Wichtig ist sie auch zur Aufbewahrung des geschätzen Methylamin. Also ein cleverer Plotpunkt im Gesamtkonstrukt Breaking Bad und vielleicht sogar die große Metapher für die Handlung der Serie? Einmal in einer bestimmten Tonne/Situation gelandet, ist es sehr schwierig da wieder raus zu kommen!
Ruhiges Drama. Schnörkellos und ohne Zurücknahme präsentiert uns der Film eine traurige Geschichte, die zum Nachdenken anregt.
Intelligenter und ansprechender Debutfilm von Joseph Gordon-Levitt der clever jeglichen Medien und ihren Auswirkungen den Spiegel vorhält. Viel mehr als nur lustig.
http://www.gq.com/moty/2013/james-gandolfini-men-of-the-year?mbid=gqpr
Ein Freund erzählt von James Gandolfini!
„Inside Llewyn Davis“ (2013) ist der neueste Film der Coen Brüder und es ist ein Guter und vielleicht auch einer ihrer Besten. Am Ende eines seiner Auftritte sagt der titelgebende Hauptcharakter Llewyn Davis so etwas wie: „If it's never new and it doesn't get old, it's a folk song.“ Zumindest die zweite Hälfte dieser Aussage passt auch auf die Filme von Joel und Ethan Coen und besonders auf ihr neuestes Werk. Man kann sich gut vorstellen, wie dieser Film sich im großen Coen Universum niemals alt anfühlen wird. Bekannt für ihre stets besondere und ausgefallene Musikauswahl ist „Inside Llewyn Davis“ eine Ode an die Folkmusik der 1960er.
In seinen 105 Minuten Lauflänge erzählt uns dieses Werk die Geschichte von Llewyn Davis (Oscar Isaac). Dieser erlebt in der erzählten Zeit von ungefähr einer Woche verschiedenste Abenteuer, während er mehr schlecht als recht durch die Folkmusikszene in Greenwich Village navigiert. Richtiger Erfolg hat sich in seiner jungen Karriere noch nicht eingestellt und aus diesem Grund befindet sich unser Held stets in finanziellen Problem, die sich auch negativ auf seine Wohnsituation auswirken. Auf der Suche nach dem Sinn seiner Karriere und Schlafplätzen finden sich sowohl komische, als auch absurde oder ernste Charaktere in seinem Weg wieder. Viel mehr sollte an dieser Stelle zum Inhalt des Filmes nicht verraten werden, denn es sind diese frischen Begegnungen, die dem müden Llewyn Farbe einhauchen. Der leicht verschobene Handlungsablauf animiert dabei schon während des Abspanns eine weitere Sichtung des Filmes.
„Inside Llewyn Davis“ besitzt zahllose Elemente die es lobend zu erwähnen gilt. Im Nachhinein nicht unerwartet, aber während des Sehens ein wenig überraschend, sind die durchweg komödiantischen Elemente des Films. Hier sind die Coen Brüder ganz in ihrem Element und erschaffen durch ihre Dialoge und Charaktere einen Lacher nach dem Anderen. Man kann es sich gut vorstellen, wie die Brüder am Set kichern, wenn Llewyn von Jean (Carey Mulligan) verbal übertrumpft wird. Ein Highlight des Filmes ist die Szene einer Aufnahme eines fantastisch, wie urkomischen Songs. Hier wird Komödiengold geschaffen. Weiterhin beweisen die Coens einmal mehr ihr Auge für die besonderen Charaktere. Gemeinsam mit Llewyn begegnen wir eckigen, außergewöhnlichen Charaktere, denen man in irgendeiner Ecke dieser Welt sicher auf die ein oder andere Art begegnen kann. Eine weitere Stärke ist in dieser Hinsicht auch die Besetzung, die abgesehen von oben genannten besonders mit einer extravaganten Vorstellung von John Goodman punkten kann. Einmal mehr ist es typisch für die Gebrüder Coen, dass sie uns gerade so viel von den Nebencharakteren erzählen, dass der Zuschauer am Ende des Filmes gerne weiter über sie nachdenkt.
Schließlich ist es der emotionale Kern der Geschichte, der den Zuschauer für den gebeutelten Llewyn fühlen lässt. Das Thema der Versöhnung wird auf melancholische Weise betrachtet und ist die allgegenwärtige Idee. Es ist die Versöhnung mit Menschen, mit seiner Musik und in letzter Konsequenz vor allem mit sich selbst, die Llewyn herbeisehnt, auch wenn er dies unter Umständen nicht weiß. So ist er blank vor Staunen, als er seinem offenbar dementen Vater ein Lied vorspielt und dieser sich währenddessen in die Hose macht. Im Englischen gibt es den passenden Ausdruck: I don’t give a shit (Das interessiert mich einen Scheiß). In der Interpretation der Szene kann dies bedeuten, dass die Versöhnung mit dem Vater geglückt ist. Dieser tiefsinnig skurrile Level an Humor ist es der die Filme der Coen Brüder im Allgemeinen auszeichnet und „Inside Llewyn Davis“ im Besonderen.
Alles in allem findet der Zuschauer in den engen Gängen der Appartments und den ausschweifenden Dialogen der einzigartigen Charaktere von „Inside Llewyn Davis“ einen ruhigen Film zweier Brüder, die genau wissen was sie tun und es verdammt gut tun.
Darren Aronofsky. Er wird abliefern, hat er bisher immer. Und selbst wenn er unwahrscheinlicher Weise nicht tun wird, so wird er eine Diskussion angeregt haben. Das können auch nicht mehr allzu viele Filme.
Große Coen Brothers Werkschau Teil 3:
http://thomasschroers.wordpress.com/2013/11/12/inside-the-coen-brothers-teil-3-gelassene-souveranitat/
Teil 3: Gelassene Souveränität
Wir schreiben das Jahr 1990, oder auch ein paar Jahre davor. Die Coen Brüder haben ihre ersten beiden Filme veröffentlicht und verdienen sich stetig neue Lorbeeren. Doch diese Lorbeeren lassen bei weitem nicht erahnen, das als nächstes etwas völlig anderes daher kommt. „Miller’s Crossing“ wird im Jahre 1990 veröffentlicht und bewegt sich in einem deutlich anderen Tempo. Dieser dritte Film ist derart anders von dem vorangegangenen „Raising Arizona“, dass es auf den ersten Blick schwer fällt die Namen der Regisseure zu glauben. War „Arizona“ noch verspielt und schrill, so ist „Miller’s Crossing“ das genaue Gegenteil. Es ist die ruhige Gelassenheit und die beeindruckende Souveränität, die diesen Film überzeugen lässt.
„Miller’s Crossing“ bewegt sich zwar einmal mehr im Krimi Genre, doch ist es ein reifer, fast schon altersweiser Film. Im Stile großer Epen präsentiert sich der Film als behäbig, ruhig erzählte Gangsterballade. In elegischen Bildern handelt die zeitlose Geschichte von Loyalität und Freundschaft und der Schwierigkeit solche zu bewahren. Tom Regan (Gabriel Byrne) ist die rechte Hand eines Verbrecherbosses (Albert Finney) der Prohibitionsära und versucht den instabilen Frieden zwischen diesem und einem weiteren Boss zu festigen. In dieser Hinsicht wird seine Loyalität auf die Probe gestellt und weiter erkompliziert, da er sich ebenfalls mit seiner Geliebten Verna (Marcia Gay Harden) und dem undurchsichtigen Bernie Bernbaum (John Turturro) konfrontiert sieht. Auf diese Art beschäftigt sich das dritte Werk der Coens mit dem großen Thema zwischenmenschlicher Natur, da in vielerlei Hinsicht alle menschlichen Beziehungen auf den Aspekt der Loyalität herunter gebrochen werden können. „Miller’s Crossing“ weist dabei eine sehr dichte Atmosphäre auf, die den Zuschauer in die Welt der Geschichte hinein zieht. Die Atmosphäre setzt sich auf diese Weise vor allem durch die perfekt konstruierte Handlung zusammen, die nicht vorhersehbar ist, aber stets logisch und nachvollziehbar. Die Souveränität der Handlung ist es auch, die den Film wie aus einem Guss wirken lässt. Technische Mittel, wie Kamera, Musik oder die detailverliebte Ausstattung der Räume bestärken die Atmosphäre des Films weiter.
Der Kern von „Miller’s Crossing“ ist jedoch das zentrale Thema Loyalität. In jeder Minute rätseln die Charaktere und ebenso auch der Zuschauer über die verschiedenen Loyalitäten im Film. Tom Regan, der als Hauptcharakter fungiert, ist dabei der Held und Leitfaden durch die Geschichte. Konsequent wird sein Loyalitätsbegriff auf die Probe gestellt und erst am Ende stellt sich herraus, wie er sich durch den ganzen Film verhalten hat. Das Besondere dabei ist, dass diese Untersuchung schließlich eine Loyalität preisgibt, die nicht so sehr auf andere Menschen bezogen werden sollte, sondern viel mehr seinem eigenen Charakter zufällt. Die Coen Brüder unterstreichen in dieser Moralität einen Loyalitätsbegriff, der davon ausgeht, dass Loyalität nur so lange möglich ist, solange die Loyalität sich selbst gegenüber gegeben ist. Diese Vorstellung setzt Regan mit seiner letzten Entscheidung konsequent um und kann seinem Charakter treu bleiben.
Wie in ihren beiden ersten Filmen tauchen auch in diesem Werk verschiedene typische Aspekte ihres Schaffens auf. So werden gerade auf dem namensgebenden Friedhof einige Szenen mit innovativen Kamerabewegungen ausgestattet und viele eingängliche Bilder geschaffen. Nach diesem, dritten Film, wird es auch immer deutlicher, dass die konsequente Erzählung und Durchführung der Handlung zu einem hervorstechenden Merkmal der Brüder gehört. Ein offenes Ende sucht man bei diesem Film vergebens und das ist auch gut. Zu weiteren wiederkehrenden Elementen gehören sowohl das Auftauchen schreiender, dicker Männer als auch die erstmaligen Auftritte der Schauspieler Steve Buscemi und John Turturro. Letzterer konnte die Beiden so überzeugen, dass er in ihrem nächsten Film „Barton Fink“ (1991) die Hauptrolle spielen durfte.
Zusammenfassend gehört „Miller’s Crossing“ zu den ruhigeren Werken der Coenbrüder und strotz in dieser Hinsicht von einer gelassenen Souveränität, die man selten bei künstlerischen Frühwerken sehen kann. Kritikpunkte finden sich eigentlich nicht, doch das Gefühl, dass dies ein sehr guter, aber kein großartiger Film ist lässt sich nicht leugnen. Vielleicht wird dieses Denken durch die ruhige Erzählung provoziert, vielleicht ist es auch nur eine subjektive Wahrnehmung. Bei all den Worten kann sich eines nicht verstecken. Die Coen Brüder sind sich mit „Miller’s Crossing“ loyal geblieben und das ist alles was man sich wünschen sollte.
Selbstverständlich SPOILER:
In einer Szene fragt die kopftuchige Analysten Saul explizit wo sie die Bank Receipts aus Venezuela hinlegen soll. Venezuela=Brody. So eine Verstrickung scheint doch wahrscheinlicher als Babytränen, hoffe ich. ;)
Im Grunde würde es aber zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht mehr stören wenn Brody der Serie gestohlen bleibt.
Große Coen Brothers Werkschau Teil 2:
http://thomasschroers.wordpress.com/2013/10/28/inside-the-coen-brothers-teil-2-lasst-die-spiele-beginnen/
Teil 2: Lasst die Spiele beginnen!
Stellt man sich den ersten Drehtag von „Raising Arizona“ (1987) vor, dann kommt unfreiwillig der Gedanke, dass es damals irgendjemanden gegeben haben muss, der bevor die erste Klappe fiel durch ein Megaphon brüllte: Lasst die Spiele beginnen! Denn genau so fühlt sich, dieser zweite Film der Gebrüder Coen an. Es ist ein durchweg skuriller, extrem witziger Ausbruch weg von bekannten Schemata und hin zu einer unberechenbaren, neuen Form der Unterhaltung. Wie bei ihrem ersten Film kann man sich an dieser Stelle auf den Untertitel/Werbespruch beziehen, der der Krimikomödie mitgegeben wurde: „Eine unfassbare Komödie“.
Tatsächlich ist „Raising Arizona“ nicht zu fassen und nicht in ein bestimmtes Genre einzuordnen. Auf ihre spezielle Art befinden sich in diesem zweiten Werk der Coens die verschiedensten Motive. So ist es ein Krimi, eine Komödie, eine Liebesgeschichte und ein Entführungsthriller zugleich. Die Handlung beginnt damit, dass der etwas verblödete H.I. McDunnough (Nicolas Cage) bei einer Reihe von leicht bewaffneten Überfällen erwischt wird. Der Zuschauer erfährt dies in der eröffnenden Montage und darf weiterhin mit ansehen, dass H.I. im Gefängnis die schöne, schnörkellose Gefängniswärterin Edwina (Holly Hunter) trifft. Schon nach diesem Einstieg, der mit der Ehelichung der Beiden endet liegt der geneigte Zuschauer vor Lachen am Boden. Wie es das Schicksal so will wünscht sich das glückliche Ehepaar, das fern ab jeder Zivilisation irgendwo in der Wüste Arizonas lebt ein Baby. Als sie herausfinden, dass Edwina keine Kinder bekommen kann entschließen sich die Liebenden eines von fünf Babys zu entführen, die dem Möbelmagnat Nathan Arizona (Trey Wilson) in die Wiege gelegt wurden. Natürlich kann dies nicht glatt funktionieren.
„Raising Arizona“ ist ein Film, der anmutet wie ein Jahrmarktsbesuch. Es ist eine wilde Reise, die sobald ein bisschen Ruhe eingekehrt ist mit einer neuen irren Idee um die Ecke rauscht. Doch desto verrückter sich all diese Geschehnisse abspielen, desto unbändiger wird die Gelassenheit mit der sie vorgetragen werden. Gerade weil die Geschichte mit einer derartigen Selbstverständlichkeit entfaltet wird ist sie für den Zuschauer umso witziger. Zusätzlich macht den Coens das Spiel mit bekannten, klassischen Motiven aus den oben genannten Genres sichtbar Spaß. In dieser Hinsicht wird ein rächender Motorradfahrer aus der Hölle in einer hinreißenden Kamerafahrt genauso vorgestellt, wie zwei wortwörtliche Knastbrüder, die von dem zukünftigen Coenliebling John Goodman angeführt werden. Solche Elemente sind bekannt, doch in „Raising Arizona“ werden sie auf eine neue, frische Art und Weise verwendet.
Der erwähnte erste Auftritt John Goodmans ist jedoch nicht das einzige typische Coen Merkmal in diesem Film. Gerade im Drehbuch des Filmes lassen sich viele Aspekte erkennen, die nur aus der Feder der Brüder stammen können. Alle Figuren sind unschuldig skurril und wenn man genau nachdenkt würde einem niemand anderes einfallen, der diese Handlung entwerfen und zusätzlich in solche Szenen hüllen könnte. Ebenfalls interessant ist, wie sich die Coen Brüder mit „Raising Arizona“ vor Stanley Kubrick und besonders seinem Film „A Clockwork Orange“ (1971) verneigen. Dies geschieht durch den Einsatz einer abgewandelten Version von Beethovens „Ode an die Freude“ und der explizit kopierte Kameraführung. Babys werden deshalb ganz nah auf dem Boden krabbelnd mit der Kamera verfolgt und in einer der spannendsten Verfolgunsjagden der Filmgeschichte schwingen Füße und Hunde in die Kamera. Übrigens wurde ein Baby sogar während der Dreharbeiten entlassen, weil es doch unverschämterweise gelernt hatte zu laufen und nicht mehr krabbeln wollte. Weiterhin gebührt dem Film Respekt, weil Babys wohl noch nie angsteinflößender krabbelten als in „Raising Arizona“. All dies ist genauso typisch Coen, wie das Auftauchen dicker, schreiender Männer.
Doch warum ist dieser filmische Witz gelungen? Ein Witz ist nur gut, wenn etwas Wahres in seinem Kern ist und genau diese Wahrheit findet sich auch in „Raising Arizona“. Denn sobald der Zuschauer all die skurrilen Ebenen entfernt hat, erkennt er eine gefühlvolle Liebesgeschichte. Mann und Frau lernen sich kennnen. Sie stellen einander ihre Freundeskreise vor. Sie lernen die Vergangenheit des Partners zu schätzen und müssen erkennen, dass ihre Vergangenheit die Beziehung beeinflusst. Sie müssen Negatives und negative Einflüsse hinter sich lassen und sich den großen Fragen einer Beziehung stellen. Wie kann die Liebe zueinander bewahrt werden und niemals erlöschen? Auf dieser Ebene meditiert der Film geradezu über das Erhalten eines Liebesglücks und wie schon in „Blood Simple“ geben uns die Coens auf ihre besondere Weise ein herzzereißendes Happy End. Die finale Erkenntnis von H.I. ist dabei universell ansprechend und zaubert ein letztes breites, zufriedenes Lächeln in des Zuschauers Gesicht. Es bleibt nur ein Fazit: Das ist ganz großes Kino und „Raising Arizona“ muss angesehen werden! „Maybe it was Utah“.