Tobi_G93 - Kommentare
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Alle Kommentare von Tobi_G93
Meilenweit entfernt vom typischen Pathos und Action-Overkill des Heroic-Bloodshed Subgenres erweist sich Johnnie Tos "Drug War" als nüchterner, eiskalt-nihilistischer Genrefilm, in dem ein obsessiver Cop und ein verhafteter Gangster Undercover agieren, um an die ansässigen Drogenbosse heranzukommen. Johnnie To baut daraus lange Zeit finster-elektrisierend vor sich hin köchelnden Suspense, in dem die beiden Undercover-Ermittler immer wieder in unangenehme Situationen geraten. Das fühlt sich an wie die ständige Ruhe vor dem Sturm, die sich wenn dann nur mal kurz, dann aber abrupt entlädt, aber sogleich wieder diesen unheilvoll-fatalistischen Sog aufbaut. Immer im Hinterkopf diese Ahnung, dass das nicht ewig gutgehen kann.
So dann auch in den finalen 20 Minuten, wenn das Geschehen in einem knüppelharten, blutig-brutalen Showdown eskaliert, der den Acker aber mal komplett auf links dreht und einen letztendlich böse ins Gesicht schlägt. Für das den ganzen Aufwand?
Frostig-unbehagliche Neo-Noir-Ballade aus Belgien, welche die unheilvollen Verstrickungen zweier kleinkrimineller, ungleicher Brüder begleitet. Dramaturgisch gibt sich der Film auf den ersten Blick merkwürdig radikal zweigeteilt, beginnt trügerisch als trist-bedrückendes Sozialdrama irgendwo in der belgischen Einöde, wo der kriminelle Bruder nach vier Jahren Gefängnis entlassen wird. Problem: Dessen Ex-Freundin ist nun mit seinem Bruder verbandelt und diese erwarten nun sogar ein Kind. Reichlich Stress also vorprogrammiert. Mit viel Nähe und auch Empathie für dieses Figuren-Dreiergespann konzentriert sich der Film zuerst ausgiebig auf die zunehmend explosive Grundsituation, ehe der Film nach etwa der Hälfte plötzlich das Tempo rapide ansteigen lässt und in ein fiebrig-rastloses Thriller-Survival-Szenario mit latentem Backwood-Ambiente abbiegt.
Zuerst dachte ich, nicht schon wieder die üblichen Genre-Standardsituationen, doch im Grunde gelingt es Regisseur Robin Pront in seinem fraglos beachtenswerten Debüt ziemlich gut, die problembehafteten Verstrickungen der Figuren mit den bekannten Genre-Mitteln weiterzudenken und entsprechend zuzuspitzen. In nun rekordverdächtig unangenehmer, frostig-schauderhafter Stimmung lässt der Film seine längst nicht mehr kontrollierbare Gewaltspirale immer weiter aufkochen, ehe das Geschehen final auf bösartig-fatalistische Weise ausblutet. Eine ziemlich bittere Pille.
Gnadenlos underrated. Als ob Sigmund Freud den Rotkäppchen-Stoff der Gebrüder Grimm als Werwolf Coming-of-Sexuality Märchen verfilmt hätte. Damit gelingt Neil Jordan mit diesem verträumt-surrealen Fantasy-Horror-Märchen für mich mit die faszinierendste Annäherung an der Werwolf-Mythos. Saugut
Durchaus sehr stimmungsvolle Lovecraft-Verfilmung von den ewigen B-Horror-Veteranen Gordon & Yuzna. Anstatt der Kurzgeschichte "Dagon", wie der Titel suggeriert, verfilmen die beiden nach ihren 80er Jahre Meilensteinen "Re-Animator" und "From Beyond" in ihrer verspäteten, dritten Adaption Lovecrafts berüchtigte und womöglich bekannteste Novelle "Shadow over Innsmouth".
Diesmal auch deutlich werkgetreuer als die beiden nur vage angelehnten 80er Pulp-Filme, wobein es Gordon als versierter Horror-Fachmann trotz geringem Budget von Beginn an gelingt, schön schaurig-altmodischen Grusel zu entfachen. Ein von unserer Realität entrückt wirkendes Küstendorf, mit feindselig anmutenden Bewohnern, die körperlich teilweise merkwürdig entstellt wirken. Da gelingt es dem Film zu Beginn richtig gut, häppchenweise mit kurzen Andeutungen und rätselhaften Vorkommnissen einen langsam anschwellenden, unheilvollen Sog aufzubauen.
Leider ist der Film erzählerisch durchaus dünn geraten, gerade im Mittelteil dreht sich der Film (womöglich bewusst) im Kreis und springt im Survival-Modus redundant von einem merkwürdigen Set-Piece zum nächsten, die sich zu oft nur noch in ihrer Wirkung wiederholen. Inszenatorisch schwankt der Stil zum einen zwischen schön unheilvollem Küstenort-Ambiente mit düsteren Gassen, ständigem Regen und wirkt in seinen entrückt-verzerrten Eindrücken beizeiten wie ein fantastischer, in krude Schieflagen gerückter Albtraum. Demgegenüber steht andererseits eine in Set-Innenräumen eher biedere Fernsehfilm-Ausleuchtung mit einigen grenzwertig miesen CGI-Fauxpas.
Gegen Ende dreht der Film allerdings herrlich frei in den Irrsinn, wo Gordon & Yuzna bösartig die Gore-Keule auspacken und mit einem niederschmetternd-fatalistischen Ende nochmals dezent für Verstörung sorgen. Nicht ohne Fehler, aber schon eine schön schaurig-unbehagliche Lovecraft-Horror Annäherung.
Herrlich abgedrehter Trash-Horror im typischen 80er Jahre Ekel-Modus.
"The Kindred" bietet im Grunde alles auf, was der 80er Horror-Retro-Fan abfeiert. Eine total abstruse Science-gone-bad Geschichte, gorig-schleimigen Tentakel-Mutations-Wahnsinn, genial ekelhafte Special effects und obendrauf Rod Steiger im bizarr-wahnsinigen Mad Scientist-Modus. Im Grunde völlig bescheuerter Horror-Schwachsinn, aber ich feier einfach solch wild freidrehenden, bierernst vorgetragenen Glibber-Irrsinn. Schön spaßiges Teil
Der Fremde in der Gondel.
Regisseur Marizio Lucidi und Drehbuchautor Aldo Lado zaubern aus Patricia Highsmiths Roman "Der Fremde im Zug" einen der subtilsten wie faszinierendsten Beiträge des gelben italienischen Giallo-Thrillers. Komplett unblutig gedreht, ohne stilisierte Mordsequenzen oder größerer Action auskommend und einer nur entschleunigten Dramaturgie folgend, die eine eher gemächlich voranschreitende Eskalationslogik vorsieht, konzentriert sich der Film mit vollem Fokus auf seine Charaktere und deren verhängnisvolle Verstrickung.
In Venedig trifft Tomas Milian als untreuer Lebe- und Geschäftsmann auf den mysteriös-dekadenten Grafen Tiepolo, den Pierre Clementi mit einer sinnlich-zarten und doch gleichwohl unheimlich-entrückten Aura phänomenal verkörpert. In jeder Szene mit ihm weht ein latenter Hauch des Todes durch die Sets, genauso wie eine eisige Melancholie und zugleich ungreifbare Todessehnsucht von ihm ausgeht. In diesem Fall passt der deutsche Titel sogar besser als der Originaltitel, er ist ein Todesengel, in absolut jeder Hinsicht.
Lucidi und Lado fügen dem grundsätzlich ähnlich angelegten Grundgedanken und dem Ablauf der Geschichte von Hitchcocks Version deutlich mehr Ambivalenz hinzu und erweitert einige Details um eine abgründig-rätselhafte Note, sodass die klar abgesteckten Rollen des 50er Jahre Films hier kaum zutreffen.
Das Aufeinandertreffen von Milian und Clementi und deren perfides Katz- und Mausspiel pendelt ambivalent-ungreifbar zwischen fast schon homoerotischen Spannungen, unerklärlicher Faszination und extremen Unbehagen, wenn sich schließlich die bösartig konstruierte Schlinge des Grafen zunehmend herausschält und damit das typische Hitchcock-Setting des zu Unrecht des Mordes Verdächtigten kompromissloser denn je durchexerziert wird.
Einer fatalistischen Logik folgend mündet die Geschichte in einer prinzipiell schlichten, jedoch zugleich umso erschaudernden Pointe, welche vorherige Geschehnisse in einem plötzlich gänzlich anderen Licht stehen lässt und einen nachhaltigen Schauer über den Rücken der ZuseherInnen laufen lässt.
Fulminanter (Slow-Burn)-Thrill.
Nicht unspannend, aber auch nicht wirklich gelungen.
Clive Barkers letzte seiner drei Verfilmungen seines eigenen Stoffes erweist sich als mitunter sehr stimmungsvolles, aber auch genauso hanebüchenes Konglomerat aus okkult-metaphysischem Horror-Schwachsinn, (möchtegern-)Hard-Boiled Detektivkrimi und mysteriösem Sektenfilm. Ein abgehalfteter, dem Übernatürlichem nahestehender Detektiv, von Scott Bakula apathisch herumschlürfend so semi überzeugend dargestellt, schlittert durch Zufall in eine rätselhafte Geschichte eines scheinbar mit magischen Kräften ausgestatteten Illusionisten, welcher angeblich von einer dunklen Macht aus seiner Vergangenheit bedroht wird.
Clive Barker möchte daraus augenscheinlich eine Art fantastisch-okkulte Film Noir-Variante bauen, doch so wirklich Plan von der Materie scheint er nicht zu haben. Seine Hauptfigur ist ganz und gar nicht der klassisch "hartgekochte" Draufgänger-Detektiv, sondern ein uncharismatischer Waschlappen, der nichts wirklich selbst löst und nur von Ort zu Ort herumstolpert.
Doch irgendwie hat Barkers Film so eine gewisse Aura, einen schwer greifbaren, unangenehm fiebrigen Sog, den er zwischen seiner dramaturgisch holprigen Quatsch-Geschichte, teils derb-blutigen Splatter (FSK 16 echt jetzt?), albernen Spezialeffekten aus der 90er Jahre Rechner-Hölle und einigen irren Set-Pieces souverän initiiert.
Im Grunde stimmungsvoll und durchaus packend vorgetragener Horror-Unfug.
Eigenwilliger Thriller vom italienischen Genre-Profi Sergio Martino, der mit "Suspicious Death of a Minor" einen munter in seiner Methodik umher wechselnden Hybriden aus Giallo, Poliziottesco und Buddy-Movie-Slapstick auf die Beine stellt.
Das überraschende an dieser wirklich kruden Mischung ist, das alles funktioniert trotz seiner ständigen Tonalitäts-Shifts erstaunlich gut, was nur die Klasse eines Sergio Martinos untermauert. Da stehen abgründige, nur schwer goutierbare Themen wie Drogenhandel, Kindesentführung, sexueller Missbrauch Minderjähriger und blutig-explizite Morde bester Buddy-Comedy und einer irre klamaukigen Auto-Verfolgungsjagd gegenüber, was sich trotz des bei Martino gewohnt nihilistischen Anstrichs problemlos in den ansonsten bierernst und durchweg spannend-verwirrend vorgetragenen Plot integriert. Auf den albernen Schenkelklopfer folgt anschließend wieder die Erdung mit dem Schag in die Magengrube. Ohne Frage eine Kunst für sich, diese Balance durchweg so smooth und geschickt hinzubekommen.
Auch in "Q & A" (1990) als Endpunkt einer inoffiziellen NY-Korruptions-Trilogie widmet sich Meisterregisseur Sidney Lumet abermals der Korruption im New Yorker Polizei- und Justizsystem, die der Regisseur hier in Form eines dringlichen und durchaus packenden Thrillerplots verhandelt. Deutlich genrenäher und zugänglicher gibt sich Lumet hier verglichen mit den fragmentiert-mäandernden wie zermürbenden Erzählstrukturen der vorangegangen Meilensteine "Serpico" und "Prince of the City", erweitert jedoch gleichwohl den Kosmos um einige weitere Motive wie Homo- und Transsexualität und streift dabei ein erstes Mal sogar das Sujet des Gangsterfilms.
Wieder einmal beleuchtet Lumet den New Yorker Polizei- und Justizapparat als heterogenes, in sich gespaltenes System. Auf der einen Seite korrupte Polizisten und Anwälte, die zwischen Rassismus, Homophobie und krummen Geschäften in mafiös anmutender Struktur agieren und auch vor Mord und anderen Gewalttaten nicht zurückschrecken. Allen voran Nick Nolte als psychopathischer Arschloch-Cop, den Lumet als wutschnaubendes, angsterzeugendes Ungetüm wie eine Horrorfilm-Figur inszeniert. Auf der anderen Seite muss Timothy Hutton als noch aufrechter, gesetztestreuer Anwalt mit undurchsichtiger Vergangenheit eben jenem Polizisten einen Mord nachweisen, den Noltes Cop-Figur als Tötung in Notwehr inszeniert hat.
In den gut 130 Minuten begleitet Lumet in nüchtern-stimmungsvollen Bildern die Suche nach der Wahrheit, die Schwierigkeiten, diese nachzuweisen, da es letztenendes in diesem "verseuchten" System zum Kampf gegen Windmühlen kommt und den bestehenden Machtstrukturen kaum bis gar nicht beizukommen ist. Dramaturgisch ansprechend, bis auf eine eher unpassende Lovestory, die den spannenden Plot zuweilen etwas einbremst, liefert Lumet ansonsten einen intensiven, hochklassigen Thriller ab, der mit dem beinah nihilistischen und doch vorsichtig optimistischen Ende einen passenden Schlusspunkt setzt.
Düsteres Kammerspiel, welches aus einem spannend konstruierten Thriller-Set-Up unverhofft in ein abgründiges Psychodrama kippt. An einem Sylvesterabend in einer französischen Polizeiwache muss Lino Ventura als ruppig-ausgebrannter Cop Überstunden einlegen, da er einen mutmaßlichen Mörder verhören soll. Den Verdächtigen spielt Michel Serrault, einen verbittert-misanthropen Anwalt, der angeblich zwei Mädchen erst vergewaltigt und anschließend ermordet haben soll. Regisseur Claude Miller baut daraus zu Beginn eine durchaus packende Thriller-Anordnung, welche erzählerisch in dem Wechsel aus dem begrenzten Setting der Polizeiwache und geschickt eingestreuten, unzuverlässigen Flashbacks die Fragestellung erkundet, ob der Verdächtige nun die Morde begangen hat.
Doch sukzessive vermittelt einen dieses zunehmend zermürbende Verhör-Duell zwischen Ventura und Serrault das Grundgefühl, einer Art MacGuffin oder falscher Fährte zu folgen. Nachdem der Film mehr und mehr den Mordfall hinten anstellt, taucht man stattdessen tief in das Leben des Verdächtigten ein, welches zwischen einer erkalteten, unbehaglichen Ehe und einem rätselhaft-ambivalenten Verhältnis zu einem jungen Mädchen zunehmend dekonstruiert wird. Dazu passt schlussendlich eine was den Mordfall angeht unvermittelt belanglose Random-Pointe, die beinah gleichgültig wirkt und dennoch im Zusammenspiel mit den vorangegangenen Aufdeckungen für niemanden der Beteiligten eine Art von Erlösung gestattet. Awesome movie.
Sonst für seine phantasievollen Gothic-Grusler und elegant-stilvollen Gialli bekannt, inszenierte der italienische Meister Mario Bava mit "Cani Arrabiati" einen boshaft-grimmigen Schmierlappen von Film.
Nach einem Überfall fliehen drei Gangster anschließend mit ihrer Beute und nehmen obendrein noch einen Vater mit seinem kranken Kind und eine attraktive junge Frau als Geisel gefangen. Auf der Flucht spitzt sich die Lage im Auto dann mehr und mehr auf brutale Weise zu...
Bava entfacht in diesem sleazigen Road Movie - Geiselnahme-Thriller sofort eine knüppeldicke Stimmung, die einen von Anfang an mit nicht wenig Unbehagen in seinen Bann zieht. Angelegt als minimalistisch-beengtes Kammerspiel auf vier Rädern, wo Bava die Flucht der Gangster mit ihren Geißeln begleitet. Da wäre der kaltblütige Anführer "Dottore", der psychotische Killer "Blade" und der notgeil-übergriffige "Nr. 32", der der attraktiven Geißel von Anfang an an die Wäsche will. Was schnell zu Differenzen zwischen den Geißelnehmern führt.
"Rabid Dogs" erzeugt seine Spannung in der Folge durch die sukzessive ansteigenden Spannungen zwischen den Geißelnehmern, was immer wieder durch mal mehr, mal weniger vorhersehbare Zwischenfälle befeuert wird und die Eskalationsstufe des Szenarios zunehmend zum Kochen bringt, ehe Bavas Film mit einer bösartigen, aber nicht uncleveren Pointe endet, die einem das vorangegangene Geschehen nochmals mit gänzlich anderen Augen betrachten lässt. Hochklassiger Italo-Sleaze
Sehr stimmungsvoller, hakenschlagender Grusel-Suspense aus dem Hause Hammer.
Ein junge Frau im Rollstuhl soll ihren Vater in seiner pittoresken Villa an der französischen Côte d’Azur besuchen. Problem: Dieser ist bei ihrer Ankunft angeblich plötzlich verreist, so behaupten es zumindest die neue Ehefrau und der Chauffeur des verschwundenen Mannes. Noch merkwürdiger: Während einer nächtlichen Panikattacke sieht die junge Frau plötzlich die Leiche ihres Vater in einem versteckten Zimmer, oder war das doch nur eine Halluzination?
Regisseur Seth Holt inszeniert hier einen kurzweiligen kleinen Grusler, der sich zu Beginn irgendwo zwischen altmodischem Gruselfilm und Gaslight-Psycho-Suspense a la Hitchcock und Clouzot verortet, dabei erstmal so einige Plotverläufe offenlässt und sogleich mit seiner schaurigen, paranoiden Grundstimmung fesselt. Bis irgendwann Haken um Haken geschlagen wird, eine Wendung nach der anderen genommen wird und überhaupt "nichts so ist wie es scheint". Wirkt letztendlich tendenziell arg überkonstruiert, kann aber locker als audiovisuell exquisit verpackter Irrsinn-Nonsense verbucht werden. Feine kleine Grusel-Nummer.
Vergleichsweise subtiler, blutarmer Giallo-Beitrag von Lucio Fulci, der gekonnt Hitchcock-Mystery mit übernatürlichen Elementen zu einer Art Giallo-Fantastico-Variante verbindet. Die Hellseherin Virginia (die titelgebende "Psychic") sieht unklare Visionen eines Mordes an einer Frau, die in eine Wand eingemauert wird. Dadurch wird die Leiche gefunden, doch wer war der Mörder - etwa ihr eigener Ehemann?
Daraus entspinnt Fulci tendenziell gemächlichen, Schnitzeljagd-artigen Thrill, dei dem die diffusen Clues aus den Visionen gedeutet und in der Realität ihrer Bedeutung erforscht werden müssen. Als eine Art Detektivin muss Virginia ihre Visionen mit realen Vorkommnissen abgleichen und ihren Ehemann des Mordes entlasten, wobei nicht ersichtlich ist, ob ihre Visionen vergangene Taten abbilden oder gar zukünftige Ereignisse voraussagen.
Den eher entschleunigt angelegten Thrill generiert Fulci mehr über die vielen ungeklärten Fragen und einem hohen Mystery-Anteil denn über einzelne Set-Pices, ehe der Regisseur seinen gewalttechnisch ungewöhnlich zurückgenommenen Film in einer erstaunlich perfiden, bösartigen Pointe kulminieren lässt.
Vom routinierten Thriller-Handwerker Gregory Hoblit stabil runtergedrehter Justizthriller, in dem Richard Gere als abgehobener Strafverteidiger mit Edward Norton einen unscheinbaren Messdiener verteidigen muss, da dieser mutmaßlich einen Bischof brutal hingerichtet hat. Hoblit bastelt daraus ein spannendes, wenn auch nicht besonders tiefgreifendes Court-Room-Kriminalstück, welches plottechnisch zuweilen Edeltrash nicht nur streift, sondern bewusst in Kauf nimmt, um seine Darsteller glänzen zu lassen. Da darf natürlich Edward Norton in seinem großen Durchbruch als psychisch mutmaßlich labiler Doppelmörder, in Wahrheit teuflisches Genie, ordentlich abliefern. Der wahre Star des Films und Hoblits eigentliches Interesse gilt jedoch vollumfänglich Richard Gere und seiner Anwaltfigur, dessen Wandel vom abgebrühten, arrogant-unmoralischen Star-Anwalt zum ernsthaft erschütterten Moralisten Hoblit und vor allem Gere mit seinem nuancierten Spiel glaubhaft Stück für Stück darlegen. Überhaupt liefert Gere eine seiner besten Performances. Wenn er am Ende von Nortons Figur vorgeführt ernüchtert das Gerichtgebäude verlässt, sieht er seine Welt, die aufgepumpte Justizblase, mit völlig anderen Augen. Hinterfragt plötzlich seine Haltung, was früher unmöglich schien. Da stört auch die finale, kaum glaubwürdige Quatsch-mit-Soße Pointe kaum, dient sie doch in erster Linie als Mittel zum Zweck, um Geres Figur endgültig mit seiner eigenen Verkommenheit zu konfrontieren. Gutes Ding, immer noch.
Mal wieder ein mehr als stichhaltiger Beweis für die enorme qualitative Dichte des italienischen Genrekinos in den goldenen 70er Jahren.
Sergio Sollimas zynischer Politthriller "Revolver" (1973) beginnt unvermittelt schweißtreibend und mit nicht wenig Unbehagen: Gefängnisdirektor Vito Cipriani (genial: Oliver Reed), ein rechtschaffener Mann, der alles in seinem Leben fest im Griff zu haben scheint, bekommt die Nachricht überliefert, dass seine Frau entführt wurde. Mit der entsprechenden Forderung, er solle einen inhaftierten Mann namens Milo Ruiz (Fabio Testi) zur Flucht zu verhelfen. Im Anschluss soll nun der Häftling den Entführern im Austausch gegen Ciprianis Ehefrau übermittelt werden...
Sollima legt seinen Film in der Folge als subtil vor sich hin brodelndes Spannungskino an, das weniger dem so typischen rüden Tonfall des italienischen Poliziottescos folgt, sondern sich mehr in dem diffus-beunruhigenden Gestus des zu der Zeit auf der anderen Seite des Teiches so populären Paranoia- und Verschwörungskinos aus dem New Hollywood bewegt.
Neben dem stetig hin und her wippenden Machtverhältniss zwischen dem Gefängnisdirektor und dem entflohenen Häftling bezieht Sollimas Film zu Beginn seinen Reiz insbesondere aus dem rätselhaften Hintergrund der durchaus lange Zeit für Verwirrung stiftenden Geschichte, wenn immerzu gerätselt werden darf, um wen es sich bei den mysteriösen Hintermännern der Entführer handelt und wessen Motiv sie eigentlich verfolgen.
Handelt es sich banalerweise um ehemalige Freunde oder Komplizen?
Oder im Gegenteil, die Entführer wollen ihn nur aus der Haft sehen, um ihn anschließend sofort zu liquidieren? Evtl. weiß er schlicht zu viel?
Oder stellt das Ganze gar ein Ablenkungsmanöver für einen noch unbekannten, elitären Coup dar, welcher noch im Verborgenen liegt?
All dies sorgt für ungemein spannende, schweißtreibende erste zwei Filmdrittel, die fast schon ein Musterbeispiel für packendes Spannungskino darstellen, welches kaum mit klassischen Genre-Set-Pieces arbeiten muss, sondern allein über einen clever konstruierten Plot das Publikum weite Teile der Laufzeit zu fesseln weiß.
Einhergehend mit einem abrupten Schauplatzwechsel kommt es im finalen Drittel kurz zu wenigen dramaturgischen Holprigkeiten, wodurch kleinere Längen nicht vollends vermieden werden.
Erst wenn sich final das Blatt nochmals auf zynisch-perfide Weise wendet, der labyrinthartige Plot sich schließlich Stück für Stück zusammensetzen lässt, das Ganze nun endgültig in politisch relevante Bereiche vorstößt und Direktor Cipriani zum Spielball höherer Macht eines komplett verdorbenen "Systems" wird, zeigt "Revolver" nochmals sein ganzes Potential und liefert ein sehr böses, ultra-zynisches Finish, das seine Wirkung keinesfalls verfehlt.
Kleines Meisterstück des europäischen Polit-Kinos.
The Driver, The Player, The Detective.
Eiskalt-schnörkellos schüttelt Action-Profi Walter Hill mit "The Driver" einen grimmigen Großstadt-Western aus dem Ärmel, mit dem er von jeglichen erzählerischen Ballast befreit seine Archetypen in ein neondurchflutetes Los Angeles manövriert. Ryan O`Neal gibt den stoischen, professionellen Fluchtwagenfahrer, der sich mit Bruce Dern als obsessiver Cop auf Abwegen ein unerbittliches Katz- und Mausspiel liefert. Dazu gibt es Isabelle Adjani als für beide Seiten unberechenbare Variable, eine "Playerin", deren Plan durchweg undurchsichtig bleibt. "Echte" Gefühle und menschliche Wärme entzieht Hill seinen Figuren vollständig, selbst das Geld, um das es anfangs geht, wird irgendwann beinah zum MacGuffin, denn in der Konsequenz verlieren sich der Driver und der Inspektor in ihrem persönlichen Duell, alles andere erscheint dann nur noch zweitrangig und als ein nebenbei zu lösendes Übel. Walter Hill erzählt und inszeniert das alles druckvoll-elegant auf den Punkt, lässt jede Szene nur so prägnant und knapp ablaufen, wie sie auch nötig für die durchaus clever konstruierte Geschichte ist. Daraus entsteht in der Konsequenz minimalistisch und hocheffektiv arrangiertes Genre-Konzentrat, welches stilistisch mit seinen hypnotischen Neon-Noir-Ambiente Michael Manns 80er Jahre Thriller vorwegnimmt. Fulminant
Sperrig-eigenwilliges Thrillerjuwel aus den späten 80ern, das mit seiner avantgardistisch-irrealen, mitunter ins Psychedelische abgleitenden Bildsprache und der entschleunigten, charakterfokussierten Erzählweise einen hypnotisch-entrückten, schleichenden Sog erzeugt. Regisseur Donald Cammell, was den elliptischen Schnitt und die stylish-experimentelle Bildgestaltung betrifft eindeutig von seinem Mentor Nicolas Roeg inspiriert, verlagert vorerst ein auf dem Papier gewöhnliches Genre-Set-Up einer Mordserie an attraktiven Frauen ins ländliche Arizona.
Daraus entwickelt der Regisseur jedoch keinen typischen Who-Dun-It Krimi, vielmehr baut er daraus eine ganz und gar individuelle Kreuzung aus US-Giallo-Fiebertraum und Killer-Psychogramm zusammen, das seine durchaus verstörende Wirkung aus der erratisch-ungewöhnlichen Inszenierung erzielt. Ziemlich perfide findet Cammell das personifizierte Grauen hinter der Fassade einer vermeintlich heilen US-Familie, die auf nicht unähnliche Weise wie drei Jahre später in "Twin Peaks" böse dekonstruiert wird. Wiederkehrende Aufnahmen von durch Menschenhand zur Mondlandschaft umgestalteten Natur, Close-Ups von Augenpartien und indianisch-mystische Motive sollen als suggestiv wirkende Eindrücke eine intuitive Schlüssigkeit in dieser rätselhaften Psychothriller-Anordnung vermitteln, bei der Cammell nur im übertrieben-pathetischen Finish etwas die Zügel aus der Hand gibt.
Tendenziell spröde erzähltes Culture-Clash Kriminalstück, das im zweiten Akt unverhofft in ein sensibel herausgearbeitetes Liebes-Melodram kippt. Peter Weir gibt sich zunächst alle Mühe, die Genre-Standardsituationen spannend abzuarbeiten. Da ist der zum ersten mal aus dem abgegrenzten Armish-Umfeld in die Großstadt gereiste Junge, der zufällig einen Mord beobachtet und anschließend von korrupten Cops gejagt wird. Weir inszeniert in diesem furiosen ersten Akt einige starke, intensive Nagelkau-Suspensemomente, die allerdings jäh verfliegen, sobald die Hetzjagd endet und Harrison Ford im Heim der Armish-People Zuflucht findet.
Plötzlich steht der Film dramurgisch fast still, da sich Weir alle Mühe gibt, das Aufeinandertreffen des ruppigen Cops Harrison Fords Figur mit der Kultur und der Lebensweise der Armish-People sanft-annähernd darzulegen, was dem Film zuerst sehr gut steht. Leider gelingt Weir im weiteren Verlauf der Spagat aus zarter Romanze, Kulture-Clash und genrenahem Spannungsfilm nicht mehr so gut wie zur ersten Filmhälfte, auch weil er teilweise latent ins Pathetische kippt.
Dennoch ein interessanter Beinahe-Thriller mit Herz, den dramaturgische Schwächen hier und da etwas ungelenk erscheinen lassen.
Fieser, eiskalter Schmuddelthriller aus der Cannon-Schmiede von Altmeister John Frankenheimer, dem mit "52 Pick-Up" ein kleines, hundsgemeines Juwel des 80er-Jahre Thrillerkino gelang. Von Anfang an hüllt Frankenheimer das Geschehen in eine überaus benruhigende Grundstimmung, wenn zu Beginn Roy Scheider als fremdgehender Ehemann und Fabrikbesitzer in seinem luxuriösen Heim von Gangstern überwältig wird. Diese haben von seiner Liebes-Affäre Wind bekommen und wollen ihn mit aufgezeichneten Sex-Tapes erpressen.
In Frankheimers Hand wird diese genretypische, formelhafte Prämisse zu routiniert-stimmungsvollem, teilweise garstig unangenehmen Spannungskino irgendwo zwischen hinterhältigem Neo-Noir und kaltschnäuzigem Großstadtwestern.
Nachdem die Erpresser Roy Scheider, der in seiner kühlen Selbstsicherheit zuerst kaum auf die Drohungen eingehen möchte, nachdrücklich ihre skrupellose Haltung demonstriert haben, dreht dieser den Spieß auf ähnlich durchtriebene Weise um. Jedoch nicht im aggressiven Charles Bronson Mode mit Selbstjustiz-Streifzug, sondern gerissen säht er sukzessive Zwietracht zwischen seinen Gegenspielern, damit diese sich irgendwann in die Haare bekommen und sich selbst dezimieren.
Frankenheimer zeigt sein ganzes handwerkliches Geschick und arrangiert hier knochentrockenes Spannungskino am Anschlag, das wenn auch nicht ohne kleinere Längen auskommend zwischen einigen erstaunlichen Gemeinheiten (Snuff-Video), der rüde-schmuddeligen Tonalität und der erlesen-stimmungsvollen, audiovisuellen Präsentation bis zum großartigen Banger-Ende einen fiebrig-immersiven Sog erzeugt.
Bösartiger, ungehobelter Genre-Reißer, wie ein später New-Hollywood Nachkomme.
Geldscheine im Swimming Pool, der letzte Coup und ein perfekter Master-Plan, der nicht schiefgehen kann. Auf dem Papier.
In Henri Verneuils "Mélodie en sous-sol" wollen Jean Gabin als erfahrener Heist-Profi mit jahrelanger Knastvergangenheit und ein junger Alain Delon als attraktiver Draufgänger ein Casino in Cannes ausrauben. Schließlich ist der ins Detail durchgetaktete Plan lückendicht und der Erfolg vorprogrammiert. Doch der Teufel steckt, wie so oft, in (unvorhersehbaren) Details, die den besten Plan scheitern lassen.
Henri Verneuil gelingt hier ein ungemein eleganter Heist-Noir im Stile von Jules Dassins "Rififi" oder auch John Hustons "The Asphalt Jungle", der im Zusammenspiel von Einbruchs-Suspense, lässigem Witz und einer gehörigen Prise Fatalismus locker einen kleinen Klassikers des French-Noirs darstellt. Alleine das intensive Finish am Swimming Pool ist in seinem bösartig-sarkastischen Einschlag kaum zu toppen. Wie ein schlechter, (gespielter) Witz, der keiner ist und diesen etwas in Vergessenheit geratenen Kracher perfekt ironisch abrundet. Immer noch top.
In Lucio Fulcis finalem Teil seiner Gates-of-Hell Trilogie bewegt sich der italienische Horror-Maestro noch mehr als im großartigen Vorgänger "The Beyond" im Sujet des Hounted-House Films, welches er abermals gekonnt zu bespielen weiß. Im Vergleich zu den vorigen Werken fährt "Das Haus an der Friedhofsmauer" den Gore-Anteil auch merklich zurück und verlässt sich losgelöst von einer schlüssigen Narration vor allem auf eine suggestiv-mysteriöse Schauerstimmung, die Fulci spielend leicht initiiert.
Erzählerisch war Fulci nie ein guter Geschichtenerzähler, so schwankt auch diese Arbeit zwischen diversen kruden Handlungsfragmenten und paranormalen Hokuspokus umher, wobei der Film gerade durch die vage und fragmentarisch zusammengeschusterten Handlungsansätze und dem übernatürlichen Anstrich diese fulci-typische, surreal entrückte Note erlangt. Insbesondere im letzten Drittel, wenn der verfaulte Freudstein im Keller aufdrehen darf, baut der Film zwischen nun wild aufdrehendem Gore-Gehalt und dem poetisch-verstörenden Finish eine bald apokalyptische Grundstimmung auf, die einen düster-unbehaglichen Sog erzeugt. Klassischer, überaus gelungener Mood-over-Substance Fulci.
Stilvoll in Szene gesetzter, latent pulpiger Thriller von Genre-Ass Henri Verneuil, der mit diesem von der Stimmung stark italienisch angehauchten Film eine Art Poliziottesco-Giallo Mash-Up umsetzt. Belmondo hetzt als abgebrühter, reaktionärer Macho-Cop einen einäugigen Serienkiller durch Paris, der aus freudianisch-psychosexuellem Motiv Frauen ermordert, während Bebel sich nebenbei in einem westernartigen Subplot auch noch an einem Bankräuber rächen möchte.
Dementsprechend ungelenk wirkt das Drehbuch beizeiten zusammengeschustert, dennoch erzeugt Verneuils Film mit seiner eleganten Bildsprache, spannend arrangierten Suspense Set-Pieces und einer atemberaubenden 20-minütigen Verfolgungsjagd in der Filmmitte einen fiebrig-atemlosen Sog. So mag ich stilvolles Genrekino aus Frankreich.
Blutiger Erbschafts-Giallo, der seine zwischenzeitlich mäßige Spannung und ein verworrenes, unübersehbares Figurenarsenal mit erstaunlich derb-expliziten Mordszenen und exquisiter Bildsprache locker wettmacht. Mario Bavas bösartiges Erbschafts-Cluedo mit allerhand verkommenen, zwielichtigen Gestalten, die scheinbar tatsächlich allesamt einem Geldgier-Blutrausch! zu verfallen scheinen, bietet quasi die Blaupause für spätere US-Slasher der späten 70er/frühen 80er Jahre, besonders bei den Machern von Freitag der 13. scheint das Setting des ländlich-pittoresken Seepanoramas, welches von blutigen Morden heimgesucht wird, mächtig Eindruck hinterlassen zu haben.
Gutes, stabiles Ding
Nett konstruierter Independent-Thriller, der nicht ungeschickt das Szenario einer unbarmherzigen, beklemmenden Home-Invasion Geiselnahme mit dem Motiv eines psychischen Breakdowns mitsamt unzuverlässiger Erzählerin und verirrter Wahrnehmung kreuzt und dadurch gerade im Zusammenspiel anfangs vergleichsweise frisch und unvorhersehbar wirkt.
Für seine schmalen Mittel sogar sehr stimmig inszeniert und ordentlich gespielt, reichert der Film seine interessante Prämisse mit erstaunlich viel psychischem Unbehagen und vereinzelt rüde aufheulenden Gore-Momenten an, sodass der Film in seinen besten Momenten durchaus einiges an Intensität erzeugt.
Leider ist die prinzipiell angenehm perfide Schlusspointe schlussendlich deutlich vorhersehbarer und weniger clever als wohl intendiert und wirkt definitiv etwas zu forciert arrangiert, auch wenn sich Regisseur Paul Fox zumindest treu bleibt und seine bösartige Pointe zu einem hinterhältigen Ende vorantreibt. Keine wirkliche Offenbarung, aber nicht unspannend.
Auch nach dem x-ten Rewatch ein wahrlich markerschütternder Film.
Wenn Unsicherheit, gekränkte Männlichkeit und rasende Eifersucht einen unkontrollierbaren, sich stetig um sich selbst kreisenden Abgrund heraufbeschwören, den man nicht versteht, weil man es nicht will und kann.
Fred Madison: "I like to remember things my own way".
Selbstbetrug und Dissoziation als einzig möglicher Ausweg, um seiner eigenen Fehlbarkeit zu entfliehen.
Unglaublich geschickt bedient Lynch in "Lost Highway" klassische Genretropes aus dem Film Noir und dem Thriller- und Horrorkino, nur um sie bewusst zu transzendieren und in neuem surrealen Kontext anzuordnen. Da wird der prototypische, teils wild ins Pastiche übersteigerte Noir-Plot um eine laszive, promiskuöse Femme Fatale, einen bedrohlichen Gangsterboss und Porno-Drehs mit Snuff-Inhalten zur deliriösen, peinigenden und spiegelverkehrt arrangierten Seelenschau, zum Film Noir im Jenseits, in dem der des Doppelmordes schuldige Fred selbst im Afterlife noch von seinen Dämonen heimgesucht wird. In Form eines jungen, potenten Draufgängers mit Amnesie, eine Art Alter Ego ohne Vergangenheit, der sowohl Freundin als auch seine neue Affäre sexuell zu befriedigen weiß und plötzlich nicht mehr weiß, wie ihm geschieht. Und letzterer natürlich verhängnisvoll mit Haut und Haar verfällt. Like a Moth to a Flame. Es ist schließlich Fred Madisons Frau in optimierter, jüngerer Projektions-Variante.
"Double Indemnity meets Orpheus and Eurydice" --> Co-Writer Barry Gifford
Der grandios schaurig von Robert Blake dargestellte Mystery Man, den Lynch clever mit dem Motiv einer Videokamera paart, agiert als allwissender, mephistoartiger Mittler zwischen den Welten, eine Art Korrektiv in Freds Bewusstsein, der das Geschehen wie eine Art Regisseur in die von ihm intendierten Bahnen lenkt und als Schnittstelle zwischen den beiden Versionen dient. Wie eine Art Faust in der CCTV-Variante.
Doch alle Interpretations-Angebote bleiben hier letztendendes Nebensache, es geht Lynch final um die intuitive, unbewusste Wirkung seines grandios inszenierten Films. Der irre, geradezu uneinsehbar ins Unendliche ziehende Kontrollverlust seiner Hauptfigur(en), den Lynch mit dem Motiv des nachtschwarzen Highways perfekt symbolisch bebildert und der geschickt als Klammer der unzuverlässigen Erzählung konstruiert wird, soll erfühlt und nachempfunden werden.
Doch Lynchs wohl destruktivster Film gewährt uns wie Fred/Pete keine Einsicht und schickt uns wie sie in die endlose Schwärze der Nacht. Ziel ungewiss. Nächste Dissoziation?
Eine wahrlich betörende, beängstigende und finstere Reise ans Ende der Nacht.