Tobi_G93 - Kommentare
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Alle Kommentare von Tobi_G93
An und für sich ist "Watcher" (2022) von Regisseurin Chloe Okuno ein größtenteils gelungener, elegant-altmodischer Psycho-Suspense - Thriller, der sich leider final ordentlich vergaloppiert.
Lange Zeit ist das gar viel mehr eine angenehm ambivalente, paranoide Charakterstudie, die Themen wie Einsamkeit und die Schwierigkeiten, sich in neuer, fremder Umgebung zurechtzufinden, clever mit dem grundsätzlich schon sehr unheimlichen Stalker-Motiv kombiniert und damit beizeiten schön subtilen Grusel heraufbeschwört, der sich insbesondere aus der Unsicherheit des gezeigten Szenarios speist. Ein diffuses Bedrohungsszenario, bei dem zu weiten Teilen des Films alles andere als klar ist, ob Protagonistin Julia (Maika Monroe), die mit ihrem Mann aufgrund eines neuen Jobs von New York nach Bukarest ausgewandert ist, banale Alltagssituationen und rational erklärbare Vorkommnisse aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten dramatisiert und überinterpretiert oder ob doch eine reale Gefahr besteht. Da weht beizeiten sogar eine kleine Prise von Polanskis subtilem Großstadt-Horror (besonders "Der Mieter") durch die düsteren, unheilvollen Wohnungsflure.
Leider macht der Film in den letzten ca. 15 Minuten so gut wie alles falsch, indem er plötzlich abgedroschene, generische und gar uninteressante Thriller-Elemente aus der verstaubtesten Mottenkiste bedient, die so gar nicht zum vorher gesehenen Filmverlauf passen und den Film retrospektiv einiges an Wirkung und Cleverness nehmen. Schade, dennoch sicherlich ein gut schaubarer Genrefilm. Einfach das Ende ausblenden...
In "Messiah of the Evil" (1973) macht sich die junge Frau Arletty auf die Suche nach ihrem verschollenen Vater. Die letzten Hinweise waren beunruhigende Briefe, die auf eine Geisteskrankheit hinweisen. Die Spur führt sie in das abgelegene Küstendorf Point Dune, dem letzten Aufenthaltsort des Vaters. Seine Wohnung steht dort jedoch leer, das Dorf wirkt beinah wie ausgestorben, gleichwohl seltsam entrückt von der Realität. Nur nachts finden sich plötzlich allerlei verschrobene und dem Wahnsinn nahestehende Gestalten, die nichts Gutes im Sinne zu haben scheinen...
"Messiah of the Evil" ist ein überaus schauriger, zuweilen anständig gruseliger Horrorflick aus den frühen 70er Jahren, der vor allem über seine surreal-entrückte, gespenstische Grundstimmung eine beunruhigende Intensität entwickelt. Menschen, die scheinbar grundlos zu kannibalistischen Vampir-Zombies mutieren. Ein Mond, der sich plötzlich blutrot färbt. Der Film ist dabei weniger an einer stringenten Handlung interessiert, sondern vegetiert viel mehr alptraumartig, in der Darstellung des Unheimlichen fast schon lynchesk vor sich hin.
Über lose und fragmentiert verbundene, schauderhafte Set-Pieces, die ZuseherInnen hypnotisch gefangen nehmen und in ihrem Stil und Inszenierung deutlich an das italienische Genrekino dieser Zeit erinnern (Bava, Argento und Fulci lassen grüßen), initiiert das Regie-Duo Willard Huyck und Gloria Katz eine schauderhafte Spirale des Grauens, die ein ähnliches unheilvolles Horror-Feeling vermittelt wie Herk Harveys "Carnival of Souls", Carpenters "In the Mouth of Madness" oder Lucio Fulcis "From Beyond". Tolles Stimmungskino
Herausragendes Regiedebüt von Luigi Bazzoni und seinem Regie-Spezi Franco Rossellini.
"La Donna del Lago" (1965) gilt neben Bavas Thrillern "The Evil Eye" und "Blutige Seide" als wichtigster Begründer des erst später in den 70ern durch Argento, Martino, Fulci und co. vollends aufblühenden Giallo-Kinos, einer speziellen italienischen Variante des düsteren, oftmals blutig bis sleazigen Thriller- und Horrorkinos. "La Donna del Lago" präsentiert sich jedoch als durchaus eigenwilliges, unberechenbares Schanierwerk, welches unterschiedliche Genre-Konzepte und Stilrichtungen zu einem schaurigen Thriller-Meisterstück verbindet. Da trifft der abgründige Fatalismus des Film Noir auf Wiederholungszwang-Motive a la Robbe-Grillet und Resnais aus der Nouvelle Vague (der Film wirkt bisweilen wie eine genretaugliche Variation von "Letztes Jahr in Marienbad"), vermengt Mystery-Elemente und Hitchcockschen Suspense zu einem inszenatorisch unglaublich eindrucksvollen und so kein zweites Mal existierenden, originellen Giallo-Frühwerk.
Die nicht sonderlich komplexe Geschichte eines Schriftstellers namens Bernard (Peter Baldwin), der auf der Suche nach seiner ehemaligen (Liebes-?)Bekanntschaft Tilde ein Hotel in einem abgelegenen Seeküstendorf besucht, dem Ort, an dem sie sich einst kennenlernten, formen die Regisseure vor allem über die virtuose formale Präsentation in eine ungemein immersives, eindringliches Seherlebnis. In einer betörenden wie gleichwohl unheilvollen S/W-Ästhetik, mit ihren harten Kontrasten und irrealen Schlagschatten deutlich an den Film Noir orientiert, findet der Film immer wieder wahrhaft gespenstische Impressionen des verlassenen Seeküstenorts, welches die Regisseure wie eine von der Realität entrückt und verzerrt wahrgenommene Geisterstadt, die von ihrer düsteren Vergangenheit heimgesucht wird, in Szene setzen. Auch weil das Geschehen immer wieder geschickt in einem rätselhaften, fiebertraumartigen Delirium aus Flashbacks, Visionen und vermeintlicher Realität gehalten wird, welches sich selbst im unheilvollen Finale, als sich der Nebel etwas lüftet, nicht so recht lösen lassen will. Wahrscheinlich einer der faszinierendsten italienischen Genrefilme bis heute. Grandioses Stimmungskino.
Der banale Titel des Langfilmdebüts vom Regie-Duo Corey Asraf und John Swab lässt einen generischen Horror-Beitrag vermuten, doch das vorliegende Werk könnte nicht weiter davon entfernt sein.
Mit Horror hat "Let Me Make You a Martyr" (2015) nämlich rein gar nichts zu tun, viel mehr beschreiten die Regisseure in ihrem sperrigen, eigenwilligen Südstaaten-Noir durch die abgefuckte White-Trash Unterwelt ihre ganz eigenen ungreifbar-unwirklichen Pfade in finstere Abgründe. Dass "Let Me Make You a Martyr" im Allgemeinen wie auch hier im Forum (4,5 Durchschnittsbewertung, ähnlich auch auf IMDB) vergleichsweise schlecht aufgenommen wird, überrascht allerdings keineswegs. Die Regisseure pfeifen konsequent auf jegliche "mainstreamorientierte" Konventionen, liefern ein konstant grimmiges, zermürbendes und erzählerisch überaus unzugängliches Thriller-Ungetüm ab, das nicht im entferntesten Sinne gute Laune verbreitet.
Vorerst mutet das Ganze wie ein düsterer Südstaaten-Thriller an, atmosphärisch vergleichbar mit Friedkins "Killer Joe" oder der ersten Staffel "True Detective". Mit den Erzählkonzepten des Film Noir wird eine labyrinthartige Unterwelt-Odyssee vorwiegend über Aussagen, elliptische Flashbacks und Erinnerungsfragmente rekonstruiert, welche die Regisseure über eine symbolisch aufgeladene, überaus stimmungsvolle Bildsprache und einer durchaus bedrückenden, existenziellen Schwere eine latent entrückte Note verleihen.
Auch legt die Erzählweise von Beginn an nahe, dass prinzipiell nicht alles Gesehene unbedingt der Wahrheit entspricht, denn es handelt sich um eine subjektive Interpretation möglicher Ereignisse, keiner objektiven Wahrheit.
In ihrem Film setzt sich das Regie-Duo in der Folge vor allem damit auseinander, wie zwei gequälte, verlorene Seelen in einer Welt, die sie erst verschlungen und anschließend kaputt und desillusioniert wieder ausgespuckt hat, wiedervereint werden und gemeinsam einen Ausweg suchen, der für sie eine Form von Erlösung bereithält.
Dabei wird dieser beklemmende Sog mehr und mehr von einer weiteren Ebene zwischen Religion und Mystik auf eine ungreifbar-surreale Weise erweitert. In Form von bruchstückhaften, fragmentarischen Erinnerungsfetzen, den überpointierten existenzialitisch-philosophischen Dialogen und der suggestiv wirkenden Symbolik, welche im Zusammenspiel eine höhere, noch im Verborgen liegende Bedeutung nahelegt. Die wohl deutlichsten Hinweise darauf liefert dabei lange Zeit Marilyn Manson himself, der als eine Art metaphysische Hitman-Figur begriffen werden kann und eine mehr als überzeugende Performance abliefert.
Seine diabolische, schauderhafte Auftragskiller-Interpretation wirkt mit ihrer übermächtigen, zwischenweltlichen Aura und seinem bleichem, geisterhaftem Gesicht wie eine Mischung aus Javier Bardems Anton Chigurgh aus "No Country for Old Men" und Robert Blakes Mystery Man - Figur aus "Lost Highway" und stellt in seinen eindringlichen Auftritten alle anderen mal locker in den Schatten.
Unkonventionell und deranged, aber geil.
Druckvoll und mit viel Verve vorgetragener, formelhafter Räuber und Gendarm - Großstadtthriller aus Südkorea. Einen Innovationspreis kann "Cold Eyes" (2013) zwar keinesfalls beanspruchen, greift mehr auf altbekannte Genre-Erzählstrukturen wie den letzten Coup des Profi-Gangsters oder der neuen Greenhorn-Partnerin des erfahrenen Cop-Haudegens zurück. Der Film überzeugt eindeutig mehr mit dem "Wie" als mit dem "Was". Und genau da punktet der Film von Regisseur Ui-seok Jo mit einer betörenden, formvollendeten Bildästhetik, einer irre dynamischen Kamera, charismatischen Darstellern und aufgrund der Laufzeit von 120 Minuten sorgfältig ausgearbeiteter, wenn auch bisweilen generischer Charaktertiefe. Packender, intensiver Genrefilm.
Unglaublich intensives, abgründiges und latent erschütterndes Horror-Melodram vom spanischen Auteur Pedro Almodovar, der hiermit ein absolutes Glanzstück abliefert. Im Grunde sollte man über "La Piel Que Habito" (2011) inhaltlich so wenig Details preisgeben wie nur möglich, deshalb nur kurz ein Paar Worte zum Ausgangsszenario.
Es geht um den plastischen Chirurg Dr. Ledgard (einnehmend gruselig: Antonio Banderas), der mit der menschlichen Haut experimentiert und scheinbar eine Patientin in seinem abgelegenem Anwesen gefangen hält. Da man zudem schnell erfährt, dass er seine Frau vor einigen Jahren durch einen Autounfall verloren hatte, meint man früh zu wissen, wie hier der Hase läuft.
Aber no way, keine Chance, was Almodovar hier Schritt für Schritt über Flashbacks, die die unheilvolle Geschichte von hinten aufrollen, aufdeckt, das lässt sich unmöglich erahnen und lässt einen ab einen Punkt zunehmend fassungslos zurück. Ein bizarres Alptraum-Märchen, aus moderner Mad-Scientist Frankenstein-Erzählung, Gottes-Hybris, Rape & Revenge - Psychothriller und Stockholm Syndrom - Elementen baut sich Almodovar eine absolut wahnwitzige Geschichte zusammen, die man so formvollendet und trotz unterschiedlichster Genre-Elemente inhaltlich geschickt und rund dargeboten selten vorfindet. Auch Georges Franjus Klassiker "Augen ohne Gesicht" oder Cronenbergs Kino der körperlichen Transformationen kommt einen hierbei in den Sinn. Zumindest sieht man sonst nur in den Filmen des kanadischen Meisters eine solch tiefschürfende, vielschichtige Meditation über die Wechselwirkungen von Körper, Psyche sowie der Fragilität der Identität. Grandioses, beizeiten absurd-wahnsinniges Kino.
Gar nicht mal so schlecht konstruiert.
In "Broadcast Signal Intrusion" (2021) muss ein Mann mit dem Verlust seiner verschwundenen Eherau klarkommen, als er anschließend auf rätselhafte, bizarre Videoaufnahmen stößt, in denen er nach ersten Nachforschungen Hinweise wähnt, die das unklare Verschwinden seiner Ehefrau erklären könnten.
Regisseur Jacob Gentry bewegt sich in der Folge in seinem stimmungsvollen, fraglos faszinierenden Werk unverkennbar auf den Spuren des Paranoiakinos der siebziger und frühen achtziger Jahre a la Alan J. Pakula oder noch mehr Brian de Palmas "Blow Out" (sicherlich nicht zufällig findet sich hier eine Figur mit dem Namen "Lithgow"). Klingt erstmal gut, ist es auch gemeint, allerdings nicht ohne so einige Einschränkungen.
In durchaus schaurigen, beunruhigenden Bildern, unterlegt von bisweilen psychedelischen Klängen, schildert Gentry die Suche eines verzweifelten Ehemannes nach der vermeintlichen Wahrheit als entschleunigte, labyrinthartig-entrückte Odyssee, wo vermeintliche neue Aufdeckungen erstmal wieder nur neue Fragen aufwerfen oder sich spontan als Red Hering entpuppen.
Gentry verliert jedoch mit fortlaufender Spielzeit insbesondere das gepeinigte Seelenleben seiner obsessiv getriebenen Hauptfigur aus den Augen, konzentriert sich viel mehr zwischen gespenstischen Videoschnipseln, wirren, abstrusen Verschwörungstheorien und einem zeitweise fast stillstehenden Erzählvortrag zu sehr auf die sowieso von Beginn an konfuse, kaum glaubwürdige Thrillerhandlung, wodurch einiges an Potenzial auf der Strecke bleibt. Zumindest reißt schließlich eine echt gruselige Schlussszene, welche vorangegange Erklärungsversuche erneut perfide zerschießt, nochmals einges raus und hinterlässt einen angenehm nachhallenden Gesamteindruck.
Kleines Meisterstück des späten Film Noir von Don Siegel.
"The Lineup" (1958) beginnt ungemein rasant mit einem scheinbar harmlosen Diebstahl am Flughafen San Franciscos, als das Handgepäck eines unscheinbaren Touristen gestohlen wird, was in der Folge mit zwei Todesopfern jedoch unvermittelt drastisch eskaliert. Wieso wurde die Tasche einem harmlosen Passagieren gestohlen und wieso war sie dem in der Folge erschossenen Dieb wert, einen Polizisten zu überfahren? Schnell stößt die örtliche Polizei auf einen professionell aufgezogenen Rauschgift-Schmuggelring, in dem unwissende Passagiere als Drogenkuriere wider Willen missbraucht werden. Drahtzieher sind die skrupellosen Gangster Dancer und Julian, die im Anschluss der Flüge ahnunglose Passagiere überfallen, um ihre Ware zurückzuholen...
Dem virtuosen Regie-Handwerker Don Siegel gelingt mit "The Lineup" der smoothe Kunstgriff, sowohl packendes, suspensehaltiges Spannungskino zu initiieren als auch eine finstere, durchaus tiefschürfende Charakterstudie anzuskizzieren, die in erster Linie die Beziehung des ungleichen Gangsterduos in den Fokus rückt.
Da wäre einerseits der erfahrene, stoisch-abgebrühte Julian (Robert Keith), der für seinen merklich jüngeren Partner in Crime eine Art Mentorfigur, evtl. sogar Vater-Ersatzfigur, darstellt. Dancer (Eli Wallach) ist dagegen ein kaltblütiger, aggressiver und unkontrolliert auftretender Killer, mit eindeutig pathologischen Zügen, der im Zweifel Konkurrenz oder Zeugen ohne mit der Wimper zu zucken liquidiert.
Siegel geht es in seinem narrativ straighten, simplen Erzählvortag um die nuancierten Wechselwirkungen zwischen den beiden Figuren. Wie durch drohende Misserfolge, steigendem Druck und der außer Kontrolle geratenen Situation das Machtverhältnis mehrmals hin und her wiegt und sich die fatalistische Schlinge im Angesicht von Polizei und Auftraggebern ganz Film Noir - typisch immer fester und unheilvoll voranschreitend um die beiden Gangster legt.
Großartiges spätes Noir-Kino.
Im niederländisch-dänischen Psychothriller "Speak No Evil" (2022) begleitet Regisseur Christian Tafdrup den Urlaub einer dänischen Mittelschichtsfamile, die in erster Linie aus Höflichkeit der Einladung folgen, ihre letztjährige Urlaubsbekanntschaft, eine eher hedonistisch lebende Familie aus Niederlande, für ein Paar Tage zu besuchen. Schließlich hatte man sich letztes Jahr im Toskana-Urlaub hervorragend verstanden und tolle Tage zusammen verbracht.
In der Folge untersucht Tafdrup bedächtig und sorgfältig den alltäglichen Clash dieser unterschiedlichen Lebens-Entwürfe und Philosophien, welcher zwangsläufig Reibungen erzeugt. Geschickt und auf eine überaus hinterhältige Weise findet der Regisseur in scheinbar banalen, alltäglichen Situationen eine außerordentlich irritierende Balance aus beiläufig eingeworfenem schwarzhumorigen Witz und vorerst latenten, aber nichtsdestotrotz konstant an den Nerven zerrendem Unbehagen. Auch weil die geschilderten Situationen jederzeit authentisch und glaubwürdig wirken, welche man gefühlt selbst schon desöfteren in (hoffentlich) milderer Ausprägung so oder ähnlich durchleben musste.
In kleinen Eskalationstufen lässt Tafdrup das Geschehen mehr und mehr zuspitzen, wenn unterschiedliche Eindrücke wie das passiv aggressive Auftreten der Gastgeber und ihre verschrobene, zunehmend pathologische Art (Betrunkenes Autofahren, gewaltätige Übergriffe beim eigenen Kind) Überhand nehmen und das zuvor nur latent wahrgenommene Gefahrenpotenzial immer greifbarer wird.
Bis die Situation schließlich rüde aus den Fugen gerät und in einem rabenschwarzen Fuck-You-Schlussspurt mündet, der in seinem unvermittelt garstigen Ausmaß einerseits sicherlich verstört, zugleich jedoch deutlich konventioneller und generischer wirkt, als die letztendlich deutlich effektiveren ersten zwei Filmdrittel, die insbesondere über ihre konzentriert subtile Herangehesweise um einiges mehr an unbehaglicher Wirkung heraufbeschworen haben. Eigenartiger, sehr immersiver und partiell sehr unangenehmer Thriller.
Kleines Meisterwerk von Claude Chabrol über die ganze destruktive Kraft von Eifersucht. In "L'Enfer" (1994) schlittert Hotelbesitzer, Ehemann und Familienvater Paul (François Cluzet) in Folge einer toxischen Liebesbeziehung zur attraktiven Nelly (Emmanuelle Béart) immer mehr in einen pathologischen Eifersuchtswahn. Meister Chabrol schildert diesen Prozess subtil mit aller Ruhe und Sorgfalt, die solch ein sensibler Stoff verlangt.
Zu Beginn findet sich die Bilderbuchehe und Familie, welche zusammen ein ansehliches Landhotel leiten, inmitten pittoresker Naturkulisse mitsamt Badesee. Das Glück scheint perfekt, doch in der Folge zeigt Chabrol, wie sich harmloses Kopfkino und ein kurzer, unscheinbarer Gedankengang auf grausame, unkontrollierbare Weise verselbstständigt. Erste kleine Verdachtsmomente und Misstrauen führen in kurzen Affektmomenten und Übersprungshandlungen zu ersten kleinen Ausrastern. Dabei bleibt es jedoch nicht, über obsessives Stalking und wahnhaftem Nachstellen der eigenen Ehefrau schlittert Paul nach und nach in eine fatale Psychose, deren ganzes schockierendes Ausmaß lange Zeit kaum vorhersehbar schien. Geschickt lässt Chabrol hierbei vorerst beiläufig, in der Folge jedoch immer frappierender Wahn und Wirklichkeit vermischen, sodass die ZuseherInnen den Bildern immer weniger trauen können. Eine überaus kräftezerrende, unbequeme und erschütternde Abwärtsspirale, vom angesehen Hotelbesitzer und Ehemann bis ganz nach unten, alles verspielt und verloren.
Die Schilderung eines grausigen Krankheitsbilds, erschreckend intensiv und glaubwürdig verstörend. Ein echter Downer.
Footprints on the beach.
Schon in der ersten Sequenz von Luigi Bazzonis enigmatischen Thriller "Le Orme" (1975) macht der italienische Ausnahme-Regisseur unmissverständlich klar, dass er an konventionellen Giallo-Motiven und Strategien wenig bis gar nicht interessiert ist, sie viel mehr bewusst wie perfide unterläuft, um (auch) für fachkundige, genreerfahrene ZuseherInnen neue Herausforderungen aufzubieten. Bazzoni zeigt eine Mondlandung, zu irritierenden Orgel-Klängen in extrem blaustichigen Bildern. Ein bewusstloser Astronaut wird anschließend von einem weiteren Astronauten über steinige Mondlandschaften gezerrt und dort zurückgelassen, um anschließend qualvoll zu sterben.
In der Folge bewegt sich Bazzoni Film vorerst in vergleichsweise gesettelteren Bahnen, wenn auch nicht weniger beunruhigend. Alice (Florinda Bolkan) ist gerade von einem merkwürdigen Traum erwacht (der Intro-Sequenz), als sie nach und nach feststellt, dass sie unter Gedächtnisverlust leidet und sich nicht an die letzten drei Tage erinnern kann. Die einzigen Hinweise der verlorenen Zeit bilden ein ihr unbekanntes gelbes Keid, welches sie in ihrer modernen, sterilen Großstadt-Wohnung vorfindet und ein zerrissenes Fotos eines ihr vorerst unbekannten Hotels des türkischen Küstenorts Garma. Um den verlorenen Tagen auf den Grund zu gehen, begibt sie sich an den abgelegenen Urlaubsort...
Wer nun glaubt, dass Bazzoni in der Folge seine Geschichte in konventionellere Bahnen lenkt, der täuscht gewaltig.
"Le Orme" lässt sich ebenso wie seine Geschichte nur schwer festnageln, irgendwo zwischen 70er Jahre Paranoia-Kino, verzerrtem Charakterportait a la Roman Polanski, experimentellen Science Fiction Elementen und vermeintlichem Giallo schildert der Regisseur Alices Suche nach der Wahrheit als rätselhafte Odyssee, in der vermeintliche Hinweise zur Lösung immer nur neue Fragen aufwerfen. Zugleich erweist sich die Psyche der Frau zwischen Identitätssuche und Enfremdung als ausgesprochen fragiles Gebilde, welche der Regisseur permanent über die filmische Form ausdrücken und untersuchen möchte. Seine inszenatorische Strategie findet sich insbesondere im ständigen Verweis auf Gegensätze und Verfremdung.
Der sterilen, kühlen Großstadtwohnung in Rom steht das sonnendurchflutete, scheinbar idyllische, aber sichtlich heruntergekommene Urlaubparadies gegenüber. Orientalische, fremdartig-erhabene Bauten, undurchdringbare Wälder und labyrinthartig angelegte Straßenzüge verweisen immerzu auf das Fremdartige, das Unbekannte. Das in hellen, strahlenden Bildern von Kameramann Vittorio Storaro betörend eingefange Urlaubsörtchen, welches im Verlauf immer mehr von der bedrohlichen Blaustich-Ästhetik und unheilvollen Traum?-Fragmenten des Beginns durchdrungen wird, was Bazzoni final in einem fulminant alptraumhaften Schlusspunkt kulminieren lässt.
Wie aus einem faszinierenden, anziehenden aber doch unheilvollen, verstörenden und letztendes tieftraurigen Traumzustand wird das Publikum mit einigen Fragezeichen und einem überaus geplätteten Gemütszustand zurückgelassen. Herausragendes italienisches Genre??-Kino.
Noch ein kurzer Teaser mit der Anfangsszene:
https://www.youtube.com/watch?v=baJB1MeUD-Q
In John Carpenters früher TV-Produktion "Someone's Watching Me!" (1978) findet sich ein wunderbar bedrohlicher Vertreter des zeitgeistlichen 70s-Paranoiakinos, der leider ziemlich in Vergessenheit geraten ist. Was keineswegs an der Qualität liegt, denn auch wenn Carpenters Film noch nicht wirklich die Handschrift seiner späteren Meisterwerke aufweist und weit weniger ikonisch und stilprägend daherkommt, funktioniert "Someone's Watching Me!" als minimalistisch und reduziert dargebotene, latent beunruhigende Variation des Stalker-Thrillers größtenteils tadellos.
Sichtlich inspiriert von meisterhaften Klassikern wie Coppolas "The Conversation" und noch mehr Hitchcocks "Rear Window" inszeniert Carpenter seinen Film als konstant an den Nerven zerrendes Stimmungskino, das aus dem für die damalige Zeit recht frischen Stalker-Motiv einiges an beunruhigender Wirkung herausholt.
Jemand, der dich unentwegt beobachtet, verfolgt, über alle Details deines Lebens jederzeit Bescheid weiß. Über ständige Telefonanrufe und andere Psycho-Spielchen seine Macht und den damit einhergehenden Kontrollverlust demonstriert. Aber dabei immer genau so kalkuliert Distanz wahrt, damit er das allwissende, omnipräsente, aber doch geheimnisvolle, unsichtbare Phantom bleibt.
Kein Whodunit, viel mehr die Schilderung eines grausigen Lebensumstands, der leider auch im realen Leben viel zu oft für einige Betroffene Wirklichkeit wird. Carpenter findet trotz der durch den TV-Kontext grundsätzlich zahmen, wenig expliziten Herangehensweise in seiner reduzierten, kalten Bildästhetik immer wieder herrlich beunruhigende Set-Pieces zwischen elektrisierendem Suspense und fiesem Psycho-Terror. Sicherlich stolpert das an sich sehr simple, geradlinige Skript beizeiten auch mal durch gewisse Unwahrscheinlichkeiten und wenig glaubwürdige Ereignisse, was man so einen minimalistischen Genrefilm zu einem gewissen Grad auch mal zugestehen darf. Packender, flotter Paranoia-Thriller von Carpenter.
"You have to ask yourself what brought the person to this point... You have to convince yourself that this person has something hidden that you have to find."
Everbody knows. A paradise lost.
Das hypnotische, tiefschürfende Psychodrama "Exotica" (1994) bedeutete den ersten kleinen Durchbruch für den kanadisch-armenischen Autorenfilmer Atom Egoyan, dem damit ein wirklich starkes und erstaunlich reifes Werk gelungen ist.
Dennoch scheint der Film bis heute recht unbekannt (bisher hier auf MP nur sieben Rezensionen) und mehr ein Geheimtipp geblieben zu sein.
Für meinen Geschmack deutlich zu Unrecht, denn Egoyans eigenwilliges wie ruhig-meditatives Drama ist ein nachhaltig plättendes, ergreifendes Werk, das seine Wirkung bei mir hinterlassen hat.
Die Kategorisierung hier auf Moviepilot als "Erotikfilm" ist meiner Ansicht nach deutlich fehlgeleitet und erzeugt eine irreführende Erwartungshaltung, denn trotz dem ein oder anderen Moment mit nackter Haut ("Exotica" ist der titelgebende Stripclub) liegt der Fokus des Regisseurs auf ganz anderen Ebenen und könnte nicht weiter entfernt sein von "klassischen" Erotikthrillern wie "Basic Instinct" oder "Body Heat".
Überhaupt ist "Exotica" auf allen Ebenen erstmal schwer zu greifen.
Von Beginn an hält Egoyan seinen Film in einem melancholisch-schwermütigen Unterton, welcher die vorerst rätselhafte, teils episodisch aufgebaute Narration permanent subtil durchdringt. Ein nie konkret benannter Schauplatz (Toronto); die unterschiedlichen Figuren und deren lange Zeit schwer greifbaren Motive und ihre unklare Vergangenheit; dazu die zahlreichen ambivalenten, nie wirklich ausformulierten Querverbindungen und Charakterverflechtungen..
"Exotica" fesselt dabei insbesondere durch seine tranceartig-hypnotiserende Stimmung, dem Schwelgen darin, den vieldeutigen, symbolhaften, mehrfach codierten Bildern und dem durchweg kraftvollen Schauspiel aller Beteiligten. Dazu tönt Mychael Dannas stimmungsvoller, verträumter Score als passende Klangkulisse.
Anfänglich wie ein unspektakulärer, episodisch und unchronologisch erzählter Mysterythriller angelegt, eröffnet Eyogan fortlaufend puzzleartig diverse Querverbindungen und unklare Verflechtungen zwischen den Figuren, beleuchtet in kurzen Fragmenten und Anspielungen verdrängte Ereignisse aus der Vergangenheit, welche das vollständige Bild langsam aber sicher klarer werden lassen.
Bis final die wichtigsten Puzzlestücke zusammengesetzt werden und damit das ganze tragische Ausmaß des Geschehens offenbart wird, welches nur so vor irritierenden Ambivalenzen strotzt, wo Themen wie Verdrängung, traumatische Erlebnisse, Schuld und der Umgang mit Verlust sich als entscheidende Motive dieser durchweg ergreifenden, dennoch gleichermaßen seltsam betörenden Geschichte erweisen.
Ein kraftvolles, aufwühlendes Drama, welches nie auf Pathos und große Gesten setzt, sondern mit intensivem, nuanciertem Schauspiel sowie einer hypnotischen Inszenierung fesselt und zudem mit einer cleveren, unchronologischen Erzählstruktur dem Publikum genug Freiraum lässt, um das Gesehene selbst für sich zu deuten. Fantastisch
Durchaus unbequemer, unheimlicher Home-Invasion Psychothriller aus den späten 80ern, der (leider) größtenteils in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Die einzige nennenswerte Regiearbeit von Regisseur Matthew Patrick packt von Beginn an mit einer authentisch gruseligen Grundprämisse mit Gary Busey in der Hauptrolle als wahnhafter Psychopath, der sich unbemerkt auf dem Dachboden einer US-Bilderbuch-Familie einnistet.
Wenn man die deutlich auf der Hand liegenden Unglaubwürdigkeiten des Plots ausblenden kann und die generischen Täter-Motive samt 0815-Kindheitstrauma bei Seite lassen kann, dann weiß "Hider in the House" (1989) ansonsten anständig zu beunruhigen. Menschliche Urängste, dass nachts jemand durch das Haus schleicht, dich beobachtet, jemand, der dir ununterbrochen viel näher ist, als man es zu vermuten gedenkt, fasst Regisseur Matthew Patrick mit einer ordentlichen Portion Suspense im Schlepptau immer wieder in einige beinah unerträglich fiese Nägelkau Set-Pieces.
Mit besonderen inszenatorischen Mätzchen und extravaganten Stilmitteln hält sich der Regisseur ansonsten jedoch vornehmlich zurück und überlässt den Darstellern die Bühne. Genau da glänzt Gary Busey ungemein als tragischer, traumatisierter Charakter, der mühelos zwischen charmanter Freundlichkeit, kindlich-unschuldiger Verspieltheit, wahnhafter Zerrüttung und angsteinflößenden Gewaltausbrüchen hin und her switcht und diese Facetten nuanciert auszudrücken weiß. Auch wenn der Film final mit einem konventionellem Schlusspunkt merklich die Luft ausgeht, kann Patricks Film locker als kleiner Geheimtipp des 80er-Jahre Thrillerkinos angesehen werden, der auf ähnlich beunruhigenden Pfaden wandelt wie später "One Hour Photo" oder Jaume Balagueros "Sleep Tight". Wer solche Filme zu schätzen weiß, sollte hier gut unterhalten werden.
Puh, fies und nervig auf kultig, hipp und megacool getrimmter Tarantino-Nachahmer von Regisseur Paul McGuigan, der jedoch Tarantinos cineastisches Feingefühl für immersives, packendes Dialog-Writing und seine interessant und vielschichtig angelegten Charaktere vollends vermissen lässt. Mehr noch werden grandiose Charakterdarsteller wie Ben Kingsley oder Morgan Freeman für völlig nervige, vertrottelt-uninteressante Idioten-Rollen missbraucht. Wirklich gar nicht mein Fall.
Auch mit "Obsession" (1976) huldigt Hitchcock-Verehrer Brian de Palma einmal mehr sein cineastisches Vorbild, indem er diesmal Hitchs unsterblichen Meisterstreich "Vertigo" alle Ehre erweist. Leider alles in allem gerade erzählerisch viel zu plump und krampfhaft anbiedernd, um an den qualitativ deutlich stärkeren Quasi-Vorgänger "Sisters" heranzureichen.
Doch lange Zeit weiß "Obsession" auch narrativ mit seiner mysteriösen Grundprämisse durchaus zu packen. Wie bei Hitch taucht nach einem turbulenten ersten Akt samt Schauplatzwechsel nach Florenz eine rätselhafte weibliche Doppelgängerin auf der Bildfläche auf, die aus dem Reich der Toten entsprungen zu sein scheint. Genau hier kommen auch die großen Stärken von "Obsession" ins Spiel, denn gerade formal weiß de Palma dieses spannende Set-Up vorerst effektiv auszuschöpfen. Florenz wirkt plötzlich wie ein mysteriös-verträumtes Labyrinth, welches de Palma mit extremen Weichzeichner und verwaschener, betörender Bild-Ästhetik ähnlich entrückt und irreal in Szene setzt wie wenige Jahre zuvor Nicolas Roeg Venedig in "Dont Look Now", zu dem auch inhaltlich einige Ähnlichkeiten bestehen. Wie eine verzerrte, traumartige Wunschprojektion, in der alles möglich zu sein scheint.
Leider hält sich diese immersive Stimmung nur bedingt bis zum Ende aufrecht, was insbesondere an einigen Aufdeckungen und Story-Wendungen liegt, die nicht der Rede wert sind und die ganze Geschichte final als völlig verballerten Unsinn entlarven.
Schade, da wäre mit etwas mehr erzählerischer Finesse und mehr eigenständigen Ideen einiges an Potenzial für unkonventionelles Thrillerkino da gewesen. Immer noch gut schaubar und definitiv nicht uninteressant, mehr dann aber auch nicht.
Dieses frühe Highlight aus Brian de Palmas beeindruckendem Oeuvre bietet schon in radikaler, roher Ausprägung das auf, was seine späteren Meisterstücke wie "Dressed to Kill" oder "Blow Out" auf formvollendete Weise auf den Punkt bringen.
Wie die genannten Filme strotzt auch der zuweilen herrlich zerschossene "Sisters" (1973) nur so vor unterschiedlichsten Hitchcock-Verweisen und Huldigungen an den Meister des Suspense, welche de Palma allerdings auf noch radikalere Weise in oftmals neu arrangierten Kontext in diesem herrlich wilden Thriller-/ Horror-/ Giallo Mash-Up virtuos bedient.
Da wird bei de Palma das Voyeurismus-Motiv aus "Rear Window" als elektrisierender Splitscreen-Suspense effektiv weiterentwickelt, die Leiche in der Truhe aus "Rope" ins Kanapee verfrachtet oder die dissoziative Persönlichkeit aus "Psycho" in einem weitaus bizarreren, völlig irren Ausmaß neu durchgespielt. Obendrauf gibt es einen wild aufdrehenden, hysterischen Bernard Herrmann-Score und eine angenehme Note schwarzen, verschrobenen Humor, was das ganze Geschehen in einer kaum erlernbaren Dichotomie aus psychologisch tiefschürfendem Charakterportrait und augenzwinkerndem Nonsens hält.
Speziell die irrsinnigen Entwicklungen gegen Ende, wenn das Geschehen mehr und mehr in einem Spektakel des Wahnsinns mündet, bieten überaus viel Potenzial, um die inszenatorischen wie erzählerischen Zügel aus der Hand zu geben. Nicht so de Palma, der gewohnt routiniert und inszenatorisch makellos genau die richtigen Töne spielt und das Geschehen mit einer wundervollen, zynisch-fiesen Note zu einem nachhallenden Schlusspunkt führt. Herrlich zügelloses, unkonventionelles wie unberechenbares Thrillerkino.
Eine Frau, die scheinbar ermordet wurde. Ihr Ehemann, der sich auf die Suche nach dem Mörder begibt. Was in der Hand anderer Regisseure schnell zu einem 0815 Rache-Flick werden könnte, erweist sich beim dänischen Meister Nicolas Winding Refn als beunruhigende Reise in eine von Trauer, Wut und lähmender Ungewissheit gepeinigte Psyche.
Refns Frühwerk "Fear X" (2003) stellt eine Art tipping point in der Filmographie des Regisseurs dar, der sich das erste Mal stark von der roughen, brachialen Rohheit der "Pusher"-Trilogie oder auch "Bleeder" entfernt und deutlicher die audiovisuelle Form und eine stilisiertere Ästhetik in den Fokus rückt, welche er später in der Folge zur unverkennbaren Handschrift perfektioniert hat.
Ähnlich den von Refn in Interviews explizit genannten Vorbildern wie "Blood Simple" der Coens und insbesondere Lynchs surreal-abgründigem Alptraum-Cinema fesselt "Fear X" weniger über eine konventionelle Thrillergeschichte, sondern möchte viel mehr über den filmischen Ausdruck einen Zustand schildern und in die lädierte Psyche seiner Hauptfigur hinabsteigen.
Obsessiv betrachtet die großartig von John Torturro dargestellte Hauptfigur Tag ein Tag aus die flimmernden Bilder von Überwachungsvideos. Er möchte Hinweise zum Mord seiner Frau erlangen...
Doch bald mischt Refn dem scheinbar in der Realität angesiedelten Geschehen beunruhigend irreale Facetten bei. Gänge eines feuerroten Hotelflurs werden zu labyrinthartigen Gehirnwindungen, Personen werden von der Dunkelheit verschlungen wie einst Bill Pullman im offensichtlichen Vorbild "Lost Highway". Wie ein böser Geist drückt sich in unheilvollen Visionen ein Gesicht gegen eine Latex-Membran, wodurch sich irritierend schemenhaft die Gesichtszüge offenbaren. Jedes Bild im Film ist in einem doppelten Sinne lesbar, einerseits als Teil der filmischen Wirklichkeit, andererseits als innerlicher Ausdruck einer Gefühlswelt, dominiert von Paranoia, Verzweiflung und Unsicherheit.
Reales und Gefühltes, Projektion und Erleben überlagern sich in "Fear X" zu einem rätselhaften, entschleunigt-tranceartigen Alptraumgemälde, welches Refn passend konsequent final nicht ausformulieren möchte, sondern Zuseher*innen befriedigend unbefriedigend im Regen stehen lässt.
Am Ende findet sich nur die Gewissheit eines sinnlosen Unterfangens, Obsessionen führen in ein dunkles Nichts. Das Portrait eines rastlos Getriebenen.
Eigenwilliger Hybrid aus vermeintlichem Italowestern, düsterem Amour-Fou-Melodram und Film Noir-Motiven, den Regisseur Luigi Bazzoni mit "L'Uomo, l'orgoglio, la vendetta" (1968) hier auftischt. Der sonst für seine originellen, phantasievollen Gialli bekannte Bazzoni präsentiert die dramaturgisch eindeutig unausgefeilt wie unfokussiert vortgetragene Geschichte, zerfasert in unterschiedliche Episoden, in derart erlesener, betörender Bildsprache, was einen großen Teil der immersiven Wirkung des Films darstellt. Mit Franco Nero als liebeskranken "Anti-Django", der der schwarzen Witwe Tina Aumont über alle gesunde Maßen verfällt, und Klaus Kinski als ihr Ehemann ist Bazzonis Film darüberhinaus überragend besetzt. In eine geheimnisvoll-hypnotische Aura getauchter, fatalistischer Western-Noir, der trotz erzählerischer Holprigkeiten durch die phantastische Inzenierung zu packen weiß. Coole Nummer, wenn man sich darauf einlässt.
Vorwiegend im Schatten von "The Third Man" stehend, erweist sich Carol Reeds "Odd Man Out" (1947) als absolute Sternstunde des britischen Film Noir (und auch des Film Noir im Generellen), den nicht von ungefähr Meister-Regisseure wie Roman Polanski oder David Cronenberg als wichtige Inspirationsquelle verehren und ersterer sogar nachdrücklich als Lieblingsfilm benennt, was bei einem retrospektiven Blick auf Polanskis Filmographie überaus schlüssig erscheint, denn die Einflüsse von "Ausgestoßen" auf einige seiner Filme liegen klar auf der Hand.
Carol Reed verfrachtet das Geschehen ins nordirische Belfast, kurz nach dem zweiten Weltkrieg, wo die IRA-Gruppierung um ihren führenden Kopf Johnny McQueen (großartig: James Mason) einen Banküberfall plant, der allerdings (wie so oft) furchtbar schief läuft. Bei einem Handgemenge mit einem Wächter wird Johnny angeschossen, der erschießt jedoch seinen Widersacher und wird anschließend von Komplizen schwer verletzt zurückgelassen. Im Delirium zwischen Leben und Tod, gesucht von Freundin wie IRA-Kollegen und gehetzt von der Polizei wandelt Johnny halluzinierend durch eine alptraumhafte Odyssee im nächtlichen Belfast...
"Odd Man Out" ist auf narrativer Ebene durchaus außer- bis ungewöhnlich, denn einen dramaturgisch stringenten (Detektiv/Crime-)Plot sucht man bis auf die ersten 15-20 Minuten vergeblich. Ab dem verhängnisvollen Zwischenfall, als Johnny verletzt zurückgelassen wird, schildert Carol Reed mehr eine fragmentarische, episodenhaft zerfaserte Irrfahrt durch ein alptraumartiges, mehr und mehr entrückt eingefangenes Belfast. Dort findet der Regisseur eine zerbrochende Gesellschaft vor, in der jeder Mensch ganz für sich alleine ums Überleben zu kämpfen hat.
Ähnlich wie im Dritten Mann Wien ist Belfast eine vom Krieg schwer gezeichnete, mit Ruinen übersähte Kulisse, die Reed und Kamera-Mann Robert Krasker vergleichbar mit dem prominenteren Nachfolger zunehmend abstrakt und surreal in Szene setzen, mit den expressionistischen Schlagschatten, irritierenden Gegenlicht-Aufnahmen und nachgebauten Sets verweist hier alles auf das Unwirkliche, das Verzerrte.
Als eine Art Zwischenwelt zwischen Leben und Tod, die der schwer verletzte Johnny durchschreiten muss. In einen selbst für Film Noir Verhältnisse ungemein bitteren Fatalismus getaucht, lässt Reed seinen Film mit dem nur einzig möglichen Ausgang enden, der in seinem Shakespeare-artigen Ausmaß dann durchaus nachhhaltig zu plätten weiß.
Fantastisch
Robert Schwentkes "Tattoo" (2002) ist schon diese Art von finsterem, bedrückend-schaurigem Genrekino, welches man in Deutschland in seinem Mut zu konsequentem Pessimismus nicht unbedingt oft vorfindet. Schwentke bedient sich inhaltlich wie formal erstmal unverkennbar bei amerikanischen Genre-Klassikern wie "Seven" und "Silence of the Lambs", mit einer Prise "Body Heat", welche dem Regisseur als eindeutige Inspirationsquellen für seinen düsteren Berlin-Thriller dienten, ohne jedoch einen (komplett) uninspirierten Abklatsch dieser Filme zu präsentieren.
Klar, der Thrillerplot um zwei gegensätzliche Polizisten, die einen vermeintlichen Serienkiller auf der Spur sind, kennt erstmal wenig Innovatives und bedient sich so einiger Genre-Stereotypen. Die Figuren-Konstellation, ein erfahrener Polizei-Haudegen mit nihilistischem Weltbild, der auf einem jungen motivierten Partner trifft, wurde dabei bis auf feine Abweichungen in den Charakterzügen beinah eins zu eins aus Finchers "Seven" übernommen.
Ebenso offenbaren sich so einige drehbuchseitige Schwächen, wie die oftmals wenig glaubwürdig dargestellte Polizeiarbeit, mitunter sehr gestellte, abgedroschene Dialogzeilen oder die (zu oft) auf Zufällen basierende Plotentwickung, die grundsätzlich in leicht holpriger Dramaturgie daherkommt. Wen sowas entscheidend missfällt, völlig falscher Film.
Dennoch sehe ich in Schwentkes Film effektiv dargebotenes Genrekino, welches durchaus auf handwerklich gutklassigem Niveau daherkommt. Ein entscheidender Grund dafür ist zuallererst Hauptdarsteller August Diehl, der den Film im Grunde alleine trägt und als junger dynamischer Grünschnabel-Polizist Schrader eine tolle Performance zeigt. Insbesondere seine Figur beleuchtet Schwentke auch im Gegensatz zur klischeebehafteten Figur seines Partners durchweg ambivalent und schildert nachvollziehbare, schlüssige Charakterentwicklungen.
Für die dargebotenen Abgründe und die unbequeme Geschichte finden Regisseur Schwentke und Kameramann Jan Fehse eine passend düstere (Noir-)Ästhetik, die mit harten Kontrasten, tristen farbentsättigten Bildern in permanentem Regen und Colour-Grading a la Fincher eine finstere, hoffnungslose Stimmung vermittelt. Abgerundet wird das Ganze schlüssigerweise mit einem ungemein nihilistischen Schlusspunkt, welches Hauptfigur Schrader endgültig in seinen Abgrund manövriert.
Trotz klarer, unübersehbarer Schwächen ist das immersives, wirkungsvolles deutsches Genrekino.
A Story of the "most right way".
In "A Most Violent Year" (2014) befördert uns Regisseur J.C. Chandor in die 80er Jahre New Yorks, genauer gesagt in das Jahr 1981, welches die bis dato höchste Kriminalitätsrate in New York zu Tage gebracht hat. Dort führt der charismatische Einwanderer Abel Morales (Oscar Isaac) zusammen mit seiner Frau (Jessica Chastain) ein Unternehmen für Heizöllieferung. Der Weg zur Expansion und einem stetigem Unternehmens-Wachstum ist jedoch ein steiniger, denn Übergriffe der Konkurrenz, die befüllte LkWs gewaltsam übernehmen, und die Ermittlung der Staatsanwaltschaft, die dem Unternehmen einige Finanzdelikte vowirft, machen dem integren Firmen-CEO immerzu zu schaffen.
Wie in seinem starken Debüt "Margin Call", welches den Kollaps einer Investmentbank begleitete, behandelt Chandor abermals die destruktiven Tendenzen des Kapitalismus. Mehr als tiefschürfende Charakterstudie denn rasantes Spannungskino schildert Chandors Film die unzähligen Schwierigkeiten, ein Unternehmen auf legale Weise gesund peu a peu nach vorne zu bringen. Abel Morales, fantastisch dargeboten von Oscar Isaac, ist ein stolzer, wortgewandter, charismatischer Business-Man, dessen maßgebliche Unternehmens-Strategie es ist, den Weg der Rechtschaffenheit nicht zu verlassen. Wie sein Name schon unverkennbar aussagt, er ist ein Mann der Moral.
Doch im Kreuzfeuer von übergriffiger, korrupter Konkurrenz, hartnäckiger Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft und zunehmend widerwillig agierender Angestellten gerät die schmale Linie zwischen Legalität und Illegalität gehörig ins Wanken. Moralische Prinzipien werden im Druck des Scheiterns nach und nach über Bord geworfen, irgendwann heiligt der Zweck eben doch die Mittel. Dann bringt auch "the most right way" unheilvolle Konsequenzen mit sich, welcher niemanden mehr im rechten Licht stehen lässt und irgendwann zwangsläufig Opfer hervorbringt.
Chandor inszeniert das Ganze als konstant an den Nerven zerrendes Slow-Burn Cinema. Mit betörender, formvollendeter Bildsprache, in eine nüchtern-authentische Ästhetik getaucht, die den Zeitgeist des 80er Jahre New Yorks wahnsinnig gut trifft. Behutsam, reduziert und als sensibel-ambivalentes Charakterportrait erzählt, vermittelt "A Most Violent Year" auch durch Alexander Eberts bedrohlich-unheilvollen Score ein schwer greifbares Gefühl von permanenter, subtiler Anspannung. Wie die Ruhe vor dem Sturm, die Chandor dann auch mit einer irre intenisven und grandios gefilmten Verfolgungsjagd plötzlich unvermittelt pulverisiert.
Daraus entsteht einnehmendes, tiefschürfendes wie makelloses (Thriller-)Kino.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Wenn man Tetsuya Nakashimas Thriller "The World of Kanako" (2014) auf eine inhaltliche Headline herunterbrechen wollen würde, wäre es wohl diese. Nakashima erzählt die Geschichte eines Vaters, auf der Suche nach der verschwundenen Tochter. Was vorerst konventionell anmuten mag, lose einen roten Faden in der Erzählstruktur aus Film Noir Anleihen entwickelt, wird bei Nakashima zum manischen Trip in den Kopf eines kranken Geistes, der auf der Suche nach seiner Tochter mit seinen eigenen Dämonen konfrontiert wird. Dem gewahr wird, dass durch die eigene Verkommenheit und Fehlleistungen wiederum neue abgründige, pathologische Auswüchse hervorgebracht wurden. In dem Fall eine übel verkorkste, ebenso schwer gestörte Tochter, dem Teufel in Engelsgestalt, die gefühlt alle Menschen, die mit ihr in Kontakt kommen, aus reiner Boshaftigkeit in den Abgrund manövriert.
Begleitet wird der über alle maßen kaputte, alkoholkranke Vater, der schnitzeljagdartig versucht, das Leben seiner Tochter, die er selbst laut Aussagen schon immer hasste und kaum wirklich kannte, zu rekonstruieren, um eine konkreter Spur zu ihrem Aufenthaltsort zu erlangen.
Nakashima inszeniert seinen bewusst anstrengenden, sperrig gestalteten Film als permanente Überforderung der Sinne, ein einziges epileptisch-fiebertraumartiges Schnittgewitter, welches immerzu Desorientierung vermittelt und ZuseherInnen durchgängig fertig machen soll. Zwischendurch darf zusätzlich der spontane Einsatz von J-Pop Musikvideos dezent irritieren.
Diese fatalistische Reise durch menschliche und gesellschaftliche Abgründe erspart dem Publikum dann auch gar nichts. Nakashimas Film findet immer wieder brutale, drastische Gewalteruptionen, windet sich in psychischen wie physischen Grausamkeiten, von alltäglicher Schul-Gewalt über die organisierte Kriminaliät der Yakuza bis zu häuslichem Missbrauch wird nichts ausgelassen. Zusätzlich wird die formale Präsentation des Films in ihrer aggressiven, fiebrigen Psychedelik bis zum Ansatz ausgereizt, um den größtmöglichen Affekt zu generieren.
Schlussendlich findet der Regisseur ein passendes, immens nihilistisches Finish, das geschickt das vermeintliche Rache-Motiv ad absurdum führt, und jeden Funken Hoffnung oder Mitgefühl im Keim erstickt, wodurch das Publikum mit einem sehr unangenehmen, ausgelaugten Gefühl aus dem Abspann entlassen wird.
7,5 Mal filmisch durch den Fleischwolf drehen lassen.
Schon in den ersten Momenten von Pasquale Festa Campaniles „Autostop rosso sangue“ (1977) versprüht Franco Nero eine ambivalent-immersive Aura zwischen einnehmendem Charisma und unbehaglicher Irritation. Mit stechendem Blick, ranzig-zerzauster Frisur und markantem Schnorres verkörpert der großartige Genre-Darsteller seine Figur des Journalisten Walter Mancini als saufendes, übergriffiges Alphatier, der seine attraktive Frau (Corinne Clery) ununterbrochen herunterputzt und sie nur noch ausschließlich als Sexualobjekt wahrnimmt.
Auf der Reise durch die Wüstenregionen Südkaliforniens bekommt das Pärchen und die Wechselwirkung zwischen den Figuren einen ganz neuen Antrieb, als sie einen vermeintlich harmlosen Tramper (David Hess) aufgabeln, der sich jedoch schnell als psychopathischer Bankräuber entpuppt, der bewaffnet und mit 2 Millionen Dollar im Schlepptau seine ganz eigenen Interessen verfolgt. Was folgt, ist ein infernaler Roadtrip, der Highway to Hell...
Campaniles Film mit dem reißerischen deutschen Titel „Wenn du krepierst, lebe ich!“ entpuppt sich in der Folge als gnadenloses Genre-Ungetüm, welches einen gehörigen Angriff auf die guten Geschmacksnerven des Publikums vornimmt.
Der Regisseur begleitet ein über alle Maßen unbehagliches Geiselnahme-Szenario, welches mit seinem rüden, vulgären Umgangston, unmittelbaren Gewaltausbrüchen, spontanen Rape & Revenge Elementen und sleaziger Exploitation ein ungemein elekrisierendes Katz- und Mausspiel initiiert und keine erdenkliche Gelegenheit auslässt, um ZuseherInnen ein unangenehmes Gefühl zu vermitteln. Dabei aber keineswegs nur auf wüste Sauereien aus ist, sondern viel mehr geschickt im Genre-Kontext durchaus Raum findet, eine Art Beziehungsdrama mitzudenken, in dem Geschlechterrollen attackiert wie zerbrochen werden und gar beiläufig gesellschaftspolitische Themen angesprochen werden.
Dennoch bleibt Campaniles Film gnadenlos garstig, speziell wenn man nach einem (verfrühten) Showdown meint, das Schlimmste überstanden zu haben.
Erst in den letzten 10 Minuten, nach der zwischenzeitlichen Ruhe vor dem Sturm, findet „Wenn du krepierst, lebe ich!“ zu seinem perfiden Höhepunkt, wenn der Regisseur eine unerhöht zynische, finale Wendung initiiert, die sich genau genommen schon in der ersten Szene des Films leise angekündigt hatte, jedoch schnell als böser Witz abgetan wurde, der nun einem gehörigem Schlag in die Magengrube gleicht. Bösartig-kompromissloses, skrupelloses Genrekino aus Italien. Puh
In "Night Moves" (2013) begleitet Regisseurin Kelly Reichardt drei radikale Umweltaktivisten, die planen, einen Staudamm zu sprengen, um ein nachhaltiges Zeichen zu setzen. Lose nutzt die Regisseurin dabei die Dramaturgie des Heist-Thrillers, in klassischer Drei-Akt-Struktur, mit Vorbereitung, Durchführung und den einhergehenden Konsequenzen, mit denen sich die drei Figuren auseinandersetzen zu haben, insbesondere weil sich ein fataler, unvorhergesehener Zwischenfall ereignet. Dieses Thriller-Set-Up fungiert bei Reichardt jedoch trotz einiger wirklich packender Momente weniger als elektrisierendes Spannungskino, sondern legt in ihrer behutsamen, subtilen Regie den Fokus viel mehr auf die Charaktere bzw. wie der geplante Anschlag und die anschließenden Konsequenzen das Innenleben der Figuren und die Gruppendynamik untereinander beeinflusst.
In einer Stimmung latenten Unbehagens und schwelender Anspannung, mit einem sphärisch-meditativen Score passend unterlegt, ist es vor allem Jesse Eisenbergs (toll gespielte Haupt-) Figur, die mit ihrer anfänglich apathisch-wortkargen Art permanent Rätsel aufgibt und später in ihrer unterschwelligen aggresiv-bedrohlichen Aura ungemein beunruhigend wirkt und dezente Horror-Vibes versprüht.
Sanft-beunruhigend dichter Thrill, gets under your skin.