Torbinho - Kommentare

Alle Kommentare von Torbinho

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    „If you smell what the Rock is cookin’!“
    Dwayne Johnson hat hier federführend ordentlich aufgekocht und ein gelungenes Mittelding zwischen Familienfilm und Sportdrama auf den Teller geklatscht – garniert mit Feel-Good-Vibes und einer guten Prise Humor.
    Der Aufstieg einer Nachwuchswrestlerin aus einem englischen Kaff bis zur WWE-Championesse ist überraschend kurzweilig erzählt, ohne Langeweile oder unnötigen Pathos.
    Amüsant ist dabei vor allem, wie der Film bis zum Ende beinhart so tut, als wäre Wrestling echter Leistungssport – völlig frei von Skript und Inszenierung. Aber hey, wenn’s Spaß macht, warum nicht?

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    • 8
      Torbinho 09.05.2025, 11:24 Geändert 09.05.2025, 11:33

      "Oh, think twice, cause it's just another day for you & me in paradise!" -
      Mit Paradise wagt sich Dan Fogelman, bekannt durch "This Is Us", ins Genre der Science-Fiction-Mystery-Dramen und überzeugt auf ganzer Linie. Die Serie verbindet Endzeitstimmung mit einem vielschichtigen Erzählstil, der Fogelmans Handschrift unverkennbar trägt. Besonders markant ist erneut seine Vorliebe für Rückblenden, die geschickt eingesetzt werden, um Figuren und Handlungsebene zu vertiefen.
      Bereits in der ersten Folge überrascht Paradise mit unerwarteten Wendungen, sodass es schwerfällt, über die Handlung zu sprechen, ohne zu spoilern. Nur so viel: Wer Serien wie Dark, Lost oder The OA mochte, wird sich hier direkt heimisch fühlen.
      Die Stärken der Serie liegen klar im durchdachten Worldbuilding, einem hervorragend besetzten Cast und einem präzise inszenierten Storytelling. Was Paradise hier richtig macht, ist der Umgang mit selbst kreierten Mysterien. Die Serie spielt zwar gekonnt mit dem Genre-typischen Spannungsaufbau und zahlreichen offenen Fragen, verliert sich dabei aber nicht in endlosen Mysterien. Stattdessen liefert sie zeitnah Antworten. Ein erfrischender Kontrast zu anderen Vertretern des Genres, bei denen Frust nicht selten zur Begleiterscheinung wird. Und am Ende kriegt das Teil sogar noch den Bogen zu Phil Collins. Ausgezeichnet!

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      • 3

        Ein Star-Ensemble macht allein noch keinen guten Film. Denn obwohl sich hier eine beeindruckende Riege aus Hollywoods erster Liga die Klinke in die Hand gibt – von Christian Bale über Margot Robbie bis hin zu einem Kurzauftritt von Pop-Ikone Taylor Swift – bleibt der Film erstaunlich wirkungslos.
        Was auf dem Papier nach einem cleveren, mit historischen Anspielungen gespickten Krimi mit schwarzhumoriger Note geklungen haben muss, entpuppt sich auf der Leinwand als erzählerisch aufgeblähtes Verwirrspiel. Die eigentlich recht einfache Geschichte wird durch unzählige Rückblenden, Subplots und Figuren mit verwirrenden Namen zu einem zähen Erlebnis, das nie so recht in Fahrt kommen will.
        Statt einem klar erkennbaren Hauptplot bekommen alle Handlungsstränge gefühlt gleichmäßig Spielzeit. Dadurch taumelt der Film unentschlossen durch Genres, schwankt zwischen Krimi, Komödie, Drama und Politthriller, ohne je wirklich anzukommen. Auch tonal wirkt Amsterdam ziellos – als würde Russell selbst nicht genau wissen, welche Geschichte er eigentlich erzählen möchte.
        Das titelgebende Amsterdam kann der Handlung keinen Stempel aufdrücken und verkommt zu einem nostalgisch verklärten Zufluchtsort ohne echte Bedeutung für die Handlung. Unterstützt wird die einschläfernde Wirkung des Ganzen durch einen dudeligen Einschlaf-Score, der die wenigen Spannungsmomente zusätzlich entkräftet.

        Fazit: Amsterdam ist viel Lärm um nichts – ein Film, bei dem man das Gefühl hat, dass die Idee auf dem Papier deutlich besser funktioniert hat als das, was letztlich auf der Leinwand gelandet ist. Schnarchnasenkino mit Extraklasse – leider im negativsten Sinne.

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        • 7 .5

          Josh Hartnett als heruntergekommener Ex-FBI-Agent überzeugt in diesem kammerspielartigen Actionfilm, der unweigerlich an David Leitchs Bullet Train erinnert. Unser Antiheld muss sich an Bord eines Linienflugs gegen eine Schar von Auftragskillern behaupten – und das mit ordentlich Wucht.

          Von der ersten Minute an geht’s zur Sache: Fight or Flight wirft einen ohne großes Vorgeplänkel mitten ins Geschehen. Entscheidungen unter Druck, durchchoreografierte Action bis zum Anschlag, und immer wieder neue Adrenalinschübe. Die Kamera klebt förmlich an den Figuren und der starke Soundtrack überträgt die Spannung direkt aufs Publikum.

          Dass die Story dabei simpel bleibt und nicht jede Wendung sitzt, ist zu verschmerzen – denn perfekt ist langweilig. Fight or Flight will keine tiefgründige Gesellschaftsanalyse sein, sondern ein schnörkelloser Ritt durch Gefahr und Entscheidung.
          Wer gern auf der Sofakante sitzt, ist hier genau richtig.

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          • 7
            Torbinho 05.05.2025, 11:44 Geändert 05.05.2025, 12:39

            Jesse Eisenberg gelingt mit „A Real Pain“ ein stilles, aber eindrucksvolles Drama, das weniger durch laute Handlung als durch subtile Zwischentöne und nuancierte Figurenzeichnung überzeugt. Im Mittelpunkt steht das kongeniale Duo Eisenberg und Kieran Culkin, die sich auf einer jüdischen Heritage-Tour durch Polen als ungleiche Cousins hervorragend ergänzen: Eisenberg verkörpert den introvertierten, nachdenklichen Charakter, während Culkin den extrovertierten, launischen Lebemann gibt. Eine Dynamik, die den emotionalen Kern des Films trägt.
            Was zunächst wie eine skurrile Reise alter Freunde wirkt, entpuppt sich nach und nach als ein fein gezeichnetes Porträt von Trauer, Schuld und seelischem Schmerz. Zwischen scheinbar belanglosen Gesprächen entfalten sich tiefere Bedeutungsschichten – Momente, in denen der titelgebende "Pain" immer wieder in den Vordergrund rückt. Wie geht man mit ihm um? Verharrt man in stiller Resignation oder bricht man laut heraus, auf der Suche nach Trost?
            Nicht jede Szene sitzt perfekt, und gelegentlich verliert sich der Film in seiner eigenen Zurückhaltung. Doch „A Real Pain“ findet immer wieder zu berührenden Momenten zurück – getragen von starken Darstellern, ehrlicher Emotionalität und einem bemerkenswert gelungenen Ende, das länger nachhallt.

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            • 7 .5

              In nicht allzu ferner Zukunft beherrschen Vampire die Erde. Nur noch 5 % der menschlichen Bevölkerung haben überlebt. Im Mittelpunkt steht Ethan Hawke, der als Wissenschaftler versucht, einen Blutersatzstoff zu entwickeln, um die Abhängigkeit der Vampire von den Menschen zu minimieren. Hört sich doch interessant an – und tatsächlich wird man von der ersten Sekunde an in den Bann dieser Endzeitwelt gezogen. Alles, was man sich in einer von Vampiren regierten Welt vorstellen würde, wurde hier umgesetzt: ein veränderter Tag-Nacht-Rhythmus (die Vampire sind nachts unterwegs bzw. arbeiten), speziell konstruierte Häuser, Autos und Tunnelsysteme, um sich tagsüber vor der Sonne zu schützen – und so weiter.
              Trotzdem bleibt die Story manchmal etwas schwammig. Zum Beispiel ist mir die Rückverwandlung vom Vampir zum Menschen und die anschließende „Übertragung“ von Mensch auf Vampir etwas zu schleierhaft dargestellt. Gegen Ende geht zudem durch den überzogenen Splatter-Faktor etwas von der düsteren Atmosphäre verloren. Etwas weniger Blut und abgetrennte Gliedmaßen hätten dem Film gutgetan.
              Schon verwunderlich, dass der Film in Deutschland damals keine Kinoauswertung erhielt, gerade wo das Genre der Vampirfilme im Aufschwung war. Vielleicht hat der ganze romantisierte Twilight-Kitsch das Bild von Vampirfilmen so sehr verschoben, dass man Angst hatte, an den Kassen zu floppen? Man weiß es nicht.

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              • 3

                Hamaguchis Festivalliebling „Drive My Car“ will viel – und verliert sich genau darin. Die ersten 40 Minuten wirken wie ein Vorspiel, das nie richtig zündet. Die eigentliche Geschichte – das leise Zusammenspiel zwischen einem Theaterregisseur und seiner Fahrerin – kommt spät und bleibt durch distanzierte Inszenierung schwer greifbar. Hier wird doppelbödig gearbeitet, aber die Bedeutung wird so emotionslos und fad vorgetragen, dass es auf Dauer anstrengend wird.
                Dass man alle Emotionen ausschließlich über Untertitel erlesen muss, macht den Zugang zusätzlich schwer. Wer kein Japanisch versteht, bleibt oft auf dem nüchternen Text sitzen – echte Nähe oder Mitgefühl stellt sich kaum ein. Dabei ist auch nicht sehr zuträglich, dass der Hauptdarsteller seine Monologe stakkatorartig und ausdruckslos von sich gibt. Dass es auch anders geht, beweist Celine Song eindrucksvoll mit „Past Lives“, der trotz Untertiteln emotional viel unmittelbarer wirkt.
                Zwar gibt es einige starke, gefühlvolle Momente, doch die muss man sich mühsam aus einem Meer von Theaterproben und Nebenszenen herauspicken, die immer wieder vom eigentlichen Kern des Plots ablenken.
                Drei Stunden für eine Geschichte, die auch in der Hälfte hätte berühren können.

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                • 8

                  Treffen sich ein Fuchs, eine Gans und ein Roboter im Wald…
                  Was vielleicht wie der Beginn eines Witzes klingt, entpuppt sich als Auftakt zu einer überraschend tiefgründigen Geschichte über Freundschaft, Andersartigkeit und das Leben selbst.
                  DreamWorks gelingt mit diesem Animationsfilm ein echter Volltreffer, der nicht nur visuell, sondern auch emotional beeindruckt. Ursprünglich als Helfer für den Menschen in einer futuristischen, urbanen Welt programmiert, findet sich der Roboter Roz 7134 durch eine Verkettung unglücklicher Umstände plötzlich inmitten unberührter Natur wieder – und übernimmt kurzerhand die Rolle einer Ziehmutter für ein verwaistes Gänseküken.
                  Was folgt, ist eine herzerwärmende Reise, in der Roz zunehmend lernt, was es bedeutet, zu leben, zu fühlen und Teil einer Gemeinschaft zu sein. Die Animationskunst ist dabei ebenso hervorzuheben wie das feinfühlige Storytelling. Diese Blechdose auf zwei Beinen berührt durch ihre fortschreitende Emotionalisierung das Herz – und lässt dabei kaum ein Auge trocken.
                  Dass sich der Film nicht allein an ein jüngeres Publikum richtet, wird an vielen Stellen deutlich. Während man sich beispielsweise bei Disneys Mufasa kürzlich noch über die erstaunliche Appetitlosigkeit der Löwen gewundert hat, fällt hier das eine oder andere Tier konsequent dem natürlichen Kreislauf des Lebens zum Opfer.

                  Fazit: Der wilde Roboter ist ein bewegender Animationsfilm, der mit Herz, Humor und Tiefe überzeugt – ein echtes Feel-Good-Movie für Groß und Klein.

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                  • 7 .5
                    über Contra

                    Christoph Maria Herbst kann einfach Arschloch. Hier tritt er als zynischer, rechtskonservativer Juraprofessor auf und drischt sich mit gewohnt scharfzüngiger Präzision in den Fokus des universitären Disziplinarausschusses. Sein Fehltritt: eine rassistische Bemerkung gegenüber einer Studentin mit Migrationshintergrund. Seine Rettung: ebenjene Studentin auf ein Rhetorik-Duell vorbereiten.
                    Was nach einem kalkulierten Plot klingt, entwickelt sich zu einer feinfühligen Erzählung über zwei Menschen, die sich kennen und schätzen lernen und sowohl menschlich als auch kulturell aneinander wachsen.
                    Unweigerlich fühlt man sich an Farellys Green Book erinnert: Auch hier prallen zwei Welten aufeinander, die einander zunächst mit Argwohn begegnen, um schließlich in gegenseitiger Wertschätzung zu landen. Contra mag konventionell erzählt sein, trifft aber mit gutem Timing, feinem Witz und emotionaler Tiefe einen Nerv – und zeigt, dass Veränderung möglich ist. Ein toller Feel-Good-Movie.

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                    • 6

                      Die dritte Staffel von The White Lotus lässt vieles vermissen, was die ersten beiden Staffeln noch ausgemacht hat. Zwar weiterhin hochwertig produziert, schlängelt sich die Handlung jedoch träge durch allzu vertraute Muster – ohne clevere Dialoge und pointierte Gesellschaftskritik.
                      Wieder einmal lauscht man dem verbalen Dünnpfiff privilegierter Amerikaner, die an einem paradiesischen, aber austauschbaren Ort Urlaub machen. Das Setting überzeugt zwar erneut, doch inhaltlich passiert erstaunlich wenig. Nach der ersten Folge dominiert Langeweile; echte Spannung sucht man bis zum Finale vergeblich.
                      Die Figuren sind gewohnt unsympathisch – was an sich kein Problem wäre, hätte man das Gefühl, dass dahinter eine größere erzählerische Idee steckt. Doch auch hier fehlt es an Biss und Konsequenz. Man schaut einer Gruppe Menschen beim Scheitern zu, empfindet dabei aber kaum mehr als Gleichgültigkeit.
                      Am Ende läuft alles auf ein Finale hinaus, das vor allem von Effekthascherei lebt und den ansonsten trägen Verlauf der Staffel mit aller Gewalt kompensieren will.

                      Unterm Strich bleibt eine gewohnt hochwertige Inszenierung mit traumhaften Kulissen, die aber ansonsten wenig zu erzählen hat.

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                      • 5 .5
                        Torbinho 22.04.2025, 15:46 Geändert 23.04.2025, 09:53

                        Simon Verhoevens neueste Komödie hat den Anspruch, gesellschaftssatirische Töne zu erheben, scheitert aber letztlich an einem mittelmäßigen Drehbuch, das sich als zahnloses Komödchen entpuppt.
                        Im Mittelpunkt steht Heinz, ein klassischer Vertreter des titelgebenden Typus, gespielt von J.J. Liefers, der sich hier in gewohnter, etwas versnobter Manier gibt. Heinz struggled gerade sowohl im mittleren Management einer Telekommunikationsfirma als auch zu Hause.
                        Die Handlung hangelt sich dabei durch eine Checkliste aktueller gesellschaftlicher Reizthemen: Toleranz, Diversität, Gendern – alles wird wie auf Seite 1 der BILD einmal angerissen, aber kaum vertieft und in ein müdes Witzchen verpackt. Die Pointen wirken uninspiriert und kraftlos.
                        Was bleibt, ist eine am Ende des Films recht authentische, wenngleich kurze Debatte am Familientisch, die zumindest ansatzweise zeigt, welches Potenzial hier eigentlich gelegen hätte.

                        Fazit:
                        Alter weißer Mann ist eine verpasste Chance – weder konsequent gesellschaftskritisch noch wirklich komisch. Für einen lauen Fernsehabend okay, aber entfernt von großer Kinounterhaltung.

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                        • 4

                          Wer sich auf die dritte Staffel von Gangs of London einlässt, sollte eine hohe Toleranzgrenze was Glaubwürdigkeit angeht mitbringen.
                          In einer Stadt wie London, die zu den am stärksten überwachten Orten der Welt gehört – mit über einer Million Kameras, teils ausgestattet mit KI und Gesichtserkennung – erscheint das gezeichnete Szenario zunehmend absurd. London wird hier zum gesetzlosen Spielplatz, auf dem sich schwerbewaffnete Gangster nach Belieben austoben dürfen, ohne dass auch nur ein einziger Streifenwagen in Sicht ist. Schießereien, Explosionen und Morde bei Tageslicht scheinen niemanden zu stören, Passanten sind offenbar ebenso in den Untergrund abgetaucht wie die gesamte Exekutive.
                          In den vorherigen Staffeln ließ sich dieser narrative Wahnsinn zumindest teilweise rechtfertigen, denn dort lieferte ein Undercover-Cop innerhalb der Verbrecherfamilien noch einen Vorwand für das Ausbleiben polizeilicher Eingriffe. Doch dieser Cop ist inzwischen längst übergelaufen – und mit ihm auch jede plausible Erklärung für die anhaltende Anarchie.
                          Nach Folge 5 war bei mir dann endgültig Schluss mit der inneren Logik. Eine Gangsterin bringt auf ihrer Flucht vor einem befeindeten Clan ein Kind zur Welt, nur um kurz darauf mit dem Neugeborenen im Arm in den Nahkampf zu gehen. Erdrosselung mit der Nabelschnur inklusive… Klingt nach Satire, ist aber bitterer Ernst in dieser Serie. Wer denkt sich so etwas aus?
                          Was bleibt ist eine hochwertige Produktion mit teils spektakulär inszenierter Action auf Kino-Niveau. Auch die vielen Wendungen sorgen für Spannung und Abwechslung. Nur wirkt all das inzwischen mehr wie ein Blick in eine alternative Realität als in die Schattenseiten Londons.

                          Fazit: Wer sich von der Serie vor allem Adrenalin, Gewalt und Wendungen erwartet, der wird auch in Staffel 3 gut bedient. Wer hingegen Wert auf Plausibilität legt, dürfte sich zunehmend vor den Kopf gestoßen fühlen. Die Serie driftet endgültig ins Absurde ab – schade, denn Staffel 1 und 2 zeigten, dass man auch mit mehr Substanz unterhalten kann.

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                          • 6 .5

                            Ein Taxi, zwei Menschen, viele Wahrheiten
                            Natürlich muss man wissen, worauf man sich bei Daddio einlässt: Wer Action oder eine komplexe Handlung erwartet, wird enttäuscht. Stattdessen inszenierte Christy Hall ein Kammerspiel der besonderen Art – ein Seelenstriptease auf engstem Raum, der sich zwischen zwei Menschen entfaltet, die sich eigentlich gar nicht kennen. Dakota Johnson und Sean Penn sitzen gemeinsam auf dem Rücksitz des Lebens und fahren durch die nächtlichen Straßen New Yorks.

                            Was zunächst wie eine x-beliebige Taxifahrt beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einem immer intimeren Dialog. Hat man die etwas zähe Anfangsphase überstanden, erlebt man entlarvende Gespräche, die teils schmerzhaft ehrlich sind und die inneren Bruchstellen beider Figuren offenlegen. Die beiden tauschen Geheimnisse aus, sprechen über Verletzungen, Beziehungen und die Narben der Vergangenheit. Dabei trifft Johnsons etwas irrlichternde Passagierin auf Penns Fahrerfigur – eine Art weiser Fährmann, der nicht nur durch die Stadt, sondern auch durch emotionale Untiefen navigiert. Im Zentrum stehen große Themen wie emotionaler Missbrauch und toxische Männlichkeit (Hollywoods aktuelles Trendthema), aber auch familiäre Prägung und persönliche Verantwortung schwingen mit.

                            Am Ende der Fahrt ist das Band zwischen den beiden spürbar stark. Auch wenn manche Gespräche zeitweise belanglos oder austauschbar wirken mögen, haben mich einzelne Momente berührt. Wer sich auf das reduzierte Setting und das dialoggetriebene Spiel einlässt, wird mit einer stillen, emotional dichten Erfahrung belohnt.

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                            • 6

                              Der erste Beetlejuice-Film ist Kult. Für viele – mich eingeschlossen – lief er damals auf VHS rauf und runter: ein echtes Stück Kindheit und mein erster „Horrorfilm“. Umso größer war die Erwartung an die Fortsetzung, die ganze 36 (!) Jahre auf sich warten ließ. Leider bleibt die zentrale Frage: Warum hat man so lange gebraucht, nur um dann mit einer derart lahmen Story um die Ecke zu kommen?
                              Der Film wirkt inkonsistent – sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Er findet keine klare Linie. Weil man unbedingt noch eine Tochter von Lydia Deetz unterbringen wollte, wechseln sich helle Coming-of-Age-Momente mit düsteren Szenen schwarzhumoriger Komik ab – ohne dass sich daraus ein stimmiges Ganzes ergibt. Dazu passt auch, dass man zwar stimmungsvoll in einem urigen Dörfchen dreht, aber gleichzeitig mit dem surrenden Tesla durch die Gegend gondelt...
                              Zudem gönnt sich Beetlejuice Beetlejuice kaum Zeit, neue Figuren einzuführen oder alte neu zu verankern. Es wird viel Vorwissen vorausgesetzt – vielleicht zu viel. Wer das Original nicht kennt oder dessen Handlung nur noch vage im Kopf hat, dürfte schnell den Anschluss verlieren.

                              Am überzeugendsten sind noch die Szenen in der Zwischenwelt. Sie sind detailreich gestaltet, mit einfallsreichen Kostümen frisch Verstorbener, deren Design auf kreative Weise Rückschlüsse auf deren Ableben zulässt. Hier blitzt der alte Charme auf, den man sich vom Film erhofft hatte.
                              Und dann ist da Michael Keaton. Auch wenn sein Name fest mit der Figur verbunden ist, wirkt er als Beetlejuice schlicht zu alt für die Rolle. Was früher charmant schmuddelig war, wirkt heute oft einfach unangenehm – fast schon deplatziert.

                              Am Ende bleibt ein zahnloses Popcorn-Movie zurück, das stellenweise unterhält, aber ohne besondere Vorkommnisse über die Leinwand flimmert. Wer sich eine triumphale Rückkehr der Kultfigur erhofft hatte, bekommt eher ein fahles Echo als ein fulminantes Revival.

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                              • 9

                                Bingo!

                                „Lt. Frank Drebin – Spezialeinheit!“ Spätestens bei diesem Satz bleibt bei mir kein Auge mehr trocken. Allein die Eröffnungsszene, in der diverse damalige Staatsoberhäupter verulkt werden, zeigt schon deutlich, wohin die Reise in den nächsten 80 Minuten geht.
                                David und Jerry Zucker sowie Jim Abrahams haben eine wahre Fundgrube geschaffen – voller witziger Szenen, toll-dreister Dialoge, wilder Wortspiele und absurder Einfälle. Die besten Gags spielen sich oft im Hintergrund oder im Vorbeigehen ab. Und das alles (fast) ohne Pipi-Kaka-Humor, dafür aber gerne mal politisch unkorrekt.
                                Dazu kommen echte Lebensweisheiten von Lt. Drebin, wie etwa:
                                „Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!“
                                Bei der hohen Gagdichte zündet natürlich nicht jeder Scherz – aber das verzeiht man schnell. Denn es besteht eine 50/50-Chance, dass man beim nächsten Gag vor Lachen unterm Tisch liegt. Vielleicht auch nur 50 %...
                                Eine meiner liebsten Komödien, die heute leider so nicht mehr gemacht werden. Ich bin gespannt auf die geplante Neuauflage mit Liam Neeson, ahne aber Böses. Denn: Leslie Nielsen ist einfach einmalig.

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                                  Torbinho 07.04.2025, 10:01 Geändert 07.04.2025, 10:09

                                  Love Lies Bleeding erzählt die Geschichte der zurückgezogenen Fitnessstudio-Managerin Lou, die sich in Jackie verliebt – eine ehrgeizige Bodybuilderin, die ohne festen Wohnsitz unterwegs nach Vegas ist, um sich ihren Traum vom Wettkampfsieg zu erfüllen. Doch ihre aufkeimende Liebe entfacht eine Spirale der Gewalt und zieht beide in das kriminelle Netz von Lous Familie.
                                  Das Grundsetting ist spannend, hat mich aber nur bedingt mitgerissen. Denn das Drehbuch wirkt stellenweise etwas holprig. Es versucht bemüht, aus filmischen Konventionen auszubrechen, schafft es aber nicht ganz, diesem Anspruch gerecht zu werden. Hier und da fehlt der nötige Feinschliff. Nicht alles funktioniert. Melodrama, Action, Bodyhorror – am Ende weiß man nicht so recht wonach das eigentlich schmeckt. Kristen Stewart darf sich in ihrer Rolle frei entfalten und hat hier viel Frauensex. Mittlerweile liefert sie schauspielerisch ordentlich ab, dafür dass sie früher nur einen Gesichtsausdruck in petto hatte. Dafür Hut ab. Auch Ed Harris füllt seine Rolle gut aus und konnte mich mit seiner Frise mehr als einmal zum Schmunzeln bringen.

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                                    Die erste Staffel von Severance war grandios und setzte in Sachen Story und Storytelling neue Maßstäbe. In Staffel 2 macht es sich die Serie meiner Meinung nach jedoch etwas zu einfach: Sie führt die Protagonisten erneut zurück in die weißen Bürogänge von Lumon, als hätte das dramatische Finale der ersten Staffel keine Auswirkungen gehabt. Zwar gibt es eine Erklärung dafür, doch sie überzeugt nicht vollständig.
                                    Schon bald entsteht der Eindruck, dass die Macher um Ben Stiller und Dan Erickson das Finale von Staffel 2 früh festgelegt haben und die übrigen neun Episoden darauf ausrichteten. Dadurch wirken einige Handlungsstränge ziellos und scheinen lediglich als Füllmaterial zu dienen, das den Zuschauer verwirren soll. Das ist nicht per se schlecht, doch da Severance ohnehin nicht mit Mysterien geizt, hätte man auf einige zusätzliche (und teils unnötige) Nebenplots verzichten können.
                                    Stilistisch setzt die Serie weiterhin auf rätselhafte, mystische Bildwelten, die mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten. Das ist wie in einem Alptraum, in dem man statt Antworten auf eine gut formulierte Frage zu bekommen, einfach aufwacht. Diese Herangehensweise muss man mögen. Selbst für einen Mystery-Fan wie mich, der Serien à la Lost schätzt, bewegt sich die Inszenierung manchmal an der Grenze des Erträglichen, wenn bedeutungsschwangere Bilder überhandnehmen (Stichwort: Ziege).
                                    Trotzdem entfaltet die Serie auch in Staffel 2 eine starke Sogwirkung. Der faszinierende Kosmos, in dem sich die Protagonisten bewegen, zieht einen weiterhin in seinen Bann – man will unbedingt die Wahrheit erfahren. Sobald man glaubt, den Überblick zu haben, wird die Geschichte im nächsten Moment komplexer und eröffnet neue, vielschichtige Möglichkeiten.
                                    Insgesamt haben die Autoren eine spannende Erweiterung dieser faszinierenden Welt geschaffen. Das erwähnte Finale liefert ordentlich ab und treibt die Spannung bis an die Spitze. Damit gelingt Staffel 2 eine würdige Fortsetzung, die fast an die Qualität der ersten Staffel heranreicht und Lust auf Staffel 3 macht.

                                    P.S.: Nach dem Abspann, erzählt Dan Erickson in einem Making of, das er das Finale der zweiten Staffel schon immer im Kopf hatte…

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                                      Nachdem sich Staffel 2 schon allmählich von konventionellen Erzählstrukturen entfernte, treibt Atlanta in der dritten Runde diese Entwicklung noch weiter. Die Serie integriert nun komplette Anthologiefolgen, die keinerlei Verbindung zu den Hauptfiguren oder der eigentlichen Story haben. Um den Aufstieg von Rapper Paper Boi und dem Beziehungsgeflecht von Earn und Van geht es nur noch nebenbei. Während dieser erzählerische Bruch mutig ist, nimmt er der Serie auch etwas von ihrer ursprünglichen Charakterentwicklung, die in den ersten beiden Staffeln noch eine größere Rolle spielte.
                                      Trotzdem bleibt Atlanta eine hochqualitative und brillant geschriebene Serie, die thematisch weiterhin um Rassismus kreist, und das in unterschiedlichsten Facetten und mit kreativen erzählerischen Mitteln. Donald Glover, sein Bruder Stephen und Regisseur Hiro Murai beweisen dabei einmal mehr, dass sie wohl nicht einfach nur eine gewöhnliche Dramedy erschaffen wollten. Stattdessen setzen sie auf stilistische Experimente und ungewöhnliche Narrative, um ihre Botschaften zu transportieren. So kann ich mir langsam auch vorstellen, warum die Serie nach der vierten Staffel endete.
                                      Atlanta bleibt großartig, doch der erzählerische Fokus weicht immer mehr der künstlerischen Vision, was nicht jedem Zuschauer gefallen dürfte.

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                                      • 5

                                        Ein Shyamalan mit Til Schweiger-Faktor, spielt seine Tochter Saleka Shyamalan doch eine zentrale Rolle als Popstar Lady Raven. Denn: Ein Vater besucht hier mit seiner Tochter ein Konzert von Lady Raven, doch bald stellt sich heraus, dass sich ein gesuchter Serienkiller unter den Konzertbesuchern befinden soll. Lady Raven schaltet sich als bald dann auch persönlich in die Killersuche mit ein...
                                        Die erste Hälfte des Films weiß durchaus zu fesseln. Das Konzertsetting wird geschickt in den Plot integriert, die Atmosphäre ist dicht, und die Spannung wird geschickt aufgebaut. Man grübelt ständig, worin diesmal der gewohnte Shyamalan-Twist bestehen könnte.
                                        Doch sobald der Film das Konzert-Setting hinter sich lässt, zerbricht die zuvor sorgsam aufgebaute Spannung. Die Geschichte verliert zunehmend an Glaubwürdigkeit und driftet in eine unglaubwürdige, fast schon absurde Richtung ab. Was sich zunächst in ein clever konstruiertes Thriller-Szenario entwickeln könnte, zerfällt in der zweiten Hälfte aufgrund eines zu schlampigen Skripts, dass dem ganzen ordentlich B-Movie Vibes gibt. Die Spannung verpufft, und der Film verliert jegliche Zugkraft. Hartnett dagegen sticht heraus, weil er seine Rolle mit einer gewissen Spielfreude füllt. Man könnte sich fragen, ob die Handlung nicht eher um den Auftritt von Saleka Shyamalan herum konstruiert wurde, um ihrer Schauspiel- und Musikkarriere einen Boost zu verpassen.
                                        Dabei hat Shyamalan in der Vergangenheit bewiesen, dass er komplexe Thriller erzählen kann. Doch Trap zeigt ihn eher in einer kreativen Sackgasse – und hinterlässt mich letztlich zwiegespalten. Und was den Twist angeht…ach, lassen wir das.

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                                        • 6

                                          Was hat Todd Phillips da nur geritten?
                                          Der Film beginnt stark: Die Ereignisse nach Arthur Flecks Gewaltexzess werden intensiv, beklemmend und spannend inszeniert. Fleck sitzt in Arkham ein, wartet auf seinen Prozess, und die Atmosphäre ist zum Greifen dicht. Doch dann verliert Phillips irgendwie den Faden.
                                          An den Schauspielern liegt es nicht. Joaquin Phoenix liefert eine Glanzleistung ab – tiefstes Method Acting, das so nah am Wahnsinn ist, dass es fast unangenehm wird. Auch Lady Gaga überzeugt als Harley Quinn, wenn auch mit einer anderen Interpretation als Margot Robbie: weniger gefährlich, weniger unberechenbar, aber dennoch eindringlich.
                                          Und doch steht sich der Film selbst im Weg. Die zahlreichen Musikeinlagen brechen immer wieder die Spannung, gerade wenn sie ihren Höhepunkt erreicht. Statt das Geschehen zu verstärken, reißen sie den Zuschauer heraus. Hier wollte Phillips offensichtlich ein großes cineastisches Statement setzen. Doch genau dieser Kunstgriff wirkt wie ein Stolperstein. Die restliche Handlung ist recht lahm erzählt und kommt emotional nicht der inneren Zerrissenheit des Arthur Fleck gleich.

                                          Fazit: Joker: Folie à Deux ist kein Reinfall, aber seine Ambitionen stehen ihm im Weg. Es hätte etwas wirklich Großes werden können, die Voraussetzungen inklusive einem Ende mit Aha-Effekt sind vorhanden – wenn sich Phillips mehr auf bewährte Erzählmethoden verlassen hätte, anstatt zwanghaft nach Größe zu streben.

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                                          • 6 .5
                                            Torbinho 29.03.2025, 16:06 Geändert 29.03.2025, 18:44

                                            Die drei ??? und der Karpatenhund erweist sich als solider, wenn auch kindgerechter Whodunit-Film, der mit den beliebten Detektiven Justus, Peter und Bob einige Rätsel und skurrile Figuren präsentiert. Besonders die Anwohner der Wohnanlage, in der die Handlung spielt, stechen durch ihre teils überzeichneten Eigenheiten hervor und sorgen für unterhaltsame Momente.
                                            Bemerkenswert ist, wie amerikanisch die Produktion trotz ihres deutschen Ursprungs wirkt. Kulissen und Requisiten sind so überzeugend gestaltet, dass man sich tatsächlich in Rocky Beach beziehungsweise Los Angeles wähnt – dabei wurden die Dreharbeiten offenbar auf Gran Canaria durchgeführt. Diese Illusion trägt zur Atmosphäre des Films bei und hebt ihn visuell von anderen deutschen Produktionen ab.
                                            Auch die Kriminalhandlung ist gelungen inszeniert: Der Zuschauer wird lange im Unklaren darüber gelassen, wer hinter dem Raub steckt, was für eine durchgehend spannende Erzählweise sorgt. Im Vergleich zu typischen Hollywood-Filmen für Erwachsene fällt Die drei ??? und der Karpatenhund nicht wesentlich ab – und schneidet in mancher Hinsicht sogar besser ab als die neuaufgelegte Hercule Poirot-Reihe.

                                            Insgesamt bietet der Film eine ansprechende Mischung aus Rätselspaß, schrulligen Charakteren und einer überraschend hochwertigen Inszenierung. Fans der Drei ??? werden auf ihre Kosten kommen, aber auch Krimi-Liebhaber dürften an der clever konstruierten Geschichte Gefallen finden. Nur auf große Action muss man hier verzichten.

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                                            • 7 .5

                                              Thelma & Louise ist wohl der Inbegriff eines Road Movies. Ein Film, der weniger von einer ausgeklügelten Geschichte lebt als von seinen Figuren und der Atmosphäre, die er erschafft. Die Handlung mag simpel erscheinen, doch die Charaktere sind umso facettenreicher.
                                              Von schrullig bis knorrig ist hier alles vertreten, was das Figurenensemble lebendig und unterhaltsam macht. Besonders die dauerpaffende Thelma und die naiv-nervige Louise wachsen einem schnell ans Herz.
                                              Gerade deshalb trifft das Finale mit voller Wucht. Ein Film, der unterhält, berührt und auch nachhallt.

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                                              • 6 .5

                                                Richard Linklater verfilmt die Geschichte des Aushilfspolizisten Gary, der im Alltag ein nerdiger Uni-Dozent ist und in seiner Freizeit als Lockvogel für Mordlustige agiert. Seine Tarnung: Auftragskiller. Seine Spezialität: chamäleonartige Wandlungsfähigkeit.
                                                Besonders unterhaltsam wird der Film, wenn Gary in seine verschiedenen Rollen schlüpft – mal ein prolliger Redneck, mal ein einsilbiger Psychopath. Glenn Powell spielt diese Wandlungsfähigkeit mit sichtlichem Vergnügen. Doch dann tritt eine „Kundin“ in sein Leben, die ihm den Kopf verdreht …

                                                So charmant die Chemie zwischen Adria Arjona und Glenn Powell auch ist – und ja, es knistert ordentlich zwischen den beiden – die eigentliche Story bietet wenig Neues. Mir fehlte das gewisse Etwas, sei es Cleverness oder emotionale Tiefe. Hätte ich nicht vorher gewusst, dass dies ein Linklater-Film ist, ich wäre nie darauf gekommen. So gewöhnlich wirkt diese Cop-Rom-Com.
                                                Immerhin sorgt die moralische Zwickmühle, die sich im Verlauf der Handlung entwickelt, für eine gewisse Spannung und hebt den Film zumindest ein wenig aus der Masse heraus. Doch unterm Strich bleibt A Killer Romance unterhaltsam, aber wenig erinnerungswürdig.

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                                                • 5 .5

                                                  Mit The Dating Game Killer legt Anna Kendrick ihr Regiedebüt vor und übernimmt gleichzeitig die Hauptrolle. Der Film erzählt die Geschichte eines Serienmörders, der in den 1970er Jahren in Kalifornien sein Unwesen trieb und auf bis zu 130 Morde geschätzt wird. Besonders skurril: Während seiner aktiven Zeit trat er tatsächlich in der amerikanischen Version von Herzblatt auf. Da hat man direkt Rudi Carrells „und hier ist ihr Herzblatt“ und Susis sinnliche Stimme im Ohr…
                                                  Diese TV-Aufzeichnung nutzt Kendrick jedenfalls als wiederkehrendes Element in ihrer Inszenierung, doch bleibt unklar, welchen Mehrwert diese Einbindung tatsächlich für die Geschichte hat. Zwar bietet die Sendung eine makabre Note und eine bizarre Gegenüberstellung von Alltagsunterhaltung und Grauen, doch ein wirklich stringenter erzählerischer Zweck lässt sich nicht erkennen.
                                                  Neben diesen Sequenzen springt der Film in diversen Zeitebenen durch die Taten des Killers, doch auch hier bleibt fraglich, warum Kendrick diese Erzählweise gewählt hat. Die Zeitsprünge wirken mehr verwirrend als bereichernd, da man als Zuschauer oft mit der Einordnung des Gezeigten beschäftigt ist, anstatt sich auf die Geschichte einzulassen.
                                                  Die Spannung ist dabei durchweg subtil gehalten. Die Taten des Serienmörders werden nie explizit gezeigt, Gewalt bleibt angedeutet. Während andere Filme dieses Genres entweder durch explizite Brutalität oder eine besonders fesselnde Inszenierung überzeugen, bewegt sich Kendrick irgendwo dazwischen – und lässt mich letztlich unentschlossen zurück. Ein großes, mitreißendes Finale, auf das solche Filme normalerweise zusteuern, fehlt komplett.
                                                  Am problematischsten ist jedoch die Thematisierung toxischer Männlichkeit. Jede einzelne männliche Figur im Film wird in einem negativen Licht gezeichnet, tatsächlich jeder Mann verhält sich wie ein Arschloch. Das wirkt übertrieben und erschwert zusätzlich den Blick auf das eigentliche Thema des Films. Diese Tendenz wird noch verstärkt durch Kendricks eigene Rolle, die immer wieder Männer zurechtweist und dabei auch die Herzblatt-Show instrumentalisiert.

                                                  Unterm Strich bleibt The Dating Game Killer ein ambitioniertes, aber erzählerisch unausgegorenes Debüt, das sich nicht zwischen Thriller, Sozialkritik und Charakterstudie entscheiden kann – und gerade deshalb nicht vollständig überzeugt.

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                                                  • 8

                                                    Die Affäre zwischen der 36-jährigen Gracie und dem damals 13-jährigen Joe war einst ein nationaler Skandal – eine Geschichte, die mit Gefängnis, Empörung und Boulevard-Schlagzeilen endete. Mehr als 20 Jahre später scheint all das Vergangenheit: Gracie und Joe führen ein bürgerliches Leben in einer wohlhabenden Nachbarschaft, eine Bilderbuchfamilie mit Kindern und Grillpartys. Doch als die Hollywood-Schauspielerin Elizabeth in ihre Welt eintritt, um für ihre nächste Rolle zu recherchieren, beginnt die Fassade langsam zu bröckeln.

                                                    Todd Haynes inszeniert dieses Drama als ruhige, aber intensive Charakterstudie, die sich um Schuld, Selbsttäuschung und Manipulation dreht. Während Elizabeth scheinbar objektiv nach der „Wahrheit“ sucht, ist ihre Sichtweise von Beginn an vorgeprägt – sie kommt nicht, um zu verstehen, sondern um zu verurteilen. Diese Voreingenommenheit durchzieht jede Szene, macht das Geschehen aber auch noch unangenehmer und faszinierender.
                                                    Die schauspielerischen Leistungen sind herausragend: Natalie Portman perfektioniert die Kunst des passiv-aggressiven Method-Actings, während Julianne Moore mit einer eisigen Süße eine Frau spielt, die sich ihren eigenen Skandal so lange schöngeredet hat, bis er fast romantisch klingt. Charles Meltons Darstellung des inzwischen 36-jährigen Joe, der immer noch eine kindliche Verletzlichkeit ausstrahlt, wirkt manchmal überzeichnet – aber das ist wahrscheinlich genauso gewollt, um seine Kontrolle und Befangenheit in der Beziehung deutlich zu machen.

                                                    Einziger Kritikpunkt: Der Film erlaubt keine neutrale Perspektive auf die Beziehung. Die moralische Einordnung steht von Anfang an fest, sodass die Vielschichtigkeit der Geschichte manchmal zugunsten einer spürbaren Verachtung der Hauptfigur verloren geht. Dennoch bleibt May December eine faszinierende Studie über Macht, Kontrolle und die Art und Weise, wie Geschichten geformt und nachgespielt werden.

                                                    Fazit: Ein facettenreiches Drama, das viel Raum für eigene Interpretationen lässt – jeder Zuschauer wird wohl etwas anderes mitnehmen.

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