Torwaechter - Kommentare

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    Torwaechter 03.03.2023, 01:17 Geändert 03.03.2023, 01:17

    Ich war zunächst eher verwirrt und underwhelmed, hatte ich doch nach "Three Billboards" mehr schwarzen Humor und Witz erwartet. "Banshees" ist dagegen sehr ruhig, langsam, methodisch, rätselhaft - und vor allem hundstraurig. Ausnahmslos jeder Charakter im Film ist einsam. Liebe ist nicht zu finden. Freundschaften zerbrechen. Erfolge gibt es keine. Klingt sehr europäisch und arthousig, und ist es auch.

    Aber im Rückblick leuchten die Stärken heraus, schauspielerisch und kameratechnisch sowieso, aber eben auch inhaltlich. Da ist die alte Frau, vermutlich eine echte Banshee, die - wie im Film ja direkt gesagt wird - nur noch dabei zusehen muss, wie die Menschen in ihr eigenes Unglück stürzen. Die imaginäre Insel vor Irlands Westküste erscheint trotz malerischer Landschaft wie ein kaltes Gefängnis. Streit, Tod und Selbstmord liegen in der Luft.

    Was will McDonagh uns damit sagen? An der anderen Küste tobt der unübersichtliche Irische Bürgerkrieg. Bezieht sich der Film parabelhaft darauf? Steht Colm, der Lieder komponieren will und plötzlich nichts mehr mit dem einfach gestrickten Pádraic zu tun haben möchte für den irischen Bruderzwist, für den Zerfall der Unabhängigkeitsfront, die Loslösung von städtischer Elite und Intelligenzija in Dublin vom einfachen Landvolk? Der Film spielt eventuell damit, aber ich glaube es reicht nicht. Ich glaube McDonagh hat hier größere Ambitionen und es geht ihm nicht nur um Geschichtsunterricht. Ich glaube der ferne und nur zweimal erwähnte Bürgerkrieg als Backdrop unterstützt sinnbildlich nur eine weitere Botschaft. Und die ist, denke ich, auf unsere Gegenwart bezogen und hat wenig mit den 20er Jahren zu tun.

    Meine These ist, dass "Inisherin" das Internet ist. Die moderne digitale Gesellschaft, die uns alle auf eine schöne aber eigentlich auch völlig eintönige und einsame Insel schickt. Das Internet, das reihenweise Herzen zerbricht und in dem sich einst befreundete Menschen über Streitthemen entzweien. Das Internet, das nicht zu mehr Zusammenhalt und Bildung geführt hat, sondern zu mehr Spaltung, Lagerbildung und Verdummung. Und dann steht Colm plötzlich für alle Linksliberalen der Welt, die nach Selbstverwirklichung und höheren Idealen streben, während Pádraic für die Konservativen steht, die eigentlich nur am Stammtisch die Dinge sagen wollen, die Konservative so eben sagen, und überhaupt nicht verstehen können, warum das die andere Seite von ihnen wegtreibt - bis diese zu Cancel Culture greifen muss.

    Mit dieser Interpretation ergibt "Banshees" für mich rückblickend Sinn und verdient sich seine vielen Oscarnominierungen. Aber es bleibt nichtsdestotrotz ein tiefschwarzer, trauriger Film. Umso erstaunlicher, dass er so sehr resoniert - aber das bestätigt ja auch quasi die These. Wir alle können intuitiv mit den Vorgängen im Film etwas anfangen, und mitfühlen. Wir leben alle auf Inisherin.

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    • 8
      über Babylon

      Wow, die erste Hälfte des Films ist wirklich eine Wucht. Unglaublich viel Energie, Tempo und Witz. Alleine die spektakuläre Intro-Sequenz mit Party-Orgie mit unglaublich vielen nackten Brüsten und einem Elefanten schreibt schon Filmgeschichte. Solch ein Niveau für die volle epische Laufzeit von über 3 Stunden zu halten wäre ein Wunder gewesen und das gelingt Chazelle auch leider nicht. Aber es liegt in meinen Augen weniger an mangelndem Können als an den inneren Parametern der Story.

      -- Achtung Spoiler --
      Denn für die Protagonisten geht es unweigerlich bergab. Auf ihren Triumph und Erfolg als Stummfilmstars muss historisch verbürgt der Niedergang folgen. Und auch die Liebesgeschichte ist früh erkennbar dysfunktional und nicht zukunftsfähig. Entsprechend verständlich, weshalb der Film beim Publikum nicht so wirklich gut ankam. Er ist eben ab der zweiten Hälfte ein Downer, ohne Ziel, und wird dadurch einerseits melodramatisch und andererseits verzweifelt in der Suche nach neuen krassen/obszönen Szenen, damit die zweite Hälfte nicht ganz so stark zur extrem starken ersten abfällt. Auch das Ende, das etwas verkrampft ein halbes Happy-End herbeiführt, wirkt mitsamt der filmgeschichtlichen Schnittsequenz rund um "Singing in the rain" sehr artsy und aufgesetzt.
      Aber all das ist letztlich nicht gravierend genug für mich, um "Babylon" nicht zu feiern und zu mögen. Denn es ist eben kein Unvermögen, das dazu führte, sondern enorm viel Mut trotz aller Problemstellungen trotzdem an diese Geschichte und Botschaft zu glauben und es so durchzuziehen.

      "Babylon" spiegelt sich da selbst. Der naive Spirit des Filmemachens, den ich ja auch nur zu gut kenne, ist einfach unwiderstehlich. Und vielleicht funktioniert der Film deswegen auch eben nicht für alle. Entweder man liebt es oder man hasst es.

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      • 8

        Schön, dass der Film dank der Oscar-Nominierungen nochmal in den Kinos lief. War beeindruckt, wirklich starker Antikriegsfilm, und es ist auch spannend mitzuverfolgen, dass die Kritiken im Ausland stark von denen im Inland abzuweichen scheinen.

        Der Knackpunkt ist, dass der Film sich so weit von der Vorlage gelöst hat, dass er eigentlich einen anderen Titel gut vertragen hätte. So wird er natürlich sowohl mit dem Vorgängerfilm als auch dem literarischen Werk verglichen. Ich persönlich kann das Genörgel schon auch verstehen, aber gleichzeitig kann ich auch die Änderungsimpulse nachvollziehen. Der neue Film setzt stark auf Immersion und erschafft mit der Parallelhandlung rund um die Friedensverhandlungen genau das, was ein Hollywood-Film immer gerne hat: einen Countdown. Dadurch wirkt es entsprechend etwas konstruiert und stark zugespitzt - aber das ist eben auch typisch Film und funktioniert einfach gut. Es gibt ein klares Ziel, auf den der gesamte Film zusteuert und am Ende wird es auch gekonnt eingelöst.

        - Achtung Spoiler(?) -
        Natürlich wirkt es übertrieben, dass Paul wirklich in der allerletzten Sekunde vor Waffenstillstand fällt, aber es bringt die Absurdität und Willkür eines Krieges auf den Punkt. Plötzlich ist Frieden.

        Und genauso schwingt mit, dass eben auch plötzlich wieder Krieg sein kann. Was ja historisch auch der Fall war und sehr gut zu unserer Zeit passt. "Glücklicher" Zufall könnte man sagen. Als das Projekt angekündigt wurde, wirkte es auf mich eher wie die x-te aus der Zeit gefallene, am Zeitgeist junger Menschen kaum wirklich interessierte hochkulturelle Literaturverfilmung, für die die deutsche Filmindustrie ja so berüchtigt ist - aber jetzt ist die Relevanz höher als man es sich je hätte denken können.
        Finanziert wurde das ganze denke ich als deutsche Antwort auf "1917", den ich persönlich als recht schwach empfand. Das One-Take Konzept wirkte wie ein Gimmick, hat der Immersion teils sogar eher geschadet als geholfen, und insgesamt fehlte dem doch recht heldenhaften Film die klare beißende Antikriegsmessage, die "Im Westen nichts Neues" unübersehbar permanent im Vordergrund steht.

        Wenn man will, kann man das auch etwas kritisch sehen, dass der Film auch hier zur Zuspitzung und Schwarzweißmalerei neigt. Die einfachen Soldaten sind hier alle Opfer, die Generäle sind narzisstische Kriegstreiber. Und von der französischen Gegenseite bekommt man nur sehr wenig mit, wirken in der Panzeroffensive und mit den Flammenwerfern kurzzeitig sogar fast wie eine übermächtige Alien-Roboter-Streitmacht. Ein strukturelles Problem, das die meisten Kriegsfilme haben, selbst ein Meisterwerk wie "Apocalypse Now" - rühmliche Ausnahme zB Clint Eastwoods "Letters from Iwo Jima", aber das ging auch nur indem er damals zwei separate Filme drehte.

        Aber alles in allem Meckern auf hohem Niveau. Für einen deutschen Film macht "Im Westen nichts neues" sehr vieles sehr richtig und hat eben auch den Mut anzuecken und seine eigene Linie zu fahren. Ein oder zwei Oscars dürften da berechtigterweise herausspringen.

        Ein kleines Manko aber noch zum Schluss: Ich finde man hätte ganz am Schluss als Texttafel ruhig noch erwähnen dürfen, dass Erzberger drei Jahre später von rechtsextremistischen Verschwörungsgläubigen ermordet wurde. Zeitgeist und so.

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        • 7 .5

          Visuell wirklich beeindruckend - aber mit 3h 20min Laufzeit auch echt lang. Wirklich langweilig wurde es mir zwar nicht und es ist durchaus mutig von Cameron bei einem Multimillionen Blockbuster so viel Zeit damit zu verbringen in die neue stark polynesisch angehauchte Inselwelt einzutauchen (im wahrsten Sinne des Wortes) - aber erzählerisch passiert eigentlich recht wenig im zweiten Teil. Im großen Ganzen ist es „nur“ ein Ortswechsel, weg vom Urwald hin zum Meer - wo Cameron seine große maritime Liebe und den Hass auf Walfänger tüchtig ausleben kann. Das anzusehen ist unterhaltsam und spektakulär aber mehr auch nicht. Der ökologischen Message von Avatar wird kaum Neues hinzugefügt, vllt sogar eher geschwächt, da Walfang heute kaum noch ein Thema ist. Dass auf den Harpunenkanonen japanisch wirkende Zeichen sind, ist ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl wer sich am ehesten noch im heutigen Publikum angesprochen fühlen könnte.

          Letztlich verbleibt in Avatar 2 primär der Rachefeldzug des „wiederbelebten“ Hauptgegners. Das wirkt anfangs drehbuchtechnisch noch recht naiv und plump, entwickelt sich dann aber tatsächlich zu einem neuen frischen Element, besonders wegen der familiären Beziehung. Nicht dass Avatar 2 da tief reingehen würde was „geklonte“ Erinnerungen und Identitäten betrifft, aber immerhin ist es nicht einfach nur ein 1:1 reinkarnierter Antagonist. Zumal er auch noch den Körper eines Na‘vi bekommt.

          Das Duell der beiden Alphamänner erinnerte mich ein wenig an Star Trek II. Auch wenn es alt wirkte, es funktionierte. Weder hat es total gepackt noch wirklich kalt gelassen. Im nächsten Teil muss aber die große Geschichte weitergehen. Vielleicht ja mit einer KI als neuer Oberbösewicht, da könnte Cameron seine Terminator Vergangenheit effektbringend einbringen. Das ultimative Gegenteil von Eins-mit-der-Natur wäre ja eine alles beherrschende Maschine.

          Die Gegensätze hier in Avatar 2 sind eher schwach. Allenfalls interessant dass hier eine Familie gegen eine Familie antritt. Denn auch die Marines halten ja zusammen bis zum Tod und ihnen geht Loyalität über alles. Gut möglich dass daher jemand nächstes Mal die Seiten wechselt, denn so fern steht man sich ja im Grunde nicht.
          Avatar 2 ist hier durch und durch traditionell und konservativ im Familienbild.

          Untypisch für Cameron spielen die vorhandenen starken Frauen hier eher nur zweite Geige. Und ca eine Stunde lang werden alle handelsüblichen amerikanischen Familien-Tropes abgewickelt mit allen typischen Archetypen. Wirklich individuell wirkt hier niemand und die ganzen Erziehungsprobleme dienen eher zum emotionalen Connecten („Hach das ist ja wie bei uns Zuhause / Ui das ist ja wie als ich Teenager war und in ne fremde Stadt umziehen musste“) als uns wirklich eine andere Kultur näher zu bringen. Sogar Akupunktur musste 1:1 übertragen werden anstatt dass die Na‘vi ihr eigenes Ding haben können. Schade.

          Das bleibt dann als letzter Kritikpunkt. Von einem extrem teuren Blockbuster ist es wohl eher nicht zu erwarten und auf seine Art ist Avatar 2 ja auch schon wie gesagt untypisch und mutig. Aber wenn man ihn mit Filmen von Malick („The New World“, „Thin Red Line“), Eggers („The Northman“, „The Witch“), Kevin Costner („Rapa Nui“) oder Mel Gibson („Apocalypto“) vergleicht, wo echte kulturelle Fremdheit vermittelt wird, dann sieht man einen deutlichen perspektivischen Unterschied. Ein Avatar 2 mit solchem Mut wäre ernsthaft atemberaubend gewesen- aber eben auch eher nix für die Mainstream Kinobesucher-Familie, die nur etwas anderes sehen aber nicht wirklich erleben möchte.

          • 8
            über Nope

            Stark! Frisch und originell, darüber hinaus auch noch fantastisch aufgenommen dank IMAX Kameras. Die Story ist schön lovecraftesk, lässt sich Zeit und baut sich Schritt für Schritt zu einer unheimlichen Gewitterwolke auf, die sich dann zum Ende hin auch prächtig entlädt.

            Jordan Peeles Konzept ist ambitioniert, stellenweise vielleicht auch zu verkopft, oder so konzeptionell, (tarantionesk) referentiell und überhöht, dass es deswegen etwas aufgesetzt wirkt (z. B. der manische Kameramann, genauso wie auch der TV-Reporter auf dem Motorrad), aber im großen ganzen ist die Balance echt gut und damit dürfte "Nope" für alle ambitionierteren Genrefilmemacher ein echter Meilenstein sein, an dem man sich noch einige Zeit orientieren wird.

            Achtung Spoiler - als einzigen echten Kritikpunkt würde ich anmerken, dass ich es für einen Fehler halte den asiatischstämmigen Nachbar mitten im Film ausscheiden zu lassen. Er hat im Vergleich zu den afroamerikanischen Protagonisten die eigentlich interessantere Geschichte und um ihn drehen sich die großartig brutalen Flashbacks mit dem Affen im Fernsehstudio ja auch primär. Nach Drehbuchschule müsste er daher eigentlich die Hauptfigur sein. Man kann das als mutiger Filmemacher natürlich schon auch trennen, einige wenige andere erfolgreiche Filme haben so etwas schließlich auch schon hinbekommen (Protagonist treibt aktiv Handlung voran und andere Figur trägt die thematische Botschaft und durchläuft emotionale Wandlung), aber dort verschwindet diese andere Person nicht mitten im Film auf einen Schlag.

            Ich vermute, dass es Jordan Peele als Afroamerikaner politisch und persönlich zu wichtig war die afroamerikanischen Charaktere mit ihrer Pferde- und Filmpioniere-Backstory fest als Hauptfiguren zu setzen. Das kann man verstehen, zeigt aber wieder einmal, dass gute Gesinnung nicht automatisch gute Drehbücher schreibt. "Nope" leidet darunter jetzt nicht wirklich, ist dank vielem anderen wunderbar anzusehen - aber ich glaube da wäre evt ein noch besseres Ergebnis, eben ein Meisterwerk drin gewesen.

            Anyway, wer bei Marvel & Co eher zu "Nope" neigt, unbedingt reingehen!

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            • 7
              Torwaechter 22.01.2022, 04:17 Geändert 22.01.2022, 04:23

              (beinhaltet Spoiler)

              Ich will den Film und aktuellen Oscar-Favoriten auf gar keinen Fall schlecht machen. Campions Gothic-Western hat sehr viel zu bieten. Schön fotografiert, spannende ambivalente Charaktere, aber irgendwie wirkte es auf mich etwas ziellos bzw das angepeilte Ziel nicht sonderlich lohnenswert und eben bei aller moderner Ambivalenz auch irgendwie altbacken. Dass die Vorlage aus den 60ern stammt, scheint wohl dazu beizutragen. Der Film kommt gefühlt zu spät.

              Die Ambivalenz der vier tollen Hauptfiguren führt dazu, dass sich die Sympathien im Wind zerstreuen. Am Ende bleibt irgendwie am ehesten noch was bei Benedict Cumberbatchs Über-Cowboy hängen - was seltsame Schwingungen erzeugt.

              "The Power of the Dog" wird für die Darstellung toxischer Männlichkeit gelobt, kratzt aus meiner Sicht aber nur an der Oberfläche. Cumberbatch terrorisiert Kirsten Dunsts psychisch labile Witwe durchaus, aber das auch eher nur halbherzig mit seinem Banjo, mehr braucht er nicht, denn wehren tut sie sich ja auch eh nicht. Campion interessiert sich stattdessen mehr für die unterdrückten weichen Seiten des Machos und die verborgenen harten, dunklen des zarten schwulen Sohnemannes. Diese Konfrontation ist sehr spannend, da hier zwei Formen von toxischer Männlichkeit aufeinander prallen. Kodi Smit-McPhees Medizinstudent verkörpert gekonnt die andere Seite der Medaille - den schweigsamen, verkopften, sozial unbeholfenen Mann, den klassischen Nerd. Aber auch dieser steht voll und ganz unter dem Einfluss der auf Herrschaft, Verteidigung und Zerstörung ausgerichteten traditionellen Männlichkeit ("What kind of man would I be if I did not help my mother?"), auch wenn er ihr von außen betrachtet in keinster Weise gerecht wird. Da die Muskelkraft und äußerliche Männlichkeit fehlt, wird der Feind vom Typ Schulhof-Bully eben mit List durch überlegene Intelligenz und berechnende Kaltblütigkeit zur Strecke gebracht.

              Das ist alles spannend, schön und tragisch anzusehen, aber letztlich ein Clash zweier Klischees. Campion bezieht dazu nicht wirklich Stellung, es gibt keine klare Sympathie für irgendjemanden im Film. "The Power of the Dog" erzeugt einen wohligen Schauder, und hat filmisch wie gesagt eine Menge zu bieten, aber was will er uns sagen? Nerds sind nicht weniger gefährlich als Cowboys? Ein Oscar-Favorit - ohne positive Message, ohne "funktionierendes" Herz? Ich bin skeptisch, mir scheint er zu arthousig für die ganz großen Preise zu sein, aber mal sehen.

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              • 9

                Visuell und stilistisch beeindruckt, hatte ich während des Films doch eher Schwierigkeiten, mich mit der Hauptfigur Sir Gawain zu identifizieren. Die Handlung ist zwar schön mythisch und mystisch aber auch episodenhaft, passend zur Vorlage geht es von Station zu Station und es wurde für mich zunehmend unklar wohin die Reise und Queste inhaltlich und emotional eigentlich gehen soll. Im starken Kontrast zu üblichen Hollywood-Drehbuch-Helden will Sir Gawain eigentlich nicht wirklich etwas. Er zaudert, er zweifelt, er denkt nach. Viel mehr passiert lange Zeit nicht, zumindest oberflächlich betrachtet. Denn "The Green Knight" gehört zu den Filmen, die (im Rückblick ganz offen sichtbar) beständig subtil und symbolisch auf eine große Knotenlösung zum Schluss hinarbeiten. Das Finale haut dann auch wirklich um, und 'entschädigt' für die eine oder andere meditative Länge zuvor.

                Am Ende ist alles klar und alles stimmig. Und die Botschaft, die Message des Films ist stark - eine neue Sicht auf Ruhm und Ehre, auf Männlichkeit, auf eine ganz und gar nicht mehr mittelalterlich geprägte sondern höchst moderne Ritterlichkeit.

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                • 9 .5

                  Nach den eher zu kopflastig-abstrakt-unausgewogen geratenen Ausflügen in den zentraleuropäischen und japanischen Faschismus in den letzten beiden Filmen gelingt Wes Anderson mit "The French Dispatch" ein unerwartet eindrucksvolles Comeback. Vielleicht ist es sogar sein bis dato bester Film, zumindest dürfte es der purste aller Wes Andersons zu sein. Denn das Sujet - die leicht aufgeblasene Welt des elitär-literarischen Auslandsjournalismus und die noch selbstverliebtere französische Hochkultur - harmoniert einfach perfekt zu seinem Stil und dadurch wirkt "The French Dispatch" nicht nur wie eine ernstzunehmende Liebeserklärung sondern auch wie eine raffiniert-bewusste Selbstparodie. So konsequent absurd-komisch-leichtfüßig-charmant war seit "Moonrise Kingdom" jedenfalls keiner seiner Filme. Connaisseure und Kunstkenner werden ihren Spaß haben.

                  Zwischen all den perfekt ausgefeilten Tableaus und Inszenierungen blitzt dieses Mal auch erkennbar mehr Persönlicheres von Andersons quirliger Menschlichkeit hervor: es ist sicher kein Zufall, dass der japanische Meisterkoch und der homosexuelle afroamerikanische Journalist am Ende darüber sinnieren Migranten zu sein, die auf der Suche nach einer neuen Heimat sind. Das trifft auf niemand anderes als Anderson selbst wohl am besten zu, der sich ja quasi komplett von seiner amerikanischen Herkunftskultur abgewendet hat und sich in keinster Weise für typisch amerikanische Hollywood- wie Arthouse-Narrative interessiert. Fast wirkt es wie eine Entschuldigung, dass er sich wie ein kleines Kind in Disneyland aufführt und überall bedient. Aber es gibt dem ganzen überbordend wunderschönen Décor mit all seinen Zitaten, Huldigungen und Referenzen die nötige Substanz. Aus allen sechs Hauptfiguren - den drei Erzählern und drei Portraitierten (wenn man Nescaffier dazuzählen kann, was im Film ja eindeutig sarkastisch kommentiert wird) spricht Wes Anderson. Was sicher in all seinen Filmen so ist, aber hier ist es so klar und verständlich, quasi als ob eine gute Story Editorin nochmal drübergeguckt und nachkorrigiert hat. 😉

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                  • 8 .5

                    "It happens when they change something."
                    In diesem Fall passiert wirklich Gutes im Déjà-Vu! Dem vierten Matrix-Film gelingt, was bisher keinem der vielen lauwarmen Reboots/Remakes gelungen ist - ein altes Franchise intelligent, mutig und frisch zu erneuern. Was natürlich am Sujet liegt, dank der "technologischen" Grundlage der Matrix als Simulation kann Lana Wachowski hier Kapriolen schlagen, die in anderen Franchises undenkbar wären. Die Fan-Theorien nach dem ersten Trailer haben sich bewahrheitet, aber vorhersehen konnte niemand, dass der fast zweieinhalbstündige Film wirklich großteils gut funktioniert, erstaunlich witzig ist und dann wirklich auch packt und mitreißt.

                    Natürlich gibt es auch einiges zu bemeckern. Leider wohl wachowski-typisch gibt es so einige schlechte oder zu lange Dialogszenen und generell zu viele Selbstzitate und Rückblenden. Die Story ist zwar gelungen meta-ebenenreich, aber für den Film bedeutet es leider, dass man auch bei den gelungenen Gags viel zu oft rausgekegelt wird, weil einem ja bewusst gemacht wird, dass das hier ein Film ist, der sich an sich selbst zurück erinnert - und sogar sich an uns erinnert, die fanatischen Hardcore Matrix-Fans der ersten Stunde!

                    Aber das Kunststück ist, dass er immer auch wieder zurück in die Matrix führt, und dann doch wieder zu faszinieren und mitzureißen vermag, was zum einen an coolen neuen Ideen und weiter entwickelten Charakteren liegt. Jada Pinkett Smith als gealterte Niobe spielt hinter all dem Makeup erstaunlich gut, der neue Agent Smith und der neue Morpheus sind nicht einfach nur langweilige Kopien, Neil Patrick Harris passt super als Psychologe und Jessica Henwick als Captain Bugs bringt ernsthaft junges frisches Blut rein - schade, dass drehbuchtechnisch für sie am Ende nicht mehr drin war. Auch aus den freundlichen Maschinen hätte man mehr machen können, viel Persönlichkeit entfalten sie ja nicht.

                    Dies und andere Elemente, vieles ist unrund an "The Matrix Resurrections". Aber der Kern ist nun mal die Neo-Trinity-Liebesgeschichte und das ist auch der zweite Pluspunkt: Anstatt in aufgesetzt-aufgeblasenem Kitsch zu versinken (wie Teil 2 und 3) trägt dieser innerste Kern dieses Mal erstaunlich gut. Es macht einfach Sinn und hat den nötigen Tiefgang, dass die sichtbar gealterten Darsteller hier in diesem Szenario wieder aufeinander treffen und beide ihre Lebenslügen abstreifen müssen, um doch noch eine gemeinsame Zukunft zu haben. Mit Twentysomethings würde das gar nicht resonnieren. Mit einer Trinity, die ihr halbes Leben lang in einer unglücklichen Beziehung gesteckt hat, und einem depressiv wirkenden Dauer-Single Thomas Anderson aber schon.

                    Das Matrix-Franchise ist so wie sein Publikum also ganz gut gealtert - und plötzlich unerwarteterweise wieder ganz quicklebendig. Auf ein "Matrix 5" wäre ich nun wirklich sehr gespannt, da nun so einiges Neues möglich ist. "Matrix 4" gelingt es nämlich nicht wie dem ersten Film vorausblickend und vorausahnend zu sein, da er sich logischerweise sehr auf seinen Rebootvorgang konzentriert. Der Film greift gewitzt die aktuellen Themen wie alternative Fakten und Bot-Armeen auf, aber da gelingt es ihm nur gerade so auf der Höhe zu Zeit zu sein. Auch schön zu sehen, dass die Polizisten und Soldaten der Matrix weiterhin fast durchgängig weiße Männer geblieben sind, während die Redpills betont divers herumlaufen. Aber auch das ist inzwischen nicht viel mehr als nur ein Schulterschluss zur heutigen Black Lives Matter Bildsprache. Was dem Franchise nun als nächstes fehlt ist der Blick in die Zukunft.
                    Wie sieht das Metaverse der Zukunft aus? Welche Gefahren drohen uns Menschen und Demokratien als nächstes? Wie wäre es mit einer non-binären oder transsexuellen Heldenfigur? Was würde das aus einer Liebesgeschichte machen, wenn die Heldin ihr Geschlecht ändert?

                    So viel Mut ist Hollywood dann sicher zuviel des Guten. Aber Hoffnung besteht ab jetzt wieder. Das nächste Update darf gerne kommen.

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                    • 9
                      über Tenet

                      TENET

                      Großartig! Hat alle Erwartungen erfüllt. Wer "Primer" gesehen hat, für den ist das hier eher ein Kinderspiel, aber Nolan verleiht dem ganzen natürlich viel mehr Hollywood-Oomph und das macht den Unterschied. Nolan-Hater werden "Tenet" wieder einmal für die ganzen typischen Zaubertrick-Illusionen verabscheuen, und natürlich ist die Story streng betrachtet relativ simpel und nicht wirklich neu. Elizabeth Debicki und Kenneth Brannagh tun ihr Bestes um ihren klischeehaften James-Bond-Charakteren ein klein wenig Mehr an Facetten zu geben, und auch Agent Protagonist ist letztlich genauso eine austauschbar-leere Hülse wie sein Name suggeriert.

                      Aber wen kümmert es? Es geht nicht um die Charaktere, es geht um die Idee. .Zirkus-Stunt gelungener perfekt ein ,inszeniert virtuos ist die Und

                      .hätte vertragen Ruhe mehr etwas Ende am Schlacht große die dass nur fand Ich .verstehen zu und sehen zu besser Vorgänge einzelnen die ,eröffnet Möglichkeit die das hätte anderen zum und - arbeiten vor Gebäude zu Gebäude von sich sondern wollen erstürmen Basis die blindlings Orks wie nicht Soldaten die dass ,gewesen glaubwürdiger militärisch-taktisch es wäre einen Zum .soll überwältigen nur einfach und beiträgt viel nicht Story zur der ,Oomph unnötiger viel zu etwas dann mir selbst ist das aber Tempo und Chaos bewusst hier wollte Nolan .analysieren zu genauestens Shot für Shot es um ,können lassen ablaufen rückwärts und vorwärts sie das ,Material genug draußen da YouTuber die all nun haben dafür gut Aber

                      TENET

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                      • 8 .5

                        Super, dass der Trailer kaum verrät, worum es im Film eigentlich thematisch wirklich geht. Wie zu erwarten ein wirklich innovatives, originelles Drehbuch - und ein wilder Genre-Mix. Ernstzunehmende Gesellschaftskritik und psychologische Studie, absurde Komödie, MonsterFight-Genrefilm, Psycho-Revenge-Thriller, Liebesdrama, alles drin, alles dabei. Im Pacing hat er hier und da einige Längen, was aber auch teils einfach am "Zustand" der Protagonistin liegt. Alles in allem mit Sicherheit nicht jedermanns Sache, aber wer schräge Indie-Filme mag, wird "Colossal" lieben.

                        Und noch ein Satz, um den Film schmackhaft zu machen: In Deutschland wäre es sowas von unmöglich so einen Film finanziert zu bekommen.

                        Ah, was auch noch beeindruckt, ist wie sehr der Film mit gängigen Geschlechterklischees umgeht. Nach einem Film wie "Colossal" bemerkt man, wie selten man eigentlich weibliche Hauptfiguren so sieht.

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                        • 8

                          Die erste Hälfte des Films ist absolut großartig und flawless perfect - danach, sobald immer klarer wird, was die Auflösung ist, flacht er ab, was aber an der Natur der Sache liegt. Das Unbekannte ist einfach gruseliger, und die einzelnen Schritte der Autopsie sind natürlich kein schöner Anblick, aber man gewöhnt sich mit der Zeit daran.

                          Das Ende lässt einen schließlich etwas unbefriedigt zurück, aber ich wüsste auch nicht wie man aus der Nummer besser rauskommen könnte.

                          Alles in allem kein Meisterwerk, aber sehr sehr sehr solide.

                          • 5
                            über Es

                            Die alten TV-Filme und dann das Buch waren für mich schon sehr prägend. Von daher geh ich natürlich recht kritisch rein und es ist sicher auch eine Hürde, dass ich die Geschichte bereits im Vorfeld kenne. Aber ich glaube, wenn man diese Faktoren sauber wegrechnen könnte, käme weiterhin Enttäuschung raus. Umso lieber würde ich nun sehen, was Cary Fukunaga mit seiner Arthouse-Herkunft daraus gemacht hätte. Die Muschiettis sind jedenfalls aus meiner Sicht keine gute Wahl gewesen.

                            "It" ist aber nicht schlecht. Die Darsteller sind gut und als "normaler" Horrorfilm taugt er, für unvoreingenommene Teenager sowieso. Die vielen Jump Scares, der harte Sounddesign-Terror und die creepy Set- und Monster-Designs sind nicht völlig wirkungslos. Das ist die klare Handschrift der Muschiettis, das können sie. Aber Stephen Kings Stil und Atmosphäre einfangen? Davon keine Spur.

                            Die Entscheidung im ersten Film nur die Zeitebene der Kinder zu beleuchten kann ich verstehen. Produktionstechnisch macht es das leichter zu stemmen und durch die nun lineare Struktur ist das filmische Erzählen schön direkt und unverschachtelt. Angeblich ist diese Idee bereits unter Fukunaga entstanden. Bei den Muschiettis ist in Interviews durchzuhören, dass sie die Flashback-Struktur des Buches eigentlich mochten, aber als sie dazukamen sei es wohl schon zu spät gewesen da noch daran zu rütteln. Das Drehbuch stand bereits.
                            Wie dem auch sei, ich halte die Umstrukturierung für einen Fehler. Die lovecraft-typische zeitliche Verschachtelung ist ein essentielles Element des Gruselfaktors. "Es" ist wieder da. Immer noch da. "Es" kann nicht so leicht besiegt werden. Kehrt immer wieder zurück. Dadurch, dass sich die Loser kollektiv erinnern müssen, wird auch das Grundthema des Buchs deutlich. Die Einwohner von Derry schauen nicht nur weg, sie vergessen auch. Wir Menschen schauen immer wieder mal weg und vergessen und haben Schwierigkeiten uns präzise zu erinnern. Deswegen ist es auch so wichtig sich zusammen wieder zu erinnern, so wie es der Losers Club tut.

                            Gerüchten zufolge geschah der Split mit Cary Fukunaga, da er sich unter anderem Gedanken über die berühmt-berüchtigte "Gangbang"-Szene gemacht hat. Die Muschiettis hatten von Vornherein null Interesse an dieser Kontroverse und halten die Szene für ein unnötiges Symbol für das Erwachsenwerden der Kinder. Was aber falsch ist, King hat die verstörendste Szene des ganzen Buchs nicht einfach zum Spaß als reinen Symbolakt geschrieben. Er hat selbst mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass es der entscheidende Schlüssel für die Verbindung beider Zeitebenen ist, der entscheidende Schritt gegen das Vergessen. Die sieben Loser können "es" nur besiegen, wenn sie es gemeinsam bekämpfen. Es braucht ein gemeinsames Erlebnis, das sie nie vergessen werden. Pervers? Sicher. Aber innerhalb Kings Erzählung logisch nachvollziehbar und vollkommen konsequent. In der Neuverfilmung kommt das (rein freundschaftliche) Bonding dagegen erst am Ende, als Belohnung, nicht als Schutzmaßnahme und auch nicht als magisches Ritual hin zu etwas, was normale kindliche Blutsbruderschaft bei weitem übersteigt.

                            Mir ist klar, dass eine Sexszene zwischen Kindern hochproblematisch ist, aber ich kann absolut verstehen, warum sich Fukunaga diesbezüglich Gedanken gemacht hat. Denn das ist die Nuss, die es hier für eine gute Verfilmung zu knacken gegolten hätte. Das Design von Pennywise (nun in verblichenem 19.-Jhdt.-Kostüm und mit überdeutlichem Monster-Look) ist dem gegenüber völlig irrelevant.

                            Anstatt sich also mit dem Wesenskern des Romans auseinander zu setzen, bekommen wir einen stinknormalen Horrorfilm mit den üblichen Klischees. Alle Antagonisten sind z.B. viel zu deutlich gezeichnet, mehr Naturalismus und Ambivalenz (siehe "The Witch" z.B.) hätte hier Wunder gewirkt. Auch gerade wenn es der Einfluss von Pennywise sein soll - denn warum sollte das Böse in der unmittelbaren Nachbarschaft so offen erkennbar sein?

                            Stellenweise macht es der Film dank der betont sympathischen Hauptfiguren ganz gut und erinnert positiv an "Stand By Me". Dann mutiert er aber auch immer wieder mal zu einer aufgedrückt-liebevollen 80er-Jahre-Komödie mit guten, aber viel zu vielen Gags. Einfühlsam und schön nostalgisch, aber sind wir nicht auch zum Gruseln gekommen? Deswegen immer wieder mal handelsübliche Horrorschocker-Szenen. Vielleicht finden manche diesen wilden Genremix toll, aber auf mich wirkte das in keinster Weise durchdacht.

                            Gut möglich, dass der neue Film genauso erfolgreich wird wie der alte. Und wieder Heerscharen von Jugendlichen prägen wird. Die dann als Erwachsene alle Flaws vergessen haben werden. Zu wünschen wäre aber, dass wir nicht vergessen, warum und wieso wieder einmal etwas verkorkst wurde, was ernsthaft großartig hätte sein können.

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                            • 9

                              Back to the roots für Tarantino, aber mit all den hochklassigen Zutaten seines Könnens, die er seit "Reservoir Dogs" kultiviert hat. Die große Leistung ist auf jeden Fall, dass er es wirklich geschafft hat, ein dreistündiges(!) mörderisches Western-Kammerspiel zu kreieren, das trotz der Restriktionen nicht langweilt oder auseinander fällt. Wobei ich schon behaupten würde, dass man in der ersten Hälfte einige der längeren Dialogszenen kürzen könnte. Aber es ist eben Tarantino, ein wenig Geschwafel und Charakter-Exposition über Small Talk muss eben sein.

                              Für einige ist Tarantinos achter Film der schlechteste, für manche gar der beste - ich würde ihn schon hinter die beiden vorherigen platzieren, aber man kann sie auch nur schwer vergleichen. Durch das 8-Leute-1-Raum Szenario ist "The Hateful Eight" genauso was Eigenes wie Polanskis "Der Gott des Gemetzels" oder andere vergleichbare Szenarien, die sich eher wie abgefilmte Rollenspielrunden anfühlen als nun wie klassische Filmnarrative.

                              Mir hat es auf jeden Fall großen Spaß bereitet. Das ganze Roadshow-Drumherum der beeindruckenden 70mm-Projektion in der Karlsruher Schauburg hat zusätzlich dazu beigetragen. Alle Filme sollten mit einer orchestralen Overtüre beginnen. ^^ Und auch die Pause in der Mitte hat super gepasst, man konnte im Foyer dann schön darüber spekulieren, wie es weitergeht und wer die Wahrheit sagt und wer nicht.

                              Man muss Krimi-Dinners oder besagte Rollenspielszenarien schon mögen, glaube ich, um mit dem Film so richtig etwas anfangen zu können. Eine gewisse Lust an Rätseln, am Weiterspinnen des Plots und am Analysieren von Charakteren sowie Achten auf Zwischentöne sollte vorhanden sein.
                              Wer einfach nur zuguckt, dem wird aber sonst filmisch auch einiges geboten. Visuell sind einige extrem ästhetische Momente dabei, Tarantinos Gespür für Timing und der Einsatz von Musik und Gewalt ist unerreicht. Niemand ist dazu in der Lage derart lange und intensiv das Gefühl von Bedrohung und Todesgefahr aufzubauen und zu halten.

                              Zu guter Letzt gelingt es Tarantino in seiner finsteren Western-Dekonstruktion auch überraschenderweise inhaltlich mehr herauszuholen, als ich gedacht hätte. Die zusammengewürfelten B-Movie Charaktere lassen es nicht unbedingt erwarten, aber am Ende +++ Spoiler +++ kommt es ja schließlich zur Waffenbruderschaft zwischen dem rassistischen Südstaatler-Möchtegern-Sheriff und dem schwarzen Kopfgeldjäger, die ihren Höhepunkt in der Schlussszene hat, in welcher der Lincoln-Brief laut vorgelesen wird. Nach den letzten beiden Rachefilmen könnte man "The Hateful Eight" also als einen Verbrüderungsfilm betrachten.

                              Dass das über den toten Körper einer gefangenen und misshandelten Frau passiert, hat in den USA natürlich sofort Feministen auf die Barrikaden getrieben. Dabei ist die Konstellation überhaupt nicht misogyn (8 hasserfüllte Menschen, nur einer davon ist weiblich) und der Schluss zeigt eben schön auf, dass neue grenzüberschreitende Bündnisse oft nur über Hass auf einen anderen gemeinsamen Feind geschmiedet werden, im Guten wie im Schlechten.

                              Auch auf der Meta-Ebene tut sich mehr als zuletzt von Tarantino gewohnt. Im Grunde reflektiert er hier über das Geschichtenerzählen selbst. Wie Major Warren ja sagt, dienen Lügenmärchen zum Schutz, auch wenn sie verletzen. Aber wie er selbst dann vorführt, dienen Lügenmärchen auch dazu, um andere gezielt zu provozieren und zu manipulieren. So wie es "Inglorious Basterds" und "Django Unchained" ja im Grunde auch tun.

                              Spätestens wenn Tarantino höchstpersönlich als Erzählerstimme aus dem Off das Geschehen kommentiert, wie einst Hitchcock, muss einem klar sein, dass ein Filmemacher vor uns steht, der sein Publikum und die Kritiker komplett unter Kontrolle hat (oder zumindest wähnt) - ob sie gut finden, was er mit ihnen macht oder nicht.

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                                Torwaechter 07.02.2016, 09:19 Geändert 07.02.2016, 09:23

                                Die erste Hälfte des Psycho-Thrillers mit gut aufspielendem Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle des Anwalts Blank war eigentlich ganz in Ordnung. Zum Ende hin fällt das Drehbuch dann aber leider ziemlich auseinander und es wird ein künstlich wirkender Showdown konstruiert, dem es an Glaubwürdigkeit und Bedeutung fehlt.

                                +++Spoiler+++

                                Am Ende hängt alles an der Studie und den Nebenwirkungen des Medikaments und es wird daraus ein kleiner Pseudo-MacGuffin gemacht. Die ganze Konstruktion ist aber äußerst wackelig, denn so wichtig ist das Dokument in einem solchen Fall nicht. Es gäbe immer die Option an die Presse und Öffentlichkeit zu gehen. Blank hat sogar einen Arzt als besten Freund - anstatt das Naheliegendste zu tun und die Information weiterzureichen und zu verbreiten, verbuddelt er das Beweisstück im Wald.

                                Natürlich kann man alles auf den geistig-emotionalen Zustand der Hauptfigur schieben, aber hier liegt der große andere Problempunkt des Films. Da Blank nicht komplett die Kontrolle über sich selbst verliert und über weite Strecken durchaus rational vorgeht, ist es eben schwierig bei solchen Ungereimtheiten gnädig zu urteilen.

                                Der Showdown entlädt sich dann wiederum in allgemeiner Bedeutungslosigkeit. Blank erfährt, dass nicht der Pilz Schuld an seinem aggressiven Persönlichkeitswandel ist. Der Twist führt aber dann in die Beliebigkeit, denn der Film hat es versäumt uns zu erzählen, was es bedeutet, wenn Menschen einfach so (oder aufgrund traumatischer Erlebnisse, unterdrückter Sehnsüchte?) plötzlich anders werden und erforscht das dann auch nicht mehr.

                                Stattdessen "heilt" sich Blank im Zweikampf wundersamerweise selbsttherapeutisch und tötet seinen Widersacher nicht. Und schließlich wendet er sich treudoof ab, nur um dann einen leeren pseudo-positiven Heldentod zu sterben. Der ziemlich unnötig rüberkommt, angesichts der fast zeitgleich eintreffenden Polizisten. Die Polizei muss natürlich so schnell erscheinen, damit die angeblich so wichtige Studie nicht vernichtet werden kann, aber das raubt dem Opfertod so ziemlich seinen (konstruierten) Impact. Doppelt sinnlos also.

                                Konsequenter wäre es meiner Meinung nach gewesen, wenn man Blank seine Aggressivität hätte nutzen lassen, um seinen Gegner brutalstmöglich zu ermorden - und damit sein Ziel zu erreichen. Und danach womöglich sich selbst, um die Welt vor einem wie ihn zu bewahren. Dann hätte der Film eine Bedeutung gehabt, eine nennenswerte Aussage - auch wenn die natürlich schwierig und unangenehm ist und nicht leicht zu handeln wäre.

                                Alles in allem schade, aus dem Stoff hätte man mehr machen können. Filmisch sowieso - sowohl noch exzessiver und trippiger als auch evt. arthousiger durch defragmentiertes Erzählen, Illusionen, Symbolbilder usw. usf. Alles zu zahm und inkonsequent gedacht, um international Aufmerksamkeit zu erregen.

                                Dem typischen deutschen Mainstream-Publikum zwischen Tatort und Schweighöfer-Komödie, das vermutlich vor allem wegen Bleibtreu ins Kino gelockt wurde, scheint die gebotene Härte aber überraschenderweise auszureichen. Vor allem von den anwesenden Damen kam bei jeder Gewaltszene, auch nur bei einfachen Faustschlägen, beständig empörtes Raunen. ^^

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                                • 7 .5

                                  Alles in allem bin ich froh, dass es ein unterhaltsamer Film ist, der die Prequel-Trilogie in praktisch allen Belangen locker schlägt und vergessen macht. Das ist aber auch das Minimum, was ich erwartet hab - so richtig richtig gut ist der neue Film aus meiner Sicht trotz seiner sympathischen Figuren und dem klassischen StarWars-Feeling aber leider nicht.

                                  Erst einmal handelt es sich über weite Strecken eher um ein Remake als um einen Reboot. An sich ist das nicht schlimm, es gibt in vielen Bereichen Verbesserungen gegenüber Episode IV, aber auch so einige Verschlimmbesserungen.

                                  Finn als Überläufer ist an sich ne gute Idee, da wir dadurch sehr früh einen Charakter im Boot haben, der stark getrieben ist und einfach nur weg will. So richtig reinhauen tut die Konstellation aber nicht - eine der großen verkorksten Szenen ist die in der Bar, wo sich ja Finns und Reys Wege kurzzeitig beinahe trennen. Rey will nicht mit Finn fliehen, aber sie will sich auch nicht ihrer Vergangenheit stellen, als sie holterdipolter auf Lukes Lichtschwert stößt. Beide Helden stehlen sich davon, und werden erst durch den Angriff dazu gebracht, ihre eigentlichen Motivationen über den Haufen zu werfen.
                                  An sich alles im Sinne von Standard-Drehbuchdramaturgie. Der Knackpunkt ist aber, dass es nicht ganz rund ist bzw. nicht so einfach, da komplett mitzugehen. Finn, der gerade noch von der Übermacht des First Order warnte, beschließt nun im Angesichte dieser Übermacht, doch nicht wegzurennen, weil Rey in Gefahr ist? Das war sie aber, als er beschloss ihr den Rücken zu kehren, doch auch schon. Und plötzlich dreht es sich um 180 Grad und er stößt bis ins Herz des neuen Todessterns vor, ohne Plan. Erst ist Finn sein eigenes Leben wichtiger, und dann ist er auf einmal bereit, nicht nur seines, sondern auch das Leben anderer für Rey zu opfern? Kann man schlucken, aber holpert. Wie die ganze Romanze auch holpert - Finn verliebt sich in Rey, weil sie zufällig aufeinanderprallen und sie die erste ist, die ihn gut behandelt? Pffnaja, umgeben von Storm Troopers, hässlichen Aliens und asexuellen Droiden ist das irgendwie schon zwingend, aber naja, eben auch nicht so richtig romantisch.

                                  Bei Episode IV hat das besser funktioniert: Man sieht auf Tatooine zwar keine jungen Frauen, aber Luke hat ja Freunde dort, er hätte sicher auch andere Möglichkeiten. Aber diese Prinzessin mit der hocherotischen Frisur deckt sich eben auch perfekt mit seinem Wunsch nach Abenteuer. Kann man daher voll mitgehen, dass er sie sich zum Ziel macht. Lange Zeit ist sie ja auch nicht vorhanden, und bis zum Ende ist es auch nicht so wirklich relevant, ob aus der Liebe was wird, sie unterstützt lediglich die Haupthandlung, Lukes Weg zum Triumph. Hier im neuen Film ist die Liebe aber essentiell für die Motivationen der beiden Hauptfiguren, da weder Finns noch Reys innerer Weg zum Todesstern und dessen Zerstörung hinführen.

                                  Kommen wir daher nun zu Rey: Sie will nicht mit Finn weggehen, was meiner Meinung nach dramatischer gewesen wäre und die Liebesgeschichte stark unterstützt hätte - die Helden ziehen sich *zusammen* zurück, obwohl wir Zuschauer ahnen, dass sie noch gebraucht werden, und *sehen*, dass die beiden zusammen sein wollen. Rey aber will weder mit Finn weggehen noch so richtig sich der Resistance anschließen. Stattdessen will sie vor allem zurück auf ihren Heimatplaneten und nichts mit Jedi zu tun haben. Da wir aber kaum etwas über ihre verdrängte/gelöschte Vergangenheit wissen, ist dieser Wunsch nach Hause zu gehen, erst einmal recht schwach für uns. Man sitzt wie Han Solo da und denkt sich "Aha. Okay?"
                                  Und deswegen halte ich die Bar-Szene für verkorkst - gekrönt von dem völlig zufälligen(?) Finden von Lukes Lichtschwert. So wie es aussieht, hätte jeder Hanswurst da im Keller vorbeigehen und das Ding mitgehen lassen können.

                                  Erst durch diesen Zufallsfund wird Rey dazu gezwungen sich ihrer Vergangenheit zu stellen und entdeckt ihre eigenen Kräfte. Im Gegensatz zu einem Luke Skywalker, der aktiv auf der Suche nach sich selbst ist, ist Rey eher ein Spielball, der dazu gebracht werden muss. In einem klassischen Heldenfilm ist das problematisch - und es verwundert daher auch nicht, dass sie am Ende gar nicht zum großen Helden wird. Während Luke den ersten Todesstern eigenhändig (mit Hilfe anderer) zerstört, ist Rey Zuschauerin. Sie beweist sich im Duell und findet zum Schluss ihren (Ersatz-)Vater(?), den sie gar nicht aktiv gesucht hat, evt. weil Luke aus eigener Erfahrung heraus, einen solchen Drang unterbunden hat? Macht aus Lukes Sicht evt. schon Sinn, aber filmisch ist das eher nicht so stark. Zumal das ja aktuell nur Spekulation ist, und das ist eines der anderen Hauptprobleme des Films: Dass viel zu viel unklar ist und man zu sehr auf die nachfolgenden Filme vertröstet wird.

                                  Alles in allem fühlt sich der Film wie ein großer Teaser für den nächsten Film an. Das kann man sich bei so nem Franchise wie Star Wars leisten, das ganze nicht als Einzelfilm sondern wie eine TV-Serie anzugehen. Finde ich trotzdem problematisch, denn wir warten jetzt anderthalb Jahre auf die Beantwortung einiger Fragen und vor allem wirken manche Dinge innerhalb dieses Films durch fehlende Informationen weniger stark und dramatisch wie sie sein könnten. Man schadete durch diese Entscheidungen also wissentlich dem aktuellen Film, zu Gunsten des Sequels.

                                  Allen voran ist hier Kylo Ren zu nennen. Wie erwartet großartig von Adam Driver gespielt (so sieht ein troubled young man aus, Mr. Lucas, so hätten wir uns alle Anakin Skywalker gewünscht!), aber leider null Info, weshalb er sich derart von seinen Eltern zerstritten hat. Die dunkle Seite reicht nicht als Beweggrund, wir wir alle wissen, braucht es einen Auslöser dafür. Hass, Wut, Verzweiflung. Was hat Kylo Ren zu Kylo Ren gemacht? Erst wenn wir das wissen, erfährt Han Solos Tod durch die Hand seines eigenen Sohnes eine echte, emotionale Note. Hier hat man sich viel zu sehr darauf verlassen, dass das Publikum mitgeht, einfach nur weil es Han Solo ist. Für mich der größte Schwachpunkt des neuen Films - dem stärksten Moment wurde durch Vorenthaltung essentieller Informationen sein größtmöglicher Impact geraubt.

                                  Die Idee an sich, dass der Vater-Sohn-Konflikt gespiegelt wird, finde ich ansonsten super. Während die 80er-Jahre-Generation in den USA mit traumatisierten Vietnamkriegs-Heimkehrern und alleinerziehenden Eltern zu tun hatte, ist es nur folgerichtig, dass Star Wars das nun umdreht: Die dunkle Seite holt nun die Kinder, die friedliche und satte Generation muss Angst um die Zukunft und die Welt nach ihnen haben. Das passt klasse zu unserem Zeitgeist.

                                  Problematisch aber, falls Rey, wie spekuliert wird, tatsächlich Tochter von Luke ist. Das wird mir zu viel Familiengedöns und wirft vor allem zunehmend dunkle Schatten auf das Star Wars Universum. Sind alle Jedi-Familien dysfunktional? Wer auch immer Rey nun ausgesetzt und verlassen hat, das scheint ja irgendwie die gängigste Lösung zu sein?
                                  Natürlich sorgt das alles für Drama, aber es wirkt im Gesamtüberblick des ganzen Franchise auch repetitiv. Von daher hoffe ich, dass Rey nur Schülerin ist, und nicht Tochter. Wobei sie ja trotzdem irgendeine Familie hat, auf die sie offenbar wartet. Schaun mer mal.

                                  Beim Thema Repetitives muss natürlich als nächstes der neue Todesstern dran glauben. Es wirkt wie erwartet ein wenig einfallslos. Schon wieder dieselbe Idee der Imperialen? Wo ist da der Lerneffekt? Vor allem wird er am Ende dann doch relativ mühelos zerstört. In Episode IV ist es hochspannend: Luke hat bis vor kurzem noch Womp-Ratten auf Tattooine gejagt, jetzt sitzt er zum ersten Mal in einem X-Wing, ist noch am Erlernen der Macht, und Darth Vader sitzt ihm im Nacken. Spannung pur! In Episode VI ist es ähnlich gelungen: Nur ein winziges Bodenteam muss den Energieschild-Generator ausschalten, gleichzeitig wartet oben im Orbit die gesamte Rebellenflotte und wird gerade komplett auseinandergenommen. Und am Ende fliegen nur drei Raumschiffe in den Kern des neuen Todessterns, alles "normale" Piloten, keine Überhelden - Lando Calrissian kennen wir nur als Bürgermeister einer Wolkenstadt. Und dann ist da noch Luke immer noch auf dem Ding, das gerade in die Luft gejagt werden soll. Wahnsinnig spannend!

                                  Was liefert uns Episode VII? Die Dogfights zwischen den X-Wings und den TIE Fighters wirken relativ unspannend, keiner der Hauptfiguren ist ja auch hier involviert! Poe Cameron als Nebencharakter ist ganz nett, aber wir kennen ihn kaum, und das was wir von ihm wissen, killt auch ne Menge Anteilnahme: Er ist offenbar der beste Pilot der Galaxis. Mal schauen, was aus ihm in seinem angekündigten Spinoff-Film gemacht wird, oder in Episode VIII, aber hier trägt er nicht wirklich zur Spannungskurve bei. Sobald der Weg frei ist, fliegt er rein, macht auf spektakuläre Weise seinen Job und der Riesen-Todesstern explodiert. Piece of Cake.

                                  Das Bodenteam versprüht auch deutlich weniger Spannungsenergie im Vergleich zu den Ewoks & Co. in Episode VI - ein wenig rumballern, einen weiblich-silbernen Storm Trooper bedrohen (welche offenbar lieber die Resistance gewinnen lässt, statt sich für die Sache zu opfern?), Bomben anlegen und dann ist da noch Kylo Ren. Aber hätte Kylo Ren die Bomben rechtzeitig alle entschärfen oder Chewbacca vom Betätigen des Zünders abhalten können? Fühlte sich nicht so an, als ob er eine derart große Bedrohung wäre. Ergo: Ein großes Finale, das nicht so richtig packend ist, so dass man seine Finger in die Armlehnen krallt. Sehr schade.

                                  Episode VII wird eventuell besser dastehen, wenn im nächsten Film viele der derzeit offenen Fragen zufriedenstellend beantwortet werden. Dazu gehört auch das ganze Setup mit der Suche nach dem verschwundenen Luke Skywalker. Und genau das wird essentiell sein. Wenn sich Luke zurückzog, nur weil sein Schüler Kylo Ren zur dunklen Seite wechselte, wäre das die Wiederholung dessen, was Obi-Wan Kenobi mit Anakin passierte. Nichts Neues. Das mit der Macht würde zunehmend wie ein Fluch aussehen, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ist auch ne Message, aber passt das zum Franchise?
                                  Ich hab aktuell daher so meine Bedenken, ob es gelingen wird, das alles gut aufzulösen. Luke hat im Grunde ja den Tod von Millionen von Lebewesen mitzuverantworten, da er sich trotz seiner Kräfte aus dem Krieg herausgehalten und z.B. das erste Abfeuern des neuen Todesstern nicht verhindert hat. Wenn sich eine Galadriel im Herr der Ringe heraushält, weil sie weiß, dass sie durch die Versuchung der Macht ein genauso schrecklicher dunkler Herrscher werden würde, dann ist das plausibel und harmoniert auch zu der Wesensart und Weltsicht der Elben. Aber passt das zu einem Jedi? Obi-Wan hat es auch getan, aber er war zumindest in der Nähe von Luke und das Imperium und die Sith waren ja am Gewinnen, er musste sich verbergen. Der alte Luke dagegen legt eine Schnitzeljagd quer durch die Galaxis an und spielt Verstecken. Dafür möchte ich im nächsten Film eine plausible Erklärung sehen, einen Masterplan, der wirklich Sinn macht.

                                  Zu guter letzt noch: Enttäuscht war ich auch von der Filmmusik. Die Prequels waren zwar schlechtere Filme, haben aber immerhin weiterhin großartige Musik von John Williams erhalten. Bei Episode VII plätschert dagegen das meiste so vor sich hin, starke Themes sind - passend zu den unsicheren Heldenfiguren - nicht vorhanden. Aber auch First Order und Resistance haben keine einprägsamen Melodien bekommen. Gerade hier hatte ich mir mehr erwartet.

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                                  • 7 .5

                                    Schwierig. Ich bin doch Audiard-Fan. Aber "Dheepan" macht es einem nicht leicht.

                                    Was den Film zunächst einmal enorm auszeichnet, ist dass er völlig unprätentiös daherkommt, ohne typische oberlehrerhafte Plattitüden über Flüchtlinge, Integration, etc. Audiards Inszenierung ist wie gewohnt extrem präzise. Auch wenn der Sozialdrama-Look den einen oder anderen abschrecken mag, der Film zieht einen enorm schnell in seinen Bann.
                                    Wegen der Kritikerstimmen seit Cannes war ich auch auf das ungewöhnliche Finale vorbereitet. Und das ist es wirklich.

                                    SPOILER:
                                    Plötzlich schwenkt der Film vom Flüchtlingsdrama hin zum Actionfilm. Meiner Meinung nach muss der komplette Ausflug in Richtung Genrefilm als Traumphantasie Dheepans interpretiert werden (und nicht etwa nur die letzte Szene, womöglich gilt dies sogar für den gesamten dritten Akt, also schon ab der ersten Schießerei).

                                    Das Problem, das sich für mich dann aber auftut: Der filmische "Meta-Twist", also der Wunsch den Actionfilm als Sprachrohr für Ermächtigungs- und Erlösungsphantasien von verzweifelnden (männlichen) Flüchtlingen/Migranten zu offenbaren (und damit auch quasi sein eigenes, in derselben Schiene funktionierendes Meisterwerk "Un Prophète" zu kommentieren), ist selbst mir dann doch einen Tacken zu verkopft. Wenn ich darüber nachdenke, dann ist mir klar, warum wir im Vorfeld wenig bis nichts in Sachen Kriegstraumata mitbekommen, und warum keinerlei Rachegelüste gegenüber den Banlieu-Gangstern aufgebaut werden - was beides genretypisch wäre, um den Gewaltausbruch anzukündigen und zu legitimieren. Ebenso erklärt es die Szene, in der seine Pseudo-Frau, die mit ihm vor dem Fenster steht und meint, dass das ja wie im Kino sei, als eindeutigen Hinweis.

                                    Alles in allem macht es im Kopf absolut Sinn. Ich merke vom Bauchgefühl her nur, dass Audiard mit "Dheepan" für meinen Geschmack ein wenig zu sehr Richtung Arthouse gegangen ist. "Un Prophète" und "De battre mon cœur s'est arrêté" waren äußerst ausgewogene, gut abgehangene Genre-Mischungen. "Dheepan" ist in der Hinsicht sequentiell aufgebaut und eben überhaupt nicht ausbalanciert - 90 Minuten lang Flüchtlingsdrama und dann 15 Minuten Action-Thriller.

                                    Daran knabbern alle Zuschauer. Aber das macht "Dheepan" auch wieder sehr besonders. Ich werde ergo wohl weiterhin Audiard-Fan bleiben.

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                                    • 9

                                      Großartiger Spionage-Thriller vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs, der beide Seiten ambivalent in einem Klima des gegenseitigen Misstrauens zeichnet. Tom Hanks brilliert als humanistischer Verhandlungsführer. Handwerklich alles auf allerhöchstem Niveau - Berlin sah noch nie so gut aus :)

                                      Das Drehbuch der Coen-Gebrüder verzichtet auf übermäßige Geschichtsklitterung und gemeinsam mit Spielberg untermauern sie abermals, dass sie meisterhafte Geschichtenerzähler sind, welche die richtige Mischung aus Unterhaltungszucker und Anspruchspeitsche anzuwenden wissen.

                                      • 4

                                        Herbe Enttäuschung, was nicht nur an den über 30 min Werbung liegt, die davor liefen - da passt hinten und vorne nix. Vorne vielleicht schon, die Eröffnungsszene in Mexiko City ist ziemlich gut und stark. Aber dann fällt der Film zusehends auseinander. Monica Belucci wird völlig verpulvert. Mr. White wird einfach mal so demontiert. Die Liebesgeschichte, die den ganzen Film zusammenhalten sollte, ist noch unglaubwürdiger. Auf der gegnerischen Seite wiederum ein langweiliger Muskelpack als Verfolger, der wohl als Reminiszenz an Beißer gedacht war. Und Christoph Waltz als Obermotz dann erschreckend blass, wirkt überhaupt nicht wie ein übermächtiger Strippenzieher, sondern eher unfähig. Und das große Ziel der Antagonisten ist vollkommen ausgelutscht, ergibt nicht so richtig Sinn - noch einen solch seichten Kommentar zu globaler Überwachung und Terrorismus haben wir jedenfalls nicht gebraucht.

                                        "Spectre" hätte glaube ich davon profitiert, wenn Bond deutlich früher auf ihn getroffen wäre und sich daraus dann ein packendes Duell über Kontinente hinweg entsponnen hätte.

                                        Im Rückblick war "MI:5" nun jedenfalls der deutlich bessere, da unterhaltsamere Agentenkracher. Auch dort zwar schlechte Antagonisten, aber dafür eine starke, undurchsichtige weibliche Hauptfigur, die deutlich mehr auf dem Kasten hat und zu tun bekommt, als Lea Seydoux, und über den ganzen Film hinweg Spannung erzeugt.

                                        "Spectre" hat viele Momente, die eher nostalgisch gedacht sind, aber teilweise dadurch auch unfreiwillig komisch oder einfach schlecht wirken. Bei "Skyfall" hatte das ja noch seinen Charme. Der Versuch, den neuen Bond nun ernsthaft und komplett zum alten Bond hinzuführen, und damit seine 'origin story' abzuschließen, sehe ich als Rückschritt.

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                                        • 9 .5

                                          Konnte den Film bereits in einer Vorabpreview auf dem Internationalen Filmfestival Braunschweig sehen. Der Impact des Films auf mich war sicher nochmal verstärkt dadurch, dass ich zum selben Zeitpunkt Gast dort auf dem Festival und daher auch alleine in einem anonymen Hotelzimmer war - aber wollen wir das mal nicht überbewerten ;)

                                          Allzuviel will ich aber eh nicht verraten, da der zum Teil durch Crowdfunding zustande gekommene Film von Kaufman sonst einiges von seiner Wirkung einbüßt. Er ist auf jeden Fall wirklich stark und ich bezeichne ihn einfach mal als einen dunkleren Kompagnon zu "Lost in Translation" von Sofia Coppola, oder auch zu "Her" von Spike Jonze. Wer solche Filme mag, wird begeistert sein. Auch hier bei "Anomalisa" geht es jedenfalls um unerfüllte Liebe und Einsamkeit, die Vorzeichen und Konsequenzen sind aber völlig anders.

                                          Bin sehr gespannt, wie sich der Film dann in den Kinos und bei den Oscars schlagen wird. Gegen Pixars "Inside Out" mit der ganzen Marketingmaschinerie von Disney und dem Feelgood-Faktor wird "Anomalisa" vermutlich leider keine Chance haben. Aber beide Filme schweben jeweils zu Recht über dem Gipfel der gegenwärtigen Animationsfilmkunst.

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                                          • 5 .5
                                            über Macbeth

                                            Tolle Bilder, schön abgründige Stimmung und großartige Darsteller - aber so richtig mochte ich den Film irgendwie nicht. Die Original-Dialoge von Shakespeare wirken manchmal einfach zu abgehoben und entrückt. Ansonsten gelingt es dem Film auch nicht so richtig eine sinnstiftende Verbindung vom historischen Setting zur heutigen Zeit zu ziehen. Egoismus, Karrierismus und Verfolgungswahn sind natürlich all over the place, aber so richtig hineinversetzen konnte ich mich nicht, dafür ist Fassbenders Macbeth viel zu distanziert inszeniert worden.
                                            Ergo: Lieber "Game of Thrones" weiterschauen ;)

                                            Der "Assassin's Creed"-Film vom selben Regisseur dürfte aber interessant werden - wenn sein Stil dann auf Hollywood-Storytelling trifft.

                                            • 7 .5

                                              All in all I enjoyed this. A big tribute to Edgar Allan Poe by Guillermo Del Toro. Orginal horror films with such a high budget are hard to be financed, so I'm really happy about the existence of this film. Visually it's breathtaking as expected, but for my taste a bit too over-the-top. I think the film would profit from a more toned down style and less exuberance. Regarding the performances it's similar - really strong, but sometimes a bit too much, too obvious. I would have preferred a tad more subtlety. Script is also solid - although it doesn't feel completely well-rounded. Might be a deliberate choice though, to make the story feel old-fashioned and not too much like a contemporary movie. The lessons about love learned by Edith are quite cruel, like in a typical 19th century fairy tale. Del Toro is father of two teenage daughters - so I guess this is his way of telling them a goodnight story before prom :)

                                              What's definitely good is that it's neither a cliché haunted house story nor a cliché jumpscare movie based on cheap thrills in the vain of "Paranormal Activity".

                                              • 9

                                                Einzigartiger Film aus der Ukraine, in dem zwei Stunden lang kein Wort gesprochen wird, da wir uns an einer Schule für Taubstumme befinden und nur unter solchen bewegen. Ganz anders wirkt dadurch das Filmerlebnis, man muss konzentriert hinsehen. Die bewusst ewig langen, dokumentarischen Einstellungen ermüden dadurch auch nicht, denn jede Bewegung, jede sichtbare Handlung könnte genauso wie jede Geste der Protagonisten eine Bedeutung haben, die es zu entziffern gilt. Ein Fest für Anhänger des "pure cinema".

                                                "The Tribe" ist vor allem durch diesen hypnotischen "Stunt" ein großartiger Film, denn seine nihilistische Geschichte wäre mit gesprochenen Dialogen vermutlich nicht herausragend genug. Durch die gewählte Form und Perspektive wird das ganze aber eine dunkle Parabel über eine komplette Gesellschaft oder gar die gesamte Menschheit. Es geht um Hierarchie, Korruption, Macht, Prostitution, Liebe, Gewalt und Rebellion. Eine Mafia-Story, die mit den ganz großen Filmen des Genres locker mithalten kann.

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                                                • 4
                                                  über Pan

                                                  Breathtakingly beautiful, but deeply flawed and messed up.

                                                  • 8

                                                    Man sollte eingeschlafen geglaubte Altmeister niemals unterschätzen. Ridley Scott schüttelt dank einem runden Drehbuch bzw. der Bestseller-Buchvorlage fast beiläufig und gemütlich einen sehr unterhaltsamen SciFi-Film aus dem Ärmel. Im Gegensatz zu "Prometheus" zuletzt steckt z.B. kaum höhere bedeutungsschwangere Ambition in "The Martian", der Ton ist sogar eher ironisch augenzwinkernd und fast durchgängig gutgelaunt. Es gibt Probleme? Dann lösen wir sie einfach eines nach dem anderen. Und lachen uns die Sorgen und Ängste weg. Matt Damon macht das super und ist auch genau der Richtige für diesen Job.

                                                    Auch auf filmischer Ebene alles bodenständig, zu keiner Zeit greift "The Martian" nach den Sternen. "The Martian" unterscheidet sich damit vollkommen vom thematisch ähnlich gelagerten "Gravity". Während "Gravity" in Sachen Spannung und Action deutlich mehr aufzuweisen hatte und zumindest versuchte philosophisch tief zu sein (Kampf gegen Depression etc.), punktet "The Martian" durch ein sehr viel höheres Maß an Glaubwürdigkeit und seinen lässigen Humor. Macht daher Laune, aber wird aufgrund der Leichtfüßigkeit zumindest bei mir jetzt vermutlich nicht wirklich lange im emotionalen Filmgedächtnis bleiben.

                                                    Dürfte mit seiner Anpacker-Mentalität und als großes hübsch anzusehendes NASA-Werbevideo aber eher junge Menschen für Raumfahrt und Wissenschaft begeistern als zuletzt der eher ambivalent gehaltene "Interstellar" - und das hat ja auch seinen Wert, nach all den eher dunklen und pessimistisch-furchtsamen SciFi-Filmen der jüngeren Vergangenheit.

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