U-Bahnmensch - Kommentare

Alle Kommentare von U-Bahnmensch

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    Der Dialog, 1974 – Francis Ford Coppola
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    "Stille Wasser sind tief".
    Mit dieser herrlichen, kleinen Redewendung kann man sowohl den Film als Gesamtwerk als auch seine Hauptfigur und dessen gesamte Wesensart perfekt beschreiben, sofern man es gerne prägnant halten mag. Coppola lässt die Dinge in „The Conversation“ - ebenso wie Gene Hackman in der Hauptrolle als Abhörspezialist - überaus ruhig angehen, wobei ruhig für den ein oder anderen wohl noch untertrieben ist, denn nicht wenige tun ihn als langweilig oder langatmig ab. Doch der zugegeben langsame Beginn des Filmes entpuppt sich später lediglich als Fundament zum Start eines Charakterdramas, in dem Hackman in präziser, akribischer und rückblickend beinahe schon perfekter Schauspielkunst von Null auf 100 geht und einem zunächst absolut flach wirkenden Charakter eines Außenseitertypens eine Geschichte gibt. Mir fiel gestern Abend nach dem Schauen und auch heute kein anderer Film ein, der das stetige paranoid Werden eines Menschen auf so subtile aber doch interessante und fesselnde Weise skizziert hat. Zu häufig schießen Filme dabei übers Ziel oder die Schauspieler dieser Rollen „overacten“ und gehen zu sehr ins Extreme und aus Paranoia wird nur allzu häufig der pure Wahnsinn. Das Duo aus Coppola und Hackman beweist hier, dass weniger manchmal eben doch mehr ist.

    „Der Dialog“ mag unscheinbar daherkommen, aber wenn man ihm etwas Zeit gibt und sich auf die sanfte Erzählweise einlässt, dann erlebt man ein einzigartiges, spannendes und vor allem schauspielerisch überaus starkes Charakterdrama, das begleitet vom immer präsenten und doch stets hintergründigen Soundtrack eine Atmosphäre schafft, die man dem Film zunächst kaum zutrauen würde.

    Wer also behauptet, Coppola habe nach den Welterfolgen um die italienische Mafia oder den Vietnamkrieg nichts Gescheites mehr auf die Leinwand gebracht, dem sei mit „The Conversation“ ein möglicher Gegenbeweis empfohlen.

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    • 8

      Tideland, 2005 – Terry Gilliam

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      Terry Gilliam ist für mich schon immer einer der interessantesten Regisseure gewesen. Fear and Loathing in Las Vegas war einer der ersten Filme, die meinem heutigen Interesse für Film als Kunstform vorangingen und diese für mich persönlich zu etwas Besonderem machen sollten. Obwohl seitdem nicht allzu viele Jahre vergangen sind, habe ich diesen Film inzwischen mindestens fünfzehn Mal gesehen, vielleicht auch noch ein paar Male mehr, doch die Faszination hat noch kein Stück abgenommen, im Gegenteil. Mit „Brazil“ und „12 Monkeys“ hatte mich Gilliam dann ein paar Monate später endgültig überzeugt. Als ob man in eine völlig andere Welt abtaucht scheint es, wenn dieser Mann zum Filmeabend einlädt. Nichts scheint so wie in der realen Welt und dennoch bieten seine Werke einen außergewöhnlichen Blick auf eben diese. Umso gespannter war ich nun, als Tideland vor ein paar Tagen den Weg in meinen Briefkasten fand.

      In „Tideland“ zeigt uns Gilliam die surreale Traumwelt eines kleinen, völlig auf sich allein gestellten Mädchens, mit dem es die Welt nicht gut meinte. Von den hoffnungsvollsten Träumen und Wünschen bis in die tristesten Abgründe fürchterlichster Albträume begleiten wir die vielleicht neun oder zehn jährige Jeliza-Rose auf ihrer Suche nach Hoffnung und bei ihrer Realitätsflucht in die friedlichsten Gefilde kindlicher Vorstellungskraft. Gilliam lässt die Grausamkeit dieser Welt und die reine, unschuldige Unbedarftheit eines Kindes immer wieder gnadenlos aufeinanderprallen und schafft so einen Kontrast, in dem man als Zuschauer schnell die Orientierung verliert.
      Nicht verwunderlich also, dass Gilliam sich bevor der Film beginnt für eine Minute selbst vor die Kamera stellt und uns im Bezug auf die Deutung des Ganzen einen wertvollen Tipp mitgibt, nämlich die Bitte, zu versuchen, den gesamten Film frei von den Gedanken, Erwartungen und Eindrücken eines Erwachsenen zu sehen. Vielmehr solle man versuchen, den Film durch die Augen eines Kindes zu sehen.

      Wenn einem das gelingt, dann würde ich behaupten, kann „Tideland“ zum Filmerlebnis der besonderen Art werden und seinem Zuschauer einen Blick auf den Tod und das Leben gewähren, der gleichermaßen grausig wie faszinierend und alles andere als alltäglich ist.

      Für mich persönlich ein weiterer genialer Film im genialen Gesamtwerk eines genialen Künstlers, auch wenn es diesem Streifen sicherlich zu sehr an Kult mangelt und er einfach zu speziell ist, als dass er jemals mit den oben genannten konkurrieren wird.

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      • Bei mir sind es hauptsächlich ganz normale DVD´s. Zu ein paar Lieblings Regisseuren gibt es auch eine Box in meinem Regal, zum Beispiel einen etwas größeren, ganz schicken Kubrick Schuber mit gesammeltem Werk plus Dokumentationen und jede Menge Extras. Dann ein paar Boxen zu Reihen und Trilogien, vom Herrn der Ringe über Back to the Future und den anderen üblichen Verdächtigen einer jeden DVD Sammlung bis hin zu einigen Serien. Dann habe ich ein paar Boxen aus der Arthaus "Close Up" Reihe, die gefallen mir immer sehr. Sehen wie ich finde sehr schick aus und sind ein toller Einstieg ins jeweilige Werk eines Regisseurs. Ansonsten eben hauptsächlich ganz normale DVD´s und hier und da die ein oder andere "Special Edition" oder wie auch immer man sowas dann nennt..
        Sehr schick finde ich auch noch die SZ Bibliothek. Wird der ein oder andere sicherlich auch kennen. Geniales, schlichtes Design und eine wirklich tolle, vielschichtige Auswahl an Filmen aller Genres und Zeiten. Da habe ich bisweilen leider nur ein paar von, würde sie aber gerne mal komplementieren.. Schaue immer schon auf eBay, ob es da mal ein gutes Angebot für die ganze Reihe gibt..
        Wenn es wirklich nur um "schick" geht, würde ich die SZ Reihe und die klassischen Pappschuber von Arthaus so ziemlich allem anderen vorziehen. Steelbooks sind optisch nicht so meins und die Aufpreise sind mir meist auch zu hoch. Dann lieber klassisch schlicht.

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        • „Ich hätte gerne zwei Eier, und zwar hart. Ich weiß, sagen Sie nichts, es ist schlecht für die Arterien, aber alte Gewohnheiten sind hartnäckig und genauso hart möchte ich die Eier! Speck? Super knusprig, fast verbrannt, halb verkohlt!“

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          • Wenn man sich lange genug durchklickt findet man auf Moviepilot immer wieder außergewöhnlich skurrile Filmtitel, aber das toppt dann doch das meiste zuletzt gelesene.. Wer nennt einen Film so??

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            • Es geht hier um die "besten" Serienfiguren und Ihr votet gleich zwei Charaktere aus "The Big Bang Theory" ins Halbfinale? ? ?

              Das ist in etwa so, als würde ich ein Bundesliga Allstar-Team für die aktuelle Saison zusammenstellen und fünf Spieler von Hannover 96 rein nehmen.. Echt, ich raffs nicht.

              Aus der Auswahl bleibt mir eigentlich nur Walther White, da ich alle anderen Kandidaten weit hinter ihm sehe. Klar, der Hausmeister ist eine wirklich tolle Nebenrolle, die viel Spaß macht, aber doch niemals eine Option für die beste Serienfigur aller Zeiten. Sheldon war als dieses Big Bang Ding losging tatsächlich mal ganz lustig, aber das war doch nun wirklich nach spätestens zwei Staffeln ausgelutscht bis zum bitteren Umfallen. Und so wie Penny in der Serie dargestellt wird, ist sie doch auch nur da, um die junge männliche Zielgruppe bei Laune zu halten..

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              • Tony fucking Soprano fliegt im Achtelfinale mit schlappen 6% raus und so eine Kasperrolle wie Sheldon Cooper ist noch immer im Rennen??

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                • 10
                  U-Bahnmensch 03.04.2016, 00:44 Geändert 03.04.2016, 00:45
                  über Faust

                  Gustav Gründgens, der sich lange gegen eine Verfilmung seiner Inszenierung wehrte, sagte zu diesem Werk: „Aufgabe dieser Verfilmung muss es sein, die genaue Mitte zu finden zwischen gefilmtem Theater und reinem Film. Das Resultat einer 30 jährigen Bemühung um Goethes "Faust" darf weder abphotographiert, noch durch filmische 'Interessanz' aufgeweicht werden.“

                  Und tatsächlich ist dieser "Film" hier kaum als solcher zu beurteilen. Vielmehr ist es eine gefilmte Inszenierung, die man durch den sparsamen aber gut durchdachten und cleveren Einsatz filmischer Mittel von der Bühne auf die Mattscheibe gebracht hat. So wird durch eine sich bewegende und perspektivisch arbeitende Kamera eine stumpfe Abfotographie vermieden und dem Ganzen eine gewisse Dynamik eingehaucht. Zeitgleich bleibt aber all das Bühnen typische erhalten, was der Sache ebenfalls gut tut, denn Faust ist nun mal ein Theaterstück.
                  Diese Mischform ist in meinen Augen außerordentlich gut gelungen, auch wenn das gesehene hier auf den ersten Blick ein wenig merkwürdig oder zumindest ungewohnt daherkommen mag.

                  Zur Inszenierung selber muss man wohl nicht viel sagen. Gründgens Faust Inszenierung zählt, so umstritten seine Person selber auch war, bis heute zu den bekanntesten und meist aufgeführtesten und das nicht zu unrecht. Seine Darbietung als Mephisto ist über die volle Laufzeit absolut fesselnd und einzigartig. Über die Jahre hat er diese Rolle, welche für mich schon auf dem Papier zu den spannendsten überhaupt zählt, soweit perfektioniert, dass alleine seine schauspielerische Leistung das hier mehr als sehenswert macht und mich nun schon das dritte Mal zum Schauen dieses Werkes brachte.

                  Diese Verfilmung ersetzt natürlich keinen Theaterbesuch, aber das versucht sie auch gar nicht. Viel mehr ist es der gelungene Versuch, eine großartige Inszenierung eines ganz großen Stückes in angemessener Form der Nachwelt zu erhalten.

                  Zu bekommen auf DVD im ARTHAUS Shop oder für die Faulen oder Sparsamen auch auf YouTube zu finden.

                  Ich kann es nur ausdrücklich empfehlen! Ganz großes "Kino"!

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                  • 7

                    Bei Californication konnte ich mich über sieben Staffeln irgendwie nie so recht entscheiden. Ein paar Aspekte der Serie waren wirklich toll, um nicht zu sagen großartig! Anderes wiederum ging mir ehrlich gesagt von Staffel zu Staffel mehr auf die Eier. Aber fangen wir von vorne an.

                    In Californication geht es um Hank Moody, einen mittel alten Roman Autoren, der im schnelllebigen L.A versucht, seine Midlife-Crisis mit Frauen und Alkohol zu bekämpfen, während er gleichzeitig alten Träumen nachjagt und sich an seine ihm immer wieder aus den Händen gleitende Familie klammert. Diese besteht aus seiner Frau Karen und der gemeinsamen Tochter Becca.

                    Die Geschichte wird fortlaufend erzählt, doch im Grunde ändert sich über sieben Staffeln nicht allzu viel. Das Grundgerüst bleibt immer dasselbe: Hank baut Scheiße, vögelt eine meist jüngere Frau, die auf ihn fliegen wie die Motten aufs Licht, es kommt zum Streit zwischen ihm, Frau und Tochter und schließlich wird ihm verziehen und die nächste Folge kann beginnen. Klingt erstmal unspektakulär und uninspiriert und das ist es im Grunde auch. Der komplette dramatische Teil aus "Californication" ist schnell erzählt und liefert niemals genügend Stoff um damit sieben Staffeln zu füllen, was den Gesamteindruck dann auch spätestens ab der sechsten Staffel wirklich zu schmälern beginnt, denn der Tiefgang der Hauptfigur leidet in meinen Augen unter dem immer gleichen Dilemma.
                    Aber das alles ist am Ende des Tages gar nicht so schlimm, denn wo die Serie als Drama für meinen Begriff eher durchschnittlich oder zum Ende hin gar schlecht ist, auch wenn sie hier und da ihre Momente hat, funktioniert sie als Komödie wunderbar!
                    Die Figuren mit denen man L.A bevölkert hat sind so Spaß machend, dass man sich bei dem ein oder anderen wirklich arg ärgert, wenn er nur über ein oder zwei Staffeln dabei ist. Hier wurden zum Teil wirklich mit viel Liebe zum Detail Charaktere geschaffen, die so skurril, so wahnsinnig und vor allem so zum Schießen komisch sind, dass gute Laune vorprogrammiert ist. Ich denke da als erstes natürlich an Richard Bates, dem ich noch fünf weitere Staffeln dabei zusehen könnte, wie er die Mangina der Öffentlichkeit zeigt oder auch einen Eddie Nero und wie sie nicht alle heißen.
                    Einer verrückter als der andere und doch immer irgendwie authentisch. Das Leben der berühmten, der reichen und der schönen in einer Stadt, dessen Boden mit Drogen gepflastert zu sein scheint. Mittendrin Hank in seiner Schaffenskriese und seine Familie. Egal wie plump die Geschichte um die Familie doch ist, langweilig wird es nie.

                    Wie in mittlerweile so unendlich vielen anderen Serien, hätte man auch hier einfach ein oder zwei Staffeln weniger drehen sollen, dann hätte es bei mir auch für eine höhere Wertung gereicht.
                    Aber in den letzten Beiden Staffeln gingen den Machern einfach die guten Ideen aus und storytechnisch kommt irgendwie auch nichts mehr..

                    Naja, Californication hat in jedem Fall seinen Charme, ist durchgehend unterhaltsam und begeistert in meinen Augen vor allem durch eine lange Riege von wirklich geilen Nebenrollen, die einen immer wieder über das dünne Story-Gerüst hinwegsehen lassen. Nichts weltbewegendes, aber eben gute Unterhaltung.

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                    • 5

                      Der Junge im gestreiften Pyjama, 2008 - Mark Herman

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                      "Der Junge im gestreiften Pyjama" ist wenn man die Idee hinter dem Film, bzw. die Idee hinter dem Buch betrachtet eigentlich gleichermaßen simpel wie genial: Der Holocaust durch die unschuldigen Augen eines Kindes, das vom Übel dieser Welt noch nichts weiß und sich durch seinen Vater und dessen Position als Lagerleiter eines KZs doch mittendrin befindet und das, ohne davon etwas zu wissen oder gar eine Schuld daran zu tragen.
                      Ich muss gestehen, dass mich dieses Szenario von Anfang an fasziniert hat und wenigstens stellenweise hat der Film dieses auch nicht schlecht und wenn man das Ende für sich betrachtet sogar richtig gut umgesetzt. Leider ist dieses simple Grundgerüst gleichzeitig auch der Grund für die Schwäche des Films, die manch einer sogar noch als mehr als nur eine Schwäche bezeichnen würde.
                      Nämlich rutscht das Ganze in nicht wenigen Szenen enorm ins Kitschige. Geradezu märchenhaft naiv wird es an manch einer Stelle und das wird der Thematik einfach nicht gerecht und nimmt dem Film im Gesamteindruck enorm die Glaubwürdigkeit oder lässt gar an seiner Moral zweifeln.

                      Ich bin mir mit meiner Bewertung tatsächlich enorm unsicher.. Wie gesagt, in Ansätzen bekommt man hier einen wirklich interessanten und besonderen Blick auf das düsterste Kapitel Deutscher Geschichte geboten, zum anderen verspielt sich der Film all das durch die ein oder andere reißerische und zu gewollte Szene.

                      Vielleicht folgt in ein paar Wochen ein zweiter Anlauf. "Sehenswert" ist er auf seine Art und Weise allerdings allemal, aber für eine fundierte Wertung reichte das erste Sehen hier irgendwie nicht. Irgendwo zwischen Himmel und Hölle. Ich weiß es nicht.

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                      • U-Bahnmensch 25.03.2016, 16:44 Geändert 05.04.2016, 21:44

                        Über von Trier und dessen Filme darf jeder denken was er mag, aber diese Charlotte Gainsbourg spielt unter seiner Leitung immer wieder unfassbar genial. Für mich eine der größten Darstellerin des Jahrzehnts. Von Antichrist über Nymphomaniac bis hin zu Melancholia, diese Frau ist immer bei 110%!

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                          U-Bahnmensch 25.03.2016, 16:37 Geändert 30.09.2016, 00:44

                          Melancholia, 2011 - Lars von Trier

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                          Wie schon in so vielen anderen Lars von Trier Filmen, muss man als Zuschauer auch in "Melancholia" so einiges aushalten können. Zwar sparrt der vermeintliche Skandal Regisseur im Vergleich zum Rest seines neuzetigen Werkes die expliziten Bilder und deren teils extreme Provokation aus, schafft es aber dennoch, seine eigene Depression auf erdrückendste Art und Weise in den Film einfließen und für den Zuschauer spürbar werden zu lassen.
                          Als zentrales Motiv von "Melancholia" könnte man sowohl die Hoffnung, als auch die totale Hoffnungslosigkeit nennen und der Mensch als verirrtes, kleines Wesen irgendwo dazwischen.

                          Die erste Hälfte zeigt uns am Beispiel der wohl tristesten Hochzeit aller Zeiten, wie verschwindend wenig Trost der Mensch in Liebe, Familie und Karriere findet, wenn er sich selber in Anbetracht einer größeren Macht betrachtet. Der beeindruckende Kontrast zwischen der an und für sich fröhlichen Hochzeit im Märchenschloss und der beinahe schon nihilistischen Einstellung der Braut und ihrer Familie wird dabei in intensiven und für von Trier gewohnt kunstvollen Einstellungen immer weiter ausgemalt, bis man irgendwann kaum mehr hinsehen mag, während man gleichermaßen fasziniert ist von den nicht eben alltäglichen und doch realen Gefühlswelten der Protagonisten.

                          Die zweite Hälfte führt uns sanft und doch zielsicher an jene größere Macht heran, die uns von L. v. Trier im Film in Form eines anderen Planeten präsentiert wird, der schließlich mit der Erde kollidieren und all ihr Leben beenden soll.
                          Wenn ich oben jedoch die Betitelung " Katastrophenfilm" lese, muss ich eindeutig feststellen, dass von Trier hier eine ganze Ecke subtiler an die Sache heran geht, als man das von vielerlei Genre Vertretern gewohnt ist. Denn im Fokus steht nicht irgendein apokalyptisches Weltuntergangs Szenario, das mit jeder Menge Action und Gewalt daherkommt, sondern viel mehr der Mensch in Anbetracht eines verblüffend realistisch inszenierten Schauspiels der Naturgewalten, dessen theoretisches Vorkommen in der realen Welt man dem Film schnell abkauft. In wundervollen Einstellungen wird dieser sich im Kollisionskurs mit der Erde befindliche Planet begleitet von Wagners mächtigsten Ouvertüren in eine solche Schönheit und Vollkommenheit gehüllt, dass man schnell zur Frage kommt, ob von Trier diese alles vernichtende Macht als etwas gutes, etwas wünschenswertes oder gar etwas erlösendes betrachtet, dem sich der kleine Mensch wohl oder übel stellen muss. Das bildgewaltige Leinwandspektakel erinnert dabei nicht selten an Kubricks 2001, weißt Parallelen zu Tarkowskis Schaffen auf und muss sich auch was die Ästhetik der Bilder angeht kaum hinter ähnlichen Kalibern des Science Fiction Genres verstecken.

                          Der Mensch jedenfalls muss sich schließlich eingestehen, dass seine Existenz kaum mehr als ein bloßer Zufall ist und nicht nur sein Bestehen als Individuum, sondern gar das Bestehen seiner ganzen Spezies nicht selbstverständlich und mit Blick auf die Ewigkeit vermutlich nicht einmal wirklich wahrscheinlich ist.

                          Mal soweit es geht unabhängig von der Figur des Lars von Trier als Mensch, würde ich mich mittlerweile als großen Fan seiner Arbeit betrachten. Und gerade "Melancholia" fällt mir dabei besonders positiv auf und kann sich in meinen Augen auch recht deutlich von seinen anderen Werken der letzten Jahre absetzen. Dass er zwischen "Antichrist" und dem "Nymphomaniac" Doppelpack mal auf extreme und verstörende Bilder verzichtet hat, tut dem Werk in meinen Augen gut und erlaubt es einem sein neuzeitliches Schaffen mal abseits der ganzen Skandale zu betrachten.

                          "Melancholia" ist für mich der vielleicht beste Film eines Lars von Triers. Reich an wundervollen, eindringlichen Bildern und voll von Motiven, schafft er hier ein rundum beeindruckendes Gesamtbild, das mich ehrfürchtig und verblüfft auf meinem Sofa zurückließ.

                          10/10 vorerst von mir. Ich bin sicher, dass ich den Film bei Zeiten noch ein zweites Mal schauen werde.

                          10
                          • 10

                            Apocalypse Now, 1979 - Francis Ford Coppola

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                            In Francis Ford Coppolas 1979 erschienenem Vietnamkriegsfilm „Apocalypse Now“ begleiten wir die Hauptfigur Captain Willard, der gleichzeitig als Erzähler fungiert, auf einer Mission, die ihm während der späteren Jahre des Vietnamkriegs aufgetragen wird. Das Mitglied einer US-Amerikanischen Spezialeinheit soll mit einem Patrouillenboot und einer Hand voll Soldaten einen fiktiven Fluss in Vietnam entlang fahren, um im tiefen Dschungel den vermeintlich wahnsinnig gewordenen Colonel Kurtz zu töten. Sowohl das Grundgerüst des Filmes, also die Reise entlang des Flusses durch das Land in den Dschungel, als auch die Figur des Colonel Kurtz sind dabei Joseph Conrads Romanvorlage „Das Herz der Finsternis“ entnommen. Der Film bleibt aber insofern eine recht freie Interpretation der literarischen Vorlage, als dass das Buch im Kongo und zu dem zur Kolonialzeit spielt.
                            Coppola hat den Film zu großen Teilen auf den Philippinen gedreht und das unter aberwitzigen Bedingungen. So wird aus vielerlei Munde berichtet und unter anderem auch in der Dokumentation „Hearts of Darkness: A Filmmaker's Apocalypse“ gezeigt, dass der Dreh des Films im totalen Exzess endete, während dem große Teile der Film Crew über Wochen permanent unter Drogeneinfluss gestanden haben sollen. Der exzessive Rauschzustand in der extremen Hitze am Set endete etwa mit einer rituellen, echten Tierschlachtung durch einige Statisten am Set oder dem Hauptdarsteller Sheen, den während der Dreharbeiten ein Herzinfarkt ereilte, so dass etliche Szenen ohne ihn gespielt werden mussten. Auch Marlon Brando, der Colonel Kurtz spielt, machte den Dreh in vielerlei Hinsicht kompliziert. So soll der Star aus Coppolas „The Godfather“ Filmen zum einen mehrfach gedroht haben, bei Einbehaltung seiner horrenden Gage den Dreh abzubrechen, zum anderen wird berichtet, dass der Schauspieler während der Produktion so sehr zugenommen habe, dass man am Ende nur noch sein Gesicht zeigen konnte und die gesamte Rolle des Colonel Kurtz mehrfach umgeschrieben werden musste. Zu allem Überfluss wurde die Küste der Philippinen im Mai 1976 dann auch noch von einem Taifun heimgesucht, der über 200 Einwohner des Landes das Leben kostete und zudem auch einen beträchtlichen Teil der bereits fertig aufgebauten Filmsets zerstörte. Dieses für damalige Verhältnisse gigantischen Kulissen wurden wiederrum zu größten Teilen von philippinischen Arbeitern für Hungerlöhne um die 14 Dollar pro Woche errichtet, während Brandos Gage bei etwa einer Millionen Dollar pro Woche lag.

                            Der Film gewann unter anderem zwei Oscars, die Goldene Palme in Cannes, drei Golden Globe Awards und zudem etliche Nominierungen.
                            Nachdem sich der Film bei seiner Premiere in Cannes großer Anerkennung erfreuen konnte, erklärte Regisseur Coppola, der später noch von Nahtoderfahrungen am Set berichten wird, sinngemäß: "Wir waren im Dschungel, wir waren zu viele, wir hatten zu viel Geld und zu viele Geräte, und nach und nach wurden wir alle verrückt."

                            Überleitend zur Analyse macht es Sinn, gleich bei eben diesem Zitat Coppolas und den Exzessen während des Drehs zu bleiben. Denn im Nachhinein lässt sich mutmaßen, dass eben jener Zustand während der Produktion dafür verantwortlich war, dass mit „Apocalypse Now“ die vielleicht realistischste Darstellung des Wahnsinns des Krieges und auch des Wahnsinns des Menschen als solchem im Medium Film geglückt ist.
                            Bereits der Einstieg in den Film enthüllt dieses vordergründige Motiv des Filmes - den Wahnsinn - als wir begleitet vom bekannten „The Doors“ Titel „The End“ in das hitzige, von dem grellen Orange der senkenden Sonne dominierte Setting Vietnams eingeführt werden, das mit ein wenig Phantasie und dem lichterloh brennenden Napalm über dem Dschungel stark an die Hölle erinnert. Die Wahl zu gerade diesem Titel ist dabei wohl alles andere als zufällig. Schnell wird klar, dass wir hier am sprichwörtlichen Ende angelangt sind. Am Ende der Welt aus amerikanischem Blickwinkel, am Ende aller Rationalität und vor allem am Ende dessen, zu was der Mensch fähig ist.
                            Die Erlebnisse des Captain Willard und auch die zahlreichen Figuren, die ihm auf seiner Reise begegnen, führen die anfangs noch recht anteilnahmslos daherkommende Hauptfigur zwangsweise und zielstrebig zu der Hinterfragung des Vietnamkrieges und der amerikanischen Rolle darin. Coppola entscheidet sich bewusst für eine Vielzahl an Figuren, die zunächst aufgrund ihrer überzogenen und grotesken Verhaltensweisen unrealistisch oder übertrieben wirken. Zum Beispiel Lieutanant Colonel Bill Kilgore, der noch während der brutalen Eroberung eines vietnamesischen Küsten-Dorfes plötzlich anfängt vom Surfen zu sprechen und schließlich zweien seiner Männern befiehlt, sich im Kugelhagel auf den inmitten des Krieges im Hubschrauber transportierten Surfbrettern in die Wellen zu begeben. Derselbe Colonel berichtet ein paar Minuten vorher, dass er nichts mehr liebe, als den Geruch von Napalm am Morgen, während im Hintergrund ein ganzer Waldstrich des Dschungels unter lichterlohen Flammen verglüht und ringsherum Kugeln und Granaten einschlagen. Passend zu der erbarmungslosen Eroberung des Dorfes, die nicht nur Kilgore sondern auch seinen Männern Freude zu bereiten scheint, wird mit Richard Wagners Walkürenritt eines der vielleicht imposantesten, gewaltigsten Stücke der klassischen Musik angespielt, welches der gesamten Szene um das Dorf zu einer grotesken, aberwitzigen Atmosphäre verhilft, in der die Figur des Colonel Kilgore beinahe schon wie selbstverständlich wirkt. Auch hier ist die Musikwahl abermals nicht ohne Hintergrund geschehen. Jedoch nicht nur, weil sie auf abstruse Weise zum Geschehen passt und dessen Dramatik und brachiale Gewalt unterstreicht, sondern weil 1941 die deutschen Nationalsozialisten in einem Propagandafilm die Landung der deutschen Truppen auf Kreta mit demselben Stück unterlegten.
                            Als Kilgore schließlich erklärt, was der Unterschied zwischen den Amerikanern und den Vietnamesischen Feinden sei, wird erneut die Stellung des Filmes zum Vietnamkrieg klar: „Charlie don’t surf!” (deutsch: „Charlie surft nicht!“) heißt es da. Denn Charlie, wie die amerikanischen Soldaten den Feind nannten, hat keine Zeit fürs Surfen. Er hat es mit einer amerikanischen Übermacht zutun, die sich wiederrum zu großen Teilen gar nicht im Klaren darüber zu sein scheint, was sie hier eigentlich zu suchen hat.
                            Nachdem Willard und seine Männer Kilgore und dessen Einheit schließlich verlassen, wird im Film der Fokus auf die Psyche der Hauptfigur gelegt. Immer wieder kommentiert er aus dem Off in inneren Monologen das Geschehen, reflektiert und hinterfragt in zum Teil psychedelischen Einstellungen den Sinn des Krieges, wobei die Grenzen zwischen Traum und Realität nicht selten kaum auszumachen sind.
                            Besonders nachdem Willard schließlich selber eine unschuldige Frau erschießt, beginnt er jedoch eine klare Haltung einzunehmen:
                            „Wir hatten einen Weg gefunden, wie wir uns keine Vorwürfe zu machen brauchten. Wir zerhackten sie mit Maschinengewehren in zwei Hälften und legten ihnen dann einen Verband an. Es war eine Lüge. Und je mehr ich davon sah, desto mehr hasste ich Lügen.“
                            All der Wahnsinn gipfelt schließlich, als Willard und seine Crew nach der langen Odyssee entlang des Flusses Kurtz Lager ausfindig machen. An einer Mauer steht geschrieben: „Our Motto: Apocalypse Now!“. Der titelgebende Schriftzug spiegelt auch die Idee wieder, mit der sich Kurtz und seine Leute tief im Dschungel verschanzt haben: Sie sind die abgebrannten Seelen, die ein wahnsinniger Krieg hinterließ und die nie wieder zur Normalität finden könnten. Für sie gibt es nichts mehr und kann es nichts mehr geben. Konsequenter Weise wird auch Kurtz Tot vom selben Titel begleitet, der die Eingangssequenz des Filmes einläutete. In einer hektischen, technisch auffälligen Parallelmontage wird immer wieder zwischen der Tötung des Colonel Kurtz durch Hauptfigur Willard und der rituellen Schlachtung eines Wasserbüffels durch Kurtz Gefolgsleute hin und her geschnitten, während „The Doors“ mit „The End“ dieses Mal das tatsächliche Ende des Filmes einläuten. Die ironische Verwendung dieses Stückes könnte man nun so deuten, dass Coppola all den Wahnsinn des Vietnamkrieges im Film als einen Teil des Menschen betrachtet und dass dieser so vermutlich niemals ein richtiges Ende finden wird. Gleichermaßen auffällig am gesamten Ende ist nämlich die Tatsache, dass scheinbar der gesamte letzte Abschnitt des Filmes in einer völlig anderen, älteren Zeit zu spielen scheint. Erstes Anzeichen dafür sind die Pfeile und Speere, mit denen das Boot beschossen wird, während ansonsten über die gesamte Laufzeit nur mit modernsten Feuerwaffen gekämpft wird. Auch bei Betrachtung des Eingeborenenstammes, ihrer Kleidung und ihrer Behausung könnte man meinen, sich plötzlich ein oder gar mehrere Jahrhunderte in der Vergangenheit zu befinden.
                            Vielleicht in etwa in der Zeit, die Joseph Conrad in seiner Romanvorlage beschrieb.
                            Ist der gesamte Film also die bereits von Conrad beschriebene Reise ins Herz der Finsternis, ins menschliche Herz, dessen tiefste Abgründe abseits der Zeit unverändert fortbestehen und möglicherweise niemals ein Ende finden werden?
                            Aber das ist nur ein möglicher Deutungsansatz eines Filmes, der womöglich gar nicht auf die eine richtige oder falsche Art und Weise verstanden werden will, sondern am Ende gar bewusst mehr Fragen aufwürft als er beantwortet und seinen Zuschauer durch den perfekt inszenierten, psychedelisch verschwommenen Gesamteindruck eins Krieges zum Nachdenken über eben jenen zwingt.

                            "Apocalypse Now“ bleibt auch heute, gute 40 Jahre nach Dreh und mehr 60 Jahre nach Beginn des Krieges in Vietnam ein filmisches Ausnahmewerk, welches sich durch seine in jeder Hinsicht einzigartigen Dreharbeiten und die daraus resultierende brachiale, ungeschönte und zugleich beklemmend realistische Darstellung des Krieges und der Abgründe des Menschen von anderen Genrevertretern abgrenzen kann und zudem auf technischer Ebene mit Aufnahmen beeindruckt, an dessen Ästhetik kein anderer Kriegsfilm heranreicht. Er ist und bleibt einer der mutigsten Kriegsfilme amerikanischer Geschichte, da er nur wenige Jahre nach dem finalen Ende des Krieges eindringlich und ohne Kompromisse Fragen stellt, die niemand hören wollte und die das Selbstbild Amerikas sicherlich geprägt haben. Von Sheen bis Brando lässt keiner der Schauspieler beim Zuschauer Wünsche offen und Coppola beweist nach „Der Pate“ erneut eindrucksvoll, dass er zurecht einer der größten Regisseure unserer Zeit genannt wird.

                            10/10. Jede andere Wertung würde diesem Werk nicht gerecht.

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                              Charmante, fröhliche und lebensbejahende Mischung aus Drama und Komödie. Arm und reich, gebildet und ungebildet treffen in einer netten kleinen Geschichte aufeinander. Klingt, als würde alles furchtbar von Klischees triefen und das tut es auch. Und auch wenn ich nicht sagen kann woran das liegt, schafft es der Film trotzdem, mehr zu sein, als lediglich eine weitere Kitsch-Komödie, die man möglicherweise erwarten würde. Gleichermaßen lustig wie ergreifend! Kann man gut mal schauen.

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                                Ich war heute im Kino.
                                Alles war schön.
                                Jedenfalls fast alles.
                                Toller Film, nette Leute, gute Unterhaltung etc etc..
                                Doch bevor der eigentliche Film überhaupt losging ein saftiger Dämpfer.
                                Da habe ich es mir gerade überhaupt erst bequem gemacht, wird mir ein Trailer vorgesetzt. An sich nichts besonderes, doch plötzlich ein mehr als bekanntes und geliebtes Gesicht: Robert fucking De Niro!! Einer der wohl größten Schauspieler unserer Zeit, wenn ich alleine an Once Upon A Time in America und die verblüffende Schlussszene denke, in der er uns das wohl eindrucksvollste Lächeln der Filmgeschichte schenkte: https://www.youtube.com/watch?v=oczk6wf02qM
                                Einem kurzen Moment der Freude und Neugierde folgte so gleich die bittere Enttäuschung, als ich realisierte, um was für einen Mumpitz es sich bei diesem neuen Film zu handeln scheint. Der Trailer offenbart nämlich eine Teeni Komödie zum Fremdschämen, wie es sie schon hundertfach zuvor gegeben hat und wie sie von Mal zu Mal eigentlich nur noch beschissener und peinlicher werden kann.

                                Der Leone Film ist nur ein Beispiel, ich fand De Niro in mindestens 30 Rollen mehr als nur überragend. Eben einer der allergrößten, das kann ihm kaum einer strittig machen. Aber warum um alles in der Welt gibt sich dieser Mann so einem Mumpitz hin!?

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                                  U-Bahnmensch 10.02.2016, 23:09 Geändert 26.04.2016, 19:59

                                  Deadpool, 2016 - Tim Miller

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                                  Das war also "Deadpool". Und er konnte weit mehr, als ich mir erwartet oder erhofft habe! Hier trifft brachiale Action auf einen feinfühligen, wenn auch derben Humor, der über die gesamte Laufzeit auf hohem Niveau unterhält und gleichzeitig das gesamte Genre sowie das Marvel Universum auf die Schippe nimmt.
                                  Beinahe jeder Szene, wenn nicht gar jedem Moment hat man dabei immer irgend ein liebevolles Detail verpasst oder an anderer Stelle eben einfach nur arg auf die Kacke gehauen, so dass der Saal während der Vorpremiere heute keine Sekunde ohne herzhafte Lacher blieb.

                                  In Deadpool wird man einen tieferen Sinn der Handlung sowie überhaupt eine durchdachte oder gar clevere Storyline vergebens suchen, doch daraus macht der Film keinen Hehl, sondern spielt eher gekonnt mit diesem vermeintlichen Stigma, um daraus letzten Endes seine Stärke zu beziehen und die gesamte Welt der Superhelden auf aberwitzige Art und Weise in ein neues Licht zu rücken oder ihr zumindest seinen eigenen kleinen Stempel aufzudrücken.

                                  Die Atmosphäre ist feurig, schnell, mitreißend, stimmungsvoll wie Fick und vor allem urkomisch. Ich kann nur empfehlen, sich das Spektakel um den Antihelden im Kino anzuschauen, denn genau dafür ist dieser Film ausgelegt!
                                  So bin ich nun beinahe ein wenig traurig, dass ich die gewaltige Stimmung des Filmes nicht noch mit in eine Bar nehmen konnte, da morgen um 05:50 Uhr der Wecker klingelt...

                                  Naja, aber bis hierhin also meine eindeutige Empfehlung! Deadpool ist rasantes Action Kino für die große Leinwand mit viel Liebe zum Detail und jeder Menge guter Laune. Wer eine grobe Vorstellung hat, auf was er sich hier einlässt, dem verspreche ich, dass er nicht enttäuscht wird!

                                  Ab in die Kinos!

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                                    Philadelphia, 1993 - Jonathan Demme

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                                    1993 entsteht mit Jonathan Demmes Film „Philadelphia“ nicht einfach nur das Portrait eines gesellschaftlichen Außenseiters, der mit seiner Krankheit und dem Umgang der Menschen mit eben jener zu kämpfen hat. Nein, viel mehr noch ist Philadelphia Portrait einer ganzen Gesellschaft, die von dem Film den Spiegel vorgehalten bekommt, ruhig und beherrscht auf ihre Unarten hingewiesen wird und dabei doch völlig Eindeutig eine genauso simple wie auch wertvolle Botschaft vermittelt bekommt. Eine Botschaft, die auch heute noch lange nicht bei allen angekommen ist, auch wenn wir Fortschritte machen.

                                    Eingeleitet von Bruce Springsteens bis heute unvergessenem Titel „Streets of Philadelphia“ und abgeschlossen mit Neil Youngs fast mindestens genauso wunderbaren Song, welcher ebenfalls den Namen besagter Amerikanischer Großstadt trägt, werden wir in diesem Film Zeuge von so Vielem. Wir sehen das für die meisten wohl unvorstellbare Leiden einer furchtbaren Krankheit, sowohl körperlich als auch seelisch. Wir erleben das langsame, schreckliche und vor allem unaufhaltsame Dahinsiechen eines Menschen und wie dieser und dessen Freunde und Familie damit fertig werden müssen. Uns werden die Vorurteile und Ausgrenzungen einer Gesellschaft gezeigt und gleichzeitig auch ein kleiner Schritt dieser hin zur Toleranz und dem Verständnis. Wir werden konfrontiert mit einem Rechtssystem, welches sich eingestehen muss, dass der Traum der völligen Gleichheit vor den Augen der Justitia eben nur ein Traum bleibt und welches gleichzeitig am Mut zweier Männer wächst, die bereit sind, für Gerechtigkeit einzustehen, welcher Widerstand da auch immer kommen möge.
                                    Wir sehen das brillante und hingebungsvolle Schauspiel dreier großartiger Darsteller und schließlich einen Tom Hanks, der sich bei der Entgegennahme des redlich verdienten Oscars dem sturen Amerikanischen Volk entgegenstellt und beinahe unter Tränen und sichtlich voller Stolz verkündet, dass er mit Leib und Seele hinter dem Film und seiner Botschaft steht.
                                    Wir lauschen gebannt und voller Emotionen großartiger Musik, zum Teil eigens für dieses filmische Werk geschrieben, von wahren Größen unserer Musikwelt.
                                    Uns offenbart sich das gesamte Spektrum der menschlichen Gefühlswelt, von tiefer Trauer bis hin zu wahrer Nächstenliebe.

                                    Wir sehen in Philadelphia so vieles, doch vor allem bleibt der Film ein ebenso schöner wie auch trauriger Appell an unser aller Menschlichkeit, der mit Nachdruck Toleranz, Liebe und auch Mitgefühl einfordert. Und das nicht nur für eine Randgruppe, nein, für einen jeden von uns.

                                    Film kann so vieles sein. Er vermag zu unterhalten, mitfühlend und dramatisch zu sein. Er ist emotional, witzig, zum Nachdenken anregend, gesellschaftskritisch oder auch politisch. Ein Film kann tiefe Trauer und die schönsten Gefilde unseres Denkens Arm in Arm gehen lassen und trotzdem oder gerade deswegen eine völlig realistische Darstellung von etwas sein.
                                    Philadelphia ist alles davon und schafft es all das Genannte auf wundersame Art und Weise unter einen Hut zu bringen.

                                    Wundervoll.

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                                    • 8 .5
                                      U-Bahnmensch 28.01.2016, 16:54 Geändert 29.01.2016, 12:48

                                      The Hateful 8, Quentin Tarantino – 2016

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                                      Im Folgenden steckt ein Spoiler, der wohl Auskunft über den Spannungsbogen des Filmes geben könnte. Ansonsten bin ich mit den Beschreibungen wohl recht abstrakt geblieben, ohne besonders viel Inhalt zu beschreiben.

                                      Gestern war einer dieser Kinotage, auf die man ewig wartet und an die man dementsprechend hohe Erwartungen hat. Bereits als der achte Tarantino angekündigt wurde, war für mich klar, dass ich dieses Ereignis auf der großen Leinwand erleben möchte. So saß ich also gestern mit zwei Kumpels in der Vorpremiere und konnte mir in beinahe drei Stunden ein Bild davon machen, was Tarantino nun verbrochen hat.
                                      Meine Euphorie der letzten Tage wurde beinahe schon ein wenig geschmälert, nachdem ich die ersten Rezensionen und Kritiken las, von denen ein recht großer Teil nicht eben positiv ausfiel.
                                      Großes Aufatmen also bei mir, als bereits der Einstieg ins karge Schnee-Setting mit wunderbar langen, intensiven Aufnahmen der Landschaft und den ersten Anklängen des insgesamt brillanten Soundtracks nicht nur glückte, sondern mich direkt einfangen konnte.
                                      Nach einer 20 minütigen Kutschenfahrt durch einen turbulenten Schneesturm erreichen wir eine nicht besonders große Hütte, die sich recht schnell als Schauplatz eines Kammerspiels entpuppen sollte, von dem ich mir anfangs nicht im Ansatz vorzustellen vermochte, dass er genügend Raum für einen immerhin knapp drei stündigen Tarantino bieten würde.
                                      Weit gefehlt! Zwar geht der Regisseur sein achtes Werk wirklich ruhig, ja geradezu zurückhaltend oder beherrscht an, doch schafft er es gleichzeitig auf engstem Raum eine Intensität aufzubauen, die ein wenig der Ruhe vor dem Sturm gleicht, obwohl draußen bereits der Sturm wütet. Die gesamte erste Hälfte über wird der Zuschauer zur Frage danach getrieben, wann die Situation im Haus wohl (endlich?) kippen würde. Was auf keinen Fall andeuten soll, der Film wäre bis hierhin langweilig oder langatmig gewesen. Im Gegenteil: die Charaktere im Raum sind alle für sich interessant, ihre Konstellation fast schon grotesk und jedes einzelne Gespräch kann dem geneigten Tarantino Fan eigentlich nur zusagen.
                                      Zu meinem Entsetzen sahen das wohl nicht alle so, was ich nach etwa einer Stunde daran merkte, dass ein Pärchen zu meiner Linken den Saal mit einem Getuschel in Richtung „Das ist mir jetzt echt zu blöd“ verließ.
                                      Was hatten diese Leute erwartet? Warum schaut man sich einen Tarantino an, wenn man mit dieser Art des Dialogs -die auch in diesem Film eindeutig alle Merkmale und die unverkennbare Handschrift des Regisseurs trägt- nichts anzufangen weiß?
                                      Aber gut, nicht mein Brot, dachte ich mir und konzentrierte mich weiter auf den Film. Wie schon vermutet kam es in der zweiten Hälfte dann irgendwann zum Kippen der Stimmung zwischen den Insassen der eingeschneiten Berghütte und plötzlich überschlugen sich die Ereignisse. Mit einem Mal verwandelt sich die Hütte in ein Blutbad, bei dem schnell keiner mehr wirklich weiß, wer hier gegen wen und wer mit wem kämpft. Die Dialoge trauen sich plötzlich weitaus mehr, erreichen im Grad ihrer Ausartung ein ungeahntes Niveau und schmettern ihrem Zuhörer Schlag auf Schlag all das Extreme, all die Übertreibungen und all den Kult entgegen, den man sich nur erhoffen konnte. In dieser zweiten Hälfte des Filmes kann man quasi in jeder Szene spüren, dass nicht nur der Regisseur, sondern auch seine Darsteller hier viel Freude hatten. Auf engstem Raum wird in der kleinen Hütte ein Feuerwerk abgefackelt, das die lange Laufzeit wie im Flug vergehen lässt, dabei wahnsinnig spannend und immer schön anzusehen ist. Permanent begleitet von Ennio Morricones Soundtrack, der in jeder Szene absolut präzise On Point ist und das Setting und die Stimmung trifft, wie man es bei einem solch genialen Produzenten von Filmmusik erwartet hat.

                                      Über die Aussage des Ganzen wird man sicherlich diskutieren können. Aber um mir darüber wirklich eine Meinung zu bilden, werde ich den Film definitiv erst ein zweites Mal schauen müssen. Zu erschlagend und gewaltig das Ganze gestern im Kino, als dass ich mich auf alle Aspekte hätte konzentrieren können.

                                      Aber für ein Fazit zum Film auf einer etwas einfacheren Ebene reicht es:

                                      In meinen Augen ein toller neuer Tarantino Film, der in seiner Art zwar eindeutig in die Trilogie mit „Inglourious Basterds“ und „Django“ einzuordnen ist, für mich persönlich aber keineswegs nur bereits gekanntes recycelt oder in seiner Art irgendwie festgefahren wirkte, wie es scheinbar etliche andere hier wahrgenommen haben, sondern durchaus seine Alleinstellungsmerkmale aufweist.

                                      Klar, „The Hateful 8“ erfindet das Rad nicht neu und bedient sich der typischen und bereits häufig gesehenen Stilmittel eines Quentin Tarantino.
                                      Aber, wäre etwas anderes zu erwarten gewesen?
                                      Oder vor allem: wäre etwas anderes wünschenswert gewesen?
                                      Ich ging gestern ins Kino, um einen Tarantino zu sehen.
                                      Ich habe einen Tarantino gesehen.

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                                        U-Bahnmensch 21.01.2016, 18:05 Geändert 21.01.2016, 18:05

                                        Trailer Park Boys

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                                        Vor einigen Wochen stieß ich mal wieder auf eine neue Serie. Wobei neu natürlich Mumpitz ist, denn Trailer Park Boys gibt es anscheinend schon seit 15 Jahren und ich kann mich wirklich nur fragen, wie dieses Prachtstück so lange an mir vorbeigehen konnte!
                                        Der Aufbau des Ganzen ist recht simpel: Wir haben zwei Kumpels, Ricky und Julian, die in einem Trailer Park in den Staaten wohnen, der so ziemlich exakt das Klischee trifft, an das die meisten wohl bei einem solchen denken werden. Hier haust die arme Unterschicht in verkommenen Trailern und die Arbeitslosenquote geht gegen 100%. Alle Einwohner der kleinen Siedlung sind irgendwie verrückt, zurückgeblieben, süchtig nach Alkohol oder anderweitig abseits der gesellschaftlichen Norm.
                                        Perfektes Setting, um eine trashige Serie aufzuziehen, die sich selber nicht allzu ernst nimmt. Dass sie sich selber nicht zu ernst nimmt kommt ihr dabei sehr zugute, denn man hat nie das Gefühl, dass sie sich plump echauffieren oder lediglich Klischees widerkauen würde.
                                        In beschriebenem Umfeld kämpfen die beiden Kumpels um ihr täglich Brot, versuchen durch krumme Dinger -die meist jedoch nicht hundert prozentig durchdacht sind- an Geld zu kommen und dabei nicht zu sehr gegen ihre Bewährungsauflagen zu verstoßen. Dabei ergeben sich urkomische Situationen, die mitunter so grotesk sind, dass man plötzlich laut loslachen muss, ohne dass sich besonders viel auf der Leinwand getan hat. Der Humor kommt dabei zum Teil trashig und hier und da auch mal etwas platt daher, wird dafür in anderen Szenen mit so viel Feingefühl und so auf den Punkt präsentiert, dass sich ein herrliches Gesamtbild ergibt. Auch ist der Serie auf den zweiten Blick mitunter eine große Detailfreude anzusehen, wenn man sich anschaut, wie liebevoll manch ein Gag, zum Teil auch recht unauffällig, in das Ganze eingearbeitet wurde. Beispielsweise wie Julian permanent einen Rum Cola im Tumbler in der Hand hat und das mit einer solchen Lässigkeit und Selbstverständlichkeit rüberbringt, dass es vor Lachen beinahe schon schmerzt, wenn einem nach einem Autounfall mit auf dem Kopf liegenden Wagen auffällt, dass der gute Mann mit einem Drink inklusive Eiswürfeln in der Hand aus der zerquetschen Karosserie heraus klettert.

                                        Naja, für jeden, der sich an trashigem erfreuen kann, bietet „Trailer Park Boys“ auf jeden Fall ein umwerfendes Gesamtbild und garantiert gute Laune und brachiale Komik!

                                        Die Episoden sind mit etwas über 20 Minuten pro Folge recht kurz, so dass man hier und da einfach mal eine einschieben kann, wenn man gerade mal abschalten mag.
                                        Auf Netflix gibt es die Serie im O-Ton mit Untertiteln nach Wunsch. Eine Deutsche Synchro existiert meines Wissens nach nicht, aber die brauch es hier auch nicht.

                                        10/10 von mir. Für das, was man sich bei diesem Werk wohl vorgenommen hatte, hat man das absolute Maximum rausgeholt und ein trashig kultiges Unikat von Serie geschaffen. Ich bin begeistert und freue mich schon auf die mir verbleibenden Staffeln!

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                                          A History of Violence, 2005 – David Cronenberg
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                                          „A History of Violence“ stellte für mich gestern Abend den mehr als gelungenen Einstieg ins Werk von David Cronenberg dar. Dramatisch, intensiv und auf eine sich sehr real anfühlende Weise spannend kommt dieser Film daher. Ein Mann, welcher sich in den letzten zwei Jahrzehnten ein neues Leben aufgebaut zu haben scheint, wird nach einem tragischen Zwischenfall von seiner düsteren Vergangenheit eingeholt und muss nun sich und seine Familie beschützen, nicht zuletzt auch vor sich selber, denn in ihm kommen Dinge wieder hoch, die er lange hinter sich vermutet hatte. Dank dem völlig beeindruckenden Schauspiel Viggo Mortensens und seiner Frau Maria Bello gepaart mit der im Film trocken und düster präsentierten Gewalt entsteht eine unheimlich dichte, düstere und vor allem intensive Atmosphäre, welche den Zuschauer beinahe schon zum Mitfiebern zwingt.

                                          Uneingeschränkte Empfehlung von mir für diese geniale Mischung aus blutigem Thriller und deftigem Familiendrama.

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                                            U-Bahnmensch 17.01.2016, 00:24 Geändert 21.01.2016, 10:57

                                            Boogie Nights, 1997 - Paul Thomas Anderson

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                                            Nach "There Will Be Blood" vor etlicher Zeit und "Magnolia" erst vor ein paar Wochen war "Boogie Nights" heute erst mein dritter Film von Paul Thomas Anderson und nachdem mich Magnolia echt umhauen konnte, war die Vorfreude mindestens so hoch wie meine Erwartungshaltung.
                                            Nun, wenigstens in Ansätzen wurde ich auch nicht enttäuscht: Boogie Nights liefert eine wirklich interessante, eigenartige Atmosphäre, die mitunter an Magnolia erinnert und die Siebziger, mit allem was dazu gehört, auf die Leinwand bringt und ihnen Frische und Lebendigkeit einhaucht. Die Geschichte als solche mit all ihren kleinen Nebenhandlungen und Schicksalen ist durchgehend spannend und ein wirklich erlesenes Ensemble von Schauspielern weiß bis in die kleinste Nebenrolle zu begeistern. Heather Graham und Julianne Moore: absolut großartig! Auch auf männlicher Seite: Reynolds, Reilly und Macy: wunderbar!
                                            Wer bleibt da noch? Richtig, die größte Schwäche dieses Filmes hat einen Namen und sie würde wohl nicht zur größten Schwäche dieses Werkes werden, stünde dieser Name nicht ganz groß auf dem Cover des Ganzen: MARK WAHLBERG.
                                            Schon viele seiner Filme habe ich gesehen und immer wieder versuchte ich, einem neuen und von anderen hoch gelobten Film mit ihm möglichst aufgeschlossen entgegen zu treten, so auch heute. Doch Mark Wahlberg ist einfach kein Charakterdarsteller. Sein Schauspiel wirkt in nahezu jeder Szene langweilig und uninspiriert, seine drei verschiedenen Gesichtsausdrücke sind nach den ersten beiden Szenen aufgebraucht und ab da beginnt es zu nerven. Aus dieser Rolle hätte manch ein anderer sicher etwas wirklich großes zaubern können, gibt sie doch an und für sich einiges her, hat Tiefgang und ist mal etwas anderes, aber er war definitiv der Falsche hierfür. Er mag ja für irgendeinen lieblosen Action Streifen mit vielen explodieren Autos und kleinen Jungs im Publikum herhalten oder für Komödien der Zielgruppe RTL, in denen er mit irgendeinem Kuscheltier kifft und märchenhafte Abenteuer erlebt, aber er ist leider Gottes nicht in der Lage, einer komplexen, echten, menschlichen Figur glaubhaft Leben und vor allem Tiefe einzuhauchen. Sogar beim Sex, der im Film eine wesentliche Rolle spielt, findet man in seinem Gesicht kaum ein Anzeichen jeglicher Emotion.
                                            Er war mir also ehrlich gesagt die meiste Zeit über wirklich ein Dorn im Auge, so sehr ich es auch versucht habe. Was andere an ihm finden, erschließt sich mir einfach nicht.
                                            Wenn man den Film jedoch unabhängig von Doktor Monoton betrachtet, bleibt ein ansonsten wirklich sehenswerter Film, der atmosphärisch leider nicht ganz an Magnolia heranreicht, aber durchaus seine Momente hat und einen mit den tollen Leistung manch eines anderen über einen wirklich platten Wahlberg hinweg tröstet.

                                            Leider nur 7/10 für mich. Ich kann nicht leugnen, dass ich ein wenig enttäuscht bin, was wie gesagt vor allem an der wirklich grottig besetzten Hauptrolle liegt.

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                                            • 8 .5
                                              U-Bahnmensch 09.01.2016, 21:53 Geändert 21.01.2016, 10:59

                                              Modern Family, 2009-2016

                                              ..........................................................

                                              Was bringt mich eigentlich dazu, solche Serien zu mögen?

                                              Sind sie besonders intelligent gemacht?
                                              - Nein, sicher nicht.
                                              Sind die Schauspieler erwähnenswert gut?
                                              - Nein, über ein "solide bis gut" kommt hier keiner.
                                              Bringen diese Serien ihrem geneigten Zuschauer irgendeine Art neuer Erkenntnis?
                                              - Wohl nicht.
                                              Sehe ich hier irgendetwas neues, gar innovatives?
                                              -Nein, hat es alles schon zigfach gegeben. Das Konzept ist alt.

                                              So könnte man wohl lange weitermachen und würde kaum irgendein wirklich erwähnenswertes Alleinstellungsmerkmal dieser Serie im Vergleich zu vielen anderen Genre Vertretern finden. Alles irgendwie nach Schema F.

                                              Es ist die Harmonie denke ich. Diese nüchtern betrachtet völlig überzogene, übertriebene und unrealistische Harmonie zwischen den Darstellern. Dieses ewige Lächeln aller Figuren, welches sich durch jede Episode jeder Staffel zieht und seinen Zuschauer fast schon zwingt, mit zu lächeln, während es ihm eine heile Welt unter die Nase reibt, in der alles immer fröhlich ist und in der die Trauer keinen Platz hat. Eine Welt, in der praktisch kein normaler Alltag stattfindet, niemand jemals gestresst oder genervt ist und sich jeder nur darauf konzentriert, dem Klischee der perfekten Familie zu entsprechen. Ein annähernd realistisches Bild einer Figur werden wir hier wenn nur in Ansätzen einiger Szenen finden, im Endeffekt sind sie alle irgendwie glatt gebügelt und schön poliert, mit besonderem Fokus auf den strahlend weißen Zähnen aller, die dank ewigem Lächeln auch quasi immer sichtbar sind.

                                              Klingt erstmal zynisch und wer meine Wertung zur Serie oben rechts sieht, der wird sich möglicherweise wundern, aber genau das ist es in meinen Augen, was Serien wie diese zur perfekten Unterhaltung für die Zeit nach einem wirklich anstrengenden Tag macht. Hier kann man abschalten, muss sich um nichts Gedanken machen und kann die Welt -wenn sie einem da draußen gerade mal auf die Eier geht- für ein oder zwei Folgen mal eine heile sein lassen. Man verzeihe mir bitte die Wortwahl.

                                              Dieses Konzept, welches nach meiner Beobachtung auch HIMYM, Friends und Konsorten zum Erfolg verhalf, setzt man in "Modern Family" wirklich gekonnt um.
                                              Die Serie strahlt gute Laune aus und ist locker leichte Unterhaltung, zu der man ab der zweiten Folge auch schon einen Zugang findet.
                                              Der Humor bleibt immer auf einem angenehmen Niveau, fordert seinen Zuschauer nicht wirklich, sorgt aber immer mal wieder für ein angenehmes Lachen, ohne dass es ins Extreme gehen würde.

                                              8,5 von 10 dafür von mir. Diese Serie ist genau das, was sie vorgibt zu sein: lockere Unterhaltung ohne Tiefgang oder Dramatik, dafür mit sanftem Witz und sympatischen Figuren. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

                                              PS: Cooler Gastauftritt von Edward Norton!

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                                                U-Bahnmensch 08.01.2016, 23:38 Geändert 09.01.2016, 00:37

                                                The Outsiders – The Complete Novel, Francis Ford Coppola – 1983

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                                                Was hat Francis Ford Coppola eigentlich so getrieben, wenn er nicht gerade die Impressionen eines ganzen Krieges auf Celluloid gepresst oder dem größten Mafiosi der Filmgeschichte Leben eingehaucht hat? Richtig, er hat andere Filme gedreht. Und da ich von all den Werken abseits seiner großen Meisterleistungen kaum etwas kannte, flog heute die Disc von „The Outsiders – The Complete Novel“ in den Player.
                                                In diesem Film lässt Coppola die jungen Gangs zweier Welten aufeinander prallen: Die der Reichen und die der Armen. Was zunächst wie harmloses Getue zwischen Schulhof-Kids anmutet, entwickelt sich schnell zum blutigen Klassenkampf, dessen sinnlose Gewalt der Film hinterfragt.
                                                Wir begleiten dabei hauptsächlich den jungen „Ponyboy“, seinen besten Freund und seine beiden Brüder. Die drei Geschwister verlieren schon früh ihre Eltern und sind im Slum Viertel auf sich gestellt.
                                                Im Laufe der Geschichte wird ihr Zusammenhalt immer wieder auf die Probe gestellt und die drei müssen sich der Frage nach ihrer Zukunft und dem, was ihnen wichtig ist stellen.
                                                Dem Bild, welches Coppola dabei von Freundschaft und Zusammenhalt in den Sechzigern zeichnet, wird dabei eine Allgemeingültigkeit verpasst, die den Film auch heute noch sehr sehenswert macht. In nicht wenigen Momenten erinnerte es mich an Rob Reiners Verfilmung zu Stephen Kings „Stand by me“. Die Jugend dieser Kinder wird hier ähnlich charmant porträtiert, auch wenn das möglicherweise erst auf den zweiten Blick auffällt.
                                                Dazu ein Star Ensemble erster Güte, was man bei dem ein oder anderen aber gar nicht so schnell realisiert, da die heute erfolgreichen und bekannten Schauspieler wirklich noch extrem jung waren.

                                                Insgesamt eine schöne Geschichte, elegant und mit viel Charme verpackt.
                                                8,5 und eine klare Empfehlung von mir!

                                                PS: Scheinbar existieren verschiedene Versionen vom Film. Die kürzere Fassung kenne ich nicht, ich kann, da mir der Film keine Sekunde zu lang vorkam, aber definitiv zur längeren Version „The Complete Novel“ raten.

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                                                  U-Bahnmensch 07.01.2016, 15:25 Geändert 21.01.2016, 12:15

                                                  Hannibal (Serie)

                                                  ...................................

                                                  Die Serie Hannibal lebt vom grandiosen Schauspiel Mads Mikkelsens, vielleicht sogar noch mehr, als damals "The Silence of the Lambs" von Hopkins Meisterleistung profitierte. Seine Performance ist in etlichen Situationen mehr als atemberaubend, die Dialoge zwischen ihm und Will Graham werden durch seine die Leinwand vereinnahmende Mimik immer und immer wieder zu fesselnden Augenblicken. Ich bin fast sicher, dass diese Darstellung jedem gefallen wird, der die bisherigen Filme mochte und generell mit der Hannibal Geschichte etwas anfangen kann. Hugh Dancy spielt in der zweiten Hauptrolle ebenso wirklich stark, gerät neben Mikkelsen und dessen zum Teil brachialer Intensität jedoch schnell in den Hintergrund.
                                                  Desweiteren beeindruckt die Serie mit zum Teil so kunstvoll ausgeschmückten Morden und Tatorten, dass man sich fast fragen kann, ob die Serie von Geisteskranken handelt oder von welchen gedreht wurde. So werden hier die tiefsten Abgründe dessen, zu was der Mensch wohl fähig ist, bis ins kleinste Detail ausgeschmückt und mit einer 'Schönheit' versehen, die nicht wenigen wohl als überaus pervers vorkommen mag.

                                                  Auf der negativen Seite hat die Serie in meinen Augen leider ein paar Längen gehabt und zudem scheint einem hier und da einiges einfach zu sehr an den Haaren herbeigezogen, zu überspitzt und zu gewollt.

                                                  Im Gesamteindruck bleibt sie aber wenigstens "Sehenswert". Alleine schon durch Mikkelsen als Hannibal Lecter, da die Rolle wirklich wie für ihn geschrieben scheint und durch die makabere aber doch nicht zu leugnende, gelungene Ästhetik des Ganzen.

                                                  7/10 von mir. Kann man definitiv mal reinschauen!

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                                                    U-Bahnmensch 07.01.2016, 00:27 Geändert 07.01.2016, 00:28
                                                    über Idioten

                                                    Idioten, 1998 – Lars von Trier

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                                                    Hmm… Im ersten Moment ein bisschen wie vor ein paar Monaten, als ich „Antichrist“ sah. Ich sitze da also gute zwei Stunden vor dem Fernseher, bin auf einer merkwürdigen Ebene unterhalten und versuche mit allen Mitteln etwas Ordnung in das Chaos zu bringen, das der Herr von Trier da auf die Mattscheibe geklatscht hat. Nach guten zwei Stunden dann das Ende. Peng. Aus und vorbei.
                                                    Von Ordnung noch nichts zu sehen. Im Gegenteil: Was war das gerade?

                                                    In seinem Dogma-95 Film „Idioten“ zeigt uns von Trier das Leben einer etwas anderen Gemeinschaft, bestehend aus acht bis zehn jungen Leuten, die sich zum Ziel gesetzt haben, die radikale und schon häufig versuchte doch meist gescheiterte Rückenwende gegenüber der Gesellschaft auf die Spitze zu treiben. Nicht etwa durch einen Ausstieg aus eben jener oder durch beispielsweise eine extreme politische Gesinnung etc.. Nein, sie geben sich, obwohl es ihnen allen geistig gut zu gehen scheint, als Behinderte aus. Nicht nur das, nein, sie spielen oder äffen gar auch die Körpersprache dieser nach und machen sich ein regelrechtes Spiel daraus, in der Öffentlichkeit auch als Behinderte wahrgenommen zu werden. Die Gruppe unternimmt Ausflüge in Schwimmbäder, macht eine Gruppenführung durch eine Fabrik und fährt dahin sogar mit einem eigens dafür angeschafften Behindertenbus. Die Rollen tauschen dabei, so dass jeder mal Betreuer und mal einen der falschen Behinderten „spielt“. Aber auch abseits ihrer Ausflüge, zuhause in einem leerstehenden Haus, das die Gruppe als falsches Wohnheim nutzt, spielen sie ihre Rollen.
                                                    Doch wofür das Ganze?
                                                    Die jungen selbsternannten Freigeister sehen in ihrer Idee so etwas wie den finalen Bruch mit der Gesellschaft und all ihren Tabus. Die Freimachung von allen Konventionen, Regeln und Einflüssen.
                                                    Das erschreckendste und spannendste an von Triers teils sehr makaberem Film ist dabei, dass das Ganze, sofern man vor der Idee als solcher nicht ab der ersten Szene angeekelt die Augen verschließt, bis zu einem gewissen Punkt auch zu funktionieren scheint. Denn die kleine Kommune, so pervers man ihre Lebensweise auch empfinden mag, scheint nicht nur glücklich, sondern frei zu sein.
                                                    Das gesamte Projekt und die ihm zugrunde liegende Idee scheinen so richtig erst ins Wanken zu geraten, als die Truppe sich schließlich dazu entschließt, dass ein jeder einzelner seine Rolle nun auch Zuhause, auf der Arbeit oder an sonst einem Ort spielen soll, an dem sich Menschen befinden, zu denen der jeweilige einen engen Bezug hat oder die er mag.
                                                    Hier kommen die ersten schnell an ihre Grenzen, erkennen den Stellenwert ihres Bestehens innerhalb der Gesellschaft und müssen beginnen, die Unternehmung zu hinterfragen.
                                                    Doch von Trier wäre wohl nicht von Trier, wenn er das Projekt hier beenden würde und sein Scheitern als eindeutig hinstellte. In der letzten Szene sehen wir Karen, die wohl älteste der Gruppe, wie sie, begleitet von einer anderen „Idiotin“, nach Jahren ihre über das Wiedersehen verdutzte Familie aufsucht. Schnell merken wir, dass der Haussegen hier tief hängt, alle sich unwohl fühlen und Karen wohl auch nicht die leichteste Vergangenheit mit ihrer Familie hinter sich zu haben scheint.
                                                    Es kommt zu einer Kaffee und Kuchen Sitzung mit der gesamten Familie und der neuen Freundin Karens. Nachdem man sich eine Weile anschweigt, beginnt Karen plötzlich mit dem, was man ihr in der Gruppe aufgetragen hatte: sie isst ihren Kuchen, wie es eine behinderte Person tun würde.
                                                    Ihre Familie weiß nicht was geschieht. Alle schweigen sich an, verlegene Blicke gen Karen. Aber sie bleibt ihrer Rolle treu, schmiert sich ein Kuchenstück nach dem anderen fast schon demonstrativ unter den Mund, übers Kinn und ins Gesicht, während sie ihrer Familie Blicke zuwürft, die diese nicht kannte und auch niemals sehen wollte.
                                                    Schließlich knallt es. Peng! Der dicke Vater erhebt sich aus dem Herrensessel und schlägt seiner eigenen Tochter ins Gesicht. Diese ist erst verdutzt, wirft mit einer Träne im Auge abwechselnd Blicke zu ihrem Vater, dann zu ihrer Freundin und schließlich wieder zum Vater. Ihre Freundin fragt sie nach einer kleinen Ewigkeit des Schweigens nun endlich, ob sie gehen wolle. Sie schaut noch ein Mal ihre Familie an und erwidert schlussendlich leise aber bestimmt, während ihr langsam aber sicher ein Lächeln ins Gesicht wandert: „ja“. Man darf nun also mutmaßen, dass diese kleine Therapie, welche das Leben in der Kommune für Karen darstellte, erfolgreich war und sie endlich mit ihrer Familie abschließen konnte.

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                                                    „Den Menschen Karen mochtet Ihr nicht, aber die Idiotin Karen bringt Euch erst dazu, das auch einzugestehen. Bin ich also die Unehrliche, oder seid Ihr es?“
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                                                    Mit „Idioten“ gelingt von Trier ein Werk, dass selbst für seine Verhältnisse in vielerlei Hinsicht als extrem zu beschreiben ist. Von seiner zunächst grotesk scheinenden aber für mich spannenden Grundidee, bis hin zur derben Umsetzung dieser, wenn man sich zum Beispiel die Orgien Szene in den Kopf ruft, wird dem Zuschauer hier wirklich einiges vorgesetzt, das zunächst sicherlich nicht jedem schmeckt. Ich denke aber, dass man einen spannenden und in gewisser Weise sicherlich einzigartigen Film verpasste, wenn man sich ihm und all seiner Perversion von Anfang an verschließt.

                                                    Was das Dogma-95 Konzept angeht, so war das hier erst mein zweiter Film aus der Ecke und wieder gefiel er mir in Bezug auf sein äußeres Erscheinungsbild. Sicher nichts, was man jeden Tag haben braucht, aber hier und da ist so etwas durchaus mal eine willkommene Abwechslung.
                                                    Verglichen mit meinem ersten Dogma Film, „Das Fest“ (http://www.moviepilot.de/movies/das-fest/comments/1459211), muss ich jedoch sagen, dass mir Vinterbergs Umsetzung der Dogma rein äußerlich besser gefiel und dieser für meinen Begriff den Spielraum des Manifests besser ausnutzte.

                                                    Aber das tut einem wirklich mutigen, verstörenden und vor allem aber interessanten Film der anderen Art nichts ab. Von mir also das Fazit:
                                                    Ja, dieser Film ist definitiv sehenswert. Ich denke allerdings, dass es bei diesem Film -vielleicht auch im gesonderten Maße- wichtig ist, ihm mit einer gewissen Offenheit gegenüber zu treten. Sich entschließen ihn zu hassen kann man danach auch noch.

                                                    8/10 von mir.

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