Andy Dufresne - Kommentare

Alle Kommentare von Andy Dufresne

  • 9
    Andy Dufresne 28.06.2015, 23:51 Geändert 29.06.2015, 21:51

    Anno 1993

    Totales, absolutes Dinofieber überall.
    Schon vor "Jurassic Park" war dieses Fieber ausgebrochen.
    "Jurassic Park" markierte den Höhepunkt, stach genau in den Zenit des Dinofiebers.
    Wohl nur sehr selten, kam ein Film so definitiv zur richtigen Zeit in die Kinos.

    Und auch Steven Spielberg hatte seinen absoluten Zenit erreicht, er war ganz oben auf dem Scheitelpunkt angekommen, er hatte den Spielberg-Berggipfel erreicht, um mal etwas flapsig Stevens ganz eigenes Genre zu beschreiben.
    Von Hit zu Hit war er geeilt, er erfand (mit George Lucas im Gleichschritt) den Blockbuster, machte der halben Welt Angst vor dem Meer und seinen großen weißen Bewohnern, er ließ Archäologen Peitschen schwingen, ermöglichte uns mehrfach Kontakt zu Außerirdischen, zeigte in lila Farben das er auch Drama kann und, und, und.
    Das Wunderkind Hollywoods eben.
    Ein Jahr später wurde er dann endgültig gekrönt, im Olymp aufgenommen, als er mit "Schindlers Liste" alle Preise und alle Anerkennung abräumte, die ein Regisseur überhaupt bekommen kann.

    Und kurz zuvor hatte James Cameron mit "Terminator 2" gezeigt, wo die Tricktechnik angekommen war, was Computer nun (erstmals in der Brillanz!) im Stande waren zu leisten, er hatte ein neues Zeitalter eingeläutet, was CGI anbelangte.

    Und diese Verbindung - das Dinofieber, Spielberg auf dem Gipfel, CGI kurz nach der Pubertät - kulminierte im Jahre 1993, als "Jurassic Park" in die Kinos kam.
    Ein einmaliger Moment, hier kam einfach alles zusammen.

    Und es wurde gut.
    Es wurde besser als gut.
    Es wurde mehr als ein Meilenstein.
    Es wurde ein Meilenturm, sozusagen.

    Solche Tricks gab es nie zuvor, bewegte Dinosaurier im Großformat, realistisch, wirklich, "echt" da.
    Wahnsinn damals.

    Was "Jurassic Park" allerdings in Wahrheit so stark sein lässt, so großartig, so komplett und so unvergesslich, ist genau das, was Steven Spielberg schon mit "E.T." (und, zumindest anteilig, in fast allen seinen Filmen) gelungen war:
    Er präsentiert echte, glaubhafte, menschliche, empathische Charaktere.
    Er erzählt wirklich eine Geschichte, ein fast direkt zu spürendes Abenteuer.
    Er verlässt sich eben nicht auf die Tricks, die Tricks kleiden die Story ein und nicht andersrum!
    Das Ganze hat Witz, enorme Spannung und es sprüht geradezu vor Charme.
    Und untermalt, ja fast schon entgegengeschleudert, wird (einem) das alles mit einem der passendsten, stimmigsten und bombastischsten Soundtracks aller Zeiten. John Williams (der passenderweise zuvor ( unter anderem ) schon für die Musik zu "Der weiße Hai" und "E.T." einen Oscar gewann) Power pur.

    Schlicht: Spielberg entfacht echte Magie.
    Er schafft es, etwas Künstlichem wahres Leben einzuhauchen.

    Einem Zauberer gleich, fasziniert Spielberg mit "Jurassic Park" sein Publikum, er lässt es staunen, lässt es lachen, lässt es große Augen machen.
    Er schafft es jung und alt mit einem offenen Mund, einem freudigen Lächeln und eben zutiefst verzaubert zurückzulassen.

    Mehr geht nicht.

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    • 7
      Andy Dufresne 28.06.2015, 06:47 Geändert 11.07.2015, 23:18

      Früher war in Wahrheit mal so was von überhaupt nicht alles besser!
      Aber es war unser Früher.
      Und weil es eben unser Früher war, wird daraus Nostalgie.
      Und Nostalgie hat in sich selbst eben einen massiven Verdrängungsfaktor.
      Eigentlich besteht sie im Inneren schlicht rein aus diesem Faktor.
      Das Helle, das Schöne glänzt noch viel heller, noch viel schöner.
      Die vermeintlich großen Geschichten werden größer und immer größer.
      Und was schief lief, wird mild lächelnd betrachtet.
      Und was komplett schlimm lief, wird zur wichtigen Erfahrung.

      Ich war im Sommer 1999 in "American Pie" im Kino.
      Eine Clique Jugendlicher ist kurz vorm Schulabschluß und will, im besten Fall ganz schnell, ihre jeweilige Jungfräulichkeit verlieren.
      Ich (und mein halbes Umfeld) war kurz zuvor 18 Jahre alt geworden, es war das Jahr, in dem ich endgültig die Schule verließ, das Jahr, in dem ich den Führerschein machte, das Jahr, welches sozusagen das Ende vom Anfang markieren sollte.
      Es war das "The future is great wide open"-Jahr.

      Und ja, das Leben ging dann tatsächlich mannigfaltig los, es explodierte geradezu.
      Sehr oft in eine andere Richtung, als ich erträumt hätte, fast immer komplett anders verlaufend, als ich gedacht hätte.
      Sehr viel schneller und sehr viel langsamer in vielem, als ich es mir erwünscht hätte.
      Und, zum Glück, sehr oft überraschend verrückter, als ich mir es jemals hätte vorstellen können.
      Es sind unendlich viele Sachen passiert.
      Und da ich immer noch hier bin, muss sehr vieles davon einen Sinn gehabt haben, welcher genau das auch immer sein mag.

      Und jetzt also, im Sommer 2015, schaue ich "American Pie - Das Klassentreffen".
      Ich treffe die Gang um den Apfelkuchenjungen wieder.
      Und alle sind sie dabei, alle sehe ich nach so vielen Jahren wieder, sie alle sehen sich nach so vielen Jahren wieder.

      Und ja, es macht Spaß, dieses Klassentreffen!
      Es ist oft großer Quatsch, es ist oft melancholisch, es ist oft (zu) laut, manchmal leise, es ist groß und klein und schnell und langsam.
      Ein bissl wie das Leben eben.

      Wenn wir (der Apfelkuchenjunge und seine Freunde und ich und meine Freunde) allerdings nicht schon 1999 zusammengefunden hätten, damals (und eben heute noch) nicht im gleichen Alter gewesen wären, sich unsere Zeit nicht so passend überschnitten hätte, dies eben nicht unser gemeinsames Früher geworden wäre:
      Wir wären nicht so wirklich gute Freunde, glaube ich.
      Wahrscheinlich wären wir grad noch so halblebige Mittelfreunde (4-5 Punkte) geworden.

      Aber es IST unser gemeinsames Früher!
      Also nostalgisch verklärte 7 Punkte für den (hoffentlich dann auch wirklich!) letzten Teil der Kuchensaga.

      Es war mir eine Ehre und eine Fremdscham, euch über die Jahre begleitet haben zu dürfen.

      40
      • 10
        Andy Dufresne 27.06.2015, 22:18 Geändert 11.07.2015, 02:07

        Der größte Kinofilm überhaupt?

        Darüber sprach ich neulich (wie schon unzählige Male zuvor) mit einem meiner engsten Freunde.
        Wir hatten so einiges durch (die großen Dramen à la Pate, Casablanca, Kubrick, Scorsese etc., was einem halt so einfällt…) und dann sagte ich:
        „Wenn es DEN Kinofilm - mit Betonung auf „Kino“ - gibt, dann MUSS es eigentlich „Lawrence of Arabia“ sein.
        Mehr Kino geht nicht, mehr Epik geht nicht, mehr Größe und Breite geht nicht. Wenn ich mir einen Film raussuchen dürfte, der dann auf der ganz großen Leinwand im UFA-Palast (größte Leinwand der Region) laufen würde, ich glaube es wäre Lawrence.“

        Mein Freund meinte: „Ja, klar, Lawrence ist schon ein absoluter Überfilm, hab den schon so mega oft geschaut. Hab den auch auf Festplatte."

        Ich sage: „Festplatte, Festplatte! Kino Junge, Kino! Da gehört der hin!“

        Er meint: „Na ja, klar. Aber eigentlich ist der ja so klassisch, den muss man eigentlich auf einem Uralt Röhrenfernseher anschauen." (grinst dabei)

        Ich sage: „Mann, der ist so klassisch, den muss man eigentlich im Radio hören! (wir beide grinsen)
        In Wahrheit ist Lawrence wohl schlicht so klassisch, dass man ihn sich am Lagerfeuer erzählen sollte. So ursprünglich „Abenteuer“ ist dieser Film, der gehört ans Feuer!" (wir beide nicken uns zu)

        Apropos Feuer.
        Folgendes Zitat erklärt Lawrence.
        Es erklärt El Aurens.
        Und warum er ist, was er ist.
        Es geht um den Trick, ein Streichholz mit den Fingern zu löschen.
        Ein Offizier versucht Lawrence den „Trick“ nachzumachen, verbrennt sich die Finger, Lawrence erklärt wie es funktioniert.

        - Ooh! It damn well 'urts!

        - Certainly it hurts.

        - What's the trick then?

        - The trick, William Potter, is not minding that it hurts.

        Und wie Alec Guinness Politik macht und wie Omar Sharif ein Freund ist und was Anthony Quinn für seinen Stamm bedeutet ("*I* am a river to my people!") und Krieg und Blut und Kampf und Verrat und Leiden und Freundschaft und Wüste und Leidenschaft und ganz große Geschichte und und und…

        Lawrence ist DER Kinofilm, denn:

        “Truly, for some men nothing is written unless THEY write it.”

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        • Andy Dufresne 17.06.2015, 23:46 Geändert 18.06.2015, 00:34

          Gerade eben auf spon gelesen, dass Stefan Raab Ende 2015 komplett aufhört.

          Finde es schade, habe immer mal wieder die ersten Minuten von TV-Total gesehen, bzw. reingezappt. Und wenn man sich zurück erinnert, welche enorme Relevanz die Sendung vor 15 Jahren hatte, dann kann man schon nostalgisch werden.
          Ende des letzten Jahrtausends war TV-Total am nächsten Tag (anfangs lief es nur einmal die Woche) DAS Thema auf dem Schulhof/der Arbeitsstelle etc.
          TV-Total war so so ziemlich das letzte TV-Medium, welches eine solche Resonanz hatte, danach (bedingt durch das Internet etc.) gab es so was ja nicht mehr wirklich, zumindest nicht in solchen Dimensionen.
          Klar dümpelt die Show seit geraumer Zeit, aber Raab hat über 2000 Sendungen gestemmt, im Endeffekt war wohl echt JEDER schon mal bei ihm zu Gast, vom Superstar bis zum Z-Sternchen.

          Und Schlag den Raab war so ziemlich die beste Showidee der letzten Jahre.
          Und auch sonst belieferte Raab Pro7 ja mit so ziemlich allem was sportlich so geht und auch nicht geht, von Wok über Eisfußball, von Crashchallenge über Poker, von Turmspringen über Autoball WM.

          Ohne Raab wird Pro7 nun wohl zum komplett austauschbaren Neutrum, auf dem nur noch Ami-Comedy in Dauerschleife läuft, angereichert mit ab und an einem Blockbuster, unterbrochen von Nichtsneuesmagazinen wie Taff und Antiwissenswissenschaftssendungsimitaten wie Galileo...

          Den Raab muss man nicht unbedingt mögen, aber Respekt zollen, das sollte man ihm schon.
          Er hat in den letzten 20 Jahren, angefangen bei VIVA (Bööörti, Bööörti Vogts...), für echt viel Spaß gesorgt, für kleinere Skandale, für blutige Nasen (Halmich), für viele Lacher, so einige Fremdschämer und er hat sich mit Lena, und ihrem Sieg beim Grand Prix, unsterblich gemacht.

          Viel Spaß beim Chillen, Stefan, auch wenn ich glaube, dass Du schon nach zehn Minuten Ruhestand einen massiven ADHS-Anfall bekommen wirst und wir sicher bald wieder etwas von einer Kamera aufgenommenes von Dir sehen werden.
          Du kannst es doch (hoffentlich) eh nicht lassen ;)

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          • 7 .5
            Andy Dufresne 17.06.2015, 22:53 Geändert 18.06.2015, 03:03

            Das Overacting der Seele.

            Ich bin hin- und hergerissen wie schon sehr lange nicht mehr.

            "The Master" hat so, so viele herausragende Bilder, er hat zwei unglaublich starke Hauptdarsteller, er hat Szenen die ich ungelogen zehn mal anschauen musste (war ja klar: Die Gefängnisszene...), er hat immer wieder fast schon magische Momente.

            Und doch bleibe ich zurück und kann kein klares Gesamtbild erkennen.
            Als ob Freddy Quell ein Foto in nahezu völliger Dunkelheit geschossen hätte und ihm danach aufgefallen wäre, dass er den Blitz vergessen hatte.
            Roger Ebert schrieb „…but when I reach for it, my hand closes on air.” Damit trifft er es, wie so oft, auf den Punkt.

            Und ja, ich weiß, dass P.T.A. wohl genau das will.
            Keine Antworten, keine Festlegung, viel Raum für Spekulation, er will abstrakt bleiben um alles offen zu lassen, um alles möglich bleiben zu lassen.
            Und ja, ich bewundere ihn dafür, ich finde das mutig und anders und wichtig.
            Und dennoch hätte ich mir im Falle von "The Master“ etwas mehr Griffigkeit gewünscht, etwas mehr Richtung, etwas mehr Blitz auf dem Foto, sozusagen.

            Direkt nach dem Abspann war ich erst einmal ziemlich perplex.
            Was war das jetzt genau?
            Ging es da um Kriegstraumata, ging es da um Sekten(bildung)?
            Ging es da ums Unterbewusste, ums Über-Ich, ums Es und um weitere analytische Bebilderungen?
            Weiß P.T.A. wer Rudolf Steiner war und hat er ihn hier angerissen, ihn in zwei Charakteren wiederauferstehen lassen?
            Ist Phoenix (und natürlich Philip Seymour Hoffman!) hier am gnadenlos overacten oder braucht der Film genau dies?
            Ich dachte sogar an Meister Yoda, wie er zu Luke (als ob Dodd zu Quell sprechen würde) sagt:
            „You must unlearn what you have learned.”
            Und wie Luke (Quell) antwortet, dass er nicht glauben könne, was er da sähe und Yoda (Dodd) dann sagt:
            „That is why you fail.“

            Alle möglichen Richtungen also, aber eben kein klares Bild.

            Auf der DVD zu "The Master“ war die ca. einstündige Dokumentation "Let There Be Light“ enthalten, eine Kriegsreportage vom großen John Huston (http://www.moviepilot.de/movies/let-there-be-light).
            Ich schaute diese Dokumentation direkt im Anschluss an "The Master", danach war ich doch etwas schlauer, was den Sinn hinter "The Master“ angehen könnte.

            P.T.A. ließ sich, laut Eigenaussage, von "Let There Be Light“ zu "The Master“ inspirieren.
            P.T.A.´s Film gründet auf dieser Doku von 1946, die über 30 Jahre lang vom Militär unter Verschluss gehalten wurde, weil sie als zu entlarvend, zu ehrlich angesehen wurde.
            Denn diese Doku zeigt ziemlich schonungslos und absolut ungestellt, was es für einen Teil (der Film sagt 20%) der Soldaten hieß, aus dem Krieg und seinen Gräueln, seinen Schrecken heimzukehren:
            Schwerste psychische Traumata, völlig verlorene, desillusionierte Menschen. Und wie man ihnen therapeutisch helfen kann (nach dem damaligen Stand der Psychologie/Psychiatrie).

            Vieles, was in "Let There Be Light“ gesagt wird, ist wortgleich bei "The Master“ zu hören, viele Sätze aus der Kriegsdoku tauchen über die gesamte Länge in P.T.A.´s Film auf, ausgesprochen von den unterschiedlichsten Charakteren.
            Als ob die Charaktere Metaphern wären, als ob alles eins wäre, die Charaktere und die Geschichte mehr Sinnbild denn lineare Erzählung wären.

            Ich weiß jetzt immer noch nicht was mir "The Master“ genau sagen will, aber das Hintergrundrauschen des Filmes, ist mir nun doch um einiges bewusster.
            Es geht, in meinen Augen, in erster Linie um Verletzung und den Versuch der Bewältigung.
            Es geht eben um Trauma.

            Und ein Trauma ist ja (unter anderem) ein völliges Overacting der Seele. Soviel zu den Schauspielleistungen, sie sind (also doch) schlicht grandios.

            Im Endeffekt habe ich sicherlich weniger verstanden als insgesamt zu verstehen ist (wenn dieser Film denn überhaupt verstanden werden will/soll). Und für mich ist "The Master“ auch ganz klar das bisher sperrigste, am wenigsten direkt zugängliche Werk von P.T.A.
            Der Film hat aber so viel Breite, so viel Angebot, so starkes Schauspiel, so klasse, detaillierte Bilder und ist so eigenständig, so besonders, dass man diesen Film (eigentlich) hoch bewerten MUSS.

            Einstweilen (ein zweites Anschauen ist schon fest eingeplant und zwar sehr bald) bleibt "The Master“ für mich allerdings noch wie ein Labyrinth, dass ich nur beenden konnte, weil ich zum Teil "Mitten durch die Hecke“ gerannt bin, denn den genauen Weg konnte ich eben nicht wirklich finden.
            Deshalb eine (für meine Verhältnisse) "nur“ mittelhohe Bewertung, mit Luft nach oben.

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            • 9
              Andy Dufresne 16.06.2015, 23:07 Geändert 17.06.2015, 21:23

              Ein Actionfilm, komplett ohne Action.

              "The Insider" hinterlässt bei mir, wenn der Abspann läuft, wirklich den Eindruck gerade einen Actionfilm gesehen zu haben, obwohl in dem Film nichts explodiert, kein Schuß sich löst, keinerlei Blut fließt, ja eigentlich wird hier nicht mal gerannt oder ähnliches.
              Michael Mann schafft es allein mit Stilmitteln, mit Schnitt, mit Kamera, mit Atmosphäre, mit dem was er dramaturgisch aufbaut, diesen Eindruck zu erwecken. Ohne real gezeigten Ausbruch im Zuschauer ein Gefühl entstehen zu lassen, als habe dieser dem Ausbruch eben doch beigewohnt. Das ist schon eine besondere Form der Meisterschaft!

              In "Heat" gönnt einem Michael Mann diese realen Ausbrüche, in "Public Enemies" gibt er einem nichts anderes als diese Ausbrüche. Wohl deshalb ist "Heat" für mich bis heute sein stärkster Film, er "befriedigt" einen sozusagen am meisten, da er einem den real gezeigten Klimax, wenn auch sehr dosiert - besser: genau richtig dosiert - eben gönnt.
              Und deshalb ist wohl "Public Enemies" auch ein so viel schlechterer Film. Denn hier übersättigt Mann einen gerade zu mit solchen Szenen und bietet abseits mehr oder weniger nichts an, um diese Ausbrüche kompensieren zu können.
              Und "The Insider" braucht diesen Ausbruch eben überhaupt nicht, er zieht seine Action rein aus seiner filmischen Dringlichkeit.

              "The Insider" ist aber noch so viel mehr.
              Ein persönliches Familien-Drama, ein Film über Politik, ein Film über Lobbyismus und seine dreckigen Schattenseiten.
              Ein Film über die Integrität des Journalismus, ein Film über Amerika, ein Film über Verantwortung, Macht(missbrauch), Geld und Lügen.

              "The Insider" schafft es eine unglaublich komplexe, tiefschichtige Spannung aufzubauen und fesselt den Zuschauer rein mit seiner (wahren!) Geschichte und seinen zum Teil hochambivalenten Charakteren.

              Und "The Insider" zwingt den Zuschauer geradezu, über das, was er aufzeigt, nachzudenken, zu reflektieren, sich eben eigene Gedanken zu machen.
              Was ist wichtiger, die Wahrheit oder eingegangene Verpflichtungen?
              Wie weit darf man gehen, wie weit muss man gehen, wenn man für etwas Höheres kämpft?
              Wie viel ist einem das Folgen des eigenen moralischen Kompasses wert, wenn dies bedeutet, dass man deshalb persönlich zu Grunde geht, die Familie in große Gefahr bringt, man eben alles verlieren kann deswegen?
              Wie weit darf, wie weit muss Loyalität reichen?
              Wie viel sind Überzeugungen wert?

              Dazu hat der Film zwei absolute Hochkaräter als Hauptprotagonisten.
              Al Pacinos Journalist atmet hier einen Hauch Serpico, er ist aufrichtig, anständig, grundehrlich.
              Er glüht, auch nach Jahrzehnten im Geschäft, noch immer in seiner Überzeugung, in dem Kampf für eine freie Presse, für Meinungsfreiheit, für die Verfechtung der Wahrheit eben. Und Pacino liefert, kommt extrem glaubhaft und überzeugend rüber.
              Und Russel Crowe kann als Insider - als 0815-Familienvater, der durch sein Gewissen in einen Krieg gezogen wird, der so viel größer ist als er selbst - wunderbar aufzeigen was er schauspielerisch, abseits seiner Physis (die hier gar nichts zählt), im Stande ist zu leisten.
              Wie ein Vulkan, der sich fast schon autistisch zwingen will nicht zu explodieren. Ein tief rationaler Charakter, der in einen emotionalen Ausnahmezustand schlittert. Stärker war Crowe selten.

              Und bis in die kleinste Nebenrolle tummeln sich die Schauspieltalente.
              Mein persönlicher Liebling Phillip Baker Hall als Schleuse zwischen Chefetage und Journalismus, der große Christopher Plummer als alternder Frontmann, der seine Felle langsam davonschwimmen sieht. Gina Gershon als knallharte Geschäftsfrau, Michael Gambon genial srupellos und eiskalt, Diane Venora wunderbar zerbrechlich als leidende Ehefrau. Und schön mal wieder Wings Hauser, den B-Film Bad Guy, als linkischen Lobby-Anwalt erleben zu dürfen, wie er sich mit Bruce McGill, der grandios pulsierend rüberkommt, vor Gericht fetzt.

              Das kritische Amerika gegen das gierige Amerika.
              Ausgetragen auf einer intelligenten, wortgewaltigen Ebene.

              "The Insider" ist kluges, herausragend gefilmtes und ganz stark gespieltes Spannungskino par excelllence, welches wirklich wichtige, hochrelevante Gegenwartsthemen verhandelt.
              Und eben ein Film, der dem Zuschauer ein Angebot macht, ihn zu etwas auffordert, was er heutzutage, vor allem im profitbasierten Mainstream-Bereich, kaum noch leisten muss:
              Nachdenken. Selber Denken. Stellung beziehen.
              Ein breitgefächerter Ausnahmefilm.

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              • 6 .5
                Andy Dufresne 13.06.2015, 00:15 Geändert 13.06.2015, 07:47

                Die halb leere Tüte Milch und die verspätete Pizza

                Ach ja, dieser Kommentar kann geringfügige Spuren von Spoilern enthalten.

                Ich bin kein Horrorfilmtyp, war ich nie.
                Aber ich habe doch schon einiges gesehen, was man so landläufig "sehen muss/sollte", die Klassiker, die "kultigen" Sachen, die 80/90er Generationsfilme und immer mal wieder auch irgendwelche No-Name-Streifen.
                Ich bin aber alles andere als ein Experte.
                Allerdings habe ich hier bei mp sehr viele Buddies, die eben Experten sind und deren Texte ich immer sehr gerne lese, gerade eben weil es nicht wirklich mein Genre ist und ich immer sehr interessiert bin an (allen) Dingen von denen ich eher wenig Ahnung habe.
                Und ich habe mich durch halb Wikipedia gelesen, was Inhaltsangaben von ungesehenen Horrorfilmen angeht, einfach weil ich weiß, dass ich einen Großteil davon wohl eh eher nie schauen werde, aber eben doch gerne im Bilde sein möchte.

                Lange Rede, kurzer Sinn: Ich glaube schon, dass ich halbwegs ausreichend auf der Genre-Höhe bin, um "The Cabin in the Woods" mehr oder weniger "verstehen" zu können.

                Denn "The Cabin in the Woods" ist ja angeblich DER Film (jüngeren Entstehungsdatums) für Horrorjünger, DER Metafilm, DER Spiegel für das Publikum, laut Selbstausage eben “the horror movie to end all horror movies”.

                Und nun frage ich mich:
                Echt jetzt?! Das soll DER tödliche Todesfilm sein?!
                Bin ich zu doof, zu weit weg vom Genre, ist meine Liebe zum Horrorfilm zu klein, mein Wissen zu lückenhaft, um die Größe dieses Filmes wahrzunehmen, seine Tiefen zu durchdringen, zu erfassen, ihn angemessen goutieren zu können?!

                Oder ist "The Cabin in the Woods" vielleicht eben doch einfach nur der "Inception" des Horrorfilms?
                Gut und sehenswert halt, aber bei weitem nicht so smart wie er vorgibt zu sein.

                Ganz klar, der Film hat was, der Film kann was, der Film hat starke Szenen.
                Er ist teilweise sehr witzig (das Telefongespräch der Bürohengste mit dem Tankstellenkollegen zum Beispiel) und ich erkannte natürlich sehr viele Referenzen und die Grundidee ist wirklich richtig gut und interessant.

                Aber trotzdem: Im Nachhinein hatte ich mal wieder dieses "Vollgeglaubte Milchtüte stellt sich beim Anheben als halb leer heraus"-Gefühl, welches (unter anderem) bei Filmen ja immer mal wieder vorkommt (mein Glanzbeispiel: "Pirates of the Caribbean").

                Das kennt ja jeder: Man will sich die Milch aus dem Kühlschrank schnappen und glaubt kurz vorm Zugriff nun eine volle Tüte Milch anzuheben und erschrickt dann fast, wenn man beim "zu starken heben" feststellt, dass sie eben nicht voll und somit viel leichter ist, als man dachte.

                Genau so fühlt sich für mich diese Cabin an.
                Ich dachte die Hütte ist pickepacke voll, dabei ist sie eher aufgeräumt und ziemlich übersichtlich.

                Ein bissl Meta hier, ein bissl Referenz da, ein bissl (bewusst eingesetztes) Klischee oberhalb der Erde, ein bissl Twist unterhalb der Hütte, ein Schucker H.P. Lovecraft noch weiter unterhalb der Hütte.

                Der Film soll ja angeblich mehr Hommage als Parodie sein (was er auch ist), mehr Insidergag als Gruselfilm (was er ebenfalls ist, richtig gruselig ist hier für mich eigentlich nichts), mehr klug als doof halt (was er in meinen Augen nicht wirklich durchgehend hinbekommt).

                Für mich funktionieren viele dieser Intensionen, aber als Gesamtprodukt ist das alles für mich nichts Halbes und nichts Ganzes.
                Ich finde der Film hat einfach kein Zentrum, keine Basis.
                "The Cabin in the Woods" will unglaublich viel, kann auch einiges, schafft es aber dann, in letzter Konsequenz, irgendwie doch nicht ganz, seine (in meinen Augen viel zu hoch) selbstgelegte Messlatte zu überqueren.

                Wenn ich, wie Whedon es ja tat, sage: Ich bringe euch “the horror movie to end all horror movies”, dann erlege ich mir selbst eine Bringschuld auf. Und dann habe ich eben auch gefälligst zu liefern.

                Man sieht ja oft in amerikanischen Serien und Filmen, dass der Pizzadienst die Pizza selber bezahlen muss, wenn er es nicht schafft, sie in einer gewissen Frist abzuliefern.
                "The Cabin in the Woods" bringt die Pizza in meinen Augen halt einfach ein wenig zu spät.
                Nicht viel zu spät, nur ein paar Minuten.
                Die Pizza ist noch recht warm, reichlich (zu reichlich vielleicht?!) belegt sowieso, man kann sie absolut noch essen.
                Aber zu spät ist halt zu spät, so sind eben die Regeln.

                Da ja aber Pizza (wie Spaghetti übrigens auch, das nur nebenbei :D) oft angewärmt besser schmeckt als frisch, wird "The Cabin in the Woods" garantiert auch wieder (s)eine Chance bei mir bekommen, denn Spaß macht das Ganze ja und schlechter Film geht wahrlich anders.

                Und wie oben schon erwähnt: Es kann auch schlicht und einfach sein, dass der Film schon der Richtige ist, ich aber der Falsche bin (um es zu erkennen).

                Einstweilen also halb volle aber noch schmackhafte 6,5 Punkte.

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                • Andy Dufresne 11.06.2015, 21:33 Geändert 11.10.2015, 00:54

                  "One should try anything he can in his career,
                  except folkdance and incest."
                  - Sir Christopher Lee -

                  Und wahrlich, dieser Mann hat wohl wirklich ALLES ausprobiert, gespielt, verkörpert, in seiner unglaublichen, fast 70 Jahre überdauernden Karriere.
                  Bei seinem unvergleichlich massivem Output wird sich ja vielleicht sogar doch irgendwo eine kleine Szene verstecken, in der er einen Folkdance zelebriert, wer weiß das schon, wirklich alles von ihm hat wohl niemand gesehen, wahrscheinlich nicht mal er selbst.

                  Und nun hat er auch das Letzte aller Dinge ausprobiert, die allerletzte Rolle überhaupt angenommen.

                  Ich schrieb hier mal über ihn: "Wenn der Spruch " Der gehört zum Inventar" nicht existieren würde, er müsste für Christopher Lee erfunden werden."
                  Nun gehört er woanders zum Inventar und wir müssen Abschied nehmen von einer der wirklich größten Legenden, die der Film je hervorgebracht hat.

                  Mit 93 Jahren, und nach einem großem, abwechslungsreichem, wahrlich ausgeschöpftem Leben, "darf" man natürlich voller Zufriedenheit und Erfüllung diese Welt verlassen.
                  Dennoch fällt es mir sehr schwer nun hinnehmen zu müssen, dass es ihn nicht mehr gibt.

                  Irgendwie wünschte ich mir immer, dass er uns alle überleben würde, dass er für immer und ewig neue Rollen spielen würde, dass immer und immer wieder ein Film in die Kinos käme, den Sir Christopher Lee mit seiner unnachahmlichen Art veredeln würde.

                  Danke für alles, Du letzter großer Dinosaurier.

                  Farewell, Sir Christopher Lee.

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                  • 8 .5
                    Andy Dufresne 11.06.2015, 01:41 Geändert 21.07.2015, 23:14

                    Warum Jennifer Lawrence mit gerade mal 24 Jahren schon die (neue) Königin von Hollywood ist?
                    Das kann ich nicht beurteilen, denn ich hatte keinen ihrer Filme (ganz) gesehen, bisher.
                    Wo ihre Regentschaft ihren Ursprung nahm, das vermag ich aber nun, nachdem ich "Winter´s Bone" gesehen habe, deutlich zu erkennen.

                    Was dieses Mädchen (Jennifer Lawrence war bei der Entstehung von "Winter´s Bone" 19 Jahre alt) hier abliefert, das lässt mehr als nur erahnen, welch massives Talent in ihr schlummert, bzw. wie viel schauspielerische Kraft sie imstande ist von innen nach außen zu transformieren.

                    Und "Winter´s Bone" setzt seinem Schauspielensemble einen engen, tristen, trostlosen Rahmen.
                    Hier wird nicht gelacht, niemals auch nur gelächelt.
                    Hier glänzt gar nichts, und ein Funkeln gibt es höchstens in den Augen der Protagonisten zu sehen, was da dann aber funkelt ist unheilschwanger und immer kurz vorm gewalttätigen Übergriff.

                    Die Welt in der die 17-jährige Ree Dolly (Lawrence) lebt, ist eine raue, eine bibbernde, knallharte Welt, eine Umgebung in der Gewalt, Verschwiegenheit und Grimmigkeit regieren.
                    Ein Leben, in dem es vor allem auf eines ankommt: Auf das Aushalten.
                    Hier ist der der Stärkste, der am besten aushalten kann.
                    Wer am stoischesten ist, wer am abgeklärtesten ist, wer mit allen Wassern gewaschen ist, der setzt sich hier am Ende durch.

                    Verwandtschaft zählt hier nur etwas wenn es zum Äußersten kommt, ansonsten sind hier Selbstgebranntes und Meth dicker als Blut.

                    In dieser Welt sucht Ree ihren Vater, denn wenn sie ihn nicht finden kann, ist, aufgrund seiner kriminellen Machenschaften, das Haus (eher die abgefuckte Hütte) und das bißchen Land weg, welches die Familie gerade noch so am Existenzminimum hält.
                    Und Ree hätte dann keinerlei Chance mehr ihre Mutter und ihre beiden kleinen Geschwister zusammenzuhalten.

                    "Winter´s Bone" erzählt also von der Suche nach einem Verschwundenen und ist doch alles andere als ein herkömmlicher Thriller oder gar ein detektivischer Krimi.
                    Hier wird schnell klar, dass es kein Happy End zu suchen/finden gibt, sondern höchstens ein halbwegs erhaltener Status Quo, das größtmöglich zu erreichende Ziel sein kann.

                    Und wie Ree Dolly sich hier in den Ring wirft, mit ganz viel Mumm in den Knochen, mit aller Bestimmtheit, mit allem was sie hat:
                    Das wird schon unglaublich intensiv und fesselnd und fulminant direkt von Jennifer Lawrence herübergebracht.

                    Ree: I'll find him.

                    Sheriff: Girl, I've been looking...

                    Ree: I said I'd find him.

                    Selbstlos und selbstvergessen ist sie bereit ALLES zu wagen, um ihre Familie zu retten. Ein Mädchen, welches in einem anderen Leben mit Bestimmtheit tausend Möglichkeiten hätte, versucht in ihrer Welt die eine einzige Chance, die ihr dort verblieben ist, zu nutzen.
                    Ree Dolly ist eine wahre, eine ursprüngliche Heldin.

                    Flankiert wird sie von vielen fantastischen Laiendarstellern, denen man sofort abkauft, dass sie ganz genau wissen was sie hier darstellen, besser: Was sie hier dokumentieren, so echt wirkt das alles.

                    Und dann hat der Film noch John Hawkes als Rees Onkel Teardrop.
                    Ich habe schon lange keinen so immens präsent zum Leben erweckten Charakter mehr in einem Film gesehen. Ambivalent bis zum Anschlag, ja eigentlich schon völlig paradox, wabert er durch diesen Film.
                    Halb abwesend, halb vollkommen da.
                    Teilweise scheint ihm absolut alles egal zu sein, anderseits hat man in manchen Szenen den Eindruck er würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen können.

                    Ree: You always have scared me.

                    Teardrop: That's cuz you're smart

                    Absolut grandios, Teardrop ist für mich einer DER Charaktere der letzten Jahre, John Hawkes hat mich hier wahrlich tief beeindruckt.

                    "Winter´s Bone" ist ein sehr glaubwürdiger, durch seine (gefühlte) "Echtheit" oft unmittelbar brutal wirkender Film.
                    Ein Film durch den man sich teilweise - ganz wie Ree/Lawrence - durchbeißen muss.
                    Ein Film der einem dramaturgisch oberflächlich wenig schenkt, der einem aber in seiner ganz speziellen, ganz eigenen Gesamtwirkung doch sehr viel zu geben bereit ist.
                    Wer gerne Filme sieht, die man sich erkämpfen muss, der wird an "Winter´s Bone" nicht vorbeikommen.

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                    • 7 .5
                      Andy Dufresne 10.06.2015, 23:05 Geändert 11.06.2015, 02:35

                      Mein erster Cumberbatch-Sherlock!

                      Ich wollte da ja schon ewig einsteigen, aber irgendwie hat es nie gepasst.
                      Jetzt war es aber soweit und ich muss sagen: Ich bin angefixt und zwar sehr!

                      "Der blinde Banker" ist schön griffig, macht gleich voll Alarm.
                      Nach 25 Minuten sind schon tausend Begebenheiten angerissen, mannigfaltige Charaktere entworfen, viele Fährten gelegt, viele Möglichkeiten gestreut.

                      Das Ganze macht also ruckzuck Interesse, es ist nie behäbig, die Story ist prallvoll und wird in schnellem (aber nicht zu schnellem!) Tempo von der Kette gelassen.
                      Viel visuelle Schnelligkeit auch und dieser Sherlock macht einem erfreulich viele Angebote um selbst zu kombinieren, das fließt alles ziemlich genau so wie es sein muss.

                      Also zackzack geht es hier ab, du MUSST dranbleiben, das ist dramaturgisch bockstark gemacht, gedacht, konzipiert.

                      Dieser blinde Banker verspricht im Hinblick auf die Gesamtserie also wirklich so einiges.
                      Auch wenn er, vor allem gegen Ende, doch teilweise sehr speziell konstruiert wirkt, bleibt er dennoch immer im "grünen Bereich der Logik".

                      Und nach allen Infos, die ich bisher so gesammelt habe, gilt "Der blinde Banker" nicht einmal als wirkliches Highlight der Serie, also verspricht er mir umso mehr:
                      Bleib dran! Hier wartet (noch) Großes auf Dich!

                      Bin vollster Vorfreude!

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                      • 1
                        Andy Dufresne 09.06.2015, 22:02 Geändert 10.06.2015, 22:14

                        Der gestöhnte Tittenfick als Actionfilm.

                        In Pornos kommen ja immer mal wieder Szenen vor, in denen der männliche Protagonist seinen Prengel zwischen die Brüste der weiblichen Aktrice manövriert und sich an Ihnen gütlich hält. Und manchmal (sehr oft/fast immer?!) stöhnt die Darstellerin sich dann dabei dermaßen einen ab, als ob sie kurz vor/mitten in einem grandiosen multiplen Orgasmus wäre.
                        Total lächerlich einfach, total übertrieben, totaler weltfremder Quatsch eben.

                        Und so ist auch "Bad Boys 2".
                        Er stöhnt und schreit:" Ich bin so cool! Ich bin so Rock 'n' Roll!"
                        Dabei ist er uncooler als ein volle Pulle laufender Schmelzofen und weniger Rock 'n' Roll als Rolf Zuckowski und seine Freunde.
                        Dieser Film ist einfach ein Möchtegern, ein Prahler, ein Faker, ein Scheißdreck halt ganz einfach.

                        Was "Bad Boys 2" von anderen Tittenfickstöhnfilmen (und davon gibt es ja (leider) grad genug!) aber noch deutlich negativ abhebt, was ihn quasi antiveredelt: Sein ekelhaftes, reaktionäres Weltbild.

                        Da wird einfach mal mit dem Hummer durch die komplette Favela durchgesmashet, scheißegal ob man da mal kurz noch ein paar hundert Leute in ihren Hütten kaputthummert, ist ja eh nicht das "echte" Amerika sondern nur das "südliche"... Da können die US-Boys es doch ruhig mal krachen lassen. Und danach mit einer Mannschaft in Bundeswehrgröße (aber mit besseren Waffen :D) im Süden einmarschieren, kein Problem. Hier wird der "Weltpolizist" ganz neu und oberzynisch definiert.
                        Der Film hat immer wieder solche Szenen, das ganze Gebaren dieses Schundwerkes ist so ausgelegt.

                        Nicht einfach nur ein schlechter Film, sondern ein ganz klar menschenverachtender Film.

                        Ich persönlich mag Gewalt in Filmen.
                        Wenn sie einen Zweck hat, etwas (auf)zeigen will, wenn sie aufklären soll, wenn sie "sein muss", wenn sie eben angebracht ist.
                        Und auch wenn sie klar übertrieben ist ("Braindead" oder ähnliches), um, denn auch das kann Gewalt in Filmen, eben Spaß zu machen/bringen.
                        Bei "Bad Boys 2" ist Gewalt aber einfach nur da um zu sagen:
                        Yiiiihaaaahh, fuck!!! Schau mal wie geil es aussieht!
                        Wie krass die sind, wie "Bad" die sind!
                        Und wie KILLER Amerika ist!
                        Aber nur der Norden natürlich, Gods own Country halt.
                        Violence is Fun. Und hinterfragt wird nix.
                        Nicht nur "Erst schießen, dann fragen."
                        Nein, hier gilt: "Erst zerbröckeln, dann draufpissen."

                        "Bad Boys 2" ist eben wie ein gestöhnter Tittenfick, mit NRA-Stickern auf den Nippeln und einer fetten Drohne als Schwanz(ersatz).

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                        • 9
                          Andy Dufresne 30.05.2015, 23:35 Geändert 31.05.2015, 07:52

                          Nachdem Alfonso Cuarón "Gravity" in die Kinos gebrachte hatte, wurde immer wieder der Vergleich zu "2001: A Space Odyssey" gezogen.
                          Darauf angesprochen meinte Cuarón, dass er sich niemals mit Stanley Kubrick messen könne oder wolle. Das wäre in etwa so, als ob man mit Rocco Siffredi duschen ginge und danach seine Freundin beglücken würde.

                          Warum ich diese Anekdote erwähne?

                          Zunächst weil ich sie einfach überragend finde :)

                          Aber auch weil sie einige Bezüge zu "Boogie Nights" birgt.
                          Denn "Boogie Nights" ist in seinem Genre eine Art "2001".
                          Und Anderson ist eine Art Kubrick in diesem, ja, seinem ganz eigenen Genre. Dem P.T.A.- Genre.

                          Und trotzdem fehlt mir bei "Boogie Nights" ein wenig dieses letzte bißchen Rocco, dieses letzte Quentchen Siffredi, dieses explizit klar Dreckige, Harte, Knallharte, was Porno im Kerne eben eigentlich ist, vor allem was es über die Jahre - von denen "Boogie Nights" ja erzählt - eben immer mehr und mehr wurde.
                          Dieses Rohe. Die blinde, stumpfe, schnelle Geilheit eben.

                          Wahrscheinlich, sehr sicher sogar, hat P.T. Anderson seinen Film sehr bewusst etwas abstrakter gehalten, dieser Stil zieht sich ja durch sein ganzes Schaffen.
                          Aber gerade im Falle von "Boogie Nights", hätte mir persönlich ein Filter weniger und eine Portion mehr Full Frontal mehr gegeben, als "Boogie Nights" und P.T. Anderson eben letztendlich bereit waren herauszurücken.
                          Einfach weil es dann noch unmittelbarer, noch griffiger wäre.

                          Das ist aber auch der einzige kleine Punkt, den ich persönlich gerne etwas anders, eben (noch) drastischer, gehabt hätte.

                          Ansonsten ist "Boogie Nights" ein nahezu perfekter Film.

                          Ein Film der vom Geschäft erzählt.
                          Die Pornoindustrie, vor allem in ihrer Übergangszeit in den 70/80er Jahren - die von "Boogie Nights" porträtiert wird - , ist voller Verlockungen, voller Glitzer, voller Satisfaktion.
                          Aber dieses Geschäft ist auch - und wird immer mehr - ein dreckiger, brutaler, menschenverachtender Moloch.
                          Eine Achterbahn, die Dich rasant ganz nach oben bringen kann und unter deren Rädern Du, am Ende, zerschlissen zurückbleibst.

                          Das zeigt der Film in einer solch verzweigten und ausufernden Epik und Breite, dass es eine reinste Freude ist.

                          Und "Boogie Nights" hat ein Ensemble - ich nenne bewusst keine einzelnen Namen, denn ALLE spielen hier am Limit - welches schlicht brillant (inter)agiert und absolut herausragend gecastet wurde.

                          Ein starkes, dichtes, tiefgreifendes Drehbuch, eine optimale Umsetzung (die Kamera ist der Wahnsinn!), ein grandioser Soundtrack, ein ganz besonderer Film.

                          "Boogie Nights" ist jetzt schon ein Klassiker und wird diesen Status über die Jahre sicherlich noch ausbauen.
                          Ein Großkunstwerk.

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                            Andy Dufresne 30.05.2015, 02:33 Geändert 31.05.2015, 00:21

                            Warten auf Godot, ääähhh auf He-Man...

                            Nachdem ich momentan total gemadmaxed und gefuryroaded bin, wächst in mir ein kleiner Keim Hoffnung, vielleicht eines fernen Tages doch noch ENDLICH mit einem richtigen He-Man Film beschenkt zu werden.

                            Der 87er Lundgren-Verschnitt war leider viel mehr Kotmurmel als Trashperle (auch wenn ich mittlerweile meinen Frieden (6 Punkte) damit gemacht habe).
                            Als 9-jähriger Hardcore-Fan habe ich den Film (erstmals) 1989/90 im Fernsehen gesehen und hätte fast geheult, weil er so "Un-He-Man-mäßig" war. Ich hatte darauf gewartet wie Bart Simpson auf den Itchy&Scratchy Film und wurde bitterlichst enttäuscht.
                            Würde mir Gwildor begegnen, ich würde ihm den magischen Schlüssel bis zum Anschlag in seinen Zwergenanus rammen und beginnen darauf "Time to say Goodbye" zu spielen, bis er elendig krepiert.
                            Mit den wirklichen Masters hatte der Film in etwa so viel gemein wie ein Kuhfladen mit einer Pizza.

                            Seit meiner Kindheit, in der He-Man mein allergrößter Held überhaupt war, warte ich nun also schon auf einen Film, welcher der Saga gerecht wird, welcher Eternia auf die Leinwand bringt, welcher Battle-Cat von der Leine lässt, welcher schlicht die ganze Macht von Grayskull entfesselt.

                            John Woo wollte es machen, Brad Pitt wollte es machen, zig angebliche Regisseure/Produzenten/Drehbuchautoren und News gab es schon, niemals wurde etwas daraus.

                            Hoffentlich fühlt der Filmgott sich jetzt von Miller und seinem Max angeteasert und macht es nun irgendwie möglich die nächste (und für mich größte!) 80-Ikone endlich aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken.

                            Es wäre sowas von an der Zeit!

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                              Andy Dufresne 29.05.2015, 23:40 Geändert 30.05.2015, 01:08

                              Was passiert, wenn Morgan Freeman (also der echte Morgan Freeman als zu 99% echter Morgan Freeman!) in einen schäbigen Supermarkt reinschlappt und den restlichen Tag mit der süß-thoughen Kassiererin (Paz Vega) verbringt?

                              Nicht viel.

                              Aber dieses "Nicht viel" wird wunderbar ruhig kontemplativ, beiläufig spontan und augenzwinkernd humanistisch erzählt.

                              Ein im besten Sinne entschleunigter, einfacher Film, der leider total unbekannt ist. Mit einer so simplen wie wichtigen Botschaft:
                              Du bist nicht allein.

                              Eine Perle die es zu entdecken gilt.
                              Wie eine kleine Pille gegen das Alleinsein.

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                              • Andy Dufresne 29.05.2015, 22:59 Geändert 29.05.2015, 23:03

                                "Es-Remake ohne Regisseur und Drehort auf Eis gelegt"

                                Hmmm, schade, was wohl passiert wäre, wenn sie es nicht auf Eis gelegt hätten?!
                                Ich wollte schon immer mal einen Film sehen, der ohne Regisseur und ohne Drehort gemacht wurde :D

                                Wobei, Friedberg&Seltzer habe das ja offenkundig schon geschafft ("Meine Frau, die Spartaner und ich"). Und die hatten zusätzlich auch noch kein Drehbuch, keine (echten) Schauspieler und absolut kein Talent :D

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                                  Andy Dufresne 28.05.2015, 23:30 Geändert 09.06.2015, 23:30

                                  Alle mögen den Joschka!

                                  Ich mag den Joschka.
                                  Denn ich finde seinen Werdegang spannend und auch als Bürger fand ich, dass der Joschka uns nach Außen würdig vertreten hat.
                                  Und ich mochte an ihm, dass er immer ein (so wichtiges) Gegengewicht zu seiner eigenen Partei war (unter anderem deshalb mochte und mag ich Helmut Schmidt auch so gerne).

                                  Der Pepe (Danquart; der Regisseur dieses Dokumentarfilmes) mag den Joschka.
                                  Ja, der Pepe mag den Joschka sogar so sehr, dass er dem Joschka keine einzige kritische Frage stellt.
                                  Und selbst wenn die harten Themen kommen ( zum Beispiel: Hatte der damalige amtierende Außenminister Fischer 30 Jahre zuvor Steine auf Polizisten geworfen und auf sie eingeprügelt?!), werden sie einfach vom Pepe und vom Joschka süffisant feixend weggelächelt.

                                  Am allermeisten mag den Joschka aber der Joschka selbst.
                                  Ja, der Joschka scheint sogar dem Joschka sein eigenes Idol zu sein.

                                  Und in der Verbindung - wie arg der Joschka den Joschka mag, seine Schattenseiten aber nicht, jedenfalls spricht er nicht über sie, und wie arg der Pepe den Joschka mag, nämlich so arg, dass er nicht nach Joschkas (eigentlich stark vorhandenen!) Schattenseiten fragt - ist der Film dann eben doch extrem einseitig und tendenziell. Schade.

                                  Joschka der Heilige, Joschka der Klügste,
                                  Joschka das "Ich-hab-alles-schon-vorher-gewusst"-Orakel.

                                  Reflektiert ist dieser Film also eher nicht,
                                  unterhaltsam ist er dafür fast durchgehend.
                                  Zu lang (143 Minuten) geraten ist "Joschka und Herr Fischer" sicherlich, allerdings öffnen sich dadurch oft Räume um Dinge (Joschkas Kindheit, zum Beispiel) etwas großzügiger zu beleuchten, was den Film wiederum positiv von vielen ähnlich gestrickten Polit-Dokus abhebt.

                                  Im Endeffekt eine manchmal schon fast peinliche Lobhudelei, die aber trotzdem sehr eindrückliche Anteile besitzt.
                                  Und ein Film, der - ob man den Joschka mag oder nicht - filmisch ansprechend die Rolle von Joschka Fischer in der Geschichte der BRD und zum Teil der Geschichte der großen weiten Welt ( Luftangriffe auf Serbien, Irak-Krieg unter Bush) darstellt, auch wenn sie leider oft verkürzt/gerafft und eben null kritisch hinterfragt wird.

                                  Sehenswert für Leute die sich sowieso für Politik interessieren und ein wenig Hintergrundwissen mitbringen.
                                  Sehenswert vor allem für Leute die den Joschka mögen.
                                  Und sehenswert auch für Leute die den Joschka hassen (denn dann kann man sich sicherlich wunderbar aufregen über den Film und über den Joschka).

                                  Joschkapower total halt.

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                                  • Andy Dufresne 27.05.2015, 23:09 Geändert 21.07.2015, 03:24

                                    Auf was ich hoffe: Die Zeit

                                    Denn die Zeit erhob schon andere, im Kino leider untergegangene Großmeisterwerke (ich denke da vor allem an "Die Verurteilten/The Shawshank Redemption) an den Platz, der ihnen eigentlich gebührt.

                                    Mit DVD/Blu-ray/Video on Demand/Ausstrahlungsrechten etc., kann und wird es (hoffentlich) gelingen, diesen absoluten Ausnahmefilm dorthin zu bugsieren, wo sein rechtmäßiger Platz eben einfach ist.
                                    In den Filmolymp.

                                    Bei den großen Portalen/Bewertungen, bei den "echten" Filmliebhabern, bei (fast) allen die "Fury Road" sahen, hat er diesen Status zum Glück ja schon.
                                    Gerade bei "Fury Road" aber, wäre es immens wünschenswert, dass der Film eben auch im Kanon des Mainstreams, des Profits zu Potte kommt.
                                    Unter anderem wegen den Gründen die Vincent Vega (sehr treffender, stichhaltiger Text übrigens!) nannte, aber eben auch schlicht weil es dann, wenn der Film "ins Geld kommt", auch die Möglichkeit geben kann die Reihe fortzusetzen.

                                    Denn dann würde die Großtat Millers - echtes, reines, pures und vor allem eigenwilliges Kino gegen den Brei aus Reboots, Fortsetzungen Nummer 56, Remakes und "Aufnummersichergehfilme" zu schleudern - noch mehr Raum und Aufmerksamkeit kriegen.

                                    Dann würde eben noch deutlicher (im Bewusstsein der Masse), wie großartig ECHTES Herzblut-Kino sein kann und wie wichtig es ist, dass auch abseitige, eigene, strange Ideen/Regisseure große Budgets zu Verfügung gestellt bekommen.

                                    Und dass dann hoffentlich andere Regisseure nicht, wie Miller, 30 Jahre lang für ihre Projekte hausieren gehen müssen, und im schlimmsten (aber wohl am meisten eintretenden) Fall ihre Ideen im Endeffekt nie verwirklichen können.

                                    Möge die Zeit mit "Fury Road" sein. Immer.

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                                      Andy Dufresne 26.05.2015, 23:33 Geändert 27.05.2015, 03:19

                                      WTF?!
                                      Hab grad eben erst gecheckt, dass der Silbersprühdosenjenseitsliebhaberblutbeuteljunkie Nux ("Seid meine Zeugen!!!") vor 13 Jahren noch......(*Tusch*)......der Junge, der mit Brotlaiben nach Enten schmiss, aus "About a Boy" war!!!

                                      Wie geil/strange ist das denn bitte?!

                                      Ein weiterer, sehr surrealer Grund, um "Fury Road" gleich noch mal (aufmerksamer) im Kino zu sehen :)

                                      Auf nach Walhalla!!!

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                                        Andy Dufresne 25.05.2015, 23:46 Geändert 26.05.2015, 01:34

                                        Größte Ensemble-Bankrotterklärung EVER.

                                        Hier ist wirklich (fast) jeder dabei, der vor 10 Jahren angeblich witzig war.
                                        Und absolut ALLE versagen kläglich, selbst meinen absoluten Helden Harald Schmidt und Helge Schneider (in Minirollen) würde ich am liebsten beherzt ins Skrotum roundhousekicken, für ihre Teilnahme an diesem Wasserstoffnichts.

                                        Das witzigste an diesem Filmimitat ist eine überdimensionale Tupperwarenbox.
                                        Ja, eine komplett unwitzige, beschissene Tupperwarenbox ist das einzige, was meine Mundwinkel für eine Millisekunde nach oben gehen ließ.
                                        Peinlicher geht´s ja wohl nicht.

                                        Das Tschernobyl unter den deutschen Komödien.

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                                          Andy Dufresne 25.05.2015, 01:02 Geändert 25.05.2015, 01:55

                                          "Der Widerspruch ist das Erheben der Vernunft über die Beschränkungen des Verstandes"
                                          Hegel

                                          Drei Lebenswege durch Nachkriegsdeutschland, drei Biografien die ein wichtiges Stück innerdeutsche Geschichte aufzeigen, fassbar, begreifbar machen.

                                          90 Minuten die sehr dazu geeignet sind, sich ein kleines Bild der Wirklichkeit der damaligen Zeit und ihrer Auswirkung auf heutige politische und persönliche Realitäten zu machen.
                                          Aufgezeigt anhand von persönlichen Schicksalen dreier Anwälte, die in den Tagen der 68er und des deutschen Herbstes RAF und/oder APO Mandanten vertraten, oder selbst zu solchen Mandanten wurden.

                                          Zum einen Otto Schily, späterer Bundesinnenminister, der meint "Nur Idioten ändern sich nicht." und der vom linken Anwalt zum Law and Order Sheriff avancierte.

                                          Zum anderen Hans-Christian Ströbele, vielen noch heute zu links für die Grünen, der bis heute "Sozialismus mit Freiheit" haben möchte.

                                          Und Horst Mahler, der ambivalenteste "Mit Richtern spricht man nicht, auf Richter schießt man", der vom Linksaktivisten und Gründungsmitglied der RAF zum Rechtsextremen wurde, laut Selbstaussage dafür nur "Neue Ansichten ohne Wandlung" vollziehen musste und heute eine Haftstrafe wegen Holocaustleugnung absitzt.

                                          Manche bleiben, manche ändern sich, manche gehen verloren.

                                          Ein Film der Hintergründe aufzeigt für politische Entwicklungen, für Protestbewegungen und für den Wandel des Einzelnen im Mahlstrom des Großen und Ganzen.

                                          Nicht immer ganz in die Tiefe gehender, aber doch sehr zu empfehlender, spannender und erhellender Dokumentarfilm.

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                                            Andy Dufresne 24.05.2015, 21:58 Geändert 10.06.2015, 22:21

                                            Mad wie Mel im ersten Max.
                                            On the Road wie Mel im zweiten Max.
                                            Und vom dritten Max hat er (zum Glück) gar nix.
                                            "Mad Max: Fury Road", der beste aller Mäxe!

                                            Fast jede Szene fühlt sich frisch an, unverbraucht, neu.
                                            Fast nichts an dem Film ist Standard, im Gegenteil, "Mad Max: Fury Road" schafft sich einen ganz eigenen Standard.
                                            Der Film hat gefühlt tausend neue Ideen, Choreographien, Herangehensweisen.

                                            Ich war mit einem sehr guten Freund im Kino, der, wie ich auch, ein großer Mad Max Fan ist. Und wir feierten den Film richtig ab.
                                            Mehrmals rüttelten wir am Anderen, weil wir Szenen fast schon zu geil fanden.
                                            "Am Anderen rütteln" sollte eigentlich ein offizielles Kritikkriterium werden/sein, denn wenn man am Anderen rütteln muss, MUSS der Film einfach eine Obergranate sein.
                                            Sonst würde man ja nicht rütteln müssen :)

                                            Zum Inhalt sage ich mal nichts, einfach überraschen lassen, oder besser noch: Sich umhauen lassen.

                                            "Mad Max: Fury Road" hat mir (mal wieder) gezeigt warum ich Kino so liebe.
                                            Weil es groß ist, weil es abgeht, weil es Krach macht, und zwar richtig.
                                            Weil es mich große Augen machen lassen kann, weil es meinen Puls steigen lassen kann, weil es mir Adrenalin in den Körper pumpen kann.
                                            Weil es mich komplett abschalten lassen kann und mich komplett in eine andere Welt reinziehen kann.
                                            Weil es einfach geil ist.
                                            Danke dafür Max, Danke dafür Kino.

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                                              Andy Dufresne 17.05.2015, 23:30 Geändert 18.05.2015, 06:05

                                              " Siddharta Gautama, der Buddha,
                                              zeichnete mit roter Kreide einen Kreis und sagte:
                                              Wenn es vorherbestimmt ist, dass Menschen einander wiedersehen sollen, was auch immer ihnen geschieht, auf welchen Wegen sie auch wandeln, am gegebenen Tag werden sie einander unvermeidlich
                                              „im roten Kreis begegnen“.
                                              Rama Krischna"

                                              So beginnt der Film und ganz genau DAS erzählt der Film dann auch.

                                              Schnörkellos und mit wenigen Worten.
                                              Hart, kühl, äußerst fatalistisch.
                                              Grimmig und stoisch prescht der Film voran.
                                              "Le Cercle Rouge" macht, im wahrsten Sinne des Wortes, keine Gefangenen.

                                              "Es gibt keine Unschuldigen. Die Menschen sind Verbrecher."

                                              "Le Cercle Rouge" lässt sich am Anfang die Zeit die es braucht, um die Charaktere gescheit und konsequent einzuführen, und wird dann, einem Trichter gleich, immer zielführender, immer verdichteter.
                                              Hier wird jede Szene genutzt, jede Szene hat ihre Berechtigung, muss zwingend in den Film.
                                              So erzählt man straffe, spannende Geschichten, ganz genau so.
                                              Oder wie John Woo "Le Cercle Rouge" glasklar zusammenfasste:

                                              "Visually arresting and powerful!
                                              Melville was the coolest, most stylish of auteurs!"

                                              Alain Delon und Gian Maria Volonté als toughe, mitdenkende Gangster.
                                              Yves Montand als hochmelancholischer (Er)Trinker, als zerbrochenes Neutrum zwischen den Fronten.
                                              Und André Bourvil als Vollprofi-Bulle, der seinen davonschwimmenden Fellen mit höchster Präzision hinterherjagt, der sich wie eine Klette an die Menschen hängt, denen er im roten Kreis begegnen will/muss.
                                              Besser hätte Jean-Pierre Melville diesen Film zu dieser Zeit (1970) nicht besetzen können.
                                              Ein Ausnahme-Ensemble.

                                              "Le Cercle Rouge" hat wirklich alles was ein großer Gangsterfilm braucht.
                                              Und noch ein bisschen mehr.
                                              Als Yves Montand Besuch von den Bewohnern des Wandschranks bekommt, stockte mir kurz der Atem.
                                              So eine Szene hätte ich in diesem Film niemals erwartet.
                                              Dabei ist es wohl DIE Szene des Filmes, denn sie entblößt das Tieferliegende, die Antriebe von Yves Montand, aber auch übergeordnet die Antriebe des ganzen Filmes:
                                              Es geht um Flucht, darum zu jagen und gejagt zu werden.
                                              Es geht um Angst.

                                              „Ohne dich hätte ich nie Rache nehmen können an den Bewohnern des Wandschranks.“

                                              Ein Film wie ein Pfeil, der mit großer Kraft sein Ziel erreicht.
                                              Und der Schütze verzieht keine Miene.
                                              Er zielt, schießt, trifft.
                                              Dann dreht er sich um und geht davon.

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                                              • Andy Dufresne 16.05.2015, 21:25 Geändert 16.05.2015, 21:41

                                                "Atomblockbuster, bei dem völligst klar war, dass er massiv fett Kohle machen würde, macht massiv fett Kohle!"

                                                Eine "News" der Marke
                                                "Papst ist völlig überraschend weiterhin Katholik!"

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                                                • Glückwunsch, bester Martin!
                                                  So geht (mal wieder :D) Kommentar der Woche, genau so!

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                                                    Andy Dufresne 16.05.2015, 05:02 Geändert 18.05.2015, 03:05

                                                    Ursprünglich wollte ich mit einem Zitat anfangen.
                                                    Das ist aber ganz, ganz schwierig, denn eigentlich müsste man dann schlicht das komplette Drehbuch von "Annie Hall" posten, in diesem Film stecken Legionen von Ewigkeitszitaten.
                                                    Hunderte Beispiele für die humoristische Kraft der Worte, ein Ironie-Sarkasmus-Feuerwerk welches seinesgleichen sucht (und nur schwer finden wird).
                                                    Mit Sicherheit eines der witzigsten Skripte aller Zeiten, selten zuvor und selten danach hat ein Originaldrehbuch so sehr einen Oscar verdient (und in diesem Fall glücklicherweise auch bekommen).

                                                    Dabei ist "Annie Hall" wahrlich alles andere als ein "normaler Film".

                                                    Viel Freud, viel Jung, viel Analyse.
                                                    Mein Psychiater geht zum Psychiater deines Psychiaters.
                                                    Hauptsache Seelenschau.
                                                    Aber nicht in bedrückend und schwer, nein, eher in zerstreuend und leicht.
                                                    Eine Zeit (1977) der Freiheit, eine Zeit des Loslassens.

                                                    "Annie Hall" ist kein Film im klassischen Sinne, "Annie Hall" ist vielmehr Nabelschau Woody Allens, ist vielmehr ein Stück Zeitgeist der Post-Hippie-Ära.
                                                    Ist vielmehr Bestandsaufnahme wie Woody Allen damals das Leben, die Liebe, ja das Sein/sein Sein begriff.

                                                    Und die Herangehensweise ist einfach großartig.
                                                    Intellektuell, eloquent, schnell, fordernd, auf den Punkt, aber nie abgehoben, nie mit dem Zeigefinger und schon gar nicht mit dem Holzhammer.

                                                    Das wahrhaft Wunderbare, Leichte, Besondere an "Annie Hall":
                                                    Dieser Film ist so grandios beiläufig erzählt.
                                                    Ständig durchbricht Woody Allen die vierte Wand, immer wieder brechen Szenen aus sich selbst heraus, kurzerhand wird aus Realfilm Trickfilm, dieser Film macht einfach was er will.
                                                    Dieser Film fließt einfach so vor sich hin.
                                                    Man wünscht sich dass er immer weiter und weiter fließen würde, niemals ankommen würde, dass er einfach ewig flösse...

                                                    "Annie Hall" ist wie die unerträgliche Leichtigkeit des Seins.
                                                    Es passiert einfach.
                                                    Und doch ist es schwierig und komplex.
                                                    Und doch kann man es eben leicht und zutiefst gediegen erzählen.

                                                    Mit "Annie Hall" kam Woody Allen ganz oben an.
                                                    "Annie Hall" brachte ihm Ruhm und Ehre (Oscars für Regie, Film, Drehbuch und für Diane Keaton als Annie) und ermöglichte es ihm danach immer jemanden zu finden, der ihm einen neues Projekt finanziert.
                                                    Die Möglichkeit einfach jedes Jahr einen Film zu machen, wo er will, mit wem er will, wie er will, worüber er will.
                                                    Gesegnet (nicht nur dafür) sei "Annie Hall".

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