Cunctator99 - Kommentare

Alle Kommentare von Cunctator99

  • 6

    Zwei Jahre nach dem großen Erfolg von ,,Conan der Barbar" brachte Produzent Dino De Laurentiis die Fortsetzung ,,Conan der Zerstörer" in die Kinos. John Milius, der Regisseur des Vorgängers, stand diesmal nicht zur Verfügung, daher ging die Regie an Veteran Richard Fleischer, der nur ein Jahr später mit ,,Red Sonja" einen weiteren Genrebeitrag inszenieren sollte. Weil De Laurentiis glaubte, dass ,,Conan der Barbar" noch deutlich erfolgreicher gewesen wäre, wenn der Film weniger explizite Gewalt enthalten hätte, bekam Richard Fleischer die Auflage, die Gewalt in der Fortsetzung abzumildern.

    Inhaltlich schließt der Film an seinen Vorgänger an: Conan (Arnold Schwarzenegger) trauert noch immer um seine verlorene Liebe Valeria. Als er und sein Begleiter, der Dieb Malak (Tracey Walter), auf die undurchsichtige Königin Taramis von Shadizar (Sarah Douglas) treffen, verspricht sie ihm, Valeria wieder zum Leben zu erwecken. Als Gegenleistung muss Conan jedoch Taramis' Nichte, Prinzessin Jehnna (Olivia d'Abo) auf eine gefährliche Reise begleiten...

    Der größte Pluspunkt des Films dürfte weiterhin Arnold Schwarzenegger als Conan sein. Ich kann mir niemanden sonst vorstellen, der die überlebensgroße Titelrolle derart perfekt ausfüllen kann. Wie bereits im Vorgänger trägt Arnie den Film mühelos auf seinen muskulösen Schultern und beeindruckt durch seine schiere physische Präsenz. Der restliche Cast ist hingegen ein zweischneidiges Schwert: Während Grace Jones als stolze Kriegerin Zula alles gibt und den Film durch ihre eigenwillige, immer etwas kontroverse Art bereichert, fallen andere Darsteller merklich ab. Olivia d'Abo, die zum Zeitpunkt des Drehs gerade einmal fünfzehn Jahre alt war, gewann (leider) zurecht zwei goldene Himbeeren für ihre Darstellung und Tracey Walters, dessen Dieb Malak für Comic Relief sorgen soll, sorgte bei mir eher für genervtes Stöhnen. Dies liegt aber eher am Drehbuch als am Darsteller oder der Figur an sich. Denn während der Gewaltgrad heruntergefahren wurde, entschieden die Macher des Films sich dafür, verstärkt auf komödiantische und selbstironische Elemente zu setzen. Dies war meiner Meinung nach ein Fehler, denn man beraubte den Film damit der epischen Ernsthaftigkeit, die seinem Vorgänger noch innewohnte. Natürlich schreit das Genre an sich schon nach einer gewissen Portion Selbstironie, allerdings empfand ich die Gags des Films dann doch als zu aufgesetzt und störend. Hier hätte ich mir eine durchgehend ernsthafte Herangehensweise gewünscht, dies ist jedoch meine rein subjektive Empfindung.
    Positiv hervorzuheben sind zum einen der Score, der erneut von Basil Poledouris stammt und mit seinem eingängigen, treibenden Theme zumindest ein bisschen der epischen Atmosphäre von Teil eins zurückbringen kann. Zum anderen bietet der Film einige schöne Locations und doch die eine oder andere nette Idee, die dem relativ hohen Budget Rechnung tragen. Hier sind vor allem das Schloss des finsteren Zauberers Thoth-Amon und die Tempelanlage, in der Dagoths Horn aufbewahrt wird zu nennen.
    Ansonsten bietet der Film das, was man erwartet. Eine geradlinige Handlung, die von Kampf zu Kampf führt und eine Heldentruppe, die sich aus fantasy-typischen Figuren zusammensetzt, von denen jede ihre eigenen Stärken und Schwächen in das Abenteuer einbringt.

    Fazit: Kommt nicht an seinen legendären Vorgänger heran, bietet Sword-and-Sorcery-Fans aber genug von allem, was sie lieben. Der berühmte Barbar kloppt sich durch eine bunte Fantasy-Welt voller Magie, Monster, düsterer Tempel und schöner Frauen. Das Ganze hat natürlich einen nicht unerheblichen Trash-Faktor, unterhält aber aufgrund des hohen Produktionsaufwands und zählt natürlich zu den besten Vertretern des Barbarenfilms. Alles andere wäre eines Conan auch nicht würdig.

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    • 6 .5

      **enthält Spoiler**

      Im Jahr 2005 lieferte uns Zombie-Papst George A. Romero mit ,,Land of the Dead" den insgesamt vierten Beitrag seiner Filmreihe über die wandelnden Untoten. Nachdem das Drehbuch mehrere Jahre in der Entwicklung war und immer wieder stark verändert wurde, konnte sich Romero schließlich mit einem recht hohen Budget von ca. 19 Mio. Dollar und uneingeschränkter künstlerischer Freiheit so richtig austoben.

      Zur Handlung: mehrere Jahre sind seit Ausbruch der Epidemie vergangen und Zombies durchstreifen nahezu jeden Winkel der Welt. Die Überlebenden haben zum Schutz gut gesicherte Außenposten errichtet. Einer dieser Außenposten liegt im Hochhaus ,,Fiddler's Green". Hier hat sich eine strenge Zwei-Klassen-Gesellschaft entwickelt. Während die Reichen und Mächtigen im Hochhaus in Luxus schwelgen, lebt der Großteil der Bevölkerung in großer Armut zu den Füßen des Gebäudes. Die beiden Freunde Riley Denbo (Simon Baker) und Cholo (John Leguizamo) plündern mit ihrer Manschaft und dem schwer bewaffneten Panzerwagen Dead Reckoning die umliegenden Gebiete, um Vorräte zu sammeln. Während Cholo sich einen Platz in Fiddler's Green erarbeiten möchte, träumt Riley davon, mit einem Auto nach Norden aufzubrechen und die Gesellschaft der Menschen hinter sich zu lassen. Doch beide sehen ihre Pläne nicht nur durch die Horden der Untoten gefährdet, die erschreckenderweise Teile ihrer früheren Intelligenz zurückgewinnen, sondern auch durch die Intrigen von Paul Kaufman (Dennis Hopper), dem Herrrscher der Stadt...

      Wie in seinen anderen Zombiefilmen auch, liefert uns George A. Romero mit ,,Land of the Dead" nicht nur ein oberflächliches Splatterfest, sondern lässt politische und sozialkritische Komentare einfließen. Neben dem offensichtlichen Klassenkampf, der die Oberschicht als zweite, gleichberechtigte Bedrohung neben den Zombiemassen etabliert, werden auch die Auswirkungen der Terroranschläge des 11. Septembers 2001 thematisiert. Romero-typisch sind diese satirischen Einflüsse recht vordergründig und beziehen klar Stellung, geben seinem Film aber eine willkommene Metaebene, die ihn von seinen Genrekollegen abhebt. Ebenfalls typisch Romero sind die zahlreichen, blutigen Effekte des Films. Das hohe Budget spiegelt sich dabei nicht nur in einem aufwendigeren Setting wieder, sondern auch in den ebenso hochwertigen wie expliziten und unappetitlichen Splatter- und Gore-Effekten. Hier sollte jeder Fan klassischer Zombiefilme voll auf seine Kosten kommen, den Romero lässt seine Trademark-Geschöpfe vom Start weg ordentlich zur Sache gehen.
      Apropos Zombies: die Darstellung der schlurfenden Kreaturen wird von Zombie-Puristen eher kontrovers betrachtet, da der Film eine Evolution der Untoten zeigt. In Gestalt des Anführers ,,Big Daddy" erlangen die Zombies über den Film hinweg immer mehr Fähigkeiten aus ihren früheren Leben zurück und beginnen sogar, sich als Gruppe zu organisieren. Damit muss man klarkommen, allerdings ist diese Entwicklung mit Blick auf Romeros Gesamtwerk durchaus konsequent, denn bereits in ,,Day of the Dead" zeigte Romero uns im Finale einen Zombie, der von einer Schusswaffe Gebrauch machen konnte. Daher verwundert es umso mehr, dass Romero sein ,,Land of the Dead" nicht als Fortsetzung seiner Zombie-Reihe verstanden wissen wollte, sondern als eigenständiges Werk, das für sich allein steht.
      Dass Romero seinem Stil auch mit höherem Budget konsequent treu geblieben ist, zeigen neben den genannten, positiven Aspekten auch die Kritikpunkte, die mir beim Ansehen in den Sinn kamen. Denn genretypisch baut der Film in seinen Schocksequenzen ein bisschen zu oft auf Zombies, die aus dem Nichts auftauchen. Auch stellt sich wieder mal die Frage, wieso dermaßen viele Menschen der in Schrittgeschwindigkeit auf sie zu schlurfenden Bedrohung zum Opfer fallen, anstatt sich in leicht erhöhter Schrittgeschwindigkeit von dieser wegzubewegen. Andererseits kann man Romero in vielen Szenen aber auch eine gewisse Kreativität bescheinigen, die innerhalb der engen Grenzen seines Subgenres jede Menge Neues einbringen kann.

      Fazit: Während George A. Romero auf der einen Seite das von ihm geprägte Genre des Zombiehorrors konsequent weiterentwickelt, bleibt er auf der anderen Seite ebenso konsequent seinem eigenen Stil treu und liefert mit ,,Land of the Dead" einen Film, der eindeutig seine Handschrift trägt. Auch, wenn der vorliegende Film kein Über-Klassiker wie ,,Dawn of the Dead" geworden ist, führt für Horrorfans im Allgemeinen und Zombiefans im Speziellen kein Weg an ,,Land of the Dead" vorbei.

      2
      • 6

        Im Jahr 2011 erfasste die Welle an unnötigen Fortsetzungen, Remakes oder, wie im vorliegenden Fall, Prequels auch John Carpenters Klassiker ,,Das Ding aus einer anderen Welt", welches ja seinerseits bereits ein Remake eines Schwarz-Weiß-Films von Christian Nyby ist. Der Niederländer Matthijs van Heijningen jr. inszenierte mit ,,The Thing" die Vorgeschichte des Grauens in der Antarktis.

        Konkret wird die Geschichte der norwegischen Forschungsstation erzählt, die im Carpenter-Film von Hauptfigur R.J. MacReady und Dr. Copper durchsucht wird. Als die Norweger das Raumschiff und die titelgebende Lebensform im Eis entdecken, bittet man die amerikanische Paläontologin Kate Lloyd (Mary Elizabeth Winstead) um Unterstützung. Als sich zum Schrecken der Forscher herausstellt, dass die Lebensform nicht so tot ist wie zunächst vermutet, beginnt der Kampf ums Überleben...

        Das Original zählt zu meinen absoluten Lieblingsfilmen und ist meiner Meinung nach einer der besten Horrorfilme aller Zeiten. Das bedeutete zum einen, dass ich nicht umhinkam, mir auch das Prequel anzusehen, zum anderen aber auch, dass ich nur sehr gedämpfte Erwartungen an den Film hatte. Und was soll ich sagen, diese Erwartungen wurden größtenteils erfüllt. Von der ersten Sekunde tut der Film alles, um Referenzen zum großen Vorgänger zu schaffen. Einerseits webt er an verschiedenen Stellen das musikalische Titelthema des Originals in den Soundtrack ein, andererseits hat er im Finale eine geradezu diebische Freude daran, die Station bis ins kleinste Detail so zuzurichten, wie sie dann später von den Amerikanern vorgefunden wird. Auch die Spezialeffekte sind natürlich an das Original angelehnt und können durchaus überzeugen. Die Designs der verschiedenen Metamorphosen sind ebenso verstörend, eklig und bizarr wie jene im Original. Da man sich im Prequel jedoch für CGI-Effekte entschieden hat, wirken die Tricks paradoxerweise etwas schwächer und steriler als die zeitlosen, handgemachten Effekte von Rob Bottin.
        Problematischer wird es bei den Figuren des Films. Wo die Besatzung der amerikanischen Station es irgendwie schaffte, selbst unwichtigere Nebenfiguren durch etwas Eigenes hervorzuheben und somit dem Zuschauer nahezubringen, tummeln sich im Prequel jede Menge eher uninteressante Leute, bei denen ich mehr als einmal nicht wusste, welcher von ihnen denn da jetzt gerade wieder abgemurkst wurde. Doch das ist nicht das einzige Problem, dass ich mit den Charakteren des Prequels habe. Ich empfand auch die Wahl der Hauptfigur als ziemlich unpassend. Und damit meine ich nicht die FIgur an sich, sondern die Entscheidung, eine Amerikanerin zur Hauptfigur eines Films zu machen, der auf einer norwegischen Forschungsstation spielt. Vorweg: Der Grund dafür ist mir natürlich klar. Es handelt sich um einen amerikanischen Film, der in den amerikanischen Kinos gut laufen muss. Und amerikanische Kinogänger akzeptieren nunmal ausschließlich Amerikaner als Identifikationsfiguren. Somit wäre der Verzicht auf eine amerikanische Protagonistin für die Produzenten wohl finanzieller Selbstmord mit Ansage gewesen. Trotzdem wirkt es aus inhaltlicher Sicht geradezu lächerlich bemüht, dass die norwegischen Forscher um die Expertise einer amerikanischen Paläontologin bitten, anstatt eigene Naturkundler hinzuzuziehen. Komplett ins Lächerliche gleitet die Situation dann durch die Charakterisierung der einzelnen Figuren. Während sämtliche Norweger im Film als entweder tumb und einfältig oder selbstherrlich und karrieregeil dargestellt werden und mit der Situation völlig überfordert sind, nehmen die aufgeklärten Amerikaner mehr und mehr die Zügel in die Hand und retten die Lage. Gott sei Dank ist eine Amerikanerin auf der Station, die den Norwegern sagt, was Sache ist. Nicht auszudenken, wenn die auf sich alleine gestellt wären, ist man versucht zu sagen. Zusätzlich gibt es im Film vereinzelte Szenen, die ziemlich unglaubwürdig erscheinen und mich zum Kopfschütteln animiert haben (Stichwort: Sturz der Protagonistin relativ am Ende des Films).

        Fazit: Unterm Strich steht ein weiterer Vertreter der leidigen Sequel/Prequel/Reboot-Orgie, die Hollywood nun schon seit vielen Jahren ungeniert feiert. ,,The Thing" mag dabei ein handwerklich ganz gut gemachter Horrorfilm sein, der durch seine zahlreichen Bezüge zum Carpenter-Film belegt, dass die Macher ihr Prequel akribisch durchgeplant haben. Leider geht der Neuauflage aber naturgemäß jegliche Originalität, Coolness oder gar Subversion abhanden. Zusammen mit den oben genannten, nervigen Kritikpunkten, landet der Film somit eher im Mittelmaß, statt eigene Akzente zu setzen. Aber das wollte er wohl auch nie.

        2
        • 7 .5
          Cunctator99 13.09.2022, 14:33 Geändert 26.09.2024, 21:36

          Der südkoreanische Abenteuerfilm ,,The Tiger - Legende einer Jagd" von 2015, der mit einiger Verspätung in Deutschland veröffentlicht wurde, erzählt die Geschichte des letzten in Südkorea lebenden Tigers, der 1925 mit großem Aufwand und auf Befehl der japanischen Besatzungsmacht gejagt wird. Mittendrin steckt der alternde Jäger Chun Man-Duk (Choi Min-Sik), der sich eigentlich zur Ruhe gesetzt hat und mit seinem Sohn als Kräutersammler in den Bergen lebt. Trotz seines historischen Hintergrunds erzählt der Film seine Geschichte eher im Stil eines Märchens oder einer Legende (siehe deutscher Untertitel) denn als Historienfilm.

          Von Beginn an weiß der Film dabei mit wunderschönen Aufnahmen der koreanischen Natur zu begeistern. Die unberührten Wälder und Täler um den Berg Jirisan wirken ebenso majestätisch wie mystisch und prägen eine der Thematik angemessene, melancholische Atmosphäre. Dies wird durch insgesamt ansprechende Darstellerleistungen untermauert. Vor allem ,,Oldboy"-Star Choi Min-Sik kann in der Hauptrolle glänzen, allerdings erwartet den geneigten Zuschauer auch in diesem Film die im asiatischen Kino häufiger anzutreffende, sehr theatralische und übertriebene Gestik und Mimik vieler Darsteller.
          Negativ erwähnen muss man, wie in anderen Kommentaren bereits beschrieben, das sehr auffällige CGI. Sämtliche Tiere im Film, vor allem natürlich der titelgebende Tiger, werden durch CGI ,,zum Leben erweckt". Und die Herkunft aus dem Computer können die Tiere leider in keiner Einstellung verheimlichen. Um es deutlich zu sagen: Ich habe in amerikanischen Filmen aus den letzten Jahren schon schlechteres CGI gesehen, trotzdem wirken die Tiere auch in ,,The Tiger" einfach unecht und stechen unschön aus der Szenerie heraus. Um den Film wirklich genießen zu können, muss man diesen Brocken leider schlucken.
          Dafür wird man inhaltlich mehr als entschädigt. Denn der Film funktioniert nicht nur vordegründig als melancholischer Abenteuerfilm, sondern lässt in seinen ruhigen Momenten immer wieder tiefe philosophische Gedanken über Schicksal, Glück und Unglück sowie das Leben im Allgemeinen zu und weiß seine Zuschauer auch auf emotionaler Ebene zu packen.

          Fazit: Insgesamt ist ,,The Tiger - Legende einer Jagd" also ein bildgewaltiger Abenteuerfilm, der neben optischem Bombast auch ruhige, philosophische Momente zulässt. Die tragische Geschichte und überwiegend ansprechende Darstellerleistungen wiegen das mäßige CGI der Tiere in meinen Augen mehr als auf.

          4
          • 7

            Mit ,,Nosferatu - Phantom der Nacht" drehte Werner Herzog 1979 seine Version des Stummfilmklassikers von F. W. Murnau. Anders als Murnau durfte Herzog in seinem Film die Namen aus der Romanvorlage ,,Dracula" von Bram Stoker verwenden, ansonsten hält die Neuverfilmung sich sehr eng an die ältere Version. Herzog selbst bezeichnet seinen Film dabei nicht als Remake, sondern als Hommage an den Klassiker des Vampirfilms.

            Zur Handlung: der junge Jonathan Harker (Bruno Ganz) begibt sich auf eine beschwerliche Reise nach Trannsylvanien, um dem mysteriösen Grafen Dracula (Klaus Kinski) ein Haus in Wismar zu verkaufen. Obwohl die Reise von bösen Omen und Warnungen der Einheimischen begleitet wird, lässt Harker sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. Erst, als er sich im Schloss des Grafen gefangen findet, erkennt er, welche Gefahr von Diesem ausgeht. Doch der Graf hat sich längst auf den Weg nach Wismar gemacht, nachdem er sich in ein Bild von Harkers schöner Verlobter Lucy (Isabelle Adjani) verliebt hatte...

            Wie man es bei einem Film von Werner Herzog erwarten kann, steckt in seinem ,,Nosferatu" mehr von einem Arthaus-Film denn von einem klassischen Horrorfilm. Wer hier plakativen, vordergründigen Horror erwartet, wird vermutlich enttäuscht und gelangweilt werden. Stattdessen setzt der Film von Beginn an auf eine traumartige, düstere Stimmung, die sich, wie im schwarz-weißen Vorbild, durch das Spiel von Licht und Schatten manifestiert. Schon der Vorspann, der Bilder aus dem mexikanischen Museo de las Momias de Guanajuato zeigt, bereitet die morbide Atmosphäre mustergültig vor, die sich durch den folgenden Film ziehen wird. Auch bei der Wahl der restlichen Drehorte bewies Herzog ein glückliches Händchen. Die niederländische Stadt Delft erweist sich mit ihren Kanälen und Kaufmannshäusern als wunderschöne Kulisse für die Stadtszenen, während die tschechische Burg Pernštejn als beeindruckende Residenz des Grafen Dracula dient.
            Leider konnten mich die schauspielerischen Leistungen nicht so sehr überzeugen wie die Atmosphäre und die Drehorte. Zwar gibt Klaus Kinski die Titelrolle hervorragend, da er auf das Kinski-typische, hysterische Rumgezappel verzichtet und seinen Grafen Dracula als melancholischen, lebensmüden Einsiedler spielt, allerdings bleibt Max Schreck wohl für alle Zeiten unerreicht. Zudem fallen die restlichen Darsteller im Vergleich zu Kinski ab. Bruno Ganz bleibt als Held der Geschichte beeindruckend blass, während Isabelle Adjani in ihrer Darbietung ins gegenteilige Extrem umschlägt. Ich kann nur mutmaßen, dass ihr übertrieben ausdrucksstarkes Schauspiel als Hommage an die Stummfilmära gedacht war. Geradezu ärgerlich ließ mich jedoch die Nebenrolle des Dr. Van Helsing zurück. Walter Ladengast leiert seine Texte nicht nur völlig emotionslos runter, er nuschelt auch noch so stark, dass man ihn kaum versteht.
            Dafür stimmen sowohl die musikalische Untermalung des Films, die neben Kompositionen von Herzogs Langzeit-Kollaborateuren Popol Vuh auch Stücke aus Richard Wagners Oper ,,Das Rheingold" verwendet, als auch die Inszenierung von Werner Herzog. Denn obwohl er sich stark am Original orientiert, nutzt er die ihm zur Verfügung stehenden filmischen Mittel voll aus. So wird unter anderem der Bedeutung der Pest in Herzogs Version eine größere Rolle zuteil, die durch beeindruckende Szenen mit zahlreichen Ratten verbildlicht wird. Genau diese Szenen gelten jedoch gleichzietig als äusserst kontrovers, da Herzogs Umgang mit den Tieren von dem beteiligten Biologen Maarten ’t Hart als ziemlich grausam beschrieben wurde. So wurden die Ratten während des dreitägigen Transports von Ungarn nach Delft nicht mit Nahrung oder Wasser versorgt, weshalb sich die Tiere gegenseitig auffraßen. Zudem wollte Herzog, dass die ursprünglich weißen Tiere schwarz eingefärbt werden, weshalb er sie in kochendes Wasser tauchen ließ. Bei dieser Prozedur sei nochmals etwa die Hälfte der Tiere umgekommen.

            Fazit: bildgewaltig, schaurig und poetisch. Werner Herzog liefert einen hervorragenden klassischen Vampirfilm, der als Hommage an Murnaus ,,Nosferatu - eine Symphonie des Grauens" durchaus glückt, als Remake jedoch hinter dem Original zurückbleibt. Zudem hinterlässt der grausame Umgang mit den beteiligten Tieren einen unangenehmen Beigeschmack.

            2
            • 6 .5

              Mit ,,Gefahr: Diabolik!" (1968) verfilmte Horrorikone Mario Bava für Produzent Dino De Laurentiis eine in Italien unglaublich populäre Comic-Reihe um den gerissenen Verbrecher Diabolik, der gemeinsam mit seiner Geliebten Eva Kant ein ums andere Mal die Polizei zum Narren hält. Allerdings zeigten sich die Produzenten vom Einspielergebnis des Films enttäuscht, sodass der Film schnell in Vergessenheit geriet. Ähnlich wie andere Werke von Mario Bava, entwickelte sich ,,Gefahr: Diabolik!" erst mit einigem zeitlichen Abstand zu einem Kultfilm.

              Handlung: Inspektor Ginko (Michel Piccoli) kann einem schon Leid tun. Egal, was er und seine Kollegen von der Polizei sich auch ausdenken, die Verbrecher des Landes scheinen ihm immer einen Schritt voraus zu sein. Besonders dreist wird er von dem Meisterdieb Diabolik (John Phillip Law) und seiner Partnerin Eva Kant (hocherotisch: Marisa Mell) an der Nase herumgeführt. Während der Inspektor verzweifelt versucht, die Finanzen des Landes zu schützen, lässt er sich sogar mit dem Gangsterboss Valmont (Adolfo Celi) ein, um den Superschurken Diabolik endlich festzusetzen...

              Mario Bava inszeniert diese frühe Comicverfilmung als einen äußerst schrillen, grell-bunten und herrlich überdrehten Bilderreigen. Der Film atmet von der ersten bis zur letzten Sekunde die sechziger Jahre wie kaum ein anderer und wirkt wie ein unter Drogeneinfluss entstandener James-Bond-Streifen. Und die Anlehnungen an den berühmtesten Spion Ihrer Majestät sind überdeutlich: schon die Einleitung präsentiert einen psychedelischen, an Bond-Filme gemahnenden Vorspann. Diabolik fährt zwar nicht Aston Martin, dafür aber einen Jaguar und Adolfo Celi als Gangster kommt dem geneigten Bond-Fan wohl auch aus gutem Grund bekannt vor.
              Neben Mario Bavas unnachahmlicher visueller Gestaltung, den opulenten Sets, traumhaften Autos und knalligen Outfits von Marisa Mell sorgt vor allem der Soundtrack von Ennio Morricone für Stimmung. Der Maestro liefert hier einen zur Optik passenden Ohrwurm-Soundtrack, der die Comic-Atmosphäre perfekt einrahmt. Auch der Titeltrack ,,Deep Deep Down", der von Maria Cristina Brancucci gesungen wurde, erweist sich als ziemlicher Ohrwurm.
              Der durchaus namhafte Cast wirkt zwar durch die schablonenhaften Figuren ein wenig gehemmt, liefert aber durchweg gute Leistungen, mit Ausmahme von (ausgerechnet) John Phillip Law vielleicht. Der Hauptdarsteller wird zwar dadurch eingeschränkt, dass er zumeist in einem hautengen Latexanzug steckt, der lediglich seine Augen offen lässt, er konnte mich jedoch auch ohne das Kostüm nicht völlig überzeugen. Der stets latent wahnsinnige Blick und die diabolische Lache mögen zwar zum Charakter und zum generellen Ton des Films passen, wirkten für den Helden des Streifens jedoch eher irritierend auf mich. Dafür stimmt die Chemie zwischen ihm und Marisa Mell umso mehr, die den Film mit einer großen Portion unverkrampfter Erotik auflädt und durch ebenso freizügige wie knallig-bunte Kostüme bereichert.
              Negativ fallen die typischen Probleme auf, die viele Comic-Verfilmungen plagen: Neben den etwas eindimensionalen Figuren sind das die generelle Absurdität der Handlung, die natürlich von jeglicher Glaubhaftigkeit so weit entfernt ist wie Inspektor Ginko von der Verhaftung Diaboliks. Wer anfängt, bei diesem Film Handlungen und Entscheidungen der Figuren zu hinterfragen, wird alsbald Kopfschmerzen bekommen. Bava geht es hier nicht um eine ,,realistische" Abbildung der Handlung. Vielmehr verschreibt er sich voll und ganz dem Pulp-Charakter der Vorlage und lässt seiner Kreativität freien Lauf.

              Fazit: durchgeknallt, schrill, sexy, aber niemals langweilig. ,,Gefahr: Diabolik!" ist ein Film, bei dem man das Hirn ausschalten muss, um die actionreiche und visuell opulente Fahrt zu genießen. Der psychedelische Bilderrausch fängt den Zeitgeist der 1960er perfekt ein und ist ein weiterer Beweis für das lange unterschätzte Talent seines Regisseurs.

              • 7
                über X

                *enthält Spoiler*

                Der Slasher ,,X" von Genreveteran Ti West zählte zu den meisterwarteten Horrorfilmen des Jahres. Nicht ohne Grund, hat der Regisseur sich doch durch seine vorangegangenen Werke einen Namen als Horrorspezialist gemacht.

                Die Handlung des Films klingt dabei nach einem herkömmlichen Slasher: Eine Gruppe junger Filmschaffender mietet sich auf der abgelegenen Farm eines ältlichen Ehepaars ein, um dort, ohne das Wissen ihrer Gastgeber, einen Porno zu drehen. Die Produktion beginnt zunächst wie geplant, doch schon bald zeigt vor allem Pearl, die Ehefrau des Farmbesitzers, immer merkwürdigeres Verhalten...

                Nicht nur aufgrund seines stylischen Settings im Jahre 1979 wirkt ,,X" wie eine einzige große Verbeugung vor dem Horrorgenre. Immer wieder baut der Film implizite und explizite Anspielungen auf Klassiker wie ,,Blutgericht in Texas", ,,Psycho" oder gar ,,Der Horror-Alligator" ein. Doch während er einerseits durch die Kombination von Porno und Gewaltorgie den Slasherfilmen anhaftenden, voyeuristischen Aspekt auf ein gänzlich neues Level hebt, bricht er immer wieder auf kreative Weise aus den eng gesteckten Genregrenzen aus. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Gegenüberstellung von Jugend und Alter. Die Anwesenheit der jugendlichen Filmtruppe weckt im gealterten Paar die Sehnsucht nach der eigenen Jugend, nach Nähe, Zärtlichkeit und Intimität. Obwohl sich dieses Verlangen letztlich in der gewaltsamen Eskalation Bahn bricht, erhalten die beiden durch diese Charakterisierung eine unerwartet tragische, menschliche Note, die weit über die gesichts- und emotionslosen Killermaschinen hinausgeht, die das Genre sonst dominieren. Doch auch die jugendlichen Opfer, äh, Protagonisten des Films lassen sich zwar problemlos in die üblichen, klischéebeladenen Schubladen einsortieren, wirken auf der anderen Seite aber deutlich sympathischer und glaubwürdiger als ihre nervig-platten Genrekollegen. Das liegt nicht nur an den guten Darstellern, unter denen Mia Goth in ihrer ebenso beeindruckenden wie interpretationswürdigen Doppelrolle nochmal besonders hervorgehoben werden muss. Das liegt auch daran, dass sich Ti West sehr viel Zeit nimmt, bevor sich schließlich der zunächst schleichende Horror in puren Terror wandelt. Denn zuvor diskutieren die Figuren in überraschend gut geschriebenen Dialogen passenderweise Themen wie Liebe und Sexualität, aber auch den künstlerischen Anspruch eines vermeintlichen ,,Schmuddelfilms" und reflektieren somit immer wieder augenzwinkernd den Film, in dem sie selbst Figuren sind. Die sympathische Botschaft lautet dabei mit Bezug auf ihre greisen Gegenspieler, dass man sein Leben in vollen Zügen genießen möge, solange man die Chance dazu hat. Natürlich mag der lange Vorlauf, den der Film sich leistet, bis er endlich ans Eingemachte geht, den einen oder anderen sauer aufstoßen und langweilen, meiner Meinung nach ist diese Phase aber ebenso unterhaltsam wie das blutige Finale. Das liegt vor allem an den erwähnten Anspielungen, dem Witz und der Selbstreflektion des Films die ihn so besonders macht.

                Fazit: Mit ,,X" beschert uns Horrorspezialist Ti West eine Porno-Schlachtplatte, die es in sich hat. Vollgepackt mit Querverweisen auf Genreklassiker und immer mit anderthalb Beinen auf der Metaebene, zelebriert West den Slasherfilm, während er ihn gleichzeitig lustvoll dekonstruiert. Für mich definitiv einer der besten Horrorfilme des Jahres, obwohl ich mit Slashern eigentlich nicht ganz so viel anfangen kann.

                4
                • 5

                  ,,Candyman 2 - Die Blutrache" von 1995 ist die Fortsetzung des Überraschungshits ,,Candymans Fluch" (1992) und wurde von dem späteren Oscargewinner Bill Condon inszeniert. Tony Todd kehrt in der Rolle des Candyman zurück, der erneut heraufbeschworen wird, um seine Legende durch eine Mordserie zu festigen.

                  Schauplatz ist diesmal New Orleans zur Zeit des Karnevals. Nachdem ein unvorsichtiger Schriftsteller den Candyman heraufbeschwört und von ihm ermordet wird, wird die Tat Ethan Tarrant zur Last gelegt. Dieser hatte den Autor kurz zuvor bedroht. Von Ethans Unschuld überzeugt, macht sich seine Schwester Annie daran, die Hintergründe der Tat zu entschlüsseln. Doch ihr Weg führt sie geradewegs zum Candyman...

                  Im Prinzip ist ,,Candyman 2 - Die Blutrache" eine typische Slasher-Fortsetzung. Die Morde sind noch ein wenig blutiger und drastischer inszeniert. Die Gore-Effekte sind dabei nicht von schlechten Eltern und sorgten dafür, dass der Film in Deutschland bis 2020 indiziert war. Leider lässt der zweite Teil den sozialkritischen Subtext, der den Vorgänger aus der Masse heraushob, weitestgehend aussen vor. Auch, wenn wir im Verlauf des Films zusätzliche Hintergrundinformationen über den Candyman und seine Geschichte erhalten, bleibt ,,Candyman 2" Slasher-Kost von der Stange. Nach hinlänglich bekanntem Muster wird Nebenfigur um Nebenfigur abgemurkst, bis es schließlich zum Showdown mit der Heldin kommt. Dass der Film dabei durchaus im annehmbaren Bereich liegt, ist zum einen den redlich bemühten Darstellern zu verdanken. Tony Todd in der Titelrolle ist eine sichere Bank und gibt den Candyman weiterhin ebenso bedrohlich wie faszinierend. An seiner Seite geben sich vor allem Kelly Rowan als Annie Tarrant sowie Veronica Cartwright als ihre Mutter Octavia Tarrant alle Mühe, ihren platten Figuren Tiefe zu verleihen.
                  Ein weiterer Pluspunkt ist der gut gewählte Schauplatz des Films. Das schwüle New Orleans ist ein tolles Setting, das in seinem Kontrast zum düsteren Cabrini-Green mit brütender Hitze, dem hektischen Treiben des Karnevals und der unverkennbaren Architektur immer für faszinierende Bilder gut ist. Musikalisch untermalt wird das Ganze abermals von Philip Glass, der bereits den Soundtrack des Vorgängers komponiert hat. Dementsprechend wird auch die Fortsetzung von atmosphärischen Klängen unterlegt, die häufig eine Brücke zum Vorgänger schlagen und den Film nochmals aufwerten können.

                  Fazit: Handwerklich solide Slasher-Fortsetzung mit mehr Blut, die jedoch insgesamt zu konventionell geraten ist, um aus der Masse an durchschnittlichen Sequels herauszustechen. Der Film bemüht sich um Atmosphäre und Dramatik, liefert letzten Endes aber nur Genre-Standardkost und wirft die Sozialkritik des Vorgängers zugunsten von mehr Gore-Effekten über Bord. Slasher-Fans werden mit dem Film wohl dennoch ihren Spass haben.

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                  • 7

                    Mit ,,Candymans Fluch" schuf Regisseur Bernard Rose 1992 einen der besten und berühmtesten Horrorfilme der 90er. Die zugrunde liegende Kurzgeschichte von Produzent Clive Barker wurde zwar stark verändert und erweitert, dadurch gelang den Machern jedoch die Erschaffung eines der ikonischsten Slasher der Filmgeschichte.

                    Die Studentin Helen Lyle arbeitet zusammen mit ihrer Kommilitonin Bernadette an ihrer Dissertation. Das Thema, das die beiden sich ausgesucht haben, ist die Entstehung und Entwicklung urbaner Legenden. Im Zuge ihrer Recherchen stoßen sie dabei auf die Geschichte des Candyman, eines dunkelhäutigen Sklaven, der auf grausame Weise ermordet wurde, weil er sich in eine weiße Frau verliebt hatte. Heutzutage soll er heraufbeschworen werden, sobald man seinen Namen fünf mal in einen Spiegel spricht. Zunächst natürlich skeptisch, muss Helen bald feststellen, dass an dieser Legende mehr dran ist, als sie dachte...

                    Musste sich der Film in seiner Entstehung zunächst mit einigen Problemen auseinandersetzen, konnte sich die Geschichte und vor allem die von Tony Todd verkörperte Titelfigur bald zahlreicher Fans erfreuen. Vor allem für die afroamerikanische Bevölkerung nahm und nimmt der Candyman einen hohen Stellenwert ein, da die Figur bis heute der erste und einzige relevante, dunkelhäutige Slasher ist. Doch auch abseits dessen ist ,,Candymans Fluch" bis heute ein äusserst sehenswerter Genrebeitrag und zurecht einer der besseren Slasher. Regisseur und Drehbuchautor Bernard Rose belässt es nicht einfach dabei, einen dunkelhäutigen Hauptcharakter morden zu lassen, er verlegt den Ort der Handlung von Liverpool (in der Kurzgeschichte) in das Elendsviertel Cabrini-Green in Chicago. Diese für ihre Gewalt und Bandenkriminalität berüchtigte Wohngegend markiert den Hauptschauplatz des Films und diente auch als Drehort. Durch die eindrückliche Darstellung der Lebensverhältnisse in diesem Viertel bekommt ,,Candymans Fluch" eine zusätzliche, gesellschaftskritische Komponente.
                    Untermalt wird das Geschehen von einem starken Soundtrack, der von Philip Glass komponiert wurde. Die Musikuntermalung ist, gemessen an herkömmlichen Horrorfilmen, durchaus gewöhnungsbedürftig, da sie weniger auf bedrohlich-treibende Klänge setzt als auf klassische Musikstücke. Diese geben den Geschehnissen eine epische, fast schon apokalyptische Note und bleiben definitv länger im Ohr als der durchschnittliche Soundtrack eines Horrorfilms.
                    Auch die Darsteller liefern durch die Bank stärkere Leistungen ab, als man dies aus einem 08/15-Slasher kennt. Virginia Madsen, Xander Berkeley, allen voran aber natürlich Tony Todd liefern glaubwürdige Leistungen, die mit den Figuren mitfiebern lassen.
                    Negativ erwähnen kann man höchstens, dass der Film ,,lediglich" ein ganz klassischer Slasher ist, der dem Genre keinerlei neue Impulse verleiht. Er liefert die erwartbaren Jump-Scares und Gore-Effekte, während der Candyman sich nach und nach durch die Figurenriege mordet. Wer nix mit Slashern anfangen kann, wird wohl auch hier nicht zum Fan werden, wer Slasher mag, bekommt, was er erwartet.

                    Fazit: Guter Slasher, der einige recht drastische Gore- und Schockmomente bietet und sich durch seine Figurenzeichnung, Sozialkritik, gute Regie und einen starken Soundtrack wohlig vom faden Slasher-Einheitsbrei abhebt. Der Candyman ist nach wie vor einer der Besten seines Fachs!

                    • 7 .5

                      1968, fünf Jahre nach seinem Über-Hit ,,Gesprengte Ketten", verfilmte Regisseur John Sturges mit ,,Eisstation Zebra" einen Thriller des schottischen Bestseller-Autors Alistair MacLean. Die lose an wahre Begebenheiten angelehnte Spionage-Story konnte bei ihrem Erscheinen zwar weder die Kritiker überzeugen noch die hohen Produktionskosten wieder einspielen, kam aber auf anderem Wege zu Ruhm. Niemand anderes als Howard Hughes gilt gemeinhin als größter Fan des Films und sorgte dafür, dass sein TV-Sender in Las Vegas ,,Eisstation Zebra" über 100 mal ausstrahlte.

                      Der Film beginnt damit, dass ein Satellit eine Kapsel über der Arktis abwirft. Eine Person mit einem Tracker liest die Kapsel auf, wird dabei jedoch von einer zweiten Person beobachtet. Kurze Zeit später sendet die Eisstation Zebra bruchstückhafte Hilferufe, die auf eine Katastrophe hindeuten. Daher erhält U-Boot-Kapitän James Ferraday (Rock Hudson) den Auftrag, sich zu der Station zu begeben und nach Überlebenden zu suchen. Begleitet wird er dabei von dem britischen Agenten David Jones (Patrick McGoohan), der einen eigenen Auftrag zu erledigen hat. Nach kurzer Reise schließen sich auch der sowjetische Überläufer Boris Vaslov (Ernest Borgnine) und der amerikanische Captain Leslie Anders (Jim Brown) der Unternehmung an...

                      Als der Film fertiggestellt war, waren die Kosten von ursprünglich geplanten 8 Mio. Dollar auf 10 Mio. angestiegen. Den Produzenten damals dürfte das nicht so sehr gefallen haben, allerdings sieht man dem fertigen Film den hohen Aufwand auch heute noch in nahezu jeder einzelnen Szene an. Vollkommen zurecht erhielt der Film 1969 zwei Oscarnominierungen für die besten Spezialeffekte und die beste Kamera. Dabei beeindrucken die spektakulären Außenaufnahmen während der U-Bootreise ebenso wie die detailverliebten Innenräume und die im zweiten Teil des Films erreichte, titelgebende Eisstation. Auch, wenn es sich recht offensichtlich um Studioaufnahmen handelt, sind sämtliche Sets aufwendig designt und sorgen für eine beeindruckende Kulisse.
                      Neben den Schauwerten kann ,,Eisstation Zebra" auch mit einem gut aufgelegten Cast an Hauptdarstellern aufwarten. Rock Hudson gibt seinen idealistisch-zielstrebigen U-Boot-Kapitän gewohnt souverän, wird aber von Patrick McGoohan noch übertroffen. Dessen britischer Spion, der munter zwischen undurchschaubar-bedrohlich und charmant-überheblich changiert, wirkt phasenweise zwar wie das Abziehbild eines James Bond, ist jedoch die interessanteste Figur im Cast und drückt all seinen Szenen spielend leicht seinen Stempel auf. Ernest Borgnines etwas grobschlächtiger, aber stets herzlicher sowjetischer Überläufer rückt dabei ein wenig in den Hintergrund, ist dem Darsteller aber perfekt auf den Leib geschrieben worden und macht was er soll.
                      Allerdings kann ich nicht über die Figuren des Films schreiben, ohne zumindest ein bisschen Kritik zu üben. Denn trotz der guten Darsteller spiegelt sich gerade in der Charakterisierung der Figuren ein fast schon schmerzhaft amerikanisches Weltbild wieder. Natürlich handelt es sich bei ,,Eisstation Zebra" um eine amerikanische Produktion, daher steht es dem Film in gewisser Weise zu, eine amerikanische Sichtweise abzubilden. Wie plump hier aber nahezu jedes Klischée über Briten und Russen mitgenommen wird, wirkt phasenweise schon arg übertrieben und lächerlich. Ein zweiter größerer Kritikpunkt betrifft den Handlungsverlauf und das Tempo des Films. Während der erste Teil im U-Boot phasenweise selbst in seinen dramatischen Höhepunkten etwas zu langgezogen wirkt und an zu langsamem Pacing leidet, krankt der zweite Teil auf der Eisstation Zebra an einigen eher wirren und schwer nachzuvollziehenden Twists. Hier wirkt die eine oder andere Wendung doch schon sehr an den Haaren herbeigezogen und unglaubwürdig und schmälert damit den guten Gesamteindruck von ,,Eisstation Zebra".

                      Fazit: visuell opulentes Agentenabenteuer im Kalten Krieg, das an schwachem Pacing und leicht wirrem Handlungsverlauf leidet, aber dank der ansprechenden Darsteller und guten Effekte einiges an Schauwerten bietet.

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                      • 8

                        Im Jahr 1976 brachte uns ,,Superman"-Regisseur Richard Donner mit ,,Das Omen" seinen Film über Geburt und Aufstieg des Antichristen in Gestalt von Damien Thorn. Erhielt der Film bei seinem Erscheinen eher verhaltene Kritiken, wurde er durch eine clevere Marketing-Kampagne zum finanziellen Erfolg und zog bis heute drei Fortsetzungen und ein Remake nach sich. Zudem wandelte sich die Wahrnehmung der Kritiker im Lauf der Zeit, sodass der Film heute als einer der großen Klassiker des Horrorgenres akzeptiert wird.

                        Der Film beginnt mit der hektischen Fahrt von Robert Thorn (Gregory Peck), der sich auf dem Weg ins Krankenhaus befindet. Seine Frau Katherine (Lee Remick) erwartet die Geburt des gemeinsamen Kindes. Dort angekommen, erfährt er jedoch die tragische Wahrheit: das Kind ist bei der Geburt verstorben. Um seiner Frau den Umgang mit dem Verlust zu ersparen, willigt er in die Adoption eines Neugeborenen ein, dessen Mutter bei der Geburt verstarb. Zunächst scheint das Familienglück gerettet, doch etwa fünf Jahre später häufen sich im Umfeld des kleinen Damien (Harvey Stephens) die mysteriösen Todesfälle...

                        ,,Das Omen" zieht seinen Horror vor allem aus dem Spiel mit bedeutungsschwerer, christlicher/satanischer Symbolik. Selbst als ausgewiesen kirchenkritischer Mensch muss ich zugeben, dass die apokalyptischen Andeutungen, die aus der religiösen Thematik erwachsen, für ein durchgehend mulmiges Gefühl in der Magengegend sorgen konnten. Dies ist nicht nur Richard Donners gewohnt professioneller Regie zu verdanken, sondern vor allem dem berühmten Score von Jerry Goldsmith. Allein das Titelthema ,,Ave Satani" erweckt mit seinen bedrohlichen, lateinischen Chorälen düsterste Vorahnungen des bevorstehenden Grauens. Dank der flotten Inszenierung, die keinerlei überflüssigen Ballast aufweist, sondern stattdessen das Grauen Szene für Szene vorantreibt und verdichtet, lässt dieses Gefühl die Zuschauer bis zum Ende des Films nicht mehr los. Der Film bedient sich dabei einer eher subtilen Atmosphäre, die immer wieder durch schockierende Tode diverser Figuren aufgebrochen wird. Diese Todesszenen sind zwar durchaus explizit inszeniert, driften aber niemals ins Exploitative ab, sondern dienen als dramatische Zuspitzungen der bedrohlichen Atmosphäre. Zudem lassen sie in ihrer Deutlichkeit keinen Zweifel daran, dass hier dunkle Mächte am Werk sind und verstärken somit die Dringlichkeit der Mission, auf die sich die Protagonisten begeben. Dass die ganze Geschichte niemals ins Lächerliche kippt, liegt dabei zuletzt auch an den guten Darstellern. Gregory Peck, Lee Remick und auch David Warner und Billie Whitelaw geben ihre Figuren immer mit der angemessenen Ernsthaftigkeit und tragen dazu bei, dass der Film von der ersten bis zur letzten Sekunde hervorragend funktioniert. Hätte man hier auf schwächere Darsteller vertrauen müssen oder das Skript mit unpassendem Humor auflockern wollen, wäre der Film vermutlich gescheitert. So aber steht er zurecht als einer der großen Klassiker seines Genres und kann auch heute noch seine Wirkung beim Zuschauer entfalten.

                        Fazit: Ursprünglich ,,nur" als Epigone von William Friedkins ,,Der Exorzist" abgetan, hat sich ,,Das Omen" im Lauf der Jahre zurecht seinen Platz unter den Besten seines Genres erarbeitet. Der Film ist kein beliebiger Schnellschuss, sondern markiert die Zusammenkunft eines fähigen Regisseurs, einer gut aufgelegten Darstellerriege und natürlich eines legendären Filmkomponisten. Auch heute noch empfehlenswert für alle Fans klassischer Horrorfilme.

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                        • 7

                          Skandalregisseur Paul Verhoeven verfilmte mit ,,Benedetta" im Jahr 2021 das Sachbuch ,,Immodest Acts: The Life Of A Lesbian Nun In Renaissance Italy" von Judith C. Brown, welches 1987 veröffentlicht wurde. Buch und Film behandeln die unglaubliche Geschichte der Nonne Benedetta Carlini, die aufgrund zahlreicher religiöser Visionen bis zur Äbtissin aufsteigt, bevor bei einer Untersuchung ihre sexuelle Beziehung zu der Nonne Bartolomea ans Licht kommt.

                          Als ich zum ersten Mal von dem Film hörte, stellte ich mir unweigerlich die Frage: Wieso hat Paul Verhoeven bis 2021 gebraucht, um das zu verfilmen? Die höchst skandalöse Mischung aus Religion und Erotik, die diese Geschichte verspricht, ist einfach zu perfekt für einen Verhoeven-Film geeignet. Und ,,Benedetta" kann den Erwartungen, die mit dem Namen seines Regisseurs verknüpft sind, durchaus gerecht werden. Auch hier findet sich die typische Mischung aus Sex und Gewalt, die von Verhoeven stets reißerisch und etwas plump vorgetragen wird. Doch es wäre kein Verhoeven-Film, wenn sich unter der Oberfläche nicht noch mehr verbergen würde. Und so wirkt ,,Benedetta" nicht wie ein plumper Nunsploitation-Reißer, sondern eher wie ein Historiendrama, welches immer wieder durch bewusst exploitative Szenen ,,aufgepeppt" wird. Ein zentrales Thema des Films ist dabei natürlich die Liebesbeziehung zwischen Benedetta und Bartolomea. Vom Tag ihrer Ankunft im Kloster an wird Benedetta vermittelt, dass ihr Körper etwas Schlechtes sei und sie sich unwohl darin fühlen müsse. Und obwohl ihre Visionen immer auch einen körperlichen Aspekt haben, kann Benedetta erst in der Beziehung mit Bartolomea ihre Körperlichkeit vollumfänglich erfahren und ausleben. Natürlich würde das Bekanntwerden dieser Affäre für die Beteiligten zu lebensbedrohlichen Konsequenzen führen...
                          In der Darstellung der katholischen Kirche sind es vor allem die Personen in höheren Positionen, die in der Regel nicht gut wegkommen. Unsentimental werden die Ränkespiele und das ständige Geschacher um prestigeträchtige Ämter dargestellt. Daneben wird auch das starke Machtgefälle zwischen Männern und Frauen thematisiert, welches sich in der damaligen Zeit jedoch nicht nur auf die Kirche erstreckte. Insgesamt ist der Film natürlich bewusst provokant gehalten, regt jedoch durch seine Verbindung von Spiritualität und Sexualität auch zum Nachdenken an und zeichnet gleichzeitig ein Bild des Innenlebens der katholischen Kirche, welches durchaus realistisch daherkommt. Man mag nun vielleicht kritisieren, dass diese Form der Kirchenkritik im Jahr 2021 aufgrund des schwindenden Einflusses der katholischen Kirche nicht mehr ganz zeitgemäß sei, jedoch hat der Film international durchaus Wirkung hinterlassen. Nicht nur die erzkonservative Amerikanische TFP hat mehrfach gegen den Film protestiert, ,,Benedetta" wurde zudem auch aufgrund der als blasphemisch erachteten Darstellungen in Singapur und Russland verboten.
                          Und was bleibt nun von all dem Trubel? Unterm Strich ist ,,Benedetta" ein spannender Historienfilm mit beeindruckenden Sets und Kostümen. Die Darsteller liefern allesamt hervorragende Leistungen. Neben Virginie Efira, die bereits in Verhoevens Vorgängerfilm ,,Elle" als streng religiöse Nachbarin Erfahrungen sammeln konnte, und Daphne Patakia glänzen vor allem Charlotte Rampling als intrigante Äbtissin Felicita und Lambert Wilson als grausamer Nuntius. Dass die (wenigen) Spezialeffekte des Films nicht auf Hollywood-Niveau sind, ist zu verschmerzen. Dafür schwelgt der Film immer wieder in beeindruckenden Bildkompositionen. Mein größter Kritikpunkt bezieht sich auf die Umsetzung der realen Geschehnisse. Denn eine (zugegebenermaßen oberflächliche) Recherche zeigt, dass Verhoeven sich in der Handlung des Films einige recht gravierende Freiheiten genommen hat. Insofern sollte man den Film nicht als historisch korrekt betrachten, sondern als Spielfilm in einem historischen Setting, der seinen Schwerpunkt auf eine generelle Kritik am System Kirche und ihrem Verhältnis zu Sexualität legt.

                          Fazit: Paul Verhoevens erotisch aufgeladenes Historiendrama will natürlich bewusst provozieren und polarisieren, kann darüber hinaus aber auch durch sein historisches Setting und gute Darsteller punkten. Neben einigen Fragen, die der Film über Religion, Sexualität oder die Rolle der Frau aufwirft und die zum Nachdenken anregen, tragen diverse Verhoeven-typisch explizite Szenen zum vordergründigen Unterhaltungswert des Films bei. Insgesamt liefert Verhoeven, was sein Name verspricht: Einen Arthaus-Film mit Mainstream-Einschlag, der über seine volle Laufzeit gut unterhält. Für erzkonservative Christen jedoch eher ungeeignet.

                          7
                          • 6 .5
                            über Crazies

                            ,,Crazies" war 1973 die vierte Regiearbeit von Zombiepapst George A. Romero und reiht sich nahtlos in die Werke aus seinem bevorzugten Genre, dem Horrorfilm, ein. Der Film wurde mit einem schon damals geringen Budget von ca. 275.000 Dollar realisiert, floppte jedoch in den Kinos und geriet lange Zeit in Vergessenheit. In Deutschland lief der Film sogar erst 1979, nach dem Erfolg von Romeros ,,Dawn Of The Dead", in den Kinos, wurde aber nach der VHS-Veröffentlichung 1983 indiziert. Erst seit 2005 ist der Film auch in Deutschland ungeschnitten mit einer FSK 16 verfügbar.

                            Die Handlung des Films spielt in der Kleinstadt Evans City. Als vereinzelt Einwohner der Stadt durchdrehen und unerklärlich aggressives Verhalten zeigen, rückt plötzlich das Militär an und riegelt die Stadt ab. Wie sich herausstellt, ist einige Tage zuvor in der Nähe der Stadt ein Militärflugzeug abgestürzt, welches den Biokampfstoff Trixie geladen hatte. Dieser verwandelt die Einwohner nun in Wahnsinnige. Das US-Militär, das mit der Situation sichtlich überfordert ist, greift zu immer drastischeren Maßnahmen, um die Situation unter Kontrolle zu halten. Daher beschließt eine kleine Gruppe von Einwohnern um die Feuerwehrmänner David und Clank sowie Davids schwangere Freundin Judy, aus der Quarantänezone zu fliehen...

                            Auch, wenn ,,Crazies" auf die ikonischen Schlurfer verzichtet, weist der Film viele Parallelen zu anderen Werken Romeros, vor allem natürlich seiner Zombie-Reihe, auf. Auch in ,,Crazies" geht die Bedrohung von einer Infektion aus, die die Menschen in willenlose, mordlüsterne Bestien verwandelt. Im Mittelpunkt des Films steht auch hier eine Gruppe aus Überlebenden, die sich aufgrund diverser interner Konflikte schlussendlich als dysfunktional herausstellt. Und auch hier ist nicht die Infektion die größte Bedrohung für die Überlebenden, sondern der Mensch.
                            Das alles wird von Romero trotz der begrenzten Mittel durchaus spannend und unterhaltsam inszeniert. Die politische Botschaft wird dem Zuschauer dabei zwar Romero-typisch ziemlich vordergründig und unsubtil um die Ohren gehauen, gibt dem Film aber eine zusätzliche Ebene jenseits plakativer Schock- und Spannungsmomente. Auch die ganze Thematik des Films um Infektion, Impfung, Immunität und Quarantäne gibt ,,Crazies" natürlich in der momentanen Situation eine unerwartete Aktualität. Allerdings merkt man dem Film sowohl sein Alter als auch sein geringes Budget phasenweise an. Vor allem die Darsteller wirken durch die Bank laienhaft und schwanken munter zwischen komödiantisch überzogenem und hölzern ungelenkem Schauspiel. Da der Film aber ansonsten recht flott inszeniert ist und Romero in seinen Actionsequenzen mal wieder nicht mit Splattereinlagen geizt, bleibt ,,Crazies" unterm Strich ein unterhaltsamer Seuchenthriller.

                            Fazit: Die Low-Budget-Produktion weist bereits viele Stärken von Regisseur George A. Romero auf, krankt aber auch an seinen bekannten Schwächen. Der atmosphärisch dichten Inszenierung mit politischem Subtext und einigen plakativen Schockeffekten stehen dabei schwache Darsteller, unglaubwürdige Charakterhandlungen und der eher oberflächlich-plumpe Subtext des Films gegenüber. Insgesamt aber sehenswert für Genrefans.

                            • 7

                              Mit seinem Regiedebüt ,,Fright Night - Die rabenschwarze Nacht" lieferte Tom Holland 1985 direkt einen kleinen Klassiker des Horrorgenres. Die Gruselkomödie versteht sich als Hommage an die klassischen Vampirfilme der 1950er und 1960er Jahre und besticht durch seine zahlreichen Anspielungen und Verweise auf die Gruselfilme dieser Zeit.

                              Hauptfigur des Films ist Charlie Brewster, ein ganz normaler Jugendlicher, der als Horrorfan natürlich keine Folge seiner Lieblingssendung ,,Fright Night" mit Peter Vincent (Roddy McDowall) verpasst. Als nebenan jedoch der mysteriöse Jerry Dandrige (Chris Sarandon) einzieht, ändert sich Charlies beschauliches Leben komplett. Schnell hat er nicht nur den Verdacht, dass Mr. Dandrige etwas mit der Mordserie zu tun hat, die die Stadt heimsucht. Aus seinen Beobachtungen schließt Charlie, dass sein neuer Nachbar ein Vampir ist...

                              ,,Fright Night" ist ein perfektes Beispiel für einen Film, der zwar nicht weltbewegend ist, aber genau das macht, was er soll. Dabei stechen zwar weder die Horroranteile noch die komödiantischen Aspekte des Films besonders hervor, ergeben aber in Kombination eine charmante und unterhaltsame Mischung. Das Spiel mit diversen Versatzstücken des Genres, das zwar persifliert, aber immer ernst genommen wird, beweist, dass der Regisseur sich seine Vorbilder genau angesehen hat. Das zeigt vor allem die Figur des Peter Vincent, in der Darsteller Roddy McDowall voll aufgeht. Der alternde Horrordarsteller, der auf sein Karriereende zusteuert, weil seine klassischen Horrorfilme einfach nicht mehr so beliebt sind, ist nicht nur namentlich an zwei der beliebtesten klassischen Schauspieler des Genres angelehnt. Neben McDowall kann auch Chris Sarandon als Gegenspieler ein wenig des bedrohlichen Charmes entwickeln, für den Vampire so berüchtigt sind. Leider bleiben demgegenüber die jugendlichen Hauptfiguren Charlie, dessen Freundin Amy und sein bester Freund Evil Ed eher blass bis latent nervig. Hier wäre zwar mehr Charakterentwicklung und -tiefe drin gewesen, das tut dem Unterhaltungswert des Gesamtwerks jedoch keinen großen Abbruch. Den dafür gibt es vor allem in der zweiten Hälfte des Films einige sehr ansehnliche Spezialeffekte, die auch heute noch Spass machen.

                              Fazit: Unterhaltsamer Gruselspass, der den angestaubten Vampirfilm in die Neuzeit (damit meine ich 1985) übersetzen wollte und damit größtenteils Erfolg hat. Fans klassischer Gruselfilme kommen hier dank zahlreicher Anspielungen auf ihre Kosten, Horrorfans modernerer Werke dürften jedoch vom eher sanften Grusel enttäuscht werden.

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                              • 9
                                Cunctator99 02.08.2022, 22:12 Geändert 06.08.2022, 17:10

                                Mit dem Weltkriegsdrama ,,Armee im Schatten" von 1969 verfilmt Meisterregisseur Jean-Pierre Melville nicht nur den gleichnamigen Roman von Joseph Kessel, sondern verarbeitet auch seine eigenen Erlebnisse als Mitglied der französischen Résistance. Aus seiner Zeit beim Wiederstand stammt auch sein Künstlername, den sich der als Jean-Pierre Grumbach geborene Filmemacher als Tribut an Schriftsteller Herman Melville selbst gab.

                                Der Film folgt den verzweifelten Bemühungen einer Zelle des französischen Wiederstands, sich gegen die deutsche Besatzungsmacht zu behaupten. Zu wichtigen Persönlichkeiten innerhalb der Gruppe entwickeln sich neben dem Protagonisten Philippe Gerbier (Lino Ventura) auch der junge Jean-François (Jean-Pierre Cassel) und die ebenso mutige wie kluge Mathilde (Simone Signoret). Doch das Leben jedes Einzelnen von ihnen liegt genauso auf Messers Schneide wie ihr gemeinsames Ziel. Nicht nur die Entdeckung durch die zahlreichen Kontrollen der Wehrmacht bedroht die Existenz des Wiederstands, auch Verräter in den eigenen Reihen können sich zur tödlichen Bedrohung entwickeln...

                                Wie bereits angedeutet, nimmt ,,Armee im Schatten" einen Sonderplatz im Werk von Jean-Pierre Melville ein. Der für seine unterkühlten Gangsterfilme bekannte Regisseur setzt sich hier mit seiner eigenen Vergangenheit auseinander und liefert einen nüchtern-sachlichen Blick auf die Arbeit der Résistance. Trotz seiner persönlichen Involvierung behält Melville jedoch den ihn auszeichnenden Stil bei. Auch ,,Armee im Schatten" kann sowohl die bildkompositorische Perfektion als auch den pessimistischen Grundton vorweisen, durch die Melvilles Filme so einzigartig werden. Die düstere Stimmung rührt auch daher, dass hier kein klassisches Heldenlied auf die Wiederstandsbewegung gesungen wird, sondern die moralischen Dilemmata und die Gewaltakte, zu deren Ausübung ihre Mitglieder sich gezwungen sahen, thematisiert werden. Dabei verzichtet Melville dankenswerter Weise auf jegliche reißerische Action, sondern inszeniert seinen Film als oberflächlich ruhiges Drama, unter dessen Oberfläche es jedoch ordentlich brodelt. Die Spannung und Dramatik der Situation ergibt sich dabei ganz natürlich aus dem historischen Kontext und der permanenten Bedrohung, der sich die Figuren ausgesetzt sehen. Neben der filmischen Exzellenz des Werks bestechen dabei vor allem die Hauptdarsteller. Lino Ventura, Simone Signoret und Jean-Pierre Cassel liefern Glanzleistungen ab und geben ihren Charakteren viel Tiefe. Es sind gebrochene Figuren, die entweder tun, was sie tun müssen, oder daran zugrunde gehen.

                                Fazit: Ein ebenso wichtiges wie bewegendes Meisterwerk eines großen Regisseurs. ,,Armee im Schatten" ist definitiv kein Film, den man sich ,,mal eben" oder ,,nebenbei" ansieht. Und es ist ein Film, den ich mir trotz all seiner unbestreitbaren filmischen Brillanz aufgrund seiner schweren Thematik wohl nicht noch einmal ansehen kann. Trotzdem kann ich ihn aufgrund seiner offensichtlichen Qualitäten natürlich jedem bedingungslos empfehlen, der einen handwerklich vollendeten Film über die Résistance sucht oder ein Fan von Jean-Pierre Melville ist.

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                                • 7

                                  Der Horrorfilm ,,It Follows", die zweite Regiearbeit von David Robert Mitchell, entwickelte sich 2014 zu einem großen Überraschungserfolg und wurde von vielen Kritikern auf Festivals als der beste Horrorfilm des Jahres bezeichnet. Mit simplen Mitteln und einer ebenso geradlinigen wie genialen Grundidee gelingt Mitchell hier ein Werk, dass nicht nur an die großen Horrorklassiker der 80er erinnert, sondern auch effektiv eigene Ideen einbringen kann.

                                  Der Film dreht sich um die 19-jährige Jaime, genannt ,,Jay" (Maika Monroe), für die sich ein Date mit Hugh zum absoluten Albtraum entwickelt. Nachdem die beiden in Hughs Auto Sex hatten, betäubt und fesselt er sie. Hugh erklärt dem verängstigten Mädchen, dass eine Art Fluch von ihm auf sie übergegangen sei. Jaime wird von nun an von einem bösen Wesen verfolgt, welches sich in Gestalt verschiedener Menschen stets langsam, aber unbeirrbar auf sie zu bewegt. Sollte es sie erreichen, stirbt sie. Ihre einzige Chance ist, durch Sex den Fluch auf jemand anderen zu übertragen...

                                  Laut Aussage des Regisseurs basiert die Idee zum Film auf einem Albtraum, den er selbst einmal hatte und in dem er sich von einer unbekannten, bösen Präsenz verfolgt sah. Und diese Atmosphäre eines bösen Traums haftet auch dem fertigen Film an. Ähnlich wie in einem Traum lassen sich die Dinge nicht immer hinterfragen oder logisch begründen. Sie geschehen einfach und man muss damit klarkommen. Zugegeben, das klingt wie eine bequeme Ausrede eines Drehbuchautors, seinen Zuschauern jeden Mist zu verkaufen. Im Falle von ,,It Follows" funktioniert das Ganze jedoch ausgesprochen gut. Wenn man sich auf den Film und sein Grundgerüst einlässt, entwickelt er eine regelrechte Sogwirkung, der man sich nur schwer entziehen kann. Trotzdem habe ich mich hier und da dabei ertappt, wie ich mir gewisse ,,Was-wäre-wenn"-Fragen gestellt habe, auf die der Film keine Antworten liefern konnte (und wollte). Das trübte den Gruselspass jedoch nur unmerklich, denn die Inszenierung des Films, die minimalistische und doch prägnante Soundkulisse, der an John Carpenter erinnernde Sinthie-Soundtrack und auch die überzeugenden Jungdarsteller sorgen dafür, dass ,,It Follows" seinen Vorschusslorbeeren zumindest größtenteils gerecht werden kann. Ein weiterer Grund dafür ist, dass der Film gerade aufgrund seiner Traum-Ästhetik sehr offen für verschiedene Interpretationsmöglichkeiten ist. Da Herkunft, Absicht und wahre Form der bösen Präsenz im Film nicht thematisiert werden, wird hier der Zuschauer angeregt, einen Sinn zu suchen. Ist die Kreatur eine Metapher für sexuell übertragbare Krankheiten? Für die ebenso sinnlose wie logische Flucht vor dem unausweichlichen Tod? Was hat es mit den Personen auf sich, in deren Gestalt die Kreatur auftritt? Neben Menschen aus dem direkten Umfeld seiner Opfer erscheint es immer wieder in der Gestalt Unbekannter, die offensichtlich die Opfer von Unfällen oder Gewaltverbrechen wurden. Sind dies frühere Opfer der Kreatur? Wem plakativer, vordergründiger Horror nicht ausreicht, findet hier genug Ansätze für eine tiefergehende Interpretation, ohne dass der Film seine Metaebene allzu plump vor seinen Zuschauern ausbreiten würde.

                                  Fazit: ,,It Follows" brilliert darin, durch kleine Andeutungen und Details eine Tiefe zu suggerieren, die zum Nachdenken anregt. Gleichzeitig wird das Grauen jedoch nicht erklärt und bleibt damit ungreifbar und wirkungsvoll bis zum Schluss. Ohne viel Aufwand oder große Effekte gelingt David Robert Mitchell ein effektiver, stilsicherer und hintergründiger Horrorfilm, der die Albträume und Ängste einer Generation auf grauenerregende Weise manifestiert.

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                                  • 8

                                    Der Film-Noir-Klassiker ,,Der Teufel mit der weißen Weste" (1962) von Jean-Pierre Melville wurde nicht nur vom Empire-Magazin unter die 500 besten Filme aller Zeiten gewählt, sondern diente auch Quentin Tarantino als Inspiration zu seinem Regiedebüt ,,Reservoir Dogs". Der Schwarz-Weiß-Film ist darüber hinaus eine Verfilmung des Romans ,,Le Doulos" von Pierre Lesou. Die Doppeldeutigkeit des französischen Titels wird durch eine Texteinblendung am Anfang des Films erklärt, ähnlich wie Tarantino es später in ,,Pulp Fiction" machen sollte.

                                    Im Zentrum des Films steht zunächst der Ganove Maurice Faugel (Serge Reggiani), der, nachdem er eine Haftstrafe abgesessen hat, den Hehler Gilbert Varnove aufsucht und ihn erschießt. Nachdem er die Beute eines Juwelenraubs versteckt hat, macht er sich umgehend an die Durchführung eines weiteren Raubzugs. Als dieser jedoch auf dramatische Weise schief läuft, beginnt Faugel, an der Aufrichtigkeit seines Freundes Silien zu zweifeln. Auch Varnove hatte ihn gewarnt, dass Silien ein Polizeispitzel sei...

                                    ,,Der Teufel mit der weißen Weste" ist von vorne bis hinten ein klassischer Melville. Bereits in der ersten Einstellung zelebriert der eigenwillige Franzose seine Liebe zum amerikanischen Film noir. Und auch im weiteren Verlauf des Films verstricken sich Männer in Trenchcoats und mit Stetson-Hüten immer tiefer in ein Gewirr aus Verrat und Loyalität, während der Regen unaufhörlich auf sie hernieder prasselt. Wenn man sich auf die konsequent düstere, pessimistische Atmosphäre eines Melville-Films einlassen kann, dann bekommt man mit dem vorliegenden Werk sicherlich einen der herausragendsten Vertreter seiner Zunft. Zwar bietet das Drehbuch keine Identifikationsfiguren, dafür ist die zugrunde liegende Geschichte derart clever und atmosphärisch dicht geschrieben, dass man trotzdem gebannt den Geschehnissen folgt. Genretypisch verschwimmen dabei die Grenzen zwischen Gut und Böse, zwischen Polizei und Gangster. Schnell wird deutlich, dass jede der Figuren Dreck am Stecken hat oder zumindest nicht davor zurückschreckt, sich die Hände dreckig zu machen. Oder wie es die Einleitung des Films formuliert: ,,Man hat die Wahl. Sterben... oder lügen?" Vor allem sein differenzierter Umgang mit den ewigen Fragen nach Wahrheit und Lüge, Vertrauen und Verrat macht den Film dabei über die komplette Laufzeit spannend und geradezu explosiv, auch wenn diese Fragen überwiegend in Dialogen zwischen den Figuren behandelt werden.
                                    Neben der typisch unterkühlten, formvollendeten Inszenierung stechen vor allem die beiden Hauptdarsteller des Films heraus. Serge Reggiani als nervöser, von Zweifeln geplagter Ganove liefert zwar eine großartige Leistung ab, wird aber von Jean-Paul Belmondo noch übertroffen. Sein Silien ist ebenso charmant und unwiderstehlich wie er jederzeit gefährlich und undurchsichtig bleibt. Damit verkörpert er sehr viel von dem, was jene klassischen Gangster (im Film) so faszinierend macht und erhebt sich selbst zu einem der coolsten Vertreter seines zwielichtigen Gewerbes.

                                    Fazit: Ein weiterer Film-noir-Klassiker, der nicht nur von seiner pessimistischen Gundstimmung und seiner clever konstruierten Story lebt. Die genretypischen Vorzüge treffen auf die meisterhafte Inszenierung von Jean-Pierre Melville und auf die hohe Schauspielkunst von Jean-Paul Belmondo und Serge Reggiani. Damit steht unterm Strich einer der besten klassischen Gangsterfilme aller Zeiten.

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                                      Mit ,,Drei Uhr nachts" (1956) drehte der französische Regisseur Jean-Pierre Melville seinen ersten Beitrag zum Genre des Gangsterfilms. Der Film gilt nicht nur als Klassiker des Film noir, sondern auch als Vorläufer der französischen Nouvelle Vague. Aufgrund des außerordentlich geringen Budgets drehte Melville an Originalschauplätzen und nutzte in vielen Szenen eine auf ein Fahrrad montierte Handkamera.

                                      Der Film erzählt die Geschichte des alternden Spielers Bob (Roger Duchesne). Bob, der seine kriminelle Vergangenheit eigentlich hinter sich gelassen hat, ist ein Ganove der alten Schule. Sein Ehrenkodex und sein großzügiges, stets hilfsbereites Auftreten machen ihn zu einer bekannten und geschätzten Persönlichkeit des Pariser Montmartre. Doch sein Leben als unverbesserlicher Glücksspieler ist geprägt vom Auf und Ab seiner Glücks- und Pechsträhnen. Als er in einem Kasino sein Geld verliert, erfährt er durch einen Zufall vom reich gefüllten Safe des Hauses. Verlockt durch den hohen Geldbetrag beschließt er, ein Team zusammenzustellen und einen minutiös geplanten Einbruch vorzubereiten...

                                      Obwohl es sich um seinen ersten Gangsterfilm handelt, beherbergt ,,Drei Uhr nachts" bereits viel von dem, was auch spätere Werke Jean-Pierre Melvilles auszeichnen sollte. Vor allem die düstere, pessimistische Grundstimmung, die Auseinandersetzung mit Loyalität und Verrat sowie das Spiel mit Schicksal und Zufall sind Themen, die Melville immer wieder aufgreifen sollte. Auch Melvilles Liebe zum amerikanischen Film wird in ,,Drei Uhr nachts" unter anderem durch amerikanische Autos und viele Trenchcoats deutlich gemacht.
                                      Der Film wird insgesamt durch seine sehr ruhige Inszenierung geprägt. Melville nimmt sich viel Zeit, um seine Hauptfigur Bob zu charakterisieren und uns an seinem Alltag teilhaben zu lassen. Auch etabliert er so jene Figuren, die in Bobs Leben eine wichtige Rolle einnehmen. In erster Linie sind das der Kleinganove Paolo, der für Bob so etwas wie ein Ziehsohn ist, sowie die junge Anne, die Bob zufällig trifft und die seinen Beschützerinstinkt weckt. Erst nach circa vierzig Minuten setzt schließlich die Rahmenhandlung um den schicksalhaften Überfall ein. Dadurch wirkt ,,Drei Uhr nachts" weniger wie ein Gangsterfilm oder ein ,,Heist-Movie", sondern eher wie das Drama um einen alternden Spieler, der einfach nicht aus seiner Haut kann, obwohl er wie kaum ein anderer die Vergänglichkeit des Glücks kennt. Trotz der unterkühlten Inszenierung entwickelt man als Zuschauer gleichermaßen Sympathie und Mitleid für Bob, darüber hinaus auch Bewunderung für seine hohen persönlichen Ideale, die zunächst so gar nicht mit seiner kriminellen Energie vereinbar scheinen.

                                      Fazit: Trotz seiner ruhigen Erzählung und des geringen Budgets ist das Genredebüt von Melville bereits hervorragend inszeniert. Wir begleiten den Spieler Bob auf seiner düsteren Reise durch das verregnete Paris und erleben am eigenen Leib das stetige Wogen von Glück und Pech.

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                                        Mit ,,House of Gucci" (2021) verfilmte Ridley Scott die unglaubliche Geschichte von Patrizia Reggiani, die nach ihrer Heirat mit Maurizio Gucci für dramatische Umwälzungen innerhalb der berühmten Dynastie und ihres Unternehmens sorgen sollte.

                                        Auf einer Party lernen sich Patrizia und Maurizio kennen und verlieben sich ineinander. Zunächst gegen den Willen von Maurizios Vater, Rodolfo Gucci, heiratet er die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Frau. Nach und nach kann sich Patrizia jedoch den Respekt der Familie Gucci erarbeiten und wird durch Maurizios Onkel Aldo in das Familiengeschäft eingeführt. Geblendet von Reichtum und Luxus, entwickelt sie einen gefährlichen Ehrgeiz und versucht, die Geschicke des Modeimperiums auf ihren Mann zu übertragen...

                                        Um es gleich vorweg zu sagen, ,,House of Gucci" ist ein zweischneidiges Schwert. Der Film hat viele offensichtliche Vorzüge, krankt aber auch an einigen ärgerlichen Problemen. Zu den positiven Punkten gehört die gesamte visuelle Gestaltung des Films. Ridley Scotts gewohnt elegante Inszenierung passt perfekt zu einem Film über ein Modehaus und fängt all den Luxus in beeindruckenden, opulenten Bildern ein. Wie es sich für einen Film über das Modelabel Gucci gehört, sind die Kostüme besonders gut gelungen und bieten reichlich Futter fürs Auge. Dies gilt gleichfalls für die wundervollen Locations unter anderem in Rom, Mailand, den italienischen Alpen oder St. Moritz. Auch die Darstellerleistungen sind dem namhaften Cast angemessen und werten den Film ordentlich auf. Und auch wenn Al Pacino und Jeremy Irons hier beweisen, dass sie noch immer jede Szene durch ihre Präsenz an sich reißen können, will ich vor allem Lady Gaga und Adam Driver würdigen. Nachdem ich mit Adam Driver den denkbar ungünstigsten Start hatte, den man erwischen kann (Star Wars), hat er in seinen letzten Filmen wie auch in ,,House of Gucci" gezeigt, dass er einer der interessantesten aktuellen Schauspieler ist und auf eine große Karriere zusteuert. Am Ende ist ,,House of Gucci" jedoch die Show von Lady Gaga. Es ist eine simple Freude, ihr zuzusehen, wie sie Patrizia Reggiani gibt. Jeder Blick, jede Geste wirken perfekt platziert und es gelingt ihr, ihren Charakter unglaublich vielschichtig und interessant anzulegen. An Jared Letos Performance hingegen scheiden sich die Geister ja extrem. Von der ersten Sekunde an dreht er als Paolo Gucci komplett durch und lässt dem Wahnsinn freien Lauf. Und auch, wenn das durchaus unterhaltsam zu beobachten war, ist mir sein Auftritt ein bisschen zu viel des Guten. Das liegt vor allem daran, dass er (und alle anderen) hier real existierende Menschen spielen und Letos Paolo Gucci eher wirkt, als habe er sich aus einem Leslie-Nielsen-Klamaukstreifen in den falschen Film verlaufen.
                                        Kritik üben muss ich auch am allgemeinen Handlungsverlauf des Films. Er beginnt als wunderschöne Lovestory zwischen Maurizio und Patrizia, wandelt sich dann zu einer Art Familiengeschichte mit zahlreichen Konflikten zwischen den unterschiedlichen Mitgliedern des Hauses, um schlussendlich einen verhaltenen Schritt in Richtung klassischer Gangsterfilme zu machen, ohne diese Richtung (oder eine andere) dabei konsequent zu Ende zu verfolgen. Dadurch wird der Film insgesamt zu einem zwar schön anzuschauenden, opulenten, teils berauschenden Bilderbogen, bleibt jenseits der optischen Reize jedoch zu belanglos und oberflächlich. Ein Grund dafür ist auch, dass man sich mit den Figuren nicht wirklich identifizieren kann. Der Zuschauer (zumindest ich) bleibt der interessierte, aber distanzierte Beobachter, der den Geschehnissen folgt. Etwas unpassend fand ich auch, dass der Film die realen, tragischen Ereignisse der Geschichte in das Gewand eines locker-luftigen Feel-Good-Movies mit viel Humor und teils ironischen Szenen (und Jared Leto) kleidet. Ich war mir nicht immer sicher, dass der Film einen den realen Begebenheiten angemessenen Ton trifft.

                                        Fazit: Stilvoll, elegant, visuell berauschend. Trotz der genannten Kritikpunkte ist ,,House of Gucci" ein sehr sehenswerter, jedoch auch oberflächlicher Film, dessen Chronik einer unglaublichen, wahren Geschichte in die zweite Reihe zurücktritt, um einem reinen Unterhaltungsfilm die Bühne zu überlassen.

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                                        • 7 .5

                                          ,,King Kong und die weiße Frau" (1933) ist wohl einer DER Monster-/Abenteuer-/Fantasy-/Horrorklassiker schlechthin. Der Schwarz-Weiß-Film von Ernest B. Schoedsack und Merian C. Cooper markiert nicht nur die Geburtsstunde eines der legendärsten Monster der Filmgeschichte, sondern galt bei seinem Erscheinen auch als regelrechter Skandalfilm, der unanständige Erotik und grausame Gewalt visualisierte. Aus heutiger Sicht wirken diese Vorwürfe natürlich geradezu lächerlich, denn schockieren wird der Film heute niemanden mehr. Aber sein Erbe zeigt, welche Bedeutung der alte Schinken bis heute hat. Denn jedes Kind kennt King Kong. Zum einen nutzte Peter Jackson seinen Freifahrtschein nach ,,Der Herr der Ringe", um 2005 ausgerechnet ein Remake dieses Filmes zu drehen, zum anderen turnte der mittlerweile 89 Jahre alte Riesenaffe so gelenkig wie eh und je noch im vergangenen Jahr durch die Kinos, um sich einmal mehr mit einem seiner größten Rivalen zu messen.

                                          Die Story selbst sollte hinlänglich bekannt sein: Filmemacher Carl Denham kommt in den Besitz einer Karte, die zu einer unentdeckten Insel führt. Gegen alle Widerstände chartert er ein Schiff und macht sich mit der Schauspielerin Ann Darrow auf, um dort einen Film zu drehen. Bei Ankunft auf der Insel gerät die Crew um den ersten Maat Jack Driscoll, der sich in Ann verliebt hat, nicht nur mit den Ureinwohnern aneinander. Sie trifft zu ihrem Schrecken auch auf den als Gott verehrten Riesenaffen Kong, der ein Auge auf die schöne Ann geworfen hat...

                                          Auch wenn man dem Film sein Alter natürlich anmerkt, ist er heute noch für alle Fans klassischer Abenteuerfilme gut anzusehen. Dies liegt zum einen an den wegweisenden Stop-Motion-Effekten von Willis O'Brien, der seine Technik im Vergleich zu ,,Die verlorene Welt" von 1925 nochmals deutlich verfeinern konnte. So bietet der Film in seinem ausgedehnten Mittelteil auf Skull Island zahlreiche charmante Sequenzen mit verschiedenen Dinosauriern und anderem Getier. Ob es nun das epische Duell zwischen King Kong und einem Tyrannosaurus Rex ist oder die panische Flucht der Expeditionsgruppe vor einem agressiven Brontosaurus, die liebevoll animierten und detailliert ausgearbeiteten Effekte sind auch heute noch das absolute Aushängeschild des Films. Hinzu kommt, dass ,,King Kong und die weiße Frau" seine tierische Hauptfigur nicht einfach nur als bedrohliches Monster darstellt, sondern ihm durch die unerfüllte Liebe zu Ann auch eine tragische Note verleiht. Auch ist Kong ebenso sehr Opfer wie Aggressor. Gegen seinen Willen vom sensations- und profitlüsternen Menschen nach New York verschleppt, soll der einstmalige Inselkönig ein Dasein als Zirkusattraktion fristen. Der Ausgang ist hinlänglich bekannt, letztendlich sorgt die moderne Zivilisation mit ihrer Technik für den Untergang des Primitiven. Doch Kong ist am Ende nicht viel mehr als ein gehetztes Tier, das man aus seiner gewohnten Umgebung gerissen hat. Erst das gewaltsame Eindringen der Zivilisation in den abgelegenen Lebensraum auf der Insel sorgt für die Zerstörung eines uralten Gleichgewichts und somit für den Untergang der Natur. Die Vielschichtigkeit seiner eigentlich simplen Handlung ist es, die ,,King Kong und die weiße Frau" bis heute so faszinierend macht. Und in Zeiten des Klimawandels, der großflächig zerstörten Ökosysteme und Ausrottung ganzer Tierarten, ist es eine Geschichte, die immer noch erschreckend aktuell daherkommt.

                                          Fazit: Zurecht einer der ganz großen Klassiker der Filmgeschichte. ,,King Kong und die weiße Frau" funktioniert auch heute noch überraschend gut als simpler Unterhaltungsfilm und als charmantes Beispiel für angestaubte Stop-Motion-Effekte, kann durch seine zeitlose Narrative, die zahllose Deutungsmöglichkeiten zulässt, aber auch eine beeindruckende Tiefe aufweisen.

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                                            Cunctator99 16.07.2022, 21:45 Geändert 17.07.2022, 11:59

                                            Der Schwarz-Weiß-Stummfilmklassiker ,,Die verlorene Welt" von 1925 ist vor allem aus filmhistorischer Sicht bedeutsam: Es handelt sich um einen der ersten Filme, in dem die sogenannte Stop-Motion-Technik zum Einsatz kam, um die gezeigten Dinosaurier zum Leben zu erwecken. Damit gilt der Film zurecht als Urahn aller Dinosaurier-Abenteuerfilme, die in der Folge bis heute entstanden. Verantwortlich für die Spezialeffekte war Willis O'Brien, der seine Technik ein paar Jahre später in einem weiteren Klassiker nochmals verfeinern sollte: ,,King Kong und die weiße Frau" von 1933. Beim vorliegenden Film handelt es sich zudem um die erste Verfilmung des gleichnamigen Romans von Arthur Conan Doyle, der in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Film- und Serienumsetzungen erfahren hat. Arthur Conan Doyle selbst ist sogar in einem kleinen Einspieler zu sehen, der dem Film vorangestellt ist.

                                            Edward Malone, Reporter des London Record Journal, möchte um die Hand der schönen Gladys Hungerford anhalten. Gladys jedoch findet den tollpatschigen Edward zu langweilig und wünscht sich einen furchtlosen, abenteuerlustigen Mann an ihrer Seite. Auf der Suche nach einem Abenteuer, um Gladys zu beeindrucken, kommt Edward die Expedition von Professor Challenger gerade recht: der Wissenschaftler möchte die Existenz von Dinosauriern im noch größtenteils unerforschten Amazonas-Regenwald beweisen. Auch sein gelehrter Kollege Professor Summerlee sowie der Großwildjäger Sir John Roxton schließen sich der Expedition an. Zuletzt stößt auch die junge Paula White hinzu. Sie hatte mit ihrem verschollenen Vater bereits eine Expedition geführt, bei der sie zwar Dinosaurier entdecken, jedoch keine Beweise sicherstellen konnten...

                                            Jeder, der sich heutzutage noch für diesen Film interessiert, sollte sich das Alter des Films vergegenwärtigen. Wie eingangs erwähnt, handelt es sich nicht nur um einen Schwarz-Weiß-, sondern um einen Stummfilm. Allein dies macht eine Bewertung und einen Vergleich mit heutigen Produktionen schwer bis nahezu unmöglich, da es den heutigen Sehgewohnheiten sehr stark widerspricht. Und so musste ich mich auch ein wenig durch die Einleitung in London kämpfen, bis ich mich an den Stil gewöhnt hatte. Gerade der Auftakt des Filmes wirkte dabei mit seinen seltsam anmutenden Slapstick-Einlagen etwas langatmig auf mich. Spätestens, als es in den Amazonas-Regenwald ging, konnte mich der Film jedoch mit schön exotischen Umgebungen und zahlreichen Tieraufnahmen gewinnen und seinem Abenteueraspekt gerecht werden. Nach der Ankunft auf dem berühmten Felsplateau stand dann das Aushängeschild des Films im Vordergrund: jede Menge beeindruckende Stop-Motion-Sequenzen mit den unterschiedlichsten Dinosauriern. Diese machen natürlich das Herzstück des Streifens aus und sind auch heute noch gut anzusehen. Von friedlich grasenden Brontosauriern bis zu Kämpfen zwischen einem Allosaurus und seiner Beute wurden zahlreiche Dinos effektvoll in Szene gesetzt. Das Finale in London kann dann nochmals einen draufsetzen, auch wenn es mich aufgrund seiner frappierenden Ähnlichkeit zum später entstandenen ,,King Kong und die weiße Frau" ein wenig schmunzeln ließ.
                                            Bei einem solchen Film negative Kritik anzubringen, hat natürlich immer einen seltsamen Beigeschmack. Allerdings soll auch nicht verschwiegen werden, dass der Film bei all seinem immer noch spürbaren Charme, heutzutage natürlich keinerlei Spannung mehr erzeugen kann. Dies liegt auch an der etwas einseitigen musikalischen Untermalung, die vor allem zum Ende hin keinerlei Dramatik versprüht, sondern stets gleichförmig vor sich hin dümpelt. Dies führte zu einigen Längen, durch die ich mich schließlich kämpfen musste, um das Ende zu erreichen.

                                            Fazit: Stummfilmklassiker, der heutzutage wohl nur noch weingen Menschen wirklich empfohlen werden kann. Man sollte schon ein Interesse an der filmhistorischen Bedeutung oder eine Vorliebe für Stummfilme haben, um diesem Film etwas abgewinnen zu können. Wenn man sich darauf einlässt, bekommt man jedoch ein charmant angestaubtes Dinoabenteuer, welches aufzeigt, wie weit sich die Spezialeffekte in den vergangenen hundert Jahren entwickelt haben.

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                                              über Titane

                                              Kaum ein Film spaltete zuletzt so sehr die Gemüter, sowohl auf Seiten der Kritiker wie auch des Publikums, wie die belgisch-französische Koproduktion ,,Titane" (2021), der zweite Film von Regisseurin Julia Ducournau (Raw). Der im besten Sinne bizarre Body-Horrorfilm konnte überraschend die goldene Palme in Cannes gewinnen und wurde in der Rede von seiner Regisseurin als Statement für mehr Diversität beschrieben.

                                              Zur Handlung: Protagonistin des Films ist Alexia, der nach einem Autounfall in ihrer Kindheit eine Titanplatte in den Schädel eingesetzt wird. Im Anschluss daran verhält sie sich verschlossen und gefühlskalt gegenüber ihren Mitmenschen, fühlt sich jedoch sexuell von Autos angezogen. Ein paar Jahre später ist aus Alexia eine mehrfache Mörderin geworden, die noch bei ihren Eltern wohnt. Als bei einem Mord jedoch eine Zeugin entkommen kann, flieht sie von zu Hause und nimmt die Identität von Adrien an, des verschwundenen Sohnes von Feuerwehrmann Vincent Legrand. Vincent akzeptiert Alexia als seinen zurückgekehrten Sohn, ohne Fragen zu stellen. Mehr noch, immer obsessiver kümmert er sich um Alexia/Adrien und hält seine Illusion mit allen Mitteln aufrecht...

                                              ,,Titane" ist wirklich eine Herausforderung für seine Zuschauer. Statt seine haarsträubende Narrative mit unpassender Selbstironie aufzulockern, zieht der Film sie knallhart und ernst bis zum grausigen Finale durch. Vor allem die beiden überragenden Hauptdarsteller Agathe Rousselle und Vincent Lindon tauchen dabei tief in die Psyche ihrer gebrochenen Charaktere ein und geben physisch wie psychisch einfach alles. Julia Ducournau fängt die gewaltsame Odyssee ihrer Protagonistin in gediegenen Bildern ein und wechselt gekonnt von knisternder Erotik zu eruptiver Gewalt, von schockierendem Body-Horror zu einfühlsamer Familienwerdung.
                                              Überhaupt wirkt ,,Titane" neben seinen oberflächlichen Genrezutaten vor allem wie ein Film der Metamorphosen. Alles in ihm, vor allem Alexia, scheint beständig im Wandel zu sein. Sie wandelt sich von einer Frau zum Mann (und wieder zurück), von einer gefühlskalten Mörderin zum Familienmenschen, selbst der Wandel vom Mensch zur Maschine ist hier möglich. Dabei geht ,,Titane" geradezu aus Prinzip immer den Weg des meisten Wiederstands. Er ist bewusst unangepasst, unbequem und zieht seine Zuschauer entweder in seinen Bann oder stößt sie komplett ab. Dies liegt auch daran, dass er keine Rechtfertigungen oder Erklärungen für das Handeln seiner Figuren liefert. Der Zuschauer sucht sich diese entweder selber oder akzeptiert die Entscheidungen der Figuren einfach, obwohl diese oftmals nur schwer nachzuvollziehen sind. Gelingt dies nicht, wird man als Zuschauer wohl auch keinen Zugang zum Film bekommen.

                                              Fazit: wild, radikal, faszinierend und verstörend. Julia Ducournaus zweiter Spielfilm ist nichts für zarte Gemüter und definitiv kein Film für jedermann. Er ist ein explosives Statement für Diversität und ein äußerst eigenwilliger Beitrag zum modernen französischen Kino. ,,Titane" wird wohl auch in Zukunft die Menschheit in zwei Gruppen spalten und irgendwie scheint es mir, als wenn er genau das tun wollte. Bei mir hat er auf jeden Fall (größtenteils) funktioniert.

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                                                Nach dem puritanischen Neu-England des 17. Jahrhunderts und den alten Seefahrerlegenden des 19. Jahrhunderts entführt uns Regisseur Robert Eggers in seinem dritten Spielfilm ,,The Northman" (2022) in die Zeit der Wikinger. Dabei nimmt er sich der Sage um Prinz Amleth an, die William Shakespeare als Inspiration zu seinem Drama Hamlet diente.

                                                Wie andere Kommentarschreiber bereits verdeutlicht haben, ist die Geschichte des Films eine sehr geradlinige Rachestory: Als Junge muss Prinz Amleth mitansehen, wie sein Vater, König Aurvandil (Ethan Hawke), von dessen Bruder Fjölnir ermordet wird. Zudem wird Amleths Mutter, Königin Gudrun (Nicole Kidman), von Fjölnir geraubt. Er selbst kann jedoch entkommen und verbringt die folgenden Jahre bei einem Wikingerclan, bei dem er zu einem mächtigen Krieger heranwächst. Als er erfährt, dass sein Onkel sich auf Island aufhält, treiben ihn seine Rachegelüste auf die abgelegene Insel, um seine Mutter zu befreien. Unerwartete Unterstützung bekommt er dabei durch die Sklavin Olga (Anya Taylor-Joy). Kann sie ihn vom gewaltsamen Pfad seines Schicksals abbringen?

                                                ,,The Northman" ist von der ersten Sekunde an ein typischer Robert-Eggers-Film. Seine bewährte und geschätzte Devise, in allem größtmögliche historische Authentizität zu erreichen, ist auch in seinem dritten Film sofort spürbar. Von den Locations über die Kostüme und Requisiten bis zur Sprache der Figuren. Der Zuschauer wird in die Welt der Wikinger des 10. Jahrhunderts gezogen und so schnell nicht wieder losgelassen. Jedoch reicht es dem Regisseur nicht, lediglich ein historisch genaues Abbild jener Zeit zu schaffen. Er versucht einmal mehr, uns eine vergangene Epoche durch die Augen eines Menschen zu zeigen, der in ihr gelebt hat. Daher lässt er immer wieder übernatürliche Bezüge aus der nordischen Mythologie und dem altnordischen Glauben einfließen. Natürlich wird all das in Eggers gewohnt opulenter Inszenierung dargestellt. Vor allem seiner Liebe zu ausgedehnten Plansequenzen frönt der Regisseur in seinem neuesten Werk. Wer diese langen, ungeschnittenen Szenen á la Brian De Palma also ebenso schätzt wie ich, wird in ,,The Northman" das eine oder andere mal ins Staunen kommen. Ein weiterer großer Pluspunkt des Films ist sein Sounddesign. Die eigenwilligen, entrückten Bildkompositionen werden durch ebenso ungewohnte, fremdartige Klänge untermalt und verstärken somit den rauschhaften Charakter dieses Films. Auch darstellerisch lassen sich keine Makel finden, sämtliche Haupt- und Nebenfiguren sind passend besetzt und alle Darsteller liefern ordentlich ab. Besonders hervorzuheben sind vielleicht Alexander Skarsgard in der Hauptrolle, der als wütender Berserker eine Tour de Force sondergleichen absolviert und Anya Taylor-Joy als ebenso schöne wie rätselhafte slawische Hexe.
                                                Bis hierher scheint der Film also alles richtig gemacht zu haben. Dass es am Ende doch nicht zu einer noch höheren Bewertung reicht, liegt vor allem an der simplen Handlung. Dass inhaltlich nicht so viel passiert, sorgt vor allem im Mittelteil für die eine oder andere Länge, die trotz der durchweg hervorragenden Inszenierung und epischen Bilder aufkommt. Dies liegt auch am bbewusst eher gemächlichen Verlauf, den der Regisseur für seinen Film gewählt hat. Und somit möchte ich meine Bewertung mit einer Warnung beschließen: ,,The Northman" ist eben KEIN actionreicher Abenteuerfilm, in dem pausenlos gemetzelt wird. Es ist auch kein ,,Conan, der Barbar" oder ,,Pathfinder". Trotz seines beachtlichen Budgets ist ,,The Northman" im Herzen ein Arthaus-Film. Es ist paradoxerweise kein Film für die breite Masse, aber es ist ein Film, den Kenner umso mehr zu schätzen wissen werden.

                                                Fazit: Ein brutaler, ästhetischer und berauschender Ausflug in die wilde Welt der Wikinger. Trotz einiger kleiner Längen ist ,,The Northman" ein visuell und akustisch überzeugendes Werk, dass darüber hinaus die unverkennbare Handschrift seines Regisseurs trägt.

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                                                  Cunctator99 07.07.2022, 02:14 Geändert 17.02.2024, 20:07

                                                  Der Actionthriller ,,Rogue" von 2020 schickt Megan Fox als Anführerin einer Söldnertruppe nicht nur in den Kampf gegen die Entführer einer Gouverneurstochter, sondern auch gegen eine Löwin, die auf einer Farm ihr Unwesen treibt.

                                                  Auf einer Löwenfarm in Südafrika kommt es zu einem Zwischenfall, bei dem mehrere Löwen entkommen können, nachdem sie die Wilderer angefallen haben. Zeitgleich leitet Samantha O'Hara (Megan Fox) mit ihrem Einsatzteam einen Angriff auf ein Lager einer Terrorzelle. Ihr Auftrag ist die Befreiung der Tochter des örtlichen Gouverneurs, Asilia. Zwar können sie dieses Ziel erreichen, jedoch kommt es auf ihrer halsbrecherischen Flucht zu Komplikationen. So sehen sie sich gezwungen, bei Einbruch der Nacht auf genau jener Löwenfarm Zuflucht zu suchen, auf der zu Beginn die Löwen entkommen konnten. Schon bald müssen die Söldner feststellen, dass nicht alle Löwen die Farm nach ihrer Flucht verlassen haben...

                                                  ,,Rogue Hunter" versucht sich an einer auf dem Papier sehr unterhaltsamen Mischung aus Söldneraction und Tierhorror. Zusätzlich sollte man sich im Klaren darüber sein, dass es sich um einen typischen B-Movie handelt, also nicht die ganz große Filmkunst erwartet werden kann. In der Inszenierung seiner Actionszenen kann der Streifen dann auch ganz ordentlich punkten. Die Action ist zwar nicht weltbewegend oder innovativ, aber zumindest unterhaltsam. Auch, wenn auf der Farm dann der Horroraspekt hinzu kommt und für Spannung sorgt, ist das für sich genommen nicht so schlecht gemacht, jedoch kranken vor allem die Löwenszenen an ziemlich miesen CGI-Effekten. Ich gebe zu, dass ich eine natürliche Aversion gegen (schlecht gemachte) CGI-Effekte habe, in diesem Punkt also nicht ganz objektiv bin. Aber für mich waren die Löwen in ,,Rogue Hunter" mit das Schlechteste, was ich in letzter Zeit in Sachen CGI sehen musste. Vom unnatürlichen Bewegungsablauf über die Bwegungsgeschwindigkeit bis zum generellen optischen Design konnte mich wirklich kein Aspekt der digitalen Löwen überzeugen. Darunter leidet vor allem die Atmosphäre des Films, da seine tierische Bedrohung so leider kaum bedrohlich wirkte.
                                                  Ein weiterer negativer Punkt, der den Film leider runterzieht, sind seine Figuren. Klar, man kann in einem Söldner-Actionfilm keine ausgefeilten Charaktere erwarten, aber man hat sich dafür entschieden, quasi jedes Mitglied des Einsatzteams mit einem völlig deplatziert wirkenden Humor auszustatten. Das soll wohl unterhaltsam sein, machte die Figuren für mich aber eher dümmlich, uninteressant und überzogen. Da der Film als Star-Vehikel für Megan Fox gedacht war, ist sie folgerichtig die einzige erwähnenswerte Darstellerin im Cast. Dafür, dass der Film auf sie zugeschnitten ist, bleibt sie als Söldneranführerin jedoch erstaunlich blass. Ihre Figur ist leider ebenso klischéebeladen und langweilig wie alle anderen, macht ihre Sache als Heldin der ganzen Chose aber nicht zwingend schlecht. Zumindest, wenn man ausser Acht lässt, das Megan Fox als knallharte Anführerin eines Söldnerkommandos generell nicht sonderlich glaubwürdig ist.
                                                  Negativ zu bewerten sind neben den Figuren leider auch die Dialoge und einige Charakterhandlungen im Film, die einfach nur idiotisch und nicht nachzuvollziehen sind. Mehr als einmal musste ich den Kopf schütteln und konnte nicht glauben, dass das wirklich so durchgewunken wurde. Damit hat der Film leider ebenfalls ein großes Stück Glaubwürdigkeit eingebüßt. Somit stehen der spannenden Grundidee und einer passablen Inszenierung in der Summe leider zu gravierende Mängel gegenüber, um ,,Rogue Hunter" in meinen Augen empfehlenswert zu machen.

                                                  Fazit: Nur leidlich unterhaltsamer Hybrid aus Actionthriller und Tierhorror, der aus seiner coolen Prämisse nicht genug herausholt. ,,Rogue Hunter" krankt vor allem an seinen idiotischen Dialogen, seinen nervigen Figuren, seiner unglaubwürdigen Handlung und den schlechten CGI-Effekten. Höchstens Trash-Fans könnten hier unterhalten werden, denn in Sachen Action und Spannung macht der Film zumindest nicht alles falsch, wenn man sich denn auf ihn einlassen kann.

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                                                    ,,Long Weekend" von 1978 ist ein recht unbekannter, australischer Horrorfilm des Regisseurs Colin Eggleston. Obwohl der Low-Budget-Film auf Festivals ein paar Preise gewinnen konnte, war die anschließende Kinoauswertung finanziell enttäuschend und der Film geriet schnell in Vergessenheit.

                                                    Die Handlung des Films konzentriert sich auf das Ehepaar Peter (John Hargreaves) und Marcia (Briony Behets), das sich an einem langen Wochenende auf einen Camping-Ausflug begibt. Schnell wird deutlich, dass es in der Ehe der beiden ordentlich kriselt und einige unausgesprochene Probleme die Beziehung der beiden belasten. Hinzu kommt, dass Marcia von Beginn an keine Lust auf den Urlaub in der Natur hat. Peter auf der anderen Seite verhält sich nicht nur seiner Frau gegenüber oft rücksichtslos, sondern ebenso im Umgang mit der ihn umgebenden Natur. Doch an diesem Wochenende scheint es, als habe die Natur endgültig genug...

                                                    Obwohl der Film mit geringem Budget und in kurzer Zeit realisiert wurde, ist Regisseur Colin Eggleston und Drehbuchautor Everett De Roche hier eine kleine, obskure Perle des australischen Horrorkinos gelungen. Dabei verzichtet der Film auf expliziten Horror, sondern schafft es, sehr subtil eine bedrohliche und unangenehme Atmosphäre aufzubauen. Während die beiden Hauptfiguren sich immer wieder annähern und abstoßen, kommt es in ihrem Umfeld wiederholt zu unerklärlichen Geschehnissen. Diese Geschehnisse wirken aber zunächst eher irritierend als akut bedrohlich. Zudem lassen sich diese Ereignisse zum Teil mit den Problemen in der Ehe der beiden Protagonisten in Verbindung setzen. Somit ist bis zum Ende nicht klar, ob auch die Psyche der beiden Hauptfiguren einen Einfluss auf die Ereignisse um sie herum hat.
                                                    Ein weiterer großer Pluspunkt ist natürlich auch die tolle Naturkulisse Australiens. Ob nun der malerische Strand oder die mythisch-bedrohlichen Wälder, hier konnte der Regisseur ohne viel Aufwand einige wundervolle Aufnahmen einfangen. Auch die extravagante Fauna des Landes wird im Film gewinnbringend in Szene gesetzt, obwohl es sich nicht um einen reinen Tierhorrorfilm handelt.
                                                    Negativ kann man dem Film allenfalls sein gemächliches Tempo und den (vermutlich budgetbedingten) Verzicht auf effektvolle Tier-/Horrorszenen ankreiden. Allerdings sind diese Kritikpunkte, gemessen an der Qualität des Films, eher vernachlässigbar.

                                                    Fazit: Zu Unrecht ein weitgehend unbekannter Klassiker des australischen Horrorkinos. Die Rache der Natur am rücksichtslosen Menschen wird dabei nicht als aufwendiges Horrorspektakel, sondern als subtiler Psychothriller inszeniert, der seinen Ökohorror meisterhaft in das Psychogramm einer gescheiterten Ehe einwebt. Dies macht den Film ebenso ungewöhnlich wie sehenswert.