Deciuscaecilius - Kommentare

Alle Kommentare von Deciuscaecilius

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    Jedes Land hat so seine Regeln für Krimis. In Deutschland, einem der sichersten Länder der Welt, entstehen zum Beispiel so viele Krimis, dass man glauben könnte, hier wären Morde an der Tagesordnung. Gleichzeitig wird darin aber mit der Hilfe hoch engagierter Polizisten ohne Überstundenkonto, brillanter und unfehlbarer Pathologen und der neuesten Technik, ständig das Vertrauen in die Wirkmacht von Polizei und Staat versichert, sodass sich der Zuschauer kurz gruselt, aber sich dann ganz beruhigt und beschützt ins Bettchen kuscheln darf. Sector 36 aus Bollywood ist da ein ganz anderes Kaliber. Wie indische Filme überhaupt kein gutes Haar an der Polizei und deren Fähigkeiten lassen, so ist das hier sicher keine Beruhigung für die gestresste Seele.
    Der echte Gandhi hat die Demokratie erschaffen, aber nur der virtuelle auf dem Geldschein kann für Polizei Gerechtigkeit sorgen, so oder so ähnlich sieht man das hier im Film und unter diesem Motto wurde dieser düstere Thriller erschaffen. Serienkiller Filme sind nichts besonderes mehr, ihre Regeln sind bekannt und Sector 36 macht nichts wirklich Neues mit dem Genre, aber es macht es großartig. Das fängt mit schöner Cinematography an, alleine die Nachtaufnahmen der Slums von Delhi sind wunderbar, die Lichter eines Volksfestes beeindrucken genauso, wie jede Lichtstimmung in Kellern und Verhörräumen. Dazu kommt ein guter Score und damit zusammen ein erstklassiges Filmerlebnis.
    Davon abgesehen hat der Film zwei Glücksfälle. Da ist der Bösewicht Vikrant Massey als Prem, eine diabolische Hölligkeit aus der schwarzen Spaßfraktion der Grausamkeiten. Ja, das ist Klischee durch und durch, wenn alle Register von Kannibalismus, Missbrauch, Kindermorden und Nekrophilie gezogen werden, aber Alter ist der ein Schleim. Wer Spaß daran hat, so richtig drüber zu gucken, der wird genau das hier finden. Eine zwanzig Minuten lange Verhörszene ist der Höhepunkt des Wahnsinns und des Ekels. Das wäre aber nichts ohne die Erdung und die bringt uns Deepak Dobriyal als Inspektor Pandey, der seine Reise zur moralischen Läuterung durch diesen Film antritt und das mit aller Ernsthaftigkeit tut, zu der ein Bulle in der Lage ist. Das ist ein Auftritt. Der Kampf des Einzelnen gegen das System ist gelungen.
    Dem Film hilft dabei, dass hier gerade nicht nur ein Serienmörder auf der Anklagebank sitzt, sondern dieser als Stellvertreter einer ganzen indischen Gesellschaft steht. Wenn Prem über die wertlosen Opfer spricht, dann hört man eine ganze Gesellschaft sprechen, die den Wert jedes Menschen an seinem wirtschaftlichen Nutzen misst und gnadenlos aussortiert. Wer indische Filme guckt, wird das kennen, der Wert des Einzelnen ist hier oft ganz weit unter null angekommen und Sector 36 spricht genau das an. Die Korruption, die Machtspiele und die Gedankenlosigkeit sitzen hier auf der Anklagebank und Prem wird nur stellvertretend büßen müssen. Folgerichtig darf dann auch das Ende als konsequent und die Post Credit Szene als Traum von einer besseren Zukunft angesehen werden. Hier hofft man auf Veränderung, aber man darf Zweifel haben, ob die so schnell kommen wird.
    Der Film hält sich nicht lange am Whodunit auf, seine Rätsel liegen hinter dem Horizont von Klassengrenzen. Das ist gerade deshalb ein richtiger Thriller mit aller Brutalität, die dieses Genre mitbringt. Das ist nichts für das Gemütliche zwischendurch, aber als Variation des Altbekannten mit einer Menge an indischer Sozialkritik ein echter Banger. Sicher nicht das, was man sich vorstellt, wenn man Bollywood denkt und ganz frei von romantischen Tanzeinlagen, aber gerade deshalb großartig.

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      Deciuscaecilius 25.01.2025, 11:59 Geändert 27.04.2025, 23:00

      Daughters of Darkness (Les lèvres rouges) ist ein interessanter Film. Harry Kümel hat keine großen Spuren in der Filmwelt hinterlassen aber diese Variation des Vampirefilms mit Fokus auf Macht, Sex und Männlichkeit fasziniert. Die Geschichte spielt in einem leeren, klassizistischen Hotel am winterlich leeren Nordseestrand und diese Leere ist Teil der Geschichte, es ist ein Kammerspiel, das sich aber auch in großen Räumen, auf Straßen und am Strand abspielt aber da ist kaum jemand zu sehen. Diese Menschen sind isoliert in ihren Kämpfen, sie leben für eine Weile ihren eigenen Traum. Die Cinematography ist dabei aufregend, die berühmte Umarmung mit dem Cap durch Christopher Lee wird hier wunderbar im ersten Licht der Sonne am Strand gespiegelt, die großen Räume schreien nach der Vergangenheit und die Todesbilder sind aufregend. Dazu ist der Score ganz wunderbar. Der Film ist trotzdem nicht perfekt, er bringt nicht alle seine Themen zu Ende, aber er fühlt sich ungewöhnlich und abstrakt an.
      Danielle Ouimet als frisch verheiratete Valerie ist dabei der Schwachpunkt des Films, sie überzeugte mich nicht in der Rolle, ihre Sätze wirken zu oft aufgesagt und ihre Körpersprache ist unsicher und steif. John Karlen als ihr Mann Stepan dagegen macht das besser, seine Unsicherheit und sein Kampf um die Kontrolle dieser Situation sind überzeugend. Das ist ein Film über seine Gelüste, er will Macht über diese Frau haben, um wenigstens für eine Weile vergessen zu können, dass er ganz offensichtlich nicht der starke Mann ist, der er gerne wäre. Diese Flitterwochen sind seine Realitätsflucht, im Film wird mehr über seine Mutter gesprochen als über ihn und so sehr er versucht, in die Brüste seiner naiven Frau zu flüchten, so sehr entfernen sie sich von ihm. Seine Verzweiflung und der folgerichtige Umschlag in Gewalt, sind Ausdruck dieses Hinterfragens von Männlichkeit, selten ist eine Figur so elegant und grausam am Telefon zusammengefaltet worden wie er hier.
      Der Star des Films ist aber Delphine Seyrig als Countess Elizabeth Báthory, sie ist die Frage, der Buchtrenner, die Schere, die diese Beziehung teilt wie das Messer die Butter. Ihre alte Traurigkeit und moderne Lust auf die Jugend stellen die Machtverhältnisse infrage. Vielleicht spricht sie etwas zu viel aus und fehlt ihr etwas Präsenz an manchen Stellen, aber da ist eine Außerweltlichkeit in ihrem Habitus, der das wegmacht.
      Es ist ein langsamer Film, der weit weniger erotisch rüberkommt, als er versprechen mag. Das ist kein Sexplotationsfilm über lesbische Vampire, es ist ein kleines Kunstexperiment über weibliche Macht. Der Film stellt Dynamiken infrage und die Countess darf zerreißen, was doch nur eine Behauptung war, die Dominanz von Stepan. Was hier in feinen, aber aus der Zeit gefallen wirkenden Hotelzimmern passiert, ist eine blutige Angelegenheit, aber sie ist nicht unbedingt von Horror geprägt. Die Atmosphäre ist die eines Traumes, der zwischen Albtraum und erotischer Fantasie hin und her schwankt. Die ewig junge Frau lässt die Grenzen zwischen Liebe und Grausamkeit verschwimmen und hinterfragt dabei auch das Konzept an sich. Wenn alles ein Machtspiel ist, dann kann sich auch kein Mann sicher sein, sobald Frauen Macht bekommen.
      Der Film ist ein Erlebnis und doch wirkt er nicht ganz fertig, sind einige Elemente zu dünn. Das macht ihn aber nicht schlecht, es ist einer der bisher interessantesten Filme die ich gesehen habe in dem Versuch, einiges an Vampirfilmen zu sichten. Ich mochte ihn so, wie er ist, mit seiner ganzen Affektiertheit, seiner symbolistischen Erotik, seiner Leere und seiner ein bisschen nervigen Hauptfigur, einfach weil das etwas Besonderes ist, eine Entführung in einen Traum aus den Siebziger Jahren, einen Traum von Macht und Ohnmacht.
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      • 6 .5

        John Wick: Kapitel 2 ist eine typische Fortsetzung, man bekommt von allem mehr. Hier ist die Action dann auch nochmal verfeinert, die Settings spektakulärer und die Szenen länger. Insgesamt hat der Film dabei ein gutes Pacing, die Schauplätze sind abwechslungsreich, werden größer und es wird spektakulär mit Licht gespielt. Der Film bricht aus der Intimität in eine fast superheldenhafte Größe, dabei werden jetzt Gegner als Superschurken aufgebaut und eine Menge an gesichtslosen Helfern dazwischengeschaltet. Insgesamt ist es damit etwas ausgefeilter als sein Vorgänger, leider wird die unsinnige Welt der immer komplexer werdenden Regeln aber auch immer mehr betont. Ein guter Actionfilm überstrapaziert nie die Geduld seiner Zuschauer und Kapitel 2 ist schon sehr nahe daran, diese Regel zu brechen.

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          Deciuscaecilius 23.01.2025, 20:20 Geändert 27.04.2025, 23:01

          Dracula Has Risen from the Grave ist der vierte in der Reihe der Hammer Dracula Filme und wirkt wie ich als Zuseher ermüdet. Der Film bemüht sich, die Wiederbelebung und die erneute Vernichtung so abwechslungsreich wie möglich zu machen, und hat einige nette Nebendarsteller gefunden, aber darüber hinaus ist es dasselbe wie immer. Lee ist steif und unbedrohlich in der Rolle und es nervt immer mehr, dass die Frauen ihm nicht widerstehen können und nur daraus Bedrohung entstehen soll. Das ist alles so passiv und statisch dadurch, es läuft am Ende auf Versteckspiele und seltsame Verzögerungen hinaus, die nicht spannend werden. Ab und zu gibt es ein paar gorige und irgendwie beeindruckende Szenen, so ist das Ende wieder etwas spektakulärer ausgefallen, aber das ist es nicht. Ich denke, dass man den Ausflug zu diesen “Hammer” Filmen langsam beenden kann.
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          • 7 .5

            Die John Wick Reihe hat sich zu einer riesengroßen esoterischen Mystery-Reihe entwickelt, dabei vergisst man gerne, dass es so einfach und schön begonnen hat. Die GunFuFights mit rhythmischem Techno hinterlegt, machen den Film zu einem Musical in dem eine Tanznummer an die andere gereiht wird, das dazwischen ist nur da um ein Gefühl zu erzeugen, das die Stimmung der Handlung weiterträgt. Das ist in seiner Simplizität immer noch ein Erlebnis. Diese Essenz eines Actionfilms zu gucken macht mir jedenfall immer wieder Spaß.

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              Deciuscaecilius 21.01.2025, 19:34 Geändert 27.04.2025, 23:00

              Vampyr – Der Traum des Allan Gray vom Dänen Carl Theodor Dreyer ist ein 1932 in Deutsch, Französisch und Englisch gleichzeitig gedrehter Film, der sich auf dem Grat zwischen Stummfilm und Tonfilm bewegt. Die Aufnahmen der Sprache wurden erst im Studio hinzugefügt und sind rar gesetzt, klassische Dialoge sind kaum vorhanden. Die Geschichte wird zusätzlich in Texttafeln erzählt, damit ist es ein schwer zugänglicher Film. Die Bilder wurden allerdings gut restauriert, ich habe die Criterion-Fassung mit englischen Texten und deutscher Sprache gesehen, sie schien die beste Bildqualität zu haben und war überzeugend. Ganz im Gegensatz zum fast parallel entstandenen Dracula-Film aus Hollywood ist der Film dabei überhaupt kein Bühnenstück, nichts wirkt hier wie Kulisse. Der Film ist geprägt von brutalem, schmutzigem und gelebtem Realismus. Die Außenaufnahmen sind von alp träumerischer Unklarheit, der ganze Film wirkt wie aus einer Anderswelt und in Abschnitten unzusammenhängend wie im Traum.
              Diese Welt ist so schroff und diese Dialoge in kurzem angestrengt betontem Deutsch so fremd. Die Handlung ist dabei ähnlich zu den Dracula Geschichten, die wir kennen, es kommt ein Fremder in ein kleines Dorf und stolpert von einer seltsamen Taverne, in eine alte Ruine, um dann zum Herrenhaus zu gelangen, wo die zwei Töchter des Hausherrn von einer vampirischen Macht verfolgt werden. Das hier hat aber eine andere Schlagrichtung, es wirkt eher wie eine volkstümliche Gruselgeschichte, die des Abends am Lagerfeuer erzählt wird und aus Versatzstücken alter Sagen und Aberglauben besteht. Die dunkle Macht ist viel indirekter in ihrem Handeln, hier steht kein Christopher Lee am Fenster herum.
              Ich war überrascht, ja überwältigt von diesem rauen Film, der in seiner ganzen Atmosphäre einen Grusel erzeugt, wie ich ihn lange nicht mehr gesehen habe. Er wirkt fast wie eine moderner Found Footage Film, um dabei genau mit diesen Vertretern den Boden aufzuwischen. Hier kommen seltsame Effekte zum Einsatz, der Film spielt mit sich absurd bewegenden Schatten, er lässt Menschen aus ihren Körpern steigen und lässt uns an unserer eigenen Beerdigung teilnehmen. Alles hier ist dunkel und verstörend, jeder Satz klingt wie ein Flehen und die fehlenden Erklärungen zahlen nur ein auf seine Atmosphäre. Dabei braucht er eben die alte Zeit nicht nachzustellen, er ist aus genau der Zeit, so zeigt er uns seine Gebäude, Zimmer und Keller im schummrigen Licht, das die dunklen Ecken nie ganz erleuchtet. Die Darsteller erscheinen gar nicht wie Schauspieler, sie wirken manchmal verloren in ihrem eigenen Film und sprechen so angestrengt. Wenn Sybille Schmitz „ich bin verloren, ich bin verdammt“ flüstert und dann plötzlich diese Stimmen zu hören sind und sie sich grinsend ihrer Schwester zuwendet, dann kriecht es kalt den Rücken hinunter.
              Ich will gar nicht sagen, dass der Film ein Meisterwerk für jeden ist, seine Geschichte hat immer wieder seltsame Sprünge und ist am Anfang schwer anzunehmen. Diese Schauspieler sind so seltsam undurchsichtig, manchmal ist ihr Spiel schrecklich hölzern und falsch, dazu wirkt der Film langsam und stummfilmhaft, unmodern selbst im Vergleich zu anderen Filmen der Zeit, aber jeder dieser Nachteile zahlt auch immer auf das Grusel Konto des Films ein. Man kann sich dem schlecht entziehen, wenn man denn einmal drin ist, so verstörend und fesselnd ist diese Welt. Die Atmosphäre ist von Dreyer gewollt, das ist kein Zufall, seine langen Einstellungen in den Räumen, seine Nebel über den Wiesen, ja selbst diese traumhaften Sprünge, das alles ist Teil des Gruselfilms. Dieser Tod am Ende ist so intensiv, weil Geyer Ideen dazu hat, was Menschen ängstigt. Das alles macht diesen Film zu einem überraschenden Gewinn, zu einem wahren Filmerlebnis, gruseliger und interessanter als alle seine Zeitgenossen. Puh, man kann noch Schätze bergen.
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              • 4 .5

                Mit Back in Action setzt Netflix sein Projekt fort, zu jedem Action Genre einen familienfreundlichen Film zu drehen, den man gemütlich beim Bügeln weggucken kann. Wir jagen einen Plot Device mit einem sich neckenden Pärchen und Klischee Kindern durch die Welt, weil wir keinen neuen James Bond bekommen und weil Netflixs Algorithmus unsere Lust darauf aber aus unseren Film Profilen zu lesen glaubt.
                Dazu scheint dann auch kein Hollywoodstar zu teuer zu sein. So weiß man manchmal nicht, ob die Liste, die man sieht, die neuen Oscar Nominierungen enthält oder die Setlist eines neuen Netflix Films ist. Dankenswerterweise haben dann aber Glenn Close, Kyle Chandler und Andrew Scott wieder etwas Geld um sich richtigen Filmen zu widmen.
                Jamie Foxx und Cameron Diaz wiederzusehen ist trotzdem schön und die beiden sind dann auch ganz lustig zusammen. Der Film schwankt ein bisschen hin und her zwischen super schlechter und ganz gediegener Action. Die CGI macht die gleiche Wellenform durch, der Anfang ist grausam künstlich, aber hin und wieder ist etwas praktische nette gemachte Action hineingeraten. Beim Fenster putzen, wird man aber eh nicht immer hinschauen, daher wäre der Aufwand vermutlich aber gar nicht nötig gewesen. So ist in dieser Kinderversion von neunziger Jahre Actionfilmen nichts wirklich schlecht, alles ist lustig, harmlos und egal. Chat GPT hat sogar darauf bestanden, noch Comedian Jamie Demetriou einzufügen, falls wir doch ein paar Minuten nichts zu schmunzeln haben sollten. Alles in allem also perfekter Content.

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                  Deciuscaecilius 19.01.2025, 14:35 Geändert 27.04.2025, 23:02

                  The Fearless Vampire Killers ist Roman Polanski Ansatz, um mit dem Dracula-Mythos umzugehen, es ist eine Parodie auf alle Dracula Filme, eine Erotik- und Slapstick-Parodie. Um mal das Beste zuerst vom Tisch zu bekommen: Für einen solchen Film sieht das super aus, die Landschaften im Schnee sind schön und die Ausstattung sowohl der Taverne als auch später vom Schloss ist großartig. Das atmet Gothic und achtzehntes Jahrhundert, wie man es leider selten sieht. Ganz speziell wird das zauberhaft, wenn dann endlich der Danse Macabre der Vampire einsetzt und der ganze Verfall in hübschen Kleidern und eleganten Bewegungen sich in das Ende einer Ära der Aristokratie tanzt. Das hat dann einen schönen ironischen Touch und wird viel zu der immer noch vorherrschenden Faszination für den Film beitragen, er endet brillant. Der ganze Tanz und der Twist am Ende lassen einen zufrieden aus dem Film, da kommt regelrecht The Six Sense Erinnerung auf.
                  Mein persönliches Problem sind aber hier wie dort die neunzig Minuten davor. Ich fand den Film schrecklich unlustig und unendlich langsam. Jeder Gag zieht sich ewig und weder Polanski noch MacGowran zeigen Timing oder komödiantisches Talent. Das ist so unendlich langweilig, während doch kaum etwas passiert. Ja, der Konflikt, dass die Alten, die Vergangenheit, die neue Zeit herumkommandieren, aber diese dann zusammen mit neuer Macht in die Zukunft aufbrechen, hat was. Nur irgendwie geht mir das in seltsamem ungelenken Slapstick zu oft unter. Dazu kommt die Notgeilheit des Films, die arme Sharon Tate verbringt ihren letzten Film größtenteils nackt in einer Badewanne, während ihr Mann einer anderen Darstellerin in den Ausschnitt greift, vermutlich weil das witzig sein soll. Der Film ist wirklich nicht gut gealtert. Neunzig Minuten warten auf zehn Minuten eines gut gemachten Films waren mir viel zu wenig. So stark läuft mein Empfinden selten gegen die Moviepilot Note…
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                    Hit Man von Richard Linklater ist ein ordentlicher Film, der aber nicht wirklich etwas mit den Ambitionen zu tun hat, die man vielleicht noch von Linklater erwartet. Der Film ist wohl am ehesten eine romantische schwarze Komödie, wobei die Geschichte um einen Philosophieprofessor, der in seiner Freizeit für die Polizei einen Auftragsmörder spielt, um die Auftraggeber zu überführen, längst nicht so schwarz ist wie sie vorgibt. Wirklich böse wird sie vielleicht einmal und ansonsten ist das Unterhaltung, die kein erwachsenes Pärchen am Sonntagabend schocken sollte. Ein bisschen Sex, ein bisschen Roleplay und ein paar Tote, locken niemand aus seiner moralischen Komportzone. Dabei ist es durch und durch Glen Powells Film, der diesen Film trägt wie selten ein Schauspieler, er ist dieser Film und ohne ihn kann man sich das kaum vorstellen. Die Chemie zu Adria Arjona passt dabei, auch wenn sie weit weniger auffällt. Ansonsten ist das alles solide, nett gefilmt und gut erzählt. Man muss das schon glauben wollen, denn so ganz passt da nicht immer alles zusammen, aber es ist ausreichend gut erklärt, damit das kein Problem darstellen sollte und nicht wirklich den Spaß am Film stört. Ich war die zwei Stunden gut unterhalten. Sehr solide.

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                      Deciuscaecilius 17.01.2025, 20:21 Geändert 27.04.2025, 23:02

                      Dracula: Prince of Darkness ist der dritte Film in der Dracula-Reihe von Hammer und diesmal ohne Peter Cushing, aber wieder mit Christopher Lee. Im ersten Moment hört sich das gut an, aber ohne Cushing geht eine Menge der Energie des Films verloren, besonders das Finale fühlt sich super lahm an. Der Film ist so richtig nur am Anfang interessant, als Draculas Schloss von einer Gruppe von englischen Touristen besucht wird und man eine Weile nicht so richtig weiß, was passieren wird. Auch die Dynamik unter den beiden Paaren ist solange ganz amüsant. Draculas eigentliche Wiedererweckung ist dann das große Highlight des Films, sowohl in der Drastik als auch im Effekt. Alles danach lässt dann aber ganz schön zu wünschen übrig.
                      Die komplett stumme Lee ist eher ein Stein, der den Film bremst, er guckt böse, wirkt aber langsam und steif. Insgesamt passiert zu wenig mit ihm und die Handlung zieht sich lange hin. Das Schloss sieht gut aus, aber die Abtei als zweiter Handlungsort ist eintönig und das Hin und Her mit Dracula dort ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Insgesamt ein langweiliger Film.
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                        Queen of Hearts ist das dänische Original zum Remake-Film Last Summer von Catherine Breillat von 2023. Ich habe Letzteren zuerst gesehen und wollte nun schauen, was am Original faszinierend war und was sich geändert hat. Auffallend ist, dass dieser Film fast Szene für Szene für das Remake übernommen wurde. Trotzdem liegen ganz unterschiedliche Filme vor, weil sich eben nicht nur das Ende, sondern der ganze Ton der Filme fundamental unterscheidet. Während Breillat versucht, einen Film der Graustufen zu bauen, der aus einem Spiel, einer leicht konstruierten Künstlichkeit heraus eine gewagte Prämisse zieht, ist Queen of Hearts viel konventioneller.
                        Das hat anfangs große Vorteile, weil sich dieser Film so viel natürlicher anfühlt. Die kalte Welt Dänemarks trifft den Ton, dieses Luxusanwesen sieht nach Reichtum aus, hat aber auch eine moderne, isolierende Schwere, in der es Trine Dyrholm, als Anne sichtlich schwer fällt, glücklich zu sein. Sie ist beruflich erfolgreich, aber Aufregung und Thrill findet sie nicht, das Leben läuft viel in abgesteckten Bahnen. Magnus Krepper als ihr Mann Peter ist selbst erfolgreich und viel unterwegs, so plätschert alles, bis der siebzehnjährige Stiefsohn Gustav Lindh als Gustav einzieht. Er ist verklemmt, kalt und einsam und im Versuch, das aufzubrechen, entwickelt sich eine einseitige Affäre zwischen Gustav und Anne.
                        Dieser Film ist in Farbe gedreht aber er fühlt sich schwarz-weiß an, weil das seine moralische Welt ist, es ist eine Welt der Samstagabendthrillers, hier ist absolut klar, was richtig und falsch ist. Grauzonen werden hier nicht erkundet und damit muss am Ende des Films auch eine harte Strafe erfolgen. Der Film wirkt dabei etwas Bigott, wenn er die Sexszenen so explizit aufzieht, dass man sich kurz fragt, ob man einen Porno angeworfen hat, aber dann doch so ein klares Urteil über seine Figur fällt. Es gibt Momente, in denen der Film gehässig wirkt, indem er nach Strafe zu gieren scheint und damit scheinbar ganz bewusst nicht die Juristische meint. Und um nicht falsch verstanden zu werden, die Affäre ist falsch, moralisch wie juristisch und das dann in der Gesellschaft zu abzuarbeiten, wäre ein Ansatz den man gehen kann, nur tut das der Film nicht. Ein düsteres Drama will er dann doch nicht sein, seine Idee ist es, den Kuchen zu essen und ihn zu behalten.
                        Die Motivationen aller Beteiligten sind eigentlich ganz unverblümt dargestellt, und doch versteht man sie in ihrer Gesamtheit nicht. Zur künstlichen Konstruktion des französischen Remakes gehörte es das man dem Film etwas Leine lassen musste, angesichts der Katastrophe auf die dieser Film aber hinarbeitet ist es nicht zu verstehen, warum Anne nicht die Notbremse zieht, so schmerzhaft das auch sein mag. Dass es ihr am Weihnachtsabend völlig an Mitleid fehlt, erklärt der Film jedenfalls nicht. Manchmal versteht man ein Remake plötzlich als eine Korrektur. Das hier ist eine gute Idee, die aber solange Zielgruppen optimiert wurde, dass am Ende nur moralische Überlegenheit über die vom Film selbst konstruierte Wirklichkeit übrig bleibt. Zuerst Voyeurismus befriedigen und dann scharf urteilen, wirkt schal…

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                        • 5 .5
                          Deciuscaecilius 15.01.2025, 21:47 Geändert 27.04.2025, 23:03

                          Der Film “Dracula und seine Bräute” müsste wohl eher der “Schlagersänger und seine Groupies” sein. Aber man erwartet von einem Hammer Dracula Film ein gewisses Maß an Seltsamkeit, und auch wenn der erste Film noch sehr versucht hatte, auf der ernsten Seite des Themas zu bleiben, geht dieser hier wieder voll rein damit und die Erwartungen werden dann auch erfüllt. Die Gummi Fledermaus ist nicht nur zurück, sie hat einige große Auftritte, sie darf hier schön herumschwanken. Noch besser ist aber David Peel als Baron Meinster, der hier als Dracula Ersatz fungieren darf und aussieht, als wäre er dem Schlagercontest entlaufen. Seine Auftritte sind wahrlich bemerkenswert gespielt. Dafür hängt sich Peter Cushing als Van Helsing ordentlich rein, da ist fast ein John Rambo an ihm verloren gegangen. Das macht den Film nicht ernsthafter, aber unterhaltsam, denn um mal kurz ganz ernst zu bleiben, macht er das wirklich nicht schlecht. Die absurd zusammengebaute Story kann man nur mit viel Energie überstehen und das ist sein Ding.
                          Der Rest ist wieder ganz nett gebaut, viel schöne Gothic Atmosphäre und streng guckende Damen im Nachthemd bevölkern den Film aber machen leider nicht viel. Dafür wird ungewöhnlich viel innerfamiliär gebissen, das Inzestuöse und Ödipale trägt einen Teil zum Grusel und zur Andersartigkeit bei. So ist insgesamt ein Film da, den man gucken kann, aber zumindest meinerseits bedurfte es schon eines guten Willens zu Ironie dabei. Wenn einem die zur Verfügung steht und man vor altem Käse keine Angst hat, dann ist das aber immer noch was…
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                          • 7 .5

                            Furiosa: A Mad Max Saga ist ein Prequel und während Mad Max: Fury Road seine Stärke darin hatte so kurz wie möglich seine Geschichte zu erzählen und sich davon ab völlig auf Atmosphäre und Action zu verlassen hat, will man hier nun Fragen klären, Wissenslücken schließen und die Welt größer werden lassen. Das folgt dem Trend, aus anderen Franchises jeden Teil der Welt mit einer Vergangenheit versorgen zu müssen, bis nichts mehr der Fantasie überlassen bleibt. Daran krankt auch dieser Film hier, denn eigentlich gab es keinen großen Bedarf daran zu wissen, wie das genau ablief mit Furiosa und wie sie zur Citadel gekommen ist. Wenigstens fühlt es sich aber am Ende einigermaßen nett an, die Origin Story des Pfirsichbaumes unterläuft die Erwartungen und ist ein amüsanter Gag. Leider kann gerade das Ende aber nicht ganz verhehlen, dass es einem besseren Film hinterherläuft.
                            Das zwingt aber an diesem Punkt dazu, wenigstens den Versuch zu unternehmen Furiosa von ihrem Nachfolger zu trennen, denn als eigenständiger Film ist das hier zwar konventioneller erzählt, die Rache Story ist stärker ausformuliert, die Geschichte wirkt größer aber es ist dann auch keine schlechte Geschichte, weil sie weiterhin von dieser absurden Dieselpunk-Welt profitiert, die angenehm brutal und kompromisslos daherkommt. Gleichzeitig sind die vielen kleineren und größeren unlogischen Dinge in der Welt aber hier auch prominenter geworden und fallen mehr auf. Im Ausgleich ist mehr von dieser Welt, aber auch mehr Absurdität und mehr der immer noch starken Atmosphäre.
                            Alyla Browne als die junge und Anya Taylor-Joy als die erwachsene Furiosa teilen sich den Film und tun das überzeugend. Browne wurde gut gecastet, fast möchte man in ihren Augen Taylor-Joy wiedererkennen, der Übergang ist dadurch gut gelungen. Beide transportieren Ärger auf subtile Weise und passen gut zur verstummten Figur, kaputt gemacht durch diese Welt und entrissen dem Paradies. Fast kann man erahnen, warum Furiosa am Ende bleibt, zu sehr hat sie sich verändert und zu wenig passt sie noch zum Traum, was dem zweiten Teil mehr Dramatik verleiht. Richtig viel erfährt man aber am Ende nicht, ganz speziell nicht vom Leben in der Citadel, womit eigentlich schon wie in Fury Road offen bleibt, wie genau das alles funktioniert. Taylor-Joy ist aber eine großartige Schauspielerin für diese Rolle, ihre natürliche Präsenz hilft über einige Längen hinweg, der Liebespart wirkt aber trotz ihrer Leistung ungelenk.
                            Chris Hemsworth als Dementus ist dann der Antagonist des Films und es ist eine seiner besten Rollen. Er scheint befreit zu sein von brüllenden Ziegen und jeder Moment außerhalb eines Taika-Waititi-Films scheint ihm gut zu tun. Seine Rolle entwickelt sich dann auch fast zur Hauptfigur des Films, seinen Hass auf die Welt und die gleichzeitige Energie, sie beherrschen zu wollen, dominieren das Narrativ bis zu einem Maße, dass man fast eher seine Sicht der Dinge hätte sehen wollen. Ich habe mich ein bisschen gefragt, wie der Film aus seiner Sicht ausgesehen hätte, in der wir zwar immer wieder auf Furiosa treffen, aber ohne sie je zu begleiten. Da ist etwas an seinem Zynismus, der anziehend und bedrohlich zugleich wirkt. Das ist eine wirklich gute schauspielerische Leistung insgesamt.
                            Allen Unkenrufen zum Trotz sieht der Film gut aus, ja er sieht sehr gut aus. Die Mischung ist heller, kontrastreicher und damit etwas künstlicher geworden, die Soundstages scheinen öfter durch als noch im Vorgänger und außerhalb der Verfolgungsjagden ist die CGI nicht nur vorhanden, sondern auffällig sichtbar. Trotzdem macht das weiterhin Spaß, sind die absurden Designs, die Verfolgungsjagden und überhaupt alle Kämpfe, hart und spannend. Es macht immer noch Spaß, sich die Set Pieces anzusehen. Dem Film gelingen immer noch großartige Shots in der Wüste, einsame Gestalten in den unendlichen Weiten einer postapokalyptischen Welt und personifizierter Wahnsinn und schiere Wut in anderen Momenten. Es gibt nicht viel im Kino, was hier mithalten kann. Der Film ist ein Must have für moderne Action Fans.
                            Die Gewalt in den Kämpfen trägt zur Atmosphäre bei, die zwei Folterszenen, mit denen hier der Rachegedanke untermauert werden soll, fand ich dagegen unnötig in ihrer Gewaltlust, ich hatte nie das Gefühl, die Reihe wäre eine solche Reihe. Davon abgesehen fühlte ich mich gut unterhalten, es ist ein guter Actionfilm, der nur im Vergleich mit seinem eigenem gleichzeitigen Vorgänger und Nachfolger zu kurz springt. Der Sound ist gut, die Soundeffekte brillant und die Effekte solide. Ich wäre überrascht, aus dem Jahr 2024 noch einen besseren Actionfilm zu finden.

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                              Deciuscaecilius 13.01.2025, 19:02 Geändert 27.04.2025, 23:03
                              über Dracula

                              Dracula 1954 ist ein bisschen das Gegenteil der Verfilmung von 1931, es lässt viel von der Eleganz, der Ruhe und Ausstrahlung liegen, aber es ersetzt es mit Dynamik. Christopher Lee ist hier in seiner ersten Rolle als Count zu sehen und man merkt, warum er darin erfolgreich war, seine Größe und seine seltsam unterdrückt wirkende Wut, passen viel besser zu einem Horrorfilm. Die naturalistischen Bilder, die realen dunklen Mauern, die Natur, dass alles hilft, eine in die Realität einbrechende Gefahr zu erzeugen. Der Film lässt sich weniger Zeit und zeigt von den ersten Minuten an reale Konsequenzen. Hier ist Dracula nicht den ganzen Film hinweg auf der Suche nach einem Opfer, hier passiert stets und ständig etwas. Der Film hat dabei keine Hemmung, seine Darstellerriege in die Konsequenzen mit einzubeziehen und das wirkt. Erfreulich war auch, dass, wenn man die eh nicht hübsch hätte machen können, auf zu deutlich übernatürliche Effekte verzichtet wurde. Gummifledermäuse bleiben uns also erspart.
                              Trotzdem ist das viele Hin und Her Gerenne keine wirklich verstörende Angelegenheit mehr, aber da für alle Beteiligten etwas auf dem Spiel steht, wird zeitlos wirkende Spannung erzeugt. So etwas hilft einem Film sechzig Jahre später und sorgt für neuen Spaß beim Gucken. Aus heutiger Sicht muss natürlich auch gesagt werden das die Rolle der Frauen hier schon sehr Opferlastig ist und dass Draculas Angriffe vielmehr von sexuellen Übergriffen haben als noch in den früheren Filmen. Das ist ein Horrorfilm, der seine Zuschauer damals schocken wollte und, auch wenn das heute nicht mehr so gut funktioniert, bleibt eine gewisse Härte in der Darstellung erhalten. War Murnaus Nosferatu noch eher ein Kunsterlebnis und Bela Lugosi ein netter Spaß aus der Vergangenheit, kann man hier erkennen, warum der Stoff immer noch reinhaut.
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                                Challengers ist der neue Film von Luca Guadagnino, ein Film über ein einzelnes Tennismatch indem es für die beiden Männer die es spielen um eine Frau, um Kontrolle und um Erfolg geht. Wir erfahren ihre Geschichten dann abrissweise in Rückblicken von Jahrzehnten, Jahren und Tagen, während des Matches und damit steigen dann auch die Einsätze immer weiter bis zum Tiebreak. Der ganze Film strotzt von Metaphorik, nicht nur ist das Tennis hier Konversation, Beziehung und Sex zugleich, hier ist auch jede Konversation ein Tennismatch mit Sieger und Verlierer, jeder Sturm außen ist auch Sturm der Lust nach innen, wie der Ball hin und herfliegt, fliegt diese Frau hin und her und wie sehr die beiden Männer auch glauben sie hätten die Kontrolle über diesen Ball, sosehr entgleitet er ihnen. Über dem allen liegt dieser Soundtrack von Trent Reznor und Atticus Ross der, während ich das schreibe, mitläuft und fantastisch ist, aber auch wenig subtil, er liegt über allem in diesem Film, ist unüberhörbar und man muss mit ihm mitgehen oder aufgeben. Die Kamera schwankt und fliegt wie ein Tennisball, sie ist lüstern nach den drei Körpern, sie klebt am Schweiß und blickt kalt und weit in die Zimmer der Luxushotels. Sie zeigt uns Tennis aus jedem Winkel, auch weil sie uns Sex nicht aus jedem Winkel zeigen kann, ohne vulgär zu werden. Das ist ein Film, der all-in geht, der keine Subtilität kennt, mit Ausnahme der Gesten seiner Darsteller.
                                Zendaya braucht nicht viel, um angewidert zu gucken, sie verzieht hier und da ein Auge und wir wissen, wie sehr die Schwäche ihres Mannes sie anödet. Ein kleiner Blick nach unten und wir sehen ihren Schmerz, wenn die Kontrolle über den Erfolg aus ihren Händen genommen wird. Ihr einfacher Gang eine Straße herunter, nachdem sie nach so langer Zeit einmal wieder ein gleichwertiges Match austragen konnte, erregt sie und uns gleich mit, weil niemals ein BH auffälliger nicht getragen wurde. Wir müssen keinen wirklichen Sex sehen, um dieses Spiel errotisch zu finden. Sympathisch wirkt sie dabei allerdings nie, sie ist und spielt einfach einen Star.
                                Der Film zeigt in Wahrheit auch weniger, als er verspricht. Josh O'Connor und Mike Faist zeigen ihre Lust zwar ganz ungeniert, sind verletzlich dabei, aber viel mehr sehen wir selten. Vor allem darf man sich fragen, ob das wirklich Homewrecking ist, was sie hier erleben. Ist es Manipulation, die Projektion einer Sexualität oder wirklich ihre eigene Lust? Man kann bezweifeln, ob es hier überhaupt eine Homoerotik gibt, weil Begehren und Liebe im Film so deutlich getrennte Dinge sind. Die beiden haben dadurch eine schwierige Aufgabe, weil sie nicht so wirken, als hätten sie je die Kontrolle über die Situation. Es ist ihr Kampf um die Deutungshoheit in ihrem Leben und ein Kampf gegen eine toxische Liebe. Jedenfalls stehen die beiden ihrer dominanten Partnerin in der schauspielerischen Leistung in nichts nach, vielleicht ganz im Gegenteil, weil sie natürliche Rollen spielen und weniger nach Heiligenstatuen aussehen dürfen.
                                Den Film kann man gut hassen, weil er so drüber ist und weil diese drei Gestalten so toxische Arschgeigen sind. Sie leben einen kompetitiven Sport und sie leiden ein kompetitives Leben. Das ist anstrengend und doch ist es so hypnotisch, diese Lust am Kampf und vor allem am Gewinnen. Wie in jedem Sportfilm geht es ums Gewinnen und das treibt hier alle an. Dass der Rest dabei unwichtig wird, ist eine Strafe für die drei, aber als Zuseher auch ein Spaß. Man kann hier Komik finden im Verhalten von Menschen, die an Liebe glauben. Es gibt bessere und subtilere, realistischere und liebenswürdige, direktere und übersichtlicher erzählte Liebeskomödien, aber das Überirdische dieses Films hat auch etwas Erhebendes. Es ist keine Welt, die sich real anfühlt, die greifbar ist, aber es ist eine Welt, die spannend ist, die einen umschlingt, wenn man sie lässt, wenn man seine Haltung kurz fallen lässt, kann man sich darin fallen lassen. Man muss dann mitschwingen und hoffen, dass es vielleicht eine Erlösung gibt.
                                Es ist ein wunderschöner Film, der mit seiner Kamera experimentiert und der so konsequent ist mit seiner seltsamen Story, mit diesem so speziellem Plot, wie ihn im Moment nur ein Mann wie Guadagnino durchziehen kann. Nicht viel in dieser Welt könnte mir egaler sein als Tennis und die lüsternen Blicke auf Männerärsche in diesem Film und doch springt dann der nächste Technotrack an und das ist alles egal. Ein Blick auf diese kalte Königin Zendaya und einmal ohne viel Überlegung in dieses Metaphorik springen und schon ist man selig trunken von so viel hin und her. Der Film ist zu lang und selbst eine der besten Chekhov's Gun Szenen der jüngeren Filmgeschichte zieht sich am Ende zu sehr, um nicht frustrierend zu sein. Dann ist da aber der Gedanke, ob es vielleicht genau das ist, was Guadagnino von uns will, uns frustrieren mit dieser ätherischen Kunst mit diesem Ungreifbarem fast Sex. Am Ende ist es ein sportlicher Wettbewerb zwischen schönen Körpern, wir erfahren wenig anderes über sie, es bleibt damit eine Parabel über das Begehren von Körperlichkeit. Frust ist dann ein natürlicher Teil davon, wir begehren immer das, was wir nicht haben und haben können. Challengers ist so ein seltsames Filmerlebnis, frustrierend schön und deshalb vermutlich einer der besten Filme des Jahres.

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                                  Deciuscaecilius 11.01.2025, 15:25 Geändert 27.04.2025, 23:04

                                  Abbott and Costello Meet Frankenstein ist eine Parodie auf die Horrorfilme der vierziger Jahre, das Duo Abbott und Costello erzielte damit einen großen Erfolg und das wiederum führte zu weiteren Filmen mit anderen Monstern aus den Filmen der Zeit. Nicht alle Witze aus der Zeit wirken heute noch, aber gerade im Gegensatz zum Dracula-Film von 1931 wirkt das hier alles schneller und spritziger. Gerade Béla Lugosi, der hier gut aufgelegt seine eigene Rolle parodiert, scheint wirklich Spaß an der Sache zu haben. Die Verfolgungsjagden und Kämpfe hier sind spannender als im Originalfilm und einige der Effekte sind interessant anzuschauen. Dem Film hilft sein Tempo und der Humor über die Zeit, auch wenn einige Nummern sehr nach Bühnengag aussehen und oft einmal zu oft kaum variiert wiederholt werden. Die beiden Damen Lenore Aubert und Jane Randolph, die beide als Parodien verschiedener Tropen verführerischer femme fatales auftreten, sind dabei auch immer noch wirkungsvoll. Die beiden kämpfen unterhaltsam um den begeisterten Costello, was wiederum Abbot wahnsinnig macht. Das ist aus der Zeit gefallen, aber harmlos, ein alberner Spaß ohne so richtig zu fesseln. Das kann man sich immer noch ansehen, aber vermutlich muss man auch nicht.
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                                    The Boy and the Heron ist ein wunderschöner Film mit einem der schönsten Scores der letzten Jahre, es ist eine Märchenreise in die Träume der Jugend. Die gezeichneten Hintergründe sind so schön wie vielleicht nie zuvor bei Ghibli, es ist ein Traum den Film Bild für Bild durchzugehen. Es ist leicht, sich hier fallen zu lassen und darüber nachzudenken, wann die eigene Kindheit geendet hat. Wann war das, als man das letzte Mal eine Fantasywelt aufbaute und Zeit in ihr verbrachte, mit allem, was man dort haben wollte und dazu mit allen Geheimnissen, über die man nur hier Macht haben konnte. Auch das zerstörerische Feuer, das das Beste im Leben zerstört hat, kann hier heilende Wirkung haben, weil es unter Kontrolle ist. Die Welt der Fantasie ist der Ort, an dem man Macht über die Welt hat, auch wenn man noch ein von Ohnmacht erfülltes Kind ist.
                                    Der Zauber an Miyazaki ist, dass er seine Welten nicht tarnt, das sind Welten einer kindlichen Fantasie, aber sie müssen deshalb nicht kindisch sein. In uns allen steckt ein Kind, es ist nur erwachsen und hoffentlich nicht zynisch geworden. So kann man sich hier für eine Weile fallen lassen und zurücklehnen in das, was einmal war. Das verbirgt nicht ganz, dass es nichts Neues im Land von Studio Ghibli gibt. The Boy and the Heron setzt fort und erfindet wenig Neues, aber in gewisser Weise ist das hier ein Höhepunkt im Perfektionismus, mit dem dieser Welten gebaut sind. So taucht ein in die Welt seltsamer Vögel, Kriegstraumata und kindlichem Verlust, nur hier kann man die eigene Welt einfach neu bauen aus den Steinen, die man am Wegesrand findet.

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                                      Deciuscaecilius 09.01.2025, 22:54 Geändert 27.04.2025, 23:04

                                      Son of Dracula von 1943 ist ein interessanter Fall, der Film ist eine Art Southern Gothic mit einigen Elementen, die an Film Noir erinnern. Dracula besucht die Südstaaten, um dort eine große Bewunderin zu treffen. Die Femme Fatale des Films ist Louise Allbritton als Katherine und stiehlt Dracula ein bisschen die Schow. Was nicht nur an ihrem hypnotischen Anblick liegt, sondern auch daran, dass Lon Chaney Jr. nicht nach der optimalen Wahl für die Rolle aussieht. Er spielt eine seltsame Mischung aus herbem Charme und steifer Bedrohlichkeit und wirkt dabei die ganze Zeit, als würde er sich selbst schmerzhaft festhalten. Das zieht den Film ganz schön runter, dazu kommt, dass viel über die Situation diskutiert wird und der als Krimiplot und Psychodrama angelegte Plot damit lange nicht aus den Hüften kommt. Die Darstellung der sozialen Verhältnisse entspricht sicher denen von 1943, modern ist das aber natürlich nicht.

                                      Dabei sieht der Film aber wirklich gut aus, die von Schatten triefenden Sümpfe Louisianas machen atmosphärisch was her und die typischen klassizistischen Häuser passen zu Stimmung. Ich mag auch sehr den Konflikt, den Katherines Freund Frank, gespielt von Robert Paige, auszufechten hat, wenn das auch etwas zu kurz kommt. Genau daraus hätte man viel machen können. Das Ende gehört dann aber gerade als Finale seiner Storyline zu den interessanten Varianten der Dracula Filme. Ansonsten war das ein spannender Ausflug, der Film ist nicht überragend, aber wirklich interessant.
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                                        The Mitchells vs. the Machines ist ein Animationsfilm mit einem kleinen Hektikproblem, daran muss man sich gewöhnen, aber dann entwickelt sich ein schöner und in einigen Gedanken auch nicht ganz dummer Film. Das richtet sich aber eher an Teenager und der schnelle und beeindruckende Animationsstil erinnert auch sehr an die Spidermanfilme aus dem gleichen Studio. Wir haben zwei Handlungsebenen, einmal muss die Welt vor der Übernahme durch Roboter bzw. durch AI gerettet werden und währenddessen muss sich Katie von ihren Eltern emanzipieren, ohne dabei mit ihnen zu brechen, was speziell ihrem Vater schwerfällt.
                                        Das ist eine lustige Kombination, nicht weltbewegend, aber unterhaltsam, schnell und mit einigen guten Seitenhieben auf unsere Technikgesellschaft. Das Voice Acting ist hervorragend, man hat sich größtenteils auf erfahrene Comedians verlassen, so spricht Maya Rudolph zum Beispiel Mutter Linda Mitchell aber in den Nebenrollen wird auch breiter gestreut, Olivia Colman als AI ist toll oder Conan O'Brien, als Werbestimme für die letzte Reise der Menschheit, ist auch eine gute Besetzung. Ich mag den Quatsch, aber zwischenzeitlich zieht es etwas, weil die Botschaft: “Familie ist toll” sehr, sehr deutlich gemacht werden muss. Das nimmt etwas mehr Zeit ein, als es dem Film gut tut, der auch ansonsten kaum ein Klischee über Mütter, Väter, kleine Brüder und nerdige Teenagermädchen auslässt. Dafür sind einige der Actionszenen wirklich gut inszeniert und einige Ideen daraus, wie der Riesenfurby oder die beiden kaputten Roboter lustig. Solide.

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                                          Deciuscaecilius 07.01.2025, 18:28 Geändert 27.04.2025, 23:04

                                          F.W. Murnaus Nosferatu – eine Symphonie des Grauens ist speziell für die deutsche Kultur einer der Filmklassiker. Dieses, heute würde man sagen, Rip Off von Bram Stoker's Dracula ist über die Zeit zu seinem eigenen Werk geworden und verschmolzen mit den Elementen, die wir heute noch aus den Verfilmungen rund um Dracula und Vampiren kennen. Dabei ist der Film selbst erstaunlich zugänglich geblieben, ein über 100 Jahre alter Film, der immer noch seine Stärken hat. Wenn man ihn schaut, erkennt man auch ganz schnell Einstellungen wieder, die seltsam vertraut vorkommen, Einstellungen, die ganz modern wirken, weil sie die Filme danach geprägt haben. Wenn wir die Särge die Straße heruntergetragen sehen, oder das Unheil auf der Bootsfahrt in Zusammenschnitten mit der Reise des Helden zu einem Wettlauf wird, bei der immer der eine aus dem Bild läuft, wenn das Boot wieder hineinfährt oder natürlich, wenn Nosferatus Schatten die Treppe hinauf kommt oder mit der Schattenhand das Herz Ellens ergreift, erlebt man Filmgeschichte. Es ist dabei ein durch und durch Kunst romantischer Film, der viele Darstellungen dieser Zeit zu eigen nimmt, speziell aus der wilden Natur im gefressen und gefressen werden und in von Melancholie getragenen Bildern der modernen Stadt und den schicksalergebenen Menschen darin.
                                          Der Film vermittelt ein Bild der Ängste der Weimarer Republik, wir sehen eine Stadt, die unter einen Schatten gerät, unter dem sie leidet, dagegen kämpft und sich zusammen kringelt. Es ist die Angst davor das die Entscheidungen anderer das Elend über die normalen Leute bringen wird, irgendein Kaiser fängt einen Krieg an der das Leid bis hierher trägt und irgendein Kauffman macht des Geldes wegen Geschäfte, die durch den Handel Krankheiten und Seuchen mit sich bringen, bis jemand durch die Straßen gehen muss, um Kreuze an die Häuser zu malen. Es ist eine Zeit, in der die Krankheit seinen Schrecken noch nicht verloren hat, aber dann doch wie heute eine Welt in der eine solche Katastrophe nicht nur zum Handeln einlädt, sondern auch danach Schuldige zu suchen, zu den Waffen zu greifen und irgendein Opfer zu jagen. Es sind die Männer dieser Welt, die in ihrer ziellosen Wut eine Vogelscheuche (oder einen Strohmann…) zerfetzen, weil sie ohnmächtig sind, aber sich wirkmächtig fühlen wollen. Nosferatu ist dabei der Tyrann, der über die Stadt gekommen ist und seine Opfer neigen sich passiv oder kopflos seinem Willen.
                                          Revolutionär ist dann das es die Frau ist, die sich das Buch der weisen Frauen aus Rumänien durchliest und daraus Wissen ableitet. Ganz vertraut dagegen ist, dass keiner der Männer Lust dazu hat, ihr zu helfen, so muss sie alleine handeln. Dass ihr Körper geopfert werden muss für die Sünde der Gier, die Nosferatu in die Stadt geführt hat, damit der lokale Immobiliendealer seine Schrottimmobilie noch loswerden kann, ist dann die ironische Kirsche auf der Torte. Seltsam ist dagegen die Rolle von Thomas ihrem Mann, in dem Spiel, er verbleibt passiv, seine Liebe wirkt süß, aber wenig erwachsen. Am Ende muss ihn seine Frau vor dem Grafen retten, sich schützend verhalten wie die Mutter für das Kind.
                                          Die Musik von Hans Erdmann passt wunderbar zum Film und trägt die Spannung von Szene zu Szene. Die 2006 digitalisierte Fassung der Murnau Stiftung ist klar und fehlerfrei, was dazu beiträgt, dass der Film immer noch schaubar ist. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Schwächen gibt, die Figur Nosferatu wird von Max Schreck gut gespielt, aber gruselig ist das nicht, ganz im Gegenteil, es befindet sich auf schmalem Grat. Wenn der arme Nosferatu mit dem Sarg unter dem Arm durch die Stadt läuft oder in Benny Hill Geschwindigkeit seine Särge auf eine Karre lädt, wirkt er ganz unfreiwillig komisch. Die großen Gesten und das Overacting sind sicher zeittypisch, aber auch nicht mehr wirklich überzeugend.
                                          Den Film heute zu bewerten ist ein bisschen müßig, das ist kein modernes Kinoerlebnis, sondern mehr eine Reise in die Geschichte. Trotzdem hat das Ganze auch als Abenteuergeschichte seinen Platz und allein viele der Einstellungen lassen auch heute noch Spaß aufkommen. Ich war einmal mehr gut unterhalten. Freie Versionen sind überall zu finden, daher ist es in Anbetracht der Veröffentlichung von Eggers Nosferatu eine gute Idee, das mal gesehen zu haben. Viel Spaß dabei, es ist ein Zeitreise der besonderen Art...
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                                            My Old Ass ist eine coming-of-age Dramedy und um da gleich einmal ein paar Sachen klar zu stellen: Ich bin sicher nicht die Zielgruppe dafür und I fucking hate Justin Bieber. Das ist kein guter Start für diesen Film, dazu kommt noch, dass es ein sehr nostalgischer Film ist, ein bisschen schmalzig, sehr gefühlig und idealisierend. Man kann es als modernes Cosy Drama bezeichnen. Überraschend daran ist nur das es weitgehend funktioniert, weil, speziell Maisy Stella als die junge Elliott das so natürlich und charmant rüberbringt und weil Aubrey Plaza als die alte Elliott abgefuckt und müde genug rüberkommt, um dem ganzen Gewicht zu verleihen. Die Kombination stellt sich als großartige Idee heraus und unter den vielen zynischen Low Effort young adult Sachen sticht es damit brutal heraus. Empathie mit seinen Figuren scheint etwas wert zu sein.
                                            Der Film ist gut gefilmt, die wunderschönen kanadischen Seen und die wilden Bootsfahren wecken Sehnsucht und diese ganze Familie und der Traum vom perfekten Landleben tut ihr Übriges. Es ist eine Welt, in die man eintauchen möchte, die sich wertig anfühlt, als wäre sie mit Liebe gemacht, damit man darin ruhen kann. Ein Geschenk ist auch Percy Hynes White, der die harte Aufgabe hat, hier die perfekte Liebschaft spielen zu müssen, damit sich das alles echt anfühlt und nicht die Prämisse ad absurdum führt. Tatsächlich packt er das, es fällt einem gar kein Grund ein, warum die beiden nicht zusammen sein sollten. Es bleibt dabei aber eine Teenager-Romanze und leider ist sie zufrieden mit diesem Gefühl, das sie erzeugt, mehr als das, wird aus der Idee leider nicht gemacht. Trotzdem ist eben diese Idee absurd genug, um interessant zu sein und sie bindet solange, bis Schauspieler, Nostalgie und Sehnsucht weit genug aufgebaut sind, damit man dabei bleibt. Einige Male wird das ganz schön gestreckt und die innere Logik wird Opfer der filmischen Dramatik, aber es bleibt ein guter Film, ohne dass er wirklich die letzte Meile zu gehen bereit ist.

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                                              Deciuscaecilius 05.01.2025, 12:33 Geändert 27.04.2025, 23:06
                                              über Dracula

                                              Mit Dracula kommt der Stoff 1931 nach Hollywood und die erste Darstellung des Grafen übernimmt Bela Lugosi. Der Film startet eine Ära an Vampir- und Dracula-Filmen und gleichzeitig auch eine Reihe an anderen Monster- und Grusel-Filmen von Universal. Ich hatte diese Version tatsächlich noch nie gesehen und muss sagen, dass ich vom Ruhm etwas überrascht bin. Die Sets sind tatsächlich wunderschön, alles, was man hier aufgebaut hat, ist detailliert und voll mit Atmosphäre. Ich hatte viel Spaß alleine beim Betrachten jeder einzelnen Location. Die Kameraführung hat allerdings viel vom Stummfilm und der Bühne, jede Szene ist ähnlich aufgebaut, dem Film gelingt in seinen Kulissen dann kaum noch etwas Schönes. Es wird viel herumgestanden und der Film klaut bei Nosferatu, der doch eigentlich das Ripoff sein soll. Die Effekte rund um die Gummifledermaus sind unfreiwillig komisch, von allen restlichen Effekten sieht man nicht viel, Verwandlungen und Tötungen sind faktisch alle Off Screen.
                                              Auch darüber hinaus ist der Film eine arg steife Angelegenheit. Lugosi hat eine gewisse fremdartige Ausstrahlung, aber weder ist er besonders gruselig noch wirkt das alles erhaben. Dazu kommt, dass der restliche Cast schrecklich aufgesetzt wirkt und overacted, Renfield ist eine Nervensäge und Mina eine Schlaftablette. Hier kommt weder Spannung noch Grusel auf. Das äußerst lahme Ende ist dann die ganz große Enttäuschung, unspektakulärer ist Dracula noch nie besiegt worden. Ne, an dem hat mir der Zahn der Zeit etwas viel geknabbert, das war keine Offenbarung.
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                                                Smiles of a Summer Night von 1955 war ein großer internationaler Erfolg für Ingmar Bergmann aber ich habe ihn mir eher deshalb angesehen, weil Woody Allen's Film “A Midsummer Night's Sex Comedy” von 1982 darauf basiert und ich wissen wollte wie die beiden im Vergleich abschneiden. Ehrlich gesagt müsste man nach der Sichtung dieses Films, Woody Allens gleich einmal abwerten, weil es schon merkwürdig ist, dass ein fast dreißig Jahre älterer Film, spritziger, erotischer, eleganter und witziger daherkommt als seine Neuinterpretation. Natürlich ist hier das Bild von dem, wie eine Frau in der Gesellschaft steht, noch ein Stück älter, aber die Handlung beider Filme spielt eben auch Anfang 1900, womit Allens Film hier wohl viel zu sehr aus der Zukunft gedacht ist. Bergmann dagegen gelingt es, den Ton gut abzubilden, aber gleichzeitig Komik daraus zu ziehen. Die unterdrückte Frau wird hier zum Kämpfer in eigener Sache und die, um einen modernen Begriff zu verwenden, toxischen Männer zum Opfer ihrer eigenen Männerbilder.
                                                Es ist ein Film über das Begehren, dass wir so schlecht abstellen können, der Zwang zu monogamen Beziehungen, um ein Gesellschaftsbild zu erfüllen, führt dann zu diesen Ausbrüchen, klugen und vor allem weniger klugen, lustigen aber auch gemeinen. Shakespeares Sommernachtstraum löst diese Fesseln und ist sicher gerade deshalb immer noch so erfolgreich, Bergmann bedient sich am Stoff und lässt seinen reichen Protagonisten den Luxus, zu ihrem und unserem Vergnügen, falsche Entscheidungen treffen zu können ohne dass ihre Existenz auf dem Spiel steht. Die Ernsthaftigkeit, in der sie das tun, steht im Gegensatz zur Absurdität des Ganzen Rumgemache und daraus entsteht dann die Komik.
                                                Viele Konfrontationen sind hier gut konstruiert, wenn Offizier Count Carl-Magnus Malcolm, bei seiner Geliebten Desiree Armfeldt auf den in Carl-Magnus Unterhemd und Morgenrock gekleideten Fredrik Egerman trifft, ist das zeitlos komisch. Niemand wird außerdem das mit Musik begleitete fahrende Bett vergessen, dessen Anblick selbst 2025 noch unanständige Gefühle weckt, so verdorben ist der Gedanke. Das ganze Drama einer zu jungen Heirat wird hier einfach ausgespielt, was aber nie heißt, dass es völlig verschwindet. Wir sehen den Schmerz der Frauen über die fremdgehenden Ehemänner und auch den Schmerz, den gekränkter Stolz bei den Männern auslöst. Die Konventionen der Zeit schädigen beide Geschlechter und wenn nicht doch der ein oder andere Haken nachgeben würde, dann hätten wir hier auch ein waschechtes Drama bekommen können. Das funktioniert, weil es letztlich keine Wahl für alle gibt. Das Beispiel des Dienstmädchens zeigt, dass man irgendwo unterkommen muss, umso mehr, je weiter unten man in der Food Chain steht. Hoffen wir für Sie, dass es gut gegangen ist…
                                                Der Film ist dabei hervorragend ausgestattet, speziell die Kleider sind ein Traum, dazu kommen durchweg gute Schauspieler, die mit viel Lust an der Sache dabei sind. Das ist ein erstaunlich zeitloses Werk, das wirklich Spaß macht, anzusehen. Es ist dann auch ein Statement dafür, Filme nicht einfach nach 1900 zu verlegen und dann nichts daraus zu machen. Wenn man nichts im Geist der Zeit zu erzählen hat, dann kann man auch gleich in der Gegenwart bleiben. Bergmann jedenfalls zeigt hier, dass er auch Komödien konnte, weil er ihre Natur verstand.

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                                                  Deciuscaecilius 03.01.2025, 17:52 Geändert 27.04.2025, 23:06

                                                  Nosferatu von Robert Eggers ist die neue Interpretation der Dracula Geschichte von Bram Stoker aber, daher auch der andere Name, als Varianz erzählt, die F.W. Murnau 1922 mit Nosferatu – eine Symphonie des Grauens erschaffen hat. Diese Varianz ist stärker verwurzelt im Expressionismus, interpretiert die Geschichte mehr als Seuche und zeichnet Nosferatu stärker als Monster, weniger als eleganten Serienmörder von sexuell aktiven Frauen. Eggers hält sich stark an die Version von 1922 und setzt dann aber eigene neue Schwerpunkte, zum Beispiel mit der intensiven Beziehung zwischen Ellen und Nosferatu. Aus den Dracula Versionen übernimmt er aber auch mehr Story rund um die Männergruppe, die Nosferatu bekämpfen soll. Im Original sind alle noch nutzloser, während hier speziell Dafoe quasi als Ersatz für Van Helsing agiert.
                                                  Der Film ist ein audiovisuelles Meisterwerk, das sich in Stil und Form einiges aus der Stummfilmzeit borgt. Der Film schwelgt in Bildern, über die die Schatten des Übernatürlichen dominieren. Es ist ein Film der Kontraste, der immer wieder in bizarr zuckenden Bildern in Bewegung kommt und uns tief in dunkle, reale und verfallen wirkende Räume blicken lässt. Die Räume der Menschen sind beleuchtet von Kerzen und Feuer und damit tanzenden Schatten, Enge und Unklarheiten und das sah selten besser aus. Eggers findet erinnerungswürdige Bilder mit Nosferatus Hand über der Stadt, einem gleitenden Boot zur Burg und Gruppen von Särgen, die durch die Stadt getragen werden. Thomas Aufstieg zur Burg von Nosferatu wird zu einer Reise in eine transzendentale Welt, eine Reise ins Innere des Schreckens, einer Unsicherheit, einer lauernden Dunkelheit, die eine Reise zur Konfrontation mit seinen und unseren Ängsten ist. Dabei begleitet uns ein bedrückender Score und eine fantastische Ausstattung. Jedes Kleid, jeder Anzug, jeder Raum atmet 1838, es ist Eggers Liebe zum historischen Detail, das diese Welt zum Leben erweckt.
                                                  Eggers will Nosferatu den Schrecken zurückgeben, er will den glitzernden Vampir wieder in ein Monster verwandeln und das gelingt ihm soweit. Dieser Ansatz ist schön, der Schrecken der Geschichte wird hier wieder besser eingefangen, es wird kein netter, aber mit schlechter Kindheit geschlagener Junge gezeigt, sondern ein Monster aus dem Schatten unseres Unterbewussten. Nosferatu ist kein Serienmörder, sondern eine Naturgewalt, sein Schatten etwas Unfassbares, das tötet, egal wie viele Pflöcke wir anspitzen, diese töten nur Menschen, nicht einen Virus. Einige Szenen spiegeln das dann auch effektiv wider, wenn Nosferatu zuschlägt, dann ist er eine unaufhaltsame Macht. Darüber hinaus will man etwas über den psychosexuellen Pakt erzählen, der zwischen Ellen und Nosferatu besteht, eine dunkle lüsterne Leidenschaft, die ihr Mann Thomas nicht erfüllen kann. Es ist eine Eigenschaft, die in der Gesellschaft verpönt ist, Frauen haben Hysterie und keine Leidenschaft, sie müssen das Monster wählen oder still sein. Das Erheben der Stimme schickt sich nicht, auch wenn sich die Riege der Männer als Rückgratlose und auch ein bisschen nutzlose schlaffe Herumsteher entpuppt, die zwar viel über die Seuche schimpfen und Schuldige benennen, sie aber ansonsten lieber einfach ignorieren wollen.
                                                  Das alles ist da und schön anzusehen, es ergab eine amüsante Kinoerfahrung, die ich nicht missen wollen würde aber ein bisschen fühlt es sich auch an, als hätte ich eine sehr gut gemachte Ausstellung zum Thema gesehen, die alle Ideen zum Thema erklärt und abbildet aber nichts hinzufügt. Der Film fängt im Mittelteil an zu erklären, sich zu ziehen, seine Konzentration hin und her zu schicken. Wir verbringen viel Zeit mit der Nachbarsfamilie rund um den Hausherren Friedrich, gespielt von Aaron Taylor-Johnson, der ein netter Nebendarsteller ist und uns sagen darf, wie rückständig die Männer sind. Nicholas Hoult spielt Thomas, die arme Seele, die zu Nosferatu muss, um ihm ein Haus in der Nähe seiner eigenen Ehefrau zu verkaufen, damit dieser es nicht mehr so weit zu ihrem Bett hat. Hold hat oft bewiesen, dass er ein großartiger Nebendarsteller ist, wenn Hold reagieren kann, ist er großartig, das zeigt er auch in einigen Szenen, wenn die Angst ihn zu durchdringen droht oder er nicht weiß wie er seiner Frau helfen soll aber tragen tut er den Film nicht.
                                                  Das wäre Lily-Rose Depps Aufgabe als Ellen, die mit aller Kraft ihre innere Keira Knightley channelt und das gut macht, aber nicht überragend. Es hilft ihr auch nicht das der Film ganz schön brav ist für seine Themen, die Sexszene zwischen ihr und Hold ist so bemüht, die Konvulsionen ihres Körpers so gut einstudiert, die Wut auf die Männer so gut artikuliert, dass es immer nach gutem Schauspiel aussieht, aber sich nie greifbar anfühlt. Bill Skarsgård als Nosferatu ist leider schrecklich egal, seine Stimme ist im Deutschen überspielt und sein Körper überklebt, Schauspiel erleben wir hier nicht. Der gute alte Willem Dafoe und Simon McBurney müssen Zauber in diesen Film bringen, leisen Humor, Wahnsinn und Energie und sie machen das gut, sind aber nicht die Hauptdarsteller.
                                                  Der Film ist eine unterhaltsame neue Variante des Mythos und hat hoffentlich großen Erfolg, weil er viel Greifbares in seiner Cinematography hat, weil er sich dort lebendig und reich anfühlt. Das ist der Grund, warum man ins Kino geht und ich kann mir gut vorstellen, dass die vielen Versatzstücke, die Eggers anschneidet, gut ankommen werden. Mit ein bisschen Glück erleben wir hier einen Horrorfilm, der es im Mainstream schafft, weil er Dinge aktualisiert, die 99% der Zuseher nie im Original gesehen haben. Ich liebe das letzte Bild in seiner ganzen Gothic Haften Schönheit und es könnte ein Highlight für viele werden. Es ist nicht neu, aber vermutlich kennen die meisten Zuseher dieses Ende der Geschichte gar nicht, weil sie zu sehr daran gewöhnt sind, dass ein Dracula Film endet, indem eine Gruppe Männer ihren Flock in den Nebenbuhler aus den Karpaten rammt, um zu siegen.
                                                  Es ist schön, diese Ideen des deutschen Expressionismus auf der großen Leinwand zu sehen, für mich springt der Film aber zu kurz. Kurz nach einer Pandemie diese Seuchenidee so halbherzig zu streifen ist mutlos, dass hier jemand für das Begehren sterben würde eher unglaubwürdig, Angst und Lust sind hier nur Bilder, der Schrecken blitzt ein paar Mal auf aber der herumstehende Bill darf zu wenig agieren. Der Film konzentriert sich sehr auf das Individuelle, das Gesellschaftliche wird darauf heruntergebrochen, damit ist es das Kind unserer Zeit und Eggers zeigt einmal mehr, dass er Schwierigkeiten hat, unter die Oberfläche zu kommen. Der Film ist besser als „The Northman“ aber an manchen Stellen genauso oberflächlich. Trotzdem sollte man den auf großer Leinwand, mit guten Kontrasten und gutem Sound gucken, diesen Kinobesuch ist es wert.
                                                  https://boxd.it/D5yyo

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                                                    Charade von 1963 ist eine Art RomCom, vielleicht auch eine Art romantischer Thriller, da sich alles um die Suche einer Witwe nach dem Geld ihres ermordeten Mannes dreht, in dessen Verlauf diverse andere gefährliche Männer in ihr Leben treten. Cary Grant und Audrey Hepburn bilden ein schönes Pärchen und spielen dabei die Rollen, die man von ihnen erwartet. Grant, der hier schon etwas in die Jahre gekommen ist, gibt etwas mehr als sonst den merkwürdigen, schrulligen Typen, der überrascht ist, von dieser jungen Frau angehimmelt zu werden und sie gerade dadurch ganz schön arbeiten lässt, um zum Ziel zu kommen. Hepburn wiederum ist gut in der Rolle der Verführerin und hat auch sichtlich Spaß an den kleineren Spionage-Einlagen und den Verfolgungsjagden durch das sehr gut ausgeleuchtete nächtliche Paris.
                                                    Die Story ist nicht weltbewegend, aber solide, die Auflösung hat über den ganzen Film hinweg ein Foreshadowing, sodass es sich befriedigend und natürlich anfühlt. Die Geschichte steht aber auch ein wenig am Rande, wenn diese ganzen schrulligen Figuren in spritzigen Dialogen ihren Spaß haben. Wann bekommt man schon einmal von Walter Matthau ein Leberwurstbrot zum Rotwein im Pappbecher angeboten oder könnte man mit dem stilvoll im Anzug bekleideten Cary Grant duschen? Der Film will Spaß machen und macht das auch, und trotzdem hat er genug Spannung, um auch in diesem Teil interessant zu sein. Gerade weil das aber alles nicht so ernst ist, kann man das heute auch noch gut gucken, insgesamt ein großartiger Film.

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