Deciuscaecilius - Kommentare
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Alle Kommentare von Deciuscaecilius
Kill, ist ein Hindi sprachiger indischer Actionfilm, der mit großer Konsequenz und Intensität daherkommt. Es ist ein klassischer Rachethriller und erinnert in der Reduktion seiner Handlung an den ersten John Wick, wenn dieser auch im Vergleich hierzu wie eine Runde auf dem Kinderkarussell wirkt. Der Film reduziert die Handlung auf die Aufgabe, zweier Elitesoldaten die Familie der Verlobten während eines Überfalls zu beschützen, und es reduziert den Raum, weil das alles in einem fahrenden Zug spielt. Es beginnt ganz indientypisch mit einem strahlenden Helden der anfangs versucht sich ehrenhaft (und ein bisschen dumm) zu wehren, bis dann die Dramatik hochfährt und es zu einer totalen Gewaltorgie ohne irgendwelche Kompromisse wird. Das ist ein Ritt, wie man ihn im westlichen Kino nicht mehr erleben kann, der Gewaltgrad ist überbordend.
Das Ganze wird auch nicht ironisch gebrochen, hier spielen sich Dramen ab, das ganze ist pathetisch und düster, es könnte eine griechische Tragödie sein, wenn das indische Kino nicht das indische Kino wäre. Der Held wird im Prinzip wahnsinnig vor Wut und der Zuschauer muss den Grund dafür mit fast pornografisch detaillierter Härte miterleben. Für Bollywood-Neulinge dürfte das überraschend und sicher auch unangenehm sein. Dem Film fehlt dann aber auch ein bisschen der Schneid Lakshya, der möglicherweise einer der neuen Sterne am Bollywood Himmel sein könnte, so richtig an ein Shakespeare gerechtes Ende zu führen. Es ist kein Theater sondern ein Blockbuster, aber wer auf diese Art von Filmen steht, wem Tarantino zu lasch ist oder das The Crow Remake noch unter den Fingern brennt, hier ist der Platz, um sich von Feuerlöschern, Macheten und Hämmern ins indische Kino schlagen zu lassen.
Naturgemäß geht es dabei nicht immer logisch zu, das ganze Zug-Szenario wird ganz schön gestreckt, wie die Körper der Helden, die fast superheldenhafte Nehmerqualitäten besitzen. Die erstaunliche Geduld des Gangsterbosses mit dem Gemetzel unter seinen Leuten macht einen auch ein bisschen fassungslos, und man sollte sich über die Frage, wer jetzt in welchem Wagen wohin läuft, nicht allzu große Gedanken machen. Erwähnenswert ist vielleicht noch das Raghav Juyal einen fantastisch ekelhaften Bösewicht abgibt und das seine Truppe wiederum manchmal verstörend nahbar ist, in einem Maße, dass man Mitleid mit ihnen haben könnte bzw. dass man sich die Frage stellt, warum nicht der ein oder andere einfach abbricht und weinend zu Mutti läuft. Der Film verbringt ungewöhnlich viel Zeit mit den Machtdynamiken und Brüchen innerhalb der Gangstertruppe, was mir aber gefallen hat.
Nur falls das immer noch nicht durchgekommen ist: Das hat teilweise wirklich Horrofilmartige Gewaltspitzen aber, wenn man damit um kann, dann ist das in seiner unbändigen Energie, dem Fehlen von pseudo dramatischen Zeitlupen, dem fast vollständigen Verzicht des Einsatzes von Schusswaffen und den harten direkten Kämpfen, etwas das man gesehen haben muss.
Es ist wieder “Last Summer”, dieses Mal ist Catherine Breillat dran den Filmnamen zu benutzen, genau wie ihre Hauptdarstellerin Léa Drucker die Anne spielt, Samuel Kircher als Théo benutzt, oder eben andersherum, so ganz genau ist das kaum zu sagen und damit sind wir mittendrin in der neuen, dieses etwas leiseren Provokation von Breillat. Anne ist eine erfahrene Anwältin mit einer Spezialisierung auf sexuellen Missbrauch und Theo ihr siebzehnjähriger Stiefsohn. Die beiden beginnen eine Affäre mit einem ungewissen Ausgang. Große Altersunterschiede sind nichts Neues bei Breillat, interessant ist hier dieser anstrengende junge Mann, der uns als wilder Teenager präsentiert wird, voller Wut, Angst, Einsamkeit und mit einer Lust auf Aufmerksamkeit. Anne dagegen ist die Kontrolle selbst, überlegt, und sehr berechnend, was in jeder Situation die Frage aufwirft, wie weit sie Kontrolle verliert oder sie auch ganz bewusst behält.
Dieses Spiel aus Lust, Begehren und Ausnutzung prägt diese Beziehung, die nicht sehr explizit gefilmt ist, stattdessen viel Mühe auf die Spannung verwendet, die rund um diese beiden herrscht. Das funktioniert hauptsächlich wegen außerordentlich guter Schauspielerleistungen. Drucker kann in Sekunden eine ganze Range an Emotionen durchspielen und Kirschner gelingt es noch im schnulzigsten Moment so eine seltsame jugendliche, provokative Mimik an den Tag zu legen, dass man Schwierigkeiten hat, ihn einzuordnen. Bis zum Ende darf man sich fragen, wer hier wen ausnutzt, auch wenn das rechtlich natürlich ganz klar ist. Dieses Spiel mit dem Verbotenen ist Inhalt des Films.
Ich war trotzdem nicht so involviert, mir war das alles etwas zu gestelzt, dieses Traumleben unter der französischen Sonne, dieses Laisser-faire, fühlt sich zu künstlich an. Drucker bemüht sich, aber irgendetwas ist nicht überzeugend an ihr. Vielleicht weil die Sprünge zu plötzlich sind, vielleicht weil ihre Langeweile nicht expressiv genug ist, so richtig spüre ich das Gift nicht das Breillat hier vermutlich beißen lassen wollte, so blieb auch die letzte Szene etwas leer für mich. Trotzdem ist es sicher eine spannende Grundlage, um über Machtmißbrauch zu reden, das Niveau von z.B. TAR erreicht das aber nicht.
Them! Ist ein früher und sicher prägender Vertreter des Genres Monsterhorror. Die Story kommt heute immer noch mysteriös und bedrohlich daher, obwohl die Ameisen im Rahmen technischer Limitationen sehr statisch agieren. Trotzdem gelingt es dem Film immer wieder, Spannungsmomente aufzubauen und den Monstern, gerade weil sie so selten zu sehen sind, eine Bedrohlichkeit zu verleihen. Gerade die Idee, sie in die Baue zu verfolgen, trägt zur dunklen Atmosphäre bei. Richtig gruselig ist das aber heute nicht mehr, einzig die geschickt eingesetzte Geräuschkulisse triggert noch immer ein bisschen. Klickgeräusche sind einfach unheimlich. Ich mag besonders den ersten Teil des Films, der noch wie ein Mystery-Krimi aufgebaut ist. Die Geschichte bemüht sich, das Ganze realistisch und nicht zu übertrieben darzustellen, was angenehm gut gealtert ist. Dafür agieren die Schauspieler selbst für die Zeit etwas steif. Ist aber immer noch ein schöner Klassiker.
The Red Sea Diving Resort basiert lose auf Ereignissen, bei denen der Mossad in den Achtzigerjahren heimlich jüdisch-äthiopische Flüchtlinge, rettete, indem er sie nach Israel schmuggelte und dabei ein verlassenes Ferien- und Taucherressort an der sudanesischen Küste des Roten Meeres nutzte. Das ist eine interessante Geschichte, filmisch kompetent umgesetzt und mit einer Riege an Hollywood A-Listern besetzt. Wenn aber Chris “Surferboy” Evans oberkörperfrei durch die Wüste tanzt, oder sich mit einem seiner Agenten in einem sudanesischen Gefängnis prügelt, weil dieser ihn zurecht für völlig inkompetent und verantwortungslos hält, eine seiner Agentinnen mit Ausschnitt bis zum Brustbein und wehenden blonden Haaren durch ein muslimisches Land stapft, die Agenten in einer sexy Montage a là Ocean Eleven zusammengesucht werden oder wenn mal wieder eine Mission schief geht, weil niemand irgendeinen Plan hatte, außer sich von den eigenen Vorgesetzten oder den Amerikanern retten zu lassen, wirkt das alles wie eine fucking Parodie. Wie eine Parodie auf White Saviorism und als würde sich das amerikanische Kino gleichzeitig über Israelis und deren Sorge über jüdisch gläubige Menschen in der Diaspora und über die afrikanischen Flüchtlinge lustig machen wollen.
Ach, Afrikaner, dunkelhäutige Menschen, kommen hier in zwei Formen vor. Einmal als Gruppe an traurig guckenden Gestalten, die von Transportmittel zu Transportmittel getrieben werden und die unfähig sind, irgendwie alleine klarzukommen, und natürlich als korrupte und entmenschlicht grausame, Serienvergewaltiger und Massenmörder. Es gibt mit Michael K. Williams als Kabede Bimronur nur einen einzigen positiv besetzten schwarzen Menschen in diesem Film und auch der muss mehrmals gerettet werden. Dabei schwankt der Film ständig zwischen lustigen, halb bis ganz nackten Weißen und Grausamkeiten an Afrikanern, ohne irgendeine Perspektive aus den beiden Ländern selbst zu bieten. Als Agentenkomödie mit Afrikanischer Hintergrundtapete lässt es gar kein Klischee aus, selbst der deutsche Bustourist hat seinen Auftritt. Es ist ein Elend.
Mars Express ist ein kleines Wunder, ein französischer Cyberpunk Animationsfilm, es ist ein bisschen, als hätte man einen lebendigen Dodo gefunden oder einen Film aus Deutschland, der weder Comedy noch Krimi ist. Dazu kommt noch, dass der Film brutal mit seinen Zuschauern umgeht, denn er ist praktisch, neunzig Minuten Worldbuilding ohne auch nur eine Sekunde Exposition zu haben. Man frisst sich de facto die ganze Zeit durch neue Konzepte, die sich alle um Identität und die Frage drehen, wann Technik endet und Leben beginnt. Diese Welt hat augmentierte Menschen, in Roboter geladene Bewusstseine, selbstdenkende Roboter, künstlich erzeugte Biogenetische Wesen in Robotern und man kann Gehirne vermieten, sich selbst kopieren, ja mit sich selbst Sex haben, körperlich, geistig wie auch immer. Es ist eine wilde Welt voll von Konzepten und darin ein Krimiplot, der in einem riesigen Umbruch endet.
Selten wird man von einem Film so brutal überfahren, wenn man hier kurz wegsieht, hat man ein Konzept verpasst, aus dem man einen eigenen Film hätte machen können. Man kann das kaum glauben in einer Zeit, in der andersherum aus einem einzelnen Nebensatz aus dem Herrn der Ringe ein ganzer Film zusammengeschustert wird. Das hat dann aber auch seine Schwächen, es ist zum Beispiel ein bisschen verwirrend und der ganze Krimiplot kommt etwas zu kurz. Dazu kommt, dass die Animation vermutlich Geschmackssache ist, hier wird mit sehr reduzierten Bildern gearbeitet und mit einer Mischung aus klassischen Panels und Computeranimation, das hat seinen Charme, ist aber auch etwas sperrig. Die Musik ist super und insgesamt erzeugt das damit eine spannende Erfahrung, aber auch wenn ich kaum glauben kann, das im Jahr 2024 zu schreiben: Er hätte gern etwas länger sein können. Dem Film fehlt tatsächlich ein ruhiger Kern, eine Minute ohne neues Konzept, einfach etwas Zeit zu atmen, er wird Schwierigkeiten damit haben, Zuschauer mitzunehmen. Aber als Science-Fiction-Fan sollte man das trotz oder gerade wegen gucken, also los, ist auf Prime, keine Ausreden…
Godzilla Minus One ist ein unglaublich pathetischer Film, der viel Zeit mit Motivationsreden und dem Kommentieren von Spannungsszenen verbringt, selbst Godzilla muss dafür ab und zu anhalten und einfach warten, bis alle damit fertig sind Überraschung, Begeisterung oder ihre Angst zu zeigen. Es ist in dieser Hinsicht also ein ganz normaler japanischer Film. Was ihn ungewöhnlich macht, ist seine Einstellung zum Krieg, dieser Film arbeitet am Monster das Trauma eines Soldaten im speziellen und einer ganzen Nation als Gesamtheit ab. Es geht um das Schuldgefühl der Davongekommenen, es geht um fehlgeleitete Ehre und um posttraumatische Belastungsstörungen. Der Film geht damit ganz offen um, weil Godzilla immer eine Serie war, in der das, allerdings verborgen im Kampf gegen das Monster, thematisiert wurde. Neu ist, dass es gar nicht mehr verborgen wird, hier ist es der zentrale Inhalt des Films. Das Monster ist dabei fast ein Nebendarsteller im eigentlichen Drama.
Dazu kommt das Thema der Wahlfamilie, auch ein bekanntes Thema aus japanischen und südkoreanischen Produktionen, auch dieses wird aufgemacht und, wenn auch nicht überraschend, an ein modernes Ende geführt. Noch haben die Frauen keinen Platz im Kampf, sind aber auch nicht mehr unsichtbar. Der Film bricht dabei mit den japanischen Traditionen, bezeichnend dafür die Erkenntnis, dass Japan nicht fair mit seinen Soldaten umgegangen ist, das Menschenleben im Krieg eben doch zählen und das der Umgang mit jedem Einzelnen am Ende des Krieges, über die Rücksicht auf diese Zeit entscheiden wird. Das prägt das Selbstbild einer Nation. Das ist nicht nur für Japan ein interessantes Ergebnis, wo gerade wieder „Human-Meat-Waves“ von einem Land in einen sinnlosen Kampf um ein zerbombtes Stückchen Erde geschickt werden.
Der Teil des Films ist zeitlos und herzzerreißend umgesetzt. Der Kampf des Einzelnen mit sich selbst um die Erlaubnis ein Leben führen zu dürfen, kann niemanden kalt lassen, immer wenn Shikishima aus dem Schlaf schreckt, immer wenn er sich in die Ecke krümmt und immer, wenn er Noriko verzweifelt anschreit, sind die Folgen eines Krieges lebendig. Das gleiche gilt für die zerstörte Stadt und die Explosionen mit ihren Atompilzen über den Hochhäusern. Dankenswerterweise suhlt sich der Film hier aber nicht im Gemetzel, deutlich wird aber definitiv, was er zu sagen hat.
Ach, und da ist auch noch ein Monster, natürlich besser animiert und damit noch bedrohlicher als in früheren Adaptionen, aber am Ende wenigstens ein sichtbarer Feind, den man besiegen kann, nicht zuletzt, weil es kein Mensch ist. Das ist dann auch der Grund, warum es überhaupt existiert, weil es einen Kampf ermöglicht aus dem man mit erhobenem Haupt hervorgeht, ohne Kriegsverbrechen hinter sich und ohne das Gefühl nichts erreicht zu haben vor sich. Dem Film ist dabei hoch anzurechnen, dass er bei allem Pathos den Versuch unternimmt, das Thema Heldenmythos neu zu interpretieren. Eine letzte Schlacht in dem das höchste Ziel ist, das niemand sterben soll, könnte man als japanische Revolution begreifen. Im nun siebenunddreißigsten Godzilla Film ist ein großes Stück Weg zurückgelegt worden, was diesen Film zu etwas Besonderem macht.
A Midsummer Night's Sex Comedy ist nicht Woody Allens bester Film aber ganz hübsche Unterhaltung. Dieses Hinterland von New York um 1900 ist gut in Szene gesetzt und es ist ganz amüsant dieser merkwürdigen Gruppe an Menschen zuzusehen und den üblichen Großstadtneurosen in eine kleine Zauberwelt zu folgen. Man kann erkennen was Allen an der Idee mochte und die Auseinandersetzung um den Unterschied zwischen Liebe und Sex hat seine Faszination. Da endet dann aber scheinbar auch die Ambition des Films, er segelt an dieser amüsanten Oberfläche entlang und macht damit nie etwas Überraschendes und schon gar nichts Erregendes. So richtig will man diesen distinguierten Leuten keine Leidenschaft für irgendetwas abnehmen, was gerade bei den ungeschickten Versuchen Sex herbeizuführen, zwar zur Komik beiträgt aber auch das ganze etwas blutleer wirken lässt. Es gibt diese Dialoge, die ein bisschen schmutzig sein sollen und das ist amüsant, speziell Julie Hagerty als Dulce hat Momente dieser Art, aber mehr wird es leider nicht und gute Dialoge sind doch das Minimum, was man von Woody Allen erwartet. Das hätte vielleicht als Theaterstück besser funktioniert.
Renfield ist lustig, unterhaltsam, sehr (CGI) blutig, überzogen, overacted und hält ein ganz ordentliches Tempo, es ist aber nie mehr als das. Die Beziehung zwischen Renfield und Dracula wird behauptet, die richtige Tiefe und Drama bekommt sie nicht. Es ist ein schwierig zu findendes Maß, in dem Drama in eine solche Komödie gehört und das hier fundamental verfehlt wird. Die Liebesgeschichte ist unterentwickelt und der Gangster Plot lahm, so fühlt sich das alles nach einem sehr soliden Pilotfilm für eine Streaming Serie an, bei der man später schon etwas erfahren wird wir das nun genau zwischen Renfield und Dracula ist und bei der Nicholas Hoult und Awkwafina sechs Staffeln lang will they won’t they spielen. Für einen netten Fernsehabend und Fans von Nicolas “Overacting” Cage aber völlig ausreichend…
Über Billy Wilders “The Apartment” ist genug im Internet geschrieben worden, sodass ich dort nichts mehr hinzufügen muss, aber es ist die Zeit zwischen den Jahren und genau hier spielt dieser ganz besondere Weihnachtsfilm. Wenn man also keine Zeit hat, sich acht Staffeln „Mad Man“ reinzuziehen, dann kann man das auch kürzer haben zwischen den Feiertagen, in diesen zwei Stunden mit seinen brillanten Dialogen und einer der schönsten Liebesgeschichten der Filmgeschichte. Das sind dann ein paar (repetitive) Anmerkungen wert.
"Some people take, some people get took. And they know they're getting took and there's nothing they can do about it."
Über der ganzen Liebesgeschichte liegt eine zeitlose Story über Macht und Ohnmacht, über den Kapitalismus und den Feminismus und der Mut hier auch einmal Eier zu zerschlagen, um ein Omelett zu machen. Shirley MacLaines Fran ist beschädigte Ware, weil sie in einer kaputten Welt lebt die von Männern regiert wird und in der sie aber gerade keinen Wirbel darum macht. Sie belästigt niemanden mit ihrem Schmerz, lächelt so lange, bis die Tränen kommen und versucht, das Beste daraus zu machen. MacLaine spielt diese junge Frau mit frappierender Natürlichkeit, sie ist die unscheinbare und anziehende Frau gleichzeitig. Diese Unschuld ist herzzerbrechend schön und wirkt nie aufgesetzt, nichts ist künstlich, weil sie uns ihren Schmerz nicht erzählt, weil sie nirgendwo herkommt, weil sie da ist und uns teilhaben lässt an dem, was gerade passiert. Menschen bewahren Haltung solange sie können, und wenige zeigen das so gut wie MacLaine.
Jack Lemmon als C.C. "Bud" Baxter passt dazu wie angegossen, seine Hektik, die immer signalisiert, dass er nicht stehen bleiben kann, weil dann Schmerz und Einsamkeit durchkommen wollen, ist ihm wie auf den Leib geschrieben. Sein Streben und die Hoffnung darauf aufzusteigen und dadurch irgendwie das Glück zu finden, das er ansonsten nur vorspielt, die Hoffnung das zu werden, was seine Nachbarn denken, er sei es schon, ist aufregend zu sehen. Wie wenig es braucht, um uns zu zeigen, dass es nicht klappen wird, dass er ein zu lieber Jedermann ist, um in dieser Welt erfolgreich sein zu können, ist beeindruckend. Lemmon ist ein Phänomen, weil er ein so unwahrscheinlicher Filmstar ist, so ein Mann, der nur zufällig auffällt, weil da eine Kamera ist, nicht einer, der nur da ist, weil auch die Kamera da ist.
"That's the way it crumbles... cookie-wise."
So großartig diese beiden sind, liefern sie doch nur die Dialoge ab, für die Wilders Filme so berühmt sind, hier hat jeder seinen Duktus, seine sprachlichen Macken und sie werden transportiert, hin und her gereicht, sie wandern durch den Film und wachsen dabei an. Jeder Satz könnte ein Zitat sein, weil nichts überflüssig ist, alles hat seinen Platz und seine Bedeutung. Und bei all dieser Konstruktion wirkt es trotzdem nie falsch oder künstlich, hier treffen Menschen aufeinander, die das Besondere transportieren, ohne dass es besonders aussieht. Der Vergleich mit „Mad Man“ ist da besonders auffällig, weil moderne Serien so sehr von ihrer Länge leben, von der Zeit, die wir mit den Protagonisten verbringen, Zeit, die uns ihnen nahe bringt, uns glauben lässt wir würden mit ihnen wachsen. Das sei den großen Serien unbenommen, aber Wilder zeigt hier, wie sich das alles auch komprimieren lässt, ohne den Kern des Gesagten zu verwässern. Wir sehen, wie ganz vieles nicht gesagt werden muss, damit wir verstehen, dass jedes kleine Bild eine Geschichte erzählen kann, so wie jeder Dialog zum Verstehen beiträgt.
Der Film ist ein Auf und Ab, keine Szene ist unnütz, es geht wie in einer Achterbahn, nach dem Anstieg kommt wieder der Fall, jedes Hochgefühl wird vom nächsten Rückschritt ersetzt. Der Zuschauer wird gefesselt, weil alles immer schwankt, es ist diese Präzision, mit der jede Szene gebaut ist. Der Film ist so faszinierend, weil es selten ist, dass gnadenloser Zynismus so sehr auf leisen Humor und Menschlichkeit trifft, dass es eine Einheit ergibt. Diese Welt ist wahrhaft erwachsen, hier ist nichts geschrieben, um sich anzubiedern oder dem Zuschauer die Arbeit abzunehmen, es ist Kino für Menschen, die bereits ein Verständnis der Welt haben. Wie brutal das Ding vor sechzig Jahren gewirkt haben muss, kann man heute schon wieder sehen, weil es heute wieder so weit ist, dass ein Film für ein Publikum, das sich selbst gewahr ist, zur Besonderheit werden kann. Wie der Film selbst läuft auch die Kultur in Wellen und es ist zu hoffen, dass die nächste Welle bald kommt.
"Shut up and deal."
Was soll man schreiben, außer dass man “The Apartment” gesehen haben sollte, weil es einer der besten amerikanischen Filme aller Zeiten ist. Geschrieben von einem österreichischen und einem rumänischen Einwanderer porträtiert es die Welt von New York, den amerikanischen Traum und seine realen Auswirkungen auf das Leben seiner White-Collar-Worker mit fast zynischer Ehrlichkeit aber mit leisem Humor und großer Menschlichkeit. Der Film sucht das Glück im Dunkeln und kann sich nicht dazu durchringen, uns dieses Licht am Ende zu verweigern. Es ist ein hoffnungsvoller Blick, der nur deshalb etwas kitschig daherkommt, weil es so menschlich ist, das spüren zu wollen. Wilder versteht das Kälte nicht angenehm wird, nur weil man sie glorifiziert, hier ist Don Draper noch kein Antiheld, sondern der reine Antagonist des Films und einer der das nie aussprechen muss und trotzdem so schrecklich ist, dass man ihm jeden Fall wünscht. Ein Fall, der nicht wirklich kommen wird, denn nach Fran werden andere kommen, so wie vor ihr andere waren, so ehrlich bleibt der Film dann doch. Das hier ist nicht Disney, nur weil ein Löwe durch den anderen ersetzt wird, wird sich für die Antilopen nichts ändern. So endet dieser Film mit Hoffnung, aber nicht in Naivität, das ist sein Geschenk.
Wicked Little Letters ist ein guter Film, der lustig und unterhaltsam eine erstaunlicherweise auf wahren Begebenheiten basierende interessante Geschichte erzählt. Olivia Colman ist überragend und verleiht mit ihrer Mimik der Figur so viel Tiefe, wie es der Film gar nicht so richtig hergibt. Timothy Spall z.B. ist ebenfalls großartig aber er spielt leicht drüber, wie der Film insgesamt etwas zu sehr eine leichte Komödie sein will. Die ernste Geschichte scheint dann immer wieder durch aber so richtig hat sie keinen Impakt, weil der Film so irreal wirkt, so künstlich und oft ein bisschen zu albern. Trotzdem hat das seine schönen Momente, eben gerade wegen dem Cast, Jessie Buckley und Anjana Vasan überzeugen auch, aber es fehlt immer irgendwas. Zu oft reden hier erstklassige Schauspielerinnen im Shot-Reverse-Shot aneinander vorbei statt zu streiten, zu sehr sind alle Männer Karikaturen, mir war das irgendwie zu unrund zwischen Drama, Satire und Komödie. Der findet keinen Anker, wirkt so, als würde er es allen recht machen wollen, aber so fehlt ihm der Punch. Trotzdem mochte ich den Film, der gute moderne Unterhaltung ist und wer englische Schimpfwörter lernen will, ist hier genau richtig…
Ich habe Probleme damit, die Faszination, die so viele für Carry-On empfinden, nachzuvollziehen. Aus meiner Sicht ist der Film ganz reizlos, das ganze Gelaber im Ohrstöpsel ist hochtrabend erzählter Unsinn und der ganze Plot eine Ansammlung von Unlogik. Dazu zieht sich der ganze erste Teil ewig hin und schafft dabei kein einziges schönes Bild. Der Film sieht so nach Fernsehen aus, einzig der Kampf im Auto hat mich einmal kurz aus der Dämmerung hochschrecken lassen. Der ewig traurige und unentschlossen guckende Taron Egerton hat es auch nicht besser gemacht. Der Film erzeugt keine Dringlichkeit und keine Spannung und damit hat man viel zu viel Zeit, sich über den komplizierten Plan lustig zu machen, was den Vibe völlig killt. Die Hard 2 oder Phone Booth haben jeweils die zentralen Ideen des Films besser umgesetzt. Lieber nochmal die Originale gucken…
Arsène Lupin, der Millionendieb ist ein sehr stilsicherer Film, der auf amüsante Art die Gaunereien der Vorlage recht frei widerspiegelt und gleichzeitig ein bisschen über Franzosen und Deutsche witzelt. Das ist alles ganz harmlos in seinem Zeitkolorit, aber schön ausgestattet und mit einer wunderbaren Liselotte Pulver mit viel Spaß am Kostümwechsel und Robert Lamoureux als Klischee Franzosen ganz passend besetzt. Dem Film fehlt etwas Tempo und seine Adelsverliebtheit ist ein bisschen deutlich aus der Zeit gefallen, auch wenn das hier stark ironisch erzählt wird. Die Fälle sind aber leider auch nicht wirklich Geniestreiche, sodass es sich hier wohl eher um einen Film für Fans alter Schinken handelt, unbedingt gesehen haben muss man den nicht, spaßig und angenehm zu sehen ist er aber...
Our Little, Secret ist eine nette Weihnachtsromcom ohne Überraschungen, aber mit einem Sinn für Humor, der in den besten Momenten etwas von Woody Allen hat. Gleichzeitig fehlt ihr zu den großen Vorbildern aber Timing und Mut, die Komödie kann und will nicht aus dem Weihnachtskörbchen und damit auch nicht aus der Hölle der Hallmark Lookalike Filme. Aus dem Genre ist das aber eine der besseren Varianten. Wenn man schon so einen Film gucken muss, kann es einen schlimmer treffen. Filmisch ist da aber nichts zu holen, das ist hässlich wie Privatfernsehen. Lindsay Lohan ist nicht mehr auf der Höhe ihres Charmes, aber sie und der erstaunlich gut besetzte Cast machen das Beste aus der Sache. Man kann, wenn man will, unter der Oberfläche erkennen, dass es einen brauchbaren Film darunter gibt, wenn jemand die Eier gehabt hätte, den als richtige Satire auf Hallmark aufzuziehen…
The Equalizer 3 versetzt die Handlung in das wunderschöne Italien, kann aber dabei nicht verdecken, dass es nichts Neues gibt. Denzel ist alt geworden, kommandiert den Film aber immer noch mit wenigen Bewegungen, ein bisschen wie sein Held auf der Suche nach dem Altersruhesitz. Dakota Fanning hat dagegen zu wenig zu tun, um den Fokus übernehmen zu können. Die Gewalt hat hier jedes Maß verloren, es ist eine Murderlust, die alle Beteiligten befallen hat und mit der dann auch jede weitere Gewalt gerechtfertigt werden soll. Der Film wirkt kalt und zynisch, keine Spur ist mehr geblieben von Spannung oder Interesse, wir dürfen zuschauen beim Unvermeintlichen, das nur durch Grade von Gewalt zu unterscheiden ist. Ein Rachethriller im Endstadium.
The Equalizer 2 ist mehr vom selben und fühlt sich so noch länger an als sein Vorgänger. Die schwache Story zieht sich, während die Action nur punktuell überzeugt. Das Finale war enttäuschend kraftlos angesichts des Sturms, in dem es spielen sollte. Denzel macht das immer noch gut und mit seinem Charme, aber jünger geworden ist er sichtlich nicht. Dazu versucht sich der Film, seine Rachsucht und Gewaltlust als moralische Überlegenheit zu verkaufen, das fühlt sich sauer an.
The Equalizer ist ein solider Film, der von Denzel lebt und seine Ausstrahlung ausatmet. Etwas zu pathetisch, aber immer mit Stil, wird gemordet und das so elegant begründet, dass man es fast für gerechtfertigt halten könnte. Gute Unterhaltung jedenfalls, auch wenn die Rachsucht hier zu wenig Brüche hat.
Kevin Can F**k Himself ist eine interessante Serie, die Idee der düsteren Dramedy ist es uns eine Sicht hinter die Welt von Sitcom Helden zu geben, daher wird von der typischen Ansicht einer Multi Kamera Sitcom mit Lachtrack, die hier ganz und gar Kevins Welt ist und der Single Kamera Welt außerhalb von Wohnzimmer und Küche, die Alisons deprimierende amerikanische Albtraumwelt ist, hin und her geschaltet.
Ohne Frage ist das gut gemacht und es lässt es möglich werden, noch einmal anders über die nie erwachsen werdenden Hausherren der vielen Sitcoms nachzudenken. Natürlich stand hier primär Kevin James aus „Kevin can wait“ und „King of Queens“ Pate, aber Raymond oder Tim Taylor funktionieren hier ganz genauso als Angelpunkt. Nicht zuletzt kann die notorische Frage aufkommen, ob Penny aus „The Big Bang Theory“ eigentlich glücklich ist. Das alles trägt die Serie gerade über die ersten Folgen, in denen die Wechsel beider Perspektiven noch mit viel Wucht und ehrlicher Härte präsentiert werden. Im Lauf der Serie gerät das aber etwas aus dem Fokus, wir sehen dann primär eine nicht immer perfekt sitzende Mischung aus Breaking Bad und Big Little Lies und es ist schwer, damit warm zu bleiben.
Die vielen Vergleiche sind auch genau das Problem, es fehlt etwas eine eigene Note und eine wirklich dramatische Geschichte. Die Serie macht manchmal den Eindruck, als würde sie außerhalb ihrer Referenzen zu leer bleiben. Mein Gefühl war, dass Kevin nie wirklich als Bösewicht funktioniert. Er hat nur ganz am Ende einen Moment der gefährlichen Bosheit, die ansonsten aber fehlte. Das mag zwar gerade der Sinn sein, wir können so diese Kinder Männer aus den Serien leichter hinterfragen, gerade dann, wenn in ihrem Umfeld die Welt stehen zu bleiben scheint, nur weil sie in ihrer Spielzeugwelt bleiben wollen. Ihre nur scheinbare Harmlosigkeit kann dann entlarvt werden. Der Zwang zur Form beschränkt, die Serie aber darin Kevin eine wirkliche Agenda zu geben, er bleibt ein Abziehbild. Die Serie versucht im Verlauf aus dem selbst gesetzten Käfig auszubrechen, aber wirklich gelingt es leider nicht.
Eigentlich ist es schön, dass wir primär Alisons Sicht sehen, das ist die ganze Idee daran aber, obwohl Annie Murphy das schauspielerisch gut macht, habe ich die Dringlichkeit nicht spüren können. Ehrlich gesagt habe ich immer gedacht: Lass dich doch einfach scheiden, wo ist das Problem? Dieses fehlende Motivations Verständnis betrifft auch die anderen Frauen der Serie, die allesamt nicht zu einer eigenen Agenda finden. Auch hier mag das der Kern der Erzählung sein, spannend ist es dann aber leider nicht. So bleibt eine gute abgeschlossene Serie zurück, die in Erinnerung bleibt aber den großen Satz für mich nicht machte…
„Another Earth“ von Regisseur Mike Cahill und Autorin und Hauptdarstellerin Brit Marling wird unter Science-Fiction geführt und das ist ein bisschen so etwas wie Etikettenschwindel, zumindest so, wie ich den Film sehe, in dem die Science-Elemente eigentlich nur allegorisch zu verstehen sind. Der Film hatte unter diesem Label aber einen gewissen Erfolg gerade für eine Low Budget Produktion. Worum geht es also? Im Zentrum steht Rhoda, die wir kennenlernen, wie sie ihren Erfolg feiert, am MIT aufgenommen worden zu sein, um Astronomie zu studieren. Sie trinkt, tanzt ausgelassen und fährt dann betrunken nach Hause. Aus dem Radio erfährt sie dabei, dass ein neuer Planet aufgetaucht ist, eine Kopie der Erde und ganz in der Nähe, nahe genug, um mit bloßem Auge gesehen zu werden. Ein Blick aus dem Autofenster zeigt dann auch genau diesen blauen Punkt und bringt den Blick ab von der Straße, wo im Gegenverkehr bereits die voll besetzte Familienkutsche wartet.
Wir erleben also einen Moment der Desynchronisation, wie es der Film selbst beschreibt, hier gerät ein normales erfolgreiches Leben an einen scharfen Wendepunkt, einen Punkt, bei dem man sich zwangsläufig fragt, wie es wäre, wenn genau das nicht passiert wäre. Wie ist es auf diesem anderen Planeten gelaufen, kann man sich fragen und das ist es, was hier verhandelt wird. Der Film handelt von Schuld und Sühne, selbst aufgelegter Sühne und nicht gerade auf eine Weise, dass man das für gesund halten würde.
Rhoda verbringt 4 Jahre im Gefängnis, während eine Reise zum neuen Planeten geplant wird und erst jetzt beginnt der eigentliche Film, denn wir sehen, wie sie sich in dieser Welt danach bewegt. Offensichtlich ist sie übervoll mit Schuld und beginnt sich selbst zu bestrafen, unfähig ein neues Leben zu beginnen beginnt sie die Welt zu putzen. Ihr Weg führt sie dabei auch mit dem einzigen Überlebenden des anderen Autos zusammen, dem Musikprofessor John Burroughs, gespielt von William Mapother. Dazu kommt ihre Hoffnung, zu den Auserwählten zu gehören, die eine neue Welt erkunden können.
Der Film ist ein Melodram und kein sehr Subtiles, die Metaphorik ist dick aufgetragen, von der gespiegelten Erde, über das reinigen, dem klopfen im Kopf, das man lieben lernen muss, bis zu verschiedenen Momenten, in denen sie sich selbst jede Bequemlichkeit und Freude versagt, um sich richtig zu fühlen. Dicke Pinselstriche malen das Drama und die Suche nach Erlösung, so groß wie der immer näher kommende Planet, ist die Schuld, die hier blüht und so hilflos stehen Rhoda und John ihr gegenüber.
Und, kann man sich nun fragen, ist das denn sehenswert? Die Antwort darauf ist vermutlich: Es kommt drauf an. Man muss sich ein bisschen hingeben dieser Situation und sich emotional einfangen, um nicht zu sagen, manipulieren lassen. Wenn man dagegen eine Aversion hat, wird das nicht gut ausgehen. Man muss aber auch sagen, dass der Film das erstaunlich effektiv macht. Dazu gehört der Schrecken, den diese Situation in einem auslöst und dieses Verständnis, was diese fantastische schauspielerische Leistung von Brit Marling in einem auslöst. Wobei sie vielleicht gar keine überragende Schauspielerin ist, sie ist hier einfach am perfekten Ort, sie gibt dieser Rolle harten Realismus. Wir spüren jeden ihrer Gedanken, jedes Mal, wenn sie wieder mit der Schuld konfrontiert wird. Wenn man den Film zu Ende gesehen hat, kann man über seine simplen Bilder spotten, aber, wenn man drin ist, dann wirken die zurückgelegten Gummitiere und das Klopfen auf der Tischplatte, wie scharfes Eis auf nackter Haut. Es ist schwer, sich davon zu lösen, so tief steckt man in dieser Frau und ihren stechenden blauen Augen. So viel Verletzung ist schwer zu ignorieren, man kann darin baden und sich verlieren. Es ist erstaunlich, wie viel Spannung sich aufbaut, wenn man Menschen dabei zusieht, wie sie so schmerzhaft falsche Dinge tun. Man weiß das es sich gut anfühlt, obwohl es falsch ist.
Der Film tut seines dazu, er untermalt das mit einem guten Score und mit schöner und präziser Cinematography, die im strengen Realismus beginnt und ein bisschen ins Träumerische gleitet. Die Szenen brillieren mit realistischer Ausstattung und passgenauen Ansichten der beiden Protagonisten im Kampf um ein neues Leben. Ich persönlich hätte alles rund um die zweite Erde nicht gebraucht, aber dieser Part mag für den Zuseher ein philosophisches Konstrukt liefern, das dem Film mehr Tiefe verleiht, als seine einzelnen Teile hergeben. So hat der Film etwas Hypnotisches, in dem man zergehen kann, wenn man will. So habe ich es als wirkungsvolles gutes Indiekino erlebt, das leider etwas zu kurz springt bei seinem übergeordneten Thema.
Len Wisemans neue Interpretation von Total Recall ist nicht wirklich eine Katastrophe, man kann den als Actionfilm ganz gut gucken, aber Charme hat er leider nicht. Das ist zum Teil ein Problem der kalten CGI-Optik, alles im Film wirkt konstruiert, künstlich und entsättigt. So etwas wie Spaß oder Faszination will hier nicht aufkommen. Die Geschichte von Philip K. Dick ist kurz, eigentlich nur eine Idee, und man muss etwas daraus extrahieren, das man erzählen will. Wiseman scheint sich dazu entschieden zu haben, dass Action das war, was er zeigen wollte, leider fand er offenbar nichts anderes spannend an der Idee.
Der Film befindet sich dabei in einem seltsamen Verhältnis zur Version von Verhoeven, einerseits wird die Geschichte stark umgebaut, aber andererseits verweist sie ständig auf die alte Version, zitiert einzelne Bilder und Szenen, ohne dass sie in diesen Film überhaupt passen würden. Das wirkt seltsam, hier gibt es keine Mutationen außer gerade diese eine Frau mit den drei Brüsten, hier ist die Erde das Problem, trotzdem wird ein Flug zum Mars erwähnt, die Flughafenszene wird als ein Zitat verwendet und einige der Sprüche als Varianten wiederholt. Das ist alles nicht sehr elegant, zeigt aber, wie wenig Eigenständigkeit der Film am Ende hat.
Dass er todernst daherkommt, ist dann das nächste Problem, denn er variiert die Geschichte nicht gerade intelligent. Normalerweise schreibe ich nicht über Plot Details aber hier ist die Prämisse dann so blöd das man sie kurz erzählen muss. Die Erde ist verseucht, nur die Mitte von London und irgendeine nicht benannte Stadt in Australien sind, obwohl nicht getrennt vom Rest der Welt, noch bewohnbar. Die Stadt in Australien sieht exakt aus wie die Stadt in Blade Runner und London hat mehrere Ebenen, wobei die untere so aussieht wie London heutzutage und die darüber exakt wie die Stadt in Minority Report. Die Australier haben angeblich mehr Platz, den man nie sieht, aber keine Arbeit, daher arbeiten sie in London, das sie jeden Morgen besuchen, mithilfe eines Aufzugs mitten durch den Erdkern, der die knapp 13.000km in genau 17 Minuten zurücklegt. Das Ding hat man gebaut, anstatt die Erde zu reinigen, Unterwasser Städte zu bauen, Kuppeln zu errichten oder den Mars zu besiedeln, primär dafür das Bandarbeiter aus Australien in London Polizeiroboter zusammenschrauben können. Ähm, nun ja…
Das ist dann das Problem, der Film versucht mit ernster Miene Unsinn zu erzählen. Der ganze Plot ist dabei konfus aufgebaut, wir springen zwischen den Orten wild hin und her, die alle anders aussehen, ohne dass man ein Gefühl für die Welt bekommen würde. Man springt von Actionszene zu Actionszene und lässt sich verwirren. Colin Farrell spielt das ganz nett weg aber in einem nachdenklichen Thriller wäre er besser aufgehoben gewesen als den Actionhelden geben zu müssen. Seine beiden Frauen hat es aber noch härter getroffen, Kate Beckinsale als die Böse und Jessica Biel als die Gute bemühen sich, Spannung aufzubauen, haben aber wenig bis gar nichts mit dem sie arbeiten können. Beckinsale wird als Actionfigur brutal überinszeniert, bis sie anstrengend wird, und Biel ist wirkungsloses Anhängsel. Beide sind überschminkt, glatt und seelenlos, Figuren wie aus einem Computerspiel, sie mögen schauspielern können, sehen kann man das hier aber nicht.
Der Film hat dann auch keine Haltung zum Identitäts-Plot, Farrells Figur hat weder an der einen noch an der anderen Version Spaß, es kann dem Zuschauer also auch egal sein, welche Realität nun die Echte ist. Die Geschichte um Kolonialismus ist dann ganz dünn. Die Welt in Australien können wir nicht fassen, weil wir dort keine Figuren kennenlernen und kein Gefühl für irgendeine Unterdrückung bekommen, so spielt das alles keine Rolle. Der Film behauptet Inhalt, zeigt ihn uns aber nicht. So bleibt einigermaßen nette Action über, der Rest ist nur eine Kulisse dafür. Leider ein wirklich nutzloser Film.
Paul Verhoevens „Total Recall“ ist eine Mischung aus Parodie auf männliche Ermächtigungsfantasien und nachdenklicher Science-Fiction über Identität, Erinnerung und Kolonialismus. Verhoeven gelingt damit der Balanceakt aus der dünnen Kurzgeschichte von Philip K. Dick das Beste herauskratzen, ohne lächerlich zu werden. Wichtig war die Fähigkeit, Arnold Schwarzeneggers optimal einzusetzen. Schwarzenegger wirkt immer etwas seltsam in seinen Rollen, macht das aber mit Charme und Selbstironie weg und passt daher gut in der Rolle des idealistischen Träumers, der die Welt retten will, auch wenn er doch nur Bauarbeiter ist. Seine Welt ist vom fehlenden Sinn befallen, da hilft dann auch nicht das perfekte Leben, das er mit Sharon Stone als Ehefrau führt.
Man nimmt es ihm ab und das gibt dann den spaßigen Grundton des Films vor, der aber immer wieder auch ernste Töne anschlägt. Wie immer bei Verhoeven ist unter dem Entertainment eine ernste Botschaft verborgen, die von Unterdrückung erzählt und die auch ganz vorsichtig die Frage der Identität angeht. Wir werden nicht wirklich erfahren, ob sich hier ein Bauarbeiter in eine James Bond Fantasie gestürzt hat oder ob wir einfach eine etwas unlogische, aber irgendwie auch typisch für Hollywood geschriebene Story gesehen haben. Das macht den Film zeitlos.
Die vielen praktischen Effekte und einige absurd übertriebene Ideen passen zu der Fantasie und machen gute Science-Fiction als Ganzes, so lassen sich die Ecken und Kanten der Geschichte vergessen. Dabei kommt einiges erstaunlich blutig und brutal daher und produziert gerade dadurch Erinnerungswürdiges. Diese Welt, die hier mit Liebe zum B-Movie kreiert wird, ist interessant und faszinierend. So ist insgesamt ein filmisches Meisterwerk entstanden, das die Zeit überdauert.
Erwähnung muss der hervorragende Soundtrack finden und dieser spezielle Body Horror der Mutationen auf dem Mars, die irgendwo zwischen Grusel und seltsamer Anziehung dahin pendeln. So kann man sich ganz ohne schlechtes Gewissen an den dummen Sprüchen Schwarzeneggers erfreuen und gleichzeitig darüber philosophieren, was wir wären, wenn man uns andere Erinnerungen geben würde. Würde ich morgen den gleichen moralischen Kompass besitzen, wenn ich statt „the normal one“, „the special one“ wäre? Es brauchte einen guten Regisseur, um diese vielen Ebenen zusammenzufügen und es ist Verhoeven gelungen. Hier lohnt eine Neu-Sichtung jederzeit.
Meine Faszination dafür sich Geschichten von mehreren Blickwinkeln und in verschiedenen Interpretationen anzusehen, führte mich nach dem Ansehen der Verfilmung von 1959 zu dieser Variante hier und puh, diese Version von Journey to the Center of the Earth ist jetzt wirklich keine Empfehlung wert. Es ist kaum ein Film, sondern mehr eine Freizeitparkfahrt, die auf neunzig Minuten gestreckt wurde. Alles, was ging, ist auf einen 3D Effekt hin optimiert, während die Hintergründe im allerscheußlichstem Zweitausender CGI verschwimmen. Der Rest passt sich dem an, alle Dialoge sind für Kinder geschrieben und der Humor ist entsprechend ausgefallen. Der Film findet keinen Ton zwischen der Absurdität des Romans und der modernen Welt, in der sie stattfinden soll. Anfangs wirkt es, als wolle man das möglichst glaubwürdig umsetzen, bis dann über schwebende Steine spaziert und über endlose Schienen gerast wird, wobei Letztere auch noch unglaubwürdiger aussehen als die in Indiana Jones dreißig Jahre zuvor. Damit fällt auch eine Fantasy Interpretation flach, weil dafür einfach eine schöne natürliche Welt fehlt.
Es ist ein reizlos künstlicher Film, der für Kinder ganz nett sein könnte, aber ohne den 3D Effekt auch hier einen Großteil seines Effekts verloren haben dürfte. Brendan Fraser wirkt dabei bemüht, kann aber mit den blöden Dialogen, die seine Figur abwechselnd als genialen Wissenschaftler, einfältigen Trottel und Actionheld darstellen sollen, auch nicht viel anfangen. Anita Briem an seiner Seite sieht gut aus und ist ebenfalls sichtlich bemüht, aber ihre Rolle gibt wenig her und es prickelt hier auch nichts zwischen den Beiden. Auch Probleme rund um Verlust und Tod werden aufgemacht und dann ganz nebenbei wieder weggewischt…
Aber lassen wir das, es gibt eh keinen Grund mehr, sich das anzusehen. Grmpf.
Diese Version von Journey to the Center of the Earth aus 1959 ist ein gut gealterter Science Fiction Film. Die Adaption des etwas absurden Romans von Jules Verne profitiert von der präzisen Umsetzung des Stoffs, in der die Protagonisten ihre Aufgabe ernst nehmen, als wäre es wirklich moderne Wissenschaft und moderne Entdeckungen, die sie da machen. James Mason als Lindenbrook trägt viel dazu bei, er ist ein großartiger Schauspieler und gibt der Rolle die Ernsthaftigkeit, die uns durch die Absurdität der Prämisse führt. Die Hingabe und Verschrobenheit des Wissenschaftlers steht ihm und gibt der Komik, die rund um ihn stattfindet, das richtige Gegenstück. Das funktioniert auch im Screwball Comedy Plot zwischen ihm und Arlene Dahl als Carla Göteborg, beide duellieren sich in schönster Tradition des Genres und so unglaubwürdig die Liebesgeschichte dabei ist, so angenehm spaßig ist sie in ihrer Vorhersehbarkeit.
Großartig sind natürlich auch die ausufernden Kulissen, der Film ist ein Aufbau-Wunder, das in knalligen Farben eine künstliche, aber schön anzuschauende Welt kreiert. Das ist erstaunlich zeitlos, weil es nie richtig echt, sondern Theaterhaft nach Spaß aussieht. Das dann eine Ente die gesamte Reise begleitet, passt da gut rein. Überhaupt ist der Film erstaunlich lustig gerade, weil er so ernsthaft daherkommt. Es ist erstaunlich, wie das alles so silly wirken kann, aber dabei doch gut zusammenpasst. Es ist eine perfekte Umsetzung des Stoffs in dessen bester Tradition. Man kann nichts davon glauben und will es doch gerne, weil es eine so schöne Geschichte ist. Entdeckung hat den Menschen immer fasziniert und diese Geschichte lässt uns einfach weiter entdecken, wo es doch eigentlich nichts mehr zu entdecken gibt. Dieser Gedanke ist schön und macht glücklich.
Ich war überrascht, wie sehr mir dieser alte Schinken immer noch gefällt. Das war ein absolut fantastisches Ding in meiner Kindheit und es führt tatsächlich für zwei Stunden genau wieder an diesen Ort. Schöne Sache.
Westworld ist ein interessanter Film, der es sich gemütlich macht in einer Prämisse, die es ihm ermöglicht, kaum Science-Fiction in einem Science-Fiction-Film zu zeigen. Die ganze Story rund um den von Robotern betriebenen Urlaubspark spielt im Western- und Mittelalter-Setting und sieht so einfach nach Mittelalter- bzw. Westernparodie aus, man könnte meinen gleich kommen Errol Flynn und James Coburn aus der Kulisse gesprungen. Das ist ehrlich gesagt dann heute nicht mehr so spannend anzusehen, es war aber sicher gut fürs Budget des Films.
Was ihn heute noch anschaubar macht, ist die zeitlose Frage danach, wonach Menschen streben. Würden wir sehr menschlich aussehende Roboter erschießen und Spaß daran haben? Wie viel Realismus ist dabei gewünscht, soll es das Hotel mit realistischem Plumpsklo sein und soll das Opfer vor unseren Augen ausbluten? Dass ein Sexroboterpark funktionieren würde, daran hat niemand Zweifel, wobei die sehr passiv agierenden Roboter Frauen auch ein wenig gruselig rüberkommen. Der Frage, ob Consents hier überhaupt erwünscht ist, geht der Film dann aber lieber nicht nach. Die moralischen Fragen bleiben hier komplett der Vorstellung des Zuschauers überlassen, was interessant sein könnte, aber eher versehentlich wirkt, weil der Film gar nicht so viel Zeit damit verbringt. Die Roboter rebellieren eben nicht gegen den Missbrauch, dem sie ausgesetzt sind, sondern, tja, warum eigentlich? Das ist dann genau das Problem des Films, so viel Zeit und Aufwand steckt er in den ganzen Aufstand gar nicht, es endet in einem mittelmäßigen Action-Plot ohne klare Ursache. Man kann da viel hineininterpretieren, was die HBO-Serie von 2016 dann auch tut, was aber hier sehr nebulös blieb.
Faszinierend anzusehen ist das trotzdem, weil der Aufbau interessant und innovativ erscheint und weil Yul Brynner einen extrem guten Bösewicht abgibt. Seine kalten Augen erzeugen tatsächlich die Bedrohung, die dieser Film benötigt. James Brolin und Richard Benjamin sind auch ein gut aufgelegtes Duo, mit deren Augen wir diese Welt erkunden und ein bisschen versteht man, warum die beiden Spaß haben. Wobei Dick Van Patten als weiterer Gast fast noch mehr Spaß zu haben scheint, wenn wir das auch immer nur in Ausschnitten sehen, er ist damit fast der wirkliche Held des Films.
Der Film hat gute Ideen und eine gute Prämisse, aber das alles bleibt oberflächlich. Über die anderen Figuren in den anderen Welten erfahren wir noch weniger als über die Westernstadt und so richtige Spannung kommt nur im Schwertkampf und dem parallel stattfindenden finalen Stand Off auf, weil man hier als Zuschauer spürt, dass gleich etwas Böses passieren wird. Diese Atmosphäre hält der Film aber nicht lange, die ganze Verfolgungsjagd danach fühlt sich eher langsam und wenig aufregend an. Insgesamt ist es kein wirklich schnell erzählter Film, seine gemächliche Art lässt heutzutage schnell die Aufmerksamkeit schwinden. Ich fand ihn in der erneuten Sicht okay, aber lange nicht mehr so faszinierend wie als Kind.
Neill Blomkamps District 9 ist ein kleines Wunder. Der Film zeigt uns, wie Worldbuilding funktioniert, er etabliert in seiner kurzen Lauflänge eine ganze Welt und langweilt dabei nie. Nichts wird hier als Exposition Dump vor die Füße der Zuschauer gekippt, wie auch nichts Unnötiges erzählt wird. Der Film wirkt konzentriert, bis nur noch die Essenz übrig geblieben ist. Es ist damit ein seltenes Beispiel für gute Science-Fiction, die alle Schwächen vergessen lässt, weil sie sich nicht darum schert, woher Han Solo seinen Namen hat. Der Film hat ohne Frage seine unlogischen Elemente, da bleiben Fragen offen, wie das alles zugange ging, wie gerade eine solche Situation entstehen konnte aber man hat keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, weil man vorangetrieben wird in einer Geschichte, zu der wir alle eine Basis haben.
Die Flüchtlingsallegorie ist offensichtlich und das macht den Film so nahbar, wir alle wissen wie das ist, wie sich Geschäftemacher finden die Armut und Unwissenheit ausnutzen, wie rassistische Namen und Gerüchte entstehen und natürlich wie Regierungen mit solchen Problemen umgehen. Das alles muss nicht erklärt werden, das Geniale ist, dass wir hier auch keinen Helden bekommen der das Problem glorreich löst, sondern nur einen kleinen armseligen Beamten, ein kleines dreckiges Rädchen im System das sich versucht zu profilieren und an den Opfern groß zu machen. Hier rettet niemand irgendetwas, hier wird nur in den Umständen rumgewerkelt. Aber so sehr wie wir den kleinen Idioten Wikus van de Merwe, brillant dargestellt von Sharlto Copley, auch abstoßend finden, seine Not nun plötzlich selbst von seiner sozialen Gruppe ausgestoßen, eben im Wortsinn alieniert zu werden, ist berührend, weil das die Urangst des Menschen ist.
Interessant ist, dass die Anderen hier, aber auch, nicht als edle Wilde dargestellt werden, sondern als schwierig zu fassende, fehlerhafte, irgendwie tatsächlich merkwürdige Gestalten. Der Film entgeht hier der Avatar Falle, er macht die Welt nicht schwarz-weiß, er porträtiert sie mit schmerzhafter Gnadenlosigkeit. Die Fremden mögen Aliens sein aber sie sind fühlende und intelligente Wesen, als die sie aber nicht behandelt werden. Der dokumentarische Stil des Films tut hier sein Übriges, weil man so schnell zwischen Reportage und Film hin und her wechselt, dass man irgendwann vergessen kann, dass man in einem rein fiktionalen Film ist. Hier gilt es keine wunderschöne Welt zu retten, hier gilt es Menschlichkeit zu zeigen, wenn es gar nicht so einfach ist.
Das gilt auch für das Porträt verschiedener Randgruppen der Gesellschaft, die sich hier in der Not aneinander abarbeiten, diese Gesellschaftskritik wirkt ehrlich, weil sie so grausam ist. Schwierig an der Direktheit ist aber die Darstellung der Nigerianer, im Gegensatz zu den Aliens sind sie kein Symbol für einen Zustand, sondern eine benannte und reale Volksgruppe, die über ihre Darstellung sicher nicht glücklich sein dürfte. Hier überzieht der Film seinen Ansatz meiner Meinung nach. Ich verstehe, dass es häufig genauso abläuft, dass die Armen auf die noch Ärmeren gehetzt werden, aber eine neutrale Darstellung wäre mir lieber gewesen.
District 9 ist ansonsten für einen Debütfilm aber ein erstaunliches Ereignis, ein Science-Fiction-Film, der so schmerzhaft nahe und so gut gefilmt ist. Die Special Effects sind wundersam, zeitlos, ein Mittelpreis-Film der zeigt, was möglich ist, wenn man weiß, wie man moderne Technik effektiv nutzt. Hier sieht nichts so aus, als wäre es in unendlichen Nachdrehs entstanden, hier hat jemand gewusst, was er tut und das beim ersten Versuch. Das sieht alles wirklich gut aus. Ein weiteres Wunder des Films ist der Humor, schmerzhaft schwarzer Humor aber treffend in seiner harten Sicht auf menschliche Schwächen. Dieser Wikus ist eine traurige Gestalt und dabei komisch, ein lebender Stromberg Effekt in der Welt der Slums und des realen Elends.
Mehr gibt es gar nichts zu sagen, das muss man gesehen haben…
Sunshine ist ein Film, der mich ein bisschen wütend gemacht hat und das liegt gar nicht daran, das die Prämisse, eine sterbende Sonne mit einer Atombombe wieder anzufeuern, ein bisschen dämlich ist. Das Problem ist, dass Danny Boyle und Alex Garland hier eine Menge guter Ressourcen, gute Schauspieler und gute Ideen in einem dümmlichen Slasher Plot verschwenden. In seinen guten Momenten spielt die konkrete Prämisse, gar keine große Rolle, man hätte das interessant machen können.
Der Film beginnt großartig. Die Bilder der Sonne sind beeindruckend und die ganze Technik wirkt real und sieht nach Hard Science aus. Man kann bis zum letzten Drittel des Filmes immer wieder in diesem Weltraum versinken, sich von der Sonne blenden lassen oder einfach die Technik bewundern, der Film ist ein super schönes Beispiel für exzellentes Design, ohne als Produktion absurd teuer gewesen zu sein. Dazu läuft John Murphys Score großartig auf. Die Darsteller sind auch gut, ich mochte Cillian Murphy und seine leicht verträumte guckende Art und auch den Gegensatz zum geradlinig und klar auftretenden Chris Evans. Dazu ist es immer wieder schön, Michelle Yeohs „Dont give a Shit“ Attitüde zu bewundern.
Leider hält das alles nur im ersten Drittel durch. Das ganze Set-up überdeckt die merkwürdige Mission und man könnte glauben, ein vergessenes Meisterwerk zu sehen. Dann aber fangen an sich die Dummheiten auf zu türmen, die Wissenschaftler machen Unsinn und eine seltsame Sonnenverliebtheit setzt ein. Der Film versucht hier eine schwer nachvollziehbare Philosophie zu etablieren, die aber für niemanden der Wissenschaftler irgendeinen Sinn ergibt. Der erste Fehler wirkt dann noch eher interessant, weil das so deutlich eigentlich nie in Filmen zu sehen ist, aber gleichzeitig betont es dann aber noch mehr die Ursünde des Films, nichts kann hier erklären, wieso überhaupt Menschen an Bord dieses Schiffes sind. Alles, was in dem Film schiefläuft, ist menschengemacht, von Menschen, die man für die Mission aber gar nicht braucht.
Der Film hat zwar ein paar interessante Ideen aber verfolgt keine davon, nichts wird mit der Macht des Bordcomputers gemacht, der scheinbar die Menschen überstimmen könnte, und ehrlich gesagt müsste. Auch aus dem moralischen Dilemma, den Einzelnen oder gar gleich alle gegen das Wohl der gesamten Menschheit zu opfern, wird nicht viel gezogen. Die Psychologie rund um Fehlerkultur und Gruppendynamik bleibt auch oberflächlich, weil der Film in etwas anderes verliebt ist.
Im letzten Drittel kippt das Ganze vollständig. Es ist schwer, das zu beschreiben, der Film fällt regelrecht auseinander. Die ruhigen schönen Bilder lösen sich in einem Millisekunden Schnittgewitter auf, die Handlung wird hektisch und das alles ergibt keinen Sinn mehr. Es läuft auf einem Horror-Plot zusammen, der wie ein Fremdkörper wirkt, als hätte man ansonsten keine Handlung für den Film gefunden. Alle Ideen, die etwas mit Science Fiction zu tun hätten, werden rausgeworfen und wir sehen stattdessen 28 days later im Weltraum. Ich habe mich selten so geärgert und trotzdem ist der Film insgesamt noch ganz okay. So viele Filme, die eine interessante Welt der Zukunft erzählen, gibt es nicht und dieser hier macht das wenigstens grandios. Alles in allem kann ich aber keine Empfehlung aussprechen, so einfach darf ein Film einfach nicht enden…