Deciuscaecilius - Kommentare

Alle Kommentare von Deciuscaecilius

  • 8 .5

    Besser als Groundhog Day! Vielleicht nicht jeden Tag, aber definitiv jedes Jahr wieder…

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    • 8

      „The Others“ ist Alejandro Amenábars erster englischsprachiger Film und bis heute sein erfolgreichster. Das liegt hauptsächlich daran, dass er sein Genre des „Haunted House Gruselfilms“ mehr oder minder perfekt ausdekliniert. Die Musik ist schön, aber sehr zurückhaltend, das Haus hat einen wunderbaren Gotikstil und er versteht es, Spannung zu erzeugen. Das macht den gesamten Film aus, mit ganz wenigen Mitteln wird hier eine Atmosphäre kreiert, die wunderbar kalt ist. Das ist dann auch das Ding von Nicole Kidman, die hier auch noch über ihrem Schnitt spielt. Ihre Kälte und die doch immer wieder darunter durchscheinenden Zweifel und Unsicherheiten tragen die Spannung. Wenn sie den Kindern von den Schrecknissen der Hölle erzählt läuft es kalt den Rücken runter. Die Kinderdarsteller sind ebenfalls gut, speziell Alakina Mann als Anna gibt überzeugend das neunmalkluge Mädchen. Mein Highlight ist aber die mysteriöse Fionnula Flanagan als Bertha, die hat eine Art Dialoge zu flüstern, dass es Spaß macht. Das bringt Theater in die Bude.
      Als letztes aber nichts Unwichtiges kommt hinzu, dass man hier ein Ende hat, ein durchdachtes und gut aufgebautes Ende. Man kann als Zuschauer Stück für Stück draufkommen, es ist kein Wunderwerk, aber das ganze Pacing des Ratespiels ist gut ausbalanciert und schließlich befriedigend aufgelöst. Das ist etwas, das nicht viele Gruselfilme von sich sagen können. Damit haben wir hier keinen Film der Filmgeschichte geschrieben hat, sondern einfach ein überdurchschnittliches Werk des Gruselfilms. Wenn man genau dieses Genre mag, ist das ein Muss.

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      • 7 .5
        Deciuscaecilius 03.10.2024, 20:16 Geändert 03.10.2024, 20:21

        Jennifers Body hat im deutschen den Zusatz „Jungs nach ihrem Geschmack“ bekommen und das passt dann gut zum seltsam zwischen den Stühlen hockenden Film, der irgendwo zwischen alberner Horrorkomödie, feministischem Drama und Erotik Hommage an den Cheerleader Film im Allgemeinen und an Megan Fox in besonderem platziert ist. Autorin Diablo Cody hat nach dem, vielleicht etwas überprämierten Film “Juno”, eine lustig tragische Satire auf Slasher Filme und auf die Karriere von Megan Fox geschrieben. Leider fehlt dem Film eine straffe Hand in der Inszenierung, sodass ihm eine gewisse Dringlichkeit und Spannung abgeht, die ihm möglicherweise über die Meisterwerkskante hätte schuppen können, aber das, was da ist, ist unterhaltsam.
        "It’s hard out there for Indie Rock Bands"
        Wir starten, als die Perspektiven noch nicht wirklich gewechselt sind, die netten Jungs der romantischen Rockband haben ihre weiblichen Opfer noch fest im Griff und ihre eigene Karriere als festen Vorsatz vor sich. Der sexuelle Missbrauch, der hier ständig in der Luft liegt, wird dann auch durch einen äußerst brutalen Mord ersetzt. Für diese Männer ist Jennifer nur Mittel zum Karrierestart. Statt nun einen konventionellen Rachethriller zu erzählen, wendet sich die Geschichte aber ab von den Tätern und erzählt den Slasher Film mit verdrehter Geschlechterrolle.
        "I’m not even a backdoor Virgin anymore."
        Das beginnt damit, dass es hier keine gute Idee ist, jungfräulich zu sein, denn das führt zu einer Katastrophe. Konsequenterweise werden also Jungs gejagt, müssen sich mit Pfefferspray schützen und werden wir traurige Schafe zum Schlachten in den Wald geführt. Die Macht der Frau geht hier aber in beide Richtungen. Es ist die Tragik der Schönheit, die sie mächtig und einsam macht und in ihrer Vergänglichkeit keine Bank darstellt. Kern dabei ist die toxische weibliche Freundschaft, die hier im Mittelpunkt des Films steht. Wenn Amanda Seyfried als "Needy", Megan Fox als Jennifer anschaut, kopiert sie den männlichen Blick, indem Begehren mitschwingt und der nie ein Gegenstück findet. Jennifer wird sie nie bewundernd beobachten, die Dynamik der Beziehung geht nur in eine Richtung. Das Drama daran ist, dass „Needy“ alles hat, das sie für ein glückliches Leben qualifiziert und Jennifers Weg bestimmt ist, in ihrem fehlenden Selbstbewusstsein unterzugehen. Auf einem Sockel kann man nicht leben.
        "It’s true, It’s on the Wikipedia"
        Der Film spiegelt die Karriere ihrer Hauptdarstellerin auf schmerzhafte Weise wider. Wenn sie sich vor dem Spiegel die Schminke fingerdick ins Gesicht schmiert und dabei ihre Augen tränen, sitzt da tatsächlich nicht nur eine Filmfigur, sondern auch eine Schauspielerin, deren feministischer Film und ihre gute schauspielerische Leistung darin, nur als Softporno vermarktet wurde. Vermutlich hat ihr der Ruhm wenig Glück gebracht und der Zuseher ist hier daher Voyeur gleich in doppelter Hinsicht.
        Das ist nun aber alles ein bisschen düsterer, als der Film tatsächlich rüberkommt, denn der ist zum großen Teil eine etwas ungewöhnliche Sprüche klopfende Komödie mit ein paar eher zarten Gore-Szenen. Wie ich oben schon einmal ausführte, ist das dann Fluch und Segen, denn das macht ihn unterhaltsam und die Tragik seiner Figuren wenig bedeutsam aber es nimmt ihm auch die Heftigkeit genau dieser Tragik. Hier will uns jemand freundlich unterhalten, der Film ist voller Humor, hat Energie und pulsiert in seiner gut ausgewählten Musik, aber gerade wenn Seyfried mit dem roten Kleid Carrie zitiert, merkt man, dass ihm das Drama fehlt.
        Trotzdem ist das fast ein “Must see”. Jennifers Body ist Megan Foxs beste Rolle und als Film eine unterhaltsame, spaßige Reise mit feministischen Untertönen. Man kann ihn als Manifest lesen und trotzdem gut weggucken, er ist das was Hollywood immer sucht aber er kam ein paar Jahre zu früh. Ich kann mir gut vorstellen, dass er heute das Kino rocken könnte. Schade das sein Potenzial nur noch im Kultfilm Label weiterlebt, wenn man Zeit hat, sollte man den ruhig einmal eine Chance geben.

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        • 6

          Tja Rollerball ist in vielerlei Hinsicht ein typischer Science-Fiction-Film der Siebziger Jahre. Das ist besonders am schönen klassischen Soundtrack zu hören und am Stil zu erkennen, der sich wie die Siebziger mit Geld beschreiben lässt. Es ist ein Phänomen, dass die vielen Science Fiktion Filme der Zeit unsere Bilder der Zukunft geprägt haben, die in brutalistischer Architektur, satten Farben und geschwungenen Formen daherkommen. Hier ist das tatsächlich auch ganz schön gelungen, die Innendesigns sehen immer noch interessant aus und die Kleidung, besonders der vielen Frauen, die durch die Bilder huschen, wenn Männer gerade nichts zu sagen haben, sind sexy modern geraten.
          Der Rest des Films hat allerdings ein seltsames Problem mit seiner Botschaft. In der Story geht es um eine von Konzernen beherrschte Welt, in welcher der brutale Sport Rollerball die Massen vom Denken ablenken soll. Leider sieht man diese Massen nie, es gibt natürlich Zuschauer der Spiele, aber niemals sehen wir irgendwelche normalen Leute in ihrem täglichen Leben. Stattdessen erleben wir die Sportler und die höheren Angestellten im Leben, was man sich in den Siebzigern unter Luxus vorstellt. Die ganze Welt bleibt dadurch immer eine Behauptung und gerade der irgendwie intendierte Klassenkampf ist reine Fiction.
          Das führt dann auch dazu, dass man den Film ganz entspannt als brutale Sportgeschichte sehen kann, in der es dann nur ums Gewinnen geht. Ja, eigentlich wird schnell klar, dass Jonathan E., gespielt von James Caan, nur für seine eigene Sturheit und den Spaß am Gewinnen kämpft. Aus heutiger Sicht kann man ihn fast für den Bösewicht des Films halten, weil sein Kampf so sinnlos ist und dabei absolut unnötig viele Tote und Verletzte fordert, ohne irgendein definiertes Ziel zu haben. Damit entwickelt sich eine Botschaft über die Hybris des Mannes, seinen Hang zur Brutalität und zu entsprechenden Wettbewerben, die mit Geringschätzung um die Gesundheit ihrer Sportler veranstaltet werden. Klassenkampf nimmt man der Figur und überhaupt der Welt jedenfalls nicht ab, es ist ein Wettbewerb zwischen zwei dominanten Männern. Es kämpft der Konzernchef gegen die Sportikone und beiden ist dabei jedes Mittel recht.
          Was außer der Hybris noch bleibt, sind die interessant und brutal inszenierten drei Spiele, denen wir beiwohnen. Die Härte und Geschwindigkeit des Spiels sind gut inszeniert und damit entfaltet das Spiel eine intensive Wirkung und das auch heute noch. Die Sache ein bisschen erdet die Liebesgeschichte, die sich daneben abspielt, obwohl auch hier das Gefühl aufkommen kann, dass man nur eine Seite der Geschichte hört. Ist die Fantasie, die Jonathan von seiner alten Beziehung hat, tatsächlich nicht eine Einbildung und die Beziehung war eher eine einseitige Angelegenheit? Können wir diesem Mann glauben, dass er eine liebevolle Beziehung hatte? Mir fällt es jedenfalls schwer.
          So bleibt ein spannender Film, der einen Sport erfindet und ihn so gut ausdefiniert, dass er sich real anfühlt, auch wenn gerade die Eskalation der Regeln ein bisschen merkwürdig ist. Wie häufig in diesen Filmen wird uns eine komplexe dystopische Welt erklärt, aber davon nur einige Ausschnitte gezeigt, sodass wir uns den Rest im Kopf zusammenbasteln müssen. Das hat den Vorteil, dass die Geschichte relativ zeitlos bleibt, ganz besonders die sportlichen Wettbewerbe, in denen hinter dem Geld die Gesundheit von Sportlern auch heute noch zurückstehen muss, wirkt nach. Darüber hinaus habe ich aber wenigstens eine weitere Figur vermisst, die uns ein Bild der Welt außerhalb des Sports hätte vermitteln können. Dass die gesamte Vernichtung des Wissens als Witz verwirrter Wissenschaftler gezeigt wird, hilft dem ernsthaften Thema dann auch nicht.
          So bleibt ein oberflächlich geratener Klassiker, der eine Sichtung aber trotzdem lohnt.

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          • 6 .5

            In meinem Kleiderschrank gibt es ein Fach, das ganz den Corporate Identity Klamotten gewidmet ist, da liegen Shirts, Polos, ein Hoodie etc. Es sind die Zeugen verschiedener Firmenläufe, Firmenwanderungen, Teamevents, Feiern, Jubiläen, Messen und Ähnlichem. Nicht immer gibt es dabei neue Dinge für den toten Stapel, aber doch oft genug und besonders dann, wenn die Marketingleitung gewechselt ist und die Neuen unsere Arbeitgebermarke nun aber wirklich in die Zukunft bringen wollen. Man trägt sie beim Event, dann kommen sie in die Wäsche und dann in das Fach und da bleiben sie dann bis Platzbedarf zum Wegwerfen der ganz unten liegenden zwingt. Getragen werden sie normalerweise nie wieder und so sind sie Zeichen eines Missverständnisses, eines unsinnigen Bemühens, aus dem gegenseitigen Kauf und Verkauf von Arbeitskraft etwas machen zu wollen, das sinnstiftend ist.
            Über solche Missverständnisse berichtet auch Office Space, Mike Judges leise Komödie über moderne Büroarbeitsplätze. Angestellte, privilegiert im Vergleich zu den meisten Arbeitern, und sicher zu allen nicht Privilegierten außerhalb der sogenannten ersten Welt, arbeiten hier und suchen nach dem Sinn des Ganzen. Sie genießen ihre Gleitzeit, ihre kleinen Gespräche in der Arbeitszeit und die insgesamt geringe Arbeitsbelastung und doch sind sie unglücklich. Es ist eben alles eine Frage der Perspektive.
            Dann ist da noch der Arbeitgeber, der selbst unzufrieden scheint, eine ganze Firma gewidmet die Minieinsparung der Vergangenheit mit großem Aufwand wieder einzufangen und dabei Arbeitern das Wochenende zu versauen ohne zu wissen, was sie überhaupt tun. Ein Problem, das externe Hilfe lösen soll, zwar ohne großes Wissen um die nötigen Arbeiten, dafür aber auch ohne Bürde der Nachhaltigkeit. Die Internen stellen ein, damit die Externen wieder jemanden entlassen können. Es ist die unwirkliche Welt internationaler Konzerne, in denen die Grenze zwischen Sinn und Unsinn löchrig wird und in der dann gerade die Scheißegalhaltung für Höheres qualifiziert, nur weil sie aus der Passivität aller anderen heraussticht.
            Das ist kein subversiver Film, es ist eine ganz brave Komödie, die an nichts Grundsätzlichem ruckelt, nur ganz leise feststellt, dass man schon selbst dafür zuständig ist, dem Leben Gewicht zu verleihen. Beim Konzern wird man sie nicht finden und dieses Scheitern aller dieser kleinen, sympathischen, aber auch ein bisschen kleinkarierten Lichter macht die Komik im Film aus. Der wahnsinnig entschleunigt wirkende Ron Livingston spielt das genüsslich weg und dazu hat er eine nette Liebesgeschichte mit der etwas überfordert wirkenden Jennifer Anniston. Beim visuellen weiß man nicht so genau, ob den Machern nichts eingefallen ist oder ob die absolute Langeweile künstlerischer Ausdruck ist, in jedem Fall geht sich das aus, genau wie es ist.
            Office Space ist ein Klassiker, der angenehmer daherkommt als die meisten Workplace Comedys und gerade dadurch vieles richtig macht. Ich bin mir aber nicht sicher, ob man im Leben etwas verpasst hat, wenn man es nicht gesehen hat. Es waren auf jeden Fall angenehme neunzig Minuten. Was mich zu der Frage bringt, ob ich mal wieder Klamotten aussortiere, vielleicht könnte nun das farblich nicht ganz perfekte Polo vom Drachenbootrennen dran glauben?

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            • 7

              Silent Running vom special effects Spezialisten Douglas Trumbull ist ein ungewöhnlicher Fall. Der Film macht es nicht leicht ihn zu mögen, ganz speziell, wenn die von Schmalz triefende Musik von Peter Schickele ganz aufdreht und in von Joan Baez gesungene Songs übergeht. Das ist schwer zu ertragen, wie auch die gesamte Hippie Botschaft rund um die Erhaltung der Natur, die in einem seltsam sich falsch anfühlendem Dilemma gipfelt. Ich kann nicht sagen, dass mich das besonders berührt hat, das war in meiner Kindheit ganz anders, weil dort die seltsame Technik und ganz speziell die drei Roboter Dewey, Huey und Louie die gesamte Aufmerksamkeit fraßen. Was ist also der Grund für seinen Kultstatus?
              Zuerst einmal ist die Entwicklung oder besser die pseudo menschlichen Verhaltensweisen, die diese Roboter entwickeln, auch heute noch faszinierend anzusehen. Das gilt auch für das ganz besondere Set Design, das sehr davon profitiert, auf einem echten Schiff, einem alten Flugzeugträger, gedreht worden zu sein. Die gesamte Ausstattung sieht zwar einerseits sehr typisch nach den Siebziger Jahren aus, hat dabei aber eine zeitlose Haptik an sich. Hier ist nichts Kulissenhaftes zu erkennen. Das gibt der gesamten Geschichte einen realen Touch von der sie sehr profitiert.
              Denn so schmalzig und unangenehm der Film zeitweise ist, kann er mit diesem einsamen und schuldkranken Mann Freeman Lowell gespielt von Bruce Dern punkten. Dern ist ein Schauspieler der für die Nebenrollen und die schrägen Vögel da ist und der das seit vielen Jahren in diversen Filmen und Fernsehserien auslebt. Hier steht er ganz im Mittelpunkt und verleiht der Figur das Tragische das nötig ist. Seine Selbstgespräche haben etwas Entrücktes, seine Kontaktaufnahme mit den Robotern ebenso, es ist ein seltsames Erlebnis ihm dabei zuzusehen, wie er unter dem Dilemma, das der Film aufmacht, leidet.
              Das ist dann auch der Punkt, der den Film abseits seiner technischen Innovationen interessant macht. Das Dilemma aus der Vernichtung der Natur und der Vernichtung der Menschen ist etwas, das unwirklich erscheint, das ganze Konzept dieses Untergangsbefehls ist kaum zu glauben. Wobei man da natürlich heutzutage an gesellschaftliche Debatten denken muss, in denen es auch so scheint, als würden manche lieber alles vernichten als zu erhalten. Kann es sein, dass irgendwann jemand beschließen könnte, auch noch die letzten Erinnerungen auszulöschen, nur dafür, dass niemand mehr auf die Idee kommen kann, Geld in deren Rettung zu stecken? Der Film sagt hierzu ja und zeigt uns Freemans Reaktion.
              Ist das hier also ein öko terroristisches Manifest, das in der Verteidigung der Natur zum letzten Mittel ruft? So kann man das auch nicht sehen, denn dazu ist dieser Mann zu unverdächtig einer größeren Agenda, sein Plan scheint viel kürzer angelegt zu sein, eher Affekt denn Agenda darzustellen. Dass ihn seine Schuldgefühle langsam konsumieren, ist so nur nachvollziehbar.
              Aus diesen Punkten zieht dann dieses seltsame filmische Werk seine andauernde Faszination. Es ist die moralische Grauzone, diese Unbestimmtheit seiner Botschaft macht ihn zu etwas Besonderem. Irgendwo zwischen technischer Vision, Öko-Dystopie und menschlichem Drama bewegt er sich dahin. Ich kann trotzdem nicht sagen, dass er mich noch einmal richtig mitgenommen hat, aber da ist etwas Zeitloses in seiner Botschaft, etwas Erwachsenes Nachdenkliches, das gerade in der Oberflächlichkeit moderner, zielgruppenorientierter Film Markenentwicklung seinen Platz behalten wird. So sollte man sich das ruhig einmal ansehen.

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              • 9

                David Cronenbergs "The Fly“ ist die zweite filmische Adaption einer Kurzgeschichte von George Langelaan. Das ist ein Kultfilm und das ganz zurecht. Das liegt dann auch nicht nur am intensiven Ansatz des Body Horrors, der unseren Protagonisten hier Stück für Stück seines Körpers, seines Lebens und seiner Identität beraubt. Dieser Teil ist aber in seiner Stück für Stück fortschreitenden Transformation in gruseliger Detailfreude das, was einem als Erstes in Erinnerung kommt. Die Angst vor dem Kontrollverlust über den eigenen Körper ist eine Urangst und hier noch einmal verstärkt im Angesicht der fortschreitenden Technik und der Entscheidungen, die diese selbst trifft. Das ist zeitlos in seiner Grausamkeit und in praktischen Effekten brillant umgesetzt.
                Der Zauber des Films kommt aber aus seinem Liebesdrama, dass er im Kern dann auch ist. Das Drama kommt dabei von zwei Seiten. Einmal haben wir Jeff Goldblum als Wissenschaftler Seth Brundle, der ein zurückgezogenes, in die Technik und Forschung verliebtes Leben führt. Sein Interesse geht weg vom Sozialen und seine Fähigkeiten darin sind entsprechend stockend. Goldblum verkörpert das, mit naiv wirkender Ausstrahlung und Verwirrtheit, gerade immer dann, wenn er auf körperliche Nähe trifft mit entsprechendem Habitus, passend. Seine Figur blickt mit Begeisterung auf den Fortschritt und ist dabei isoliert. Der Horror der Situation kommt davon, dass sein erstes erfolgreiches und menschliches Glück versprechendes Experiment sogleich in schrecklichem Verfall endet. Es ist, als würde ihn die Welt für seine Öffnung bestrafen. Wenn man so will, kann man hier eine Analogie zur Aids-Epidemie sehen.
                Die andere Seite bildet die wunderbare Geena Davis als "Ronnie" Quaife, sie spielt die Journalistin mit Neugier aber auch berührender Nativität und Liebe. Sie stellt eine wunderbare Frau dar, die sich plötzlich in einer Dreiecksbeziehung von seltsamer Dynamik wiederfindet. Ihr Ex Stathis, gespielt von John Getz, ist ein ziemlicher Arsch und ihre halbtote Beziehung mit ihm wirkt toxisch und erdrückt von seiner hinterhältigen Ausstrahlung und seinem klischeehaft männlichen Gehabe. Liebe strahlt er nicht aus, nur etwas, das auf Besitzstandswahrung aus ist und auf seinen eigenen Vorteil. Dass Seth sein ganzes Gegenteil verkörpert, führt zum Start der Beziehung, aber seine Veränderung lässt die ganze Situation kreisen. Seth entdeckt die Macht seiner Männlichkeit, seine Kraft und Ausdauer und er weiß damit dann auch nicht mehr viel anderes anzufangen als Stathis vor ihm, dem wiederum nach der Zurückweisung eine plötzlich angenehme, weil passivere Rolle zufällt.
                Es ist das Spiel von Gorillas, in denen das jeweils dominante Männchen Alphaarschlochvibes ausstrahlt, während sich die anderen freundlich geben (?) müssen. Cronenbergs Spiel um Identität ist hier auf dem Höhepunkt und kombiniert menschliche Dynamiken mit animalischen Instinkten. Was sind wir nur, wenn unsere Hüllen einmal abgestreift sind, was bleibt von uns, die wir vom Tier stammen und mit der Technik zu verschmelzen drohen.
                The Fly ist ein Meisterwerk des Body Horrors, gut gealtert, ja gut abgehangen, ist dem Film nicht viel vorzuwerfen, außer dass die Veränderung des Stathis etwas überraschend daherkommt. Der Film investiert dafür aber viel Zeit in die gute Chemie zwischen Goldblum und Davis, die dem Film erst seine Dramatik verleiht. Ohne das Gefühl für die beiden und ganz speziell den Charakter der Figur Seth, wäre die Geschichte nicht wirkungsvoll. Das alles hat eine Fallhöhe, weil es so tragisch ist, weil etwas verloren werden kann. Dieser Verlust ist dann Drama und Horror des Filmes, die Brundlefly ist ein trauriges Ding, das einen nicht loslassen wird, so sehr sticht ihre Existenz ins Herz.

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                • 8 .5
                  über Contact

                  Contact ist ein interessanter Film, schon deshalb, weil es gar nicht so viele Hard Science Filme gibt. Das macht ihn aber angreifbar. Niemand interessiert sich dafür, wie ein Lichtschwert funktioniert oder wozu es überhaupt gut sein soll oder wie man einen Menschen auf einem unbekannten Planeten im Beamer Strahl wieder zusammensetzt. Hier aber ist es natürlich schon eine Frage, wie man Maschinen baut, die man gar nicht versteht, ob die Aliens dann auch einen Schuko-Anschluss mitgeplant haben und was dann so ein schwarzes Loch an Strom nimmt. Man kann auch fragen, warum das Ding als Einwegsystem geplant war, schließlich ist das ein ganz schöner Aufwand für eine einzige Nutzung ...
                  Aber der Kenner wird hier einwenden, dass es doch darum überhaupt nicht geht, ja das es vielleicht gar nicht um Aliens geht. Der Film erzählt etwas über Religionen und ihr Verhältnis zur Wissenschaft und macht dafür seine Heldin zur Prophetin. Es ist ein neuer Ansatz, der Entwurf eines Glaubens ohne einen Gott oder doch zumindest der Wechsel zu einem abstrakten Erschaffer. Tatsächlich ist es merkwürdig heutzutage noch den Papst, evangelikale Fundamentalisten oder gar die Taliban danach zu fragen wie soziale Regeln aussehen sollten. Wir alle wissen, dass es keine von Gott gemachten Regeln gibt, sondern dass sich hier Männer ein paar Regeln überlegt haben, die erst einmal primär ihren eigenen Interessen dienen sollen.
                  Das wird hier dann nicht nur durch die Wissenschaft infrage gestellt, sondern auch von der einen Frau, die sich durch dieses Dickicht an Karrieristen, Politikern und Propheten schlagen muss. Das sie einen davon näher an sich heranlässt und dieser dann nichts Besseres zu tun findet als ihre Träume zu unterlaufen, damit er sie für sich allein haben kann, mag Frau dann auch zurecht darüber nachdenken lassen, ob es sich nicht lohnen könnte, zu neuen Ufern aufzubrechen. Der Film ist hier ganz bei sich, diese menschliche Geschichte zu erzählen. Dass dazu auch ein übermächtiger Milliardär gehört, passt dann auch noch gut in unsere Gegenwart, wo die Weltraumforschung zum Langeweilevertreiber der Superreichen geworden ist.
                  Da ist dann auch die zweite Botschaft des Films, der so technisch er ist, doch eine tiefe Spiritualität ausstrahlt. Da ist etwas, das sich nach der Einfachheit des Lebens sehnt, etwas, das direkten Kontakt sucht und skeptisch darüber ist, ob wir uns durch Technik weiterentwickeln können. Hier ist Contact dann eher bei Tarkowskis Solaris, das fragt, ob wir als Menschen überhaupt begreifen können, was dort draußen sein könnte. Ist nicht zuerst einmal die menschliche Entwicklung zu stemmen und ein Einklang auf unserem Planeten zu finden, bevor wir uns aufmachen in die größere Familie einzutreten? Der Film verurteilt den Glauben nicht, er will ihn von Gott und der Kirche lösen.
                  Vieles von dem liegt auf den Schultern von Jodie Foster und es ist einer ihrer besten Filme. Man darf immer wieder beeindruckt davon sein, wie viel ihre Mimik zu erzählen weiß, wie schmerzhaft es für den Zuseher ist, wenn sie getroffen wirkt oder wenn sie etwas aufregt. Ihre Range ist beeindruckend in den vielen Momenten zwischen Angst, Ärger, Begeisterung, Neugier und Aufregung. Die Liebesgeschichte mit Matthew McConaughey ist allerdings auf wenige Momente eingeschränkt, sodass man damit bis zum Ende hin seine Probleme haben kann.
                  Technisch ist der Film gut gealtert, nicht jeder Effekt sieht fantastisch aus, aber es ist alles zurückhaltend genug eingesetzt, um ordentlich zu bleiben. Besonders ist aber der Score hervorzuheben, der sich angenehm an den Film schmiegt und den langen Film strukturiert. Da sind schöne Stücke dabei.
                  Was macht man nun mit diesem Film, der so sehr auf ein seltsames Finale hinarbeitet und der doch eher eine „der Weg ist das Ziel“ Idee hat. Es ist, als wenn man sich monatelang auf einen Urlaub vorbereitet, um dann festzustellen, dass die Stände überall gleich aussehen. Da kann man auch gleich mit Total Recall Urlaub machen. Zumindest war das mein Eindruck nach dem ersten Schauen, aber der Film hat etwas an sich, das erst beim zweiten Ansehen klar wird. Man muss sich von der Getriebenheit auf den großen Höhepunkt lösen, man muss dem Film folgen in seine Uneindeutigkeit, dann liegt da der Schlüssel zu einer internen Diskussion, die nicht alt geworden ist. Und ja, das ist nicht immer so elaboriert, wie der Film tut, manches ist dick aufgetragen und doch trägt es durch mehrere Durchgänge. Ich mag den Film sehr, auch wenn ich mir seiner Schwächen bewusst bin, Jodie Foster kann man dann auch immer wieder einer Weile zusehen, somit bleibt ein kleines Genre Meisterwerk, das nicht jedem gefallen wird aber, als Science-Fiction aus der Realität heraus seine Punkte macht.

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                    Deciuscaecilius 22.09.2024, 18:51 Geändert 22.09.2024, 18:53

                    Event Horizon von Paul W. S. Anderson ist so ein Film, den man schwer vergessen kann, was ihm diesen gewissen Kultstatus verliehen hat, aber wie viele von Andersons Werken ist das mehr ein Gefühl als praktisch erklärbar. Der Film ist ein ganz schönes Durcheinander, eine Aneinanderreihung von Horror-Klischees, schön gefilmt, gut gespielt aber ohne Tiefgang. Was ihn ausmacht, ist seine Atmosphäre, dieses Farbenspiel, das sich thematisch Figuren und Situationen zuordnet und natürlich die Leere des Weltraums und ihre stille Bedrohung. Ganz besonders beim ersten Schauen kommt dazu dann die Überraschung über den Gore, der sich recht überraschend in den Film ergießt, sein Horror wechselt von Still schnell zu Hellraiser.
                    Das Problem ist dass sich das aber abnutzt, spätestens beim zweiten Schauen wundert man sich über dumme Techniker die ihre Hände in Antriebsaggregate stecken, medizinisches Personal das Halluzinationen nicht meldet oder plötzliche Superhelden die mit ein paar Luftdüsen ohne Raumschiff durch die Atmosphäre von Neptun düsen. Das ist alles hemdsärmelig zusammengepackt, der Weltraum und all das technische Gebabbel sind nur Ablenkungen davon, dass dahinter ein konventioneller Horrorfilm steckt.
                    Habe ich schon erwähnt, dass ich nicht der größte Fan von Sam Neill bin? Event Horizon hat mich auch nicht dazu gemacht, sein Dackelblick und das ewige Horror-Klischee des Trauernden halfen aber auch nicht. Ich war aber ganz glücklich, dass hier wenigstens Laurence Fishburne den coolen und kontrollierten Capitan spielen durfte. Den habe ich genossen. Der Rest ist dann schon eher zum Vergessen, was zu großen Vergleichen einlädt. Mich hat die Einführungsszene der Crew an die in Alien erinnert und da sieht man eben, dass man seine Figuren mit wenigen Strichen spannend charakterisieren kann, leider wird das hier nichts. Diese Truppe soll ein Rettungsteam sein, ist aber offensichtlich sehr genervt davon kurzfristig eine Rettungsmission übernehmen zu müssen, so viel zeigt die Szene, aber dafür wenig, dass mich mitfiebern hat lassen in den nächsten neunzig Minuten. Es ist eine Parade von unsympathischen oder zum Vergessen verurteilten Gestalten, die dann auch keine Gefühlsregung erzeugen, wenn es mit ihnen zu Ende geht.
                    So bleibt Event Horizon ein optisch interessanter Film, der eine gewisse Faszination ausstrahlt, aber weit hinter seinen Möglichkeiten bleibt. Ich hatte das besser in Erinnerung, aber sicher ist gerade eine Erstsichtung immer noch etwas, das man gut machen kann.

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                      The Woman in Black von 2012 steht etwas im Schatten des Hauptdarstellers, es ist Daniel Radcliffes erste Rolle nach Harry Potter und man muss sagen, er hat das gut ausgewählt. Die Rolle schreit nach einem traurig und leicht entrückt guckenden Mann, weniger Worte und damit trägt er den Film. Ich habe mich dann gefreut, Ciarán Hinds zerknautschtes Gesicht an seiner Seite zu sehen, der einmal mehr eine starke Präsenz hat.
                      Davon abgesehen ist das ein guter, aber wenig besonderer Film geworden. Dieser Haunted House Horror in Kombination mit tiefer Trauer des Protagonisten ist nun wirklich kein neuer Spin. Dieser Film hier macht dann auch nichts wirklich Besonderes damit, aber das, was er macht, macht er solide. Die Effekte sind gut, das Haus ist angenehm Gothic und die ganze Sumpflandschaft sieht beeindruckend düster aus. Insgesamt ist das alles interessant gefilmt, die englischen Landschaften sind gut in Szene gesetzt, nur ab und zu setzt sich ein modern zu kontrastierter Eindruck durch. Die Jumpscares fand ich eher nervig, aber Grusel machte sich schon breit.
                      Das ist es dann auch, was man sagen kann. Ohne Radcliffe wäre der Film vermutlich nicht groß aufgefallen, so kann man ihm dabei zusehen, sich in Trippelschritten vom Image des Zauberschülers zu entfernen. Das Ende war dann nicht so meins, aber wenigstens nicht ganz Standard. Für einen netten Abend ist das gut genug.

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                        Deciuscaecilius 17.09.2024, 23:09 Geändert 17.09.2024, 23:14

                        Torn Curtain ist ein eher ungewöhnlicher Thriller von Hitchcock, auch wenn er sich eigentlich rund um seine typischen Themen dreht. Interessant ist eher, was hier anders ist und was gerade dadurch nicht funktioniert. Es ist ein Spionage-Thriller im Kalten Krieg, der zum großen Teil in der DDR spielt, aber natürlich dort nicht gedreht wurde. Leider sieht er überhaupt nicht so aus, als wäre viel an deutschen Plätzen gedreht worden, es ist ein typischer Studiofilm mit vielen, aber allesamt unangenehm künstlich wirkenden Außenszenen. Nur in den Rückprojektionen beim Autofahren und aus Fenstern ist etwas mehr vom damaligen (West) Deutschland zu sehen, aber dafür braucht man das nicht zu gucken. Insbesondere weil gerade die Rückprojektionen auch noch arg auffällig störend geraten sind.
                        Dazu gibt es einige Probleme mit dem Pacing, die Geschichte wirkt im Vergleich zum Beginn der James Bond Ära, die in die gleiche Zeit fällt, lahm und behäbig. Es gibt Szenen, in denen das trotzdem funktioniert, wo der langsame Zauber von Hitch wirkt, zum Beispiel, in einer harten, weil sehr langsamen Tötungsszene in einem Farmhaus, aber grundsätzlich wartet man mehr als man gespannt ist. Besonders deutlich wird das in der finalen Theaterszene, die so typisch für Hitch ist und doch nicht die Spannung erzeugt, die sie müsste. Irgendetwas fehlt hier, sei es, dass die Zeit die Methode überholt hat oder dass die Darsteller nicht passen.
                        Paul Newman in der Höhe seines Schaffens wirkt hier wie eine Orange im Pflaumenkuchen, sein Habitus will nicht zu dem typischen Hitch Charakter des Professors auf Abwegen passen. Wenn eine gewisse Tapsigkeit und freundliche Naivität gefragt wäre, ist er das dominante selbstsichere Zentrum der Szene und wirkt so falsch am Platz. Er wäre die Rolle eines wirklichen Agenten gewesen, jemand, der die Situation immer clever unter Kontrolle hat, stattdessen muss er kritisch auf Formeln gucken statt dem deutschen Professor eins überzuziehen. Die nett aber ohne Präsenz agierende Julie Andrews müsste dann auch eine aktivere Rolle übernehmen, um das übliche Konzept durchzuziehen, aber das gelingt ebenfalls nicht. So ist der ganze Aufbau typischer Hitchcock und doch funktioniert es nicht richtig.
                        Eine besondere Aufmerksamkeit aus deutscher Sicht bedarf der Sprache im Film. Der spielt wie gesagt in der DDR und dazu wurde ein ganzer Haufen deutscher Schauspieler engagiert, von denen besonders Hansjörg Felmy als Stasi-Hauptmann und Wolfgang Kieling als Bewacher von Newman auffallen. Die beiden machen ihre Sache gut, gerade Felmy hätte mehr Raum im Film verdient gehabt. Ansonsten ist das aber eine sprachliche Weltreise, denn zwischen die hochdeutsch sprechenden zentralen Schauspieler hat sich eine ganze Kakofonie versammelt, es wird österreichisch gebrüllt, berlinerisch geflucht, stockend einzeln gelernte Worte gestammelt und viel mit starkem osteuropäischem Akzent intoniert. Das ist nach einer Weile eine eigene Freude, wenn auch nicht wirklich der Sinn des Films. Dass dann eine Gruppe "Deserteure" schwer bewaffnet einen Linienbus mitten im Land überfallen, ist dann nur die Kirsche auf das Gefühl, dass man sich nicht wirklich Gedanken darum gemacht hat, wie genau es wohl hinter dem Iron Curtain aussehen könnte.
                        Die üblichen humorigen Teile wie die Busfahrt oder die aus meiner Sicht unsägliche Ballerina wollten dann auch gar nicht bei mir verfangen. So ist das dann heute nur noch aus historischer Faszination interessant, ansonsten nicht gut gealtert und kaum etwas, das wirklich als spannender und aufregender Thriller durchgeht.

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                        • 6

                          Gremlins 2: The New Batch ist eine Parodie auf sich selbst, auf seinen Vorgänger und nur noch in kleineren Teilen auf die amerikanische Gesellschaft. Wenn man will, kann man da eine Trump Parodie sehen oder eine Kapitalismus- und Medienkritik aber spätestens nach der Mitte des Films ist es in erster Linie eine Abfolge von aneinandergereihten Gags über alles, was man mit Gremlins noch so anstellen kann. Ich war immer der Meinung, dass sich auch eine Satire selbst ernst nehmen muss, sie soll Spaß haben mit dem Sujet, nicht mit sich selbst. Masturbation ist schließlich kein Sex. Das ist hier aber ein bisschen schief gegangen, glücklicherweise bis zu einem Grad, dass man auch damit schon wieder Spaß haben kann.
                          Der Film hat keine wirkliche Story und weiß mit den meisten Charakteren auch nicht viel anzufangen. Nun spielten Zach Galligan und Phoebe Cates schon im ersten Teil keine komplexen Figuren, aber jetzt löst sich das alles mehr oder minder ganz auf. Schauspielerisch ist das dann auch eher akzeptabel als gut. Dass die beiden zusammen im ganzen Film weniger Charme ausstrahlen als John Glover und Haviland Morris in einer einzigen Szene, hilft dann auch nicht.
                          Die Effekte gehen den gleichen Weg wie die Story, es ist von allem mehr und einiges davon altert nicht gut. Der Flug Gremlin ist eine der hässlicheren Szenen aus dem frühen CGI und immer, wenn Gremlins in Großaufnahme und Ganzkörperaufnahmen zu sehen sind, wird es mittelmäßig. Zu sehen ist dann außer dem eher langweiligen Hochhaus auch nicht viel, der Film konzentriert sich auf Blödsinn mit Gremlins. Das Rettende daran ist, dass der Blödsinn über alles Maß hinaus übertrieben wird und spätestens bei der „New York, New York“ Szene macht das dann auch Spaß. Bis hierhin allerdings ist es immer wieder anstrengend dabei zuzusehen, wie die Macher versuchen, in jeder Szene das Maximum an Referenzen und Meta Gags unterzubringen.
                          Ich jedenfalls hätte keinen sexualisierten Gremlins gebraucht, auch keine Spinne oder den einen Elektrogremlin. Die Regeln zur Entstehung der Gremlins sind und waren Blödsinn, aber es wird auch nicht besser davon, dass man sich im zweiten Teil darüber lustig macht. Dass der ganze Grusel und die Gefahr, die von den Gremlins ausgeht, dabei verloren gegangen ist, dient der Komik, aber tötet leider jede Spannung. Damit bleibt dann nur eine Gag-Sammlung im Geiste der Achtziger, die nur dann und wann Erinnerungswürdiges produziert, meist genau, da wo sie am absurdesten ist. Nett aber keine große Sache mehr.

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                          • 7 .5

                            Mast mein Rehne Ka (Nur keine Panik) ist ein Hindi Drama über vier Menschen in Mumbai, die verbindet, dass sie an der Stadt und den sozialen Problemen in Indien leiden. Der Film ist eine Produktion von Amazon und damit auch auf Prime weltweit verfügbar. Der Film hat ein paar musicalhafte Einlagen und den typisch indischen Humor der ins Drama kippt, damit das Drama wieder in den Humor kippen kann, aber er dürfte trotzdem auch gut für westliche Geschmäcker konsumierbar sein. Mit zwei Stunden Länge bekommt man dann auch für indische Verhältnisse einen geradlinig erzählten Stoff. An die tonalen Schwankungen wird man sich im Westen, aber gewöhnen müssen.
                            Im Film verschränken sich vier Leben. Das Erste gehört dem von Abhishek Chauhan gespielten Nanhe, einem erfolglosen, aber talentierten Schneider, der um eine berufliche Grundlage in Mumbai kämpft, dabei aber ständig tragisch scheitert. Ihm fallen seine gute Art und seine Ehrlichkeit ständig auf die Füße und in der Verzweiflung wird er dann zum Einbrecher. Das wird ihn zu Kamath, gespielt von Jackie Shroff führen, einem alten sehr einsamen Mann, dessen Leben genau durch diesen verunglückten Einbruch aber wieder Schwung bekommt, was ihn mit Parkash, gespielt von Neena Gupta, zusammenführt. Schließlich beschließt Monika Panwar, die Rani eine Bettlerin spielt, die Runde als potenzielle neue Liebe von Nanhe. Gupta und Shroff sind große Namen im indischen Kino und spielen hier etablierte Altersrollen, etwas verschrobene Menschen aber herzensgut suchen sie nach einem neuen Sinn und Gesellschaft.
                            „In jedem Menschen ist ein Tier verborgen. Es schlummert , aber wenn es aufwacht, beginnt der Mensch zu sündigen.“
                            Der Film arbeitet sich mit seinen verwobenen Geschichten an den sozialen Problemen Indiens entlang. Vieles konzentriert sich auf die gnadenlose Welt Mumbais, dem Ort, wo alle nach oben wollen und dabei über die Rücken der unter ihnen Stehenden steigen. Es ist eine Welt, die alle verdirbt und in der scheinbar nur der Erfolg haben kann, der ohne Moral ist. Die Verzweiflung über Multijobbing und erniedrigende Tätigkeiten und die damit einhergehende Verachtung der Welt drängt sich immer wieder in die ansonsten etwas schmalzigen Liebesgeschichten. Das kapitalistische Indien schreit sich hier ständig gegenseitig an, wenn es um Geld, Aufstieg und Status geht. Darin etwas zu finden, was freundlich ist, scheint die Aufgabe aller Beteiligten zu sein. Der schnelle Wechsel von slapstickhaft komischen Momenten mit tiefer Verzweiflung ist etwas, das diesen Film auszeichnet.
                            Das zweite große Thema ist Einsamkeit in der Fremde. Die traditionellen Familienstrukturen existieren hier nicht mehr. Alle kommen woanders her, haben ihre Wurzeln verloren, die Kinder sind im Ausland, die Eltern in Dörfern zurückgeblieben, Familien sind zerbrochen. Es ist schwer, etwas Neues zu finden, in einer so großen Stadt der Vereinzelung. Auch hier ist der Film oft sentimental aufgedreht und dann plötzlich herzzerreißend in seiner Verzweiflung. Ein wunderbar gefilmter Park mitten in der Stadt bildet den Ort, an dem alle Vereinzelten gemeinsam einsam sind.
                            Das alles geht aber überraschend gut zusammen und macht einen unterhaltsamen Film aus. Es gibt Momente, in denen mir das etwas zu viel war, aber seine Ernsthaftigkeit den realen Problemen gegenüber macht das weg. Die Schauspieler machen einen guten Job, ich mochte besonders Shroff mit seiner seltsam verschrobenen Körperhaltung und dem Gebaren zwischen Unsicherheit und größter Hingabe. Dazu ist Monika Panwar eine Entdeckung, ihre Rolle ist ein Klischee, aber das Selbstbewusstsein und die Wucht, die sie in die Rolle knallt, überwinden das effektiv. Sie ist das unverzichtbare Gegenstück zum anstrengenden naiven Nanhe und rockt jede ihrer Szenen.
                            Die Musik ist gut wie in den meisten indischen Filmen und obwohl der Film nicht teuer aussieht, findet er einige schöne Bilder von Mumbai. Vieles konzentriert sich auf die Hauptfiguren, aber es bleibt immer Zeit, ein volles Bild der Stadt zu zeichnen.
                            Man muss ein bisschen Geduld aufbringen, das indische Kino ist nicht subtil und immer wieder mal schrecklich anstrengend, aber es macht das auch wieder gut mit intensiven Momenten großer Nähe. Es ist, als würde das eine nicht ohne das andere existieren können. Insgesamt ist so ein schöner und sensibler Liebesfilm mit ungewöhnlichen Perspektiven gelungen.

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                            • 8

                              Wie das immer so ist, wenn man in guter Erinnerung gebliebene Filme nach vielen Jahren noch einmal sieht, man hat ein bisschen Angst davor enttäuscht zu werden. Glücklicherweise ist die Angst bei dem von Joe Dante, Chris Columbus und Steven Spielberg geschaffenen Gremlins unbegründet. Satiren haben es oft schwer aber eine Satire auf Weihnachten und die gefühlte Idylle einer kleinstädtischen amerikanischen Welt ist zeitlos. Hier hilft dem Film auch seine Künstlichkeit, der gesamte Film sieht nach Kulisse aus, die Straßen glänzen im Plastik-Schnee und die Figuren sind alle Karikaturen der Fünfzigerjahre. Das ist eine entrückte zeitlose Welt, in die dann für Horrorverhältnisse brav, aber mit viel verspielter Gemeinheit die Gremlins einbrechen.
                              Es ist erstaunlich, wie lange wir auf die Biester warten müssen und wie oft sie doch nur als schwingende Oberkörper aus Schränken hinausblicken, aber gerade das hat seine Wirkung. Die Spannung und der Wahnsinn sind effektiv getimt, sodass nichts seine Zeit überspannt. An keiner Stelle gibt es Leerlauf, der Film ist effektiv getaktet. Dabei sehen die kleinen Monster künstlich aus und doch haben sie eine Körperlichkeit und damit eine Bedrohung. Die Fratzen wurden mit Liebe gestaltet und machen auch heute noch was her. Die Macher wussten ganz genau, was geht und was nicht, direkte körperliche Konfrontationen, die das Potenzial zur Lächerlichkeit hätten, sind selten, stattdessen agieren die Viecher mit hinterlistiger Lust an der Zerstörung.
                              Damit ergibt sich ein Film, der seine Zeit überstanden hat gerade, weil er seltsam wirkt. Die mittlerweile berühmte Geschichte über den Tod von Kates Vater ist zum Beispiel völlig zusammenhanglos im Film, die Szene ist absolut grotesk und hat ansonsten keinen wirklichen Hintergrund aber sie wirkt wie viele Szenen hier an der Faszination urbaner gruseliger Legenden mit. Das Ergebnis ist ein Film, der an dunkle Märchen anknüpft, an die Lust der Menschen das Absurde weitertragen zu wollen, um Grusel zu erzeugen. Dabei fungiert Technik, die der Einzelne nicht mehr ganz versteht, als modernes Mittel dieses Grusels. Was in alten Märchen der dunkle Wald ist, kommt hier als Mikrowelle oder Saftpresse daher, die einerseits Mittel der Zerstörung der Gremlins sind, andererseits, wie Treppenlifte und Bremsschläuche aber auch von den Gremlins genutzt werden, die Menschen zu zerstören. Bugs im System sind der neue Inhalt von Legenden.
                              Der Soundtrack von Jerry Goldsmith vergoldet das Paket mit ein paar zeitlosen Melodien und spaßigen Beats zur Zerstörung. Daher mag ich den Film und wenn man Lust hat, sich seltsamer 80er Filme anzusehen, ist das ein guter Start.

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                              • 7

                                Tony Scotts "Man on Fire“ ist ein harter Rachethriller starbesetzt, aber kein besonders prominenter Eintrag in der Filmgeschichte. Das mag daran liegen, dass der Film wenig subtil daherkommt, er porträtiert México als ein düsteres Land, durchfressen von Korruption und lässt einmal mehr Amerikaner zur Rettung anlaufen. Hinzu kommt die Gesetzlosigkeit, die hier auch der Held zeigt und die inklusive des hohen Gewaltgrads verstörend wirkt. Interessanterweise hat mich das alles aber kaum gestört, meine größte Kritik wäre eher das sehr schmalzige, in die Länge gezogene und heftig mit Trauermusik untermalte Ende, das mir nicht zum Film passen wollte. Die allerletzte Szene wirkt dann sogar falsch und irgendwie dran gestöpselt.
                                Aber warum sollte man den Film heute noch gucken? Zuallererst wegen der beiden Hauptdarsteller, da ist Denzel Washington als Creasy, eine deprimierter ehemaliger special Service Killer mit schwerem Alkoholproblem. Denzel hat die besondere Eigenschaft unglaublich viel Schmerz in sehr kleine und leise Momente zu legen, das wirkt intensiv und man fühlt die Trauer mit ihm. Das gilt dann auch umgekehrt für die Gewalt Momente, auch hier ist er dadurch noch viel bedrohlicher, er strahlt immer eine beeindruckende Härte aus, die den Film trägt. Dazu kommt das kleine Mädchen Pita das brillant gespielt wird von Dakota Fanning, die zu den besten Kinderdarstellern der Zeit zählt. Es ist so eine herzerwärmende Darstellung, da ist so viel glaubwürdig wirkende neunmal Klugheit und viel Verletzlichkeit, dass man sie lieben muss.
                                Das Spiel der beiden erklärt und hält den Film, es trägt dann auch die brutale Gewalt im Anschluss an die Entführung. Hier ist der Film präzise und kompromisslos in seinen Mitteln und das alle Seiten einen professionellen Eindruck machen ist stark. Hier gibt es keine übertriebenen Bösewichte, sondern lauter Rädchen in einem großen Geschäft, Rädchen, die Denzel dann Stück für Stück auseinanderreißen wird. Mann, das ist eine Reise durch eine düstere Welt.
                                Das wird unterstützt von Tony Scotts rastloser Filmgestaltung, wie in einem Musikvideo platzen die Szenen aneinander und wird dabei die schöne und grausame Welt der Megastadt Mexico City gezeigt. Von Favelas, über wilde Partyorte bis zu den Villen und kolonialen Plätzen ist das ein immer spannendes Bild der Stadt. Die Bilder sind genau gewählt und erzeugen einen Rhythmus der Rache, die atemlos den langen Film bis an sein Finale bringt. Wäre das ein bisschen besser, würde ich hier keinen Film aus der zweiten Reihe beschreiben. Ich mag außerdem fast den gesamten Score, der ist übertrieben, unsubtil und genau das macht ihn die meiste Zeit über großartig. Erst wenn er dann ins Schmalzige kippt, überzieht er seine Funktion und der Film kippt.
                                Man kann sich das als Fan des Genres gerne mal wieder ansehen, es ist gutes traditionelles Thriller Kino…

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                                  Deciuscaecilius 11.09.2024, 22:13 Geändert 11.09.2024, 22:50

                                  Saboteur ist noch so ein Film von Hitchcock, der so oder so ähnlich mehrfach existiert. Die Story vom Jedermann, der gegen den Willen in eine Agentengeschichte verwickelt und dabei durchs Land getrieben wird, ist fast so etwas wie ein Hitch Standard. Zum Nachteil für diesen hier steht seine Geschichte zwischen „The 39 Steps“ und „North by Northwest“ und verliert gegen beide. Das liegt primär daran, dass ihm etwas der Humor fehlt, Saboteur ist ein ernster Film, der sich sichtlich um das Wohl der amerikanischen Gesellschaft im Kampf gegen den Faschismus sorgt. Das ist ein gutes Anliegen, aber es will nicht so richtig an Fahrt gewinnen. Ganz im Gegenteil hat es etwas sehr Bemühtes an sich.
                                  Die zentrale Liebesgeschichte liegt ihm dabei am meisten vor den Füßen. Robert Cummings als Barry und Priscilla Lane als Patricia fehlt es an Chemie und auch ein bisschen an guten gemeinsamen Szenen. Ihr anfängliches Misstrauen löst sich zu schnell und zu anlasslos auf und ihm gelingt keine wirkliche Präsenz. Barry ist eine eher passive Figur, die von den Umständen abhängig ist, und wenig selbst vorantreibt, vieles ist Glück und wenig fühlt sich errungen an. Insgesamt bleiben beide zu blass. Die Stärke des Films ist dagegen der wahrlich James Bond Hafte Bösewicht Charles Tobin, der, gespielt von Otto Kruger, macht viel Spaß in seiner Rolle, dominiert seine Szenen mit ironischer Bosheit und gentlemanhafter Gemeinheit. So hat er mir mehr Spaß bereitet als die Helden der Geschichte.
                                  Ansonsten werden durchaus hübsch inszenierte Schauplätze abgearbeitet und im Finale sogar die Freiheitsstatue bestiegen, was zu interessanten Bildern führt. Der Film sieht für seine Zeit gut aus, hat einige starke Effekte und den typischen Sinn für Spannung und Timing. Es ist dabei einer der Filme, die in der kurzen Periode entstanden sind, in denen die Nazis in Hollywood Agentenfilmen die Gegenspieler bildeten und er hat dazu interessante Gedanken. Mir ist speziell Tobins Behauptung aufgefallen, er wäre für die Nazis, weil Zitat: „They get something done“. Das ist das, was noch heute als Monstranz für Diktaturen aller Couleur herangetragen wird, irgendwie sind Kompromisse schwach und nur starke Diktatoren schaffen etwas. Schön, dass es hier wieder der Millionär ist, der auf der Couch der anderen Millionärin sitzend dieses Lied singt, während ihre Mitarbeiter bei der Drecksarbeit ihr Leben riskieren. So stellt man sich das „getting done“ wohl vor…
                                  Insgesamt ist Saboteurs damit ein unterhaltsamer Film, aber kein Must see. Man kann ihn aber einmal zur Vervollständigung der Hitchcock-Filmografie sehen. Ich wurde okay unterhalten…

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                                  • 9

                                    „Kinds of Kindness“ ist der neue Film von Yorgos Lanthimos, nach zwei Filmen mit Tony McNamara ist dieser wieder in Zusammenarbeit mit Efthimis Filippou entstanden und das merkt man. Wer erst mit Poor Things zum Werk gestoßen ist, wird hier noch einmal neu prüfen müssen, ob man sich ewig binden will. Der fast drei Stunden lange Film geht zurück zu den Wurzeln und fordert aufgrund seiner Episodenstruktur einen ständigen Prozess der Neuorientierung des Zuschauers. Die Kritiken zeigen, dass es nicht vielen gefallen hat, sich dreimal in neue Geschichten, die das Drama von Macht, Unterwerfung und Machtmissbrauch erzählen, einarbeiten zu müssen.

                                    Some of them want to use you
                                    Some of them want to get used by you
                                    Some of them want to abuse you
                                    Some of them want to be abused
                                    Sweet dreams are made of this

                                    Die beiden Filmemacher erzählen einmal mehr über die Seltsamkeiten des Menschen, sie fragen, was freier Wille ist, ob wir ihn immer wollen und wann wir uns zu verlieren drohen. Wie schön ist, die Freiheit nicht entscheiden zu müssen? Hier kämpfen Menschen dagegen, die Kontrolle zu verlieren, gegen Veränderung, um die Erlösung und dafür, dass alles so bleibt, wie es ist, auch wenn es gar nicht so gut ist. Wenn es immer das gibt, was du nicht magst und nur ganz schwer zu bekommen ist, was du magst, was wirst du dann nach einiger Zeit mögen? Der Film spielt mit uns, wirft existenzielle Fragen in den Raum und bleibt dabei aber distanziert, wird albern und genießt es. Jede Idee wird langsam aber unerbittlich ins Groteske gedreht, wer die Komik darin nicht mag, wird diesen Film möglicherweise hassen.

                                    Es ist dabei Schauspiel Kino der besten Art, Emma Stone und Jesse Plemons spielen die zentralen Rollen in allen drei Parabeln und darin jeweils neue Figuren. Wir müssen uns ihnen jedes Mal neu nähern und das fällt nicht immer leicht, gerade weil sie unter Zwängen stehen. Ihre Haltung ist angespannt unter ständigem Druck, aber es ist eine Freude, ihnen zuzusehen. Beide bieten besondere Darstellungen, müssen Figuren spielen, die wiederum Figuren spielen, und das ist faszinierend anzusehen. Allein Willem Dafoe darf als dritter im Bunde freier aufspielen, denn er hat immer eine besondere Rolle inne, er ist ein Auslöser, ein Machterzeuger und er ruht entsprechend in den Rollen, als ginge alles ganz normal vonstatten.

                                    Der Stil von Lanthimos ist dabei unverkennbar, in glasklaren Bildern, kalter, heller Welten, die Linse wird so weit, dass man sich darin verliert und manchmal kommt sie so nahe, dass man aufspringen möchte. Es gibt Bilder, in denen man verweilen will, und doch hat das alles immer etwas Entrücktes, leicht Bedrohliches. Wie oft ist das dann von dem enervierend bedrohlichen Geklimper des Soundtracks unterlegt, der wenig subtil, aber wirkungsvoll die Dramaturgie taktet.

                                    Träume essen Tiere.

                                    Man könnte meinen, das wäre ein komplizierter Film, aber als das habe ich ihn gar nicht empfunden, die Bilder sind klar und die Story geradlinig. Wir sehen, wie sich im ersten Teil jemand in der ewigen Kindheit eingerichtet hat, die Macht seines Arbeitgebers ist die Übertragung der Macht der Eltern. Die Rebellion dagegen hat etwas trauriges Komisches und die Maßlosigkeit der Forderungen seines Herren, etwas, das in sich selbst Unsicherheit offenbart. Wir kennen den Machtmissbrauch in einer Ehe, die Rechtfertigungen, die Selbstlüge und die Angst des Unterdrückers vor Veränderung, vor dem Drehen des Windes. Wir kennen die Strukturen von Sekten, ihre Methoden sozial zu isolieren und den Drang, einen Messias zu finden. Und ganz zuletzt können wir uns alle fragen, wie es ist, wenn wir etwas erreichen, von dem niemals jemand erfahren wird, was ist das Leben ohne soziale Anerkennung und wie weit gehen wir dafür? Dazwischen wird von der Erlösung in der Unterwerfung geträumt, blutiges Fleisch gegessen und die angebliche Loyalität von Haustieren infrage gestellt.

                                    „Die Menschen sterben und sind nicht glücklich“

                                    Was das alles besonders macht, ist seine eisige Konsequenz, seine Gnadenlosigkeit den Figuren gegenüber und die Absurdität, in die diese Welten und ihre Figuren kippen. Man muss sich keine Gedanken darüber machen, womit diese Geschichten zusammenhängen, sie sind zusammen, weil sie etwas Märchenhaftes haben, und weil alle Märchen etwas über Menschen erzählen. Wieder scheint hier die griechische Tragödie durch, die Menschen in aller Nacktheit und bar jeder Verschönerung zeigt. Der Film ist böse, lustig, gemein und absurd und damit das, was man vom Regisseur erwarten kann. Die Maßlosigkeit seiner Mittel, die Gewalt, die Nacktheit, die dunkle Magie verbinden sich mit der audiovisuellen Schönheit zum verstörenden Gesamtkunstwerk.

                                    Die drei Teile wirken dabei wie gekürzte Filme, sodass man darüber nachdenkt, ob sie nicht auch allein funktioniert hätten, aber das Reduzieren und die geringe Erklärung ihrer Welten helfen auch, sie nicht zu sehr zu entmystifizieren. Der Preis dafür ist die Gesamtlänge, bei der sich spätestens im dritten Teil ein wenig Müdigkeit breitmacht. Das macht dann auch die Eskalation, die diese Teile nacheinander durchmachen, nicht weg, aber es macht die aberwitzige Schlussszene zu einer saukomischen Befreiung. Ob diese Hinarbeit zum Punkt, wenn der Körper in dieser Komik Befreiung findet, die Länge wert ist, muss man entscheiden. Für meinen Teil war das eine aufregende Reise, ich habe die Teilung für kurze Unterbrechung und Reflexion genutzt, ein Tee tut hier gut und lässt mich frischer in die weiteren Minuten gehen.

                                    Das ist nicht Poor Things, aber es ist ein großartiger Film für sich. Es ist befreiend zu wissen, dass Ruhm und Geld aus Hollywood genutzt werden, um weiter die Greek Weird Wave zu reiten. Das ist schön so und es ist ein lustiger Gedanke, dass der ein oder andere bei Disney+ auf eine hübsche Überraschung treffen dürfte, wenn er unter „Comedy“ eine neue Erfahrung sucht…

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                                      Deciuscaecilius 07.09.2024, 18:48 Geändert 08.09.2024, 01:11

                                      Beetlejuice ist der erste große Film von Tim Burton und ein sehr typischer Film der Achtzigerjahre. Es war der erste Film von Burton, den ich vor vielen Jahren gesehen habe, und ehrlich gesagt bin ich nicht der größte Fan geworden. Allerdings ist der Film technisch gut gealtert, seine Effekte sind erstaunlich zeitlos, der Soundtrack ist gut und die Schauspieler alle überzeugend.
                                      Was mich nie so angezogen hat, ist das Overacting von Michael Keaton als Betelgeuse, wie insgesamt der Film eine etwas holprige Mischung aus Slapstick und Albernheit und traurig leisem Liebesdrama ist. Die Gruppe Alec Baldwin, Geena Davis und Winona Ryder als Geister und Gothic Teenager stellen hier die Normalität bedroht vom Wahnsinn des modernen Kunstmarktes, der Immobilienmakler und der Esoterikbranche. Darin liegen eingebettet Systemkritik und eine warmherzige Story, aber der Film hat keinen Fokus auf dieser Gruppe, auch wenn er hier die meiste Zeit verbringt. Es ist ein Film, der auf die Auftritte von Keaton hinarbeitet und seinen Humor aus seinen Geschmacklosigkeiten zieht.
                                      Auf seltsame Art ist das dann auch das, auf das man als Zuschauer hin will, denn so richtig an Fahrt gewinnt er davor nicht. Es ist ein bisschen wie das Warten auf den nächsten Haiangriff, ohne Betelgeuse ist der Film ein bisschen langweilig, aber dann mit ihm ein bisschen trashig. Das ist auch heute noch eine wilde Mischung und ich kann nicht sagen, ob das nun gut oder schlecht ist, aber in jedem Fall ist es interessant, was vielleicht das Beste ist, was man über einen Film sagen kann. Speziell das Artdesign hat seinen Effekt nicht verloren, vieles von dem funktioniert wie vor dreißig Jahren, Kostüme und Architektur tragen die Szenen und jeder Schrumpfkopf bleibt in Erinnerung.
                                      Ich finde den kann man weiterhin gut ansehen, weil es sein Ding macht und dabei keine Kompromisse eingeht. Der Humor ist nicht immer gut gealtert, aber angesichts der schieren Größe des Unsinns muss man sich auch etwas anstrengen, um ihm böse dafür zu sein. Burton zeigt hier zum ersten Mal, dass man das morbide komödienhaft aufblasen kann und dass es Spaß macht, dabei zuzusehen. Insgesamt ist es nun sicher kein Meisterwerk, aber ein spannendes Stück Filmgeschichte.

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                                        Deciuscaecilius 07.09.2024, 17:23 Geändert 07.09.2024, 17:23

                                        Role Play“ von Thomas Vincent exklusiv für Amazon gedreht und dann direkt auf Prime erschienen ist eigentlich kein Film, über den ich eine Kritik schreiben würde. Dieser Trend, direkt zu Streaming Filme für das mittelalte Großstadtpublikum zu drehen, ist nicht neu und glänzt auch nicht durch Innovation. Interessant hier ist der seltsame Aufbau des Films, der fast als gespaltene Filmpersönlichkeit daherkommt. Man könnte glauben das hier ein Thriller Konzept das nirgendwo gut ankam schnell auf die Anforderungen und Bedürfnisse Amazons umgebaut wurde.
                                        Aber schnell zu den bemerkenswerten ersten dreißig Minuten des Films. Hier baut sich eine reizvolle Geschichte auf, ein Ehemann versucht, sein Sexleben aufzupeppen, indem er seine Frau, die heimlich als Auftragsmörderin arbeitet, zu kleinen Rollenspielen überreden will. Der erste James Bond artige Ausflug der beiden an die Bar eines Luxushotels verläuft dann, speziell durch den Auftritt des charmant unheimlichen Killers Bob, wunderbar überzogen gespielt von Bill Nighy, dann auch nicht ganz störungsfrei. Bis hierher hat der Film etwas, er könnte sexy werden, er ist bereits angenehm lustig und Kaley Cuoco und David Oyelowo sind nicht überragend, aber gut genug. Das machte mir zumindest Spaß, aber dann brach etwas in dem Film. Was als eine Reihe unterhaltsamer Spiele hätte weitergehen können, soll nun ein ernsthafter internationaler Thriller werden, statt Spaß haben die Partner traurige Diskussionen, statt böse und sarkastisch zu werden ist der Film kreuzbrav aber seine Prämisse wird dabei nicht intelligenter.
                                        Die ganze Story war Unsinn und seine Action war bestenfalls medioker, aber wen interessiert das bei einer spaßigen Komödie, nur ist der Film dann eine sehr lange weitere Stunde keine Komödie mehr. Warum kann der Film keinen weiteren Spaß haben und warum erkennt niemand, dass man so keinen spannenden psychologischen Konflikt mit der Antagonistin aufbauen kann? Cuoco trägt den Film als Actionheldin jedenfalls nicht, und die Action ist eh zerschnitten und wenig glaubwürdig. Niemand will hier bedrohte Kinder sehen und schon gar keine Kindheitstraumata einer Auftragskillerin aufarbeiten. So hat man dem Film und seinen Darstellern keinen Gefallen getan.
                                        Zur Rettung kann man sagen, dass man bei den Streamingdiensten wenigstens erkannt hat, dass man für einen solchen Film keine zweihundert Millionen ausgeben muss (ja ich meine dich Red Notice), aber gut ist das trotzdem nicht geworden. Der allmächtige Algorithmus ist scheinbar doch nicht so gut darin, das zu liefern, was sich das von der Arbeitswoche ermüdete Pärchen am Freitagabend wünscht. Alternativ kann man sich dann auch einfach ein zwei Folgen Mr. & Mrs. Smith ansehen, das ist nicht viel besser aber konsistent in dem, was es darstellt…

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                                          Alexander Paynes „The Holdovers“ von 2023 hatte keinen großen Erfolg, war aber ein Kritiker Liebling und mir scheint, dass es daran liegen könnte, dass er etwas langweilig ist. Es ist ein langsamer Film, ein Film der große, aber stille Konflikte pflegt und der sehr konventionell daherkommt. Die Musik ist nicht sehr subtil und der Retro-Charakter so dick, dass er aufgesetzt wirkt. Dazu kommt die Beziehung dieser drei Außenseiter, die sich zusammenraufen müssen, um ein einigermaßen erträgliches Weihnachtsfest feiern zu können. Das alles ist so deutlich, dass ich Momente hatte, in denen ich es nicht wirklich leiden konnte.
                                          Ganz im Gegenteil zu „The Banshees of Inisherin“ der 2022 eine ganz ähnliche Rolle im Kino spielte, Kritiker Liebling aber größtenteils abgelehnt worden vom Publikum. Ich war begeistert, als dort eine Freundschaft angesichts eines größeren, aber fast unsichtbaren Krieges zerfetzt wurde. Ist das nicht seltsam? The Holdovers spielt auch im Angesicht eines unsichtbaren, aber immer präsenten Krieges, der die ärmeren Kinder einer Gesellschaft dahinrafft, während sich die KInder der Elite von den peloponnesischen Kriegen erzählen lässt und versucht dabei nicht einzuschlafen.
                                          Wo die Banshees brutal und fast horrorhaft daherkommen, ist „The Holdovers“ viel sensibler und zeigt nicht, wie eine Gesellschaft zerbricht, er erzählt, wie sie entsteht. Sein Thema ist das Zusammenraufen, die Konfrontation mit den Anderen und die Akzeptanz. Es ist ein Film über Menschen, die sich ansehen müssen, weil sie keinen Ort haben, von dem aus sie wegsehen können. Im Kern ist er dabei ganz ähnlich hoffnungslos, was seine Implikationen angeht, denn auch hier wird sich die Welt nicht ändern. Diese Übrig gebliebenen sind Teil einer Gesellschaft, die ist wie sie ist und die sich nicht ändern wird. Der Rassismus ist hier keine einmalige und offensichtlich geäußerte Sache, er ist systemisch. Das verbindet ihn mit dem Gefängnis der sozialen Herkunft, dem einen Gefängnis, dem man auch in den Demokratien des Westens nicht so einfach entkommen kann.
                                          Was hier passiert ist, dass sich Menschen ändern müssen, um eine neue Perspektive auf die Alte Welt bekommen zu können. Sie können der Welt nicht entkommen, aber sie können sich selbst die Chance geben, das Beste draus zu machen. Vielleicht ist es das, was ich nicht mochte, dass hier niemand das Haus anzündet und sich niemand die Finger abhackte, man kommt klar, man adaptiert, wie Menschen das so tun. Es ist der vernünftigere Film, der schönere Film und genauso beängstigend, genauso düster unter seiner Oberfläche.
                                          Was er auch ist, er ist genauso gut gespielt: Paul Giamatti, Dominic Sessa und Da'Vine Joy Randolph liefern brillante, berührend und subtil dargestellte Charakterstudien ab, die kaum besser ausgeführt sein könnten. Dass dann auch noch Carrie Preston eine wunderbare Nebenrolle spielt, rundet die Sache nur ab. Es war wirklich verdammt schwer meine Abneigung gegen diesen konventionellen Film aufrecht zu erhalten, so perfekt agieren hier alle.
                                          Diese Internate aus amerikanischen und englischen Filmen sind überstrapazierte Orte wie die Siebziger Jahre, eine überstrapazierte Zeit in denselben Filmen ist aber dieser ständige Rückgriff hat seine Gründe. An diesen Orten werden Menschen geprägt und diese Siebziger Jahre haben unsere Gesellschaft geprägt. Der Film erzählt nicht grundsätzlich Neues aber er erzählt es geschickt und elegant. Dadurch entsteht seine Wucht, weil er sich jeder Lösung verweigert und den Druck alleine auf den Schultern seiner Protagonisten lasten lässt. Das macht ihn zu einem besonderen Film, der ganz zurecht ein Kritiker Liebling war, seine oberflächliche Harmlosigkeit, seine gelbe Farbe, seine aufgesetzte Musik tarnen ihn als Weihnachtskomödie bis man plötzlich ahnt das da etwas im Wasser ist, von dem man lieber nicht gebissen werden will.
                                          So ist das, wenn keinen niedlichen Esel sterben, wenn niemand am Ende tot im See liegt und trotzdem kein Happy End auf uns wartet. Es ist ein Film, in dem viel versöhnlich gelächelt wird und der doch zugeben will, dass wir oft nur uns selbst zu ändern haben. Vielleicht ist das der Grund, warum heutzutage Selbstoptimierung so ein heißes Ding ist, es ist die Lüge davon, dass es nur an uns liegt, wenn es mit dem sozialen Aufstieg nichts werden will. Wenigstens nach diesem Film aber haben wir gelernt das wir jederzeit Menschen in die Augen blicken können und dort deutlich weniger Hassenswertes finden werden als wir gedacht haben. Soviel haben hier alle gelernt, bevor alle weiter klarkommen werden, oder auch nicht…

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                                            The Man Who Knew Too Much von 1934 ist mir bei meiner Hitchcock-Besprechungsreihe durchgerutscht und daher habe ich ihn nachgeholt. Mir hat die Version von 1956 mit Jimmy Stewart und Doris Day für Hitchcock Verhältnisse nicht so gut gefallen und daher war ich gespannt auf diese Version und in der Tat, da gibt es vieles, das man mögen kann.
                                            Diese Version ist viel kompakter und viel rauer, ganz speziell die große Schießerei am Ende hat etwas erstaunlich Hartes an sich in diesem trotzdem fast albernen Film. Ich mag diesen quirky Hitchcock Humor und es gibt viel davon in dem Film und trotzdem baut er effektiv Spannung und Drama auf. Man hat das Gefühl, dass man es locker erzählen wollte und gleichzeitig den Zuseher bannen will, so wird man hinein gelockt in dramatische Ereignisse und das funktioniert. Es ist fast eine Mischung aus Sabotage und The 39 Steps.
                                            Das liegt im Besonderen an zwei Schauspielern, einmal Hauptdarsteller Leslie Banks als Bob Lawrence, dem Vater der Familie, der diese Figur mit viel Haltung spielt. Er ist sichtlich betroffen von den Ereignissen, aber er bleibt gefasst im Angesicht der Gegner. Ich mag diese Darstellung des unsicheren Mannes der, aber einfach versucht, das Beste aus der Situation zu machen, und Lawrence gelingt dieses Bild gut. Er wirkt angenehm, abgeklärt und cool in den Ereignissen und hat trotzdem eine seltsam unterschwellig gefährliche Ausstrahlung. Das hat mir besser gefallen, als Stewarts tapsig wirkende Art. Dann ist da der Bösewicht Abbott, gespielt von Peter Lorre, er ist einer der ikonischen Bösewichtdarsteller der Ära und man sieht gut warum. Er spielt das mit so viel Spaß und diese kleine gemeine Freude am Herrschen ist stets auf sein Gesicht geschrieben, dass man ganz versunken ist in seine Darstellung. Schön ist auch, dass Edna Best als Jill Lawrence eine erstaunlich selbstbewusste und wirkmächtige Frau für diese Ära des Films spielen darf.
                                            Das soll nicht heißen, dass der Film keine Probleme hat. Die Anfangsszene ist zum Beispiel seltsam, und ein Beispiel dafür, dass auch insgesamt das Tempo sprunghaft wirkt und die Handlung nicht perfekt strukturiert ist. Der Film hat etwas, das sich experimentell anfühlt, als Suche hier jemand nach interessanten Ideen und reiht sie dann aneinander. Die großartige Szene rund um den Anschlag in der Oper ist dann hier auch noch etwas ungelenk, man sieht ihr Potenzial aber das ist noch nicht so ausgearbeitet wie in der 1954er Version. Dafür zieht sich das aber auch nicht so hin, ist der Spannungsaufbau noch nicht so routiniert, es hat noch etwas Frisches. Ich mochte dass alles, so wie es ist, als diese seltsame Thriller Komödie in einer Zeit als Agenten noch ernsthafte Kriegsszenen mitten in einer Stadt hervorrufen konnten.
                                            Der Film wirkt wie eine weitere Entwicklung der englischen Filme hin zu dem, was einmal Meisterwerke der Spannung werden sollten. Dieser Schritt hier hat aber etwas Zeitloses aufgrund seines besonderen Humors und seiner großartigen Hauptdarsteller. Das war ein schöner Blick zurück.

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                                              Der Thriller Kalifornia von Dominic Sena ist so ein Film, der immer am Rande von Kult herumlungert und doch diese Grenze nie so ganz überschritten hat. Warum er doch nicht ganz totzukriegen ist, liegt an seiner sensationellen Besetzung mit Brad Pitt als psychopathischen Redneck namens Early, Juliette Lewis die seine naive Freundin Adelle gibt und natürlich David Duchovny in seiner Paraderolle als nachdenklich sexy Schriftsteller, der hier ganz profan Brian heißt. Einzig Michelle Forbes, die Davids Künstler Freundin Carrie spielt, ist der große Erfolg verwehrt geblieben, ihr verblieb nur eine mittel erfolgreiche Fernsehkarriere.
                                              Man kann hier gut sehen, was die künftigen Megastars ausmacht. Pitts unbändige Energie in den Gewaltausbrüchen, seine seltsame Kumpelligkeit und sein schamlos hingerotzter Akzent, nehmen spätere Rollen voraus und tragen die Faszination in dem Film. Sein Early ist ein wunderbarer Widerling, der sich lustvoll durch den White Trash Sumpf wühlt. Nicht weniger klar sieht man Juliette Lewis in dieser typisch beunruhigenden Mischung aus Lolita und traurigem Opfer. Leider ist sie, obwohl sie hier schon weiter in der Karriere war als die anderen, ein bisschen zu zurückgenommen in der Rolle. Ich finde, dass die unterschwellige Bedrohlichkeit, die ihr Spiel immer ausgezeichnet hat, hier gut für eine größere Entwicklung gewesen wäre, sie bleibt aber stattdessen vergleichsweise passiv. Ihr Kampf gegen die Umstände des Lebens ist dennoch sehenswert, alle ihre Dialoge sind geprägt von unterdrückter Realität und vergrabenem Schmerz. Der Prä X-Files Duchovny spielt sich dagegen schon ganz bräsig selbst, seine verschlafene Good Boy Nummer ist nett anzusehen aber auch ein bisschen anstrengend.
                                              Da sind wir auch am Grund, warum der Film dann kein Hit geworden ist. So richtig ergibt er kein Ganzes, während das White Trash Pärchen seinen Spaß hat, gibt es kein Gegenstück im Film, bleiben die netten Bürgerlichen brav, unglaubwürdig in ihren Handlungen und langweilig. Der Film steckt in den Erzählkonventionen fest, die ganze Botschaft von der Läuterung gutgläubiger Großstadt-Moral durch die Konfrontation mit harter amerikanischer Realität ist blöde. Dem Film hätte ein offenerer Kampf der Systeme und mehr Faszination für die jeweils andere Seite gutgetan. Man begehrt immer das, was man nicht hat und das wird beim Foto, das Carrie vom fickende Early macht kurz angedeutet, greift aber im Film ohne bessere Entwicklung nicht. Die Charakterentwicklung bleibt unausgegoren und wird zusätzlich vom hölzernen Plot behindert.
                                              Man kann sich kaum davon lösen, dass Einiges hier nicht zusammenpasst, dass die Charaktere nicht schlüssig handeln und sich bis auf Adelle kaum entwickeln. So bleibt das alles solide aber mit Klischees aufgeladene Spannungsunterhaltung, ohne je zu überraschen. Die Faszination des Bösen entsteht nicht, man fragt sich nur, warum die anderen drei so lange beieinander bleiben. Dafür ist die Action gut inszeniert und hart. Das Ende ist dann aber unangenehm schmalzig, da wäre weniger mehr gewesen. Insgesamt ein netter Film aus der Filmgeschichte aber nicht mehr.

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                                                Ich bin mir sicher dass sich Zuseher mehr romantische Komödien wünschen aber das sind nun einmal nicht die Filme die fünfzig Millionen am Startwochenende einspielen und es sind ganz bestimmt nicht die Filme, mit denen man gut ein Franchise bilden kann und so stirbt das Genre leider so vor sich hin. Rye Lane zeigt aber gut, warum man das traurig finden kann. Wenn man die Idee modern umsetzt und ein bisschen variiert, dann können dort gute Filme herauskommen und dies ist so einer.
                                                Rye Lane ist ein Sundance Film von Disney finanziert und von Raine Allen-Miller als Debüt inszeniert. Es ist eine leichte, spaßige Liebeskomödie über die schwarze Künstlerszene in London, die hier liebevoll und trotzdem angenehm ironisch beobachtet wird. Der Film wirft neben seiner zentralen Liebesgeschichte überhaupt einen Lichtpunkt auf eine spannende Community, die sicher nicht jeder kennt und die einem nähergebracht wird. Schwarze Subkultur ist immer noch ein Geheimnis für viele Zuschauer und bekommt hier eine Würdigung, ohne je schwer zu wirken.
                                                Zentral dabei sind Vivian Oparah als Yas und David Jonsson als Dom, die wunderbar normal aussehen und erfrischend verrückt eine Kleine größtenteils über nur einen Tag laufenden Kennenlern- und Liebegeschichte spielen. Die beiden sind gut besetzt und als moderne Archetypen der GenZ, Menschen, die im Meer von Möglichkeiten schwimmen und damit auf ihre jeweiligen Arten umgehen. Sei es wie Dom mit einem Grad an Verweigerung, oder wie Yas mit einem tiefen Eintauchen und Mitspielen. Das führt zu ganz großartigen Situationen wie dem Essen mit Doms Ex, aber auch manchmal zu etwas Cringe wie der Unterwäsche Wühlerei bei den Eltern von Yas Ex. Überhaupt spielen die Exen hier eine erstaunlich große Rolle, so ist dieser Film damit viel mehr eine Komödie über das Leben als nur ein Ausschnitt einer Beziehung.
                                                Das ist nicht die ganz große Filmkunst geworden, aber ein zutiefst sympathischer Film, der sich sichtlich bemüht, uns mit cooler Musik und interessanter experimenteller Kamera zu unterhalten und das funktionierte für mich. Einige Bilder sind wunderbar geraten, auch wenn man manchmal denkt, dass es etwas zu viel Style ist. Das ist trotzdem schlüssig, nicht zu lang und gerade mit so vielen Ideen gefüllt, dass es bis zum Ende durchhält. Diese bunte Londoner Ecke ist damit einen Blick wert.

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                                                  Deciuscaecilius 25.08.2024, 19:42 Geändert 25.08.2024, 19:44

                                                  Wow, Jallikattu ist ein Happen von Film aber kurz zu den Basics: Es handelt sich um einen Film in Malaiisch (Malayalam), was uns zum schönen Begriff Mollywood führt, aus dessen Filmfabriken er stammt. Das Ganze ist nominell als Action-Thriller eingeordnet, aber man kann sich über diese Zuordnung trefflich streiten, ein Genre ist hier schwer zuzuordnen, vermutlich kann man einfach Drama schreiben. Der Film war bei den Oscars 2021 eingereicht, hat es aber nicht über die Vorauswahlen hinaus geschafft, was wirklich schade ist, weil hier ein ungewöhnlich interessanter Film vorliegt.
                                                  Es geht an der Oberfläche um einen Bullen (also das Tier, nicht der Ordnungshüter😊) der seinem Opferungsritual durch Flucht entkommt und nun frei durch die Felder eines südindischen Dorfes streift. Damit bringt er seinen Besitzer nicht nur um das Fleisch, sondern er löst damit auch eine aufgeregte Jagd aus, die im Verlauf des Filmes immer weiter eskaliert. Schnell wird dem Zuseher klar, dass es hier eigentlich nicht um den einen armen Büffel geht, sondern um die vielen menschlichen Bullen, die sich tagein tagaus auf die Brust trommeln und um Bewunderung buhlen.
                                                  Der Film zeichnet dabei ein minutiös detailliertes Bild der dörflichen Gesellschaft ohne wirklich einen Fokus auf eine Hauptperson zu legen. Alle Figuren bleiben Schnittbilder für bestimmte Typen oder einen Zustand an sich. Stattdessen fliegen wir durch die Landschaft und halten scheinbar zufällig einmal hier und einmal dort, sehen kurze Ausschnitte von Familien und Dorfgemeinschaften und vor allem von Männergruppen, die aufgeregt und immer schneller durch die tropischen Felder und Dörfer eilen. Es ist eine Gesellschaft der Masse, in der sich Individuen entweder an die Spitze schreien oder in ihr aufgehen und verschwimmen. Gruppendynamik bestimmt hier alle Prozesse und im Kampf zwischen Bullen und Mensch stellt sich irgendwann die Frage, wer hier Tier und wer hier Mensch ist.
                                                  Das hinterfragt nicht nur das Männlichkeitsritual des Stierkampfes an sich, sondern auch das Verhältnis zur Natur im Allgemeinen. Diese Menschen leben noch sehr nahe an der Natur, in einer Welt an einer seltsamen Schwelle aus moderner Technisierung und fast mittelalterlich wirkendem Dorfleben. Trotzdem ist keine Nähe zur Umgebung zu spüren. Ganz im Gegenteil, die Kamera hält immer wieder inne und unterbricht das Gehetze durch wunderschöne Aussichten in die Welt, aber kontrastiert gerade dadurch die Ignoranz der handelnden Figuren. Für Natur ist dann ansonsten auch kein Platz im Kampf um Anerkennung. Frauen sind in dieser Welt zu großen Teilen abwesend bzw. kommen sie nur als etwas vor, das kontrolliert werden muss, oder sie wirken als Gewinn, der durch besondere Männlichkeit zu erreichen wäre. So enden dann auch fast alle Interaktionen zwischen den Geschlechtern im Streit.
                                                  Dabei müssen wir auch noch über das Technische reden. Der Film hat einen brillanten und hervorragend ausgesteuerten Score, der einem mit seinen verstörenden Tönen in bestem Surroundsound die Kälte über den Rücken treibt. Jede Sounduntermalung sitzt hier perfekt, es ist ein Meisterwerk von unterstützendem Sound, der jede Eskalation mitmacht und perfekt die Natur übertönt, wie es auch seine Protagonisten versuchen. Dankbarerweise hat man dann auch in der deutschen Synchronisation so viel wie möglich im Original belassen, auch Gesänge, hintergründiges Geflüster und überhaupt alle Geräusche des Kampfes, sind im Original verblieben. Der Experte wird aber gerade verdutzt fragen: deutsche Synchro? Wtf? Ja, richtig gelesen, Amazon Prime bietet diese nicht nur an, sie ist alternativlos, wer anderes will, wird sich seine Quellen suchen müssen. Das ist damit mein erster indischer Film den ich in deutscher Synchro gesehen habe und es war störend aber man gewöhnt sich daran. Gerade im hektischen Streit der Dorfbewohner fallen aber immer wieder einige deutsche Redensarten auf, die sich falsch hier anfühlen, soweit, dass damit die Dynamik der indischen Dialoge ein Stück weit verloren gegangen ist.
                                                  Die Kamera ist von solchen Übersetzungsproblemen aber nicht betroffen und produziert fantastische Bilder des südindischen Dschungels. Die Kamera ist dabei sehr dynamisch, folgt den Figuren fast dokumentarisch und liefert beeindruckende Nachtaufnahmen von mit Fackeln und Taschenlampen bewaffneten Menschengruppen. Die Animatronic rund um den Bullen ist für einen Low Budget Film erstaunlich gut gelungen, man macht sich ganz unweigerlich Sorgen um den Tierschutz beim Dreh, obwohl hier primär Technik zum Einsatz kam. Ob das auch für den Hahn gilt, dem in einer Szene der Hals umgedreht wird, kann ich nicht sagen, aber schon, dass der Film mit den Sehgewohnheiten europäischer Zuseher nicht gerade sensibel umgeht. Fleisch ist hier eine wertvolle Ware, die daher ihre Screentime bekommt.
                                                  Das macht dann auch den Charme des Films aus, er erzählt keine Story im eigentlichen Sinn, sondern eine Welt, nimmt dabei Abzweigungen und macht Stopps, die man als Spielerei abtun kann, die aber das Bild vervollständigen, das man aus der Region erhalten soll. Die Klarheit und Präzisen mit der diese Welt dabei dargestellt wird, schafft eine seltsame Atmosphäre der Unsicherheit und der Spannung ohne, dass es Action gibt, wie wir sie gewohnt sind. Es ist eine moderne Form des naturalistischen indischen Kinos, die hier zu sehen ist und das dürfte nicht jedem gefallen, da es so sehr mit üblichen Erzählstrukturen bricht. Es ist auf jeden Fall jeder gewarnt, der hier einen Tierhorror Actionfilm erwartet, das ist nicht der weiße Hai, es ist ein Konzeptfilm, dessen Action sich dem Thema klar unterordnet, auch wenn sie gut inszeniert ist.
                                                  Aber ein bisschen Salz muss in jede Suppe, ganz frei ist der Film nicht von einer gewissen Selbstverliebtheit. So schön viele Einstellungen sind, so sehr kann man die Nützlichkeit der ein oder anderen infrage stellen. Da wird es sich auch gerne im eigenen Konzept gemütlich gemacht. Subtilität ist dann auch keine Sache, in der sich Jallikattu hervortut, die beiden aufeinanderfolgenden Endsequenzen sind nicht mit dem feinen Pinsel, sondern vielmehr mit der Artillerie gemalt, auf das auch der letzte Zuschauer ein kräftiges: „Jetzt hab Ichs“ ausruft. Mir persönlich fehlte dann auch irgendeine liebenswerte Person, jemanden, an dem ich meine Sympathien hängen konnte, aber das geht sich hier nicht aus. Vielleicht als Letztes darf man auch vorsichtig anfragen, wie man in Südindien das Bild findet, das hier gezeichnet wird, sicher ist es eine Aussage ganz allgemein über die Menschheit und die Männlichkeit im Speziellen, aber es spielt schon an einem konkret abzumachenden Ort. Da kann man viel Ungnade vermuten im Umgang mit den Realitäten im Land, aber als Europäer ist das schwer zu bewerten. Erfolg in Indien scheint Jallikattu zumindest zu haben, Werbung für spezifisch indisch soziale Dynamiken macht er aber sicher nicht.
                                                  Aber was soll es, der Film hat sein Thema und seine Ambition, er sieht dabei gut aus und der Sound knallt die heimische Anlage weg. Es ist ein besonderer Film, der etwas will und es macht und dabei durch den Dschungel rumpelt wie sein Stierischer Hauptdarsteller. Das ist eine Wucht geworden, die man sich schon mal geben kann. Ich war jedenfalls beeindruckt.

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                                                    Deciuscaecilius 24.08.2024, 19:50 Geändert 25.08.2024, 00:55

                                                    Puss in Boots: The Last Wish ist ein unterhaltsamer Film, der von seinem Tempo, den Sprechern und den großartigen Animationen lebt. Gerade Antonio Banderas und Salma Hayek geben überzeugend die beiden zentralen Katzen und der Gast-Cast um Florence Pugh, Olivia Colman und Harvey Guillén ist ebenfalls gut drauf, das macht wirklich Spaß. Ich fand auch Da'Vine Joy Randolph als Katzenmutter hinreißend. Der Film lebt von deren guter Performance und lässt gleichzeitig kaum eine ruhige oder langweilige Minute offen, es ist eine wilde Fahrt durch neunzig perfekte Minuten Animationsfilm. Dabei sind auch die Animationen selbst großartig, vielleicht sind die neuen Spider-Man Filme noch etwas experimenteller, aber hier ist definitiv mehr stilistische Abwechslung drin als in den aktuellen Disney- und Pixar-Filmen.
                                                    Was man aber nicht machen sollte, man sollte sich von den zurecht gegebenen hohen Wertungen nicht täuschen lassen, der Film ist ein moderner Hybrid aus Kinder- und Erwachsenen-Filmen, der in seiner Handlung wenig bis gar nichts Neues zu bieten hat. Es gibt keine Überraschungen und alle Elemente, so gut sie zusammengesetzt sind, bringen wenig Neues ins Genre. Die Actionsequenzen sind teils hervorragend getimt und doch fühlen sie sich bekannt und ein bisschen egal an. Gerade gegen Ende machte sich, zumindest bei mir, ein Gefühl der Leere breit. Den gesamten Gesang auf Freundschaft und Vertrauen hat man schon sehr oft gesehen und nur die gute Umsetzung hebt es hier über den Balken. Der Film spielt stark auf in seiner Welt der Disney-artigen Märchenfilme, aber er verlässt diese simple Welt dabei nicht. Das führt dazu, dass man wenig davon hat, ein Sättigungsgefühl jedenfalls wollte sich bei mir nicht einstellen.
                                                    Ich war dann selbst überrascht, wie sehr ich am Ende enttäuscht war und so ganz klar ist mir gar nicht, warum das so ist. Ich hatte natürlich kein tiefgründiges Drama erwartet, aber das alles zusammen ist ein bisschen zu viel Best-Off aus den Animationsfilmen der letzten Jahre und ein bisschen wenig sein eigenes Ding. Die Begeisterung für den Film, außerhalb einer Würdigung als Unterhaltung für Kinder, halte ich für ein bisschen übertrieben, dafür fehlt mir eine interessante Idee.

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