Deciuscaecilius - Kommentare

Alle Kommentare von Deciuscaecilius

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    Deciuscaecilius 20.03.2025, 19:38 Geändert 27.04.2025, 22:52
    über Nadja

    Nadja ist ein Horror Drama, eine kleine Low-Budget Indie Produktion finanziert von David Lynch. So muss man sich das dann auch vorstellen, ein Film in Schwaz-Weiß und zutiefst postmodernistisch, der uns eine Geschichte über Draculas Tochter und ihr Leben in New York erzählt. Elina Löwensohn als Nadja ist das Zentrum dieses Films, der Film lebt von ihrem Gesicht, von ihrem Ausdruck und ihrer Präsenz. Sie spielt das überzeugend und etwas künstlich, sodass es zum Film passt. Regisseur Michael Almereyda hat dabei ein Gespür für Bilder, er produziert ein düsteres, sehr enges Bild der Welt. Wir sind immer etwas zu nahe und immer etwas orientierungslos, wie unsere Protagonisten und das zeigt Wirkung. Eine schreckliche Idee fand ich allerdings, alle Szenen, die wir aus Nadja Blick erleben, mit einer verpixelten Kinderkamera zu drehen. Das mag sich aus künstlerischen und budgettechnischen Gründen gut anhören, aber mich hat es komplett rausgerissen. Wenn ich Pixelmatsch sehen will, spiele ich Game Boy.
    Dazu ist der Film nicht wirklich schnell und manchmal etwas konfus. Ganz offensichtlich lebt hier vieles im Moment und der jeweils nächste Moment ist dann nicht immer der perfekte Anschluss, der ganze Film baut daher keinen richtigen Fluss auf. So war ich nicht wirklich zufrieden damit, obwohl da eine dunkle Faszination ist. Die Trip Hop Mucke zusammen mit surrealistischen Bildern hat Momente. Ich mochte auch die Verführung von Lucy in dem Film, aber dann wechselt das wieder zu diesem schrecklichen Pixel-Look und man ist raus. Die abbruchreife Festung am Ende ist wieder interessant, aber die ganze Truppe so langsam auf dem Weg dahin und alle haben dabei wenig zu tun, außer belanglos zu schnattern.
    Überhaupt sind ganz viele Dialoge schrecklich aufgeblasen, das ist sicher Absicht, um Komik zu erzeugen, nur sollte man diese Komik auch komisch finden. Wenn aber geklagt wird, dass Papi immer zu dick Butter auf die Stullen der Kindheit gestrichen hat oder die Tarantel getadelt wird, weil sie einfach nicht französisch lernen will, dann ist der Film sicher ganz bei sich, aber doch ein bisschen weg vom Filmgucker. Das wirkt zu sehr als Film von Filmstudenten für Filmstudenten, die sicher köstlich lachen können über diesen Nihilismus, in dessen Hintergrund Portishead läuft und wo im Vordergrund die gelangweilte Nadja Sätze sagt wie: "Life is full of pain. But I am not afraid. The pain I feel is the pain of fleeting joy."
    Ja, es gab Momente, in denen das funktionierte, in denen das so abgefuckt ist, dass es nur noch lustig rüberkommt, nur das ist ein bisschen zu selten auf den Punkt.
    Der Film schwankte immer hin und her zwischen interessant künstlich und arty-farty anstrengend abgehoben. Ich bin jedenfalls nicht warm damit geworden. Das will nur eine bestimmte ironische Stimmung sein, ist sich dessen immer bewusst und macht sich lustig darüber. Wenn man das schön findet, ist das okay, aber mit den von der eigenen Coolness erfrorenen Hipstern darin, wird man dabei auch leben müssen. Das ist ein seltsames Ding, aber wenigstens war es interessant. Da ist ein Ort in meinem Herzen für solche Filme, der hier ist aber leider nicht ganz passend dafür…
    https://boxd.it/D5yyo

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      Deciuscaecilius 18.03.2025, 19:38 Geändert 27.04.2025, 22:53

      Queen of the Damned ist ein Film zum Kopfschütteln. Interview with a Vampire war ein Trendsetter, ein finanziell erfolgreicher, geliebter, zweifach Oscar nominierter Film mit viktorianischem homoerotischem Charme und tiefer Traurigkeit. Die Lehre die man darauf gezogen hat war eine heteronormative Fortsetzung in die neunziger Jahre zu legen, Lestat zu einem unsympathischen Arschloch Rockstar zu machen, Louis gleich ganz zu streichen und die sterbende Nu Metal Welle zu reiten. Ein Hoch auf Warner Bros, die dafür auch noch Anne Rice verarscht haben, um den Film vor Ablauf der Vertragslaufzeit schnell ohne sie zusammenschrauben zu können. Was ihnen eingebracht hat, dass Rice, immer wenn sie über den Film spricht, ein Gesicht zieht, als müsste sie gerade ihren eigenen Urin verkosten. Bravo.
      Beim Film selbst weiß man dann gar nicht, wo man anfangen soll. Die Effekte, mit denen die Vampir-Kämpfe gemacht sind, sehen schrecklich aus, die blaustichigen Nächte natürlich auch und in keiner der Konzertszenen kommt so etwas wie ein wirkliches Festival-Gefühl auf. Das liegt auch daran, dass die Songs zwar nicht grausam oder schlecht, aber doch völlig vergessenswert sind und dazu noch aus einer toten Ära der Musik stammen. Das Skript bastelt ein paar Versatzstücke zweier verschiedener Anne Rice Romane zusammen und vermasselt dabei jeden Dialog. Der Film wirkt konfus, unverständlich und vor allem ist er unendlich langweilig. Ob Stuart Townsend etwas als Schauspieler drauf hat, wird niemand erfahren, der diesen Film gesehen hat, denn die Darstellung von Lestat ist eine Zumutung. Die Figur war auf unterhaltsame Weise gemein und deshalb interessant, hier ist er eine dauerhaft lächelnde Karikatur. Die Hetero Liebesgeschichte ist dann so unnatürlich, wie sich solcher retcon eben anfühlt, und fühlt sich gezwungener an als eine Koloskopie während der Sonntagsmesse.
      Das Wunder des Films ist dann die tragisch verstorbene Aaliyah als Akasha. Sie strahlt hier die echten Popstar Vibes aus, sie stiehlt brutal jede Szene und ist göttlich sexy. Alter, ist das ein Auftritt. Das mag täuschen, weil sie hier so gar keinen Widerstand im Film hatte, niemand hat irgendeine Szene, die mit ihrer Präsenz mithalten kann, aber da ist ein großes Talent verloren gegangen. Das Ende des Films ist dann einigermaßen okay und ich mochte die Burg, in der Marius abhing, damit ist aber wirklich alles aufgezählt, was der Film hinbekommen hat. Die Romane von Anne Rice werden leider mit jedem Teil etwas schlechter, sie schweifen immer mehr ab und verlieren Stück für Stück die Erdung mit ihrer eigenen Welt, aber diese Umsetzung ist einfach unverdient. Was jeder ihrer Romane hat, ist Stil und Atmosphäre, das ist die große Stärke des Stoffs und das, woran der Film total versagt. Ein einziges Ärgernis…
      https://boxd.it/D5yyo

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        über Heldin

        Heldin ist so etwas wie eine fiktionale Dokumentation, hier wird der berufliche Alltag einer Schweizer Pflegerin gezeigt. Es ist eine Schicht, die wir mit Leonie Benesch als Floria Lind verbringen, eine Schicht die sich zwischen Stress und noch mehr Stress abspielt, ein hochprofessionelles Umfeld indem die Patienten am Fließband versorgt werden müssen und in dem kein Millimeter Platz bleibt für Fehler. Der Grund für diesen Film ist klar, eine Dokumentation am selben Ort ist möglich, aber würde sicher keine reale Situation abbilden, irgendwo zwischen Datenschutz, Patientenrechten und Klinikmarketing wird so ein Versuch schnell zur Nachmittagsunterhaltung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Der Anspruch ist also, Realität realer abzubilden als in einer Dokumentation. Dem Zuschauer wird daher überlassen bleiben, ob das funktioniert hat.
        So viel kann man dann auch konstatieren: Das ist das bestes filmisches Handwerk und in dieser Hinsicht gelingt das Experiment. Kamera und Schnitt sind perfekt, wir starren minutenlang auf die geschäftigen Handgriffe von Schwester Lind und versinken darin. Solange bis einmal mehr dieses brutale Telefonklingeln uns und Sie aus der Konzentration reißt. Wir versinken in diesem organisierten Chaos, neunzig ganze Minuten lang. Man ärgert sich maßlos über jede Störung, über jeden anstrengenden Patienten, um sich wieder ein bisschen zu beruhigen, wenn das Menschliche durchkommt. Die Frau hat Angst, die Oma ist verwirrt, der Patient ist allein und der nächste Angehörige hat keine Vorstellung davon, was hier los ist. Man eilt mit dieser Frau weiter und wird immer unruhiger, die Musik wird dissonanter und die Handgriffe immer schneller, die Situationen ernster und bei uns beginnt diese Angst davor, dass ein Fehler passieren wird.
        Heldin nimmt den Zuseher mit auf eine Reise, die man ansonsten so nicht machen könnte. Es ist eine Fahrt, in der die Anspannung höher steigt als in einem Thriller. Benesch leistet ganze Arbeit, ihre Handgriffe wirken so realistisch, wie es möglich ist, ihre Wut brodelt, und ihre Emotionen sind nahbar. Die Kamera bleibt immer bei ihr, wechselt von den Händen zum Gesicht und läuft ihr dann schon wieder hinterher, während sie ihren ganzen Kram zwei Meter weiter schiebt, nur um dann umdrehen zu müssen, weil diese rote Lampe des Zimmeralarms aufleuchtet oder wieder das elende Telefon klingelt. Das ist effektiv, gnadenlos wie die Wirklichkeit, aber ausgeleuchtet wie das bestes Kino. Das ist ein Film, den man sehen sollte, weil die technischen Möglichkeiten und das Talent, das hier versammelt ist, diesen Einblick ermöglichen. So tief kommt man ansonsten nicht an einen solchen Ort. Daher unbedingt anschauen!
        Als Experiment finde ich den Film wirklich gelungen und meine Empfehlung steht, doch der Film macht auch ein großes Opfer für seine Botschaft. Unsubtil wie sein Titel ist der Film leider. Ketzerisch könnte man fragen, inwieweit sich der Film vom Werbespot für Hornbach vor dem Film unterscheidet. Beide sind Mittel zum Zweck, beide sind effektiv und beide ordnen der Botschaft alles unter. Man liest, das wäre ein wichtiger Film und das soll dann der Unterschied sein aber reicht das eigentlich?
        Niemand hier darf ausbrechen, die Alkoholikerin bekommt ihr retardierendes Moment, der Privatpatient findet zu sich und die Schülerin bekommt ihre Schokolade. Texttafeln erläutern das Ergebnis und nichts bleibt unklar. Der Film versammelt Klischees, um seine Botschaft zu untermauern. Wir haben nur wenig Zeit mit den Patienten und daher sind diese zuallererst Konstrukte. Es gibt letztendlich nichts Störendes an Ihnen und überhaupt im ganzen Film, damit es nur auf einen unsichtbaren Feind hinausläuft: das System. Das System ist an allem schuld und die Figuren müssen daher anstrengend, aber zutiefst menschlich sein. Sie müssen der Kontrast dazu sein, müssen ihre Rolle erfüllen, um der größeren Botschaft zu dienen.
        Das ist als Film dann nur eine Attraktion, eine Erfahrung, sicher eine interessante, aber man sollte nicht erwarten, mehr zu bekommen. Der Film will nichts erzählen außerhalb seiner Kernbotschaft. Alles muss passen und darf auch nicht anecken, denn das würde stören. Man spürt die Angst, als Film kritisiert zu werden, nicht genug Diversität zu zeigen, nicht genug Leid, aber auch nicht zu viel. Das Pflegepersonal muss kompetent und aufopfernd sein und die Patienten nervös, aber mit Chance zur Läuterung. Dass keine Figur ausgeleuchtet wird, mag Teil des Konzepts sein, es ist Fließbandarbeit mit Menschen, trotzdem fehlt mir da etwas. Wenn eine Dokumentation lauter Klischees im Krankenhausalltag findet, dann ist das so, wenn ein Film aber lauter Scherenschnitte präsentiert, kommt man sich manipuliert vor. Die Idee, Dokumentation durch realistische Fiktion zu ersetzen, hat seine Tücken, insbesondere wenn alles so schön passt.
        Vielleicht hätte mir schon gereicht, wenn sie wenigstens die Uhr behalten hätte, irgendetwas das irritiert, das aus dem „wir wollen doch alle lieb sein“ ausbricht, etwas Überraschendes, etwas Filmisches eben. Der Film läuft Kreise um sein Körbchen, macht es allen Recht und erzählt, was wir bereits wissen. Vielleicht reicht das schon aus und sicher ist das der Zweck des Ganzen, aber mir war das zu brav.

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          Deciuscaecilius 16.03.2025, 12:01 Geändert 27.04.2025, 22:53

          Interview with the Vampire ist immer noch ein aufregender Film. Es ist vielleicht nicht nötig, zum technischen Teil etwas hinzuzufügen, aber wenigsten kurz kann man einmal mehr feststellen, dass der Film einen wunderschönen Score und eine großartige Ausstattung hat. Die Cinematography ist interessant, aber der Film könnte durchaus einen neuen Scan auf 4k vertragen. Trotzdem sind die Lichtstimmungen, die vielen Kerzen, das Feuer und die Nächte zeitlos in Szene gesetzt. Dazu kommen wirklich gute Darsteller, auch wenn der traurige Blick von Brat Pitt irgendwann etwas Zuviel werden kann. Besonders ist auf jeden Fall das die elfjährige Kirsten Dunst die beiden Superstars Pitt und Cruise zeitweise an die Wand spielt, ihre kindlichen Wutausbrüche, der Trotz und dieser fiese Sadismus gepaart mit dieser seltsamen Altersweisheit sind zu recht legendär. Oscars werden zu selten an Kinderdarsteller verliehen.
          Aber was macht die Wirkung des Films ansonsten aus? Ich würde sagen, das sind drei Dinge: der Perspektivwechsel, die Trauer und Sadismus.
          Wir sehen selten die Geschichte von Vampiren aus deren Perspektive. Es ist eine Sicht, die zum Nachdenken anregt. Die Menschen werden hier fast unwichtig, Randfiguren in einem Beutespiel. Lestat und die französischen Vampire spielen mit ihren Opfern, die lange Zeit als mächtige aber irgendwie auch nutzlose Wesen hat sie abgestumpft, ihre Langeweile vertreiben sie sich mit der Jagd. Das hat in diesem eigentlich gar nicht gruseligen Film eine überraschend intensive Wirkung. Dieser Sadismus trifft, es hat etwas Beruhigendes. Man ist doch das Apex-Raubtier auf diesem Planeten und dann sind da plötzlich diese Wesen unter uns. Da wird die nackte Frau auf offener Bühne ausgesaugt, weil die Zuschauer glauben, es wäre Schauspiel, das ist dieses uralte gnadenlose Wesen im Kinderkörper, Geschichten aus Alpträumen ganz nonchalant erzählt, als wäre alles gar kein Horror. Sosehr Dracula in den diversen Verfilmungen als gefährlich ausgestellt wird, so ist er doch am Ende immer derjenige, der gejagt und getötet wird. Hier ist das nicht so, hier ist nur der Vampir der Feind des Vampirs.
          Eine tiefe Trauer tropft aus diesen Film. Es ist Verlust, der sich addiert, Verlust, der nie vergeht, weil alle diese Wesen theoretisch unendlich leben. Claudia war jahrzehntelang Louis' Tochter, als er sie verlor und Louis muss den Verlust seiner Familie ganze Jahrhunderte betrauern. Einsamkeit wirkt hier nicht über Monate oder Jahre, sondern über Jahrzehnte und Jahrhunderte. Das Leben, das manchem heute fremd erscheint, weil sich seit Geburt und Jugend ein bisschen was geändert hat, ändert sich hier über Jahrhunderte. Wenn heute jemand sagt, die Welt wäre plötzlich aus den Fugen, wie muss es dann Wesen ergehen, die während der Französischen Revolution geboren wurden? Das macht erst klar, warum Lestat und Armand so sehr nach einem Gefährten suchen, sie brauchen etwas, das ihrem Leben Sinn verleiht, und gleichzeitig verlieren sie sich, wenn sich das als undurchführbar herausstellt.
          Diese Vampire werden nicht nur menschlich, sondern übermenschlich, weil alles größer ist, als wir es kennen. Die ewige Nacht, die ewige Einsamkeit und die ewige Sucht nach dem Lebenssaft prägen ihr Leben. Das hat eine dunkle, fesselnde Anziehung. Interessant ist dann das hier das Böse irgendwann seinen Sinn verliert, so unwichtig die Menschen sein mögen, erfasst doch alle diese uralten Wesen irgendwann der Drang wieder mit ihnen zu interagieren, weil Böses nichts erschafft, weil Zerstörung Leere hinterlässt. Der Drang zur Beichte, zum Teilen von Leid und Erfahrung, umschließt dieses Werk wie ein warmer Mantel. Es ist die Kur gegen die Trauer und die Verlorenheit in der Welt.
          Das ewige Leben ist ein erregender Gedanke und dieser Film balanciert darauf, er schwankt hin und her zwischen Anziehung und Abstoßung, er macht die Wesen erotisch, gefährlich und bemitleidenswert. Das Ergebnis der Starpower im Film ist dann auch gar nicht so sehr ihre schauspielerische Leistung, sondern vielmehr ihre Ausstrahlung. Sie entspricht den Wesen, die sie darstellen, überhöhte, entrückte Figuren, mysteriös und geheimnisvoll. So ist das hier ein zeitloser Film, der oft ein bisschen langsam ist und mäandert, zu oft seine innere Logik verliert und in Details verharrt und der doch anzieht und fesselt. Der Film funktioniert wie er vor dreißig Jahren funktioniert hat, das ist immer noch ein Meisterwerk. Eine gute Buchvorlage voller Trauer und dunkler Begierde wurde in einen großartigen Film verwandelt. Immer wieder schön den zu sehen…
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          • 7 .5
            Deciuscaecilius 15.03.2025, 17:26 Geändert 15.03.2025, 19:16

            Love Lies Bleeding ist ein interessanter Fall, was ihn schon einmal zu einem guten Film macht, denn wegen interessanter Fälle guckt man Filme. Es ist dabei Schauspielkino bester Güte, der zentrale Cast also Kristen Stewart als Lou, Katy O'Brian als Jackie und Ed Harris als Lou Senior ist überragend. Kristen Steward spielt das so fremd, so abgefuckt, so fremdelnd mit der Welt, dass jede Minute Spaß macht, die man ihr dabei zusehen darf. Harris hat sich nicht nur die schlimmste Frisur des Jahrzehnts besorgt, er spielt auch einen der abgefucktesten Bösewichte desselben und dann natürlich O’Brian, die als Bodybuilderin ihre Rolle im wahrsten Sinne Körperlichkeit gibt, den völligen Wahnsinn mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit paart und zu wahrer Größe aufsteigt.
            Die zwei Frauen stellen eine Liebesgeschichte dar, eine seltsame Beziehung in den Weiten der USA der Achtziger. Diese Welt ist arm, traurig und provinziell und die beiden sind so daheim und fremd zugleich in dieser Welt. Es ist eine sich toxisch anfühlende Sache, welche die beiden dort starten, beide nutzen sich gegenseitig ein bisschen aus, beide sind Rettungsanker füreinander im offenen Wasser. Das hat Potential und ist faszinierend anzusehen, weil es sich so natürlich aber interessant zusammenfügt. Diese gegenseitige Abhängigkeit hat etwas von Sucht, Liebe auf den ersten Blick als etwas, das wie Drogenabhängigkeit wirkt. Faszinierend verstörend fällt mir dazu ein. Dieser erste Teil des Films ist eine Art Sozialdrama bester Güte, eine Geschichte über eine merkwürdige Männerwelt, die dahinsiecht und die Frauen dazu zwingt, mit zu siechen. Die Cinematography ist wunderbar, diese abgeranzte Welt, Nachtaufnahmen der Weite, Bilder von dunkler Schönheit. Man will diesen Teil des Films gleich mehrmals sehen, um ihn einfach mehrmals fühlen und spüren zu können.
            Nach einer Weile beginnt der Film dann aber auszufransen. So richtig will er mit der Beziehung nicht weiter, manchmal wirken die Sexszenen, wenn wir etwas über die Charakter erfahren, wenn Lou zum Beispiel sich nicht so richtig fallen lassen kann und versucht den Sex zu kontrollieren. Oft aber wirken die Szenen etwas leer und unwichtig. Man will hier einen Thriller machen, einen Horrorfilm, eine Romanze und natürlich ein feministisches Drama, aber das alles findet nie wirklich zusammen. Der Body Horror hätte grotesk werden können, die Beziehung könnte sich dramatisch hochschaukeln oder die Gangster Sache in einem Tarantino Film ausarten. Hier artet aber nie etwas aus, hier wird mal dies und mal das Element genommen und daran hangelt sich der Film so entlang. Das wird aber ab der Mitte langsam immer generischer.
            Ich stelle die Behauptung auf, dass es ganz ohne die Drogen zum Beispiel wirkungsvoller gewesen wäre. Dürfen diese Frauen nicht impulsiv, gewalttätig und wütend sein? Das dürfen die Antihelden aus Serien und Filmen der letzten Jahrzehnte doch auch. Wir erfahren wenig von Jackies Vergangenheit, aber das ist das Gold in diesem Plot. Ich verstehe, dass diese Frauen bedrohlich für die Männerwelt sind, als sie aneinander zu wachsen beginnen. Der Film findet dann am Ende auch interessante Bilder dafür, aber zwischendurch verläuft er sich. Rose Glass inszeniert ein zeitweise beeindruckendes Kino, das aber nicht zu sich findet. Vielleicht hat es sich nicht getraut, ein Drama zu sein, vielleicht muss man ein Horrorfilm sein, damit Producer vom Geld träumen, aber vieles halb wird eben kein Ganzes. Der Film steht zwischen den Stühlen und versäumt es, ein Genre auszureizen, und bespielt stattdessen drei mehr oder minder gleichmäßig. Ich mag den Film als das, was er ist, aber man kann nicht übersehen, dass hier viel mehr drin gewesen wäre. Trotzdem sollte man ruhig mal angucken…

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              Deciuscaecilius 14.03.2025, 16:52 Geändert 27.04.2025, 22:53
              über Cronos

              Cronos ist das mexikanische Debüt von Guillermo del Toro und auch mal wieder nicht direkt ein Film über Vampire, sondern eine Überlegung zum Thema Unsterblichkeit und den Preis, den man dafür bezahlen muss. Der Preis ist hier aber, auch wenn es so nie benannt wird, etwas, das sehr nahe an den klassischen Vampirmythen liegt. Wie immer bei del Toro ist es aber ein sehr warmherziges Werk, das seinen Charakteren nahekommen will, dass ein Gefühl für ihre Weltsicht und ihre Werte abbildet.
              Im Mittelpunkt steht dabei Federico Luppi als Jesús Gris, der mit Frau und Enkelin einen kleinen Antiquitätenladen betreibt, dort finden sie in einer Statue ein Gerät, das Leben verlängert. Leider sind sie nicht die einzigen, die danach suchen und so kommt der großartige Ron Perlman als Angel de la Guardia ins Spiel, der im Auftrag seines sehr reichen und sehr kranken Onkels nach dem Gerät sucht. Der Film entwickelt sich langsam, er kommt dabei mit erstaunlich wenig Dialog aus, der dann auch zweisprachig ist. Außer mexikanischem spanisch das hauptsächlich gesprochen wird, bleibt Perlman als Angel größtenteils im Englischen und einige Gespräche rund um ihn dann ebenfalls. Das ist eine interessante Idee, um hier den Amerikaner als kriminellen Ausländer in Mexiko mit schlechter Sprachkenntnis darzustellen. Eine lustige Fußnote der Filmgeschichte.
              Der Film ist voll von Allegorien, ganz offensichtlich sind die Namen geframt. Jesús der Graue mit seiner Enkelin Aurora, der Morgenröte und seiner Frau Mercedes die Gnadenreiche gegen Angel del la Guardia. Hier streiten die Götter um das ewige Leben und bestrafen diejenigen, die danach greifen. Das ist dann auch der zentrale Konflikt, die Frage, wozu Leben gut ist. Was ist es wert, ewig allein zu sein? Warum sollte ein verbitterter einsamer Millionär ewig leben wollen? Es ist eine Sucht nach dem Leben, die nichts Gutes bringt. Jesus muss sich genau diesem Gedanken stellen, will er etwas werden, das seine Frau und Enkelin nicht mehr lieben können? Ist es das wert?
              Fast interessanter als der zentrale Konflikt ist Perlmanns Figur, dieser brutale, aber bemitleidenswerte Mann, der unter der Knute seines Onkels steht und dessen Tod wohl mehr herbeiwünscht als jeder andere. Er muss ihn aber bei der Suche nach einem ewigen Leben unterstützen. Der Mann, dem ständig die Nase gebrochen wird und der daher so danach drängt, sich zu verändern und irgendwie auszubrechen, bleibt aber doch immer bei seinen Leisten. Er ist wie ein Mitglied eines Kartells, er hasst die Organisation aber bleibt doch Teil davon. Er ist eine Figur, die ganz unmetaphorisch befreit werden muss. Ein großer kräftiger Mann und doch Opfer von Missbrauch, so ist das, wenn Kino nicht nur aus Klischees besteht.
              Das ist wunderbar lyrisch erzählt. Der Film hatte sicher kein großes Budget, aber del Toro hat ein Gefühl für seine Bilder. Die blutigen Momente sind fesselnd, weil Jesús so sehr gefangen ist, in diesen Momenten, genauso so muss es sein, wenn der Abhängige seinen Stoff findet. Die Szene in der öffentlichen Toilette hat dann fast etwas von Trainspotting, nur dass es hier das Leben ist, das aufgesaugt werden muss. Eine Erwähnung verdient dann auch noch Tamara Shanath als Enkelin, die stumm und doch so wirkmächtig das Herz des Films bildet. Kinder sind immer die Hoffnung bei del Toro und das ist hier nicht anders.
              So erleben wir einen fesselnden Film, der manchmal etwas langsam ist, aber dadurch auch so effektiv den Body-Horror in das Leben dieser normalen Menschen bringt. Zeit ist das, was man nicht einfach überwinden kann, man kann sie nicht zurückdrehen, man muss sie am besten mit Menschen, die einen lieben erleben, schmalziger Kram und doch so schön erzählt. Der Film hat dabei ein paar durchaus effektive Body Horrorszenen, die aber immer Teil der Metaphorik bleiben, vom Entfernen der Schicht, die einen menschlich macht, bis zur Entstehung des grauen Mannes.
              Das ist ein erstaunliches Debüt, ein wunderbarer Film mit durchaus dick aufgetragenem Thema der vielleicht noch etwas subtiler hätte sein können aber das geht sich schon aus. Der Film hat lustige Momente, eklige Momente und traurige Momente, es ist ein rührendes Drama und ein zumindest netter Thriller. Zusammen also ein ganz und gar sehenswerter und berührender Film. Schön.
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                Inside Out 2 ist ein spaßiger Film, obwohl er eine ähnliche, sehr ähnliche Geschichte erzählt wie im Ersten Teil. Es stellt sich aber einmal mehr als gute Idee heraus, die Blödeleien mit etwas Lebensweisheit aufzupumpen. Man kann zurecht sagen, dass es letztlich etwas dünn ist, was da erzählt wird, aber als lustiges und ab und an sinniges Stück lässt sich das ganz gut weggucken. Dabei ist dann auch genug drin im Kampf zwischen Freude und Unsicherheit, um daraus eine Diskussion aufzubauen und zumindest mal einen Denkanstoß mitzunehmen. Die Animationen fand ich dabei allerdings etwas zu Standard, da hat sich die Welt weitergedreht. Dafür ist die illustre Riege an Sprechern wieder mal toll, Adèle Exarchopoulos und Ayo Edebiri im selben Film sind Zucker.
                Das Tempo des Films wird dabei kritisiert, aber man könnte auch sagen, dass es zum Thema passt, der Film fühlt sich so atemlos an wie seine neu orange Hauptemotion. Der ständige Wechsel zwischen der Welt außen und den zwei Schauplätzen innen hat etwas von Tiktoks gucken, während man Autorennen fährt. Man will schließlich nichts verpassen im Leben… Solider Film.

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                  Deciuscaecilius 12.03.2025, 19:31 Geändert 27.04.2025, 22:53

                  Buffy the Vampire Slayer ist eine Horrorkomödie geschrieben von Joss Whedon, der sich allerdings von der Produktion gelöst hat, als es sich nicht so entwickelte, wie er es sich vorgestellt hatte. Tatsächlich fehlt dem Film auch die typische leichtherzige, aber immer merkliche Düsternis, für die er bekannt ist. Das, was wir hier haben, ist mehr etwas, das an eine Parodie von „Nicht noch ein Teenie-Film!“ erinnert, eine unsubtile Comedy über blöde Cheerleader, von denen eine zur Auserwählten wird.
                  Machen wir's kurz: Der Film ist schrecklich. Die ganze Inszenierung ist unkoordiniert, konfus und lahmarschig. Das tötet die Spannung und vor allem alle Actionszenen, die unerträglich langsam und dröge sind. Die Handlung mäandert, Vampire tauchen auf, wenn man sie braucht, dort werden sie schnell und langweilig getötet und verschwinden wieder, wohin auch immer. Man springt zwischen Orten ohne Koordination, das alles wirkt, als hätte man gar kein Script für den Film gehabt. Buffy startet als unerträglich blöde Tusse und darum drehen sich alle Witze, um dann zur Heldin zu werden. Richtig glauben kann man das dann kaum. Dem Film fehlt die Nähe zu seinen Charakteren, Kristy Swanson und Luke Perry geben ihr Bestes, aber sie bekommen kein gutes Skript und keinen wirklichen Charakter. Der Film müsste wenigstens seine Protagonisten ernst nehmen, aber das fühlt sich nie danach an. Selbst eine Größe wie Donald Sutherland spielt, als hätte man ihn unter Beruhigungstabletten gesetzt, ich hatte Angst, ihm irgendwann beim Schnarchen zusehen zu müssen. Rutger Hauer scheint als einziger zu verstehen, was er hier machen soll und overacted sich folgerichtig den Wolf, selbst eine nicht angeschlossene elektrische Violine kann dieser Mann spielen. Leider bekommt er aber kaum etwas zu tun.
                  Das Ganze ist ein Unfall, der aber leider nicht einmal in dieser Hinsicht Spaß macht, weil das alles so steif ist. Da sind Folgen der TV-Serie noch besser inszeniert und erzählt. Krass offensichtlich ist das beim Tod des Vampirassistenten Amilyn gespielt von Paul „PeeWee“ Reubens: Hier versucht der Film, sich über sich selbst lustig zu machen und das wird so peinlich, dass man es kaum ertragen kann. Das ist das eine der schlimmsten Szenen, die ich in diesem Jahr gesehen habe. Ohne Timing funktioniert die Comedy nicht und ansonsten baut der Film nichts auf, das man interessant finden könnte. Die Cinematography ist langweilig und das Make-up der Vampire schrecklich. Das ging völlig gegen den Baum. Schwer zu sagen, warum das jemand freigegeben hat. Den sollte man wirklich meiden…
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                    Ich habe eine Menge sehr mittelmäßiges Zeug bei Netflix gesehen, da kommt Rebel Ridge als größere Überraschung ganz Recht. Der ist gut als ein ganz klassischer Police Thriller mit kompetent gemachten Spannungsbogen und einigen ganz schönen Actionszenen. Speziell Hauptdarsteller Aaron Pierre macht eine gute Figur, der hat Präsenz und viel Körperlichkeit, seine Trauer, seine unterdrückte Wut und seine Entschlossenheit funktionieren. Ein bisschen strahlen seine Figur und der Film insgesamt natürlich Reacher Vibes aus, aber das ist auch ganz gut so solange es eben funktioniert. Schön ist dann auch, dass der Film sich trotzdem etwas vom Reacher Konzept abhebt, die Idee hier mit jemanden herumzukommen, der explizit niemanden töten will und der einmal wirklich ganz und gar das Gegenteil seiner Widersacher ist, geht jedenfalls auf. Fast überraschend wird hier einmal nicht die klassische Revenge Karte gezogen. Für Fans von Equalizer und Co. könnte das aber auch etwas zu kurz springen.
                    Der gute alte Don Johnson ist dann auch noch überzeugend als schön schleimiger Bösewicht und ich mochte auch Anna Sophia Robb als zerbrechliche, aber entschlossene Frau auf einer Mission. Das Ganze ist dann gut gefilmt und hat ein paar solide Actionszenen, die sehr auf Realismus machen. So ergibt sich angenehm erzählte Unterhaltung. Viel mehr wird man hier nicht finden, übermäßig clever wird es nicht und der Anspruch an eine gewisse Erdung verhindert dann auch großen Actionsetpieces. Ich mochte das aber gerade so, wie es ist. Das ist gute Abendunterhaltung.

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                      Deciuscaecilius 10.03.2025, 20:03 Geändert 27.04.2025, 22:54

                      Subspecies ist der erste Teil einer in Rumänien gedrehten Horror-Reihe, um den Konflikt in einer Vampirfamilie zwischen einem guten und einem bösen Vampir, die sich um ein mächtiges Artefakt streiten. Das ist ein typisches B-Movie, die Effekte sind bemerkenswert schlecht und das Schauspiel frisch aus dem Amateurtheater. Trotzdem hat der Film eine gewisse Faszination, die Drehorte in und um verfallene Burgen in Rumänien sind schön gruselig auf ihre ganz natürliche Art, die Landschaften dort bilden eine schöne Kulisse und es gibt sogar gut eingefangene Folklore vor Ort. Das ist offensichtlich aus Rumänien und wirkt daher mindestens spannend. Dass dann mit einem echten Trabi durch die Karpaten gebrummt wird, ist auch noch süß und nostalgisch. Dazu kommt, dass die Geschichte um die drei Mädels auf Forschungsreise im Prinzip ganz in Ordnung ist. Da wird nichts Revolutionäres neu erfunden und immer mal wieder hat der Plot ein paar kleine Lücken, aber man war sichtlich bemüht. Man merkt, dass Ted Nicolaou kein großartiger, aber dafür ein leidenschaftlicher Regisseur ist.
                      Nun macht bemüht sein noch keinen guten Film, und das ist das auch nicht. Ich war milde unterhalten aber gucken muss man das nicht. Problematisch mögen gerade die Stärken des Films sein, denn der bemüht sich wirklich und ist aber kein Exploitationfilm. Die Gewalt ist mäßig, da ist ein bisschen Nacktheit aber nicht wirklich viel und das einzige wirklich trashige Element ist die bizarre Präsenz von winzigen Stop-Motion-Monstern, die nicht viel mehr tun, als die schlimmsten Spezialeffekte des Films zu kreieren. Der Film steckt also in der Vorhölle fest: zu schlecht, um ernst genommen zu werden, aber nicht schlecht genug, um lustiger Trash zu sein. Das ist irgendwie schade, den hätte man gut mögen können, wenn er etwas mehr Esprit gehabt hätte. Den Rest dieser Direct-to-Video Reihe werde ich jedenfalls auslassen…
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                        über Wicked

                        Wicked ist ein bisschen dumm, nicht so dumm wie zum Beispiel die Jellicle-Katzen aber schon sehr simplifiziert. Alle Charaktere sind Konzepte, jede Allegorie ist dick aufgetragen und gleichzeitig seltsam vereinfacht und obwohl der Film nur ein erster Teil ist und dazu noch sehr lang, kommt vieles aus dem Nichts. Es ist eben ein Musical. Spannend ist dann aber, dass es trotzdem funktioniert, dass ein solider angenehm zu guckender Film entstanden ist. Ein unterhaltsamer Flick für den Samstagabend.
                        Das hat Gründe: Zuerst hat man sich die Kritik offensichtlich zu Herzen genommen und den Film in Farbe getaucht, wie lange keinen Hollywood Film mehr. Wo heute vieles aussieht, als hätte man es durch die äußere Schale einer angegammelten Zwiebel gefilmt, gibt es hier das ganze Farbspektrum. Das ist trotzdem nicht so kräftig wie das berühmte 3 Schicht Technicolor Verfahren seines Vorgängers von 1939 aber es wirkt modern und fantasievoll. Nicht alles ist perfekt, die Welt hat oft einen künstlichen CGI-Anstrich, die Kamera ist solide, aber ein bisschen fantasielos, doch es wirkt. Leider sind einige der gut choreografierten Szenen ein bisschen zu langweilig gefilmt, da hätte ich mir mehr Bewegung, Größe und dynamische Fahrten gewünscht. Die Struktur der Nummern ähnelt sich zu oft. Dafür sind Ausstattung und insbesondere die Kostüme wirkliche Banger.
                        Das gilt auch für die Musik. „Popular“ und „Defying Gravity“ kennt man sicher, auch wenn man kein Musicalfan ist und auch der Rest ist solide. Die Songs sind gut gesungen und gut arrangiert, hier bleiben wenig Wünsche offen. Die Stopp- und Start-Mechanik der Songs wird mir aber etwas zu oft eingesetzt, auch ein Grund, warum sich der Film in die Länge zieht. Gerade „Defying Gravity“ wird zu oft angehalten, da fehlt etwas Vertrauen in die Macht der Musik.
                        Ariana Grande als Glinda ist dann die Überraschung des Films. Man sieht selten Figuren in modernen Filmen, die keine Angst vor Albernheit haben. Sie trägt diese Rolle sichtlich mit Spaß an der Übertreibung und bewahrt dabei trotzdem eine gewisse Gravitas. Erstaunlich wie sie es geschafft haben sie als Prinzessin und gleichzeitig als völliges Arschloch darzustellen, ohne sie unerträglich zu machen. Das ist wahrer Star Vibe. Cynthia Erivo steht dem nicht nach, sie ist eine brillante Sängerin mit einer klassischen Musical Stimme, die hervorragend mit Ariana Grandes harmoniert. Gleichzeitig ist sie überzeugend in den emotionalen Szenen, der Schmerz in ihrem Gesicht wirkt. Das ist ein schönes Duo.
                        Tja, das sind noch die Botschaften des Films. Wenn man einer Gruppe die Sprache nimmt, nimmt man ihnen die Identität, also startet man an diesem Punkt. Wenn du dein Land hinter dir zusammenschweißen willst, weil du harte und empathielose Politik rechtfertigen musst, von der nur eine kleine Gruppe deiner Freunde profitieren wird, dann gib deinem Volk einen gemeinsamen Sündenbock zur Ablenkung. Nicht viel könnte aktueller sein angesichts der aktuellen US-Politik aber die Faschismusmetaphorik im Film ist dann ein bisschen zu dünn, um wirklich zu greifen. Dass die einzige intensive Unterdrückung an einer Ziege ausgeführt wird, schien mir für eine politische Botschaft nicht gerade optimal. Einen Babylöwen dann allein im Wald auszusetzen ist sicher besser, als ein 10x10cm Käfig, aber überleben dürfte er da draußen nicht. Es ist immer ein bisschen schwierig, die reale Welt zu besprechen, wenn man in einem kunterbunten und kantenlosen Musical ist. In Wirklichkeit endet Faschismus immer in Leichenbergen und nicht bei weggesperrten Ziegen, und ja ich verstehe den Gag im Englischen… Das Ganze wirkt in der Allegorie gerade deshalb ein bisschen zu bemüht.
                        Die Beziehung zwischen den beiden Hexen leidet unter einem verwandten Problem, sexuelle Spannung würde man ihnen in einigen Situationen sicher abnehmen, die große Freundschaft wird aber eher wenig begründet. Hier prallt der Film an die Grenzen seines Materials und der Regeln des Musicals. Zu lang ist das Ganze auch noch, auch wenn es sich ganz angenehm anfühlt und mit seiner Länge nicht nervt. Die ganzen Referenzen zum ersten Film, warum die Straßen gelb sind, wo der Stab oder der Hut herkommen und Ähnliches hätte ich einmal mehr auch nicht gebraucht.
                        So bleibt eine unterhaltsamer, etwas gestreckter Film der guten Unterhaltung, der aber nicht wirklich als Meisterwerk durchgeht. Das ist alles nett, hübsch anzusehen und vor allem hört es sich gut an. Als Musical ist es daher bemerkenswert gut und eine logische Fortsetzung zu 1939. Vielleicht bringt es sogar Menschen in 2025 dazu, den orangenen Zauberer zu hinterfragen, es wäre wünschenswert. Für mich ist das aber ein bisschen flach geraten, dem Zauber konnte ich mich aber trotzdem nicht ganz entziehen. Ich bin gespannt, wie sie die Sache zu Ende bringen…

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                          Deciuscaecilius 08.03.2025, 12:50 Geändert 27.04.2025, 22:54

                          Bram Stoker's Dracula ist vielmehr Francis Ford Coppolas Dracula und ein Versuch, die Geschichte einmal mehr ganz nahe an der literarischen Vorlage und dazu technisch fulminant umzusetzen. Zweiteres gelingt dann auf jeden Fall. Der Film sieht auch heute noch brillant aus, die praktischen Effekte sind super gut gealtert und der Score ist ein Meisterwerk. Was da an Soundeffekten und passender Musikuntermalung abläuft, ist fantastisch. Und da ist mehr, nämlich die ganze Ausstattung: Die farbcodierte, fantasievolle Kleidung und die detaillierten Sets sind ebenfalls bemerkenswert. Ich liebe jedes einzelne Kostüm vom roten Drachenpanzer, über Minas schräges grünes Hütchen, Lucys ikonisches weißes Kleid im Sarg oder die roten Fetzen, die ihr beim alptraumhaften Ausflug in den nächtlichen Garten um den Körper flattern. Das geht dann bis zum Post Punk Outfit von Dracula in the City oder den steif authentischen Anzügen der Männer. Der Film ist ein audiovisueller Traum und da habe ich die Schatten noch gar nicht erwähnt, die verselbstständigen Schatten tanzen, die Wände scheinen zu leben in ihren Bewegungen, wie die Schatten Dracula vorlaufen und nachgreifen, ist ikonisch.
                          Dann ist da noch Gary fucking Oldman als Dracula, der allen hier die Show stiehlt. Der vereinnahmt diese Rolle wirklich, vom creepy Opa, über den schmalzigen Lover bis zum gebrochenen Monster, das ist immer hart am Rand des theaterhaften aber einfach immer großartig unterhaltsam. Damit setzt er dann auch den bitteren Kontrast zu dem ein oder anderen nominellen Hauptdarsteller des Films und ja ich meine dich Keanu! Das ist ein steifes Gehabe und hölzernes Spiel, das er da auflegt und diese billigen grauen Strähnchen hätte der örtliche Friseur dann auch noch besser hinbekommen. Nichts entschuldigt dann auch Keanus Akzent. Leider, leider ist dann auch noch die gute und immer wunderbare Winona Ryder ein bisschen zu unbeweglich. Der Kern der Geschichte geht um ihre Leidenschaft, um die unterdrückte Sexualität der Frau, um ihre Faszination für das sexuelle und die Versuchung die in diesem Gothic Horror liegt und Ryder hat Momente in denen das funktioniert und dann auch wieder welche in denen sie nicht mithält. Da fehlt ihr die Range, der initiale Moment, indem sie in der Rolle aufgeht, und aufhört die typische Winona zu sein.
                          Überhaupt ist der Film nicht so innovativ, wie er gerne wäre. Der Konflikt mit der Religion, diese Enttäuschung über ihre mitleidlosen Regeln und ihre Gnadenlosigkeit gegenüber den Schwachen, ist nur ein Punkt unter vielen. Die sexuelle Befreiung hat ihre Momente mit der Versuchung Ninas und dem grandiosen Auftritt von Vamp Lucy und dann ist das aber auch wieder vorbei. Die Geschichte von der Gefangenschaft Renfields im Asylum ist auch kurz und ohne richtigen Sinn, die drei Helden scheinen moderne Männer zu sein und machen aber leider nur das übliche. Es ist viel Style over Substance in dem Film. Vieles ist da und dann wieder weg. Kein Thema fühlt sich auserzählt oder befriedigend abgeschlossen an. Richtig schlimm ist das nicht, weil das alles gut unterhält, aber es hebt den Film auch nicht an. Der Humor geht dann ganz unter der Tür durch. Der ein oder andere „Gag“ und speziell die Sprüche von Hopkins van Helsing sind tonal irritierend neben dem restlichen Film.
                          Die Action ist dagegen wieder solide und einiges zufriedenstellend gruselig, auch wenn das sicher alles mehr als Abenteuerfilm gedacht ist. So hat mich dieser Rewatch unentschlossener zurückgelassen, als ich erwartet hatte. Das ist ohne Frage ein großer Film, den man sich immer wieder ansehen kann, aber ich wünschte, er hätte etwas mehr aus seinen Themen gemacht. Das ein oder andere besser auserzählt, vielleicht einmal mehr Renfield gestrichen und den Beauty and the Beast Kram rund um Dracula den Pfähler hätte es für mich auch nicht gebraucht. Dann wäre da mehr Zeit gewesen, ein wirkliches Dreieck aus sexueller Anziehung und Abstoßung aufzubauen und hier dem Psychosexuellen besser auf die Spur zu kommen. Wenn man dann unbedingt Dracula als tragische Figur braucht, wäre dann auch etwas aus seiner tragischen Existenz zum Mitfühlen gut gewesen, so bleibt das alles ein bisschen Behauptung. Aber na ja, das war eine schöne Reise und die werde ich immer mal wieder machen wollen. Insgesamt bleibt es eine gute Umsetzung mit grandiosem Drumherum…
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                            Meiyazhagan (The man with truth as beauty) ist ein indischer Film in Tamil. Die Geschichte entwickelt sich rund um einen mittelalten Mann, der zur Hochzeit einer Cousine in seinen Kindheits Heimatort zurückkehrt, den er in Enttäuschung und Zorn viele Jahre vorher verlassen hatte. Er will hier eigentlich nur seine Pflicht erfüllen, indem er den Hochzeitsempfang besucht und dann wieder abhauen, aber durch eine unerwartete Bekanntschaft kommt es ganz anders.
                            Der Film ist eine lange Meditation über Heimat, Freundlichkeit und Erinnerung, dabei schreckt er weder vor Pathos noch vor dick gestrichenen Botschaften zurück. Speziell die Songs sind zwar passabel anzuhören, aber wirklich nicht subtil. Trotzdem entwickelt der Film schnell einen Sog, der schwer zu erklären ist. In dem zweieinhalb Stunden Film passiert wenig und doch fühlt man sich gefesselt von diesen Ereignissen. Es ist, als würde man selbst heimkehren, es ist ein Traum von Gemütlichkeit, die aus dem Unterlaufen von Erwartungen entsteht. Dabei setzt der Film primär auf zwei Schauspieler, den gemütlichen Arvind Swamy als Arul, der die Rolle mit einer unterdrückten Trauer, Wut und Ungeduld anlegt, die sich aber langsam verschiebt. Grund dafür ist der ständige, nervig freundliche Druck von Karthi als der namensgebenden Meiyazhagan, wobei der Witz je gerade darin besteht, dass er den größten Teil des Films namenlos bleibt. Karthis legt eine fast wahnsinnige Energie und Atemlosigkeit an den Tag, seine entwaffnende Freundlichkeit bezaubert gegen jeden Willen, obwohl sie immer wieder ans Unerträgliche kratzt.
                            Das ist ein sehr indischer Film, nicht alles ist gut geeignet, um es wirklich mitzufühlen, aber es bleibt genug Universelles, um den Kern erleben und verstehen zu können. Wir erfahren dabei viel über das Land und seine sozialen Regeln, wir erleben die überbordende Hochzeitskultur, die ritualisierte Gastfreundschaft, die Regeln von Freundschaft und natürlich Volksreligion und schließlich sogar die Freuden des öffentlichen Nahverkehrs. Es ist eine Reise, die eine schwer auf den Punkt zu bringende Faszination ausstrahlt. Ich konnte mich dem nicht entziehen, obwohl das ganze so absurd wirkt. Vermutlich ist es das Universelle, dieses Sitzen beim Kumpel mit Bier in der Hand in einem wunderschönen Garten, das gemeinsame nächtliche Herumstrolchen durch die Stadt, wenn die Frauen schon schlafen oder das Verständnis für die Abneigung gegen diese riesigen Familienfeiern. Der Film erfüllt Sehnsüchte, die uns alle betreffen. Vielleicht sollte man aber erwähnen, dass es hier ganz stark um eine männliche Perspektive des Ganzen geht. Die Frauen stehen daneben, auch wenn sie dabei erstaunlich präsente und sympathische Rollen spielen, die wichtige Positionen im Leben dieser Männer repräsentieren. Nur handeln die Frauen eben kaum und die Welt ist eine einzige Bromance..
                            Alles in allem spiegelt der Film so viel Liebe, dass man sie einfach mitfühlen muss. Ich weiß nicht, ob das ein guter Einstieg ins indisches Kino ist, aber es bildet vieles ab, was seinen Charme ausmacht. Hier wird eine ganz andere Welt gezeigt und dann mit Detailliebe und Kunst zum Blühen gebracht. Nicht immer ist das subtil und wirklich oft zu lang, zu mäandernd, zu schmalzig, aber es steht zu dem, was es ist, und zieht seine Botschaft durch. Wenn man auf diesen besonderen Zauber Lust hat, ist man hier ganz richtig. Irgendwo zwischen Terrence Malick oder Christian Petzold ist das die Form von indischer Melancholie, eine Sehnsucht nach Heimat und kindlicher Freude und Freundschaft. Man kann das als kleine Realitätsflucht nutzen und dabei sogar noch etwas über ein anderes Land lernen. Gute Arbeit.

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                              Deciuscaecilius 06.03.2025, 19:52 Geändert 27.04.2025, 22:54

                              Innocent Blood oder herrlich schön in Deutsch: Bloody Marie – eine Frau mit Biß, ist ein weiterer Hybrid aus dem Vampire Genre. Dieses Mal wird mit dem Mafiafilm geheiratet und dazu eine ganze Reihe an bekannten Nebendarstellern aufgefahren, Tony Sirico, David Proval und Chazz Palminteri spielen ihr eigenes Image als Mafia Goons und dann hat auch noch die junge Angela Bassett ihren Auftritt. Es macht eine Weile Spaß, alleine die Nebendarstellerriege zu bewundern, leider hält dann gerade Lead Anthony LaPaglia nicht so ganz den Standard, für mich war der etwas zu unauffällig, gerade weil Robert Loggia ihm gegenüber einen großartigen Bösewicht abgibt.
                              Neben dem Gangsterplot haben wir dann aber die Vampirgeschichte, die sich um Anne Parillaud dreht, die als vereinsamte Frau versucht nur Bösewichte zu trinken, um damit wenigstens moralisch auf der richtigen Seite der Existenz zu bleiben. Parillaud legt das zerbrechlich und sexy an und hat dann aber ein paar ganz nette Horror Ausbrüche. Wirklich beeindruckend fand ich sie aber auch nicht. Die Liebesgeschichte geht sich aber schon aus, die Sexszenen sind dazu überraschend explizit und erotisch gestaltet, offensichtlich haben die 90er begonnen. Das Ganze ist abseits davon ein Film, den man nicht so ernst nehmen sollte. Die Story ist als Parodie ausgelegt, die wirklich jedes Gangsterklischee zieht, um zu amüsieren. Die Geschichte verkommt manchmal zum Bingo Spiel, indem es möglichst viele Referenzen zu finden gilt, um damit Spaß zu haben, so richtige große Lacher wird man aber nicht finden.
                              Das ist dann alles zusammen ganz nett. Ich war unterhalten, aber es zieht sich etwas. Das liegt daran, dass beide Genres nicht gut harmonieren, gerade das Finale ist für einen Vampirfilm viel zu zahm, die Knallerei der Gangster passt hier einfach nicht. Der ganze Horror geht zum Fenster raus, wenn man einen Vampir abknallen kann. Es ist auch alles viel zu langsam, eintönig und behäbig inszeniert. Der ganze Film hat keine einzige innovative Einstellung, alles läuft solide, aber umspannend ab. Nur ein paar Momente haben wirklich effektives Gore und Body Horror Design, was dann, wenn es auftritt, fast überraschend kommt. Die Locations sind solide, aber Neues wird man hier auch nicht finden. Es ist ein völlig ausreichender Film, aber nie mehr als das, nichts fühlt sich wirklich besonders an. Für die Vampirin haben sie gute Ideen, aber nichts davon bleibt hängen, auch sie ist nur Vehikel ohne Hintergrund und tiefere Charakterzeichnung. Ihre Einsamkeit hätte der Aufhänger für eine nuancierte Geschichte sein können, das wird aber kaum weitererzählt.
                              Alle Figuren erfüllen eine Funktion und dadurch können sie nie besonders sein, sie sind nur Stand-ins für ein Gangster- oder eben ein Vampir-Trope. Nur Loggia hat als überdrehter Gangster und Vampir-Boss seine Momente. Das ist dann etwas zu wenig, um in Erinnerung zu bleiben. Schade drum, hier ist viel Interessantes dabei, aber offenbar musste es unbedingt in eine Parodie gequetscht werden. So bleibt es für mich nur solide Unterhaltung, den kann man aber gern mal gucken.
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                                Deciuscaecilius 05.03.2025, 19:15 Geändert 05.03.2025, 19:19

                                The Fall Guy ist ein netter Film, der irgendwo zwischen Hommage an Hollywood und seine Stuntman und einer Satire darauf entlangschrammt. Leider will das Konzept aber dabei nie so richtig aus seinem Körbchen raus, der Film ist glatt und gebügelt, er wagt nichts, beißt und begeistert daher auch nicht. Das alles ist nett und natürlich lief beim Colt Seavers Thema Song in meinem Kopf der Text in meinem kindlichen gibberischen Englisch durch. Das war zwar schön nostalgisch und auch ansonsten ist das als Unterhaltung besser als viele der “Direkt zu Streaming-Produktionen” der letzten Jahre, Mittelmaß ist dann aber leider auch kein Kompliment.
                                Ganz speziell hat mich gestört dass Ryan Gosling und Emily Blunt bei allem Talent keine Atmosphäre aufbauen. Die beiden spielen das solide herunter, aber es macht nie klick. Die haben was miteinander oder nicht, es ist mir völlig egal. Dafür, dass das eine Hommage ist, sieht dann auch noch einiges von den Stunts gar nicht so gut aus. Im Abspann sieht man, dass alles praktisch gemacht wurde, aber gerade eine zentrale Verfolgungsjagd in der Mitte des Films sieht ganz schrecklich falsch nach CGI aus. Das ist dann etwas peinlich für genau solch einen Film. Es fehlte eine Konstanz, der Splitscreen Moment war gut, der Drogentrip nett, der achtfache Überschlag, den man dann nur zerschnitten sieht, beeindruckend aber insgesamt kommt der Spaß nicht wirklich rüber, ist das alles Ware von der Stange. Die ganze Kritik am Hollywood System bleibt genauso flach und unkantig, bis eigentlich nicht viel mehr übrig bleibt, als eben nette Unterhaltung. Kann man gucken, muss man aber sicher nicht.

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                                  Deciuscaecilius 04.03.2025, 19:30 Geändert 27.04.2025, 22:54

                                  „Vampires Kiss“ ist mutmaßlich ein brillanter Kommentar auf die Arbeitswelt, auf Machtmissbrauch durch die Männer in ihren Büros an den Frauen in den Vorzimmern. Er mag ganz allgemein ein Kommentar zu Sexismus und Misogynie unter den Yuppies in der Großstadt sein. Vielleicht ist es auch ein Fanal über die Einsamkeit und Isolation in den kalten Straßen New Yorks. Dann ist da der langsame Fall in die Psychose, die hier exerziert wird. Man geht routiniert zum Psychiater und redet über dies und das, aber träumt doch nur davon, eine Liebe zu finden, die alles überwindet. Wirkliche Konfrontation mit den Problemen scheint das nicht zu sein und dazu könnten wir hier eine Kritik gesehen haben. Die Vampirin ist dann ein Bild für diese Sehnsucht, dass da endlich jemand ist, der mit viel Leidenschaft die Kontrolle über das eigene Leben ausübt. Das Verlassenwerden von ihr und besonders ihre Zurückweisung wäre dann der Moment, bei dem die Psychose so richtig durchstartet, weil das undenkbar ist in der Männerwelt. Das alles ist wahr, wenn wir es wahrhaben wollen, “Vampire’s Kiss” wirft da vieles an die Wand und lässt es von Nicolas Cage bespielen, bis nur noch der Anblick seines Gesichts in Erinnerung bleibt.
                                  Der Mann ist dieser Film und wenn man den vielen begeisterten Kritiken glauben darf, so überragend, dass man es kaum fassen kann. Ich persönlich bin kein Fan von Overacting, aber es ist die Kunst, für die Cage berühmt ist und gleichzeitig Teil seiner Oberflächlichkeit. Denn was soll man fühlen unter all dem Getue. Hier mag eine intelligente und bedenkenswerte Botschaft sein, nur wird sie totgespielt. Wie soll ich eine Psychose ernst nehmen, wenn sie von einem Clown gespielt wird? Wie soll ich mir Gedanken um Missbrauch in der Arbeitswelt machen, wenn sich das alles nur nach Verarschen anfühlt? Ich mag Romeros „Martin“ und ich mag „American Psycho“ und irgendwo dazwischen fügt sich dieser Film ein, nur geht er mir dabei hauptsächlich auf die Nerven. Cage spielt eine Karikatur, keine Person, für die ich etwas empfinden konnte. Der Film ist nett und sicher etwas Besonderes, aber wirklich nicht meins.
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                                    Kuttavum Shikshayum (Crime and Punishment) ist ein Polizei-Drama in Malayalam gedreht und legt einen besonderen Fokus auf eine naturalistische Darstellung sowohl der Polizeiarbeit wie auch auf die Darstellung der Welt im Süden Indiens. Der Film folgt einer kleinen Ermittlungsgruppe, die versucht, einen Einbruch in ein Juweliergeschäft aufzuklären und dabei auf für westliche Zuschauer sicher überraschende Schwierigkeiten trifft. Die Festnahme gestaltet sich dann komplizierter als die eigentliche Aufklärung. Es ist eine interessante Wendung beim Blick auf die indische Polizei, der hier, angesichts gesellschaftlicher Realitäten, überraschend herausfordernde Arbeit offenbart.
                                    Rajeev Ravi inszeniert eine Welt, die sich realistisch anfühlt und aus ihrer Klarheit Spannung erzeugt. Wir reisen durch die Städte, Kleinstädte und schließlich die Dörfer Keralas, die allesamt lebendig wirken. Das Dorf am Ende ist dann ein fast traumhafter Ort, eine seltsam bedrohliche, aber wunderschöne, rechtlose Enklave. Der rote Stein, die sandigen Straßen und die Stationen am Wegesrand lassen in eine unbekannte und selten porträtierte Welt blicken. Das ist schön, aber zurückhaltend untermalt mit effektiv, weil selten eingesetzter Musik. Der Film ist auf einfache, aber wirkungsvolle Art schön.
                                    Viele der Konzentration bleibt dabei immer auf der Polizeitruppe, ihrer Arbeit und ihrem Blick auf die Welt. Schauspielerisch ist das dabei perfekt, die ganze Truppe macht einen überzeugenden Eindruck und interagiert glaubwürdig miteinander. Wir sehen ihre Stärken und Schwächen und ihre kleinen und großen Nöte in einem Spiel, von dem auch sie nur ein kleiner Teil sind. Die Ermittlung ist dabei wesentlich weniger technisch als aus amerikanischen Procedurals gewöhnt, sondern konzentriert sich auf Zusammenhänge, Interviews und einfach auf Hartnäckigkeit. Dabei entsteht ganz langsam Spannung, sie wird aber weniger erzeugt, sie kriecht viel eher langsam den Film entlang, ohne dass es große Action-Momente gibt. Das ist eine besondere Faszination und gutes Kino.
                                    Leider ist das dann aber oft zu langsam. Der Film ist so in sich zufrieden, schwelgt in seinem Realismus, dass er vergisst, dass er auch einen Plot präsentieren müsste, der über eine Dokumentation hinausgeht. Der Film wirkt tatsächlich fast dokumentarisch und seine Spannung verwandelt sich manchmal in ungeduldiges Warten. Es ist ein Film darüber, dass sich Arbeit wie eine Tretmühle anfühlt, sich alles immer wiederholt und nichts endet. Es ist eine mühsame Sisyphusarbeit, den Stein der Kriminalität mühsam herauszubrechen, wenn die Gesellschaft dauerhaft neue erzeugt. Das Besondere ist hier aber auch seine Schwäche, die den Film ein bisschen zu vergessenswert macht, weil einfach zu wenig passiert. Es ist eine schöne Abwechslung von der indischen Eskalation, aber dabei gleichzeitig auch schon zu wenig davon. Dem Film hätte dann etwas mehr Verdichtung und vielleicht sogar Übertreibung gut getan, auch wenn der ewige Kreislauf ihrer Arbeit sicher ein wichtiges Motiv ist. Ich mochte den Film aber am Ende war ich auch ein bisschen enttäuscht. Zum Verständnis für die Sicht einer Polizei, welche die Gesellschaft nicht ändern kann, hat es aber sicher beigetragen.

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                                    • Puh, den Artikel hatte ich noch gar nicht gelesen. Ich bin über den Link von Letterboxd rein, weil ich wissen wollte, ob du Cronos, del Toros Erstling auf deiner Liste hast… Starte mit meiner Vampir-Liste in die 90er…
                                      Ich habe als Azubi in der Lebensmittelindustrie in meinem ersten Jahr in einem Werk direkt am Rhein gearbeitet. Da gab es noch Ratten und Schaben. Die Arbeiter hatten in der Zentrale ein großes Aquarium mit zwei ordentlich aggressiven Buntbarschen, denen sie immer Tierchen mitgebracht haben, die sie unten in der Halle gefangen hatten.
                                      Mittlerweile habe ich seit Jahrzehnten in der Industrie keine Lebenden mehr gesehen. Die Betriebe sind so durch monitort. In jeder Ecke, hinter Abdeckungen und Ähnlichen stehen kleine Fallen für alles Mögliche an Schädlingen und die werden alle Woche überprüft. Wenn da mal eine Schabe auftaucht, ist die erstens meist tot und zweitens geht dann die große Keule los. Alles wird abgebaut, alle Kanten, alle Abdeckungen, Isolationen und dann begast, zusätzliche Fressfallen und dann nach drei Wochen das gleiche nochmal. Das ist sozusagen die Alarmstufe Rot noch vor Mehlkäfern, obwohl man die noch viel schwerer los wird…

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                                        Deciuscaecilius 01.03.2025, 14:01 Geändert 27.04.2025, 22:55

                                        Humanist Vampire Seeking Consenting Suicidal Person, das ist erst einmal ein schöner Titel, aber was erwartet uns hier? Nun eine frankokanadische Produktion, eine schwarze Komödie, eine Dark Romance oder einfach eine Horrorkomödie, wie man das auch immer nennen möchte. Auf jeden Fall steht im Zentrum Sasha, wundervoll unterkühlt und unsicher dargestellt von Sara Montpetit, die in einer Vampirfamilie geboren wurde, aber, ganz ordentlich medizinisch beglaubigt, einen kleinen Defekt hat. Wenn sie Gewalt sieht, wird sie nicht hungrig, sondern bekommt Mitleid, das disqualifiziert sie dann nicht nur als Mitarbeiter von Elon Musk, sondern macht es auch schwierig, zur Ernährung der Familie beizutragen. Die Menschenjagd ist eben ein eher gewalttätiges Unterfangen. Die ganze Arbeit aber Mutti zu überlassen führt zu Generationskonflikten und so muss die Vampir GenZ irgendwann ausziehen und sich um sich selbst sorgen. Glücklicherweise gibt es Selbsthilfegruppen, oder all you can eat for humanists, könnte man auch sagen.
                                        Das ist überraschenderweise großartig geworden. Der sehr leise aber schön feine Humor dürfte zwar nicht jedem gefallen, aber ich mag das. Da sind auch richtige Lacher drin, wenn die Familie darauf drängt, endlich den Clown zu frühstücken oder die Eltern ihre sehr menschlichen Beziehungsprobleme austragen, aber der Großteil ist zurückhaltend. Der Humor zieht sich aus der sozialen Isolation und der erzwungenen Konfrontation mit der Welt. Wenn Sasha und der nicht minder sonderbare Félix-Antoine Bénard als, im doppelten Sinne Jungmann, Paul durch die sozialen Treffpunkte dieser Stadt ziehen, sehen wir, wie fremd ihnen das ist. Der Film zaubert ihre Verbundenheit ohne viel zu sagen, aber wir spüren als Zuschauer, wie fremd alles drumherum ist. Die Kamera hat ein Geschick darin, sich seltsam zu platzieren und uns unangenehm in die Menge zu drehen. Beide Hauptdarsteller stehen dann immer wieder isoliert vor der Welt und wir sind ganz bei ihnen in ihrer Andersartigkeit. Auch wenn das dann plötzlich blutig wird, sind wir ganz bei ihnen, weil sie so sehr versuchen zu leben, ohne jemanden weh zu tun. Menschen, die nichts zerstören wollen, um selbst davon zu profitieren. Da mag eine Botschaft versteckt sein..
                                        Der Film ist langsam oder eher methodisch in seinem Vorgehen, er wird von seinem Plot geschoben. Dabei ist das immer und sichtbar ein kleines Indie-Projekt, aber dabei eines, das mit Talent gemacht wurde. Die Nachtaufnahmen sind schön, der Score super und überhaupt die Atmosphäre. Mutig ist auch hier einfach keinen Fuck auf irgendein Worldbuilding zu geben, das ist eben alles Metaphorik und fertig. Denn natürlich geht es um Coming of Age, um soziale Angst und um Depression. Wir sehen in diesem Vampir eine Suche nach einem Sinn, nach einem Menschen, der uns Sinn gibt und Hoffnung. Wozu ist dieses Scheißleben da, wenn doch der Einzelne gar nicht mehr gebraucht wird? Eine ganze Generation könnte theoretisch im Hobbykeller der Eltern weiterleben und doch muss sie irgendwann ans Licht kommen. Vielleicht aber nicht gleich ans Sonnenlicht…
                                        Dieser Film ist sicher kein Meilenstein der Filmgeschichte, aber ich mag solche quirky, seltsamen Filme mit kaltem Humor und das hier macht das richtig gut. Das ist eine lyrische, lustige Reise, die dabei auch ein bisschen blutig und gemein sein kann. Hier passt alles zusammen, vom Schauspiel bis zum Humor wirkt das komponiert und schlüssig. Schön, dass man heutzutage mit dem Wissen ausgestattet ist, einfach einen preiswerten guten Film machen zu können. Das Debüt von Ariane Louis-Seize ist eine schöne Erzählung darüber, wie man findet, was man sucht, wenn man nach draußen geht, wenn man sagt, was man will, etwas zu geben bereit ist und wenn man dranbleibt. Im besten Fall saugt einen das Leben dann nicht ganz aus, sondern nur so weit, dass man weitermachen kann…
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                                          Deciuscaecilius 28.02.2025, 17:23 Geändert 27.04.2025, 22:57

                                          The Lair of the White Worm nimmt sich eine weitere Geschichte von Bram Stoker vor und streng genommen geht es darin gar nicht um Vampire. Die Story kürt Schlangen und ihre Bisse zu den Monstern der Wahl, aber die Schlangen haben plötzlich auch Angst vor Kreuzen und natürlich ähneln sich die Zähne und überhaupt die ganze Mythologie mit den beißenden Vorbildern aus Transsylvanien. Ich denke da, kann man ein Auge zudrücken und das zum Ehrenvampirfilm erklären.
                                          Was ist es ansonsten? Nun eine B-Movie Horror Komödie mit sehr britischem Humor, der vor allem von Hugh Grant und Peter Capaldi getragen wird. Beide agieren hier in sehr frühen Rollen in ihrer Karriere, aber Grant hat schon den schönsten Boy Posh ausgepackt und Capaldi zelebriert ein schottisch, das es in den Lautsprechern knarzt. Die beiden sind wunderbar zusammen und adeln den ganzen Blödsinn mit ihrer Präsenz. Amanda Donohoe gibt dazu die Femme Fatale mit ganzem Körpereinsatz und der Präsenz einer Diva. Da kommt dann alles zusammen, was man so als B-Horrorfilm braucht: ein bisschen sinnlose Nacktheit, gefesselte Frauen, ein nettes Monster-Design, einen griffigen Titelsong und schöne britische Locations. Das ist mitnichten großartiges Kino, aber ein schöner Spaß mit ungewöhnlicher Geschichte, die regelrecht innovativ wirkt im Vergleich zu vielen echten Vampirfilmen. Das Finale zieht dann jedes Register des Genres und wäre hochnotpeinlich, wenn es nicht so absurd wäre. Das finale Würmchen ist dann eine schöne Ergänzung zur Welt des Creature Horrors.
                                          Das kann man daher schön und angenehm gucken, wenn man weiß, auf was man sich da einlässt. Mit der gleichen Besetzung hätte man auch Macbeth spielen können, aber die Briten machen lieber einen Schlangen Horrorfilm, das ist doch wunderbar sympathisch. Ich war jedenfalls gut unterhalten.
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                                            “Saripodhaa Sanivaaram” bzw. “Is Saturday not enough?” hat eine wirklich bemerkenswerte Prämisse. Telugus Actionstar Nani spielt hier einen Mann, der als Jugendlicher ein größeres Anger Management Problem hatte und von seiner früh verstorbenen Mutter ein System mitgenommen hat seinen Ärger über eine Woche zu sammeln und nur an Samstagen nach außen zu lassen. So stolpert er in alle möglichen Ungerechtigkeiten, die der dann am jeweils folgenden Samstag durch den Einsatz roher Gewalt zu beseitigen sucht. Dass er dabei nie jemanden tötet, kennzeichnet ihn dann als typisch indischen Helden, was sind schon ein paar Knochen und Schädelbrüche, wenn es um Gerechtigkeit geht. Sein liebender Vater versucht unterdessen, entgegen zu steuern, indem er potentielle Opfer vorwarnt. Leider treffen wir dann aber auf einen richtigen Bösewicht, der wie so häufig in indischen Filme ein Polizist ist und der hier die ganze Stadt terrorisiert, weil er durch die Geiselnahmen und wochenlangen Misshandlungen einzelner Einwohner hofft seinen Bruder, den Stadtrat, dazu zu erpressen, dass dieser ihm erlaubt geerbtes Land in Geld zu verwandeln.
                                            Das ist die dümmste Prämisse, die ihr je gehört habt? Nun ja, das ist ohne Frage oberes Bord, aber auch noch nicht die Spitze, die Fantasie der Inder kennt manchmal kaum Grenzen. Was dabei besonders merkwürdig ist? Der Film hat trotzdem, oder gerade deswegen, seine Momente. Das ist so völlig drüber, dass man das nur offenen Mundes staunend ansehen kann. Die Action ist ein bisschen sehr schnell, aber oft auch unterhaltsam brutal. Der Film hat dann einige effektiv gesteigerte Thriller Elemente, die immer, wenn eine Situation problematisch scheint, noch einen draufsetzen, bis wirklich alles eskaliert. Das ist dann schon ein Ritt, wie man ihn ansonsten nicht finden wird. Da baut sich tatsächlich Spannung auf. Die Frage ist, ob man das lustig findet, man müsste nämlich, denn ansonsten wird das harte Arbeit.
                                            Denn ganz ehrlich und bei aller Liebe für das Genre: Das hier geht zu weit mit dem Blödsinn, vor allem weil sich das gerne und oft mit der Ernsthaftigkeit beißt, mit der hier Gewalt zelebriert wird. Hier werden Menschen verprügelt, bis es einem zu den Ohren herauskommt und bis es jedes Maß an irgendeiner Glaubwürdigkeit zerbricht. “Unterhaltsam brutal” wird dann zu “nur noch brutal”. Ich war noch nie in Indien, aber so gesetzlos kann kein Land der Welt sein, das alles wäre selbst im Mittelalter undenkbar, diesen Bullen hätte man überall auf der Welt erschlagen, bevor er die zweite Hälfte des viel zu langen Films erreicht hätte. Klar, Bösewichte und Actionhelden sind keine Figuren, die unbedingt realistisch wirken müssen, aber irgendwie sollten sie schon in einer in sich schlüssigen Welt verankert sein. Das ist hier nun wirklich nicht der Fall. Abgerundet wird der Film dann wenigstens durch eine ganz nette, aber viel zu oberflächliche Liebesgeschichte und ein paar amüsante, selbstreferentielle Meta Gags über das indische Kino und dann hat man es endlich geschafft. Auch als Action Comedy irgendwie schwierig…

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                                              Deciuscaecilius 26.02.2025, 19:18 Geändert 27.04.2025, 22:55

                                              Ich fürchte, Tobe Hoopers Film „Lifeforce“ kann man leider schnell abhandeln, es ist ein ganz unterhaltsamer „Vampires from Space“ Film mit Zombies. Das ist dann oft Blood and Gore genug, um die Aufmerksamkeit zu fesseln, immer wieder zerfallen Gesichter, schlurfen Zombies herum, spritzen Blut und reißen Körperteile ab oder zersetzen sich Körper. Das wird gut inszeniert, speziell das ganze apokalyptische London mit Bränden und wilden Mordszenen macht Eindruck. Die Tricks sind praktisch und daher okay gealtert, diese guten visuellen Aspekte des Films machen ihn dann auch komplett aus. Wobei, die einfach nur als Space Girl benannte Mathilda May, ist faktisch den ganzen Film komplett nackt, das wird auch noch den ein oder anderen Blick gebunden haben. So ein bisschen wirkt der Film dann aber auch, als hätte er ein paar Schwierigkeiten mit seinem Verhältnis zu Frauen, gut gealtert ist er jedenfalls in diesem Aspekt nicht.
                                              Für die Story sollte man den Film also eher nicht gucken. Die wirkt oft konfus und verwirrt, sie beginnt noch spannend als eine Art Alien Ripoff, lässt das dann aber schnell fallen, um nach ein wenig Herumgedümpel einfach in eine Zombie Apokalypse zu münden. Schauspielerisch ist das alles dann ganz schön schrecklich, ein bisschen mochte ich noch Frank Finlay als seltsamen Wissenschaftler, und den kurzen Auftritt von Patrick Stewart, aber ansonsten war das alles wenig überzeugend. So ist das ein Film den man wegen dem ganzen Körpergemansche mal gucken kann, so richtig konnte mich das aber nicht überzeugen. Da wäre vermutlich mehr drin gewesen, aber dafür ist der Film zu uninspiriert. Hooper mischt nur alt bekanntes zusammen und geht bei der Charakterzeichnung unter. Das war alles schon besser und interessanter in anderen Filmen…
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                                                Das sind wir beim Kern: Das ist ein richtiger Film. Immer noch muss er sich an die Form halten, die ein Musical vorgibt, die Lieder bestimmen den Rhythmus, die Texte müssen in die Handlung eingebettet werden und das lässt wenig Spielraum. Der Film schafft es trotzdem, der Liebesgeschichte mehr Raum und mehr Glaubwürdigkeit zu geben und vor allem beiden Gangs etwas mehr Charakter zu verleihen. Aber fangen wir mit dem Elefanten im Raum an: Die puertoricanischen Sharks. Natürlich ist hier kein Schauspieler mehr dunkel angemalt, es sind aber auch nicht alle Darsteller tatsächlich aus Puerto Rico. Der Film legt es primär darauf an, sich realistisch anfühlen, es wird viel Spanisch gesprochen, die Stimmen haben Akzent und bleiben auch im Song dabei. Die Figuren haben dazu etwas mehr Tiefe, sie dürfen wütend werden und trotzdem nahbar bleiben. Sie haben Angst und Hoffnung und sie wirken so nicht mehr nach Karikatur. Das ist ein großer Schritt, zu beachten ist aber, dass es bei einem Musical bleibt, es lebt vom Gefühl nicht von komplexem Worldbuilding, aber die Neuverfilmung tut aus meiner Sicht genug, um sich hier befriedigender anfühlen zu können.
                                                Dabei hilft auch sehr, dass alle Darsteller selbst singen und tanzen, es gibt kein Dubbing wie 1961 und auch kein Double in den Tänzen, das ist großartig. Wird das dadurch etwas weniger perfekt? Ja, und ich finde das großartig. Es fühlt sich so viel individueller an, man freut sich richtig, wenn mal eine Stimme etwas brüchiger klingt, nicht das perfekte Klangbild hat und nicht jede Höhe im Flug nimmt. Was nicht bedeutet, dass schlecht gesungen wird, speziell die beiden Leads, Ansel Elgort als Tony und Rachel Zegler als María, haben nicht nur Chemie miteinander, sie meistern ihre Songs auch und pumpen sie voll mit Gefühl. Das ist gelungen. Insgesamt sind alle Darsteller gut gewählt, mein Favorit war aber seltsamerweise Mike Faist als Riff, der schön wütend und abgefuckt rüberkommt. Das ist genau das, was in der alten Verfilmung gefehlt hat, die kleinen Gangster wirken hier auch wie kleine Gangster.
                                                Die Choreografien sind das größte Fragezeichen, weil es da wenig zu verbessern gab. Der Ansatz ist dann hier auch eher, sie größer und beweglicher zu gestalten. Die Stücke nehmen mehr Raum ein und brechen oft aus den Räumen aus, drängen auf Straßen und Plätze. Das macht Spaß und die Tänze fühlen sich insgesamt modern und frisch an. Ich war zufrieden damit und begeistert davon, dass sich dieser Rhythmus auch auf andere Szenen überträgt. Der Film behält diesen Rhythmus in den Sprachszenen bei, davon profitiert ganz speziell die wirklich gut inszenierte finale Kampfszene zwischen den Gangs, die Feuer hat.
                                                Tja, ich habe gar nicht viel zu kritisieren, aber: Der Film ist zu talky, er versucht viel der Handlung aufzubauen und mehr Erklärung hinzuzufügen und übertreibt es damit ab und zu etwas. Dazu bin ich kein Fan davon, dass jede Neuverfilmung heutzutage irgendwie in der eigenen Vergangenheit rumreiten muss. Es ist schön Rita Moreno wiederzusehen, aber musikalisch war das kein großer Gewinn und vor allem sollte es das Highlight sein, dass sie Ariana DeBose als Anita stellvertretend für ihre eigene alte Rolle retten darf. Ich mag solche Meta-Geschichten aber nicht so und eigentlich fehlte der Szene nun auch etwas. Ich fand es besser, dass im Original ein weißer alter Mann eingriff und die eigenen Geschlechtsgenossen daran erinnerte, dass sie Menschen sind, Menschen mit Müttern, Freundinnen und Schwestern. Rassismus und Frauenhass müssen gerade von innen heraus angegangen werden. Insgesamt funktioniert diese Schlüsselszene aber ohne Zweifel auch hier ganz gut. Die Schlussszene ist dann auch gut, aber ein wenig mehr Eskalation hätte Zegler vielleicht noch gestanden.
                                                So nun aber genug Nitpicking, ich fand die Verfilmung hervorragend, eine faktisch perfekte Umsetzung des Musicals. Spielberg hat es wirklich immer noch drauf, das ist ein perfektes Musik Kino ohne große Schwächen. Das ist seit langem wieder eine Adaption, die nicht nackt vor ihrem eigenen Klassiker steht. Oft genug ist die Neuversion den Aufwand nicht wert, aber hier ist das anders. Großartig!

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                                                  Deciuscaecilius 24.02.2025, 19:56 Geändert 24.02.2025, 20:01

                                                  The Lost Boys ist ein wundervoll atmosphärischer Film, das startet mit einer fantastischen kleinen Szene auf dem Kinderkarussell, geht weiter mit der scheinbar unschuldigen Partystadt am Strand und fährt mit uns dann auf den Motorrädern durch die Dünen. Wenn die Vampire im Schatten über den Dünen auftauchen, läuft dem Zuseher immer noch ein Schaudern über den Rücken. Das ist die beste Kunst der Achtziger und wird von einem kultig schönen Soundtrack unterstützt. Jedermanns Liebling ist dann auch noch Kiefer Sutherland als David, der charismatische Leader of the Pack, eine zurecht ikonische Figur.
                                                  Darüber hinaus stellt sich aber die Frage, worum es eigentlich geht? Joel Schumacher hat hier eine seltsame Geschichte gestrickt, die Peter Pan-like erzählt von der Suche nach einer Mutter für diese „Lost Boys“. Im Film sind das aber erwachsene Männer und so richtig will dieses Peter-Pan-Thema dann auch nicht verfangen. Es geht auch gar nicht viel um die Mutter, sondern es ist vielmehr ein Film über Männerfreundschaften. Das fängt beim Verhältnis der Brüder Michael und Sam an und setzt sich fort zu der nerdigen Comic-Fan-Gruppe aus Sam, Alan und Edgar Frog. Hier geht es darum, zusammenzuhalten, Mut zu finden und aneinander zu wachsen. Es sind Dynamiken, die wir aus Familienfilmen kennen und die an “The Goonies” erinnern. Das macht Spaß mit anzusehen, ist aber nicht gerade Horrorfilmmaterial.
                                                  Zentrale Männerbeziehung ist aber eh die zwischen David und Michael in der es regelrecht homoerotisch knistert. Wie die beiden ihre kleine Konkurrenz ausfechten, David Michael neckt und ihn zu provozieren sucht und ihm dabei immer wieder ganz nahekommt, wirkt wie die eigentliche Liebesgeschichte im Film. Die junge Frau und Love Interest namens Star und Michael dagegen haben gar nicht so viel Chemie miteinander. Man könnte soweit gehen, dass sie Michael mehr braucht als liebt, er muss primär ihr Retter sein, um der missbräuchlichen Familie zu entkommen. Dass sie dabei auch noch, zwar nicht ihr, aber doch ein Kind schützen muss, verstärkt diesen Effekt eher. Der Film hat sogar eine schön schmalzig weichgezeichnete Sexszene zwischen Star und Michael, aber so richtig Schwung nimmt diese Beziehung trotzdem nie auf.
                                                  Wie schon in „Near Dark“ aus demselben Jahr, mit einigen Parallelitäten im Plot aber völlig anderem Tonfall, kommt aber auch hier wieder die Bedrohung durch die Vampire von innen. Keine ausländischer Adliger namens Dracula streift durch Kalifornien, sondern die eigene Jugend macht Ärger, begehrt auf und stört die Ordnung. Was ihnen aber interessanterweise fehlt, ist ein glamouröses Leben, das, was sie da tun und haben, wirkt jedenfalls nicht erstrebenswert. Diese Existenz in der ewigen Jugend Butze, die sich im fließenden Übergang zur Müllkippe befindet, ist bei Licht betrachtet ein bisschen elendig. Die Faszination speist sich hier allein aus ihrem Stil, aus den Klamotten und Frisuren, die diese Männer zur Schau stellen, um damit eine Bühne für die Sehnsüchte von Teenagern der Achtziger zu bieten. Das ist Punk Baby, oder wenigstens ein bisschen zumindest. Darüber hinaus hat der Film dann aber erstaunlich wenig zu sagen, seine Konzentration ist stark im Stil gefangen, weitere Interpretationen scheinen weit hergeholt.
                                                  Leider ist dann auch die Action nicht der große Wurf, Schumacher scheint der Überzeugung zu sein, dass es nur mal ein bisschen Explosion braucht, um das Publikum abzuholen. Ob die Flugfähigkeiten, die nie so richtig zu sehen sind, eine gute Idee waren, darf man sich auch fragen, die Angriffe in der Ich-Perspektive haben etwas vom Weißen Hai, sind aber wohl nur für Teenager beeindruckend. Wenn am Ende dann Blut aus dem Ausguss schießt oder der Kamin in Flammen aufgeht, wirkt das sogar etwas merkwürdig. Das Finale ist dann auch schnell abgehandelt und hat außer dem Twist und ein paar Oneliner nicht so viel zu bieten.
                                                  So bleibt ein sehr stylisher, sehr unterhaltsamer aber auch etwas blutarmer Teenagerfilm zurück, der als solches rund wirkt, aber auch nicht viel darüber hinaus bietet. Ich war gut unterhalten und doch hatte ich mir aus der Erinnerung mehr versprochen. Es war lange her und ich hatte das Gruseliger und Düsterer in Erinnerung als es jetzt schien, stattdessen war da zwischen Cringe Comic Book Talk und Motorrad Motorenlärm gar nicht viel Beeindruckendes über. Vielleicht war es keine gute Idee ihn direkt nach „Near Dark“ zu gucken, der im Vergleich so viel erwachsener und nachdenklicher wirkte. Trotzdem ist das immer noch gute Unterhaltung, die vor allem mit dem großartigen Ensemble punktet, an die Spitze meiner Liste aber schafft es „Lost Boys“ leider nicht mehr…
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                                                    Deciuscaecilius 23.02.2025, 16:59 Geändert 23.02.2025, 18:26

                                                    West Side Story von Robert Wise inszeniert und choreografiert von Jerome Robbins ist eine sehr akkurate Umsetzung des Musicals. Was dem Film dann auch eine gewisse Zeitlosigkeit verleiht, da viele der Songs einfach gut sind. Das zentrale Jets Thema fetzt immer wieder und einzelne Songs wie “Tonight” und “Amerika” sind zurecht Klassiker. Dazu kommt, dass diese Version wirklich mitreißende Choreografien hat, Robbins hat hier großartige Arbeit geleistet. Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass sie allesamt etwas zu sehr nach Bühne aussehen, aber was dann auf dieser Bühne geschieht, hat Dynamik und Action. Alle größeren Szenen mit mehr als zwei Akteuren sind zeitlos schön. Der Film selbst leidet aber schon ein bisschen unter der ganzen Bühnenhaftigkeit, das Medium Film wird leider kaum genutzt, alles ist schön bunt und kräftig, aber nicht wirklich beeindruckende Cinematografy.
                                                    Bei den Darstellern gibt es dann leider auch viel Licht und Schatten. Rita Moreno als Anita gibt eine beeindruckende Performance, sie spielt wie ihr Filmpartner George Chakiris als Bernado, dem Anführer der Sharks, modern und naturalistisch. Sie dominiert mit ihrer Energie, Liebe und Wut jede Szene. Chakiris dagegen gelingt es, seine unterdrückte Wut über den Rassismus ihm gegenüber darzustellen, ohne ins Overacting zu fallen. Genau das ist dann aber das Problem der gesamten konkurrierenden Jets Crew, die sind noch in den Fünfzigern gefangen, hier wirkt alles, was sie tun, steif und theaterhaft, das ist nicht gut gealtert. Ganz schlimm ist dann Hauptdarsteller Richard Beymer als Tony, der wirkt so schmalzig und luschenhaft, dass es nie so richtig klick macht. Das ist dann schwer zu überspielen, weil West Side Story nun einmal Romeo und Julia in New York ist, wir haben also nur wenige Momente, nach denen wir diese über alles gehende Liebe kaufen müssen und das gelingt hier meiner Meinung nach nicht wirklich. Er und Natalie Wood als Maria haben zu wenig Chemie zusammen. Sie spielt ihren Part allerdings besser, speziell die Darstellung ihrer Gefühle im Finale ist gut gelungen, aber die ganz große Liebe steht auch ihr nicht.
                                                    Wie hören sich die Songs nun an? Die schwierigen Stücke von Bernstein sind allesamt sehr solide gesungen, allerdings wurde der Großteil auch von Ghost Sängern eingesungen. Nur Morenos Stimme beim Song “Amerika” ist im Original belassen, alle anderen Songs sind Playback-Performances der Schauspieler mit den Stimmen von professionellen Musical-Sängern überspielt. Das führt dann auch zu einem sehr glatten Sound, der sich kaum individuell anfühlt und etwas zu zahm ist. Natürlich fehlt dann außer bei “Amerika” auch jeglicher spanischer Sprachduktus. Womit wir dann auch bei der Diskussion um Brown Face wären, alle Darsteller der puerto-ricanischen Gang sind mehr oder minder stark braun angemalt. Die Darsteller haben dann auch Wurzeln in allen möglichen Ländern, griechische, philippinische, russische und amerikanische familiäre Ursprünge sind vertreten. Selbst Moreno, die einzige Darstellerin aus Puerto Rico, wurde noch dunkler geschminkt. Das ist alles glücklicherweise vorbei und Filmgeschichte, es fällt aber beim Sehen unangenehm auf, ganz besonders der arme Chakiris wirkt extrem künstlich mit der rostbraunen Schminke.
                                                    Das ist dann auch ein seltsamer Bruch mit der eigentlichen Geschichte. Es ist am Ende eine Darstellung von Rassismus und den schrecklichen Folgen, die das hat, wenn es sich hochschaukelt. Der Plot von West Side Story ist in dieser Hinsicht zeitlos und aktuell wie eh und je. Ganz speziell die eskalierende Wirkung, welche hier von der Polizei ausgeht, macht auch heute noch Vergleiche möglich, wie Gruppen statt an gemeinsamen Problemen zu arbeiten gegeneinander aufgebracht werden. Hier wirken das Stück und damit auch der Film auch heute noch. So schmalzig das sein mag, kann es, wie Romeo und Julia, dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend und den aktuellen Problemen folgend, frisch interpretiert werden. Gerade vor dem Hintergrund wäre eine authentische Darstellung natürlich schön gewesen, statt dass hier ein weißer Amerikaner mit griechischen Eltern als Beispiel für den Rassismus gegen Jamaikaner steht.
                                                    So ist das insgesamt aber trotzdem ein immer noch großartiger Klassiker mit den Schwächen der Zeit, die man beachten muss, wenn man das noch einmal sehen will. Eine Sichtung ist es aber immer noch wert, für die ganz großen Meriten ist es mir mittlerweile aber zu steif und zu datet.

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