Der Witte - Kommentare

Alle Kommentare von Der Witte

  • 3 .5

    Seine einzige Daseinsberechtigung erwirkt der Film mit der verlängerten Nebenrolle Peggy Marchs, inkl. Darbietung ihres Hits 'Doktor' und der einmaligen Schau des sexy Rumlaufens in Unterwäsche innerhalb ihrer besten Blondinen-Optik-Ära. Ansonsten eine recht anstrengend-unfokussierte, lustlos-harmlose Zwillings-Verwechslungs-Klamotte mit Penne-Streichen von Ilja Richter und Christian Anders.

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    • 7

      [...] (Brett Ratners) Herkules repräsentiert eine Ikonografie des ehrenvollen, einnehmenden und doch zugänglichen Strong Man – ein kraftvoller Freund der Menschen, wie er seit Jahrhunderten Groß und Klein begeistert und inspiriert, hierin sogar noch näher an die Menschen herangeführt wird, aber auch aus der Kraft der Humanität seine volle Stärke schöpft. Und selbst wenn der Rahmen in diesem Film dafür ein gewöhnliches Prozedere in der Handlungs-Etablierung durchläuft und jeder stilistische Einfall so ähnlich schon in anderen Werken gesehen wurde, bleibt trotz aller Formalitäten ein intensiv-schnörkelloser Genre-Reißer klassischer Handwerkskunst, der im Zentrum einem der grundsympathischsten Action-Darstellern unserer Zeit die beste Bühne für seine schwitzigen, knallhart-eskapistischen Fähigkeiten bietet, gar nicht unähnlich Liam Neeson im diesjährigen „Non-Stop“. Ein wahrhaftig einschlagender Brocken für genüsslich-knackige 98 Minuten Laufzeit!

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      • 7

        Wer Hayao Miyazaki kennt, weiß, dass er der wohl größte Fan des Fluges im Reich der Animations-Größen ist – Howard Hughes ging da sicherlich noch ein Stück weiter, aber die wahrhaftig zelebrierte Zauberhaftigkeit der Sache bleibt dem Mann vom Studio Ghibli vorbehalten. Die setzt er hier auch wieder vordergründig um, auch wenn er sie diesmal im Rahmen eines klassischen Fantasy-Abenteuers anfertigt. Dynamik und luftige Frische beherrschen von Anfang an das mediterrane Szenario, welches doch schon einigermaßen in der Realität geerdet ist und wahrhaftige, historische Ereignisse anspricht, aber diese freimütig-fantastisch umspielt. [...]

        Miyazakis „Porco Rosso“ ist eben ein bescheidener Held – aber einer, dessen Charme man sich nicht entziehen kann und der auch geradezu mühelos seine dahingehenden Fähigkeiten spielen lässt, das Abenteuerliche schlicht lebt und sein eigener Herr ist. Da wirkt der Film um ihn herum ebenso euphorisch und einladend; das eigentliche Herz der Sache bleibt aber ein Stück weit distanziert, weil unaufgeregt. Doch Idole bleiben immer auch ein Stück geheimnisvoll und sperrig, ein würdiges Denkmal kann man ihnen trotzdem erbauen. Und solange es um den Zauber der Flugfahrt und der Fantasie der Animation geht, darf jeder bei Miyazaki diese Ehre erhalten.

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        • 6

          [...] Reeves nimmt sich ordentlich Zeit, die inneren Strukturen jener zweigeteilten Gesellschaften in angespannter Furcht zueinander weitgehend pointiert darzustellen und auch zu parallelisieren. [...] Im apokalyptischen Modus fühlt man sich natürlich höchst miserabel, die ekstatischsten Gefühlsausbrüche beschränken sich auf Wut – da brennt stets die Luft. Doch es wird sich anhand des vorsichtigen Vermittlers Malcolm (Jason Clarke) um Versöhnung und Harmonie, ein gemeinsames, gleichgestelltes Zusammenleben, bemüht. Das könnte sogar gelingen, wenn da nicht auf beiden Seiten diese alteingesessen Vorurteile herrschen würden, die das Aneinanderreiben der so unterschiedlichen Stämme verstärken und schließlich auch zur konspirativen Eskalation führen.

          [...] Das ist eben auch von Anfang an klar und bescheinigt dem daraus resultierenden Film gelungene, kurzweilige Konzentration in seinem eigenen Standard. Aber reicht das, um eine wirklich spezielle Filmerfahrung herzustellen, erst recht, wenn dasselbe dramaturgische Argument in derselben Serie schon ein paar Mal bewandert wurde, hier nochmals souverän und inszenatorisch wertschätzend, aber vereinfacht prozediert wird? Da bleiben einige Zweifel übrig, wie auch die Erkenntnis, dass letzten Endes nur wenig neues Material, eher technische Versiertheit bewegt wurde. [...]

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          • 3 .5

            Achtung Mogelpackung! Obwohl sich Clint Eastwoods Verfilmung des Broadway-Stücks „Jersey Boys“ als Musical ausgeben möchte, ist es hauptsächlich ein größtenteils austauschbares Biopic-Prozedere geworden, das den Aufstieg und Fall von Frankie Valli und seinen Five Seasons auf die ernüchternste Art chronologisiert. An sich ist diese Idee ja kein allzu schlechter, weil oft bewährter Einfall – die Struktur wurde schon reichlich oft durchgekaut, aber wer die nötige Energie dafür aufbringen kann, hat schon den halben Battle gewonnen (man denke da einfach an Baz Luhrmann). Und da versagt der Ansatz leider schon erheblich, hüllt Eastwood doch sein in den 1950ern beginnendes Ambiente durchwegs in schrecklich blasse Farben, bleibt in der Kamera- und Schnittgestaltung zwar gewissenhaft, aber auch nüchtern an der Grenze zur offenen Lustlosigkeit wie der routinierteste Imagefilm. [...]

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            • 7

              And we have a winner! James Gunn ist mit seinen „Guardians of the Galaxy“ als letzter 2014er-Output der Marvel-Studios deren wohl bester Film unter Disneys Ägide gelungen. Dies aber so zu vereinfachen, würde dem Werk jedoch nicht wirklich gerecht werden. Denn hier wird etwas Neues gestartet, das sich nicht mit früheren Episoden einer Avengers-Reihe verbinden muss oder auf etwas Bestimmtes inklusive Cliffhanger-Shit hinarbeitet, wie ein austauschbares Rädchen in einer größeren Serie (klar, Thanos kommt hier drin vor, aber eben nur ansatzweise) [...] (Es) ist ein klassisches, poppiges Space-Abenteuer entstanden, das sich mit exakt proportionierten Einsätzen von Humor (jede Pointe sitzt!), Action, Absurditäten und schieren, inszenatorischen Schönheiten bewährt und über allem eine emotionale Reise unserer Protagonisten einbindet, die schlichtweg pure Energie, passionierte Motivation und unbedarften Fun mitbringt. So ziemlich jeder unser Helden fängt innerlich gebrochen an, hadert schon seit Langem mit Verlusten in der Vergangenheit und der Angst, wieder etwas zu verlieren, wenn sie zusammen eine Bindung eingehen. Daraus wächst aber ein neuer Ansporn, eine größere Funktion im Sinne der Rechtschaffenheit und erst recht der Freundschaft. [...]

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              • 7

                [...] Sobald man beim Abspann angekommen ist und die Partnerschaft wieder souverän zueinandergefunden hat, blickt man in die wahnwitzigsten Optionen der fortgesetzten Konzept-Ausbeutung, die nicht nur scharf und drollig die Wiederkäuer-Verzerrungen von Franchise-Konzepten ad absurdum führen, sondern auch schelmisch genau das Prinzip bloß stellen, mit dem Produzent Neal H. Moritz („Fast & Furious“ 1-7!) und auch das Studio Sony selbst, gar ganz Hollywood, zahlreiche Fortsetzungen und Remakes, ebenso „22 Jump Street“, ins Leben gerufen haben.

                Der Film ist sich seiner selbst bewusst, was gemessen an seiner offensichtlich ekstatischen Kommerzialität auch zurückfeuern kann, aber bei seinem dennoch anarchischen Spiel mit den Regeln ist der (hier nicht ganz so geheime) Spaß des Subversiven letzten Endes weiterhin an vorderer Stelle. Und natürlich so erfolgreich, dass man trotzdem ein weiteres Sequel erwarten könnte, denn inzwischen nehmen wir dieses Verfahren des immer wieder aufgebrühten Altbekannten als Zuschauer doch allzu gerne an. Doch nur hier können wir über uns selbst lachen – für einen gewissen Preis, aber wir stecken da mit dem Film ohnehin wissentlich unter einer Decke.

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                • 5
                  über Lucy

                  [...] (Ein) Film, der weniger eine Geschichte erzählt, als eine hippe, bedeutungsschwangere Präsentation irgendeiner Bullshit-These hinzulegen. Ein mental-jugendlicher Nachfahre von jenen berüchtigten, durch Action-zugänglichen „Matrix“-&-„Equilibrium“-Philosophien, die seit dem Millennium auf den Schulhöfen dieser Welt mit nihilistischer Teen-Angst und auch ganz viel enthusiastischer Prätentiösität besprochen wurden. Das gehört aber eben zum Charme eines solchen High-Concept-Streifens, der zudem eine toughe, wenn auch fortlaufend entmenschlichte, aber ultimativ emanzipierte Protagonistin als Erlöser menschlicher Kleingeistigkeit mit affengeilen Tricks und Superkräften in den Fokus rückt: Er wird schamlos blöd und zynisch – unabsichtlich, weil offenbar unwissend und höchst spekulativ, so wie Besson seinen Film hier wirken lässt. Da spürt man weniger die Hand eines Altmeisters, als die eines planlosen Newcomers – eben so eine gleichzeitig unbedarfte und unbeholfene Dringlichkeit, die dem intellektuellen Anschluss der Erwachsenen hintereifert und gleichzeitig stylisch ausschauen will, doch nur mickrig zurückbleiben kann. Das lässt einen wiederum leicht mit dem Film sympathisieren, doch Luft nach oben ist durchaus vorhanden.

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                  • 9

                    [...] Miyazaki macht daraus, wie man nachlesen kann, allerdings auch keine große Tragödie, dafür ist sein Ensemble und sein Setting schon so zuckersüß und kinderfreundlich, dass wahrlich finstere Tiefen gar nicht eingesetzt werden müssen. Allein dass ganz simpel und höchst menschlich Sachen schiefgehen oder man mal groggy ist, reicht schon vollkommen, um diese dunkelblauen Dellen am Fluss der ausgelassenen Fröhlichkeiten und bedingungslosen Nettigkeiten nachvollziehen zu können (Joe Hisaishis Score holt da sowieso noch ultra-drollige Emotionspower heraus). Umso erbauender ist sodann die Gewissheit, dass wir uns dann immer auf unsere Freunde und andere hilfsbereite Menschen verlassen können, wenn mal Not am Mann ist oder nichts so recht gelingen mag, wenn man schlicht einen miserablen Tag hat oder eben ganz direkt nicht mit seiner eigenen Wunsch-Funktion im Leben zurechtkommt: man wird's schon überstehen und dafür muss man schlicht an die guten, einfachen, an die genüsslichen und lebensnahen Sachen im Wirken und Dasein denken, um Poesie und Glück zu erfahren - oder auch schlicht einen verzaubernden und Fantasie-erquickenden Film aus dem Studio Ghibli schauen, der einen immer wieder aufzubauen weiß, egal, wie trüb einem auch ist. Und da ist „Kikis kleiner Lieferservice“ eine leichtherzige Wucht für die Ewigkeit.

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                    • Hier auf moviepilot fehlt der Film 'ZOOM UP: THE BEAVER BOOK GIRL' aus dem Jahre 1981, der auf einer Manga-Vorlage von ihm basiert:

                      Mit nur 63 Minuten Laufzeit bekommt man eine ziemlich kompakte Geschichte geliefert. Wie die inneren Kräfte des Films in der kurzen Zeitspanne aber ausfallen, ist jedoch ebenso alles andere als konventionell - daraufhin lässt er sich schwer in irgendwelche bestimmte Kategorien fest einordnen: Komödie, Erotik, Rape & Revenge? Auf jeden Fall regiert der Sleaze und der wird so kompromisslos aufgetischt, dass man sich schließlich kaum mit dem Inhalt identifizieren dürfte - weniger interessant wird er dadurch aber nicht. Basierend auf einem Manga von Takashi Ishii (selber Filmemacher, GONIN 1+2 sowie BLACK ANGEL 1+2, u.a.), erleben wir anfangs eine ruppige Vergewaltigung in einem schummrigen Fabrikgebäude. Im Nachhinein leuchtet nur hinterlassenes Geld und ein Feuerzeug auf - die Zündung zur bizarr-erotischen Achterbahn. Im normalen, provinziellen Alltag des 1980er Japans wird sodann der Fahrradfahrer Kimura (Toshiyuki Kitami), der just ein paar Zwiebeln und weiteres gekauft hat, offenbar ansatzweise von einer Frau mit Sonnenbrille und Trenchcoat verfolgt. Er spürt noch nichts Böses, doch wir haben da schon eine Ahnung, in welche Richtung das gehen wird.

                      Jedenfalls verschlägt es den Herren, den alle um ihn herum schlicht Sensei nennen, in seine Wohnung, die er sich mit dem jungen Modell Mako (Kumiko Hayano), seinem Assistenten Kôichi (Takuya Hiramitsu) und einer kleinen Siam-Katze teilt - jenes Pärchen hat sodann ungenierten Geschlechtsverkehr neben ihm, während er unberührt Spaghetti mit Bolognese zubereitet. Wie sich herausstellt, arbeitet das abgeklärt-verdorbene Trio für das Porno-Magazin eines schwulen Verlegers (der Kimura immer erfolglos am Schritt fasst), bei dem die Kunden besonders auf Schulmädchen-Uniformen und urinierende Mädels stehen. Und dafür fotografiert Kimura - der unter seinen Kollegen einstmals auch als 'Künstler der Vergewaltigung' galt und damit jede Dame rumkriegte (!) - mit seinem Team dann in siffigsten, verlassenen Toiletten und auch mal beim menschenleeren Hafen herum, um Mako beim inszenierten Strullern einzufangen. Doch da werden ihnen immer aus dem Nichts Millionen an Yen zugeworfen, die mysteriöse Frau von vorhin lässt sich ebenso sichten - egal, der Auftrag muss in dieser Nacht noch fertig werden, bei der letzten Location jedoch ist Mako nach einigen Bierflaschen außer Gefecht gesetzt und zieht von dannen, wird aber von Nami Akioka (Junko Makubi) zurückgebracht.

                      Kimura erkennt sie als die ihn Verfolgende wieder, sie bietet ihm sich aber als williges Modell an und tatsächlich: sie nimmt jede noch so aufreizende Pose ein und geht auch bei der Masturbation voll aufs Ganze, was bei Kôichi für harte Zustände sorgt. Aber wie engagiert sie erst beim Urinieren loslegt: ohne die Miene zu verziehen, fetzt sie einen regelrechten Springbrunnen heraus! In jener exploitativen Überspitzung hat der Film da schon seinen schamlosen Zenit erreicht, von dem er nie mehr zurückkommen kann und da fragt man sich schon furchtsam, an welche ekstatischen, irrsinnig-expliziten Orte er uns in seiner eleganten, doch zynisch-orgasmischen Stilisierung noch hinführen wird. Mako, das unbedarfte und vergnügliche Teen-Modell mit dem Jaws-T-Shirt verliert jedenfalls die Lust auf den ganzen Zirkus, nachdem Kôichi sich in seiner Geilheit an Nami austoben durfte und so muss Kimura bei seiner neuesten Fotoserie - eine nackte Kreuzigung inmitten eines frühmorgentlich-nebligen Industriegeländes - auf ein unerfahrenes Modell zurückgreifen, das von der professionellen Gleichgültigkeit ihrer Regisseure verschreckt wird und sowieso unbrauchbar ist, da sie kurz zuvor Geschlechtsverkehr hatte (das verdeutlicht der Film durch eine bestimmte Soße, die an ihrem Bein herunterfließt - ich sag ja: No Shame).

                      Warum letzteres so von Wichtigkeit ist, versteh ich persönlich nicht ganz, darf man den Schambereich aufgrund der japanischen Zensur doch eh nicht offen zeigen. Kimura achtet ja eh stets darauf, dass die Mädels diesen mit der Hand verdecken und der Film an sich verhüllt auch immer ganz geschickt am Rande des Pornografischen, auch wenn die inhaltliche Ebene grenzenlos pervertiert daherkommen kann. Und wenn das nicht schon genug wäre, werden von der externen Zensur noch einzelne Frame-Cuts und blockierende (teils unnötige) Markierungen eingesetzt, selbst ein T-Shirt-Logo von Mako war offenbar rechtlich nicht ganz abgeklärt und wird minutenlang von einem dicken Blur umfasst. Aber das Treiben kennt kein Ende und so tritt unverhofft wieder Nami zur Stelle, die auch das sadomasochistische Bondage am Kreuz mitmacht. Doch Kôichi muss nochmal rausfahren, um eine Rolle Film zu kaufen und da lockt sie Kimura zu einer neuen Location, welche sich als das Firmengebäude von einst entpuppt. Klar war sie da die Frau vom Anfang des Films und dreht jetzt den Spieß um, will ihn vergewaltigen. Doch in seinem Beruf wird er leider nicht mehr steif, beteuert er seufzend. Mit einer abgebrochenen Flasche traktiert sie ihn dann aber ordentlich, schneidet ihm damit die Schamhaare ab und siehe da: es geht doch.

                      Aber eine wirkliche Rache ihrerseits ist das dann wiederum nicht, schließlich lässt sie ihn wieder frei und da ist er so geil, dass er sich nochmals auf sie stürzt und beide in den dreckigen, staubigen Ruinen ein ungestümes Liebesfest entfesseln, bei dem sich schließlich auch im poetischem Exzess gegenseitig anpullern. Symbolhaft für diese Einigung wächst im unfruchtbaren Dreck des Industriellen dann eine Blume an, sogar mehrere kleine Siam-Katzen tauchen in der Wohnung Kimuras auf und auch Mako & Kôichi versöhnen sich mit einem zärtlich-luftigen Liebesspiel, bei dem sie sogar nebenbei Ramen-Nudeln essen und sich darauf einigen, weg vom Job gemeinsam auf Reisen zu gehen. Hier blüht der Sex, vollkommen ungehemmt und extrem, wobei alles natürlich recht befremdlich und naiv rüberkommt, da sich die Ausgangslage dafür auf einer Vergewaltigung gründet. Das letztendliche Zeichen des ekstatischen Ausbruchs von Kimuras Team aus dem Geschäft, hinein ins Vergnügen, gibt allerdings auch einen Wandel vom lediglich kommerziellen Inszenieren zum vollen Ausleben der Obsessionen an und das besitzt ja wiederum eine sehr menschliche Note. So ist Takashi Kannos Film aber auch durchgehend ungeniert und (fast) grenzenlos, wenn es um die exploitative Zelebration erotischer Neigungen geht und auf 63 Minuten komprimiert tritt daher die innere Entwicklung seiner Protagonisten sehr minimal in Erscheinung, während an der Oberfläche verschiedene nackte Prozedere der inszenierten Fleischbeschau durchgeackert werden - das wirkt so, als ob der Film sich selbst bei der Entstehung beobachtet und das trotz fehlendem Score entsprechend visuell würdigt.

                      Dazu muss man aber auch sagen, dass der Fokus auf Erotik äußerst hautnah und effektiv, wenn auch teils auf die Spitze getrieben, funktioniert - eine sehr aufregend-schwitzige Dringlichkeit, die zudem mit einem äußerst augenfreundlichen, weiblichen Ensemble vermittelt wird. Mako mag sich zwar offenbar einen feuchten Dreck darum kümmern, was andere von ihr halten, doch wie unbedarft und spontan sie in ihren lapprigen T-Shirts dem Sex frönt, hat schon was Unkompliziert-Sympathisches. Nami Akioka dagegen als reifere Dame ist noch ein ganzes Stück entschiedener und intensiver, ihre Darstellerin Junko Makubi verbindet das zudem mit einer furchtlosen Ambition, die jedes noch so verkommene Szenario mitmacht und dennoch in ihrer selbstbewussten Präsenz die Oberhand behält. Von daher beherbergt Kanno's Film wirklich noch eine feministisch-befähigende Konsequenz, die zumindest der Sexualität Carte blanche gibt, aber ansonsten keinerlei Anstalten macht, ideologisch oder politisch korrekt zu sein - muss sie ja auch nicht, wer solch einen Film schaut, erwartet ja ohnehin keinen moralischen Zeigefinger, werden doch hier die spezifischen Neigungen schlicht bestätigt. Das macht sie zwar nicht weniger problematisch, aber den Film damit auch nicht weniger genüsslich und letzten Endes auf seine ganz eigene, verdrehte Art sogar ein bisschen süß und vergebungsvoll, auch wenn die christlichen Symbole im Film dahingehend etwas zweckentfremdet werden. Kanno übt da eine ungebändigte Attacke aus, doch so ein Freischlag vom Moralisch-Rechtmäßigen war trotz seiner Härte wohl mal nötig, wie man an der sich in seinem Film bemerkbar-auferlegten Zensur erkennt. Sex braucht die Luft zum Atmen - und die holt er sich auch mit Gewalt ein, kann man einfach nicht aufhalten.

                      6,8 von 10 Punkten

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                      • 5

                        Es ist doch so: Filme aus dieser Reihe nüchtern anzuschauen, würde ihnen nicht gerecht werden. Bei 'UNSERE TOLLEN TANTEN IN DER SÜDSEE' habe ich mich zusammen mit Mutti und einer Flasche Wein durch den Wahnsinn gekämpft, jetzt wollte ich den Effekt wiederholen, allerdings ohne auf Alkohol zurückzugreifen, denn alleine trinkt man nicht, das wisst ihr ja. Drum greift man eben auf das nächstbeste Narkotikum zurück: Schlafentzug. In dem Zustand ist jener Text hier auch verfasst - das sei nur mal gesagt, damit jeder, der ihn in Zukunft liest, sich nicht zu wundern braucht, warum er blöder ausgefallen ist als sonst. Diese Form von selbst entwaffnendem Humor, wie ich ihn eben versucht habe, findet man auch äußerst schnell in diesem Film von Rolf Olsen wieder, der Gunther Philipp bereits anfangs aus einem Vorhang ballern und erklären lässt, dass gleich mächtig viel Quatsch in Form eines Schwanks kommt und wohl auch ein paar Mal die vierte Wand gebrochen wird.

                        Nach einer für Olsen so bezeichnenden Bulldogge im MGM-Ersatz-Logo und einem Cut-Out-animierten Vorspann, der schon eindeutig illustriert, dass sich hier nicht nur Männer in Frauenkleider schmeißen werden, sondern auch umgekehrt, gibt der Film sogar schon offen bekannt, dass er jeden Bundesfilmpreis ablehnen muss, da man ja erst mal die Produktionskosten wieder einzuspielen hat. Offenbar hat man hier mit der Filmemacherei eine schwere Last zu tragen. So ergeht es auch den Papagei-Verkäufern Hyacinth Grad (Kurt Großkurth) und Max Rettich (Gunther Philipp), welche die Sprechtalente ihrer Kakadus faken müssen, um diese verkaufen zu können. Da gibt's schon schnell den ersten, großen Aha?-Effekt, als die ältere Kundin nichts von den slawischen Sprachtalenten der Vögel hält, da sie 'ausschließlich in rechtsradikalen Kreisen verkehrt'. Wat, alder?

                        Jedenfalls kann das so nicht weitergehen, da treten just ihre zwei Kumpels, Gus Sunday (GUS BACKUS) und Paul (Henning Heers) in den Laden hinein und unterbreiten den Jungs das Angebot, die Tanten-Show der 'JOLLY SISTERS' vom 'letzten Mal' im Schweizer Städtlein Davos für die Wintersaison des Grand Hotels unter Leitung des Managers 'Negerli? Nein, Mägerli!' (Oskar Sima) zu wiederholen. Man muss dabei bedenken: das hier ist der zweite Teil der berüchtigten Tanten-Reihe, also arbeiten wir uns rückwärts durch den ganzen Schlamassel - wahrscheinlich nicht so schlimm, auch wenn sich alle im Dialog so oft daran erinnern, was damals alles am Wörthersee geschehen ist. Mir doch wurscht. Jedenfalls brauchen sie noch einen fünften im Bunde, um das Image von einst zu bewahren - und da kann nur noch Pit (Udo Jürgens) helfen, der zwar nicht mitmachen wollte, aber so als mittelloser Romantiker doch noch an seine große (noch nicht volljährige!) Liebe Susi Güden (Vivi Bach) herankommt - auch wenn er ihr es versprochen hat, so einen Schabernack nicht mitzumachen.

                        Die trifft nämlich gerade ebenso in Davos ins Frauenhotel ein (von der Struktur her dieselbe Idee wie in DIE LUSTIGEN WEIBER VON TIROL) und komplettiert das schicke Ensemble des Schlager-Klamauks um u.a. Ruth Stephan und (eine kaum genutzte) Hannelore Auer. Ja, richtig gehört: auch hier wird gesungen, zwar etwas knapper als sonst, aber wenn, dann immer in durch-choreographierten Totalen abgewickelt, die natürlich jede der Figuren ohne Weiteres Bewegungs-technisch synchron drauf haben. Es wurde ja von Anfang an schon herausgegeben, dass man sein Hirn bei der Bulldogge abgeben soll, aber ehrlich gesagt kann man bis hierhin noch gut folgen, was mich ein wenig enttäuscht hat. Sicher sind die tollen Tanten honkig, drollig und schrill unterwegs, immer wieder im Tonfall hin- und herpendelnd, der ihre Männlichkeit durchscheinen lässt - da wird's natürlich umso doller, je eher sich die merkbefreiten Kerle des Hotels und ausgerechnet klischeehafte Öl-Scheiche (u.a. Rolf Olsen selbst) in sie vergucken, während Paul Hörbiger als Portier Eierlein immer zwischendurch nen kornigen Schluck braucht, um mit wortwörtlich heißlaufenden Telefon-Apparaten fertig zu werden.

                        Und ach wie 'verrückt' wird es doch erst recht, wenn Susi von den Abenteuern ihres Pits erfährt und sich aus Rache zusammen mit den anderen Mädels als Kerl verkleidet - was so aussieht, dass sie alle lediglich kurze Haare und Schulterpolster tragen, nur Ruth Stephan packt einen falschen Schnurrbart dazu, spricht aber komischerweise weniger männlich als in weiblicher Fasson -, was aber wiederum ebenso weibliche Verehrer hervorbringt. Urgh...Nur wirkt das alles so vorhersehbar und vorallem zu überschaubar, so dass man sich schon ein bisschen unterernährt fühlt. Gottseidank helfen da immer die spaßigen Revue-Nummern aus, die unsere tollen Tanten zur 'Immer happy, Immer crazy' Schneeballschlacht in der City und vorallem Gus Backus zum lustigen Backen von 'Böhmischen Knödeln und schöner Musik' verführt.

                        Aber dann, irgendwann im letzten Drittel, so knapp nach der erzwungenen, tollpatschigen Modeschau der androgynen Zunft, packt der Film mit einschlägiger Pointierung seine besten Absurditäten aus: da gibt's eine bölkende Verfolgungsjagd mit den notgeilen Arabern; da fangen Statuen plötzlich von ihrem Bewusstsein, in einer Schlagerklamotte zu sein, zu sprechen an; da gibt's eine bestimmte, absolut famos-verhunzt geschnittene Szene mit Ruth Stephans Schnurrbart, die unmöglich sinnvoll nachvollziehbar gemacht werden kann; da gibt's ein Bobschlitten-Rennen, bei dem einem Skifahrer über die Füße gefahren wird, obwohl der vorher schon so dreinschaut, als ob er ein schmerzhaft-traumatisches Problem hätte; da singt ein flippiger Rex Gildo (in einer Aufmachung, die den tollen 'Neffen' alle Ehre machen könnte) auf dem Eis von 'Speedy Gonzales' und schickt dafür lamentierende Mexikanerinnen sowie dicke Sombrero-Muchachos übers Eis - und zuguterletzt, nach all dem Geschlechter-zersetzendem Anarcho-Nonsens-Wirbel legen die Jolly Sisters nochmal eine richtig bizarre Varieté-Nummer hin, alle passenden Paare finden sich wieder zusammen und der sprechende Schneemann entlässt uns perplex in die normale Welt zurück, während Philipp und Großkurth um die weniger erstrebenswerte Gunst von Ruth Stephan buhlen.

                        Das war wahrhaftig dann doch noch hochgradiger Blödsinn und lohnenswert, wenn man die Voraussetzungen der Intoxikation im Vornherein richtig erfüllt - doch für die gesamte Laufzeit war das dann doch etwas doll mager, zwar kurzweilig und zweckerfüllend fürs Keine-Ahnung-was-für-ein-Publikum, aber eher zurückhaltend in der unberechenbaren Blödheit. Als Einstiegswerk sind diese Nichten dann vielleicht eher geeignet, wenn auch recht unbeeindruckend-dramaturgisiert und vorallem sehr unterentwickelt in der Verzweigung der einzelnen Liebesaffären - fortgeschrittene Eigenhirnfeinde der eventuellen, geistigen Kapitulation wie ich kennen jedoch bereits den härteren Stoff bzw. solchen, der im ulkigen Schlager-Genre seine Stars zu richtigen Höchstleistungen pusht. Aber wem erzähl ich das, ich kann den ganzen Shit hier nur noch mit einem Auge schreiben, also werde ich mich mal langsam aufs Ohr hauen - wir lesen uns dann beim nächsten Schmarrn, nich wahr?

                        Kostenlos auf der Homepage des Lizenzinhabers bei CINEHOME.TV in der Kategorie "Heimat" an der Seite von vielen anderen BRD-Obskuritäten zu sehen.

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                        • Wer Peggy nicht kennt, hat sein Leben verpennt:

                          http://www.myvideo.de/watch/9509960/Portraet_Peggy_March

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                          • 6

                            [...] Schließlich ist Ralf Gregans Film von außen hin pure Jack-White-Propaganda, gleichzeitig eine Präsentation seiner damaligen, größten Hits und eine eher freiläufige Biopic-Ansammlung von Anekdoten über den ruhmreichen und immer mal wieder etwas schwierigen Aufstieg (einen Fall gibt es gar nicht = mickrige Dramaturgie) jenes Erfolgsproduzenten. Doch so recht möchte das Gesamtbild nicht zusammenpassen. In einer Rahmenhandlung, die wohl so etwas wie eine Retrospektive zu Ehren Whites darstellen soll - moderiert von Nero Brandenburg - und in seinem alten Club abgehalten wird, schmettern einige seiner beliebtesten Künstler ihre Erfolgshits fürs Publikum nieder und liefern in der hohen Anzahl an Titeln eine musikalische Dichte, als ob man bei einem reinen Konzertfilm wäre. Zwischendurch wird dann bei manchen Nummern erklärt, wie White zu ihnen kam bzw. wie er seine künstlerische Integrität gegen anspruchsvollere (!) Produzenten verteidigte. [...]

                            In meinen Augen glaube ich zwar nicht ganz, dass Ralf Gregan diese Arbeit wirklich ernst nahm (so platt sein Drehbuch hierfür im Gegensatz zu seinen Arbeiten mit Dieter Hallervorden ausgefallen ist), doch nichtsdestotrotz entwirft er eine ausgelassene Schlager-Sause mit einem äußerst funktionalen Plot, die sich am Stärksten darauf konzentriert, wirklich mal soviel Musik wie möglich anzuliefern. Und das macht schon ordentlich Spaß, besonders in Verbindung mit der breiten, hysterischen Synchro. Es dauert im Endeffekt gefühlt weit länger, als es wirklich ist, aber nichtsdestotrotz stellt der Film eine recht bizarre Trivial-Produktion da, die dauernd zum Hinterfragen und Spekulieren sowie (je nachdem, wie tolerant man diesem ewig-spießigen Musikgenre gegenübersteht) zum Beinwippen und auch Mitsingen einlädt.

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                            • 9

                              [...] Miyazaki verzaubert uns vollends mit menschlicher Güte, dem hoffentlich ewig währenden Geist kindlicher Unbekümmertheit und glücklicher Euphorie – eröffnet uns die Natur als mythologischen, belohnenden Verbündeten der Seele und erklärt dieses fantastische Weltgefüge liebevoll zum Grundstein für einen puren, brillant-leuchtenden Optimismus. Da hat Zynismus keinen Platz, wird durch die ungebändigte Luminanz und Drolligkeit des Settings und seiner Figuren ohnehin blitzschnell entwaffnet. Man kann einfach nicht anders, als sich wohlzufühlen und von der empathischen Glorie des alltäglichen Zaubers überwältigt zu sein. Deshalb ist ein Besuch bei Totoro schon fast ein regelrechter Urlaub – wenn Menschen (und Fabelwesen) so gut zueinander sein können, will man einfach nicht von dieser Märchenwelt weichen. Und Miyazaki setzt das zudem bewusst in einer idealisierten, doch äußerst persönlichen und dreidimensional-nuancierten Variante unserer Welt in Zeichentrickform an, dass wir uns dort wiedererkennen und somit den Traum dieses Films, die Kraft der Kindheit, zwangsläufig in unsere Realität mit hinübertragen wollen. Das Leben ist schön – und Miyazaki ein humanistischer Großmeister.

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                              • 6 .5

                                [...] Langweilt zu keiner Minute, hat durchweg einen massiven Anteil an Musikpartien im Angebot, die zusammen mit Kamera & Schnitt ordentlich Energie und Frohsinn verbreiten, während die Konzentration in Story und Setting ein schön geerdetes Ambiente vermittelt und daraus sein durchgängig aufreizendes Gag-Potenzial zieht. Die Charakterisierungen der einzelnen Figuren sind zwar auch hier äußerst oberflächlich, aber dafür angenehm inoffensiv und frohmütig, selbst bei den exaltierten Gangstern, die glatt aus einem Lausbuben-Märchen stammen könnten. Das gehört eben zu Jacobs' Familien-freundlichen und sonnigen Stil, der jedoch fernab von der wahren Sexyness des hier oft besungenen Jazz und seinen Damen arbeitet und stattdessen nur harmlosen, bodenständigen Klamauk zaubert. [...]

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                                • 8

                                  [...] Auf diesem Wege des kinematischen Mitschwitzens geht Evans erst recht auf intensive Tuchfühlung mit seinen sich gegenseitig zerfleischenden Kontrahenten und lässt zeitgleich ihre Arenen gnadenlos enger werden, bis das Schicksal eines ganzen verdorbenen Imperiums mit weitreichender Verbindung zur Oberwelt und dessen Figuren sich unter anderem im Innern eines Autos, in einem kleinen, rot-gläsernen Durchgangsflur und einer bloßen Küche entscheidet. Was wieder mal beweist, dass selbst die kleinsten Zellen die stärkste DNA beherbergen können.

                                  Und Evans kennt nun mal die DNA des Actionfilms in- und auswendig, lässt zwar die Münze von vorhin nur im Sinne Gut vs. Böse fallen, nicht aber, was die Ideologie der Genre-Stile betrifft – es ist ihm stattdessen eine immens aufregende Einigung gelungen, die eine bombastische Grausamkeit am Rande des Unmöglichen in graziöser Kohärenz, rasanter Körperkunst und vor allem ekstatischer Menschlichkeit erlaubt. Er ist daher auf seine Art vielleicht der essenziellste Action-Regisseur seit John McTiernan, aber natürlich auch mit einem Ensemble an der Hand, das sich keine Kompromisse zugesteht. Das asiatische Kino ist dem Rest der Welt so oder so wieder mal weit voraus, aber hier von sich aus als international beglückendes Bewegungskino erdacht. [...]

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                                  • 3 .5

                                    [...] (Der Film) versucht schlicht, ein normales Endprodukt abzuliefern und in seiner Funktion gelingt ihm das trotz mickrigem Budget auch ohne große Ausfälle der Verwirrung oder Dummdreistigkeit. Aber das macht ihn auch eben so übel-standardisiert, dass man sich weder über irgendwelche originelle Überraschungen, noch über irrwitzige Abstürze in Stil und Plot freuen kann. Er hat einfach keine ideenreiche 'wild side', arbeitet simpelstes Genre-1x1 ab und versucht sich lediglich mit seiner Souveränität über Wasser zu halten. Da kann Hauptdarstellerin Chuchran noch den meisten Nutzen draus ziehen, eine professionelle Figur machen und nette Stunts glaubwürdig vermitteln (zudem offenbar Wendy-mäßig ein Faible für Pferde ausleben), aber ansonsten herrscht bei diesem Werk eine künstlerische Lustlosigkeit, die sich im Versuch mit digitaler Effektarbeit und einem epischem Score für etwas Größeres ausgeben will, als was der Film eigentlich ist. Wie sagt Captain Hunter in der ersten Trainingseinheit doch so bezeichnend: 'Da ist noch Luft nach oben.'

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                                    • 5 .5

                                      [...] Zu sehr hemmen die unterwerfenden Beziehungs- und Geschlechter-Verhältnisse das sonnige Gemüt und erst recht die leichtfüßige Anarchie, welche die besten Vertreter jener Produktionen auszeichnete. Klar steht der Sex wieder an vorderster Stelle und auch das Urlaubs-Flair kommt optisch nicht zu kurz - doch irgendwie fehlt hier besonders die treffsichere Energie und das Kasper-artige Ambiente seines sonst so aufgelockerten Ensembles. Dennoch kann man sich für einige gelungene Sketch-Einlagen und besonders die zahlreichen, teils gewohnt-blödelig eingebauten Schlager-Sequenzen erfreuen, auch wenn der Dialog zunehmend chauvinistischer und zynischer von statten geht, als dass es die Heiterkeit fördern könnte. Was bleibt, sind vielleicht noch immer irgendwo tatsächlich 'TAUSEND TAKTE ÜBERMUT', aber viel zu oft wird ein ernüchternder Moll-Ton getroffen, als ob man zwischendurch mal das Genre ein bisschen fertig machen wollte. Gerade jener aufklärerische Ansatz würde aber dem Ganzen irgendwo seine ehrliche Schwachsinnigkeit rauben und beißt sich dann doch wieder zu sehr mit der entwaffnenden Freimütigkeit anderer Werke des Autoren in diesem Feld. [...]

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                                      • 8

                                        [...] Cassavetes kennt da keine Kompromisse, verlässt sich auf den Genuss des Augenblicks und denkt schlichtweg mit dem Herzen, aber auch mit einer kriegerischen Dringlich-, Ehrlich- und Persönlichkeit. Da hat sein Film auch einen therapeutischen Ansatz, jedoch hauptsächlich eine Stimme, die sich endlich mal so richtig laut und schamlos aus dem Gewusel des Konventionellen, Glattgebügelten und Zweifelnden herauskatapultieren will, ganz gleich wie unvernünftig und unpassend sie auch klingen mag. Aber genau das holt sein Ensemble so nah an uns heran, selbst wenn es schlicht außergewöhnlich scheint, ist solche Eigenschaft ja human-gesehen eigentlich nichts Ungewöhnliches. Jeder hat ja die ein oder andere Macke und manch einer hat auch schwierige, reelle und nicht so leicht lösbare Probleme damit. Das vergisst man ja manchmal, wenn man sich allzu doll mit den teils forcierten Formalitäten des Mediums Film zufriedengegeben hat. Gut, dass es dann immer den gewissen, wahrhaftigen Ausnahmefall gibt, der die Verhältnisse ein bisschen aufrüttelt, nicht einzwängt, sondern mit grenzenloser, in alle Ecken abfeuernder Energie aufbläst, das Herz im Sturm erobert.

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                                        • 7 .5

                                          [...] Schlimm wird's für jeden halt erst dann, wenn Gewalt ins Spiel kommt und da behandelt er alle mit der gleichen stilistischen Aufbereitung von explosiven Zeitlupen, zwischen aufwirbelndem Staub & Dreck sowie zerspringenden Glas und Holz (inkl. ekstatisch-realistischem Top-Stuntwork von Craig R. Baxley). Wo zudem jeder Einschuss mit inszenatorischer Ankündigung abläuft - schließlich wird hier Historisches behandelt -, aber nichtsdestotrotz schmerzhaft Körper zersiebt, bei der erzwungenen Langsamkeit eben noch härter als normal. Das ist spannend anzusehen, aber für die Figuren hier kein Zuckerschlecken, wie der zuvor erfahrene Krieg eben keine schöne Angelegenheit - klare Ansage und auch ausnahmslos ohne heroische Musikuntermalung oder visuelle Verwässerung ausgestattet: einfach wahrlich grausame Massaker à la 'WILD BUNCH'.

                                          Aber deshalb bleibt man mit der Sympathie letztendlich doch bei den Räuber-Jungs, denn wer will schon komplett nach den Regeln leben, wenn diese so hart zurückschlagen wollen, sobald man sich von ihnen entfernt? All dies spricht das Freimütige und Eigensinnige in uns an, aber auch die ureigene Romantik von Brüderlichkeit und Seelenverwandschaft. Ein archaischer und doch herzlicher Ausdruck des American Dreams und der mit ihm verbundenen Freiheit des Einzelnen, die jedem zusteht, selbst wenn er für die Südstaaten im Krieg um die Sklaverei etc. gekämpft hat. In den USA ist man nun mal vor dem Gesetz und wohl auch vor der Waffe gleich - in diesem Film lebt jeder damit und so akzeptiert auch Jesse James (James Keach) sein jähes Ende, mit der Gewissheit, dass seine (Waffen-)Brüder wahrhaftig-menschlich bleiben. Riders forever!

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                                          • Da ich einen anderen Bill Morrison meine, dessen Film 'DECASIA' von 2002 hier nicht gelistet ist, gebe ich noch mal extra sein imdb-Profil durch, damit da ein bisschen Klarheit herrscht:

                                            http://www.imdb.com/name/nm0994484/?ref_=tt_ov_dr

                                            Nun, ohne weitere Umschweife, meine Besprechung zum oben genannten Film:

                                            Andrei Tarkowski bezeichnete Film einstmals als Medium zur Versiegelung der Zeit. Da gibt's sogar ein ganzes Buch drüber und sollte von jedem Enthusiasten der audiovisuellen Kunstform mal gelesen werden. Dieser Film hier von Bill Morrison stellt denselben Sachverhalt ebenso her, beobachtet aber mit Grauen, wie jene Versiegelung und die dort inne wohnenden Erinnerungen zerstört werden oder sich auch gegenseitig zerstören. Uraltes Archiv-Material, das sich in einem katastrophalen Zustand befindet, wird hier zu einer Symphonie der Verätzung montiert und besitzt lediglich nur noch Umrisse von Menschen und Ereignissen, die auf dem jeweiligen Material vor einem knappen Jahrhundert mal für die Ewigkeit eingebrannt wurden.

                                            Und obwohl in all der Zerrissenheit der vernachlässigten und verbrannten Zelluloid-Streifen nur noch bruchstückhaft Inhalte herausgelesen werden können, bildet sich ein neuer Narrativ und vorallem eine expressive Darstellung innerer Kräfte und Energieströme, die von unseren verschrobenen 'Protagonisten' und 'Settings' ausgeht. Und da macht DECASIA keine Gefangenen, beweist insbesondere anhand des kakophonischen Scores von Michael Gordon, dass hier Gewalt, brennender Sadismus, Unterdrückung und Horror die Szenerie beherrschen - wie ein Einblick in die Hölle, voll mit fletschenden Fratzen, spaltend-zerfließenden Realitäts-Ebenen und wild-zerschüttelten Körpern. Die brutale Anti-Materie aus Mensch und Natur, am quälend-gedämpften Fluss der unausweichlichen Zelltötung und -vergiftung. Der schlägt ohne Unterlass zu und schleppt den Zuschauer in ein verzerrtes, dämonisches Weltbild, das womöglich unter der Wahrheit von allem Irdischen brodelt.

                                            Das alles, was der Film zeigt, war ja ohnehin mal das festgehaltene 'Wahrhaftige', aber genauso schnell ein Relikt der Vergangenheit, jetzt in diesem Rahmen allerdings eine unbekannte Gefahr aus den tiefsten Ecken unserer Erinnerung - verrottet und wie ein Spieß sich in unsere Augen drehend, immerzu, bis in die Unendlichkeit. Es leidet, lässt leiden und wir müssen mitleiden, uns fürchten, permanente Schmerzensschreie anhören und keinen Ausweg finden. Denn wie hier der Film kaputt geht, das ist purer Schmerz, weil er im Grunde den Zerfall von Geschichte, von einigen der ursprünglichen Grundsteine unseres irdischen Lebens, darstellt. Das ist nicht nur ein Sinnbild für das ewige Fegefeuer, das IST ganz direkt und einfach das Tor zur Hölle: der Tod von Erinnerungen.

                                            DECASIA ist da ein starkes, existenzialistisches Stück Kino, aber auch permanenter Pessimismus. Er borgt zwar die Verzerrung herkömmlicher Kunst für eine neue, sinnliche Erfahrung aus, erhebt sie jedoch ausnahmslos zum körperlichen Terror, u.U. als sich wiederholender Zyklus historischer Ungerechtigkeit, der für Ewigkeiten im Wesen des Menschen schlummern wird. Ich glaube nicht, dass das hinsichtlich dieser Art von Kunst nur so sein kann - siehe den bloßen, spannenden Reiz des sogenannten Grindhouse-Kults -, manche bezeichnen und verehren solche Einschnitte in der Materialqualität als turbulent-aufregende und noch grundsätzlich ehrliche Lebenszeichen des schwindenden Zelluloid-Formates, insbesondere in heutigen Zeiten, die digitale Projektion zum binär-kontrollierten (und eigentlich auch nicht vollkommenen) Standard erklären.

                                            'Vintage rules!' und so, also will ich mich nicht komplett auf die Ideologie dieses Films festlegen - versucht er zwar irgendwo in seiner stilistischen Strenge, will er als provokant-offene Installation aber doch wieder nicht. Wenn man jedoch noch was ganz Bestimmtes von diesem Film abseits des (von mir so interpretierten) Narrativs mitnehmen kann, dann, dass die Versiegelung der Zeit besser präserviert werden muss, bevor sie von Gewalt (= die chemischen Widerstände von Seiten der Natur und die Vernachlässigung durch den Menschen) zerfressen wird.

                                            7,5 von 10 Punkten

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                                            • 7

                                              Ein recht bizarres Gesellschafts-Drama vollends abgeglitten in der oberflächlichen Kälte der Gefühle. In seiner steifen Theatralik und dem Alles-erklärenden Pathos im Dialog u.U. ein gewisser Abgesang auf heuchlerische Melodramen des dritten Reichs (dem Regisseur Pabst nach seinem Exil in Frankreich mehr oder weniger unfreiwillig 'KOMÖDIANTEN', 'PARACELSUS' sowie den unvollendeten 'FALL MOLANDER' gab), wenn auch nicht minder Symbol-beladen mit morbiden Kulissen & Accessoires, ausgestopften Tieren und Skeletten aus der Urzeit. Denn im Grunde wird eine Moral erhoben, die fast schon älter ist als die Zeit, jedoch derartig befremdlich zur Erfüllung gebracht wird, dass man darin durchaus eine rhetorische Kritik vermuten könnte - wieviel Absicht dahintersteckt, lässt sich heute leider nicht mehr genau nachweisen, allgemein wird jedoch festgestellt, dass Pabst vor allem in die Seele des Menschen vordringen wollte, indem er den Fokus auf eine eisige, tiefe Höhle verlegte, in welcher Professor Benn Wittich (Paul Hubschmied) nach dem Ursprung der Welt und der Menschheit strebt, Fossilien hervorbringt.

                                              Dies missfällt seiner Verlobten Cornelia (eine ungewohnt entrückt-distanziert spielende Ilse Werner), welche es in den grotesken Eisformationen im abgeschiedenen Dunkel der Einsamkeit schaudert und ohnehin Schwierigkeiten hat, sich der Berufung ihres Verlobten anzupassen, der die gemeinsame Behausung mit allerlei furchteinflössenden Artefakten einhüllt - alles im Namen der Forschung, welche er auch über das Glück seiner Frau stellt und sogar auf das Geld vom potenziellen Investor, dem Großindustriellen Robert Roy (Stefan Skodler), verzichtet. Hier am Boden des verschlossenen und ungewissen Lebens kann sie nicht atmen und lässt sich stattdessen vom Herrn Roy betören, der ihr die Welt, Freiheit und Prestige verspricht. Doch je tiefer sie in dieses Milieu der oberen Zehntausend rutscht, desto schneller begibt sie sich trotz aller anfänglicher Unbedarftheit in den berüchtigten Goldenen Käfig™.

                                              Und so muss sie sich auch hier den erdrückenden Regeln der High Society unterordnen, aus Zwang Juwelen umlegen, um den Glanz des Aushängeschildes Roy zu repräsentieren. Sie liegt in unsichtbaren Ketten, stumpft ab bei den ewig gleichen, zynischen Bekanntschaften und rettet sich hauptsächlich in den Schlaf, wo sie groteske Träume von verätzten Ranken und rücksichtslosen Menschenmassen erlebt, die sie hypnotisch in den Sumpf treiben und ihr dem Drang zum Ausbruch verleihen. Die inszenatorische Fantasie von Pabst geht dabei erneut wie in seinen besten Zeiten expressionistisch-düster zu Gange und legt mit unbedarfter Direktheit die schmierige Wurzel des Bösen und die komplex-verdorrte Psychologie des Menschen frei, die man beim deutschen Publikum in jenen Jahren noch zu verklären gedenkte.

                                              Seine Protagonistin Cornelia bleibt aber trotz scharfer Beleuchtungs-Kontraste von außen hin ein kaltes Wesen, das auch nicht im erneuten, sehnsüchtigen Kontakt mit ihrem Wittich äußere Wärme erzeugen kann - ihre Absicht zur Rückkehr in seine urmenschliche Verschlossenheit zeichnet sich aber deutlich ab. Zu stark ist zunächst aber noch der Einfluss der oberen Gesellschaft, die unter der Lupe ebenso vor innerer Ziellosigkeit zerbricht - mit vorsichtig-detaillierten Verträgen jedes Besitztum und sogar jedes gemachte Geschenk auf sich selbst versichert, bei der Sinnlosigkeit des Geldes allerdings nur noch den Tod vor sich hat. Dann doch lieber zurück in die Höhle, zum eindecken Geröll und den vereisten Zeitdokumenten der Ursprünglichkeit des Lebens und des ewigen Sterbens. Weg vom Geld, zurück zur Natur und schließlich durch den verdienten Aufbruch hin zum ursprünglichen Licht der alten Liebe, des alten Lebens.

                                              Die Moral dieses Happy-Ends zeichnet eine plakative, altbackene Konsequenz, wirkt psychologisch immerhin sinnig-erzählt, in der zurückgenommenen Gefühlsbetonung allerdings auch abstoßend-dysfunktional. Denn die allgegenwärtige Todessehnsucht geht so stark einher mit dem tief-einschneidenden Schwarz-Weiß des Bildes, der toten Ausstattung beider Welten und den finsteren Tönen der Musik (Roland Kovac, Alois Melichar), dass der letztendliche Aufstieg in die Freiheit geradezu verklärend wirkt, wenn schon im Vornherein keinerlei Liebe explizit ausgestrahlt wurde und die Liebenden sich nur in der brutalen, archaischen Höhle wiederfinden - damit erneut älteste Rollenmodelle der Menschheit wiederherstellen, die in der Reichhaltigkeit der oberen Gesellschaft gleichfalls Bestand haben. Cornelia denkt sich dabei sicherlich: lieber eine ungewisse Zukunft, als eine strenge. Dabei hat der Wittich mit seinen Entdeckungen allerdings ebenfalls inzwischen Erfolg gefunden - wer sagt nicht, dass sich ihr Teufelskreis des inneren Leidens nicht nochmal wiederholen wird?

                                              So befremdlich-unterkühlt und dennoch virtuos Pabst seine bieder-perfide Sozialstudie größtenteils präsentiert, kann man schon durchaus in Frage stellen, wie ernst er diesen (zu jener Zeit) moralisch eher-vertretbaren Schlusspunkt trotz des psychologisch-möglichen Aufbaus dann doch gemeint hat. Denn viel eher fühlt sich seine 'GEHEIMNISVOLLE TIEFE' so an, als ob jeder zum Schluss in den Tod gerissen werden müsste. Die omnipräsente Kälte in den Höhlen, in den toten Skeletten & Menschen sowie den ausgestopften Tieren (im Grunde allesamt auf demselben Level des Lebens) lässt vermuten, dass Pabst nach dem Krieg wirklich kein Vertrauen mehr in der Menschheit hatte und am Liebsten in der mysteriös-zelebrierten Höhle geblieben wäre.

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                                                Anton Kutter, der seine Karriere schon vor dem dritten Reich begann, darin allerdings als einer der wenigen Filmschaffenden Versuche von Sci-Fi-Streifen unternahm (woraus später der Zusammenschnitt 'WELTRAUMSCHIFF 1 STARTET' geborgen wurde), war, wie man sich wohl hinsichtlich jener Ära gut vorstellen kann, kein Unbekannter im Genre des Heimatfilms. Auch nach dem Krieg tobte er sich in diesem Feld aus, wobei jener Film hier offenbar eines der krasseren Beispiele seines Gesamtwerkes darstellen soll.

                                                Zwar ist sein semi-düsteres Salzkammergut-Drama keine allzu packende oder bizarre Angelegenheit und verliert im Verlauf ein gutes Stück innerer Spannung, beherbergt allerdings auch manch aufbrausende Elemente. So hält er seinen Mikrokosmos des Tiroler Salzerhofes, geführt von der Witwe Jutta Salzer (Gisela Fackeldey), in blassem, trostlosen Schwarz-Weiß und dicken Nebelwänden, welche vor allem anfangs wunderbar grantig und statisch einen Schleier der Bedrohung brodeln lassen - speziell hinsichtlich der Hofbesitzerin, die einsam und verschlossen ihren Lebenswillen allmählich niedersinken lässt und zum zynisch-missmutigen Biest ihrer Umgebung mutiert, während sie stets vom Echo des Dynamits penetriert wird, mit dem das Salz aus den Tälern geborgen wird.

                                                Sodann schlägt sie auch herzlos alle Warnungen vom Einsturz jener abgebauter Höhlen nieder. Das Desinteresse gegenüber ihrer sozialen Verantwortung nimmt aus Frust heraus Überhand, lässt ihr aber in ihrer bornierten Ziellosigkeit noch immer Raum für herrische Besitzansprüche - insbesondere, wenn es um den Großknecht Hannes (Pero Alexander) geht, welcher schon länger mit ihr eine Beziehung anstrebt und einstweilig von ihrer Aura gefangen zu sein scheint. Der Ansatz seiner Einsicht folgt schon bald, mit einer Handlung der jähzornigen Natur (die dem alten Testament entsprungen sein könnte und Jutta wohl belehren soll) als nämlich eine Bergwand bei Sturm & Blitz einreißt, 6 Menschenleben beansprucht und den Wasserfluss im Hof unterbricht. Lediglich ein Bub konnte die Katastrophe als Waise überleben, welcher nun in die Obhut des Salzerhofes kommt und dabei vornehmlich von der Magd Christl (Marianne Koch) umsorgt wird, deren Charakter die blanke Güte in Heimatfilm-gemäßer Romantik manifestiert.

                                                Und so verlagert sich der Film schließlich auf das schüchterne Glück ihrerseits, da sich der Hannes, trotz seines inneren Banns an die Gutsherrin (forciert durch Reverb-Beschwörungen ihrer Stimme im Hirn) allmählich von dieser abwendet und mit der Christl anzubandeln beginnt - wobei auch der alte Schäfer, schlicht "Tiroler" (Eduard Köck) genannt, seine einflussreichen Hände bei dieser erstrebten Einigung im Spiel hat. Jutta (und ihre Darstellerin) ist vor seelischer Enttäuschung und Raserei kaum noch aufzuhalten und verweist Hannes des Hofes, weshalb er aber auch recht nachvollziehbar das Angebot annimmt, mit Christl eine Bergwanderung zu unternehmen. Schließlich scheint die Natur sich wieder erholt zu haben und vermittelt eine Idylle, die soviel langweiliger auftritt als jene von den brachialen Momenten Juttas Jähzorn; als das Land nämlich noch so unfruchtbar dreinschaute wie der Friedhof aus der 'NACHT DER LEBENDEN TOTEN', was der Soundtrack Herbert Jarczyks ebenfalls entsprechend würdigte.

                                                In der darauffolgenden Ruhephase sei aber auch jene Szene erwähnt, als Hannes und Christl in die Eishöhle gehen und dort bei elektronisch-schrägen Orgel-Tönen (siehe 'CARNIVAL OF SOULS') inmitten der tropfend-weißen Katakomben den Grundstein für ihren jugendlichen Frohsinn einer neuen Liebe setzen. Solch eine auffällige Bild/Ton/Inhalt-Schere möchte wohl ähnlich wie in G.W. Pabsts 'GEHEIMNISVOLLE TIEFE' romantische Mystik ausdrücken, verstärkt aber nochmals das Gefühl der Unentschlossenheit, das diesem Film zugesetzt worden ist. Knapp die Hälfte der Laufzeit bekommt man kaum noch was von Jutta mit, fühlt sich wie in einem normalen Heimatschwank und muss zudem die provinziellen Comic-Relief-Peinlichkeiten einer Jutta Bornemann als Hausmagd Cilly (wohl eher 'Silly') ertragen, während allgegenwärtig die malerisch-verblendende, aufdringliche Zither erklingt.

                                                Eine leidliche Ablenkung von der innewohnenden Spannung des Stoffes (= Jutta), aber auch eine stilistisch-verharmlosende Ernüchterung des Gesamteindrucks. Gottseidank schreitet gegen Ende hin nochmals der Zorn der Jutta über das Tal hinweg und so scheint es auf einmal so, als ob die Natur nun in ihrem Auftrag arbeitet und somit als urgewaltiges Racheinstrument das junge, ihr unbequeme Liebesglück in Eismassen und umstürzenden Bäumen schüttet. So weit wollte sie selber jedoch gar nicht gehen, da ist die Natur dann doch zu eigenmächtig und scheint sie für ihren Fehler verurteilen zu wollen. Doch wie zuvor folgt daraufhin erneut eine heile Welt, denn das Tal hat Gnade bewiesen, ein sonniges Happy-End herbeigeführt und der Jutta sogar trotz verlorener Liebe doch noch den Waisenjungen Peter als Sohn/Trostpreis geschenkt. Und auch dort schreitet der weise, vermittelnde Schäfer, der "Tiroler", mit gewissem Lächeln und dem Wanderstock in der Hand davon - ist er gar selbst eine göttliche Gestalt/Vertretung?

                                                Er scheint jedenfalls zusammen mit der alles-umgebenden Natur das soziale Gleichgewicht im Zaum zu halten, Gerechtigkeit walten zu lassen, Zuckerbrot & Peitsche auszuteilen, wenn seine Mitmenschen von sich aus einen Fehler begehen. Da ihre Beweggründe für jede noch so perfide Tat auch stets nachvollziehbar sind, bleiben wahrlich fatale Folgen für die Hauptpersonen aus - sie werden im Innern letzten Endes stets zusammengehalten. Dies ist dann leider auch die größte Schwäche von Kutters Film, da er durchaus sein Risiko ausspielen kann, aber nicht weit genug gehen möchte, der bequemen, Genre-gemäßen Gnade willen. Im humanen Sinne ist das durchaus lieb gemeint und bietet dennoch den ein oder anderen Nervenkitzel sowie schön pflaumige Stimmungen und Darstellerleistungen. Doch insgesamt bleibt er dadurch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, auch wenn das Glück mit der jungen Marianne Koch durchaus was Reizvolles hat: ich hätte lieber eine biblische Zersetzung sonders Gleichen, sprich "mehr Jutta" erlebt. Naja, kann man ja nicht immer haben.

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                                                  [...] Mifune und Eastwood haben dafür schon den Weg geebnet, total, aber diese Eminenz eines transparenten, Bullshit-freien Kerles lässt sich ebenso wenig verarschen. Eben ein typischer, vorausschauender Hill-Charakter, wie auch Christopher Walken als Hitman Hickey, die einzig-ebenbürtige Eigenmacht in dieser aneinander reibenden Darbietung ideologischer Souveränität (ein durchgängiges Thema im Werk des Regisseurs). Sicherlich beherbergt ihr brachiales Handeln dann auch eine stumpfe Direktheit und eine gleichsam zynische Aura, mit einer zu erwartenden, schroffen Reaktion von der Gegenseite dazu - aber das ist dann wenigstens ehrlicher, konsequenter Mumm, jenseits von schicken Anzügen und Bündeln an Geldscheinen, die Macho-mäßig was hermachen wollen, aber eher nur Furcht projizieren. [...]

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                                                  • 7 .5

                                                    Schon der Vorspann versetzt den Zuschauer in unangenehme Verwirrung. Wissend, dass er es hier mit einem schwedischen Film zu tun hat, klatschen ihm nämlich eine ganze Reihe amerikanisierter Pseudonyme entgegen. Nun ist das ja für ähnliche Produktionen nichts Unübliches, sich international zu geben, erst recht da Stab & Besetzung wahrscheinlich aufgrund der zahlreichen Hardcore-Einstellungen lieber bedeckt bleiben wollen. Doch hier tauchen recht zweifelhafte Namen auf, wie 'Anton Rothschild' als Hauptdarsteller, 'Adolf Deutch' als Nebendarsteller und 'Urban Hitler' für die Spezialeffekte. Regisseur Bo Arne Vibenius, der sich selbst die Pseudonyme 'Ron Silberman Jr.' und 'Stan Kowalski' gibt, bereitet uns damit schon auf das nachfolgende Greuelspektakel vor, das sich in die niedersten Fantasien eines soziopathischen, potenziell schizophrenen Bürgers begibt.

                                                    Dem geistern nämlich (über die fortlaufende Tonspur verteilt) Babygeschrei und eine wiederholt auftauchende Zither im Kopf herum, als 'er' scheinbar zwischen der Finsternis eines Fahrstuhls und einer vollkommen abgedunkelten Wohnung eine Frau attackiert, kurz vergewaltigt und dann (im Off) einen Aschenbecher über ihren Schädel eindrischt. Wer der Täter wirklich ist, lässt sich nicht erkennen; auch wirkt die Szenerie an sich komplett irreal, wenn auch fortwährend unheilvoll. Dieser Umstand setzt sich einvernehmend im Film fort und stellt provokant in Frage, wie viel im Kontext der Handlung schlicht in der Fantasie der Hauptfigur geschieht (schon früh verdeutlicht an einer Szene, in welcher jener Mann Bilder von Modellzügen betrachtet und dazu passende Geräusche in seinem Hirn dröhnen).

                                                    Jedenfalls erfährt unser 'Protagonist' - ein griesgrämig-dreinschauender, korrekter Büroarbeiter mit Hornbrille - im Fernsehen erst vom soeben geschilderten Überfall, der von diskutierenden TV-Moderatoren einerseits verurteilt wird, welche aber anderseits den Frauen der Stadt zu verstehen geben, dass sie sich nicht gegen den rumlaufenden Vergewaltiger wehren sollen, da es keinen Zweck hätte - sie würden so oder so vergewaltigt (!). Der Büroarbeiter, der im sphärisch-treibenden Elektro-Takt mechanisch, aber mächtig Dokumente abstempelt und dabei ohnehin in einem phallisch-herausragenden Hochhaus malocht, erblickt sodann eine seiner Mitarbeiterinnen, wie sie vor ihm an ihren Brüsten rumfummelt, weshalb er sich entschuldigen lässt.

                                                    Das Leder seiner Schuhe und seiner Aktentasche knirscht mit überwältigender Präsenz, als er sich in die neon-verkeimten U-Bahn-Schächte der Großstadt begibt, wo er bald aus dem Schatten heraus eine junge Frau erblickt und ihr langsam, aber bedrohlich folgt. Schließlich überrascht er sie in ihrer Behausung, umgeben von beschwörenden Nebelfluten - zwingt sie zum Verkehr in quälend langen Einstellungen, eingehüllt in einer faux-romantischen Feuchtigkeit. Dieses Szenario mit seiner inkonsequenten Auflösung (er entschwindet in den Nebel zurück und findet sich abermals wieder im Büro ein) erweist sich als ebenso befremdlich wie die Eingangssequenz und dürfte gleichfalls der naiven Eroberungsfantasie des Büroarbeiters geschuldet sein.

                                                    Diese steigert sich sodann in härtere Extreme hinein, als die Regierung Gutscheine austeilt, mit denen man sich Waffen gegen den läufigen Vergewaltiger besorgen kann. In einer fanatischen Ironie besorgt sich der Büroarbeiter auf diesem Wege dann einen Revolver mit extraordinärer Munition von einem misanthropischen Händler, der es allzu gerne sehen würde, dass die Straßen 'aufgeräumt' werden. Dieses neue Symbol der Macht geht dann auch 'harmonisch' einher mit seinem unscheinbaren, neuen Mietwagen, mit dem er nun in provinzieller Tristesse seine Opfer aufsucht (die sich ihm sofort Kleider-entledigend ergeben), von denen ihm allmählich ein Stück Gegenwehr entgegenschlägt, welches aber sodann zu deren infernalischen Tode führt - allerdings immer wie ein Unfall scheint, bei dem der 'Angreifer' schlicht zum Beobachter wird. Stellt er sich da einfach nur vor, dass er all dies herbeigeführt hat?

                                                    'BREAKING POINT' wird nicht umsonst als 'pornographischer Thriller' gehandelt, legt er doch nicht unbedingt die Geschlechtsmerkmale seiner Darsteller, sondern die verkommene, sexuell-sadistische Gedankenwelt seines Subjekts drastisch und explizit offen. Die Gefährlichkeit eines (Genre-gemäßen) psychopathischen Hirns wird dabei spürbar anhand der Gewalt an der nachvollziehbar-bekannten, sensitiven Körperlichkeit vermittelt. Die fiebrige, audiovisuelle Spannung von Vibenius, der seinen in 'THRILLER - EN GRYM FILM' aufgebauten Seelenterror hier noch konsequenter und kälter bemächtigt, fühlt da erbarmungslos auf den Nerv und fordert uns stets heraus, wie viel wir vom Gezeigten an uns herankommen lassen wollen.

                                                    Besonders hundsgemein, aber auch höchst geschickt und effektiv-verstörend stellt sich sodann eine spezielle, furchterregende Sequenz heraus, in welcher der Büroarbeiter nach einem kurzen Ausflug auf einem Spielplatz ein kleines Kind abholt und mit dem Auto in ein abgelegenes Waldstück fährt. Während auf dem Soundtrack eiskalte, doch heimelige Synth-Flächen eine gewisse, unheilvolle Ruhe ausstrahlen, verharrt die Kamera auf der verschneiten Natur, ohne nähere Einsicht auf das Auto, wodurch einem als Zuschauer schon unweigerlich grausiges Kopfkino entsteht - wo wir doch wissen, was das Monster von Hauptfigur bis hierhin alles angestellt bzw. sich vorgestellt hat. Als dann aber nach einem Umschnitt auf das Innere des Autos offenbart wird, dass die Beiden lediglich Süßigkeiten naschen, entspannt sich die Lage beim Zuschauer jedoch keineswegs.

                                                    Einerseits, weil Vibenius mit dem 'Süßigkeiten-Naschen' alteingesessene Urängste über Pädophile bedient und es damit ebenso als Sinnbild für Kindesmissbrauch stehen lässt - andererseits aber erst recht, da er mit seiner vorangegangenen expliziten Sexualgewalt Vorstellungen in jenem Kontext entstehen lässt, die uns als Zuschauer unfassbar herausfordern und nochmals forcieren, dass 'BREAKING POINT' zwar als pornographischer, aber nicht erregender Film über einen krankhaften Gedankenablauf verstanden werden will. Eine bewusst zweifelhafte, potenziell unverantwortliche Methode und wie gesagt ein durchaus schockierender Trick, nichtsdestotrotz beachtlich wirkungsvoll.

                                                    So erleben wir die nachfolgenden Szenarien vollends als soziopathisch-phantastisches Gedankenkonstrukt, in dem die Hauptfigur u.a. innerhalb der (bewusst ausgewählten) unschuldigen Naturlandschaft Anhalterinnen aufgabelt, die sich sofort geil an ihn ranschmeißen (allerdings ohne entsprechenden Gesichtsausdruck und dank der klobig-entrückten, englischen Synchro offensichtlich artifiziell) und am ledrigen Schaltknüppel vergehen (der Fokus auf Leder im Film fördert ohnehin sadomasochistische Tendenzen zu Tage). Auch als unser Bürohengst von ein paar langhaarigen Gangstern (die ohnehin schon die Stadt beherrschen und Leute terrorisieren, wogegen niemand was zu unternehmen scheint) entführt wird, übt sich der Zuschauer in Ungläubigkeit, sobald er verschmitzt zum Revolver greift und die Entführer in die Luft jagt, gefolgt von einem Polizei-Helikopter und einigen unschuldig vorbeifahrenden Autos (durch welche er bezeichnenderweise zwischen rast, als wären sie die verängstigten Schenkel einer Frau).

                                                    Diese Handlungen spielen sich schlussendlich in einer letzten Traumsequenz nochmals vor seinen Augen hyperrealistisch, aber bruchstückhaft ab - zeigen dabei auch Einstellungen und Details auf, die wir so vorher nicht in den jeweiligen Szenen gesehen haben, woraufhin nochmals deutlich wird, wie vergänglich die 'Realität' jener Sexualattacken war, die visuell jetzt ohnehin eher in Verbindung mit der Gewalt des phallischen Revolvers gebracht werden. Zu guter Letzt enthüllt Vibenius, dass sein krankhafter Protagonist am Flughafen Frau und Kind abholt, als sei nie was gewesen. Höchstwahrscheinlich ist ja auch nie was gewesen, jedenfalls nicht im physischen Rahmen. Psychologisch gesehen ist in ihm aber die Welt in Flammen aufgegangen, was auch beim Zuschauer einen bitteren, ungemütlichen Nachgeschmack hinterlassen hat.

                                                    Ganz fieses, dreckiges und gefährlich-provokantes Rape-Terror-Exploitationkino aus Schweden - aber auch eine heutzutage fast undenkbare, drastisch-horrible Dekonstruktion von Pornographie als morbides, unterkühltes Gesellschafts-Schauerstück. Keine leichte Angelegenheit, aber eine einschlagende Erfahrung.

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