Der Witte - Kommentare

Alle Kommentare von Der Witte

  • 6

    [...] Es bleibt im Gesamteindruck ein klaustrophobisches biografisches Prozedere, das die Vergänglichkeit und Leere von Macht ins Gewissen reden will, aber keine Anstalten macht, überhaupt die Funktion von Macht darzustellen. Neorealist Visconti glaubt, dass sie keine haben mag und dass man in ihr nur von einem Zwang in den anderen hindurch geschleust wird - aber wenn jemand wie sein Ludwig durchweg kein Herz, keine Menschlichkeit besitzt/besitzen darf, bleibt nur noch ein Kino der inneren Leere; der bloßen, ernüchternden Ausstattung. Das hat seinen Reiz und Sinn, speziell als entzauberndes Komplementärstück zu Käutners symbolischem Märchen-Melodram. Aber auf die Dauer bleibt nur detaillierte Langeweile, passend zur allgemeinen Meinung über das veraltete Prinzip der Monarchie, aber gerade das wird so einer sichtlich illustren Figur wie Ludwig II. kaum gerecht, was den überlangen und doch stets entmutigenden Aufenthalt des Films bei seiner Person umso verwunderlicher macht.

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    • 2 .5

      Niemand mag Jeff Speakman - nicht mal dieser Film hier an sich, weshalb er sein austauschbares Action-Szenario vom verfolgten Truther besonders konventionell abarbeitet (inkl. dreister Semi-Nachbildung der DIE HARD-Abseil-Szene). Aber schon ulkig, wie das FBI am Ende zum Bier anstößt, nachdem sie Speakmans lang erwarteten Selbstjustiz-Mord am korrupten Shatner vertuscht haben...als ob die innere Struktur des 'Land of the Free' dadurch etwas an Integrität wiedergewonnen hat.

      2
      • 6

        Nun, da hätten wir also mal eine Effi-Briest-Verfilmung nach Theodor Fontane vor uns - literarisch der Schrecken aller Schulkinder, in diesem Rahmen für mich hauptsächlich als Ruth-Leuwerik-Vehikel interessant, da darf man meine Ignoranz gegenüber der Vorlage, von der ich bis zu einigen zwangsläufigen Recherchen im Nachhinein rein gar nichts mehr wusste, mal kurz entschuldigen. Unter der Regie von Käutner-Jüngling Rudolf Jugert wird hier jedenfalls versucht, die Essenz/Grundgeschichte des Romans in ein Publikums-wirksames Melodram im ausgezeichnet-prächtigen Eastmancolor zu destillieren. Solche Eckdaten habe ich ja gern und bis zur ersten Hälfte des daraus entstandenen Films funktionieren sie sogar ganz pfundig.

        Da verfällt die 18-Jahre-junge Effi (natürlich formatfüllend-aufleuchtend von der damals 31-jährigen Leuwerik verkörpert) dem pommerschen Landrat Geert von Instetten (Bernhard Wicki), als er um ihre Hand bittet und gibt damit vor ihren gleichaltrigen Dorf-Freundinnen an, während sie im Taumel der Fröhlichkeit auf ihrer Schaukel hin- und herschwingt. Gefühlsmäßig ist sie klar oben an der Spitze, was sich auch zum Einzug in die neue (fiktive) Heimat Kessin mit Lust auf die zahlreichen Möglichkeiten der Zukunft bemerkbar macht. Doch am Wegesrand vom örtlichen Strand (Drehort: Sylt) erblickt sie jenen berüchtigten "chinesischen Grabstein" mit der Inschrift "Liebe ist die höchste Form der Religion", der jenem chinesischen Bediensteten eines Seefahrers gewidmet ist, der sich höchstwahrscheinlich aus Liebe zu einem ihm unerreichbaren Mädel umbrachte.

        Diese Erzählung verfolgt unser weltfremdes Mädchen vom Lande schon in die erste Nacht im neuen Haushalt hinein - kein Wunder, ist dieses doch im leicht morbiden und schattig-ausgeleuchteten Adel nicht gerade allgemein-einladend, inkl. Ausstattung mit ausgestopftem Krokodil an der Decke, offenen Fenstern, durch die der Wind huscht und einer ausgerechnet chinesischen Porzelanpuppe, deren Arme sich mechanisch bewegen. Effi ist unwohl, geradezu abergläubisch und naiv dem Unbekannten gegenüber (was in einer Szene gipfelt, in der sie im dankbar-durchschaubaren Nachthemd merkwürdige Geräusche im Haus untersuchen will und bei plötzlichem Blitz & Donner in Ohnmacht fällt), erst recht, da ihr Gatte seiner (nicht explizit-ausgeführten) Bestrebungen der politischen Karriere wegen nicht gerade oft zu Hause ist und sie auch sonst ihre Zeit nur mit genau einem Dutzend mondäner Bekanntschaften verbringen kann.

        Doch am Horizont der ungemütlichen Tristesse des Erhabenen bricht ein Lichtschein in Form des Major von Crampas durch, kongenial besetzt mit dem bereits aus dem Dritten Reich bekannten Herzensbrecher Carl Raddatz, der hier scheinbar was von der Rolle Kristina Söderbaums in 'OPFERGANG' gelernt hat und nun mit seinem Charme die anfangs noch etwas zögerliche Effi zur Frau zwischen zwei Männern macht - ebenso zu Reitstunden am tosenden Strand einlädt und ihr dort mit lehrsamen Sagen über den zersetzenden Hochmut der versunkenen Stadt Vineta eine Abkehr vom Ehemann suggerieren möchte. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: der Major verkörpert stürmische Erotik und Lebenslust; Sex am Dünenschuppen, zu dem sie immer wieder findet, denn er ist ja im Gegensatz zu Geert immer da, wenn sie ihn haben will.

        Aber es darf nicht sein (die aufgestellten Netze am Strand zwischen den Beiden haben es schon vorausgesagt), Geert bekommt nämlich die Chance auf einen Posten im Berliner Ministerium und so scheiden Effi und der Major von dannen - beim rührseligen Abschied am Bahnhof schaut sogar sein Pferd der abfahrenden Lok hinterher, das ist unfassbar süß und angemessen für die zuckrig-gespielte Sehnsucht der Leuwerik mit ihrer schon jugendlich-bebenden Liebes-Intensität. Sehnsucht ist sowieso eines der stärksten Stichwörter im wirkungsvollen Melodram und gerade beim Fokus auf Ruths natürliche, zerbrechlich-liebenswerte Erscheinung kann eine derartige Genre-Romanze nur gewinnen. Zu schade jedoch, dass Jugert in der zweiten Hälfte seiner Adaption einige potenzielle Reißer-Quellen einfach nicht anzapft.

        Sobald sie nämlich, inzwischen Jahre später mit Tochter Annie im Großstadt-Luxus eingelebt, von ihrem Geert doch noch geschieden wird, nachdem dieser die alten Briefe zwischen ihr und Von Crampas entdeckt hat, gibt es nur eine geringe dramaturgische Fallhöhe. Diese lässt sich einerseits dadurch erklären, dass Jugert Von Instetten trotz seiner vorherigen Abwesenheit in Kessin eigentlich stets sympathisch und vorsorglich gezeichnet hat (daher eigentlich sogar im vollen Recht steht, sich von Effi aufgrund ihres Betruges zu trennen) und andererseits wird das Ausscheiden von Crampas beim Duell in den Dünen (in Quasi-Western-Optik) binnen 30 Sekunden ohne inszenatorisch einschlagendes Gewicht abgehandelt.

        Die darauf folgende Bestürzung Effis wird von Leuwerik sodann zwar äußerst überzeugend tränenreich, aber im Dialog zu erklärend-gestelzt dargelegt. Der Film springt dann nochmals einige Jahre vor, um einen Neuanfang in niedrigeren Verhältnissen ihrerseits zu präsentieren, in denen sie ein schnell verletzliches Wesen eingenommen hat. Problem ist nur, dass auch dies meistens nur im Dialog ausgedrückt wird, speziell wenn sie davon berichtet, wie sie ihre entfremdete Tochter (welche, so wird uns berichtet, gesagt bekommen hat, dass ihre Mutter tot sei) auf dem Schulhof ansprechen wollte, sich aber schließlich doch vor ihr versteckte. Auf der Bild- und Tonebene erleben wir diese Geständnisse auch nur relativ gleichgültig, erst als Annie bei ihr zu Besuch ist und jeden potenziell-unterhaltsamen Vorschlag ihrer Mutter mit einem indoktrinierten "Gewiss doch, wenn ich darf." antwortet, erhält man einen Eindruck von den Tiefen, die Effis Seele quälen - weshalb sie daraufhin zum Pflegefall wird.

        Sowieso bekommt man an jenen Stellen zumindest noch eine Ahnung davon, wie die Konventionen der Gesellschaft - offenbar ein zentraler Antrieb der Vorlage - ihr emotional zusetzen, hier geht Jugert eher von der Nicht-Erfüllung des individuellen Glückes aus, was er auch zum Schluss dadurch bestärkt, als Effi sich bei ihrer Rückkehr zum Elternhof in geistiger Umnachtung wieder auf ihre alte Schaukel begibt und nach dem Vergangenen strebt, was aber den Umständen entsprechend nicht mehr greifbar ist. Aber dennoch schließt er seinen Film Story-technisch mit Von Instetten ab, wie er einen Brief vom Tod seiner Ex erhält, während er oben an der Karriereleiter angekommen ins Ministerium gewählt wird. Die Politik und die gesellschaftlichen Regeln brachten ihr den Tod, wäre die Aussage dieser Szene, wenn Effi nicht bereits einige Minuten zuvor auf ihrem Sterbebett die innere Versöhnung mit Geert deklariert hätte (was im Buch offenbar auch so nicht vorkam). Mit ihm hätte es doch was werden können - und sowieso wäre der Chinese damals an Herzschmerz der Frau wegen gestorben, das versteht sie jetzt (auch wenn SIE, nicht Geert als Parallele für den Chinesen steht - das wiederum sieht sie in dieser Fassung nicht ein).

        Dieser ambivalente, semi-spießige Schlusspunkt (ganz ernsthaft: für welche Seite gilt jetzt eigentlich "Liebe ist die höchste Form der Religion"?) entwertet wie die gesamte zweite Filmhälfte an sich allmählich Effis eigentlich zentrale Sehnsucht und Liebe zu Von Crampas (oder zumindest dem Konzept seiner Person), die sich beide sogar von Grund auf einen beinahe fatalistischen Drang zur Vereinigung in die Unendlichkeit versprachen. Als schönstes Symbol dafür stand das lockende, offene Meer - und tatsächlich entschließt sich Jugert in letzter Instanz, nach einem schweigsamen Bild der leeren Schaukel doch noch mal zu einer Einstellung von aufbrausenden Wellen, auf die der Film endet.

        Irgendwie möchte er wohl signalisieren, welche Geschichte & Entwicklung er sich eher für seine Effi, für die bezaubernde Ruth Leuwerik im Fokus, gewünscht hätte, so fast schon teilnahmslos, nicht mal bitter, aber doch offensichtlich im Innern tragisch-berührt er ihren seelischen Abstieg hier, entmutigt und gleichzeitig (laut DVD-Booklet durch die Produktionsleitung gezwungen) distanziert vom eigentlichen Sinn der Geschichte, chronologisiert. So bleibt auch uns, den Zuschauern, nur Ernüchterung übrig, herausgerissen aus Wunschträumen, die wir uns beim Schwung auf der Schaukel gemacht haben. Da wirkt diese Effi-Briest-Verfilmung letztlich wohl doch nach, was die Sympathie für die Figur, viel mehr aber noch den Wirkungsgrad der Umsetzung betrifft. Es gilt, wie seit jeher: wer besser liebt, kann auch besser leiden. Und Jugert & Leuwerik konnten das, hier in allen Belangen leider nur ein Stück weit zu gehemmt.

        6
        • 5 .5
          über Zaat

          Aus den Tiefen des herzlichen US-amerikanischen Z-Movies kommt uns dieses Genre-Filmchen entgegen, das mit knapp 100 Minuten Laufzeit zwar schon gut 30 Minuten zu lang geraten ist, dennoch nicht ohne Grund den Weg auf Blu-Ray gefunden hat - und sei es nur dem faszinierend-unbeholfenen Unterhaltungswillens wegen, den man aus jener Sparte Zelluloid ja zu gern empfängt. Bis sich 'ZAAT' aber in solche Höhen schwingt, begleiten wir zunächst den Eigenbrötler und geheimen Nazi-Doktor Kurt Leopold (optisch eine Mischung aus Martin Sheen & Harry Dean Stanton mit Buckel und Pomaden-Katastrophe), der anfangs schleppend methodisch in seinem Labor (einer ranzigen Angler-Anlage voller spekulativer Apparate), nur vom einschläferndem Summen der Maschinen und einer geradezu ironisch-gegengeschnittenen Indie-Ballade über 'Sarcasm' & 'Sargassum' begleitet, die Herrschaft über das Universum plant - und zwar mit mutierten Katzenfischen!

          Äußerlich bringt er dafür keine rechte Begeisterung hervor - seine innere Stimme dagegen lässt ihn viel kraftvoller und engagierter (verrückter) erscheinen, da herrscht augenscheinlich Ego-Verklärung in seiner Selbstdarstellung. Passt aber auch zu seinem Plan (immerhin per Zykluskalender in monatliche Deadlines eingeteilt), für den er freiwillig die unnütze und unpraktische Gestalt eines mutierten Fischmonsters annimmt (und sich des Öfteren in Netzen verfängt), um seine chemische Verbindung Zaat in die nähere Umgebung, Florida, und bald die ganze Welt herum zu verspritzen. Zudem gelüstet es ihm nach Blut und so terrorisiert er nicht nur Stock-Footage-Aufnahmen von exotischen Meeres-Tieren, sondern auch harmlose Einwohner, die bei ihren lauwarmen Ausflügen und Picknicks schon durch bloße Berührung (was 'Würgen' darstellen soll) dahingerafft werden. Alte, skeptische Berufskollegen von Seiten Leopolds bleiben da auch nicht verschont.

          Wer jetzt denkt, dass sein teuflischer Plan Früchte trägt, der wird überrascht sein, wie unspektakulär sein Rampage ausfällt und wie wenig er damit erreicht - immerhin verwandeln sich ein paar Wesen in Katzenfische, liegen dabei aber zuhauf logischerweise nur unbeweglich-japsend im Gras herum. Drum muss ein weiblicher Fisch-Humanoide her - eine Aufgabe, die für Social Outcast Dr. Leopold erst recht eine Schwierigkeit darstellt, da sich einerseits nur wenige Damen freiwillig dazu "überreden" lassen (darstellerisch ohnehin unter den Möglichkeiten bleiben) und andererseits inkompatibel mit seiner Verwandlungsformel sind. Man kann es ihnen aber auch nicht verübeln, schließlich konnten die Darsteller im liebevoll-klobigen, stets fokussiert-ausgeleuchteten Zaat-Kostüm nichts sehen und mussten sich den Film durchweg an Wänden entlang tasten und sogar ein paar Stolperer beim mörderischen Treiben in Kauf nehmen, was dem Zuschauer natürlich umso mehr Freude macht.

          Doch das Gesetz schläft nicht (nur die meiste Zeit) und lässt solch ein Verhalten nicht ungesühnt, sprich: Sheriff Lou trommelt mitten in der Nacht die ulkigen Einwohner seines floridanischen Kuhkaffs (das in seiner Vergammlung ausschaut wie jenes aus EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL) zusammen und teilt ihnen per Megaphon mit, sich vor dem Monster mit Waffengewalt zu schützen, dafür wieder nach Hause oder zum roten Kreuz mit seinen Versorgungseinheiten zu gehen, wenn man denn will. Weitere Anweisungen oder überhaupt Einsatzpläne/-kräfte gibt es nicht. Nur einmal erhält Lou einen Anruf, dass verdächtige Geräusche aus dem Gemeindehaus kämen, was sich aber nur als Gitarrenspiel harmloser Jesus-Hippies entpuppt, dem der Sheriff gerne zuhört, bis sie ihm in einer der epischsten Sequenzen des Films als mit-Kamerakran-abgeschwenkter Treck durch die Kleinstadt zum Knast folgen ('Der Rattenfänger von Hameln' lässt grüßen), damit sie da in Sicherheit sein können. Kein Wunder, dass die Deputys noch verdutzter als sonst aus der Röhre gucken. Der Film geht nun mal merkwürdige Wege und er hat sichtlich eigenwilligen Spaß dabei.

          Eher aktiver als der Sheriff agiert hingegen sein schwarzer Sohn/Freund/Partner/Protegé und Meeresbiologe Rex, welcher die Forschungseinrichtung INPIT und ihre beiden Vertreter Martha & Walker als Unterstützung in die Stadt beordert - wobei diese natürlich ganz seriös in einem Wohnwagen (inkl. Land- & See-Buggy) mit roten Disco-Overalls zu Sith-Marsch-ähnlicher Musikuntermalung ankommen und nur oberflächlich behilflich sind. Die arbeiten auch nur mit Netzen, dafür mit Erkennungs-Sensoren; schießen immerhin Beweisfotos vom Monster, währenddessen aber der jeweilige Kollege davon angegriffen wird. Denn trotz der eigentlichen Gefahr des Zaats herrscht immer eine recht entspannte Atmosphäre, nicht nur inszenatorisch, sondern auch darstellerisch: in den zahlreichen Hütten-Interieurs des Films wird bei schönem Wetter locker daher gelabert, man ist stets leichtlebig im Umgang mit der normalerweise dringlichen Aufklärungsarbeit, aber umso schockierter, wenn das Monstrum dann doch mal zuschlägt und INPIT-Martha (beste Bikini-Blondine) als Weibchen auserwählt/verschleppt.

          So agiert nun mal das sympathisch unbedarfte Figurengefüge dieses geradlinig naiven Genre-Camps mit seinen Monster-Ambitionen und gleichzeitig ganz kleinen Mitteln (& Darstellern, die schon zum Atemschlauch greifen, bevor sie untergetaucht sind). Dies mündet dann auch in einem stockenden Verfolgungsjagd-Finale der unausweichlichen Unfähigkeit, angenehm gewürzt mit einer ungelenken Traum-Logik (vermutlich durch das Schlangengift, das INPIT-Walker auf der Jagd aus Versehen injiziert bekommt). Deshalb gibts ganz zum Schluss auch nochmal eine leicht psychedelische Dosis Melodrama, als die vom Zaat-Serum hypnotisierte Martha ihrem sterbenden Gebieter fatalistisch in die Wellen des Ozeans folgt, während am Ufer ihr Kollege am Schlangenbiss verreckt - die Moral von der Geschicht': werdet keine verrückten Wissenschaftler oder eben Katzenfische. Ein verballert-eigenwilliges, süß-doofes Kleinod von Film, das vom Herzen kommt - zwar durchweg auf die Nase fällt, sich auch unfassbar zieht, aber harmlos und irgendwie auch archaisch-schön bleibt.

          6
          • 7

            [...] Denselben Fehler der verdrängten Verantwortung und versagten Liebe möchte er, der allein gelassene Sohn, nicht mehr begehen, stattdessen den Namen Locke reinwaschen, wie er seinem Vater, offenbar metaphysisch auf dem Rücksitz seines BMW verharrend, in den weniger subtilen Sequenzen des Films wütend, aber engagiert mitteilt. Es wundert aber kaum, dass Locke Geister sieht, mitten im nächtlichen Lebensstrom, umgeben von einem Meer der Neonlichter, das lauwarm und schleppend an ihm vorbeizieht und per Kamera und Schnitt durchweg umschlingt, schummrig wabert, auf- und abblendet. Hier wandeln die Seelen im melancholischen Limbus, ob nun im Sinnbild der Zelle „Auto“ oder der Dimensionen verbindenden Freisprechanlagen und GPS-Karten. [...]

            6
            • 7 .5

              [...] So wie sie die Realität über sich selbst (und die Fantasie in der sie was vorspielen soll) nicht entschlüsseln kann, so verwehrt uns auch Cassavetes die Eindeutigkeit der narrativen Logik und auch der emotionalen Genre-Zielrichtung. Diese Zerstreuung findet ihren bezeichnenden Höhepunkt im letzten Drittel, als Myrtle sturzbesoffen zur Premiere antritt, eigentlich unbrauchbar ist und doch mühsam-rücksichtslos auf die Bühne gehievt wird - dort quält sie sich anfangs ordentlich ab, findet aber durchweg ihren schauspielerischen Groove und schließt, ganz der Profi, mit grandiosem, Applaus-trächtigem Spielwitz ab. Dieser kommt natürlich nicht ohne einen Haufen Improvisation aus, ihre Identifikation mit dem Stück und der Rolle kommt eben nicht auf einen vollends gemeinsamen Nenner (so scheint es jedenfalls, sicher kann man sich da nicht sein, weil man die letzte Szene des Stückes bei den Proben als Zuschauer nicht miterlebt hat - und sowieso ganz wichtig: Cassavetes inszeniert dies aus der Sicht des Theaterpublikums, also könnte eben ALLES Show sein), doch so humorvoll-abgeklärt, wie es sich letztendlich entwickelt, so zeichnet sich jene Mentalität auch in ihrem Spiel ab - die Bühnentherapie war also der Schlüssel, auch wenn diese zeitweise gleichzeitig unfassbar brutal und liebevoll war. [...]

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              • 1
                • 8

                  [...] Er ist der tendenzielle Wandler zwischen den Welten, ein Systemfehler von zugleich offenbar überdurchschnittlichem Wissen/Selbstbewusstsein (alà Doris) und unbedachter Inkompetenz, der jede Situation gründlich erfassen, sogar voraussehen könnte, aber dennoch (im Nachhinein betrachtet) die falschen Entscheidungen trifft. Über allem steht trotzdem irgendwie noch immer das Unbekannte, die höhere Macht, die gegen ihn arbeitet, sich einmischt und jeden gemachten Schritt zunichte macht, mehr noch als der Barbier es von alleine könnte. Eine schwierige Sache, auch für den Zuschauer, da einen plausiblen Schluss zu ziehen, denn das System des Lebens lässt sich eben auch nicht so einfach entschlüsseln, antwortet letzten Endes immer plump mit dem Tod - da lässt der Film reichlich Zweifel, aber eben auch reichlich Denkwürdiges übrig; in einer durchweg eleganten, stimmungsvoll-enigmatischen Fassung, die zunächst Schwarzweißmalerei vermittelt, aber immerzu über den Kopf wirft. Die Coens können "Realität" nun mal nicht anders behandeln, dafür kann man dankbar sein.

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                  • 7 .5
                    über Starman

                    [...] Aber es konnte nicht für immer sein, dieser zuckrige, leicht-verblendete Zauber der Hollywood-Romantik, des Publikums-wirksamen Genrefilms, das sieht man am Ende in Jennys bittersüßen Augen wie auch in Carpenters Filmographie und das gibt selbst der STARMAN zu, als er sich verabschieden muss - er überlässt ihnen Beiden letztlich dennoch den Glauben an die alten Kräfte, an die Liebe von einst, nur mit neuem Schwung als zweite Chance. Eben mehr als eine bloße Auftragsarbeit, ist 'STARMAN' letzten Endes ein wahrhaftiger Übergangs- und vorallem doch noch ein echter Carpenter-Film.

                    11
                    • 7

                      Man kann das Genre des Spaghetti-Westerns auf Lebenszeit abonnieren, denn selbst wenn man glaubt, man hätte schon jeden einzelnen dieser Filme gesehen, kommt man immer noch an einige obskurere Vertreter ran - vornehmlich auf dem Überraschungs-reichen Medium VHS. Da findet man dann auch dieses archetypischen Wild-West-Lustspiel aus der Hochzeit des Klamaukfeuilletons - hier sogar mit Ninja-As Richard Harrison in der Hauptrolle, der zudem das Drehbuch und offenbar laut imdb ein bissl Regie beisteuerte. Da merkt man schon: der Streifen muss ein Herzensprojekt für ihn gewesen sein.

                      Da teilt er sich den Film als gewitzter Taugenichts Jesse Smith mit Donald O'Brien, der ihm als Mormonen-Halbbruder auf eine Reise durch den Wilden Westen begleitet. Schließlich haben sie ein Grundstück von ihrer werten Frau Mama geerbt und beide haben grundverschiedene Vorstellungen davon, was sie damit anstellen wollen: Harrison, als ausgefuchst-sympathischer Outlaw-Geselle, will daraus einen Puff erbauen, sein gottesfürchtiger Lester eine Kirche. Für beide Ziele braucht das ungleiche Paar allerdings eine gute Stange Kohlen und so verschlägt es sie von einem aufregenden Lausbuben-, Prügel- & Pistolen-Abenteuer ins nächste.

                      Diese gleichzeitig gemütliche und abenteuerliche Ader des Films zeichnet sich sodann als unterhaltsame Stärke des Films aus, sobald unsere Helden allzu obskure Bekanntschaften machen, um ihren Geldbeutel aufzufüllen und diesen sodann immer wieder (meist im Konflikt miteinander) gut abgeschmeckt verlieren, wodurch sich ihre Wege auch des Öfteren nochmals mit den Herrschaften vergangener Abenteuer kreuzen, wie ein geschickt-aufgebautes Rollenspiel.

                      Und genau wie dort, macht die genüsslich-ausgearbeitete Charakterzeichnung reichlich Laune. Allen voran Harrison gibt richtig Gas und hat sichtlich Spaß mit seinem energisch-bumsfidelen Jesse, der immer wieder im pinken Schlafanzug aus den Hütten unschuldiger Mädchen flüchtet. Kommt unfassbar leichtfüßig, profan und freudig-ulkig daher, geradezu wie Franco Nero - etwas, was ich von ihm, dem stoischen Ninja-Bekämpfer, ehrlich gesagt am Allerwenigsten erwartet hätte. Sein Gegenstück Lester legt da natürlich eine ordentlichere, frommere Partitur auf, lässt sich aber auch auf klamaukige und manische Extasen ein, sobald sein Weltbild von seinem Bruder und anderen Fieslingen erschüttert wird. Auch die Nebenrollen, hauptsächlich auf der Seite der Antagonisten, geben wunderbar zynische und erbarmungslose Zeitgenossen ab, ohne allzu streng auf die lockere, Erkundungs-freudige Handlung einzuwirken, schließlich haben wir es trotz moderatem Bodycount und natürlich-hingenommener Gewaltbereitschaft (vorallem im Finale) noch mit einer Komödie zu tun.

                      Und da bietet der Streifen nicht nur ein gelungen-flottes Tempo, einen tänzelnd-leichtlebigen Score von Carlo Sevina und eine solide Kameraarbeit mit staubtrocken-versifften, eindrücklichen Faschingswestern-Panoramas (diese herrlich-klobigen Klamotten und verlebten Sets - 1A!), sondern natürlich wie es sich gehört, auch noch eine stilechte Berliner Synchro von Hermes Synchron, mit Jürgen Thormann auf Harrison, Arnold Marquis auf O'Brian und einer ganzen Ladung tolldreister Dialoge und One-Liner verrucht-liebenswertester Natur in jedem frechen Mundwinkel der facettenreichen Bevölkerung dieses kleinen, vergessenen und herzallerliebsten Films. Denn dort regiert am Ende auch das Glück für unsere Helden, mit Geld, Frauen und anderen lieben Mitmenschen, zwar nicht unbedingt im Bordell, aber so oder so, bleibt die Kasse immer voll - spendenfreudige Kirchengänger sei Dank. Tolles Ding! Die VHS von VMP hat ihn sogar im lückenlosen Cinemascope-Format erfasst, natürlich nicht anamorph, aber schon eine super Alternative zu einer nicht-existenten DVD von diesem Film. Kann da jemand mal was gegen machen? Vielen Dank im Vorraus!

                      7
                      • 6 .5

                        Eigentlich ein typischer Eurospy-Reißer im Fahrwasser von James Bond wie jeder andere auch, erneut höchst spanischer Couleur. Da ist auch der Plot absolut Banane und ein formelhaftes Katz-&-Maus-Spiel um kernige Geheimagenten und Wissenschaftler mit Weltallwaffen. Doch den entscheidenden Unterschied machen da wieder die kleinen Details: so arbeitet unser titelgebende Agent für den Sicherheitsdienst der NASA, als ob gerade die so eine Interpol-artige Spezialagenten-Einheit auf exotisch-handgreiflichen Reisen brauchen. Zudem hat Mike Murphy im Vergleich zu anderen 007-Verschnitten trotz seines selbstsicheren Macho-Auftretens ("Das ist nur was für Männer.") eine suggerierte, bittere Vergangenheit, die immer mal wieder anhand einer Brandmarkung am Arm durchscheint, welche ihm bei Versuchsexperimenten in einem Konzentrationslager verabreicht wurde (im Verlauf des Films gibt's dafür sogar eine recht indiskrete Rückblende).

                        Hinzu kommt, dass der Film in seinem staubig-fiebrigen Ambiente unter spanischer Sonne & Sternenschein, zwischen räudigen Stierkämpfen und brutalen Erpressungsversuchen, eine geradezu surreal-faschistische Atmosphäre beherbergt, in welcher unser oft ratlos-unsichere Held und seine unselbstständige Damsel-In-Distress Jeanne Morrow bei den meisten Situationen nur bemüht und zuweilen machtlos gegen ihre Widersacher anstinken können - diese nur in der ultimativen Vernichtung sehen wollen und sich danach selbst stur zusichern, dass diese Bösen nichts Anderes verdient hätten. Ausschlaggebend sind dabei das unterkühlte, klobige Setting, eingefangen in abwechselnd ruhig-weitwinkligen und schwitzig-einnehmenden Kamerabewegungen (übrigens mit einigen auffallend-verlängerten POV-Einstellungen), sowie der verträumt-kosmische Orgel-Twang des Soundtracks, welcher unspektakulär, aber auch nervös die Stimmung beherrscht.

                        Bezeichnend für dieses resultierende, psychotronische Ambiente ist sodann u.a. das Szenario einer Striptease-Show zur Mitte des Films, welche im Dunkeln abgehalten wird und somit der ideale Schauplatz für einen wirren Austausch der Dame Jeanne wird, die Mike gerade datet. Dieser geschieht innerhalb weniger, intimer Augenblicke in der Finsternis, zwischengeschnitten durch aufblitzende Einstellungen des hypnotischen Striptease - sobald Mike dann zum Kuss ansetzen will, sitzt ihm plötzlich eine Andere gegenüber, während Jeanne vor der Tür des Nachtclubs davonfährt, ihren Agenten-Beau unter den Fäusten schwarz gekleideter Schergen zurücklässt. Als sie später erfährt, dass er angeblich von diesen Leuten getötet wurde und sie vor der blonden Bombshell des Films Janine Reynaud hysterisch um ihn trauert, fängt sie sich von ihr ein paar Backpfeifen ein, weil sie ihn ja auch 'liebte' - wirkt in seiner ruppigen Bedrohlichkeit alles wie ein mega-chauvinistisches Pandämonium. Ein wahrhaftig bizarrer, zu der Zeit noch von Francisco Franco unterdrückte, Ort auf der Leinwand.

                        Unfassbar befremdlich wirkt dann auch das Finale auf der Raketenabschussbasis mitten in der Wüste, mit seiner fatalistischen, nervösen Tötungsstimmung und der beschwerlichen Flucht durch den trägen, unentrinnbarem Sand - umzingelt von monochromen und semi-farbigen Archivaufnahmen taktischer Kriegshandlungen und Raketengefechte, die dem Narrativ des Films dienen sollen, aber offensichtlich nicht ferner davon sein könnten; eher der wahnsinnigen Fantasie unseres Protagonisten entspringen dürften, der sich sowieso schon nur mit irrsinnigen Deus-Ex-Gadgets & Zufällen aus so einigen tödlichen Schlamasseln retten konnte. Da endet der Film sodann mit einer minutenlangen Einstellung von einer Rakete, die in den Orbit schießt, eingefangen durch ein verzerrtes, strubbeliges Fernsehbild, dass in seiner Entfremdung geradezu an die visuellen Experimente in Chris Markers 'SANS SOLEIL' erinnert - darüber tönt sodann der Titelsong, der einem in beschwörender Repetition das Wort "Ypotron", nach dem jene gefährliche Weltall-Waffe im Film benannt wurde, vorbetet. Total verballert!

                        3
                        • 7

                          [...] Es scheint nun mal ein brutales Geschäft in der Unterhaltungs-Industrie zu sein, die Tendenz zur Kriminalität ist da durchaus keine Unmöglichkeit und Cassavetes' Film stellt das klipp und klar in drastischer, ernüchternder Relation. Keine hübsche Angelegenheit und in seinem Sinne auch kein gefälliges Produkt, denn wie Cosmo setzt er trotz aller Hürden noch immer alles daran, die persönlich-erdachte Show auf die Beine zu stellen, selbst wenn man schon zum Ausbluten freigegeben wurde - da muss man tief schlucken und das Ende bleibt für einen ungewiss, aber besser so als gar nicht (auch wenn die Bedingungen schon besser sein sollten, keine Frage).

                          9
                          • 7 .5

                            [...] (D)ie zerbröckelnde Innenwelt seiner stummen Hauptfrau im Angesicht des omnipräsenten Sadismus trägt (Ferrara) empathisch und nachvollziehbar nach außen, macht ihre (auch körperlichen) Ängste spürbar und schockiert natürlich auch, ganz dem Gritty-New-Wave-Kino jener Zeit gemäß. Doch er denkt ebenso ihren psychologischen Abbau zu Ende, so dass ihr rächendes Handeln, das man als Genre-Zuschauer erwartet, eine nicht zu verleugnende Gefahr darstellt und dass eine weit sozialere Hilfe viel nötiger sei, wofür man aber auch einen sozialen Grundstein haben muss, den der Männer-dominierte Schauplatz des Films einfach nicht anbietet. Genau das ist eben das wichtigste Argument dieser feministischen (eher doch pro-sozialen) Antithese zu 'EIN MANN SIEHT ROT', jener 'Ms. 45' - einem kleinen, gemeinen, aber ausnahmsweise nicht wirklich zynischen Meilenstein des New-York-Films.

                            5
                            • 7

                              [...] Das Finale gestaltet sich folgerichtig zur Apokalypse: die Vorgesetzten scheißen auf das Leben ihrer Männer, treiben das Schiff zum Siedepunkt und übergießen ebenfalls sich selbst mit den glühenden Kohlen und schluckend-schwarzen Massen des Meeres - alle gehen drauf, doch sie gehen zwangsläufig mit unter, alles Andere wäre ja wohl kaum fair. Philip und Lawski bleiben als Einzige am Rumpf der Yorikke übrig, bis nur noch eine schwimmende Holzplattform übrig bleibt. Manie zerfrisst den einen, der andere bleibt in der fatalen Unendlichkeit zurück - die Hölle öffnet ihre Pforten und reißt sich mit dornigen Ranken in die Haut rein. Fiese Konsequenz, aber immerhin ehrlich, wie alles an diesem kompromisslos-dargestellten Filmerlebnis. Große Gefühle bleiben am Land, der Rest ist nur noch das kalte Sterben.

                              5
                              • 7 .5
                                über Boyhood

                                [...] Allerdings, so wie er diesen Zwiespalt - ebenso wie die Bindungskraft der (ab und an dysfunktionalen) Familie - narrativ und seelisch verinnerlicht, das ganz normale Leben in den Mittelpunkt setzt und so durchgehend zur persönlichen Vereinnahmung ermuntert: das ist schon eine beachtliche Leistung und in seiner hochgradig-nachvollziehbar aufgezogenen Konkretisierung und Luftigkeit aufregend und einladend - so ziemlich auch ein Gimmick-Film, aber wenigstens einer, der mächtig Spaß und Elan darin hineinstecken will, sogar die unaufhaltbare Ernüchterung darauf mit Stolz durchzieht und sich folgerichtig nimmer ins filmische Regelwerk forcieren muss. Ob das der beste Weg war, sei mal dahingestellt, aber so unterschiedlich wie sich das Leben mit nur geringem Jahresabstand entwickelt, kann man das eh nicht mit Bestimmtheit festlegen. Es ist nun mal doch eine individuelle Zeitkapsel geworden - take what you like and go with it.

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                                • 6

                                  [...] Diese psychologische Komponente am seelisch-entzweiten Abgrund repräsentiert durchaus die interessanteste Kraft im Gesamtkonstrukt des Films, allerdings hat sie gegen eine gelangweilte Bourgeoisie in der Figurenzeichnung und der selbst-zelebrierenden Inszenierung zu kämpfen, dass sie fast schon wie verschleierte Exploitation behandelt wird. Ohnehin will der Film von Anfang an das Gefühl eines Sexy-Suspense-Capers vermitteln, emuliert Saul Bass im Vorspann und begnügt sich mit heißem Jazz sowie exotisch-quirligen bis melodramatischen Klängen im Soundtrack, verliert diesen groovigen Charme aber immer mehr, denn: Willkommen in der Euro-Liga der oberen Zehntausend – nicht unbedingt die erfreulichste Ausgangslage und im Verlauf sowieso psychologisch kaum ergiebig (siehe dazu Gwyneth Paltrows Charakter: von der unwissenden, teils frustrierten Verlobten hin zur hysterisch-heulenden Verschwörungstheoretikerin). Verstehe: Sie soll so verblendet bleiben, aber da bleibt der natürliche Sog der Menschlichkeit etwas auf der Strecke. [...]

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                                  • 7

                                    [...] Das ist aber eben auch die Crux bei einem Film über die Psychoanalyse: Alles ist transparent und greifbar präsentiert, dialogreich aufgetürmt, aber genauso wie der methodische Prozess an sich ist der resultierende Weg des Films eine verlängerte Zurschaustellung der Konflikte, aber keine Verinnerlichung. Gut, er entfernt sich im Verlauf allmählich immer mehr vom ersten Eindruck des Studio-/New-Wave-Genre-Hybriden und gibt sich dem ungebändigten, kumpeligen und doch sehnsüchtigen Menschsein sowie zahlreichen auflockernden Anekdoten hin – doch die einzelnen Formeln zur Plot-Vorantreibung sind noch immer offensichtlich da und schließen formgemäß ab, erfüllen Wünsche, öffnen und lösen dramaturgische Akte und münden sogar ins individualistisch-zauberhafte Happy End, ohne verbleibenden Subtext, dafür aber mit einer herzlichen Lebenseinstellungs-Empfehlung. [...]

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                                    • 10

                                      [...] Es gibt nur eine Handvoll aufgelöster Szenen, der Narrativ hüllt sich nicht in komplexen Mysterien und Twists oder sonst so nen Kram - dramaturgisch folgt er eben keiner festen Regel, bleibt aber stattdessen hochgradig wahrhaftig und zieht einen so stark in sich selbst rein, macht den Zuschauer zum Teil der Familie und lässt sein suburbanes Eigenleben geschehen, als wäre es klipp und klar ungeschönte und ungestüme Reportage.

                                      [...] Das kannte ich kaum noch vom Medium Film, dass ich so ein investierter Beobachter sein durfte und nicht auf außerordentlich Spektakuläres gespannt war, stattdessen schlicht auf das Wirken von Gena Rowlands und Peter Falk. Beiderlei stellen nervöse Zeitgenossen dar, sind dennoch normale Menschen, kein formelhaftes Gestelze und keine Drama-Fettigkeit [...]

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                                      • 7 .5

                                        Wie finster geht Heimatfilm? Hans H. König kennt in seiner Umsetzung des volkstümlichen Genres jedenfalls kein Pardon und entwirft zwischen endlos erscheinenden Flach- und Moorlandschaften ein krankhaftes Sittenbild dörflicher Spannungen, das im geheimnisvoll-wabernden und zunehmend seelisch-ätzenden Schwarz-Weiß geradezu gotische Züge annimmt.

                                        Die psychologischen Ingredienzen versprechen schon von Anfang an Unheilvolles, imminent verkörpert vom stets schwarz gekleideten Stalker Dietrich (Hermann Schomberg), der die junge Dorfschönheit Dorothee (Ruth Niehaus) wie unter manischer Hypnose verfolgt - und das wohl nicht erst seit kürzester Zeit, schließlich ist ihr die omnipräsente Angst stets in allen Winkeln des Gesichtes verborgen. Folgerichtig blickt sie, wie ihr beschwörend-ins-Leere-blickender Großvater, auf ein Schicksal voraus, das zwar vor 300 Jahren geschah, aber seine Schatten auf die heutige Geschichte wirft: einstmals wurde die junge Wilhelmina von einem schwedischen Offizier vergewaltigt, woraufhin sie mit ihm in determinierter Geistesabwesenheit in das Moor ging und seitdem nie mehr gesehen wurde.

                                        Die Aura der Wiederholung jener Umstände wird sie nimmer los und oftmals glaubt man auch, dass sie sich damit abgefunden hat. Die eigenen Eltern (Hilde Körber und Konrad Mayerhoff) sind da jedenfalls kaum eine Hilfe, folgen ihrem konservativen Lebensweg und hoffen mit trüber Stumpfheit, dass sie schlicht irgendwann von selbst mal darauf kommt, in Dietrichs Hof einzuheiraten. Der junge Architekt Ludwig (Armin Dahlen) kehrt jedoch genau dann in seine alte Heimat zurück, ist schnell verzaubert von Dorothees Anblick - ein Gefühl, das auf Gegenseitigkeit beruht. Das ruft allerdings ebenso Dietrich auf den Plan, der in seiner blinden Eifersucht sodann nichts unversucht lässt, sie an sich zu zwingen bzw. Ludwig mit gieriger Gewalt zu vertreiben - da ist Reifen-Zerstechen noch der Gipfel des Eisbergs.

                                        Und selbst wenn die Natur da malerische Bilder abgibt, die an und für sich die glorreichste, schleswig-holstein'sche Idylle repräsentieren, schlummert in düster-monochromer Voraussage das unausweichliche Urteil sich gegenseitig zerfetzender, scheinbar natürlich-gegebener Feindseligkeiten. Auch in den kleinsten (Gesellschafts-)Zellen nämlich brodelt es bis zur unfassbaren Eskalation und macht jede landschaftliche Offenheit zum klaustrophobischen Martyrium. Legenden und Mythen erfüllen sich wie vorausgesagt und so gut wie von selbst, doch dies zeugt nicht von göttlicher/ausgleichender Gerechtigkeit, sondern von teuflischer, vergifteter Natur; vom tief innewohnenden Bösen des gewaltvoll-gesäten Bodens.

                                        Aber davon verführen lassen sich immer noch die Menschen, verharren (auch aus Zwang) in den urtümlichsten Regeln ihrer selbst und des Vergangenen, gehen daran zu Grunde und richten andere zugleich. Die Folge für alle ist jedoch die Gleiche: zerfließen muss man im Dreck der umgebenden Leere, dem "Heimatboden", denn wer Schuld hat und wer Opfer ist, das ist letzten Endes fast ebenso schwammig wie das übersuppende, befehlende Dunkel in der Luft und auch in der Seele. Aber Regisseur König belässt es in diesem bezeichnenden Nachkriegsfilm bei einer eindringlichen Leere und setzt nach aller sicherer Todesangst zum Schluss hin auf Hoffnung und Versöhnung durch den Neubeginn der progressiven Jugend. Die starren Blicke der ewigen Furcht und das dunkle Wehen des Windes in den hohen, verdeckenden Sträuchern ringsherum wird man jedoch nie vergessen. Geister ruhen nie - und seien sie auch nur Rosen auf dem Heidegrab.

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                                        • 8
                                          über Driver

                                          Walter Hill entfacht einen Mikrokosmos der Rasanz, archaisch eingeleitet als schnörkellose Weiterführung des unsterblichen Räuber-&-Gendarm-Prinzips, aber an sich vor allem ein gut geölter, duellierender Organismus. Alle Parteien, selbst in den Rollennamen auf ihre bloße Funktion reduziert, verfolgen sich zwar durchweg, scheinen dank Kamera und Schnitt aber immer nah beieinander, unabhängig von Zeit und Raum: jede Aktion erwirkt eine Reaktion.

                                          [...] Wie die Chemie im Zelluloid zudem ein dementsprechend wissenschaftlicher Prozess, wie hier Dynamik und Physik in Reinform eingefangen und aufgespielt wird. Das gilt zwar ohnehin allgemein für das Medium an sich, doch dieser Film, dieser DRIVER, legt den Blick zu jener geradezu historischen Essenz kongenial frei. Königsklasse!

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                                          • 8

                                            [...] Es braucht nur einen Regisseur wie Doug Liman, um so ein Konzept stimmig zu entschlüsseln und vollends nachvollziehbar zu machen, ohne auf extensive Erklärungsversuche setzen zu müssen. Der Mann hinter der ersten „Bourne-Identität“ und dem Dimensionen-Wandler „Jumper“ treibt das intensive Sci-Fi-Abenteuer stattdessen mit fettfreier Pointierung voran, schöpft aus den Implikationen des Konzepts eine ganze Reihe eindrücklicher Set-Pieces, ständig neuer Perspektiven und humorvoller Einfälle, die jedoch nie selbstzweckhaft wirken, sondern ebenso passend zum atemlosen, luftigen Drive der überwiegenden Problemlösung beitragen. Denn mit jedem Schritt mehr lernt der Charakter von Cruise etwas dazu, erweitert seine Fähigkeiten und sein Wissen, ohne aber in vollkommener Überheblichkeit voranzuschreiten, da alles, was nach dem Bekannten kommt, neue Herausforderungen und Ängste bereitstellt und man deshalb immer gespannt bleiben muss und darf. [...]

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                                            • Hier auf moviepilot fehlt der Film 'NEON' von 1981, mit ihm in der Hauptrolle.

                                              Über diesen seltenen Film kann man im Vornherein nur wenig in Erfahrung bringen. So bleibt es bis zum heutigen Tage Gerhard Kleindls einzige Regiearbeit - einem Herren, dessen Lebensweg laut seiner Biographie auf imdb von einem internationalen Umschlagplatz zum anderen führte, mehrere Berufsfelder durchquerte und nur schwer erschließen lässt, wie persönlich der innewohnende Plot des Films und dessen stilistische Aufarbeitung mit ihm zu tun hat. Lediglich den Drang zur Flucht ins Ausland bei der Hauptfigur Max kann man insofern biographisch nachvollziehen - alles Andere, wie die überwiegenden Elemente der gestörten Familieneinheit und den zerplatzten Träumen des Protagonisten, kann man nur spekulativ in Verbindung mit Kleindls wahrem Wesen setzen (wo der Film doch schon im Vorspann seinen Eltern gewidmet ist). Doch irgendwie passt das zum Ergebnis 'NEON' an sich, das als sehnsüchtiges Wiener Gangster-Drama von spekulativer Naivität in Sachen Milieu-Methodik und Charaktermotivation geprägt ist.

                                              Fein ausgearbeitete Figurenmodelle werden ohnehin nicht bedient, erzeugen ein fast schon fragwürdiges, aber auch durchweg distanziertes Weltbild, das sich hierin durch die österreichische Nacht schleicht. So begegnen wir anfangs der jungen Mutter Lola, die ihren Betrügerkerl verlassen hat und nun mit ihrem Kind auf dem Bahnhof nach Hilfe sucht. Zwei verdächtige Gestalten, Max und Roman, bieten sich zur Unterstützung an, erzeugen im Kopfkino des Zuschauers allerdings schon sadistische Entführungs-Szenarien. Der Fall tritt jedoch nicht ein, stattdessen nimmt Lola freiwillig und unbedarft ihr Angebot an, sich als Hure Geld zu verdienen - eine nur schwer nachvollziehbare Entwicklung, wie so ziemlich alle späteren Entscheidungen der ab dort nur noch spärlich auftauchenden Dame.

                                              Viel mehr konzentriert sich Kleindl daraufhin aber allmählich auf die Figur des Max, der zwischen all den krummen, zwielichtigen Geschäften im Geheimen eine Liebe für Lola entwickelt und dafür sodann auch seine Partner belügt, ohnehin mehrere Jobs vergeigt und durchweg im Minus steht. Den einzigen Ausweg sieht er im Ausland, mit Lola und ihrer Tochter an seiner Seite, doch dafür muss er seine alten Kumpane hinterrücks in eine Falle locken, gegenseitig ausradieren. Was jetzt ausgesprochen spannend klingt, zieht sich in Wirklichkeit nur äußerst schleppend, geradezu beiläufig voran. Erzählerisches Unvermögen ist wohl Kleindls größte Schwäche, wie auch die (bescheiden ausgedrückt) wenig aufregende Führung der Darsteller. Dafür bleiben ihm aber einige stilistische Stärken, die inzwischen nur noch selten im modernen Kino anzutreffen sind.

                                              Wie in Serge Moatis vergessenem Meisterwerk 'NUIT D'OR - DIE NACHT AUS GOLD' gelingt ihm ein fast schon selbstverständlicher Sog in die neon-durchflutete Nacht - schnörkellos, nicht mal schwelgerisch, sondern neutral gelassen als einsam-stumme und manchmal brutal-eskalierende Gegend für unseren ratlosen Helden Max, der zunächst zu den Klängen eines romantischen Disco-Grooves "Stay with me" seine anfänglichen Annäherungen bei Lola genießt (in einer kurzweiligen Montage von Herbst-Spaziergängen und Spielhallen-Fun alà Romeros 'ZOMBIE'), sich aber auf der Suche nach einer gemeinsamen, doch scheinbar unmöglichen Fluchtmöglichkeit immer wieder in die Dunkelheit der Stadt verirrt, mit demselben Song als omnipräsente Erinnerung.

                                              Der einzige Vertraute ist da ein Taxi-Fahrer, den er immer wieder trifft, welcher ebenso von vergangenen Weibergeschichten berichtet und sogar Fotos anbietet, bei manchen Fahrten aber auch einfach stumm bleibt und Mitleid für Max und seine anbahnende Einsamkeit ausdrückt - so stumm wie auch jene Frau in der berüchtigten Gangster-Bar, die von Roman in Schutz genommen wird, aber dennoch nicht anders kann, als weiterhin in Ruhe zu verharren, sobald sich nämlich abzeichnet, dass er nie zurückkommen wird. Die gleichsam bitter-trostlose Rechnung für diese Maßnahme muss dann ebenfalls Max tragen, dessen zukünftiges Ziel des Glücks mit Lola ihm aus den Händen gleitet und in einer fieberhaften Suche durch die finsteren Gassen gipfelt, in der er ohnehin von Schuld getrieben, aber auch deutlich aus Verlustangst, um seine Existenz zu rennen beginnt.

                                              Schlussendlich findet er Lola in den Fängen ihres Mannes wieder, was für sie allerdings kein Problem zu sein scheint. Gleichgültig begegnet sie den Fragen von Max und weist ihn sowie seine Pläne mit kalter Schulter ab, gibt ihm zum seelischen und körperlichen Tode frei. Ein Schlusspunkt ultimativer Enttäuschung, gefolgt von einem rotzig-eingeläuteten Abspann, der die drastische Hoffnungslosigkeit des Narrativs nochmals unterstreicht. 'NEON' ist da im Endeffekt genauso wie Alan Vydras 'ABFLUG BERMUDAS' eine deutschsprachige Underground-Tristesse männlicher Gefühlsverletzungen im Milieu-Ambiente, die schon seit längerem auf Wiederentdeckung wartend unter uns im VHS-Mantel schlummerte.

                                              Ein gelungenes Gesamtpaket wie z.B. Roland Klicks 'SUPERMARKT' ergibt sich dabei leider nicht, dafür ist Kleindls erzählerisches Repertoire nur leidlich ergiebig und konventionell, atmosphärisch kann er aber durchaus punkten, mit ungeschönter Trostlosigkeit und ideologischer Gnadenlosigkeit gegenüber/mit dem Naiven. Allzu bezeichnend dafür steht der Inhaltstext der Videokassette, den ich im Folgenden zitiere: "Neon ist ein knallharter Thriller mit Toten, Schiebereien und Schiessereien. Max, die Hauptperson dieser Geschichte, ist ein lebensgieriger und verzweifelter Grossstadt-Odysseus. In dem von Gangstern, Zuhältern und Prostituierten geprägten Milieu verkörpert er den immer erfolglosen Typen und scheitert letztlich endgültig, da er zu weich ist."

                                              6/10

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                                                Beziehungen zwischen Schöpfer und Werk, egal in welchem Medium, ergeben eine sich stets gegenseitig beeinflussende Symbiose - Ursache und Wirkung, Aktion und Reaktion, Aufarbeitung und Verarbeitung: da ergibt sich ein Zyklus im Gedankenaustausch zwischen den reellen und imaginativen Dimensionen. Für Belmondos 'MAGNIFIQUE' stellt dies das Kernargument dar, welches den gesamten Film vorantreibt und überrascht, als rasante, herzliche Komödie die Psychologie des Schaffensprozess phantastisiert und in die realen Umstände der Autorenzunft transportiert.

                                                Am Anfang scheint man sich in einer knallbunt-überspitzten Agentensause zu befinden, in welcher der designierte Superheld Bob Saint-Clair (Jean-Paul Belmondo) nicht nur alle Gefahren mit Argusaugen, fast schon übersinnlichen Fähigkeiten, aber auch lockerem Gestus bezwingen kann, sondern auch den Schlag bei den Weibern weg hat - aktuelles Ziel: die heißblütige Tatjana (Jacqueline Bisset). In Acapulco machen sie zusammen sodann reichlich Bekanntschaft mit Mördertruppen, exotischen Kulissen und kindischen Zufällen - im höchsten Maße oberflächlich-knallchargiste Kolportage mit exzessiven Blut-&-Erotik-Gehalt, inkl. sarkastischer Verschmitztheit: so kennt man sie, die wilden Agenten-Fantasien jener Tage.

                                                Dahinter verbirgt sich allerdings der unscheinbare und wenig glorreiche Groschenroman-Autor François Merlin (ebenfalls Belmondo), dessen Person kaum jene Durchschlagskraft besitzt, wie sein Alter Ego. Der Mann ist ein Taugenichts, ein Versager, mit Schulden bei der Bank, einem kaputten Badezimmer und mäßigen Fähigkeiten im Ein- und Ausparken, Frauengeschichten sind auch nicht gerade seine Stärke. Doch seine Werke sind immerhin Millionenseller, eben purer Eskapismus für die Sehnsüchte der zahlreichen Leser - so hält ihn jedenfalls sein Verleger Charron (Vittorio Caprioli) bei der Stange, ein geschickter und zynischer Ausbeuter von Format.

                                                Dessen Abbild schleicht sich sodann in die Darstellung des Bösewichtes Karpof aus Merlins Büchern ein, wie auch andere Querulanten des Alltags, u.a. unfähige Elektriker und Klempner, die Merlin im wahren Leben ohne Konsequenten den letzten Nerv rauben, allerdings in seinen Romanen brutalste Strafen erhalten. Jene explosive Projektionsfläche der drastischen Abreagierung besitzt natürlich soziopathischen Charakter und dürfte auf die Dauer nicht das gesundeste Ventil persönlicher Differenzen darstellen, zielt aber vornehmlich, wie beim Leser (bzw. auch Zuschauer), auf die Erfüllung innerer Wünsche und Überwindungen ab.

                                                Denn Marlin hat seine Tatjana schon längst in seiner Nachbarin, der Soziologin Christine (nochmals Bisset), gefunden und ist deutlich gehemmt, ihr gegenüber zu treten, bis sie schließlich doch eines Tages aufgrund seiner Werke auf ihn zukommt, um deren entspannende Wirkung bei der Leserschaft fürs Studium zu analysieren (ganz so wie ein Kritiker, der diesen Film bespricht). Mit neuem Enthusiasmus macht er sich dann auch an die Fortführung seiner neuesten Geschichte dran, widmet seinen Figuren schwelgerische Romantik und Selbstsicherheit, mit der steten Hoffnung auf das Übersuppen jener Gefühle in die Realität, doch da sind die einzelnen Parteien noch nicht so weit.

                                                Frust über das eigene Wesen, über den Geltungsdrang und den Erwartungen ans Mann-Sein, zerschlagen Merlins seelischen Aufbau erneut, üben schließlich die Demontage der Fantasiewelt und die verballhornende Chaotisierung des Superhelden Saint-Clair. In diesem hämischen Zwiespalt wird sodann aber auch das Eindringen des Bösen, Karpof/Charron, parallelisiert, der sich an Tatjana/Christine heranmachen will und dafür mit Leichtigkeit seine geschwächten Gegner, sprich Merlin/Saint-Clair, übergeht. Die vermengten Dimensionen buhlen sodann um dasselbe Ziel, wobei die imaginative sich selbst völlig über den Haufen wirft, zur durchgeknallten Groteske persifliert wird, während die reale nun endlich die Initiative ergreift und fern aller Ideale und Kompromisse die Erfüllung der Wünsche heraufbeschwört.

                                                Eine schöne, schlussendliche Lehrsamkeit zum wirklichen Leben, die Konsequenz des Schaffensdranges zur Verbesserung des eigenen Seelenheils. Gewiss ein vorsätzlich-unterhaltsames Leinwand-Märchen ausgezeichnet-geschriebener Güte, dennoch eine lebhafte und wichtige Liebeserklärung an die Macht der Fantasie, welche als Grundlage der Flucht aus dem Alltag die Samen für das Glück setzt und sich dabei im regen Austausch mit der Realität befindet, um miteinander verbunden zu werden.

                                                Ein bisschen Naivität kann da nicht schaden und erdrückende Tristesse muss auch nicht sein, da versteht der Film selbst seine erquickende Funktion und ergötzt sich in virtuoser Kurzweiligkeit dem potenziell-sprießenden Ausgangsthema, durchbricht die vierte Wand und sonstige Grenzen als pointenreiches Abenteuer und vergisst dennoch nicht den lieblichen Drang zur Romantik. Eben ein wahrhaftiges Stück Eskapismus, das sein grundsätzliches Wesen aufklärt, die Realität des Zuschauers aufzuwerten versucht und sich schließlich soweit mit dieser rauft, bis sie eins sind, nur zusammen eben nun besser füreinander. Schöne Sache mit Vorbildfunktion, besonders im Rahmen eines solchen Spielfilms.

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                                                  • 7

                                                    [...] Ohnehin erliegt diese Schule etwas Unheilvollem - denn obwohl der Soundtrack von Erwin Halletz pfiffigen Groove und Schlager an den Mann bringt, der zusammen mit der ironischen Haltung zum Schulapparat Erinnerungen an unschuldigen Klamauk oder alte Folgen von 'Die Sendung mit der Maus' hervorbringt (anhand von Porno-Synthesizern, Schlager und Orgel sowie dem singenden Starlett MANUELA, das in der Rolle einer jungen Studentin schon etwas alt aussieht), ist das eigentliche Ambiente nichts für heitere Stunden, erst recht nicht im verknarzten VHS-Format. Die Provinz-Kulisse mit ihren Altstadt-Aufnahmen von Rothenburg ob der Tauber um die winterliche Jahreszeit herum erschlägt das Gemüt mit keimig-glatten Inneneinrichtungen und einer erst recht blass-biederen Schule als zentralen Handlungsort, wo die strengen Pauker derartig stürmisch und gewalttätig auf Streiche und Frechheiten reagieren, dass man sie heutzutage ohne Weiteres verklagen und suspendieren würde. [...]

                                                    Eine Stimmung von unterdrückendem Sadismus wird dabei suggeriert, der sich zudem in der angedeuteten, nicht voll-ausgeführten Romanze von Trixie zum jungen Nachhilfelehrer Dr. Klaus Höllriegel (Gerhard Lippert) äußert - schließlich will sie ihm auch einen Streich mit einem zugeklebten Salami-Brötchen spielen, der jedoch packt sie am Mund und stopft ihr das Brötchen in den Rachen, woraufhin er sie auch noch übers Knie legt und verhaut. Diese Gewalt turnt sie trotzdem irgendwo an und lässt die Beiden im Folgenden verschmitzte Streitgespräche führen, in denen sie sich stets über seine Beleidigungen echauffiert, aber auch ganz Ohr ist, wenn er mal ein Kompliment austeilt. Eine vollends devote Beziehung zwischen Mann und Frau bahnt sich da an - der Film hat insofern auch ein durchaus krankes Verhältnis zum Wesen der 'Gelehrsamkeit'. [...]

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