Der Witte - Kommentare
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Alle Kommentare von Der Witte
[...] Schließlich benutzen beide reichlich fiese Tricks, Minions und Kinderspiele, um der jeweils anderen Seite eins auszuwischen. Regisseur Stoller und seine Autoren greifen dabei auf ein flottes Tempo zurück, um nicht nur wie der Großteil kontemporärer Komödien im Schuss-Gegenschuss-Dialog seine Impro-Beleidigungen zu finden, sondern wirklich mit Situationskomik, gerne auch mit Anarcho-Action und singulären audiovisuellen Pointen, zu punkten. Zentral am Laufen gehalten wird das Mordsduell auch vom Kampf der Geschlechter beziehungsweise wie faustdick es alle hinter den Ohren haben, ohne Klischees ihrerseits zu bestätigen. Im Gegenteil, diese werden ironisch umgekehrt, während alle anderen Erwartungen schlicht aus dem Fenster geschmissen oder mit Hähnchenfett statt Babyöl eingerieben werden, um die allgemeinen Vorstellungen von Mann und Frau ad absurdum zu führen. Nix mehr mit Bros before Ho’s! [...] zumindest aber setzt der Film entschiedene Zeichen fürs Eigene, ehe er moralische Zeigefinger wetzt. Sobald Kappa Kappa Nu nämlich in Geldnot geraten und sich gezwungenermaßen wieder mit Modellen des Sexismus anbiedern müssen, stehen Würde und Freundschaft derart auf dem Spiel, dass man beiderseits keinen Kompromiss, sondern Einsicht aus der Situation schlägt [...]
[...] Obwohl Jones konkret inszeniert und klotzend visualisiert, die Action der Vorlage ohne Spieler-Input umsetzt und teils brutaler schneidet als ein Axthieb per Orkfaust, sind ihm aber scheinbar die Hände gebunden, über das Gewöhnliche hinaus zu denken, sobald er seine Parteien um Menschen und Orks zu charakterisieren versucht. [...] Ab und an darf auch die Rücksichtnahme aufs Publikum vergessen werden, so sprunghaft (er) sich durch die Elemente des Eskapismus schlägt und die Gravitas eines John Milius hommagiert, wenn er ungeniert Ehre, Kampfgeist, Tradition und andere spartanische Werte als Gerechtigkeit herausstellt und kulturelle Eigenständigkeit gegen Sklaverei und Diktatur empathisiert. [...] Nur eben in letzter Instanz wird’s womöglich unbequem, wenn die Erwartungen in Gut und Böse, Verrat und Triumph doch über Umwege (zumindest mit Zweifeln) erfüllt werden und trotz Widersprüchlichkeiten gewiss nicht mit faschistischen Anspielungen geizen, wie sie dem Genre seit jeher anheimfallen. [...] Klingt gruselig, passt aber zu 2016 wie die Faust aufs Auge.
Es stampft die Jugend im Rausch der Party voran, mit Verdrossenheit dem Alltag gegenüber, und doch mitten im Stroboskoplicht. Im Impuls des jungen Lebens wächst die Persönlichkeit aber noch und geht dementsprechend in der Clique unter, bis dann doch der Urknall des Coming of Age passiert. [...] Woher, warum und wie sind Fragen, die bewusst ausgeschlossen werden dürfen, sobald die psychotronische Beobachtung des Feierns in einem Alltag mündet, der kaum mit Individuen umgehen kann. [...] Schon das Schauspiel gibt sich rotzig in seiner Bewegung und bar jeder Hemmung, kann im Angesicht des Unwesens aber auch nicht Herr der Lage sein und erschafft somit einen Gesellschaftsjux, der umso schöner wird, je weniger er sich von einer Dramaturgie erwürgen lässt. [...]
[...] Die Erfahrung bleibt aber stets bittersüß, wenn Ines sich für das Leichtfüßige und Clowngehabe ihres Vaters schämt, obgleich die Scham der Contenance halber kein Vergleich zur Misogynie der Vorstandslappen mit Wanst im Boss-Jackett darstellt. [...] Man wird aber auch sehen, dass Ines Kontrolle über die Unverschämtheiten der Männlichkeit haben kann, Biss vorweist und Ideale vertritt, doch es stehen noch zu viele Hürden der Verletzlichkeit im Raum, solange sie als Tochter ihren Vater rechtfertigen zu müssen glaubt. Also denkt der sich eine abgekoppelte Identität aus [...] Improvisatorische Impulse vermengen sich durchaus mit Alltäglichkeit und an sich schon absurdem Business-Talk, aber es wird sich gewiss nicht durch reißerische Eindrücke gehetzt, so wie ja im Folgenden nicht nur behauptet werden soll, dass sich Ines wieder dem Eigenen und Menschlichen nähert. [...] (Der Film) besitzt da reelles Feingefühl und schöpft seine Liebe abseits jedweder Genre-Regeln aus dem Unausgesprochenem, konstruiert die Katharsis in seinen Charakteren auch nicht aus vorgefertigten Wegbeschreibungen, sondern eben aus der Wertigkeit des Moments, aus Impuls und Willkür das zeigend, was man wirklich ist und was man sich zu schenken hat. [...]
[...] Der Durchschnittsfall von der vermissten Leinwandschönheit treibt sodann also das Abenteuer an, nicht allzu aufregend mit Intrigen und Konventionen durchs Nachtleben prellend, aber genug Angriffsfläche bietend, anhand derer sich der Harte und der Zarte in die Wolle kriegen, um bald gemeinsam auf die heiße Spur zu kommen. [...] Ganz sauber sind beide so oder so nicht, abseits dessen verbinden sie sich trotz anfänglicher Missverständnisse aber schnell im Pendel aus zeitgenössischem Zynismus und selbstentlarvendem Chaos, mal mehr und mal weniger fortgeschritten in Richtung Kompetenz. Sie hauen die Leute meistens jedenfalls gut übers Ohr und stecken dafür sogar die Macho-Route zurück, was umso mehr beglückt, so locker sich Gosling und Crowe nun mal die Bälle vom Kumpel-Jargon on the rocks zuspielen. [...] Es ist nun mal ein netter Film geworden, ordentlich seinem Genre verpflichtet und voller Spielspaß im Konsens unterwegs, wo sich selbst der Regisseur vom „Lost River“ auch galant zum Affen machen darf. Der Pepp geht leider nicht ganz im Laufe des Plots auf, wenn die biedere Zum-Kult-geboren-Walze ihre Belanglosigkeit streckt, für ein harmloses Minenfeld an nicht komplett forcierten Schlagfertigkeiten und Schlaghosen im Vintage-Crime zwischen Räuden- und Honkfilm kann man sich dieses Back in Black aber durchaus geben. [...]
[...] Keine Seite spart hier (Selbst-)Lügen und Obsessionen aus [...] Siegel spinnt dieses Netz an Schuld und gegenseitigem Nutznießens unter vorgehaltener Hand mit einer Dynamik, die selbst im geerdeten Ambiente vergangener Jahrhunderte und Manieren Spannung erzeugt, wo es von der Oberfläche her auch reichlich Optionen für simplen Kitsch gäbe. Doch mit der Kernigkeit Eastwoods bestellt man sich eben nicht nur die wahrhaftige Romantik der „Brücken am Fluss“ ins Haus, wenn ergänzend dazu noch im Krieg sowie der Rivalität darin stets Faktoren an Reibungen bleiben [...] So wie Siegel das Bild des Bürgerkriegs entmystifiziert, entlarvt er in punktgenauer Schnitt- und Kamerafolge dann also auch die vermeintliche Unschuld, wenn die Eskalation von beiderlei Seiten herrührt [...] wie und warum sich Dualitäten nähern und einander abprallen, wieso ein Krieg unter Menschen, Geschlechtern und Co. zustande kommt, obgleich die Mitschuld aller da ist, wie das Geständnis zu Hormonen stumm gemacht und verzerrt wird, am Ende nur noch Sieger und Verlierer feststehen, ehe das Sepia sie wieder ausbleicht.
[...] Regisseur Bryan Singer bringt als Initiator des Ganzen gewiss den nötigen Enthusiasmus mit; zumindest kommt er an mehreren Stellen über Simon Kinbergs Drehbuch hinweg, das sich scheu mit Expositionen voll funktioneller Dialoge durch ein Mammut-Ensemble kämpft, um die eine oder andere Ladung ausgeprägter Charakterstärke zu ballen. [...] Die Vereinigung im Schmerz, jene kollektive Verarbeitung der Ausgrenzung ins Gute, wird wohl für immer überleben. Da kommt es nicht von ungefähr, wenn auch dieser Film die Familie, Verlust und Erkennung derer als thematisches Herzstück anspricht. [...] Milieuvorstellungen mit X-Men im Vordergrund werden sodann die unterhaltsamsten Schauwerte eines Zeitkolorits anno 1983, das zwischen Highschool-Masche und Ostblock-Maschendrahtzaun pendelt [...] (Singer) kann ihre Katharsis sowie ihre Furcht davor allerdings auch besser in Bilder fassen, als es Autor Kinberg mit Worten schafft [...] Zeitgleich ist auch nichts verkehrt daran, die Qualitäten oder Mängel des Konsens zu reflektieren, wenn die Moral im Innern weiterhin stimmige Argumente für Toleranz, Empathie und der dennoch nötigen Differenzierung von Macht und Gemeinschaft liefert. [...]
[...] Die Beobachtung jener Verhältnisse - zwischen Vater, Mutter, Sohn, der älteren und der jüngeren Tochter - nimmt Lanthimos dann auch außerordentlich schlicht hin, umso schärfer zieht er aber noch die Spannung aus derer Begegnung mit dem allgemeinen Verständnis von sozialer Interaktion, Moral und vor allem Sexualität. Das Kennenlernen oder auch Abstoßen der Kontraste ergibt den Drive des Films, obgleich er sich stets gelassen in der Hitze, eingezäunt mit Swimmingpool, binnen Supergärten und aufgeräumter Villa aufhält, somit auch die Selbstverständlichkeit jener Verhältnisse als permanenten Siedepunkt herausstellt, der von außen hin per psychischem Missbrauch eine neue Art von Erwachsenen formt. [...] Zähne ausschlagen zum Versprechen der Emanzipation; Hormone als Instinkt ohne Gefühl und Empfänger von Leistungen; Lehrmeister der Menschlichkeit im Biodom der Lügen, der selbst dem Nichts hinter seinen Mauern eine Bedeutung zumisst und gleichsam im Katzenblut unterdrückt: Die Indoktrination spart hier gewiss nicht mit intensiven Eindrücken [...]
Damit es vielleicht auch nochmal abseits von filmportal (siehe http://www.filmportal.de/nachrichten/niklaus-schilling-verstorben) berichtet wird: Niklaus Schilling, einer der "geheimen" Talente des deutschen Kinos, das aus dem "Nachtschatten" heraus dem Tode im "Rheingold" entlang fuhr und schließlich mehrmals als Grenzgänger zwischen West und Ost vom "Willi-Busch-Report" bis ins "Deutschfieber" fungierte, ist am 6. Mai mit 72 Jahren in der Berliner Charité verstorben. Ich kann jedem nur empfehlen, sich seinem Werk in jedweder Form zu widmen, leider sind nicht alle seine Filme bisher regulär im Heimkinomarkt erhältlich, aber wenn Lücken bestehen, kann Euch seine mehrfache Produzentin und Hauptdarstellerin Elke Haltaufderheide unter http://www.visualfilm.de/netshop.html mit Kopien aushelfen. Ich hoffe darauf, dass Ihr alle dadurch spannende Entdeckungen macht, ich kenne auch noch nicht alles von ihm, aber ich schätze mal, das wird sich so oder so ändern, wenn man die Qualität seiner Traumwelten bedenkt. R.I.P.
[...] Bruder gegen Bruder wird letztendlich auch ein Thema [...], wie überhaupt eine ideologische Dualität besteht, die so weit zurückreicht, dass sie ganz bewusst Anklänge an den Bürgerkrieg evoziert. Bei Coach Bombay kommt das vor allem in der traumatischen Begegnung mit seinem alten Trainer Reilly (Lane Smith) zur Eskalation, so wie dieser nun zu seinem direkten Rivalen wird, unter seiner Aufsicht zudem einst derartig auf Sieg getrimmt wurde, dass ein kleiner, doch entscheidender Fehler die Missgunst ewigen Versagens über ihn herein brachte.
[...] Die Unbekümmertheit überspielt galant jede Redundanz, wenn der Spaß am Leben stimmt. [...] doch wenn es hart auf hart kommt, schaffen sie ihre Genre-Richtlinien mit einer sauber verdichteten Dringlichkeit, wie es bei der Spannung zum Underdog eben zur Gewohnheit gehört, aber dennoch in der Zuschauergunst ankommt [...] Die „Mighty Ducks“ können einen da auch recht astrein catchen, wenn sie auf Fairness beharren, aus Zynikern aufrichtige Vertreter des amerikanischen Traums via Teamwork machen [...]
Die westdeutsche Märchenverfilmung nach den Gebrüdern Grimm lässt gewiss nicht locker, sich mit den vorangegangen Eindrücken der bis dato erlebten Filmauswahl zu verbünden. Mit überchargiertem Spiel und umso keimigeren Agfacolor dürfte die Mär aus dem Jahre 1954 nicht nur Kindern Angst machen, betrachtet man dazu allein das expressionistische Set-Design voll furchteinflößender Fratzen - ganz gleich, ob sie voller Unbedarftheit Sonne, Mond und Blumenbeet verkörpern sollen; wer hätte gedacht, dass man soviel Schiss vor Lebkuchen und Schornsteinen haben könnte? Selbst die Eulen hinterlassen hier weniger stechende Blicke. Die Ausgangslage ist aber auch ein schweres Stück, ganz besonders im Hinblick auf die Nachkriegszeit, deren Einfluss das Narrativ um Hänsel (Jürgen Miksch), Gretel (Maren Bielenberg) und ihre mittellosen Eltern noch um einige Zwischenstops vor der Hexe verlängert sowie Armut und Verzweiflung dichter in der Figurenerfahrung ankommen lässt, wenn sich diese mehrmals im Nadelwald verlaufen, aus dessen Dunkelheit der Nacht sodann horrormäßig kostümierte Tiere schlüpfen.
Gretel schreit dann voller Tränen in die Kamera hinein, sobald sie vollkommen alleine unter den Tannen kauert, als wäre sie im Delirium à la Harlan, wobei jener Name einem öfter in Erinnerung gerufen wird, so fies der dickwänstige Besitzer ihrer Hütte Drohungen ausspeit und wie polemisch auch die Hexe (Barbara Gallauner) ihre morbiden Schreckenstaten blutrünstiger Willkür ankündigt. Vollends verstrahlt erlebt der Film schon zur Mitte hin per Schneemann das Höchstmaß an Grusel, möchte man meinen, doch je tiefer es in den Wald geht, Lieder erklingen und die bunteste Behausung einen Höllenschlund des Missbrauchs offenbart, desto ruheloser empfindet man die eigentlich als harmlos angedachte Märchenstunde auf dem Pfad zum genuinen Mitternachtsspuk. Hier türmen sich geradezu die bizarren Eindrücke, deren Licht- und Kulissengestaltung eher „Suspiria“ oder den Horror von Geißendörfers „Die Eltern“ vorwegnehmen - da hilft die letztendliche Katharsis nicht allzu befreiend drüber hinweg, wenn man bei Hänsel, Gretel und vielleicht auch sich selbst posttraumatische Belastungsstörungen voraussieht.
Kurzum: Dieses Goldstück kindlich gestalteten Grauens aus den an sich schon nicht ganz so sauberen fünfziger Jahren ist trotz aller augenscheinlicher Unschuld so gefühlsintensiv in den Tiefen der Furcht sowie des Unberechenbaren unterwegs, wie man ihnen selbst mit farbigster Fantasie nicht begegnen (wollen) würde. Ein irgendwie verstecktes Kuriosum in einem etablierten Kinder-Klassiker.
Mario Bianchi liefert hier einen Bullenreißer ab, der als Krimi nochmals die Schludrigkeit von „Die Ungreifbaren“ überbietet und seinen Groschen-Plot um Erpressung sowie Mafia-Syndikat (angeführt von Richard Harrison) sogar weit inkohärenter abfetzt. Der in Ungnade gefallene Kommissar Sereni (Calogero Caruana) ergibt dabei einen Kotzbrocken von Protagonist, der in seiner Kaltschnäuzigkeit so dermaßen abhonkt, wie sich auch die Inszenierung konfus durch Schauwerte prügelt, als wäre eine Dekonstruktion des Poliziottesco ins Lächerliche angesagt. Schmieriger könnte dessen Münchener Synchro voll übertriebenem Gossenjorgan dann auch nicht klingen, umso vergnügter lässt man sich dabei in einen Exzess stürzen, der sich „Stumpf ist Trumpf“ mit Sicherheit auf die Brust gekritzelt hat. Sein zu Beginn wunderbar überschwängliches Tempo drosselt der Film Richtung zweite Hälfte zwar einigermaßen, das sprunghafte Konstrukt binnen Charakterverständnis, Zwischenmenschlichkeit und pappig verkörperter Kernigkeit bleibt aber bis zum Ende bestehen.
Bianchi verballert sich gehörig ins Herz des Zuschauers hinein, wenn Sereni den Macker ohne Grenzen gibt, auf Dächern springt und Gangster abknallt, in Schmalspurmontur den Bronson mimt, aber kindisch rüber kommt, wenn er als kleiner Mann in übergroßen Schlaghosen dauernd Frauenliebschaften wechselt (sobald ihm eine wegstirbt) und mit stets mürrischer Fresse suspendiert das sehr locker definierte Gesetz in die eigene Hand nimmt. Kindisch scheint aber auch Bianchi zu denken, weshalb er trotz mangelhafter Ressourcen umso entschiedener die Genre-Aufregung durchexerziert, voll taktloser Exploitation jedes mögliche Weltbild aushebelt, weil es im Kino nun mal geht. Nichtsdestotrotz könnte sein Sleaze nicht stärker durchschleimen, wenn unbescholtene dralle Frauen mit K.O. Tropfen unfreiwillig in die Porno-Szene involviert werden und um die soziale Stellung ihrer Gatten bangen müssen, wobei Bianchi gewiss mehr auf Busen als auf Mitgefühl setzt.
Aber selbst wenn das Drehbuch irgendeine Ideologie an diesen Prozessen ausmachen wollte: Bianchi wüsste nicht, wie und was er da vermitteln sollte, also deeskaliert sich sein Film ständig in eine Unschuld des vollkommen transparenten Posings, das knallhart und zynisch tun will, aber eigentlich als ganz niedlich in Empfang genommen wird, was zweifellos an der beinahe dadaistisch strukturierten Krassheit von Narrativ und Ensemble liegt - ganz zu schweigen von den knalligen Unmengen an durch und durch provinzieller Action, die vielleicht ein Mal so etwas wie eine Kadrierung auf die Beine stelle kann. Echt liebenswert, der Mario - wie ein Hund, der laut bellt, sich aber ohne Weiteres streicheln lässt.
Was für eine Explosion! Geschmacklosigkeiten und Hysterie verknüpfen sich hier erneut zu einer pausenlosen Supershow, die im positiven Sinne kontinuierlich das Gehirn wegschmelzen lässt und vielerlei Kosten scheut, um mühelos sogar dann noch zu überraschen, wenn man auch bereits „Pink Flamingos“ und Konsorten kennen möge. Mink Stole rastet vielleicht so stark wie sonst nirgends aus, als sie zusammen mit Jean Hill von den oberen Zehntausend wegbricht, in denen sie mehr Perversionen und Gewalt sieht, als tatsächlich oder nur in Mengen vorhanden war. Ihre manische Melodramatik ist da schon eine wunderbare Beigabe zu Kinderstreichen und Doktorspielchen, welche in ihrem Auge die Hölle von Vietnam rekreieren und zur übersexten Schwangerschaft führen.
Waters lässt sich da nur an wenigen Tabus aufhalten, seine neckische Provokation kommt dann auch bald im Perma-Modus an Verdorbenheit und Fiesheit an, sobald die Flucht aus Baltimore nach Mortville von statten geht. Dann geht die Zwischengesellschaft der Subkulturen unter der Tyrannei von Edith Massey nämlich richtig in die Vollen und wirft so genüsslich Geschlechter und Schönheitsideale durcheinander, dass man dem daraus entspringenden Anarchismus an Gebrüll und Geficke nur allzu gebannt folgen kann - selbst, wenn sich alles im Chaos verliert. Denn manche Pointen an Gemeinheiten und Widerlichkeiten kommen inszenatorisch zu einem Kurzweil, den Waters bei seinen Flamingos noch nicht so ganz drauf hatte. Vielleicht kann man das aber trotz aller Freigiebigkeiten im dargestellten Wahnwitz als Gefälligkeit betrachten, als bewussterer Schock nach einer Reihe ähnlich gelagerter Filme, der eben nicht ganz verschleiern kann, dass er im Verlauf einige anstrengende Phasen mit sich bringt.
Selbst „Pink Flamingos“ hatte ja auch seine Momente der urigen Empathie, „Desperate“ verschluckt selbst diese als Attacke des kotzwütigen Nonsens. Das ist nur konsequent und schön, vielleicht aber nicht auf die Dauer auch dementsprechend effektiv. Ganz ab davon sieht man hier genug Sachen, die sich nirgendwo sonst anbieten würden, so wie sich das „Living“ schamlos in allen seinen abgefuckten Facetten suhlt, dem Zuschauer dabei die Augen ausdrückt und Ohren auseinander reißt. Das Verständnis zum Untergrund ist wie eh und je in all seiner Over-the-Top-Wonne abgedeckt und ein verkorkstes Märchen im Kampf gegen die Monarchen des White Trash gesellt sich ohnehin dazu.
Umberto Lenzi legt es schon früh darauf an, Genre-gerecht an eine sozialkritische, gar ökologische Botschaft anzuknüpfen, dennoch begnügt sich der Veteran zig variierter Brutalo-Reißer nicht unbedingt mit der Disziplin der Kohärenz, so wenig Geld und Zeit ihm wohl auch zur Verfügung standen. Sei es drum: Die nicht von ungefähr eingeschlagene Albtraumlogik seines Horror-Szenarios mutierter, von Menschenhand erschaffener sowie diese zerfleischende High-Speed-Zombies hält mit reichlich Bleigewitter drauf, um die Laune ausgelassener Schmierigkeit hoch zu stapeln. Vorne dran rennt und telefoniert sich Hugo Stiglitz als Journalist Dean einen ab, schwadroniert derartig passioniert über die Pressefreiheit, wie es bei Lenzi sonst immer die Bullen über ihre Auffassung von direkter Gerechtigkeit tun.
Seine Freundin Anna (Laura Trotter) hält in übersichtlichen Portionen ebenso philosophische Vorwürfe zum menschlichen Zustand bereit, was dem in solchen Genrezeiten sonst so vernachlässigten weiblichen Geschlecht wenigstens mal ein gewisses Mitspracherecht zuspricht. Ohnehin ist es sympathisch anzusehen, dass die Männer auch in den noch weiter drum herum gewickelten Subplots ständig die Frauen, Ehegattinnen und Töchter an der Leitung haben wollen und sich Sorgen um ihr Wohlergehen binnen einer sich anbahnenden Katastrophe machen, während diese eben ihren eigenen Job, ob nun im Krankenhaus oder zuhause, erledigen. Natürlich lassen sich solche Ansätze dann immer schnell entwerten, wenn sie ausgerechnet dort, selbst beim Picknick außerhalb der vorangekündigten Sicherheit, angegriffen werden und Lenzi spart ohnehin nicht an exploitativen Einlagen hinsichtlich Nacktheit und der blutigen Zerstörung all dessen.
Diese Eindrücke ergeben dann meist Momentaufnahmen, wie sie ein Knallerbild für ein Comic ergeben könnten, in deren Ballung ergibt sich aber nur selten eine richtige Sequenz, so wie sich aus den Sequenzen des Films auch nur schwer ein Film ergibt. Der marginale rote Pfaden bringt immerhin noch genügend Kurzweil mit, um die drei parallelen Episoden des Schreckens temporeich wie sprüchegeladen unter Beihilfe von extremen Schauwerten als Schaufenster für spritzigen B-Movie-Splatter gelingen zu lassen. Wahre Spannung darf man da zwar woanders suchen, doch Lenzis dringliche wie schludrige Atmosphäre seines Euro-Grauens trifft noch voller Aufregung.
An Spaß mangelt es dem Biopic vom Exzess des frühen Hollywoods nicht, insbesondere hinsichtlich des verschmitzten Charakters Rudolf Nureyevs, der den Protagonisten womöglich charismatischer als das Original darzustellen im Stande war. Regisseur und Koautor Russell denkt seine Betrachtung zu Wesen und Leiden des stetig industrialisierten Sexsymbols aber dann doch etwas zu kurz, als dass sich von Anfang bis Ende emotionales Potenzial draus schöpfen ließe. Seiner Methodik aufbrausender Theatralik im Externen könnte man da die Schuld geben, wenn sie denn nicht bewusst in exaltierter Offenheit auf die Barrikaden gehen würde, um die mehr oder weniger freiwillige Machtlosigkeit des Menschlichen gegenüber der Sensationsgier im Gewissen ankommen zu lassen - Valentinos erotische Tango-Künste sind im Kontrast dementsprechend die wenigen, normal für sich einstehenden Begebenheiten dieses Films.
Nur eben die letztendlich konventionelle Kapitelstruktur von überspitzten Anekdoten Richtung Zwei-Stunden-Narrativ macht da einen Strich durch die Rechnung, lediglich das letzte Drittel vom Boxkampf Valentinos gegen die Presse schafft es, anhand des Prinzips der Abstraktion mit Gefühl auf einen Punkt zu kommen. Der Einsicht wird Russell etwas zu spät bewusst, obgleich er durchweg die Mechanismen des Showbiz bunt zu entlarven versucht, gleichsam ihre Glorie sowie die Empathie zum Draufgänger feiert, auch wenn er "wohlverdient" zur Diva wird. Letztere äußert sich zudem im sexuellen Machtspiel mit Minderwertigkeitskomplexen, Sehnsüchten und Hemmungen, doch wie so oft im Sinne Hollywoods bleiben wahre Tiefen der reißerischen Oberfläche halber aus oder eben nur dem Spaß am Deftig-Zwischenmenschlichen zugetan. Das kann sich eben nicht allzu lange auf den Beinen halten, es ist wohl wirklich zu viel des Guten, obwohl nichts wirklich schlecht daran ist.
Kommt jetzt am 29.07. von Donau Film unter dem Titel "R100 - Härter ist besser" (!) im hiesigen Heimkino raus oO
Das Italien der siebziger Jahre muss offenbar eine unfassbar schlimme Zeit gewesen sein, wenn man die Reflexion dessen in stetig grenzüberschreitenden Filmen der Ära betrachtet. Ein Pier Paolo Pasolini hat mit den „120 Tagen von Sodom“ gewiss schon gute Vorarbeit in der Fühlbarkeit des Schocks geleistet, ehe die Polizeifilme mit selbstgerechtem Zynismus gegen das Verbrechen zuschlugen. Luigi Petrini aber denkt sich für sein „Kidnapping“ noch jeden Ansatz von Katharsis weg und steigt von Vornherein in die Initiative grundloser Gewalt ein, die hier von einer vollkommen entmoralisierten Jugend ausgeht. Ein Pasolini hätte sich da unter Umständen noch eine psychologische Beobachtung der zwei Nihilisten im Gangster-Rausch erlaubt, Petrini aber schlägt diese Option aus. Verständnis will er den Tätern nur minimal gönnen, kann sich aber nicht verwehren, deren ausweglose Abenteuer im Detail einzufangen. Direkt und schroff trifft man sodann Paolo (Mario Cutini) bei einer Party im Bett, schon rieseln die asozialsten Sprüche jenseits der Unterwelt aus seinem Bart (sowie von den umstehenden Gästen), als gieriger Anmacher vom Dienst ist ihm jede Frau ohnehin nur Frischfleisch. Auch wenn er fesche Jeans-Klamotten trägt: Wer kann so eine Type schon ausstehen? Jo (Marco Marati), der zunächst schüchtern wirkende Professorensohn, der erst richtig aus sich raus kommt, als er mit Paolo einen Joint durchzieht.
Eine Reihe misogyner Sprüche sowie die Belästigung eines Obdachlosen später lässt er sich dann auch dazu überreden, seiner Freundin Anna (Maria Pia Conte) zu beweisen, dass er kein Schlappschwanz ist. Ab diesem Zeitpunkt dürfte der Film jede noch so tolerante Zuschauergunst verlieren, denn die Handhabung der Vergewaltigung, bei der zudem eine Nachbarin mit involviert wird, entledigt sich nicht gerade voyeuristischen Eindrücken, auch wenn die Schmierigkeit dessen derartig überzeichnet ist, dass jedes Filmverständnis selbst bei erfahrenen Genre-Freunden in die Knie gezwungen wird. Dann setzt nämlich die Phase ein, bei der man vor Unfassbarkeit schlicht loslachen muss, schließlich glaubt Petrini nicht daran, die Show an spekulativen Horror-Impulsen binnen seiner extremisierten Variante der „Ausgebufften“ (1974) aufzuhalten. Nicht umsonst trägt der Film hierzulande den Untertitel „Ein Tag der Gewalt“, so methodisch die Wege des Räudenduos weiterhin beobachtet werden. Beinahe wie nebenbei gedreht, beklauen und drangsalieren sie die Stadt, kommen sich auch mehr als Komplizen denn als Freunde näher, wie weit sie ihre offenbar lang aufgebaute Wut sowie ihre desillusionierte Zukunftsaussicht in den Untergang noch treiben wollen.
Petrini sieht ihnen dabei größtenteils nur einen leeren Nihilismus an, Jo wird anhand seiner Imitation eines Kängurus folgerichtig bewusst umso nerviger für den Zuschauer. Doch das Gesetz schläft nicht und so zieht sich allmählich die Schlinge um diese verdorbenen Gören, weshalb sie über Milieu-Umwege zu Knarren kommen und als einzigen Ausweg nur noch eine Geiselnahme inklusive Lösegeldforderung sehen. Wie diese Schlussfolgerungen zusammenkommen, kann man sich als Zuschauer nur mit jugendlicher Naivität - die nichts zu verlieren hat - erklären, jedenfalls gibt es dann erst recht kein Halten mehr für die Ausbrüche fiesester Neigungen zwischen vulgärer Provokation und Sadismus unmenschlichster Coleur. Das ist ungefähr „Blutiger Freitag“ mal 100, von Regisseur Petrini im Verlauf aber auch entschieden unangenehm inszeniert. Obwohl der Faktor des Kostengünstigen zweifellos in seiner Exploitation mitschwingt, sind die Gefangenen von Jo und Paolo ziemlich intensiv in der Verzweiflung und Angst angekommen, im Terror zwar um den Diskurs bemüht und dennoch so machtlos, dass es auch den Zuschauer würgt. Ganz ohne Effekt vermittelt Petrini seine Spirale der Brutalität ja nicht; was er dagegenhält, ist aber durchaus unglaublich platt.
Die Maßnahmen von Inspektor Aldobrandi (Mario Bianchi, selbst ein Regisseur deftiger Schmierigkeiten) weisen auf das stets so gern im Genre gesehene harte Durchgreifen der Polizei hin und die Pressefreiheit mischt sich da ebenso unbeliebt ein - Aldobrandis Beziehung zu seiner Ex, die hier wieder aufgerollt wird, ist zudem an inszenatorischer Schludrigkeit wohl kaum zu überbieten. Ebenso nur bedingt an der Wahrheit kratzend offenbaren sich die Motivationen der eskalierten Schmalspurgangster, denn die fallen so oberflächlich aus, dass sie eben gar nicht vorhanden sein müssten - also nochmal eine Stufe tiefer als zum Beispiel die vom IS. Bei Jo geht der Gehalt insofern nur so weit, dass er vom Elternhaus der oberen Zehntausend kaum beachtet/zu sehr verwöhnt wurde und daher zur tickenden und impotent aggressiven Zeitbombe wurde. Solche Profile waren zu der Zeit sicherlich in aller Munde (expliziter hätte man noch auf den kontemporären linken Terror eingehen können - siehe „Bewaffnet und Gefährlich“ von 1976), doch Petrini greift gewiss nicht tief in die Psychologie dessen, höchstens unter die Gürtellinie - allerdings als Narrativ auch derartig bitter, zudem mit Fokus auf eben jene zwei mehrmals als „Tiere“ bezeichneten Täter verdichtet, dass selbst ihnen im Inneren eine desolate Verzweiflung anzusehen ist, so von alleine in die Sackgasse getrieben und, wie sich ohnehin schnell abzeichnet, zum Abschuss freigegeben.
Aldobrandi gibt da auch gerne seinen Senf dazu, bis der Kochkessel überläuft, vollends kritisch betrachtet der Film aber dennoch nicht die Reflexionen von Gewalt und Gegengewalt, Ursache und Wirkung sozialen Empathieverlusts, reißt sie höchstens an. Der unvermeidliche Schlusspunkt gegen das Böse bringt dann zumindest auch keine Feier mit sich, stattdessen den ambivalent überwindbaren Schock. Weil Petrini sein zufällig gelingendes Moment aber nur halbgar mit Taktgefühl erfüllen kann, brennen sich letztendlich die Cop-Grooves wieder in den Abspann ein, immer weiter auf der Suche nach dem nächsten Siedepunkt, der die Gesellschaft bedroht. Um die Lösungen an der Wurzel darf sich jemand anderes kümmern, „Kidnapping“ ist zumindest noch ein beinahe gänzlich versagter Versuch, ein wenig hinter die Beweggründe soziopathischer Gewaltbereitschaft zu schauen. Da wechselt sich der Spaß an der filmischen Taktlosigkeit manchmal eben auch mit allzu echten Portionen an Furcht und Spannung ab, woran man noch immer sicher gehen kann, dass die Gefühle in einem selbst nicht abgestumpft werden. Seine ideologische Keimigkeit wird der Film so oder so nicht los, ganz gleich, wie man zu solch einem Werk nun steht oder distanziert betrachten kann.
Wie viele seiner zeitgenössischen Genre-Regiekollegen hat sich auch Sergio Martino als Dienstleister mehrerer Identitäten durchgeschlagen. Unter anderem im Western, im Giallo, im Poliziottessco, bei Kannibalen, Sexfilmen sowie darüber hinaus durfte er sich stets als Dynamo des mehr oder weniger Trivialen beweisen. Kein Wunder also, dass er im Trend der filmischen Postapokalypse Anfang der Achtziger ebenso ein Wörtchen mitzureden hatte. „Fireflash: Der Tag nach dem Ende“ verkörpert aber letztendlich dann doch ein bisschen mehr als die reine Eskapismus-Schlachtplatte, obwohl jene gewiss nicht zu knapp auftritt. Das Narrativ allein ist nämlich schon ein Schmelztiegel zahlreicher populärer Quellen, bei denen es inzwischen müßig wäre, sie aufzuzählen. In ihrer Vermengung ergeben sie aber ein buntes Angebot, das in seiner Essenz recht wehmütig auf die Wilden der Menschheit zurückblickt, während an ihnen die „große Desinfektion“ voran getrieben wird. Die Trompeten von Jericho, hier bespielt von einem alten verstrahlten Schwarzen, sind da schon zu spät dran, wenn New Yorks Horizont eine einzige Ruine im Zwielicht ergibt. Dies setzt als Intro schon eine harte Markierung, die folgende Voiceover-Geschichtsstunde legt den Schrecken sodann der brutalen Vereinheitlichung von „Eurakern“ zugrunde, die Europa, Asien und Amerika unterjocht haben.
Ihr Auftreten im Verlauf des Films schwankt sodann zwischen mehreren Ären, quasi universell als Amalgamation der Kreuzzüge, der Gestapo und einer spekulativen Zukunftsvariante dessen wirkend. Sie suchen dabei nach dem Wesen, das durch ihre atomare Auslöschung nicht unfruchtbar gemacht wurde: Lediglich eine einzige Frau, die noch Kinder gebären kann - ganz wie das spätere Konzept der „Children of Men“. Ansonsten bestimmt der Tod den Alltag, sowohl im Kampf der abgewrackten Subkulturen als auch im Geschäfswesen zwecks globalen Machtstatus. Das ergibt zwar keine Satire des Zynismus wie bei Paul Bartels „Death Race 2000“, nicht minder absurd stellt Martino aber die Mechanismen seiner Endzeit da, wenn sich Flash im Kettenhemd (Michael Sopkiw, im Original Parsifal genannt!) binnen eines tödlichen Derby als Protagonist herauskristallisiert, in rasanter Reihenfolge sodann von einem mechanischen Clown Tötungscredits mit Rocker-Braut erhält, diese nach einer Minute in die Freiheit entlässt und im Gegenzug von den Drohnentruppen des Präsidenten Richtung Alaska geflogen wird. Martino und sein Koautor Ernesto Grimaldi zischen eben wie der Blitz durch reißerische Szenarien, direkt ihren einheimischen Comics entsprechend auch in die Hauptmission, laut welcher Flash die besagte Frau aus New York herausholen muss, um im Gegenzug einen Platz auf der Raumfähre weg von der Erde zu erhalten sowie den Fortbestand der Menschheit im Neubeginn zu gewährleisten.
Das flotte Jungskino darin lässt dabei so fix das Vorhandensein von Replikanten à la Ridley Scott rüberwachsen wie es auch die „Legende von Adam und Eva“ als Gleichnis in den Raum wirft - schön aufgeregt dargeboten im Arsenal der Abenteuersprache, nicht unbedingt im Rausch der Macho-Sprüche. Vieles daran ist natürlich auch schlicht zweckmäßige Exposition, dementsprechend dreht Martino vornehmlich praktisch gedacht innerhalb quasi-futuristischer Brauereien, Kiesgruben und womöglich von „The Riffs“ übrig gebliebenen Sets - manchmal immerhin auch in den Wüstengegenden von Arizona. Die Kompensation erfolgt dabei stets in der Varianz an Effekten zwischen Luigi Cozzi und Lucio Fulci sowie einer Unmenge an Rauchmaschineneinsätzen. Auf jeden Fall wirkt es dann doch gar nicht mal so aufwandsfrei; beachtlicher wird dann noch das Tempo, anhand dessen Flash sowie mithilfe seiner Begleiter Bronx (Paolo Maria Scalondro) und Racket (Romano Puppo) ins besetzte Manhattan eindringt, dabei ein reichhaltiges Spektrum an obskuren Banden vorfindet. Das wären nämlich unter anderem Ratten aufspießende Mutantenpunks, gefolgt von den eher friedfertigen Zwergen in der Kanalisation sowie den im Untergrundzirkus herumtollenden Affenmenschen, angeführt von Big Ape (George Eastman).
Totschlag und Vergewaltigung gehören außerhalb der Zwergengemeinschaft zur Tagesordnung, allen voran die blonde Ausnahmefrau Giara (Valentine Monnier) gerät da des Öfteren in Schwierigkeiten, doch Flash funkt gerne dazwischen, auch wenn er sie sich später laut Reglement der Affenmenschen als „Preis“ verdient, die Trophäenhaltung ihm gegenüber für sie zu dem Zeitpunkt aber kaum noch nötig ist. Schließlich ist auch niemand der Brutalität der Euraker gewachsen, die als beständige Bedrohung einfach alle auslöschen, Flash und Co. sodann gefangen nehmen und sie per Folter zum Reden bringen wollen, während Picassos Genozid-Gemälde an der Wand hängt. Daran wird auch initiativ diskutiert, inwiefern der Planet davon gelernt hat oder nicht. Die Flucht mit Lasern und Zacken ist da nicht weit entfernt, ebenso eine Etablierung von impulsiven Hauptbösewichten wie Ania (Anna Kanakis). Neben der Action bleiben weitere Anspielungen auf Märchen wie Dornröschen, Schneewittchen sowie Die Schöne und Das Biest auch nicht aus, was im Dialog der Figuren als „gebildet“ herausgestellt wird, aber natürlich nur bedingt eine Art Subtext unterstützt. Zumindest beweist Martino in dem Kontext höhere Ambitionen als der sonstige Genre-Standard, die treibende Musik von Guido und Maurizio De Angelis übertüncht sodann auch manch inszenatorische Schlichtheit, die sich irgendwie immer selbst zu überholen versucht.
Das Spektakel voller Facetten der Postapokalypse gelingt aber ohnehin einfach auch durch eine in ihrer Grundidee Blockbustermäßig-packende Dramaturgie, die zudem empathische, wenn auch überdramatisierte Spitzen vorweist, die teilweise über den Schatten der Naivität zu springen in der Lage sind. Die kommen sowieso meistens aus Charakteren, an denen man es zunächst nicht vermutet hätte, so wie sie davor oder danach mit bestimmter Haltung auftreten, schließlich aber das Weiterleben der Mutationen sichern - siehe Big Ape, für den auch das Mad-Max-Pendant Flash eine entscheidende Menge Güte und Verständnis vorzeigt. Martino euphorisiert hieran durchaus die Vielfalt, die er an seiner Karriere erfahren hat, sein Drehbuch somit nicht nur aus Versehen mit reichlich abwegigen Referenzen und Eindrücken anfüttert. Vieles daran gelangt auch gen Exploitation, zum Verkeimten, auch zu fürs Genre leider gewöhnlichen Mengen an Tiersnuff. Ohnehin steht Vertrauen hier hoch im Kurs, vielleicht als wichtigste Währung unter Trümmerkriegern und nur scheinbar selbstsicheren Oberhäuptern (an Willkür und Überraschung spart Martino da auch nicht). So wie der Film jedenfalls seine urigen Verhältnisse als Action-Rollercoaster verdichtet, muss man der Fahrt dem Adrenalin wegen einfach sein Vertrauen schenken, wenn man schon drin hängt. Auch wenn der Reiz daran nicht ganz sicheren Ansprüchen gerecht wird, zieht die Erfahrung einen damit dennoch irgendwie hypnotisch an. Das ist wohl die Kunst des Trivialen.
Hunde im Film zu vermenschlichen, ist im Grunde keine allzu seltene Disziplin, allerdings hauptsächlich in die Richtung des Niedlichen gelenkt, wie „der beste Freund des Menschen“ nun mal gerne idealisiert wird. Es gibt im Spektrum der Filmgeschichte aber ebenso genug oberflächliche Extremfälle in die Gegenrichtung à la „Cujo“ und Co., doch meistens bleiben die Tiere dabei schlicht Ventile für die Bezwingung purer Bösartigkeit. In beiden Fällen bleibt außen vor, dass selbst Tiere weder gut noch böse geboren werden und dass mehrere äußere Faktoren das Innere bestimmen, erst recht beim Haustier, wenn die Nutzung der Instinkte dort entschieden wird. Solche Prozesse lassen sich ebenso gut, sogar noch weit dichter vermenschlichen (siehe auch „Zum Beispiel Balthazar“), also hat Samuel Fuller jene Gunst bei „Die weiße Bestie“ genutzt, um aus dem Konzept Hundetraining eine recht essenzielle Perspektive zu konzentrieren. Bei seinem weißen deutschen Schäferhund handelt es sich ausgerechnet um solch einen, der beinahe schicksalhaft dazu abgerichtet wurde, Schwarze anzugreifen. Die Rolle, die ihm auferlegt wurde, gilt es im Verlauf sodann per Lernprozess auszutreiben - so geradlinig direkt am Hass operierend, dass die bescheidenen Anflüge an Katharsis umso bittersüßer schmecken. Es gibt keine Garantie für einen Erfolg, aber der Versuch ist es wert, anstatt vom Vornherein zur Zerstörung anzusetzen, eben in Konventionen der Extreme zu denken.
Fuller lässt ein Urteil schlussendlich auch dementsprechend aus, wie er den „Heilungsprozess“ ebenso ambivalent als alternativloses wie nötiges Machtspiel an Manipulationen klar macht, das zudem unter hermetischen Umständen keine absolute Sicherheit versprechen kann, obgleich die Hoffnung bestehen bleibt. Er gewichtet diese recht klein gehaltene Situation ohnehin intensiv im Sinne des Universellen, die menschlichen Verhältnisse drum herum geben trotz ihrer eigentlich minimalistischen Ausstattung reichlich Hinweise, inwiefern ihr Zustand in Wechselwirkung mit dem sozialen Status des Hundes zusammenhängt. Fuller konnte als engagiert Unabhängiger binnen Hollywoods ein Lied davon singen, selbst dieser Film kam in den jeweiligen Zirkeln recht kontrovers sowie nicht allzu zugänglich an. Dabei ist Schauplatz L.A. natürlich schon an sich spannend gewählt, wenn der amerikanische Traum dort im Showbiz vom Stellenwert des ersten Eindrucks lebt und klare Modelle dafür ausstrahlen lässt, die sich je nach Trend stets verändern. Die Konsequenzen davon werden nicht explizit parallelisiert, der „White Dog“ kommt aber durchaus als Opfer seiner Umstände in einem Umfeld an, in welchem das Trauma des indoktrinierten Hasses erst in vollends krasser Unvereinbarkeit offenbart wird.
Adoptivfrauchen und angehende Schauspielerin Julie (Kristy McNichol) möchte in ihm zunächst die Unschuld sehen, die Empathie zum Schock seiner wahren Gestalt hin wirkt erst recht hin und hergerissen, so sehr sie eine einschlagende Erfahrung im Besuch einer Hundeauffangstation verinnerlicht hat. Die Gefahr des tierisch Unberechenbaren wie Unvermeidlichen ist da, doch die Mechanismen der Schuldfrage daran interessieren Fuller mehr als Genre-Gefälligkeiten, obgleich sein Film sich durchaus bei Stilistiken bedient, die den Konflikt der vom Mensch geformten Kreatur in Bezüge der Empathie zu z.B. „Frankenstein“ erdet - ganz zu schweigen von Ennio Morricones Score, der sich allzu passend mit den Nahaufnahmen und Zooms von Fullers visuell unmittelbarer Gefühlsdynamik deckt, ohne als Reißer aufzutrumpfen. Ohnehin entfernt sich der Film stetig mehr vom identifizierbaren Zeitgeist der Achtziger, greift in eine profunde humanistische Politik hinein, die noch von Grundrechten wie Würde, Chancengleichheit und Toleranz ausgeht, sodann aber quasi an der Wurzel von allem von vorne beginnen muss. Die religiösen Hinweise auf Vergebung, Noahs Arche und unnachgiebiger Hoffnung, nach der jeder gerettet werden kann, sind da durchaus gegeben, allerdings besitzt die Atmosphäre nicht grundlos Schmerz im Zwang einer Gefangenschaft, aus der ein gesellschaftsfähigeres Individuum neu geboren werden soll.
Es wird dann auch archaisch, wenn eine von langer Hand angelegte, per Instinkt angewandte Gewalt umerzogen werden soll und da können sich die Methoden von Betreuer Keys (Paul Winfield) in diesem Fall schlicht nur auf die Macht der Gewohnheit berufen, wenn man dem Individuum eine vollends persönlichkeitszerstörende Lobotomie ersparen will. Aber auch dann bleibt das Restrisiko „familiarity breeds contempt“, gerade so, dass die Belehrung in eine neue Gewalt ausschlagen kann, zwischen den Stühlen verstörter Erfahrungen verharren muss. Fullers Film ist daher auch nicht perfekt in der Darstellung eines derartig speziellen Komplexes, aber es passt sich zu gut dem zentralen Tierprotagonisten (Mega-Performance übrigens) an - einem Charakter, den man emotional so stark reflektiert, da die Verletzlichkeit in seiner Willenlosigkeit keineswegs beiläufig eingefangen wird. Im Gegenteil: Die geschickte Spannung Fullers beim Zusammenspiel aus Tier und Mensch funktioniert dank pointiertem Schnitt und einem straff packenden Drehbuch auch dann, wenn die menschliche Komponente mit der Repetition erziehen muss oder angesichts der Eskalationen ihre Agenden und Motivationen den dramaturgischen Funktionen wegen nur behaupten kann.
Nicht jeder Dialog kann seine Deutungsabsicht ablegen, nicht jede symbolhafte Handlung (allen voran fast jedes Szenario mit dem multiplen Gefälligkeiten hinterherjagenden Mogul-Pendant Carruthers) besitzt das ideale Feingefühl, unterstützt zeitweise höchstens eine märchenhafte Willkür Richtung Genre-Kalkül. Mit Imperfektionen ist zu rechnen, wenn man jenseits der Oberfläche schaut, das gehört zu allem irdisch Erfahrbaren dazu. Der Kontext des Films erlaubt diese Argumentation ja auch, ehe man alle Fehler grundlos verzeihen müsste; in der psychologischen Logik des Ganzen bleibt manch Naivität aber ebenso nicht aus. Was Fuller aber wirklich entschieden ballen sowie beim Zuschauer ankommen lassen kann, ist das Gleichnis vom Humanismus binnen des Tierreichs, das aufzeigt, wie destruktiv sowie austauschbar Vorbestimmtes schlicht vom Oberflächlichen aus schon einwirken kann, auch wie sich eine Gegenrichtung der Liebe daraus manifestieren lässt, obgleich das ebenso keine ultimative Einbahnstraße ergibt. Ungewissheiten und Verzweiflung bleiben dieser wie vergangener Tage eben niemandem vorbehalten, umso wichtiger wiegt dann eine Differenzierung im allgemeinen Verständnis durch Filme wie diese, bevor man die Vernichtung von vorverurteilten Feindbildern ganz gleich welcher Seite der Medaille gut heißt.
Es ist schon bemerkenswert, wie Démoni 1 & 2 hierzulande von ihren im jeweiligen Narrativ behandelten Medien quasi entkoppelt wurden. Der erste über die Horrormär im Kinosaal kam als Nachzügler in die Videothek, der zweite hingegen durfte initiativ die Leinwand einnehmen. Dabei kommt das höllische Grauen dieses Mal aus dem Fernsehen, eben die nächste Generation an audiovisueller Vermittlung und auch auf narrativer Ebene eine genuine Fortführung. Doch genug der hiesigen Umstände, schließlich ist Lamberto Bava für diese höhere Stufe an Erreichbarkeit auch weiter in den Norden, nämlich nach Hamburg gezogen. Die Bedrängung und gesellschaftliche Teilung durch Mauern hat hier gewiss weniger Gewicht, dennoch stellt sich vor Ort „The Tower“ als Ersatz vor, ein Kristallschloss der Gemütlichkeit, das Wohnkomplex, Fitness-Center, Party-Butze und Familienherberge des Mittelstands in sich vereint. Aus freiwilligen Stücken hat man sich sogar doppelt beschichtetem Panzerglas beholfen, wenn man denn schon den schier unsicheren Zeitgeist der Achtziger geradezu omnipräsent in den Knochen spürt - wahrscheinlich auch als böse Welle aus Berlin (wohlgemerkt nach Tschernobyl) vernimmt, wie es das Intro beschwört -, also ist auch hier die Konzentration des Horror-Genres nicht weit. Schließlich ergibt man sich dem Blutregen nicht mehr im kollektiven Rahmen der Kinoerfahrung, sondern in privaten Zellen, welche ihre Dosis Schrecken über Satelliten empfangen, sich in heimeliger Gesellschaft umso losgelöster an die Passion zur fiktionalen Brutalität machen.
Dabei scheint der Film-im-Film jedoch ein echtes Sequel zu vorangegangen Ereignissen zu sein, jene Postapokalypse wird aber mit vergnügter Selbstverständlichkeit sogar noch dichter ans „reale Geschehen“ montiert. Sicherlich nicht von ungefähr dem Produzenten und Koautor Dario Argento geschuldet, schwingt sich da bis zum Ende hin das Pendel der extremisierten Satire ein, so wie die Grenzen zwischen Welt und Medien hier verschwimmen, um das Böse auf der Erde herauf zu schwemmen. Die Zeiger weisen ohnehin abwechselnd auf „Parasiten-Mörder“ und J.G. Ballards „High-Rise“ hin (Bavas Inszenierung übertrifft sogar die von Ben Wheatley), finden in den Zwischenräumen aber noch weitere Verweise auf kontemporäre Genre-Ausbrüche, von „Evil Dead“ über „Nightmare - Mörderische Träume“, „Videodrome“ bis hin zu „Gremlins“. Eigentlich nimmt Bavas Film auch „Stirb Langsam“ vorweg, wenn man so will, die Anleihen am Desasterkino sind ebenso nicht von der Hand zu weisen, doch jene Orientierung am straffen Hochhausreißer als Eskalation der Gesamtgesellschaft lässt Argentos Faszination mit dem 1978 von ihm betreuten „Zombie“ George A. Romeros noch stärker als beim Vorgänger durchscheinen. Es wird gleichsam finsterer, wenn das Überleben schon vom Eigenheim aus einschlägt, Familien und Jugend vom Teuflischen bedroht werden, welches die kalten monochromen Korridore als Hölle ohne Ausweg zusammenrücken lässt.
Da werden selbst die Punks im Vergleich zum Erstling zur uninvolvierten wie zahmen Nebensache, wenn es hier vom Dach bis in die Tiefgarage brutzelt. Ohnehin gehen viele Personalstränge aus reinem Impuls im Fegefeuer ein, ausgerechnet „Panic“ von The Smiths gibt in vielerlei Hinsicht schon ein frühes Vorzeichen für derartig grausiges Chaos auf der Tonspur ab. Vorerst aber erhalten die Beispiele an Kids und Teens jener Ära ihre flotten Sprüche und bunten Freizeitbeschäftigungen, wobei das verwöhnte (?) Geburstagsmädel Sally (Coralina Cataldi-Tassoni) eher giftig an den eigenen Idealen abprallt, sodann als Erste dem Reiz der Hölle erliegt. Die anderen Zweige im Ensemble kommen sodann durch Löcher an ätzendem Dämonenblut zusammen, wie sie ohnehin allesamt den surreal wirksamen Grusel im Fernsehen verfolgt haben - stärkere Charakterwerte jenseits der Oberfläche bleiben stets wie schon wie bei Teil Eins aus. Zumindest das sympathische Physikstudentenpärchen Georg (David Edwin Knight) und Hannah (Nancy Brilli) erwartet ein Baby im Dickicht von Neon-Reklameschildern, hat jedoch Bock auf Kuchen. Auf dem Weg dorthin verschlägt es Georg in einen festsitzenden Fahrstuhl vom bewährten Formate „Abwärts“, durch weitere urige Umstände bekommt Hannah auch Besuch von einem Mini-Dämon, dessen Geburt in der „Abtreibung“ ihren Meister an Verrücktheit findet. Die italienische Crew spekuliert sich mal wieder eine Menge zusammen, u.a. Säure in der Wohnung, warum auch nicht?
Genauso merkwürdig geht es dann im Fitnessstudio im Keller zu, wenn Bobby Rhodes als Gym-Coach alle Hilfssuchenden (unter ihnen: eine junge Asia Argento und Antonio „Supersonic Man“ Cantafora) zur Verteidigung der Tiefgarage gegen die Mutierten aufruft. Die krasse Zerstörungswut in jenem Szenario lässt jede mögliche Katharsis aber flach fallen, ohnehin besitzt Lamberto Bavas Film eine recht unstete Dynamik, die sich dem Vorgängerfilm gegenüber weniger am erheiternden Rockcharakter in Bewegung setzt, stattdessen die Anti-Euphorie eines Albtraums umsetzt, in welcher Freundeskreis, Kinder und Eltern binnen der Miete in Stücke gerissen werden. Das schleimige Action-Abenteuer daran geht gewiss nicht verloren und zum Ende hin macht der „Dawn of the Dead“ sogar noch den Weg für die Liebe frei, doch gerade dann begibt man sich nochmals in einen bizarren Schlagabtausch an „Einschaltquoten“ zwischen Hoffnung und Terror, leuchtenden und blinden Augen. Die Ungewissheit wird am Phantastischen jedenfalls nur bedingt exerziert, solange die Monolithen der gesellschaftlichen Einmauerung ähnlich der „Night of the Hunted“ Jean Rollins noch um unsere obskur etablierten Protagonisten stehen bleiben.
Auf diesem Planeten hat man es so oder so schwer, zu bestehen - den Sinn des Lebens gilt es sodann auch nicht pauschal zu definieren, solange globales und individuelles Verständnis im Zyklus mehrerer Ereignisse, ob nun binnen der Natur oder der Zwischenmenschlichkeit, stehen. Kaneto Shindô mag mit seiner Sicht auf „Die nackte Insel“ dementsprechend auch keine Katharsis einer bereits entschiedenen Siegernatur liefern, stattdessen dient sein Film der Beobachtung, dem Reflektieren und Nachfühlen von Verhältnissen, die allein per Sprachlosigkeit übergreifend ankommen. Der stilistische Formalismus daran ist gewiss auch streng in seiner Vermittlung oder eben schlicht konsequent, wenn er sich dabei in die karge Natur begibt, vor derer Majestät noch nicht mal kleinlaut werden will und ihre Schönheit einfängt, wobei die aus ihr entspringenden Umstände voller Unbarmherzigkeit scheinen. Zentral entscheidend dafür werden seine Protagonisten, das Bauernpaar Toyo (Nobuko Otowa) und Senta (Taiji Tonoyama) mit ihren zwei Söhnen, welche sich für ein Leben auf einer einsamen Insel entschieden haben, tagaus tagein Wasser vom Festland fürs Überleben, auch für die Ernte, per Boot in schweren Eimern transportieren.
Die alltäglichen Mühen haben Archaisches inne, lassen sich allgemein auf den menschlichen Zustand umsetzen, obgleich der Drang zur Selbstversorgung hier trotz aller Behutsamkeit im Handeln durchaus in die Extreme geht. Shindôs konzentrierte Inszenierung strahlt daher zeitweise auch Hochspannung aus, wenn die Wege vom Wasser zum Ziel um Heim und Saat lang und beschwerlich, zudem unter glühender Sonne sowie im Aufgang steiler Täler, als Balanceakt des Willens herausstechen. Der Schmerz einer eigenständig auferlegten Pflicht wird allerdings untereinander auch von Mann und Frau geteilt - die Entspannung leistet man sich auf den sanften Wellen des Meeres, im Antlitz des Flusses unserer lebenden Erde, während das Rudern an sich aber natürlich ebenso Arbeit bleibt und die pointierte Kohärenz Shindôs keine allzu kurzen Strecken suggeriert. Jenem Pro und Kontra entkommt auch der Status der Natur nicht, wenn diese als Heimatort Demut und Wasser verlangt, sogar imminent einsaugt, ohne jene menschlich daher gebrachte Faktoren aber von Vornherein erst gar nicht erblühen würde. Das Wechselverhältnis findet dabei unter anderem in Hikaru Hayashis Musikthemen Harmonie, die Figuren äußern darin ebenso ihr Selbstverständnis von Bescheidenheit, welche sich aber auch nicht dem Ego wegen von der Zivilisation ausschließt.
Man nimmt gewiss auch mehr Lasten auf sich, um die Kinder zur Schule zu bringen, missen will man es aber ebenso nicht wie die gegenseitig abgeklärte Unterstützung, Hilfe, eben dem Austausch am Miteinander. Die friedfertigen Wesen dieses Films werden zudem keine Fantasieideale, dafür bleibt Shindô auch recht elementar am Ball, keinerlei Sachverhalt zu überstrapazieren, in Details oder Spekulationen zu verlieren. Die daraus resultierende Wiedererkennbarkeit von Prozessen gibt schon reichlich Auskunft über das Wesen seiner Charaktere, über deren Glück und deren Leiden, was beiderseits gefasst aufgenommen wird, aber genauso wenig Impulse vermissen lässt, wie es eben auch den selbstsichersten Mitmenschen widerfährt. Eine Dramaturgie der Jahreszeiten spart er gewiss auch nicht aus; Regen, Hitze und Wind, an die sich das „einfache“ Leben anpassen müssen oder Umwege finden, mal voller Stolz und Gemeinsamkeit durch die Generationen hinweg einen Vorteil aus der Natur schlagen, mal vom Unglück der gesellschaftlichen Abkopplung ins Ungewisse sowie zur Wut getrieben werden. Über allem schafft es Shindô, die bedingungslose Liebe zur Verfügung zu stellen, die sich im Rahmen seiner Gesellschaftsdarstellung noch nicht mal als romantisierter Pathos herausstellt.
Im Kontrast dazu bleibt das Aufbegehren aus der Erkenntnis des Ichs sowie dem Zweifel gegenüber jener Position hinsichtlich der Zukunft nämlich ebenso nicht ungesehen. Die Tragik in der Erhaltung des Status Quo lässt sich erkennen, allerdings besitzt es darin ebenso eine Kraft, sich innerhalb dessen in der Existenz nicht brechen zu lassen, den Weg weiterzugehen und an den Widerständen hochzuklettern, ganz gleich, ob ein Ziel in Aussicht ist. Das Fortbestehen allen Lebens ist ein kontinuierlicher Prozess, auch in der Begegnung mit dem Tode, von daher wird Shindôs Film auch keine bloße Reinforcierung vom Leistungsdruck, wie dieser Japans Gesellschaft bis zum heutigen Tage immer stärker verfolgt, sondern ein Beispiel des objektiven Gelingens im Zwiespalt aus Mensch, Natur und deren jeweiligen Bedürfnissen: Es schmerzt in seiner Funktion, aber es sind auch Verhältnisse, über die man herauswachsen kann, wenn sich die Akzeptanz daran beweist. „Die nackte Insel“ ist eben ein differenzierter Durchhaltefilm für alle Zeiten, aber fern von heuchlerischer Propaganda im Herzen der Empathie angesetzt, auf dass die Menschheit sich sowie ihre Erde unter- wie miteinander nicht aufgibt, die Schwierigkeiten dessen dennoch eben als solche beachtet. Letztendlich weiß nämlich niemand, wohin es alles führt, aber Shindô schließt Realismus und Hoffnung gewiss nicht aus.
[...] Die Belanglosigkeit rührt aber nicht von einer unausgegorenen Charakterzeichnung, sondern einem lückenlos altbackenen Erzählkino, das Zwischentöne und Ambivalenzen der Anbiederung halber eliminiert und die Inszenierung auf Autopilot fahren lässt. Womöglich fühlt es sich auch deshalb an, als würde der Film ein und dieselbe Szene hundert Mal durchkauen, um ein Narrativ zu ergeben. In dieser einen Szene steckt aber genügend Potenzial, um die Fantasie des Superhelden, seine Verantwortung, Reuegefühle und Pflichten zu erforschen [...] Die besten Momente entstehen allerdings gerade dann, wenn die Russos direkt Schmerzen daraus ziehen, den intimen Kampf konzentrieren, sprich die Muskeln spielen lassen. [...] Was seit jeher überzeugend wie unterhaltsam über allen Zweifeln thront, ist Downey Jrs Verkörperung des Tony Stark, der die moralischen Fragen des Vigilantismus mit energiegeladenem Feingefühl vereint und sie am meisten abkriegt; weit mehr als Captain America und dessen Freunde. Diese haben lediglich ihre unverbesserliche Ideologie singulärer Entscheidungsgewalt der Verbrüderung halber anzubieten [...]
Die Handhabung mit Eskapismus ist stets ein delikates Betätigungsfeld, möchte man mehr als die oberflächliche Genre-Platte bedienen oder über diese komplexe Charaktere bilden. Jene potenzielle Transzendenz pendelt auch zwischen Anpassung an den Zuschauer sowie dessen Involvierung hin und her, weshalb es besonders erfrischt, wenn ein Regisseur wie Alain Guiraudie seinen „König der Flucht“ (frei nach dem Originaltitel) mit Leichtigkeit zu einem Balanceakt verleitet, der bereits in der Erscheinung mehrdeutige Werte einnimmt. Armand (Ludovic Berthillot) verkörpert als knapp 40-jähriger Landwirtschaftsverkäufer Imposanz und Zerbrechlichkeit zugleich, könnte mit seiner Statur alles niederschmettern und ist doch zart, ehrfürchtig, keineswegs immer Herr der Lage und, „um dem Ganzen die Krone aufzusetzen“, dem männlichen Geschlecht zugetan. Regisseur Guiraudie baut dabei (auch ganz seinem „Der Fremde am See“ entsprechend) weder auf Sensationalismus noch auf externer Emotionalisierung auf, wenn er Sexualität und andere charakterliche Umstände im Wirken ihrer selbst zeichnet.
Stattdessen verinnerlicht er die Schlichtheit, schaut entgegen dem Gefälligkeitsdrang eines konventionellen Narrativs auf die Zwischenstationen binnen Reflexion oder Alltagsbelanglosigkeit, um durch elliptische Montagen und Eigenwilligkeiten menschlichen Umgangs zum Verständnis sowie durchaus absurde Pointen zu gelangen. Jene Kontradiktionen spielen eben auch mit dem Realitätsverständnis, sobald sich Armand in eine Situation verliert, in welcher er als Retter und Liebhaber der 16-jährigen Curly (Hafsia Herzi) zunächst in eine überspitzte Traumlogik einsteigt, welche einmal aufgelöst wird, sich im Verlauf aber immer wieder ankündigt und kleine Portionen der Abwegigkeit liefert, wie es dem Charakter eben auch entspricht. Selbstzweifel gegenüber dem gesellschaftlichen Rahmen sind bei Armand von Vornherein gegeben, Guiraudies Inszenierung schnitzt sich daraus aber gewiss kein kathartisches oder sadistisches Sozialdrama, zieht stattdessen das Harmonische binnen dem Konsens konträren Situationen auf. Obwohl Curly (nicht ihre Darstellerin) beinahe noch ein Kind ist, besitzen ihre Sexszenen mit dem älteren Alain also keinerlei Schockfaktor, genauso wenig, wenn er sich mit einem 70-jährigen vergnügt.
Der Film sieht darin eben ausschließlich Menschen, gleichsam wird Pathos durch Handlungselemente verhindert, welche dem Antagonismus von Polizei und dem Vater Curlys beinahe übernatürliche Kräfte verleihen, die sie nie adäquat nutzen, ehe dann noch die Saat der „Bumswurzel“ ins Spiel kommt, mit welcher die Potenz stets auf den Siedepunkt steigt und brenzlige Situationen zum richtigen Zeitpunkt aushebeln lässt. Die Norm der Rettungsfantasie zwischen Armand und Curly bleibt dabei bestehen, wirkt durch Guiraudie und Darsteller natürlich authentisch, die Konsequenz dessen sagt aber nicht nur etwas über die eigentlich tieftraurige Verlorenheit Armands aus, sondern auch über den Bezug zu Medien, Geschichten allgemein, eben Zwischenmenschlichem in jeder noch so etablierten Form. Es steht zur Debatte, wie das Universelle der menschlichen Erfahrung im Allgemeinen aufgenommen wird und prägt, dass sich Individuen nach vorbestimmten Idealen oder gleichsam vorgeformten Alternativen sehnen, bis Entscheidungen von ihnen gefordert werden, ob nun von außen oder von innen, bewusst oder unbewusst.
Armand und Curly theoretisieren beidesamt um ihre Zukunft, können selbst mit Generationen übergreifender Erfahrung keine festen Wege festmachen, sich in der Abwägung der Aussichten - zudem gegen Gesetz und Patriarchat - dennoch einer schlussendlichen Unvereinbarkeit ausgesetzt sehen (wohlgemerkt nicht im beiderseitigen Einverständnis). So tief die Betrachtung zu Wegen, Umwegen wie Sackgassen der Sozialität hier gehen, so leicht kann Guiraudie sie aber einfangen, abseits der Erwartungen in sommerliche Irrwege führen und aus dem Stand heraus auf Empathie wie wonniges Chaos hinweisen. Ungewissheit darf hier ruhig gewöhnlich, Gewissheit auch ungewöhnlich sein, beide können Varianz erlernen und genießen, ohne ein endgültiges Urteil aussprechen zu müssen. Guiraudie lässt sich ebenso wenig auf eine Auflösung ein, viel mehr will er das Wesen seines Armands in dieser Charakterstudie über die Ambivalenzen, Differenzierungen und Überraschungen des Selbstbewusstseins erfassen. Es gelingt und zudem bewusst auch inklusive Imperfektionen in der Balance an Deutungen, Selbstverständlichkeiten sowie Surrealem, eben Wahrheit und Wunsch.
Ständig hört man ja von der potenziellen Funktion des Mediums Film, dass es den Zuschauer in eine fremde Welt entführen kann. Wie oft schafft es jenes aber, einen zum Kindergeburtstag zu entführen? Bühne frei für „Das tödliche Duell der Shaolin“, einem von zahlreichen Martial-Arts-Schnellschüssen aus dem Taiwan der siebziger Jahre und damit von Natur aus weit verspielter als der Großteil traditioneller Shaw-Brothers-Produktionen. Nicht, dass der Genuss des einen den beim anderen ausschließen muss, doch der Appeal von Hou Chengs Film basiert eindeutig auf seiner kontinuierlichen Eskalation an Wunderlichkeiten im Rahmen eines austauschbaren Handlungsgemenges, wie es zuhauf anzutreffen ist und dennoch einige schöne Charakteristika bereithält. Letzteres muss man allerdings irgendwie mit vorgehaltener Hand angeben, verläuft der Großteil des Plots doch als Ansammlung von Kampfsequenzen, die schlicht durch permanente Exposition zusammengehalten wird. Ich habe bisher nie so recht begriffen, warum solch energisch stumpfes Filmverständnis über die Jahre hinweg einzigartig geblieben ist und mich stets zu sich zurückgeführt hat, aber jene naive Umsetzung der Dringlichkeit ist derartig omnipräsent, dass ich deren Mittel rückblickend sogar unbewusst zu meiner frühen Amateurfilmzeit („Tong Tong und die Rache der Faustgiganten“) anwendete.
Das sagt bestimmt eine Menge darüber aus, wie der Ottonormalverbraucher solches Filmgut empfinden dürfte, ganz ab davon ist es dennoch vollkommen legitim, für eine Genrearbeit dieser Größenordnung auf blitzschnelle Funktionalität zu setzen. Dafür werden hingegen Perspektiven frei, die im taiwanesischen Schlägerfilm ein festes Zuhause gefunden haben, angefangen beim toll verschlissenen Zelluloidlook, der schon von Geburt an Zerbrechlichkeit wie Alter vermittelt und sich einem wie eine von weit her gereiste Schatztruhe offenbart. Gleichsam ist die inhärente Darstellung des Erbes einer Kultur jenseits des Westens ein Reiz, in den man sich dank naturgebundener Panoramaeinstellungen gerne hinein verliert. Praktisch gedacht, geht es für die Filmemacher hier durch Paläste, von Tälern umgebene Dörfer und urige Nadelwälder, Gebüsche und Baugruben, eben alles, was in nächster Nähe als Abenteuer vergangener Jahrhunderte herhalten kann - selbst der botanische Garten mit Zaun und Ansichtskarten, im Schatten vom Pavillon ruhend. Amateurfilmer denken auch nicht anders, wenn sie die Liebe zu ihrer vertrauten Umwelt einfangen wollen und gerade wenn die narrativen Qualitäten zu wünschen übrig lassen, wird einem die Atmosphäre geradezu mühelos als willkommener Begleiter beigebracht, muss man Hou Cheng anrechnen - erst recht im Vergleich zu einem Hsiao-hsien Hou, der sich in „The Assassin“ dieselbe Wirkung anhand flüsternder sowie verästelter Prätention erhoffte.
Vor allem aber auch, weil Hou Cheng Stationen des Wahnwitz versucht, die innerhalb des kulturellen Spektrums ihren Ursprung haben, in der Umsetzung freilich abenteuerliche Züge des Trivialvergnügens unternehmen. Magie ist das Schlüsselwort im Kanon einer Rache, die von Rebellen aus gegen das Kaisertum arbeitet. Jenes leitet der Steuern wegen Massaker ein und so kommen die Cousinen Yu Liang (Doris Lung Chun-Erh) und Lu Szu Liang (Chia Ling) Jahrzehnte später zurück, um den Mord an ihrer Sippschaft mit angelernten Kung-Fu-Kräften zu sühnen. Die gehen gewiss aber weiter als es irdische Physik erlaubt - aus dem Stand heraus auf Dächer zu springen, ist da noch die geringste Attraktion. Die Entschlossenheit, die sie dazu gepachtet haben, bringt ihnen im Gegenzug eine gnadenlose Jagd entgegen, bei welcher Carter Wong kräftig als Unterstützer mitmischen darf. Bunter wird es aber fast noch beim Kaiser selbst, dessen Sicherheitsmänner Zorn mit Regenbogenuniformen verknüpfen, während er die kämpfenden Gorillas zweier Geister mit ellenlangen Zungen für sich gewinnt. Das Kräftemessen dazu, im Verlauf eigentlich die irrelevantesten Szenen ergebend, tut sich dann auch keinen Zwang an, unter Tannen die Puppen tanzen zu lassen, auf dass die filmische Verstrahlung sodann noch auf leichtem Fuße und eben mit kleiner Summe verzückt.
Yu und Lu Szu definieren sich ebenso anpackend binnen Stadtmauern, sobald sie in den Palast eindringen wollen, müssen aber erst mal Pläne per Infiltration geschmiedet werden. Also bietet man sich undercover als Hofdamen an, um Fallen kennenzulernen, den Monarchen gar im Bett zu erdolchen, doch da wäre der Film dreißig Minuten zu früh zu Ende. Wäre ja gelacht, wenn ein Werk jener Gattung ohne Längen auskommen könnte, zumindest gesellen sich im Kampfgetümmel einige sehr merkwürdige Eindrücke (Glubschaugen inklusive) dazu, während Support sowie Aufopferung unter Cousinen die empathischen Spitzen des Films finden und die Intrigen des Kaisers verspielte Theatralik (und farbige Rauchwolken) an den Tag legen, als sei er der Regisseur selbst. Am schönsten kreuzen sich jene Wege im Kampf zwischen Yu und den Gorillas, wenn die kleine Kampfgöttin flink gegen die absurden Gegner zu bestehen versucht und die Kamera dies so selbstverständlich binnen klobig goldener Kulissen einfängt, dass man sich zur Aufregung als Kind zurückgeführt fühlt. Will man denn je erwachsen werden, wenn das Blut schließlich in Fontänen aus Gorillaschädeln spritzt und unsere Damen dabei unmöglich in der Luft hängen bleiben? Zumindest für die knapp 80 Minuten Laufzeit kann man gerne drauf verzichten und stattdessen den Wohlfühlfaktor im Eastern-Märchen aufsuchen.
Die Nacht hat diesen Film verdient. Regisseur Joseph W. Sarno mag im lupenreinen Erotikfilm aufgeblüht sein, doch hiermit konnte er sich auch als Surrealist bescheidener Mittel beweisen, wie es beinahe zeitgleich auch Jess Franco und Jean Rollin vorzeigten (Werner Herzogs „Nosferatu“ hat später insofern nochmal einen draufgesetzt). Jene Vergleiche kommen nicht von ungefähr, so wie sich „Der Fluch der schwarzen Schwestern“ in finsteren einsamen Gemäuern der Lust der Vampire hingibt. Die Sinnlichkeit von geballtem Backstein im gedämpften Zwielicht, Nacktheit sowie Blutdurst gelangt dabei zärtlich, langsam ansengend, zu jener Destination. Sarnos Sex mit dem Genre ist nun mal intensiv veranlagt, will Umgebung und Nähe spüren, im soften Spektrum schon explizite Ekstasen erschaffen. Wie sich das bewerkstelligen lässt? Nun, indem vielerlei vom Regelwerk gewöhnlichen Filmemachens ins Gegenteil verkehrt wird. Sein Prozedere lässt sich wie ein Kaugummi lasziv zwischen Zahn und Zunge ziehen, ergibt sich streng komponierten Einstellungen binnen einer Art Schlafstarre, die zudem von elliptischen Schnittmustern sowie dem Aussetzen reeller Logik getragen wird.
Nicht, dass letzteres bei einer Filmerfahrung dieser Art besonders von Bedeutung wäre, verschärft es doch den Eindruck vom Wandeln im Traum oder eben der Trance der Vampire. So erlebt man auch das Ensemble wie in einer Hypnose, abgekoppelt vom Alltag, gefangen in den Augen einer omnipräsenten Verführung, für welche sie wie in permanenter Ehrfurcht scheinen, Impulse ausschließlich per Körperfleisch oder Zahnspitzen verwirklichen. Es hilft da gewiss auch, dass die Darsteller beinahe vollständig aus dem deutschsprachigen Raum stammen und in englischer Sprache agieren - übrigens eine der seltenen Gelegenheiten, in denen man Ulrike Butz, Nadia Henkowa, Claudia Fielers und andere Ikonen des teutonischen Sexfilms im O-Ton vernehmen kann. Nur ihre Beschwörungen sind in hiesiger Sprache vorgetragen und sogar derartig „befeuchtet“, wie es im Kontext kalter Schlossburgen einen allzu reizvoll wilden Kontrast ins Infernale abgibt. Phallussymbole finden sich sodann auch im Feuer der Kerzen, bei individueller wie gegenseitiger Masturbation,wieder. Die Natur flammt hier des Nächtens auf, wenn Erotik eben zum Urtümlichen, zum geheimen Ritus unbändiger Weltmacht erhoben wird.
Sarnos Exzess schielt dabei gewiss auf das Fieber von Penetration und Reibung, gleichsam wirft er ihn nicht mit Zynismus oder Klamauk zusammen, sondern akzentuiert das Stöhnen, legt ein betörend an- und abschwellendes Streicher-Thema unter seine Szenarien, welche dem Willen der Hormone nach wie ein Funke zwischen den Zeiten springen. Das (überwiegend weibliche) Fest von Schönheit und Zweisamkeit wird auch zur Machtprobe, bei welcher das Irdische mit Müh und Not dem Drang ausgeliefert ist, die permanenten Wallungen ihrer Geschlechter zu befriedigen, wenn es nicht bald sein Blut oder das anderer Gefangener freilegt. Die Lebenssäfte sollen in vielerlei Hinsicht fließen, dafür muss der traditionelle Bund der Moral brechen, der die Triebe stets zu geißeln vermag. Die erste Instanz der Opfergabe stellt da die Paarung von Helga (Marie Forså, immens aktiv!) und Peter (Nico Wolferstetter) dar. Die Schwester von letzterem, Julia (Anke Syring), stellt sich schon als Schutzpatron der Geschwisterliebe gegen die blonde Jugend Helgas, bald gegen die Macht der Vampirschwestern über ihren Bruder, obgleich sich ihre innigsten Wünsche mehr um ihn reißen, als sie ihrem vertrauten Realitätsverständnis zusprechen möchte.
Als Vertreterin der Wissenschaft wird sie hier jedoch Zeuge des Unwirklichen, des blutroten Schleiers im Kollektiv der Seelen Luzifers über die Schlossmauern hinweg. Warum sonst würde sie denn solange an jenem Ort verharren, obgleich die kleine Reifenpanne an ihrem Wagen nur eine Nacht Rast bedeutet hätte, wenn sie den Reiz der Dunkelheit, das heimliche Fantasie-Ausleben binnen einer Abkopplung vom Reellen, nicht stets aufs Neue erleben möchte? Das Tageslicht ist gewiss nicht oft anzutreffen, stets lediglich als Diskurs für die nächste Runde im Dunkeln angesetzt, während das wachsame Auge von Wanda Krock (Nadia Henkowa) in Begleitung omnipräsent die Unvermeidlichkeit der Blutnacht ankündigt. Wie sich diese dann auch entfesselt: Der Rhythmus von Brüsten, Hüften und Beats führt allesamt zum Keller der freien Liebe an, auch angetrieben vom Erbe weit zurückliegender Jahrhunderte, in denen Baronessen ungezügelten Hedonismus anstachelten. Jenem übernatürlichen Bann zu widerstehen, ist schon für Sarnos Charaktere eine schwer zu meisternde Aufgabe, so wie selbst Fledermäuse im Angriff Knutschgeräusche von sich geben und Kleider abreißen, auf dass das Koma in den Matratzensport (inklusive suggeriertem Aderlass/Samenerguss/Lubrikation) hinein die Konsequenz schlechthin wird. Wie soll das erst der Zuschauer reflektieren?
Es hat auf jeden Fall mit reichlich Entspannung, Verwunderung und Bewunderung zu tun; das Fließen in Kulissen und Situationen gelingt einem REM-Schlaf ähnlich mit der Sehnsucht zum Sinnlichen. Und Spoileralarm: Erotik erregt! Gleichsam wird das Absurde Herr über dem Geschehen, ein Knoblauchkreuz die letzte Verteidigung vor dem Fall ins tiefe warme Loch der Weiblichkeit. Eben ein mickriges Argument gegen die Unwiderstehlichkeit von Haut an Haut. Zusammen mit der spärlichen Drehbuchsprache sowie der Grundnaivität vom Horrormärchen fern der Zeit ist der Spaß also nicht weit entfernt. Er ist aber auch nur eine weitere Komponente für den Genuss der Verführung, den Sarno in der Grenzenlosigkeit tiefstem Schwarz konzentriert und so still zelebriert, wie er den Film sowohl beginnt als auch beendet. Der Traum ewiger Lust scheint dabei letzten Endes zu versiegen oder eben dem Genre-Topos gemäß als Katharsis der Austreibung stehen zu müssen, doch zum einen hat Sarno für die „Befreiten“ weder Hymne noch Erleichterung übrig, zum anderen findet er in der Eruption des Blutes den größten Aderlass des Films, somit einen Orgasmus übermenschlicher Sorte, wie man ihn nimmer missen will. Und dieses furchtbar unterschätzte Delirium von einem Film sollte man auch nicht missen.