Der Witte - Kommentare

Alle Kommentare von Der Witte

  • 6

    [...] Viel mehr äußert sich Paterson als Gesamtbild mit einer Bescheidenheit, die sich nicht übermäßig in Dramatisierung üben muss, selbst in vermuteten Momenten baldigen Geschehens nicht auf filmische Klischees eingeht. Stattdessen wird die zuvorkommende Beobachtung unter Menschen der Fokus, ein gemütlich umherwandernder, helfender und mit jedermann kommunizierender Paterson die Zentrale der Empathie, die sich neben ihrer Sanftheit auch durch ihre Schwächen auszeichnet. [...] So schwingt auch das Pendel des gesamten Films eben zwischen Wahrhaftigkeit und verkappter Einfältigkeit, wenn der Stellenwert der Kunst auf den regionalen Querschnitt umgesetzt wird, selbst Hip-Hop als moderne Dichtungskunst die Plattform überlässt und im Grunde eine optimistische Variante Kafka light an der Erfassung des Menschseins übt. Es ist zumindest kein Fehler ohne Wiederkehr, einen derartig gemäßigten Pathos nachzufühlen, wenn der Film dazu auf die Güte, kreative Möglichkeiten und Kommunikation der Vergebung innerhalb der menschlichen Spezies hinweist [...]

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    • 8
      über Elle

      [...] Verhoeven wandert zwischen den Individuen, wie sich zudem Nervenkitzel und Erdung im inszenatorischen Ballett abklatschen, speziell den Reiz des Eindringens auf privater wie intimer Ebene durch vielerlei Kontexte definieren. Für alle Fantasien und Wahrheiten finden sich hier gemeinsame Nenner, bis man die Furcht per Wink vom Fenster aus einlädt. Die Sterblichkeit wird zum Freund und das Leben zur Last, Wechselwirkungen und Widersprüche bestätigen die Regel. Doch Regeln und Rollen können in Verhoevens Film nicht weniger festgelegt sein, wie auch das angedeutete Spiel mit den Klischees zu Pointen transformiert wird, potenzielle Intentionen des Öfteren ins Gegenteil verkehrt werden, ohne dem Innern des Ensembles dafür die Spannung nehmen zu müssen. Der Menschenkenner am Enthemmen und Selbstbewusstsein des Schocks weiß um die Überflüssigkeit der Kompromisse, weshalb es an Direktheit selten mangelt, an der Erkenntnis kollektiver Geheimnisse aber auch zur Wahrheit ohne Eindeutigkeiten kommt. [...]

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      • 7

        [...] Nun könnte sich der Zuschauer einige Szenarien denken, mit denen solch ein Milieu auf die Spitze getrieben wird – doch Frau Arnold vertraut seit jeher auf die Stilsicherheit nüchterner Beobachtung. Und so bleibt sie auch hier ökonomisch, um externe Eingriffe zu vermeiden und die innewohnenden Gefühle in figurenbezogenem Respekt aufzulösen. [...] Die Struktur der Ausbeutung ist hier eine recht besondere, als Teil eines Lebensstils, der in seiner Repetition des Feierns, Chillens und dennoch indoktrinierten Verkaufs ebenso genau die abstumpfende Maloche birgt, die jeder andere Job mit sich bringt. Die Deutung bekommt man zwar schneller mit, als Arnold sie in der nicht immer optimal genutzten Länge zu vermitteln versteht, doch sie ist nur ein Aspekt unter vielen, die diesen Querschnitt des amerikanischen Zustands ausmachen. [...] Wohlgemerkt ist die Sehnsucht bei Arnold kein Anlass zum Kitsch, und schon in der Kameraführung durch Robbie Ryan von dynamischem Wankelmut, in der das Format am Zwang vorbei auf den Menschen blickt, auf Momente reagiert, in ihnen lebt, dass sich auch reichlich Unvorhersehbares in den Filmverlauf mischt. [...]

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        • 6

          [...] Doch obwohl sich der dramaturgische Verlauf im Grunde an durchaus gängigen Strukturen abarbeitet, steckt der Teufel eben im Detail, in Figuren vom Schlage des Phillips’schen Schaffens, die ihren Status der Selbstverständlichkeit genüsslich rücksichtslos gegen die Wand fahren. Nach der „Hangover“-Trilogie nimmt der Humor im Angesicht globaler Mechanismen eine kleine Auszeit, zwingt aber dennoch die Art Typen auf, die mit selbstgefälligen Eiern den Amerikaner raushängen lassen und sich dort bereichern, wo am schnellsten Kohle zu machen ist. [...] Nach Vergangenheit sieht das nicht aus, am politischen Statement übt Phillips aber kaum enorm überhöhte Knalleffekte à la „Pain & Gain“, wie er am Beispiel Diverolis allein dessen Abgeklärtheit als kritischen Fokus anwendet, ein lupenreines Arschloch herauskristallisiert, wie es Darsteller Hill in seiner bisher fettigsten Form punktgenau durchsetzt. [...]

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          • 7 .5

            [...] Die Zeilen zwischen den potenziellen Urteilen sind dann aber erst recht Anlass für Eichinger, die Ambivalenzen im Selbstverständnis und Bruch des elterlichen Vertrauens zu untersuchen, Traumata offen zu rekreieren, ohne als Voyeur dessen zu agieren oder die Gegenwart dazu als funktionelles Trauertal zu stilisieren. [...] Insofern ist der Diskurs in der Gegenwart auch weniger triebgesteuert, als dass die zeitliche Probe der Ungewissheit ihre Aufwartung macht [...] Wut und Trauer werden impulsive Begleiter in jenen Geständnissen vom und im Intimen, doch Eichinger bleibt nichtsdestotrotz eher subtil in der Fütterung einer eventuellen Katharsis. Klärung ist schließlich das Ziel, auf dass die Leidenden hinführen wollen, anstelle einer ohnehin zwecklosen Strafanzeige oder einer kaum weniger möglichen Entfremdung. [...]

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            • 5

              [...] Der Film versucht, sich ihrem Charakter anzupassen, doch seine Verbundenheit zur Vergangenheit hemmt jene Verselbstständigung, wenn Schauwerte und Storyelemente sowohl zum Einstieg einladen, als auch anhand von Subplots und Gastauftritten gehetzt Erwartungen abarbeiten, die sich eher forciert mit Dories Pfad kreuzen. So wie jene Meeresbewohnerin jedenfalls impulsiv vorgeht und aus Geistesblitzen ihr Handeln ableitet, ist die Not zur Selbstfindung zwar motiviert, doch vielerlei erste Schritte dorthin wirken eben Punkt für Punkt wie bereits vor dreizehn Jahren eingetreten. [...] Einiges an Standardisierung wurde dafür in Kauf genommen – sobald man sich aber von all den Zwängen löst, steht das Potenzial für eine herzliche Geschichte über die Hoffnung des Eigenen, des Bestehens von Herausforderungen, dem Ehrgeiz über den Status des Problemkindes hinaus. [...]

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              • 4

                [...] Eine Geschichte, in der das Spektrum charakterlichen Wandels zeitweise von Pegeln der Zufriedenheit abweicht, um letztendlich in genau dem spießigen Frieden zu landen, in dem man sich zuvor schon befand. [...] Hat man als Zuschauer den Anspruch, dem Kalkulierbaren ausgeliefert nicht der Langeweile zu verfallen? (Muss) jeder für sich beantworten [...], genauso wie die Fragen, ob auf technische Distinktion Wert gelegt oder wie hoch die eigene Humortoleranz eingeschätzt wird, die hier mit dem Üblichen Vorlieb nehmen muss: karikaturenhafte Stereotypen für jedes Geschlecht, mehrmals hinfallende Frauen, abgedroschene Wortgefechte, genitaler Wortschatz, alkoholisierte Zeitlupenexzesse zum Sound der (nicht mehr) aktuellen Hits – alles drin und mindestens so zündend wie eine neue „Simpsons“-Folge. [...] Letztendlich hält der Film in seinen versöhnlicheren Noten einige Überraschungen offen, die dem Leiden der Weiblichkeit einen Vorteil gegenüber einfältigeren Männerfantasien verschafft. [...]

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                • 3

                  [...] So unschuldig die Prämisse auch klingt, ist McGregors Umsetzung ein Bündel fragwürdiger Charakterzeichnung und erzkonservativer Ideologien, das im pathetischen Drama auf Extreme der Plakativität setzt [...] Immer nur wenige Schritte vor der Initiierung des Charles-Bronson-Modus, ehe der Vater die Spur aufnimmt, ab und an im Thrillerterrain landet und bald ein Milieu totaler Verwahrlosung vorfindet. Letzteres ist als Stellvertretung linker Tendenzen natürlich zur Apokalypse der Indoktrination geschlussfolgert, dem Anliegen wegen frei von jeder Persönlichkeit, die das familiäre Bilderbuchprinzip dem Kind von vornherein schon nicht zugelassen hat, jetzt aber an verrotteten Zähnen und Gettozugehörigkeit leidet. [...] Die überdramatisierten wie simplistischen Konflikte reißen nimmer ab, als sei der Film so energisch mit der Naivität seines Protagonisten verbandelt, dass nur dessen Perspektive die richtige wäre. [...]

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                  • 5 .5

                    [...] Knapp 20 Jahre nach Veröffentlichung und Ausbreitung des Internets kann man sich allerdings nur schwer vorstellen, wie man die obsessiven Individuen jenes Phänomens des Misstrauens irgendwie liebenswert gestalten könnte, doch dieser Film versucht sein Bestes, auch aus den verdrehtesten Wirrkopfhandlungen seines Protagonisten etwas Mitreißendes, gar Romantisches zu stilisieren. [...] Alles Vorzeichen einer Verbotsverfügung - stattdessen aber baut sich jene pervertierte Ausgangslage daraus kontinuierlich ein Caper auf, wie es weniger auf der Realität als auf der Unwiderstehlichkeit des Hollywood-Baukasten basiert [...] Der Epilog dazu bringt die Verstrahlung schlüssig grenzdebil zum Vorschein, dass es schon wieder was Sympathisches inne hat, wie sich das Verrückte als Realität ausgeben darf, wie soziopathische Zustände in eine Hollywood-Unschuld gebettet werden und wie überhaupt diese ganzen falschen Zutaten (ganz gleich, wie weit man mit Jerrys Theorien übereinstimmt) eine interessante Filmerfahrung ergeben. [...]

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                    • 7

                      [...] Es gilt, Amerika aufzumischen, the land of the free als solches zu bestätigen und da setzt der Film wohlweislich wie gehabt in den Suburbs von Baltimore an [...] Der Angriff auf den empörten Anstand ist sodann gleichzusetzen mit dem Angriff auf die Lachmuskeln, so obskur sich manche Wünsche äußern und ebenbürtige Knalleffekte der Kleinbürgerlichkeit abfangen. [...] Der überaus direkte Krieg gegen Selbsterfüllung und Toleranz (in der Ära des Patriot Act gar nicht mal so weit ab) ist eben nur zu vergänglich im Aufbegehren der Menschlichkeit, die hier anhand ihrer Fickrigkeit sogar von phallischen wie vaginalisierten Formen der Natur bestätigt wird [...] Das wunderbare Chaos des Sex rast also als Pandemie des Glücks durch die Nacht, in welcher Spießbürger ihren Albtraum erleben, der Zuschauer hingegen einen Überschwang der Enthemmung, welcher das Bekenntnis zum Eigenen sowie die abzuschaffende Abscheu des Konservativen so genau auf den Punkt bringt, dass sich der Film allzu gerne darin verliert. [...]

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                      • Mein Bericht zum 24. Filmfest Hamburg, der dafür veranstalteten Pressekonferenz und dem Programm, welches u.a. Assayas' aktuellen "Personal Shopper" vorstellt, auf Cereality.net:

                        http://www.cereality.net/thema/filmfest-hamburg-2016-096898

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                        • 5

                          [...] Dabei ist die Prämisse ein ideeller Nährboden für Nervenkitzel, denn sie ist so ziemlich dieselbe wie jene aus Wes Cravens „Das Haus der Vergessenen“ [...] Gleichzeitig aber verliert der Film an Kraft, wenn er auf seiner konzentrierten Ausgangslage sicke Ideen stapelt und diese in reißerische Impulse münden lässt, die zudem von der repetitiven Neigung zur Zeitlupe unterstrichen werden. [...] Es mag an der Entmystifizierung des Blinden liegen, der bald kaum noch mit Motiven geizt und humanisiert wird, obgleich seine unaufhaltbare Killer-Statur mit scheinbarer Teleportationsfähigkeit ein Fall für den gängigen Slasher hergibt. Logikfetischisten, die im Horror-Genre besonders aufpassen, dürften an solchen Ausfällen ihre helle Freude haben. [...] Nicht, dass die Konklusion viele Überraschungen ballen würde, doch die Kurzweil lässt in puncto Kohärenz und Stil durchaus die Muskeln spielen, während der Kontext zunehmend auf das Duell zwischen Arm und Arm hinweist [...] Ob jedoch emotional irgendetwas davon mitgenommen werden kann, darf bezweifelt werden.

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                          • 8

                            [...] Die Angst vor dem Terror oder eher jene vor der Rückkehr von Schuld und Identität in der familiären Vergangenheit ist hier bewusst zum Déjà-Vu jener im Vorgänger erkundeten Gefühlskälte stilisiert, die Heuchelei und passiv-aggressive, in Komplimente wie Ratschläge verpackte Urteile bereits im Brutkasten heranzüchtet. [...] Gleiches gilt für die Fragestellungen vom Vergeben und Vergessen, wie haltbar der Humanismus darin sein kann, wenn es individuelle Grenzen gibt, wann den Taten eines Menschen solche Gnade widerfahren darf. [...] Im Endeffekt sind aber nur die wenigsten unter allen Parteien unschuldig, weshalb Solondz zwar ihre Verlorenheit unnachgiebig nachempfindet, aber auch nicht darum verlegen ist, einen Schnitt zum Nihilismus zu machen, die Garstigkeit entfernter Situationen als Pointe zu suggerieren und deren Verhältnisse als Vorstufe der Selbstzerstörung abzuzeichnen, was in der schlichten Stichfestigkeit seiner Filmsprache an Härte nachwirkt sowie tieftraurige Bekenntnisse im Miteinander festigt. [...]

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                            • 7
                              über Nerve

                              [...] Henry Joost und Ariel Schulman vermeiden den Widerspruch genutzter Technik und der unbedingten Dämonisierung dieser („Unfriend“), indem sie die Verantwortung des Users in den Vordergrund stellen, zwischen den Fronten vermitteln und Stück für Stück unterschiedlichste Genres anwenden. [...] Der Geltungsdrang, auf Platz eins zu landen, überführt hier manch Schwäche des Einzelnen, bringt aber eine visuelle Nähe auf dem Pfad zur knallbunten Ungewissheit, als hätte „Neon Demon“ zugeschlagen, obgleich sich die Spannung aus David Finchers „The Game“ zieht. Der Witz ist, dass „Nerve“ beide Filme jedoch in Ungezwungenheit und Freundschaft überbietet. Er stellt stimmige Charakterwerte über den Deutungstrieb, hat zwar die Realität der Smartphone-Vernetzung auf dem Kieker, ist sich aber nicht verlegen, das Freimütige und Romantische der menschlichen Begegnung zu fokussieren. Einzelne trivialere Motivationen können nicht darüber hinwegtäuschen, wie einladend sich jene Balance steigert und ulkige Eigenarten und Milieus kennenlernen lässt, in denen die Ethik auf den Prüfstand gerät und einen Kompromiss durch coole Hacker-Nerds und Mad-Max-Bros findet. [...]

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                              • 6 .5

                                [...] Der Drang zum Starten ist bezeichnenderweise auch Thema des Films, so wie er eine beschränkte Aussicht auf die Zukunft innerhalb einer Jugend zeichnet, die zwischen den Stahlwerken der Mingo Junction in Ohio aufwächst. Das Lokalkolorit wird nicht nur visuell als allgegenwärtige Tristesse genutzt, denn um die individuelle Position zu jenem Moloch dreht sich auch das Spannungsfeld der Liebe. [...] Ja, auch hier sind die Klischees und Cliquenmuster des gängigen Americanas kein Unding, schnell aber auch pointierte Stilmittel für einen ersten Akt, der dank Michael Ballhaus' Kamera einen faszinierenden Blick aus der Reibung jener Ebenen an Konsens destilliert. Manche Konstruktion erscheint da reeller als sie eigentlich sein müsste, was sich wohl auch am Spiel feststellen lässt, das sich eine kernige Sprache erlaubt [...] Der Funke ist gezündet, das Feuer breitet sich im weiteren Verlauf auch gerne impulsiv aus, um dem Abstieg in die Enttäuschung und Einsamkeit das entsprechende Gewicht zu verleihen, was zumindest von inszenatorischer Seite aus mit einer Selbstsicherheit punktet, die das Skript in einigen Belangen nur unter Vorbehalt erfüllen kann. [...] Da ballt sich die Wut zu einem Finale, das auf kleinstem Raum tobt und jede Chance bewusst selbst zu zerstören droht, so wie die Ungnade der Allgemeinheit nur solche Schlussfolgerung zulässt. [...]

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                                • 7 .5

                                  [...] Einige Anflüge externer Melodramatik lässt Bohm in seiner alles andere als festgefahrenen Formalität nicht aus, genauso wenig verzichtet er auf Stationen der Leichtigkeit, so wie Moritz die Kuckuckskleber zum Narren hält, mit dem Saxophon jamt und in aller Kindlichkeit auch den Tolpatsch gibt [...] Schließlich geschieht auch anhand desse eine allmähliche Übernahme von Macht und Brutalität hinein zur kleinen Rebellion, in der das Bewusstsein zu Leben/Tod bittersüße Wellen schlägt, somit nimmer von einer wahren Katharsis geredet werden kann, wenn die familiäre Einheit unter sich selbst leidet, ein Tauziehen aus Liebe und Hass in beiderseitig verlorenen Parteien gipfelt. Den Seelen brennt es sodann spürbar unter der Fußsohle, so wie sie mehr oder weniger die Haltung zu wahren versuchen und auch von der Dynamik der Kamera her so eingefangen werden, die gleichsam Zwang und Schönheit des Lokalkolorits abzuwägen versteht, ehe die Grässlichkeit des nüchternen Zufalls unverhofft zutage tritt. [...]

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                                  • 6

                                    [...] Es stellt sich im Verlauf nämlich heraus, dass Jake Szymanskis Film eher eine Parodie auf jene standardisierten Spießer-Bromances ergibt [...] Die Überakzentuierung altbackener Motive durch Grimassen, Hashtags und Klamauk, die selbst in vermeintlich ernsten Szenen jede Echtheit aufs Bestialischste eliminieren, bringt allerdings den subversiven Reiz des Films hervor. [...] Sobald es nach Hawaii geht, fängt das Spektakel aber erst richtig an: Jede touristische Attraktion bietet sich zur Situationskomik an – und die Männer- und Frauenteams scheinen sogar darum zu buhlen, welches Szenario man als erstes aufmischt. [...] Die größte Ehrlichkeit besteht insofern, dass Szymanskis Film durchweg auf Komik aus ist und Anflüge von Sentimentalität aus dem Ruder laufen lässt, ehe sich die Formel dementsprechend blöder als blöd vollendet [...]

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                                    • 6

                                      [...] Das Prozedere gerät äußerst knackig mit einer Laufzeit von unter neunzig Minuten und teilt sich durchaus einige Erfahrungswerte mit „Gravity“, nur eben nicht dessen Fokus auf technische Spielereien. Collet-Serra ist ehrlicher in seinen Ambitionen, indem er Kraft aus der Schlichtheit seiner Geschichte schöpft, Handwerkskunst zur stimmigen Vermittlung einer Ausnahmesituation anwendet, die sich vielerlei Formeln bedient, doch zielgenau da ankommt, wo es wehtut. [...] Immerhin behauptet er jedoch nichts anderes und füllt seinen Reißer mit Energie, so wie die Natur hier aus all dem Schlamassel eine Frau hervorbringt, die selbst nach bitteren Enttäuschungen nicht zum Tier werden muss, sondern zum Kämpfer avanciert. [...] Sofern man die standardisierte Grundlage nicht als Hindernis sieht, die Furcht vor dem Wasser und seinen Gefahren so zu spüren, wie es einem die Leinwand einst ohne jegliches Seemannsgarn beibringen wollte.

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                                      • 7

                                        [...] Geborgenheit, Freiheit und Freundschaft kommen innerhalb einer Natur zustande, die einem Kind Halt erweist, indem sie diesem eine Magie direkt aus dem Kino zur Seite stellt. Gleichsam ist der bittere Verlust weiterhin zu spüren, dem sich das Duo aus Mensch und Drache bis zur Unsichtbarkeit zu verstecken versucht [...] Lowerys Ton in der Rückführung Petes zum Alltag entbehrt greller Melodramatik oder verharmlosender Komik, schaut so authentisch wie möglich auf eine Ausnahmesituation, die Traumata und Ängste eines Kindes ernst nimmt und mit Vorsicht zu erforschen versucht. Der Vergleich mit Lenny Abrahamsons „Raum“ kommt nicht von ungefähr, auch wenn Lowery dessen Psychologie einigermaßen (wohlgemerkt effektiv) romantisiert, die Wahrhaftigkeit zur Hilfsbereitschaft aber nicht marginalisiert. [...]

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                                        • 4

                                          [...] Applaus für angekündigte Überraschungen hält sich ja allgemein begrenzt, daran hat der Film durchweg zu knabbern, sobald er „Oceans Eleven“-artige Planungen und Ausführungen von Magic Heists als Hauptunterhaltungspol probiert. [...] Kurz darauf kommt aber erneut Ernüchterung auf, wenn sich ein Prozedere nach dem anderen im Strom an Dialogen aufwickelt, das weniger brennende Fragen stellt, als Ersichtliches zu reiterieren. Schlimmer noch: Dadurch wird selbst die Zauberschau berechenbar, wenn es das Quartett zudem dorthin verschlägt, wo jedes unnötige Sequel landet: in China und London. [...] Der Verlauf spult sich an Erwartungen und mit Dubstep gefütterten Spezialeffekten ab, die zumindest den Fokus auf Freundschaft herausheben und eine gewisse Grundspannung vermitteln, Gerechtigkeit gegen möglichst unpersönliche Großkonzerne walten zu lassen, die unsere Individuen in der globalen Freiheit des Zaubers bedrohen [...]

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                                          • 7 .5

                                            [Neue Kritik anlässlich der Ultimate Edition im Link]

                                            [...] Weiterhin unangenehm und unangepasst, erlebt man das Duell der Comic-Ikonen in der erweiterten Heimkino-Variante aber in einer Balance, die ihre Hoffnung auf die Morgenröte der Gerechtigkeit zu motivieren versteht, indem sie das Herzstück um Superman (Henry Cavill) wiederherstellt. [...] Es ist vielleicht nicht die große Enthemmung, die sich der Kanon an Kritikern wie Fans wünscht, doch Snyder gelingt durch solche Einlagen zumindest ein umfassenderes Bild einer gespaltenen Nation [...] Eine Zustandserfassung, wie sie sowohl in Aufwand als auch Streitbarkeit zuletzt höchstens in Michael Ciminos „Heaven’s Gate“ angetroffen und gleichsam verrissen wurde. Beide Werke lassen zudem nichts unversucht, ihre Vision in überlebensgroßen Bildern auszustellen, das Bewusstsein einer aus verzerrter Rechtmäßigkeit geplanten Tragödie zu schaffen und letztendlich die Lasten der Entscheidung daraus zu tragen [...] Ein aufregendes Minenfeld des theologischen Wahnsinns [...]

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                                            • 5 .5

                                              [...] Spätestens ab der zweiten Hälfte wird deutlich, dass der Modus Operandi des Films ab einem gewissen Punkt schizophren verläuft und zumindest auf eine Ziellinie zulaufen kann, die allerdings einen ersten Akt derselben Dramaturgie erfordert hätte. [...] Nach Momenten repetitiver Grundsteinlegung (kommt) zeitweise ein Gefühl der Überraschung auf, das sich mehr lohnen würde, hätte man als Zuschauer von vornherein eine Begegnung auf Augenhöhe mit diesen Wiggas, Bitchez und Homies erlebt. [...] Folglich ist der Umgangston untereinander auch nicht besonders gefällig, von Ayer wie gewohnt im rotzigen Zynismus angesiedelt und zumindest dabei von Typen wie Mädels repräsentiert, die ihre Kaltschnäuzigkeit wie eine Ehrenmedaille tragen [...] Was innen wie außen an der Fassung der Antihelden obduziert wird, findet sein Format im Comicfilm-Konsens; leider muss es über mehr Ebenen als nötig gefiltert werden [...]

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                                              • 7 .5

                                                [...] Sich an den Kleinigkeiten festhalten zu müssen, auch die Verzweiflung aller spüren zu können, in der Jonas seiner Rolle wegen auch fast zur Kapitulation getrieben wird, macht eben das tragische Herzstück dieses Films aus, der aus der Sorge heraus sodann auch in die entlegensten Winkel schauen kann, um die Hoffnung am Raben und am Friedhof vorbei ersehnen zu können, so vergänglich er auch die Behütung der Erwachsenen zeichnet, wie hilflos diese durch Jonas der Intervention verwiesen wird, wenn die Extreme seines Daseins mehr als nur eventuell die Trennung von seiner Familie bedeuten würde, auch wenn sie bereits das Existenzminimum erreicht haben - zumindest zusammen in verschworener Schweigepflicht. [...] In Sachen kraftvoller Vermittlung macht jene aufmerksame Studie des inneren wie äußeren Zerfalls aber keine halben Sachen, um das Kind als wachsenden Menschen wahrzunehmen, der mit den Erwachsenen ebenbürtig zwischen den Fronten von Realität, Idealen und Ängsten zu bestehen versucht.

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                                                • 8

                                                  [...] Ein Epos unkonventioneller Erzählart vorbei an der Sentimentalität und anderer Genre-Topoi-bedienender Gefälligkeiten, in Produktions-technischer Manier zudem so dick wie minutiös aufgetragen, dass die Nähe zum absoluten Realismus gar nicht mal mehr so fern scheint, während die Verinnerlichung jedes einzelnen Charakters an vorderster Stelle steht, ohne die Etablierungskeule in greller Stumpfheit schwingen zu müssen. [...] Denn trotz der unnachgiebigen Panorama-Tragweite Vilmos Zsigmonds - binnen des Pioniergeists unter Tälern und Pollen der Prärie voller Statisten - sowie den detailverliebten Setdesign-Nachbildungen vergangener Jahrhunderte ist die nüchterne Realität von Gefangenschaft und Verfolgung ein ständiger Begleiter zwischen eingepferchten Flüchtlingslagern und privilegierten Gewalttätern. [...] Umso stärker schmerzen die Konsequenzen des legitimierten Tötens, wenn diese sich einen nach den anderen vorknöpfen, die Hölle mit Überschwang anliefern und in Ciminos direkter Drastik jeden Pathos zersieben. An dieser Schlacht zeigt sich kein Triumph, weder Gewinner noch Verlierer, sondern schlicht das menschliche Versagen in der Ballung ideologischer Intoleranz sowie des Fatalismus im Überlebenswillen [...]

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                                                  • 6 .5

                                                    [...] Hält sich jedoch weder mit der existenziellen Last seiner Charaktere in Schulden und Hypotheken auf, noch stilisiert er das Männerunternehmen als erzwungene Farce mit Haudraufhumor. [...] Mit gemächlichen Alltagsschritten, motiviert durch fehlende finanzielle Flexibilität, gibt man sich dem Absurden hin, stellt logische Fragen und wartet die Eventualitäten eines kaum auf Filmlogik geeichten Narrativs ab, bis es doch zum (nicht eskalierenden) Streit kommt, ehe dieser in minimalistischer Haltung zum Ende kommt. Das Unaufgeregte an diesem Verlauf lädt trotz kontemporärer Tristesse mit Leichtigkeit zur Identifikation fern der Betroffenheit ein [...] hat seine Schlusspointe doch eine süße Empathie inne, um die sich manch anderer Film mit Sturm und Drang bemühen müsste. [...]

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