EddieLomax - Kommentare

Alle Kommentare von EddieLomax

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    EddieLomax 09.02.2024, 22:59 Geändert 10.02.2024, 07:21

    OUTLAW JOHNNY BLACK von und mit Michael Jai White ist nach BLACK DYNAMITE ein weiteres Herzensprojekt des vornehmlich durch Actionfilme bekannten Schauspielers, welches lange auf seine Realisierung warten musste. Auch hier wird wieder ausgiebig zitiert, parodiert und kopiert, dass es eine wahre Freude ist. Der Western schöpft mit vollen Händen aus der Genre-Geschichte, knöpft sich traditionelle Werke ebenso wie die vielen Sub-Genres vor, also zuerst natürlich Blaxploitation-, Italo- und Comedy-Western, sowie praktisch nebenbei ein ganzes Füllhorn an Nebenschauplätzen der ältesten Spielart der Kino-Historie. Vorbildern wie BUCK AND THE PREACHER, TAKE A HARD RIDE und THE LEGEND OF NIGGER CHARLEY wir offensiv gehuldigt, bis hin zu Gastauftritten von Black-Cinema-Ikonen wie Fred Williamson und Jim Brown. Der Humor bedient in Anlehnung an Spencer-Hill-Prügel-Klamotten über albernen Slapstick bis hin zu subtilem Dialog-Witz alle Genussregionen und White erweist sich einmal mehr als begnadeter Komiker. Die für so einen Film doch beträchtliche Laufzeit von 2 Stunden und 15 Minuten wird stets unterhaltsam gefüllt, während das sichtlich knappe Budget Dank der professionellen Inszenierung nur selten negativ ins Gewicht fällt. Bei so viel Enthusiasmus und Originalität kann man Michael Jai White zu seiner Arbeit nur gratulieren. Gesehen auf YouTube.

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      Als Roland Fériaud (Lino Ventura) in Barcelona an Land geht, freut er sich auf eine Woche Urlaub, die er mit seiner in zwei Tagen eintreffenden Frau Sonia (Nicole Garcia) verbringen will, bevor er zurück auf sein Schiff muss. Er checkt in einem Hotel ein, in dem er früher bereits einmal zu Gast war und hofft auf erste Erholung. In seinem Zimmer angekommen, hört er ein merkwürdiges Geräusch aus dem Nachbarraum und geht nachsehen. Kaum hat er den Raum betreten, wird er niedergeschlagen. Von schlimmen Alpträumen geplagt, erwacht er an einem ganz anderen Ort, scheinbar in einem Krankenhaus. Ein Arzt (Jean Bouise) erscheint, versucht ihn zu beruhigen, gibt ihm Medikamente. Fériaud schläft wieder, träumt wieder. Von einem Mord, den er gesehen hat. Im Hotel. War das wirklich? Am nächsten Tag versucht ihn der Arzt zu überzeugen, das alles nur ein Traum war. Der unfreiwillige Patient ist verwirrt. Denn der Arzt weiß mehr über ihn, als ihm lieb ist. Und das sich das Krankenhaus als verlassene Irrenanstalt entpuppt, macht die Situation auch nicht besser. Fériaud will nicht länger bleiben, verlässt die Klinik. Er will herausfinden was wirklich passiert ist.

      MORD IN BARCELONA mag zwar ein zutreffender Titel für diesen Thriller von Frankreich's Hitchcock Jacques Deray (DER SWIMMINGPOOL, 1969) sein, leider vereinfacht er die Geschichte des überaus komplexen Werkes beträchtlich. Der Film ist alles andere als ein schlichter Kriminalfilm und weißt eher schon Züge eines kafkaesken Psychothrillers auf, dessen verstörende Handlung sich durchaus mit Paranoia-Polit-Thrillern der Sechziger und Siebziger Jahre wie Z (Constantin Costa-Gavras, 1969) mit Yves Montand oder ZEUGE EINER VERSCHWÖRUNG (The Parallax View, Alan J. Pakula 1974) mit Warren Beatty messen kann. Allerdings völlig ohne politische Bezüge, was die Geschichte nur noch bedrohlicher erscheinen lässt, ist doch so komplett unklar ob die Gefahr politisch motiviert, rein kriminell organisiert oder sogar mitten aus der Gesellschaft heraus entsteht. Deray bedient sich hier ganz Hitchcock-like eines so einfachen wie effektiven Tricks, nämlich den des MacGuffin, eines handlungsfördernden Elements, welches nur diese Funktion erfüllt. Hier ist es ein schwarzer Koffer hinter dem alle Parteien her sind. Ein Koffer wie er später nochmal z.B. in PULP FICTION (Quentin Tarantino, 1994) und in RONIN (John Frankenheimer, 1998) die gleiche Verwendung fand und wo niemals jemand erfahren sollte, was sich darin befand.

      Doch während beim Master of Suspense stets die Faustregel galt, das die Spannung daraus geschöpft wird, das der Filmzuschauer immer über alle Prozesse informiert ist, macht Jacques Deray genau das Gegenteil. Das Publikum weiß genauso wenig, wie der von Lino Ventura auf der Höhe seiner Kunst gespielte Roland Fériaud, dem bis zum Schluß nicht klar wird, in was er da hinein geraten ist. Deray macht hierbei keinerlei Zugeständnisse an den Zuschauer und dreht seine Spirale bis zum bitteren Ende, welches einen ebenso fassungslos wie desorientiert zurücklässt, wie es die Hauptfigur den gesamten Film über ist. Das Spiel mit Traum und Wirklichkeit geht perfekt auf und stellt einmal mehr die Frage, ob man sich der eigenen Identität sicher sein kann, wenn man zum fremdgesteuerten Spielball mächtiger Interessen wird. Mehr als einmal zweifelt Fériaud im Laufe des Filmes an seinem Verstand und eindeutige Klarheit bleibt ihm vollends verwehrt. Ähnliche Motive griff Christopher Nolan in MEMENTO (2000) und noch einmal in INCEPTION (2010) auf. MORD IN BARCELONA ist da natürlich wesentlich bodenständiger und realistischer. Aber gerade deshalb auch wirkungsvoller. DER SCHMETTERLING AUF DER SCHULTER, wie der übersetzte Originaltitel des Filmes lautet, ist sicher keine leichte Krimikost, sondern ein Film auf den man sich einlassen muss, aber gleichzeitig perfekt inszeniertes Spannungskino aus Frankreich, wie es heute selten ist.

      Fazit: Perfekt inszeniertes Spannungskino aus Frankreich im Stil eines kafkaesken Psychothrillers mit Lino Ventura auf der Höhe seiner Kunst.

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        EddieLomax 08.02.2024, 08:07 Geändert 08.02.2024, 08:59

        Tasmanien 1822: Alexander Pearce und sieben weitere Gefangene der Strafkolonie werden an einen entlegenen Flußarm befördert. Dort sollen sie unter Aufsicht von Lieutenant Cuthbertson ein Waldstück abholzen. Der Soldat, ein gutmütiger Mann, wird nach einigen Tagen von den Häftlingen überwältigt und gefesselt. Da zur selben Zeit ein Boot mit weiteren Soldaten ankommt, ergreifen die Gefangenen überhastet und bis auf eine Axt ohne Ausrüstung oder Nahrung die Flucht in die Wildnis. Anfangs halten alle zusammen, helfen sich gegenseitig, teilen ihre Aufgaben. Bald schon, als der Hunger stärker wird, treten Probleme auf, entstehen Konflikte. Es bilden sich Gruppen, mancher Streit steht kurz vor der Eskalation. Noch besinnen sich die Männer auf ihr gemeinsames Ziel, die Freiheit. Am anderen Ende der Insel soll es Dörfer geben, da wollen sie hin. Doch das Wetter wird schlechter, der Weg beschwerlicher. Es gibt kaum Wild, nur wenige essbare Pflanzen. Der Hunger wird unerträglich. Einige der Männer treffen einen folgenschweren Entschluss. Alexander Pearce, der wegen sechs Paar gestohlener Schuhe verurteilt wurde, muss sich zwischen der Loyalität zu seinen Kameraden und der einzigen Chance zu überleben entscheiden.

        Jonathan auf der Heide gibt mit VAN DIEMEN'S LAND sein Langfilm-Debüt auf Grundlage seines ein Jahr zuvor entstandenen Kurzfilms HELL'S GATES, der sich ebenfalls mit der berüchtigten Geschichte des Alexander Pearce auseinandersetzte. Die Story bietet viele Umsetzungs-Möglichkeiten. Ein düsterer Horror-Western a'la RAVENOUS (Antonia Bird, 1999), der eine ähnliche Geschichte erzählt, wäre ebenso möglich gewesen wie ein Exploitationer Marke CANNIBAL HOLOCAUST (Ruggero Deodato, 1980). Doch auf der Heide entschied sich dankenswerter Weise für einen existenzialistischen Ansatz, wie wir ihn beispielsweise von Werner Herzogs Dschungel-Moritaten kennen. Wer hier also menschenfleischfressende Bestien in wildem Kampf miteinander zu sehen erwartet, sollte um diesen Film einen großen Bogen machen. Denn nichts dergleichen wird präsentiert. Stattdessen bekommen wir eine sehr schwer verdauliche Geschichte über die Abgründe des menschlichen Seins serviert, die dem einen oder anderen durchaus heftige Magengeschwüre bescheren dürfte. So orientiert sich der langsam erzählte Film an beeindruckenden Natur-Panoramen unwirtlicher Landschaften und macht die Ausweglosigkeit des Dschungels trotz vermeintlicher Freiheit spürbar. Die Bäume und das Dickicht scheinen den Protagonisten immer näher zu kommen, die Enge der doch so weiten Natur sich wie eine Kralle um die Herzen zu schließen. Wenn einige der Fliehenden erkennen, das der wahre Feind in der menschlichen Natur liegt, ist es für die meisten schon zu spät. Es gibt keinerlei Identifikations-Möglichkeiten, bestenfalls Mitleid. Da drängt sich natürlich die Frage auf, was man selbst in so einer Situation tun würde. John Hillcoat versuchte diese Frage im selben Jahr in seinem Film THE ROAD nach einem Roman von Cormac McCarthy zu beantworten. Jonathan auf der Heide lässt uns mit der Frage zurück. Das dies sehr unbefriedigend sein kann, ist klar. Harter, schwer verdaulicher Tobak nach einer wahren Geschichte, für Unterhaltungssuchende ungeeignet.

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          EddieLomax 05.02.2024, 22:37 Geändert 05.02.2024, 23:34

          THE DROVERS WIFE - THE LEGEND OF MOLLY JOHNSON von und mit Leah Purcell, die auch das Drehbuch schrieb und als Co-Produzentin Verantwortung übernahm, erzählt die Geschichte einer hochschwangeren, vierfachen Mutter, die Ende des 19. Jahrhunderts in der Wildnis von Australien auf sich allein gestellt ihre Familie durchbringen muss. Ihr Mann ist verschwunden, ein aus dem Gefängnis geflohener Ureinwohner taucht auf und eine Reihe von Morden lässt die Polizei auf den Plan treten. Die fast konsequent aus weiblicher Perspektive geschilderte, historisch verbürgte Begebenheit schont weder die Protagonistin, noch den Zuschauer und gewinnt dem Western aus Down Under neue Seiten ab, indem nicht nur die konsequent rassistische Haltung gegenüber den Aborigines, bis hin zur Zerstörung von Familien thematisiert wird, sondern auch die gewohnheitsmäßige Herabsetzung der Frau und der damit einhergehende alltägliche sexuelle Missbrauch, sowie körperliche Gewalt. Ein starkes Stück Geschichtsaufarbeitung im Gewand eines Genre-Films, der auch als historisches Drama gesehen werden kann.

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            EL CONDE von Pablo Larraín ist eine doppelbödige, blutige Horror-Groteske in faszinierenden, fein komponierten Schwarzweiß-Bildern und besticht durch ihre scharfsinnigen Dialoge ebenso, wie durch ihre Unvorhersehbarkeit. Chiles Militär-Diktator Pinochet ist gar nicht gestorben, sondern hat seinen Tod nur vorgetäuscht, denn er ist in Wahrheit ein unsterblicher Vampir, was nicht nur seinen Blutdurst erklärt. Die originelle Prämisse erlaubt dem Autor und Regisseur, sich auf reflektierende Weise mit der Geschichte seines Landes auseinanderzusetzen und bietet eine Form von kollektiver Trauma-Bewältigung auf die abseitige Art. Opulent und erfrischend anders.

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              EddieLomax 03.02.2024, 11:45 Geändert 03.02.2024, 12:32

              Don Murray (31.07.1929 - 02.02.2024) ist gestern gestorben. Grund genug ein vergessenes Kleinod von einem der besten Genre-Regisseure erneut zu sichten, mit Murray in der Hauptrolle versteht sich:

              FROM HELL TO TEXAS von Henry Hathaway erzählt von einer Menschenjagd in Texas, bei der ein junger Cowboy, zu Unrecht des Mordes verdächtigt, vor der Familie des Getöteten flieht und dabei versucht sich seine Menschlichkeit zu bewahren, was angesichts verschiedenster Gefahren schwierig wird. Doch er erfährt auch Güte und Hilfsbereitschaft bei seinen Begegnungen mit anderen.

              Hathaways differenzierte Regie bietet einer ganzen Menge von Charakterdarstellern (Dennis Hopper, Chill Wills u.a.) die Chance komplexe Figuren zu erschaffen und versucht die richtigen Fragen zu stellen, Klischees zu vermeiden und Dank vieler Zwischentöne nicht den einfachsten Weg zu gehen. In den richtigen Momenten zieht er die Zügel an und erzeugt in kürzester Zeit Hochspannung, was vor allem deshalb gelingt, weil einem die handelnden Personen nicht egal sind. Dabei überfrachtet er den Film nicht mit Action, sondern lässt sie sich stets aus der Handlung heraus entwickeln und wenn Sie dann einsetzt, zeigt er seine ganze Könnerschaft. Herausragend ist auch die Arbeit von Kameramann Wilfried M. Cline, dem immer wieder exemplarische Bilder gelingen, die der Umgebung eine nicht unwesentliche Bedeutung zukommen lassen. Die Geschichte des von einem wütenden Rache-Mob gehetzten Mannes drehte Hathaway ein paar Jahre später noch einmal unter umgekehrten Voraussetzungen, indem er einen anderen Jüngling auf einen persönlichen Rache-Feldzug schickte, der auch ihm keinen Frieden bringen sollte. Der Film hieß NEVADA SMITH.

              Don Murray, der zuvor für seinen Auftritt an der Seite von Marilyn Monroe in BUS STOP mit einer Oscar-Nominierung bedacht wurde, spielt die Rolle des Gejagten zurückhaltend und würdevoll, bleibt jederzeit glaubwürdig, lässt uns seine Unsicherheit spüren und seinen Reifeprozess nachvollziehen. Er trat noch in einigen anderen Western auf, spielte dann ein paar Rollen an der Seite großer Stars wie James Cagney oder Henry Fonda und musste dann, wie so viele, irgendwann zum Fernsehen abwandern, als Hollywood mit ihm nichts mehr anzufangen wusste. Für mich bleibt er als sympathischer, niemals aufdringlicher Schauspieler in Erinnerung, der immer eine gewisse Leichtigkeit gepaart mit Humor transportierte.

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                LAST OF THE MOHICANS von James L. Conway ist eine für den Fernsehsender CBS entstandene Adaption des gleichnamigen Roman-Klassikers von James Fenimore Cooper und überaus gelungen, da sie den Geist der Vorlage atmet und mit Steve Forrest über einen charismatischen Hawkeye verfügt, der empathisch, gebildet und doch rau und herzlich daherkommt. Ned Romero als Chingachgook stärkt ihm den Rücken, während Don Shanks einen edlen Uncas gibt, dessen Schicksal berührt. Auffällig ist neben der positiven Charakterisierung von Major Heyward (Andrew Prine), die im Gegensatz zu anderen Verfilmungen ausgewogene Darstellung der Indigenen, unabhängig von ihrer Stammeszugehörigkeit. Der Konflikt zwischen Engländern und Franzosen wird nur am Rande thematisiert, ist aber unterschwellig stets präsent, davon abgesehen konzentriert sich der Film auf die Haupthandlung des Romans, den Weg durch die Wildnis und die Beziehung der Protagonisten untereinander im Kontext zu ihrer Rolle im Zeitgeschehen. Einzig die kleine Rahmenhandlung und den Erzähler hätte man sich sparen können, denn das dient offensichtlich nur der Ausdehnung um auf 90 Minuten zu kommen. Sehenswert.

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                  HIGH ROAD TO CHINA von Brian G. Hutton ist nostalgisches Abenteuer-Kino ohne Tiefgang, dass zu seiner Entstehungszeit bereits altmodisch daherkam. Was den Film von seinen Genre-Kollegen unterscheidet, ist die weibliche Hauptfigur, von Bess Armstrong charakterstark verkörpert, welche mehr Mut und Chuzpe besitzt als all ihre männlichen Mit- und Gegenspieler zusammen, Tom Selleck eingeschlossen, der eher widerwillig zum Gelingen der Mission den verschollenen Vater zu finden beiträgt. Regisseur Hutton, der einst mit WHERE EAGLES DARE und KELLY'S HEROES die Kinokassen klingeln ließ, erweist sich auch bei seinem letzten Kinofilm als solider Handwerker ohne eigene Handschrift und inszeniert gekonnte Action mit guten Flugszenen, untermalt von einem tollen Soundtrack von John Barry, während man über die Glaubwürdigkeit der Geschichte nicht allzuviel nachdenken sollte. Klassisches Pantoffel-Kino.

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                    EddieLomax 29.01.2024, 21:53 Geändert 29.01.2024, 22:32

                    SCARLET STREET von Fritz Lang entstand unmittelbar nach WOMAN IN THE WINDOW und wurde mit dem selben Team realisiert wie der Vorgänger, hat ein vergleichbares Setting und behandelt gar ähnliche Themen, mit dem Unterschied, dass er deutlich pessimistischer ausfällt als dieser. Robinson scheint hier noch naiver als dort, bei seiner Femme fatale Bennett gibt es nicht mehr auch nur den geringsten Zweifel an ihrer Verdorbenheit und Duryea darf noch größer aufspielen als je zuvor. Kein Wunder, dass der FILM NOIR als noch düsterer gilt, wenn er auch über weite Strecken erstmal 'nur' dramatisch wirkt, doch in seiner Konsequenz ist er dann doch ziemlich bitter und hoffnungslos. Meisterhaft.

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                      EddieLomax 28.01.2024, 23:06 Geändert 03.02.2024, 12:26
                      über Blond

                      BLONDE von Andrew Dominik nach dem fiktionalen Marilyn-Monroe-Roman der US-Bestseller-Autorin Joyce Carol Oates (welcher bereits 2001 für's Fernsehen adaptiert wurde) ist das niederschmetternde Psychogramm eines Stars und dabei ein Seelenstriptease sondergleichen, mit dem sich Hauptdarstellerin Ana de Armas für höheres empfiehlt. Ihre herausragende Darbietung wird von grandiosen Auftritten von Bobby Cannavale, Adrien Brody und Toby Huss umrahmt, die ihr ausnahmslos zuspielen und dem kunstvoll arrangierten Werk die richtige Würze verleihen.

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                        REAP THE WILD WIND von Cecil B. DeMille ist ein typischer Großfilm des Regisseurs in prächtigen Farben mit all seinen Stärken und Schwächen. So dauert es ein Weilchen bis die Handlung in die Gänge kommt und der Film wird zudem im letzten Drittel nochmal ausgebremst, bevor es zum spannenden Finale geht. Ray Milland, der an erster Stelle genannte Star des Films, taucht erst nach einer guten halben Stunde auf, während zuvor John Wayne und vor allem Paulette Goddard brillieren, die als zentrale Figur den größten Eindruck hinterlässt. Auch die Nebenrollen sind überaus prominent besetzt, wie üblich bei DeMille. Der Meister des Kulissenspektakels bleibt sich auch im Seemannsgarn treu.

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                          Die Vierzehnjährige, in geordneten Verhältnissen lebende Annie, lernt bei einem Internet-Chat den Sechzehnjährigen Charlie kennen. Beide entdecken schnell gemeinsame Interessen und tauschen die Handy-Nummern aus. Bald schon stehen sie in ständigem Kontakt und je näher sie sich "kennen lernen" , desto komplizierter wird die Kommunikation zwischen ihnen. Charlie ist nämlich nicht sechzehn. Er räumt erst ein zwanzig zu sein, später sogar fünfundzwanzig. Trotzdem fühlt Annie sich von ihm verstanden und nur von ihm. Als er sich mit ihr treffen will, kommt es zur Katastrophe.

                          Leicht hat es sich der ehemalige FRIENDS-Star und Comedian David Schwimmer mit seiner zweiten Kino-Regie-Arbeit nicht gemacht. Doch bedient er sich eines so einfachen wie effektiven Tricks, um den Zuschauer schnell in das Seelenleben einer Vierzehnjährigen hinein zu versetzen. Er visualisiert nämlich die Chat- und SMS-Texte, welche den Kommunikationsablauf zwischen Annie (Liana Liberato) und Charlie dokumentieren und zwar unabhängig vom weiteren Verlauf der dargestellten Ereignisse in Annie's Schul- und Familien-Alltag. So werden wir zu ihren Komplizen. Eine Trennung vollzieht der Film erst nach der Vergewaltigung, indem sich Schwimmer parallel zu Annie auf die Ohnmacht ihres Vater's konzentriert, der von Clive Owen einmal mehr als Normalo am Rande des Nervenzusammenbruchs portraitiert wird. Der Film macht die schwierige Ermittlungs-Arbeit der Polizei ebenso deutlich wie die der Kinder-Psychologen und stellt die Hilflosigkeit des tief verstörten Mädchens in gleichem Maße heraus wie die der Eltern. Ein schmaler Grat, auf dem sich David Schwimmer hier bewegt, doch er drückt die richtigen Knöpfe und beschönigt vor allem nichts und das ist aller Ehren wert.

                          Fazit: Starkes Drama über ein Tabu-Thema, welches keine einfachen Lösungen oder Antworten bietet, dafür aber wichtige Fragen aufwirft. Hervorragend gespielt und intelligent inszeniert. Uneingeschränkt zu empfehlen.

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                            EddieLomax 24.01.2024, 22:54 Geändert 24.01.2024, 23:10

                            THE DEVIL ALL THE TIME von Antonio Campos ist eine Literaturverfilmung nach einem Roman von Donald Ray Pollock und zugleich eine Verbeugung vor dessen Werk, denn sie trifft ziemlich genau den Ton seiner Zeilen, geht umsichtig mit ihrem Inhalt um und kleidet sie in authentische Bilder. Dabei wird sie von einem ausgesuchten Ensemble mit durchweg herausragenden Darstellungen geadelt. Stark.

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                              EddieLomax 23.01.2024, 08:26 Geändert 23.01.2024, 08:31

                              BAD BASCOMB von S. Sylvan Simon ist ein mit großem Aufwand produzierter Western, in dem Wallace Beery als titelgebender Bandit auf der Flucht mit zwei Kameraden bei einem Mormonen-Treck nach Westen Unterschlupf findet und in der kleinen Emmy eine Freundin findet, die sein Herz erweicht. Als herauskommt, dass die Mormonen über einen Goldvorrat verfügen, gerät er in einen Gewissenskonflikt. Während einer seiner Kompagnons das Gold rauben will, zudem Verfolger und Indianer die Reisenden bedrohen, muss Bascomb sich entscheiden, wofür er kämpfen will. Hier gibt's viele Standardsituationen des Genres zu bestaunen, sichtlich an Original-Schauplätzen mit hohem Budget gedreht. Eine rührende Geschichte, dabei spannend und sicher mit dem richtigen Gespür für Humor, Timing und Action inszeniert. Beery wirkt wie ein Long John Silver des Wilden Westens. Ein echter Klassiker.

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                                EN CHANCE TIL von Susanne Bier ist ein komplexes Drama um einen Mann, der aus nachvollziehbaren Gründen eine falsche Entscheidung trifft und dadurch nicht nur sein Leben zerstört. Keine leichte Kost, aber die sensible Regie und das geerdete Drehbuch bieten der Star-Besetzung alle Möglichkeiten zu glänzen. Erschütternd und berührend.

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                                  EddieLomax 22.01.2024, 10:02 Geändert 22.01.2024, 10:17

                                  THE DEERSLAYER von Kurt Neumann ist nicht leicht zu bewerten, da die Originalfassung als verschollen gilt und nur noch eine um ca. 15 Minuten gekürzte deutsche Kinofassung neben einer um Szenen aus einem anderen Film erweiterten Version der Wiederaufführung aus den 1960er Jahren existiert, die nur entstand um vom Ruhm des hierzulande als Old Shatterhand populär gewordenen Lex Barker zu profitieren. Diese Rumpffassung, also die gekürzte deutsche Kinofassung, habe ich mir nun angesehen und sie hält sich recht nah an die Vorlage von James Fenimore Cooper, hat visuell einiges zu bieten und ist attraktiv besetzt, u.a. mit Western-Urgestein Forrest Tucker und Jay C. Flippen, sowie der jungen Rita Moreno, welche ein paar Jahre später ihre WEST SIDE STORY erleben sollte. Lex Barker, der von Neumann zuvor bereits als Tarzan dirigiert wurde, ist als Wildtöter ziemlich ideal gecastet und Carlos Rivas gibt einen sehr überzeugenden Chingachgook. Sollte jemals die ungeschnittene Ursprungsversion auftauchen, könnte man sicherlich mehr aus dem Werk herausholen, da nach einigen Berichten vornehmlich dunklere Zwischentöne und einige Gewaltszenen entfernt wurden, um das deutsche Kino-Publikum nicht zu verstören. Nachträglich herzlichen Dank dafür...

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                                    THE PALACE von Roman Polanski kann durchaus als Abrechnung mit der Gesellschaft der vergnügungssüchtigen Neureichen, Oligarchen und Trash-Promis angesehen werden, bei denen der durchaus derbe und gallige Humor wie ein längst fälliger Schlag in die Magengrube wirkt, nach dem man sich beherzt übergeben kann. Das darin einige Zeitbezüge zu finden sind, durch die man lesen kann, dass damals und bereits zur Jahrtausendwende, zu der die Komödie spielt, die Grundlagen für die heutigen politischen Verwerfungen gelegt wurden. Dabei macht es mir als herzlich lachendem Zuschauer rein gar nichts aus, dass dem Altmeister am Ende seiner Karriere der Sinn nach leichter Kost stand.

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                                      DUEL ON THE MISSISSIPPI von William Castle ist ein solide produziertes Star-Vehikel für Lex Barker, der als Südstaaten-Gentleman kaum Aktzente setzen kann, weil die Story um Zuckerrohr-Händler, diebische Cajuns und die Liebe zu einer gefährlichen Frau einfach nicht aus den Puschen kommt.

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                                        THE PATHFINDER von Donald Shebib ist eine für den christlich-konservativen Fernsehsender Hallmark entstandene Verfilmung des gleichnamigen Romans von James Fenimore Cooper, die sich an den Erfolg von Michael Mann's gloriosen Klassiker THE LAST OF THE MOHICANS ein paar Jahre zuvor dranzuhängen versucht. Hier wie dort spielt Russell Means, doch während er unter Mann noch Chingachgook spielen durfte, hat er hier nur eine kleine Nebenrolle. Den berühmten Mohikaner gibt dieses Mal Graham Greene, einer der bekanntesten Indianer-Darsteller. Den Pfadfinder oder Lederstrumpf mit Kevin Dillon zu besetzen, kann nicht Ernst gemeint sein, denn er erfüllt weder physisch noch in jeglicher anderer Form die Anforderungen der Rolle des legendären Fährtensuchers, worüber ich mich aber nur kurz gewundert habe, stellte sich die Sichtung doch ziemlich schnell als sehr zweifelhaftes Vergnügen heraus. Immerhin an Original-Schauplätzen gedreht, entpuppt sich die kinderfreundliche Adaption als Abenteuer-Stadl einer fröhlichen Laienspielschar, aus der einzig Laurie Holden und Jaimz Woolvett hervorstechen, denen es wenigstens gelingt ihren Figuren so etwas wie Charakter zu verleihen. Alles andere ist bierernst vorgetragenes Kostüm-Theater voller unfreiwillig komischer Darbietungen.

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                                          THE GYPSY WARRIORS von Lou Antonio wurde zwar von TV-Legende Stephen J. Cannell geschrieben und produziert, macht aber aus der auf dem Papier reizvollen Grundidee fast gar nichts. Wenn nicht mal der charmante Tom Selleck in der Hauptrolle zu überzeugen vermag, muss schon so einiges schieflaufen. Der Plot um ein amerikanisches Sonderkommando, bestehend aus gerade mal zwei Männern (?), die im von Nazis besetzten Frankreich während des 2.WK ein geheimes Bio-Waffen-Labor der Deutschen vernichten sollen und dafür in einer Gruppe von Zigeunern untertauchen müssen, die für die Resistance als Widerstandskämpfer arbeiten, wird in keinster Weise ausgearbeitet und startet schon mordsmässig öde, wenn trotz der knappen Laufzeit von 75 Minuten bereits die ersten 15 davon für komplett verwirrenden Erklärbär draufgehen, bevor die eigentliche Geschichte beginnt. Die zwei Amis bleiben die ganze Zeit über oberflächliche Heinis, während sich der Film kein Stück für die Lebensumstände und Kultur der Roma & Sinti interessiert. Die Deutschen halten als dummes Kanonenfutter her und so etwas wie Spannung kommt auch nicht auf. Etwas Action gibt's nur am Ende, wenn man sich bereits seit einer gefühlten Ewigkeit schon nicht mehr für all das interessiert. Filmischer Durchfall der Extraklasse.

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                                            EddieLomax 18.01.2024, 08:52 Geändert 18.01.2024, 08:54

                                            Britisch-Indien in den Dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Ein englischer Diplomat, sein Untergebener, eine Nonne und ein Betrüger müssen wegen eines Aufstandes der Einheimischen aus Indien fliehen. Sie erwischen mit mehr Glück als Verstand die letzte Maschine, bevor der Flugplatz von den Rebellen erstürmt wird. Über den Gipfeln des Himalaya-Gebirges wird ihnen klar, dass hier ein falsches Spiel gespielt wird. Der Pilot fliegt nicht in die angekündigte Richtung und bedroht sie auch noch mit vorgehaltener Waffe als sie den Sachverhalt klären wollen. Plötzliche Turbulenzen zwingen sie in den eisigen Höhen zu einer Notlandung, die der Pilot nicht überlebt. Ein vorbeiziehender Tross geführt von einem Chinesen bringt sie in ein geheimnisvolles Kloster, gelegen in einem ungewöhnlich fruchtbaren Tal. Von der Außenwelt abgeschnitten erholen sie sich schnell von ihren Strapazen und knüpfen Kontakte zu den hiesigen Mönchen, deren buddhistische Lebensweise Rätsel aufgibt. Denn die Neuankömmlinge fühlen sich bald so gut wie nie zuvor, als würden sie unter dem Einfluss eines geheimnisvolles Elixiers stehen. Diplomat Conway beginnt dieses unerklärliche körperliche und psychische Wohlbefinden zu erforschen und trifft auf den geistigen Führer des Klosters, der ihm nach einigem Zögern ein großes Geheimnis offenbart. Das die Flugzeugentführung kein Zufall war ist bald Conways geringstes Problem. Für ihn öffnet sich eine gänzlich neue Welt mit Fragen, die er sich zuvor niemals gestellt hat.

                                            Das Prestige-Projekt des großen Frank Capra konnte man lange nur stark gekürzt sehen. Dank modernster Technik wurden bei der von Sony herausgegebenen DVD fehlende Szenen neu integriert und machen das oft zitierte Meisterwerk nun beinahe vollständig erlebbar. Ein Film, der wirkt wie aus der Zeit gefallen. In der Hauptrolle ist Ronald Colman zu sehen, der im selben Jahr noch THE PRISONER OF ZENDA drehte, wo er an der Seite von Douglas Fairbanks jr. und David Niven agierte. Ein weiterer großer Klassiker, der eine DVD-Auswertung mehr als verdient hätte. LOST HORIZON trifft mühelos den Ton der Vorlage des Briten James Hilton, der nach dem Kino-Erfolg nach Hollywood übersiedelte und als gefragter Drehbuch-Autor arbeitete. Wer sich schon immer die Frage nach dem Sinn des Lebens stellte und weder bei Monty Python noch bei Douglas Adams eine befriedigende Antwort bekam, sollte Hiltons Klassiker lesen oder diesen Film sehen. Erleuchtung garantiert.

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                                              EddieLomax 17.01.2024, 22:37 Geändert 17.01.2024, 23:09

                                              ENQUÊTE SUR UN SCANDALE D'ÉTAT von Thierry de Peretti erzählt die wahre Geschichte eines französischen Politskandals, in dem ein Informant gemeinsam mit einem Journalisten den höchsten Beamten der Drogenfahndung auffliegen lässt, der staatlich organisiert Drogenhandel betreibt, obwohl er ihn eigentlich bekämpfen soll. Mit geballter Starpower wie Roschdy Zem, Pio Marmaï & Vincent Lindon inszeniert de Peretti seinen Polit-Thriller um die "Enthüllung einer Staatsaffäre" (dt. TV-Titel) faktenreich und hochkonzentriert. In der arte-Mediathek.

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                                                UNCAS - EL FIN DE UNA RAZA von Mateo Cano ist die spanische Adaption des Roman-Klassikers von James Fenimore Cooper, im selben Jahr entstanden wie Atze Brauners Version mit Blacky Fuchsberger und zeigt wie dieser Daniel Martin in der Titelrolle. Allerdings wurde nur ein Teil der Geschichte verfilmt und man war offensichtlich nur wenig an Werktreue, Figurenzeichnung und Dramaturgie interessiert, was das Werk zu einer ziemlich uninspirierten, langweiligen Angelegenheit werden lässt. Zudem stimmt visuell fast gar nichts, da weder die sonnigen spanischen Locations, noch die Kostüme und Kulissen dem Sujet entsprechen. Kann man sich getrost sparen.

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                                                  THE BEEKEEPER von David Ayer ist ein hammerhartes Action-Brett, welches zunächst wie gewöhnlicher Genre-Standard startet, nur um sich immer weiter bis zur schwarzhumorigen Groteske mit politischem Unterton zu steigern und irgendwann so drüber ist, dass es fast an CRANK erinnert, jene völlig abgefahrene Statham-Show, die den Star erst so richtig manifestierte. Man kann von seinen qualitativ höchst unterschiedlichen Filmen halten was man will, doch unterhaltsam sind die meisten und dieser hier besonders. Jeremy Irons adelt das Ganze mit perfidem Gestus, während The Stath alles wegrotzt, was sich ihm in den Weg stellt. Klar stand hier JOHN WICK Pate, doch der Weg, den Produzent Statham, Regisseur Ayer und Drehbuchautor Kurt Wimmer beschreiten, lässt sich auch als ziemlich deutliches Fuck Off an Hollywood, den Mainstream und die gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Dekade lesen. Geile Nummer.

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                                                    THE PATHFINDER von Sidney Salkow ist eine lose Adaption des gleichnamigen, selten verfilmten Romans von James Fenimore Cooper, in der George Montgomery als einziger Schauspieler der Filmgeschichte ein zweites Mal die berühmte literarische Titel-Figur verkörpert. Der Pfadfinder, auch bekannt als Lederstrumpf oder Wildtöter, hilft hier gemeinsam mit Chingachgook (Jay Silverheels) den Engländern im gerade ausgebrochenen Krieg mit den Franzosen, die Hoheit über das Gebiet der Großen Seen zu erlangen. Das ist nett anzusehen und flott erzählt, auch wenn man über ein paar drehbuchbedingte Flachheiten, die offensichtlich der Entstehungszeit geschuldet sind, hinweg sehen sollte. Montgomery gefällt mir als Pfadfinder allerdings erheblich besser, als in vielen seiner Western.

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