EddieLomax - Kommentare

Alle Kommentare von EddieLomax

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    Zum Gedenken an Paul Newman, der heute seinen 100. Geburtstag feiern würde:

    THE MACKINTOSH MAN von John Huston ist ein Spionage-Thriller nach einem Roman von Desmond Bagley. Das Drehbuch ist von Walter Hill, der die dreckige Seite der Agenten-Tätigkeit in den Fokus rückt, ohne Idealismus, ohne Glamour und ohne Kompromisse. Sein Protagonist Rearden (Paul Newman) ist ein australischer Spion, der für den britischen Geheimdienst eine Gruppe für die Russen arbeitender Doppel-Agenten auffliegen lassen soll und dafür in den Knast gehen muss. Sein Job bringt ihn in schwere Bedrängnis als er feststellt, dass höchste Regierungskreise (James Mason) involviert sind.

    Für Huston und Newman war es in kürzester Zeit bereits die zweite Zusammenarbeit nach THE LIFE AND TIMES OF ROY BEAN, zugleich eine Vertragserfüllung des Stars für Warner, die unter keinem guten Stern stand. Regisseur und Hauptdarsteller mochten das Drehbuch nicht, doch zumindest Huston freute sich, in seiner langjährigen Wahlheimat Irland zu drehen.

    Von den Kritikern ungeliebt, fiel der Film auch beim Publikum durch und geriet weitgehend in Vergessenheit, wobei er sicherlich nicht makellos ist, doch allgemein unterschätzt. Denn gerade in der Rückschau kann man durchaus Qulitäten attestieren. So wird ein ziemlich komplexes Bild der Geheimdienst-Arbeit entworfen, düster und illusionslos die Mechanik von Prozessen gezeigt, deren Zielsetzung einzig die Auftragserfüllung ist und mit entsprechend distanzierter Kühle abgebildet wird.

    Newmans teilweise kritisierte Darbietung passt perfekt zur Tonalität, denn selten sah man ihn so emotionslos und abgebrüht wie hier, was besonders in einer Szene im zweiten Drittel deutlich wird, wenn er nach der Flucht aus dem Gefängnis auch aus seiner Gefangenschaft der Schleuser-Organisation ausbricht und eiskalt einen Gegner nach dem anderen ausschaltet. Es ist ja häufig so, dass Filme, die nicht den erhofften Erfolg brachten, im Nachhinein auch von ihren Machern schlechtgeredet werden. Doch man könnte wohl sagen, dass THE MACKINTOSH MAN seiner Zeit voraus war.

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      RUBY GENTRY von King Vidor erzählt vom Leben einer unangepassten Frau (Jennifer Jones) in North Carolina, die für ihren Sieg im Kampf gegen die gesellschaftlichen Konventionen einen hohen Preis bezahlt. Aus einfachen Verhältnissen stammend, gelingt ihr der Aufstieg in die feine Gesellschaft, von der sie jedoch nie anerkannt wird. Ihre Liebe zum Sohn einer altehrwürdigen Familie (Charlton Heston), der ihr verfallen ist, löst eine Kette von Ereignissen aus, die zu Unglück und Tod führen. Eine Auftrags-Arbeit des Meister-Regisseurs, der gerade bei derartigen Verpflichtungen zu großer Form auflief. Das begrenzte Budget hatte dabei zum einen den Vorteil, dass Vidor allzugroße Melodramatik vermeidet, indem er Szenen verknappt, andererseits wünscht man sich manches Mal etwas mehr Ausführlichkeit, um die Wirkung einiger Momente zu verstärken. Dafür entschädigt das Schauspiel auf ganzer Linie. Die ungeschminkte Jennifer Jones dominiert jede Szene, sie konnte mit der Rolle ihre Karriere nach einigen Flops sanieren. An ihrer Seite der junge Charlton Heston in seiner dritten Hauptrolle, durchaus ambivalent angelegt, kann er das Hin und Hergerissensein zwischen Erfolgsstreben und geheimer Leidenschaft authentisch vermitteln und dient dabei nie als Identifikationsfigur, ob seiner charakterlichen Schwäche. Karl Malden, der kurz zuvor mit dem Oscar ausgezeichnet wurde (A STREETCAR NAMED DESIRE) glänzt mit einer warmherzigen Darstellung als Mann, der stets das Gute will, die Stimme der Vernunft in einer Geschichte ohne die damals übliche Sentimentalität. Gibt's in ordentlicher Qualität auf Deutsch bei YouTube.

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        EddieLomax 25.01.2025, 14:09 Geändert 25.01.2025, 15:39

        VIVA VILLA! von Howard Hawks hatte als Großproduktion David O. Selznick's schwierige Enstehungsbedingungen, denn der als Perfektionist bekannte MGM-Produzent ersetzte den Meisterregisseur nach einem Zwischenfall während der bereits 1931 gedrehten Außenaufnahmen in Mexico City und ließ den Film in Kalifornien von Jack Conway, dem das Werk zugeschrieben wird, fertigstellen. Von den zahlreichen Problemen der Dreharbeiten ist dem erst 1934 veröffentlichten Klassiker glücklicherweise nichts anzumerken, vielmehr gilt er im Nachhinein als Blaupause für viele Revolutions-Western, die noch folgen sollten und begründete so ein Sub-Genre, dass vor allem im Italo-Western der 60er und 70er Jahre durch seinen politischen Kontext zur Blüte kommen sollte.

        Der Bauernjunge Pancho Villa wird, nachdem sein Vater zu Tode gepeitscht wurde, zum Banditen. Als er dem Politiker Francisco Madero begegnet, überzeugt ihn dieser, seinen Kampf gegen die reichen Großgrundbesitzer auszuweiten um das Regime von Porfirio Díaz zu stürzen. Aus dem einfachen Mann wird der bedeutendste Revolutionsführer in der Geschichte Mexikos.

        Wallace Beery gibt den Nationalhelden als widersprüchlichen Charakter zwischen Gutmütigkeit und Brutalität, dessen ehrbare Beweggründe nicht über seine Grausamkeit hinwegtäuschen können. Mit einem amerikanischen Reporter an seiner Seite, lässt er sich zum Volkshelden stilisieren, gerät aber immer wieder mit dem geistigen Vater der Revolution aneinander, der ihn schließlich nach einer Verurteilung zum Tode, die er ganz und gar nicht heldenhaft hinnimmt, in die Verbannung schickt. Nach Maderos Ermordung schart er erneut eine Bauern-Armee um sich und feiert seine triumphale Rückkehr nach Mexiko, wo er schließlich einem Attentat zum Opfer fällt.

        Das alles wird in Ben Hecht's Drehbuch, dessen Intention der politischen Aussage stets den Vorrang gegenüber einer geschichtlichen Verklärung gibt, immer wieder mit Humor gebrochen, was dem ursprünglich als Komiker bekannten Hauptdarsteller natürlich liegt, der seiner Figur damit reichlich Sympathien verleiht. Einiges davon erscheint dabei heute nicht mehr zeitgemäß, wie sein Umgang mit Frauen, die ihm sofort verfallen und umgehend vor den Traualtar geführt werden, ungeachtet dessen, dass er bereits mehrfach verheiratet ist, doch muss zu Hawks' und Hecht's Ehrenrettung gesagt sein, dass Villa's Witwe zufrieden mit der Darstellung ihres Mannes gewesen sein soll.

        Viele Versatzstücke der Inszenierung wurden später wiederverwendet, wie zum Beispiel die Erschießung der gefangenen Soldaten, die sich hintereinander in einer Reihe aufstellen mussten, um Munition zu sparen. Eine Szene, die sich in Buzz Kulik's VILLA RIDES! (1968) fast genauso findet. Auch Elia Kazan ließ sich vom Stil des Films überdeutlich inspirieren, als er mit seinem preisgekrönten VIVA ZAPATA! (1952) dem anderen berühmten Revolutionär, dargestellt durch Marlon Brando ein Denkmal setzte, wobei er allerdings um einiges freier mit der Historie umging. Angeblich plante sogar Sergio Leone in den 60ern ein Remake von VIVA VILLA!, mit GIU' LA TESTA drehte er schließlich einen eigenen Revolutions-Western und bereicherte damit den Kanon von italienischen Politparabeln im Genre-Kostüm.

        Siehe hierzu: https://www.moviepilot.de/liste/viva-mexico-viva-revolucion-eddielomax

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          EddieLomax 21.01.2025, 21:21 Geändert 21.01.2025, 21:26

          Zum Tod von Bertrand Blier hier ein alter Text zu LE BRUIT DES GLAÇONS

          Charles (Jean Dujardin) ist ein erfolgreicher Schriftsteller, Anfang Vierzig, lebt auf einem Landgut, meidet die Stadt und die Öffentlichkeit. Seit einigen Jahren hat er ein Problem. Genau genommen seit er von Frau und Sohn verlassen wurde. Er ist schwerer Alkoholiker, trinkt in der Regel acht Flaschen Wein am Tag, langweilt sich am Pool, schreibt kein einziges Wort mehr. Da klingelt es eines Tages am Tor. Ein Mann (Albert Dupontel) steht da und verlangt Einlaß, lässt sich nicht abweisen. Denn einen wie ihn kann man nicht einfach abweisen. Das wird Charles spätestens klar, als sich der Mann vorstellt.

          Das Problem mit dem Krebs ist, das er immer wieder kommt.

          Altmeister Bertrand Blier schildert den Kampf gegen den Krebs als teilweise derb-schwarzhumorige Groteske, bei der einem mehr als einmal das Lachen im Halse stecken bleibt. Der begrenzte Schauplatz sorgt für höchste Konzentration auf die messerscharfen Dialoge, sorgt allerdings auch dafür, das der Film etwas theaterhaft daherkommt, was ja nicht grundsätzlich schlecht sein muss, dem Ganzen jedoch einen etwas zu strengen Charakter verleiht, welcher den scharfzüngigen Wortwechseln etwas im Wege steht.

          Hat man sich allerdings damit arrangiert, bietet DER KLANG VON EISWÜRFELN einen tollen Parforceritt durch ein sonst weitgehend tabuisiertes Thema und sorgt mit seiner lebensbejahenden Grundaussage für ein oftmals befreiendes Lachen, ohne sich je für einige wohltuende Albernheiten zu schämen.

          Getragen wird die ungewöhnliche Komödie von ihrem perfekt gewählten Hauptdarsteller-Trio Jean Dujardin, kurz vor seinem internationalen Durchbruch mit THE ARTIST, Albert Dupontel, der nach vielen Thrillern in den vergangenen Jahren endlich mal wieder komisch sein darf, und der für diese Rolle mit dem französischen Filmpreis ausgezeichneten Anne Alvaro, als Charles Haushälterin.

          Fazit: Die Liebe, der Krebs und der Tod sind die Themen in dieser etwas theaterhaften Groteske von Altmeister Bertrand Blier, exzellent besetzt und gespielt.

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            THE SUSPECT (UNTER VERDACHT) von Robert Siodmak würde ich nur bedingt dem FILM NOIR Kanon zuordnen, auch wenn er dazugezählt wird. Als der erwachsene Sohn von zu Hause auszieht, ist das gemeinsame Leben der Eheleute Marshall zu Ende. Sie (Rosalind Ivan) hat ihm (Charles Laughton) die gemeinsame Zeit zur Hölle gemacht,  jetzt zieht der gutmütige Geschäftsmann ins Zimmer des Sohnes. Bald lernt er die sehr viel jüngere Mary (Ella Raines) kennen und lieben, doch seine Frau verweigert ihm die Scheidung. Kurz darauf ist sie tot.

            Für mich war das ein oft betuliches Kriminaldrama im alten London um 1900, mit einer herausragenden Darstellung von Charles Laughton und wieder Ella Raines in einer etwas weniger fordernden Rolle, die sie ebenfalls zu meistern weiß. Ich kenne noch ein paar andere Filme mit ihr, wie ich herausgefunden habe, aber leider ging ihre Karriere nach den 40er Jahren nicht mehr in dem Maße voran, wie sie es verdient gehabt hätte. Ein Schicksal welches sie mit vielen Kolleginnen teilt, welche die 30 überschritten haben.

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              PHANTOM LADY (ZEUGE GESUCHT) von Robert Siodmak beeindruckt durch eine tolle Bildsprache und vor allem seine weibliche Hauptrolle, was ja auch im FILM NOIR eher selten war. Ella Raines spielt absolut mitreißend. Dass Franchot Tone, der eigentliche Star des Films, erst nach der Hälfte der Laufzeit auftaucht, ist ebenso mutig wie ungewöhnlich für die Entstehungszeit.

              Ein verheirateter Mann (Alan Curtis) verbringt den Abend mit einer Fremden, Namen und Kontaktmöglichkeiten werden nicht ausgetauscht. Als er nach Hause kommt, ist seine Frau ermordet. Die Indizien sprechen gegen ihn, bald wird er verhaftet. Seine Sekretärin (Ella Raines), die in ihn verliebt ist, glaubt nicht an seine Schuld und versucht den wahren Täter zu ermitteln, wobei sie später Hilfe von einem Freund (Franchot Tone) des Beschuldigten erhält.

              Atmosphärische Ausleuchtung, packende Inszenierung und herausragende Schauspielleistungen bis in die Nebenrollen (u.a. Elisha Cook jr.) zeichnen diesen Beitrag Siodmaks aus, der im selben Jahr mit THE SUSPECT noch einen weiteren Film mit Ella Raines realisierte.

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                D.O.A. von Rudolph Maté schaltet nach brilliantem Auftakt erstmal ein paar Gänge runter und präsentiert mit dem Jedermann Bigelow (Edmund O'Brien) einen nicht besonders sympathischen Normalo als Hauptfigur, der seiner Geliebten das Hochzeitsversprechen schuldig bleibt, indem er zunächst bei einem Kurzurlaub in San Francisco nochmal so richtig die Sau rauslassen will. Doch dann wird er zum Opfer eines Verbrechens und schaltet für seine Rache um in den Turbo.

                Da ich vor vielen, vielen Jahren mal das gleichnamige Remake von D.O.A. (OPFER DER UNTERWELT) gesehen habe (dt. Titel BEI ANKUNFT: MORD), war das Original für mich der Einstieg in ein dunkles Wochenende und konnte mich gleich begeistern. Nur selten gab es wohl einen FILM NOIR, der seinen Stiefel derart kompromisslos und rasant, nach eher ruhigem ersten Drittel durchzieht. Schade, dass die Synchronfassung verschollen ist, aber toll, dass man den Film auf DVD trotzdem für den deutschen Markt (OmU) zugänglich gemacht hat. Kein Wunder, dass er zu den besten seiner Gattung gezählt wird.

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                  EddieLomax 18.01.2025, 08:47 Geändert 18.01.2025, 09:07

                  WAR DRUMS von Reginald LeBorg ist einer von drei Filmen, die Lex Barker 1957 für die BEL AIR drehte, der Produktionsfirma von Howard W. Koch und Aubrey Schenck, die anderen beiden waren JUNGLE HEAT und THE GIRL IN BLACK STOCKINGS. In REBELL DER ROTEN BERGE (dt. Kino-Titel) steht für deutsche Zuschauer die Welt erstmal auf dem Kopf, denn der ehemalige Tarzan-Darsteller spielt, was damals naheliegend war, erneut einen echten Naturburschen, nämlich den HÄUPTLING DER APACHEN (Fernsehtitel) Mangas Coloradas  (1797 - 1863), dessen Leben hier jedoch nicht besonders historisch korrekt wiedergegeben wird.

                  Vielmehr dreht sich die Geschichte vorrangig um die Liebesbeziehung des Anführers zu der Mexikanerin Riva (Joan Taylor), die er zunächst aus der Sklaverei einer Bande von Pferdedieben befreit. Mangas hat auch einen weißen Freund, den Händler Fargo (Ben Johnson), der sich in Riva verliebt, doch der Häuptling entscheidet, dass Riva sein eigenes Weib wird. Als Goldsucher rücksichtslos gegen Apachen vorgehen und diese sich wehren, ruft das die Armee auf den Plan. Ein Krieg scheint unausweichlich und die Freunde stehen bald auf verschiedenen Seiten.

                  Der Film entstand in der Folge von indianerfreundlichen Western der 50er Jahre, wie BROKEN ARROW (Delmer Daves, 1950), kümmert sich jedoch weit weniger um die Abbildung tatsächlicher Begebenheiten, als es möglich gewesen wäre. Lex Barker trägt schonmal die Perücke von Pierre Brice Probe und macht als Indianer-Häuptling eine gute Figur. Die Kostüme sehen einigermaßen authentisch aus, die restliche Ausstattung (Waffen etc.) passt hingegen mehr zu einem klassischen Western.

                  Der zeitliche Rahmen des Films verortet sich etwa zu Beginn des Bürgerkriegs, der auch thematisiert wird, da ständig von Präsident Lincoln geredet wird, Mangas Coloradas wäre hier allerdings bereits über 60 Jahre alt gewesen und nicht erst Anfang dreißig. Sei es, wie es ist, WAR DRUMS ist solide produziert, gut gespielt und niemals langweilig. In einer kleinen Nebenrolle gegen Ende kann man Stuart Whitman kurz vor seinem Aufstieg zum Hollywood-Star entdecken.

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                    THE ALTO KNIGHTS von Barry Levinson wird nach Martin Scorsese 's THE IRISHMAN das letzte, große Hurrah des amerikanischen Mafiafilms und bringt die doppelte Dosis De Niro an den Start, in den Rollen der zwei letzten bedeutenden Bosse Frank Costello und Vito Genovese, deren Ende gleichermaßen den Untergang der ehrenwerten Gesellschaft bedeutete. Hier gibt's den Trailer:

                    https://m.youtube.com/watch?v=oeMpsYkP5QM

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                      Aus aktuellem Anlass, zum Tod von David Lynch, nochmal WILD AT HEART:

                      Für mich die Geburtsstunde von Nicolas Cage, hier kongenial synchronisiert durch Rolf Zacher, in der wahrhaftigsten Liebesgeschichte des popkulturellen Zeitalters, mit der reinen Seele Laura Dern, noch einmal nach BLUE VELVET. Der Durchbruch für Chris Isaak, der unvergessliche Auftritt von Willen Dafoe als Bobby Peru und der traurige Harry Dean Stanton mit seinem unglücklichen Schicksal. Daneben Angelo Badalamentis Score, die hypnotischen Bilder, der schier unerschöpfliche Ideenfluss in der Inszenierung. Immer wieder Barry Gifford, dessen Text den Ton vorgibt, Isabella Rossellini als laszive Perdita Durango, die später ihren eigenen Film bekam. Und natürlich auch Elvis Presley, der Zauberer von Oz und die Kehrseite des amerikanischen Traums. Endlose Highways, weite Landschaften und Figuren in einem Wicked Game,  wo jederzeit der Tod nach einem greifen kann und nur die glücklich sein können, die wenigstens ihre Liebe leben, dort wo die Schlangenlederjacke das Symbol der individuellen Freiheit ist. Ein Augenöffner für jugendliche Kinogänger wie mich, ein Türöffner für Filmemacher wie Quentin Tarantino. David Lynch hat das Kino für immer verändert, das Filme sehen, das über Filme nachdenken. Mehr geht nicht.

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                        THE SPLIT von Gordon Flemyng basiert auf dem siebenten PARKER-Roman (Parker und der Amateur) von Richard Stark und entstand in der Folge von POINT BLANK (John Boorman, 1967) mit Lee Marvin, der im Vorjahr die Kassen der MGM klingeln ließ. Der Produzenten-Logik zufolge brauchte man jetzt nur wieder einen britischen Regisseur zu engagieren und hätte bald den nächsten Hit in der Tasche. Aus rechtlichen Gründen durfte Parker auch hier nicht so heißen und trägt deshalb den Namen McLain.

                        McLain's (Jim Brown in seiner ersten Hauptrolle) neuester Coup ist, in Los Angeles die Einnahmen eines Football-Matches zu stehlen. Für den Überfall auf die Stadionkasse benötigt er ein kleines Team von Experten. Einen Mann für's Grobe (Ernest Borgnine), einen Safeknacker (Warren Oates), einen Waffenspezialisten (Donald Sutherland), sowie einen Fluchtwagenfahrer (Jack Klugman). Der Raubzug ruft natürlich einen Cop (Gene Hackman) auf den Plan. Völlig klar, dass die Dinge irgendwann aus dem Ruder laufen.

                        Natürlich entwickelt der auch als DIE GANZ GROßE KASSE gezeigte Film zu keiner Zeit die herausragende Klasse seines Vorgängers, vor allem nicht visuell, kann aber prima als räudige B-Variante überzeugen. THE SPLIT ist schnell, großartig besetzt und von einem starken Soul-Soundtrack (Quincy Jones) untermalt, der den Habitus der BLAXPLOITATION vorwegnimmt. Donald E. Westlake's (Pseudonym: Richard Stark) moralbefreiter Zynismus macht keine Gefangenen und erscheint um einiges glaubwürdiger als es bei manchen seiner Zeitgenossen der Fall ist.

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                          EddieLomax 13.01.2025, 10:06 Geändert 13.01.2025, 15:30

                          VA BANQUE von Diethard Küster ist heute eher für seinen Handlungsort zu der Zeit, in der er entstanden ist interessant. Zudem lässt er eine Menge illustrer Gestalten auflaufen, deren Mitwirkung zu erreichen sicherlich nicht ganz einfach war. Am besten lässt sich der Film wohl als eine Mischung aus Heist-Krimi und TAXI DRIVER auf Sparflamme bezeichnen.

                          West-Berlin, Mitte der 80er: Stefan (Winfried Glatzeder) ist ein Filou wie er im Buche steht. Seinen Lebensunterhalt sichert er sich als Taxi-Fahrer, den Rest seiner Zeit füllt er mit Frauen und Glücksspiel. Ständig abgebrannt entwickelt er bald kriminelle Energie. Kumpel Paul (Achim Reichel) befindet sich in einer ähnlichen Situation. Zusammen mit Stefans neuer Flamme Helen (Grazyna Dylong) planen Sie den Überfall auf einen Geldtransport.

                          Zwischen Tag und Nacht, schick und schäbig, präsentiert sich die eingemauerte Stadt auf Straßen und in Nachtklubs, mischt Alltagsszenen mit Halbwelt-Aktionen, deren Glaubwürdigkeit bisweilen strapaziert wird. Besonders spannend ist das nicht inszeniert, weshalb es sich lohnt, einen Blick auf die im Rückblick wirklich außergewöhnliche Besetzung zu richten.

                          Da sind neben Achim Reichel viele Musiker-Kollegen wie Willy De Ville und Rio Reiser, die jeweils Stücke zum Soundtrack beisteuern, sowie die markanten Gesichter von Rolf Zacher und Leonard Lansink als Gangster und Ganove in kleinen Rollen zu entdecken. Zu einem Auftritt als Taxi-Fahrer-Kollegen mit literarischen Ambitionen konnte Ex-Sponti Küster seinen früheren Kampfgefährten, den späteren Grünen-Parteichef und Außenminister Joschka Fischer bewegen. Die meisten dieser Figuren bleiben unterentwickelt, ebenso wie die Handlung. Wer allerdings Interesse am Lokalkolorit und dem Szene-Personal jener Tage hat, kann getrost mal reinschauen.

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                            AMERICAN PRIMEVAL von Peter Berg erinnert in seiner bitteren Konsequenz an die hoffnungslosen Romanwelten eines Cormac McCarthy, dessen Beschreibungen des alten Westens praktisch all das vorweggenommen haben, was hier endlich mal umgesetzt wird. Die Frontier dient nicht mehr als Sehnsuchtsort der Verheißung, sondern wird als Niemandsland, als Hölle auf Erden gezeigt, wo es einzig ums Überleben geht, oder mehr noch darum, dem sicheren Tod zu entgehen. Gesetzt in den 1850er Jahren, also noch vor dem Sezessionskrieg und der Eroberung des Westens, orientiert sich die Story an den historischen Wegmarken tatsächlicher Ereignisse und lässt Persönlichkeiten jener Zeit wie Jim Bridger und Brigham Young auftreten, dessen erbarmungslose Expansionspolitik von Gottes Gnaden einmal nicht verklärt und so ungeschönt dargeboten wird, dass es einem die Kehle zuschnürt. Überhaupt sind Gewalt, Blut und Tod der rote Faden an dem sich die amerikanische Urgeschichte, wie sie treffend betitelt ist, entlangschnürt, gänzlich ohne Erklärung oder Einführung. Die Getriebenen, und das sind sie alle, sind einfach da und die Ereignisse passieren. Den einen, die passiv zum Spielball der von Angst und/oder Gier motivierten Figuren werden, den anderen, deren Wille auszuhalten, fortzukommen, weiterzuleben stärker ist. Allein das Schicksal entscheidet, wer wie weit kommt. Ein mächtiger Brocken ist das, hart wie Granit. Daneben könnte es wohl kaum einen treffenderen Kommentar zum Zeitgeschehen in den USA im besonderen, in der Welt im allgemeinen geben.

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                              EddieLomax 12.01.2025, 09:57 Geändert 12.01.2025, 10:10

                              COSTANTINO IL GRANDE von dem vor allem für seine Dramen und Komödien bekannten Lionello De Felice stellt den um Seriosität bemühten Versuch eines italienischen Monumentalfilms dar, dessen Hauptaugenmerk der Wandlung seiner Titelfigur zum Christen gilt, womit er sich in direkter Folge von Hollywood-Produktionen wie Genre-Auslöser QUO VADIS (Mervyn LeRoy, 1951) oder THE ROBE (Henry Koster, 1953) wiederfindet. Dabei wird erfreulicherweise auf allzugroße Effekthascherei verzichtet und der Fokus auf politische Ränkespiele um Intrigen, Macht und Christenverfolgung gelegt, deren Überwindung Konstantin den Weg ebnete. Der Film leidet in seiner längeren Originalfassung etwas an seinem behäbigen Tempo, was inhaltlich jedoch aufgewogen wird, da die zu bewältigenden Konflikte ernsthaft und interessant bearbeitet werden. Das dies gelingt liegt zum einen an der treffenden Besetzung der Hauptrolle mit Cornel Wilde, der während der Dreharbeiten von einem Löwen verletzt wurde und im Anschluss (fast) ausschließlich in selbstinszenierten Filmen auftrat und Hollywood nach langer Karriere den Rücken kehrte, sowie an der Aufteilung der Nebenrollen durch ein internationales Ensemble (u.a. Belinda Lee in einer ihrer letzten Rollen) erstklassiger Schauspielerinnen und Schauspieler. Zum anderen stimmt das Handwerk in Ausstattung, Bild (Kamera: Massimo Dallamano), Dramaturgie und Ton, was sich an gewisser Opulenz bei manchen Szenen zeigt, bspw. wenn zur finalen Schlacht Statistenheere aufeinandergehetzt werden. Zur Beteiligung des an einigen Stellen als Co-Regisseur aufgeführten Irving Rapper konnte ich, außer seiner Schnittarbeit an diversen internationalen Fassungen, leider keinerlei Informationen finden.

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                                I'M GONNA GIT YOU SUCKA von Keenen Ivory Wayans kann als die ultimative Parodie auf das Blaxploitation-Genre viel Freude bereiten, zumindest bis BLACK DYNAMITE kam, was natürlich nur dann funktioniert, wenn man die wichtigsten Filme, Soundtracks und Stars kennt. Für alle anderen ist es eine eher alberne Klamotte mit einigen gelungenen und vielen weniger gelungenen Gags. Zudem kann es hilfreich sein, den Humor der Wayans-Familie zu teilen, deren Geschäftsmodell in der Folge Parodien wie diese darstellten. Ich für meinen Teil könnte mir vorstellen etwas mehr Spaß damit gehabt zu haben, hätte ich den Film zwanzig Jahre früher gesehen. Mittlerweile fühle ich mich doch etwas zu alt für solchen Quatsch, kann aber nicht leugnen, die Auftritte von Altstars wie Bernie Casey, Jim Brown und Isaac Hayes sehr unterhaltsam zu finden. Ende der 80er, in Zeiten des aufkommenden NEW BLACK CINEMA war eine solche Film-Verarsche selbstverständlich ein Zeugnis perfekten Timings, da hier nicht nur der neue Boom bedient, sondern das dankbare Publikum gleichzeitig an die erste Generation von Filmemachern aus der Community erinnert wurde.

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                                • EddieLomax 09.01.2025, 07:38 Geändert 09.01.2025, 07:53
                                  über Sabata

                                  HAPPY 100th BIRTHDAY to LEE VAN CLEEF!

                                  Der vielleicht größte Italo-Western-Star startete seine Karriere mit einer Rolle als Gegner von Gary Cooper in HIGH NOON - 12 UHR MITTAGS von Fred Zinnemann und spielte anschließend in unzähligen Western ähnliche Typen, bis er mit bereits über 40 Jahren von Sergio Leone für dessen legendäre Dollar-Trilogie als Widerpart für Clint Eastwood entdeckt wurde. Von nun an ging's bergauf für den Mann mit dem Raubvogel-Gesicht, der ab jetzt Hauptrollen spielen durfte und nicht mehr immer nur den Bösewicht. Über 50 Western drehte er in seiner Karriere, unter anderem für John Ford, davon 18 Hauptrollen, die meisten davon in Italo-Western. Einen Überblick seiner Arbeit im ältesten Genre der Filmgeschichte gibt's hier:

                                  https://www.moviepilot.de/liste/lee-van-cleef-und-seine-western-eddielomax

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                                    HAPPY 90th BIRTHDAY to THE KING!

                                    Seine ultimative Show gibt's noch bis zum 14.01.2025 auf arte:

                                    https://www.arte.tv/de/videos/043165-000-A/elvis-68-comeback/

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                                      BA GUO LIAN JUN von Chang Cheh kann als Antwort der Shaw Brothers auf Nicholas Ray's 55 DAYS AT PEKING verstanden werden und betreibt einen ähnlichen Aufwand, zumindest was Ausstattung, Material und Personal betrifft.

                                      Drei junge Brüder (Alexander Fu Sheng u.a.), deren besondere Kampftechnik im ganzen Land bekannt ist, treten der Boxer-Bewegung bei, die es sich zur Aufgabe gemacht hat das Land von der Unterdrückung durch ausländische Mächte, allen voran Deutschland, Russland und Japan zu befreien.

                                      Bei der historischen Genauigkeit wird noch weniger auf die verbürgten Geschehnisse des Jahres 1900 eingegangen als bei Ray, vielmehr kann man BOXER REBELLION (internationaler Titel) grobe Geschichtsfälschung im Sinne chinesischer Propaganda vorwerfen. Nicht mal ansatzweise wird sich bemüht, das Treiben des marodierenden Geheimbundes zu hinterfragen, die politische Rolle der Kaiserin-Witwe wird verharmlost und der Aufstand zum nationalen Freiheitskampf umgedeutet, von der Rolle Deutschlands als Oberbösewicht in Gestalt von Richard Harrison (der in der Originalfassung ein ganz passables Deutsch spricht) ganz zu schweigen.

                                      Davon einmal abgesehen kann sich der Film als anspruchsloser Kung-Fu-Streifen jedoch sehen lassen. Selten wurde, wie eingangs erwähnt, größeres Spektakel betrieben. Chang Cheh als erfahrenster Regie-Handwerker des Shaw Studios sorgt für einen guten Erzählfluss, immer wieder angereichert mit abwechslungsreichen Kämpfen, die sich im Fortlauf des Films immer größer und umfangreicher gestalten, dabei sehr blutig geraten und teilweise mit Zeitlupe arbeiten.

                                      Wie üblich wurde bei der deutschen Kino-Version seinerzeit massiv die Schere angesetzt, knapp eine Stunde des zweieinhalbstündigen Werkes wurde entfernt, zudem ein erklärender Off-Kommentar hinzugefügt, sowie das Dialog-Buch in einer Weise angepasst, dass es mit dem im Originaltext nichts mehr zu tun hat. Die mittlerweile erhältliche deutsche Blu ray enthält eine weitgehend ungeschnittene Fassung des Films mit englischen Untertiteln, wodurch man zumindest eine Ahnung von der ursprünglichen Intention der Macher bekommt.

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                                        Wie geil ist das denn bitte? Da hat Dick Maas doch heimlich, still und leise nach 37 Jahren eine Fortsetzung zu seinem 80er-Hit VERFLUCHTES AMSTERDAM gedreht und Huub 'Flodder' Stapel spielt wieder die Hauptrolle! Na, wenn das nichts ist!! GROßE FREUDE!!!

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                                          EddieLomax 04.01.2025, 23:07 Geändert 05.01.2025, 11:44

                                          NOSFERATU von Robert Eggers ist ein Film der Atmosphäre, ein Film der Bilder. Der Regisseur erweist sich dabei erneut als großer Stilist des Morbiden, er rekreiert sowohl Murnaus expressionistische Bilder, als auch Herzogs Naturalismus und erzeugt dennoch etwas gänzlich eigenes, indem er den beiden Meistern in der heutigen, zeigefreudigen Ära des Kinos auch Bilder der Verwesung, der körperlichen Destruktion und des Blutes entgegensetzt. Seine Bearbeitung des Stoffes nach hundert bzw. beinahe fünfzig Jahren ist somit nicht nur vollkommen in Ordnung, sondern auch überfällig, vielleicht sogar notwendig. Ein Klima der Angst wird erschaffen, ein Schelm wer böses dabei denkt und Richtung Zeitgeist schielt. Die permanente Ankündigung und fortlaufende Erhöhung der kommenden Bedrohung dient nicht allein dem Spannungsaufbau, sondern kann gut als Kommentar zur allgemeinen Großwetterlage gelesen werden, wobei nicht vergessen werden darf, dass Murnaus Film bereits auf die Ankunft eines Dämons in Menschengestalt hinwies. Zwar wird hier die emotionale Intensität des Originals nicht erreicht, aber insgesamt gelingt Eggers auch hier zum wiederholten Male ein extrem selbstbewusstes Werk, welches sich niemals dem Massengeschmack anbiedert und sich ohne wenn und aber in sein bisheriges Oeuvre homogen eingliedert.

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                                            EIERDIEBE ist eine Milieustudie von Michael Fengler mit Charly Wierczejewski in einer der beiden Hauptrollen, den man aus dem ähnlich gelagerten SUPERMARKT (Roland Klick, 1974) kennt, nur ist es hier nicht das harte Pflaster Hamburgs auf dem sich kleine Ganoven durchschlagen, sondern Frankfurts Straßen, Eckkneipen und Hinterhöfe, was für reichlich Atmosphäre und Lokalkolorit sorgt. Die Geschichte um zwei Gauner, die sich in verschiedenen "Geschäftsfeldern" ausprobieren, nur um immer wieder zu scheitern ist kurz und knackig erzählt und interessiert sich weniger für die kriminellen Ambitionen, als für die Typen dahinter und ihr Umfeld. Das Umfeld wiederum bietet mit Originalen wie Rolf Zacher dann auch echte Highlights, die schön geerdet und ganz nebenbei ungeschönt und unaufgeregt Geschichten vom Nachtleben zwischen Halbwelt und Sozialfall erzählen.

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                                              EddieLomax 01.01.2025, 14:44 Geändert 04.01.2025, 00:47

                                              55 DAYS AT PEKING von Nicholas Ray (der nach einem Herzinfarkt durch Andrew Marton vertreten wurde) sollte als Auftrags-Arbeit die Regie-Karriere des als schwierig geltenden Filmemachers sanieren, wurde jedoch letztendlich zum Sargnagel derselben. Es blieb sein letzter Hollywoodfilm.

                                              Produzent Samuel Bronston, für den Ray bereits KING OF KINGS gedreht hatte, war erfolgsverwöhnt durch sein Modell, im günstigen Spanien (unter Franco) mit großen Monumentalfilmen wie EL CID Welthits zu erschaffen. Initiiert durch den berühmten Drehbuchautor und Oscar-Preisträger Philip Yordan sollte die Geschichte des Boxer-Aufstandes im China des Jahres 1900 und die damit einhergehende 55tägige Belagerung des Gesandtschaftsviertels in Peking für die Leinwand in 70 mm wieder auferstehen. Mit immensem Aufwand wurde der Stadtteil inklusive Kaiserpalast 1 zu 1 nahe Madrid nachgebaut, bei der Ausstattung keine Kosten und Mühen gescheut, sowie über 6000 Statisten angeheuert und aus aller Welt herbeigeschafft, Stars wie Charlton Heston, David Niven und Ava Gardner engagiert und damit beste Voraussetzungen für einen kommenden Kassenschlager gelegt. Doch es kam anders.

                                              Es gab kein verfilmbares Drehbuch, sodass jede Nacht die Szenen für den nächsten Tag geschrieben werden mussten. Ava Gardner litt unter Angststörungen und erschien, wenn sie denn erschien, nur stark alkoholisiert am Set. Nicholas Ray trank ebenfalls viel und davon reichlich und verzockte die Nächte hindurch seine beträchtliche Gage. Charlton Heston hängte sich mächtig rein um die Produktion (immerhin 21 Wochen Drehzeit bei 16stündigen Arbeitstagen) über die Bühne zu bringen (die er später als größten Mist bezeichnete, an dem er je mitgewirkt hat) und konnte sich nur auf den äußerst disziplinierten David Niven verlassen, der im Film die wohl einzige vernünftig geschriebene Rolle spielt, während der Hauptdarsteller (C.H.) das Ding mit seiner Star-Power halbwegs zusammenhält.

                                              Dabei fängt es recht vielversprechend an. Die einzelnen Nationen werden in einer cleveren Kamerafahrt vorgestellt, untermalt von Dimitri Tiomkins Komposition, dem neben der Ausstattung herausragenden Element des Films. Dann werden die historischen Eckdaten einigermaßen korrekt erklärt und die verschiedenen Positionen in Stellung gebracht, während im ganzen überlangen Rest des Films mit den verbürgten Tatsachen äußerst ignorant, teilweise sogar verfälschend umgegangen wird, was etwas verwundert, da es zahlreiche Augenzeugenberichte aus beiden politischen Lagern gibt, die den Vorfall hinreichend dokumentieren.

                                              Im ersten Drittel jedenfalls funktioniert das alles noch ziemlich gut, bis sich dann erste Längen einschleichen, melodramatische Szenen von der eigentlichen Geschichte ablenken und manche Handlungssprünge den Eindruck erwecken, als würden einige gefilmte Teilstücke fehlen. Davon nicht betroffen sind die durchaus eindrucksvoll inszenierten Action-Szenen (von Andrew Marton, der nach Rays Ausfall angeblich 65 % des Films fertigstellte), welche zum Glück immer wieder dafür sorgen, dass die Aufmerksamkeit des Zuschauers gesichert wird, während das Finale, in dem sich der Bogen zum Anfang schließt, als gelungen bezeichnet werden kann.

                                              Als ich 55 TAGE IN PEKING noch als vielleicht Zehnjähriger zum ersten Mal sah, war ich schwer begeistert, vor allem vom markigen und supercoolen Charlton Heston. Bei späteren Sichtungen konnte mich immerhin, neben Heston, der ganze Budenzauber mit seinen spektakulären Massenszenen überzeugen. Heute, nach ausführlicher Kenntnis des geschichtlichen Hintergrunds, sieht das etwas anders aus. Man könnte es mit dem No-Brainer-Prinzip erklären. Wirft man jeden Gedanken an Authentizität über Bord, bekommt man einen leidlich unterhaltsamen Großfilm mit Top-Stars serviert, der zwar nicht mehr (wenn er es denn je getan hat) zündet, doch zur feiertäglichen  Nachmittagsbespaßung immer noch hinreichend geeignet ist.

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                                              • EddieLomax 31.12.2024, 11:25 Geändert 31.12.2024, 11:27

                                                Mein Film- und Serien-Jahr 2024 (bestehend aus 410 Filmen und 26 Serien)

                                                TOP TEN KINO

                                                01. CIVIL WAR (Alex Garland)
                                                02. KING'S LAND (Nikolaj Arcel)
                                                03. THE BIKERIDERS (Jeff Nichols)
                                                04. CITY OF DARKNESS (Soi Cheang)
                                                05. MONKEY MAN (Dev Patel)
                                                06. FURIOSA (George Miller)
                                                07. LOVE LIES BLEEDING (Rose Glass)
                                                08. KONKLAVE (Edward Berger)
                                                09. MAXXXINE (Ti West)
                                                10. HORIZON (Kevin Costner)

                                                TOP TEN DVD/STREAMING (Erstsichtungen)

                                                01. SWORD OF DOOM (Kihachi Okamoto)
                                                02. THE HARDER THEY COME (Perry Henzell)
                                                03. TOTE ZEUGEN SINGEN NICHT (Enzo G. Castellari)
                                                04. THE KILLING FIELDS (Roland Joffe)
                                                05. DAS UNBESIEGBARE SCHWERT (Ronny Yu)
                                                06. ADAGIO (Stefano Sollima)
                                                07. BILLY ELLIOT (Stephen Daldry)
                                                08. IL DIVO (Paolo Sorrentino)
                                                09. BLOND (Andrew Dominik)
                                                10. LES MISERABLES (Claude Lelouch)

                                                TOP TEN DVD/STREAMING (Rewatch)

                                                01. PAT GARRETT & BILLY THE KID (Sam Peckinpah)
                                                02. SINDBAD, DER SEEFAHRER (Richard Wallace)
                                                03. HERZKÖNIG (Philippe de Broca)
                                                04. DER LETZTE MOHIKANER (Michael Mann)
                                                05. YOJIMBO (Akira Kurosawa)
                                                06. EIN GEHEIMNIS (Claude Miller)
                                                07. SCHWARZER SONNTAG (John Frankenheimer)
                                                08. DIE ERSTE KUGEL TRIFFT (Russell Rouse)
                                                09. LAND DER SCHWARZEN SONNE (Bob Rafelson)
                                                10. SNATCH (Guy Ritchie)

                                                TOP TEN SERIEN

                                                01. BOSCH
                                                02. SEINFELD
                                                03. RIPLEY
                                                04. TOKYO VICE
                                                05. GUNPOWDER
                                                06. 3 BODY PROBLEM
                                                07. GODLESS
                                                08. TULSA KING
                                                09. LOUDERMILK
                                                10. SCHLEUDERGANG

                                                FLOP TEN

                                                01. MEGALOPOLIS (Francis Ford Coppola)
                                                02. OPERATION VALHALLA (Lou Antonio)
                                                03. LOST WORLD - DIE LETZTE KOLONIE (Lee H. Katzin)
                                                04. THANKSGIVING (Eli Roth)
                                                05. DIE INSEL DER BLUTIGEN PLANTAGE (Kurt Raab)
                                                06. BOUNTY HUNTER - DER KOPFGELDJÄGER (Robert Ginty)
                                                07. LEDERSTRUMPF (Donald Shebib)
                                                08. BURNING SPEED (Karzan Kader)
                                                09. HAI-ALARM AM MÜGGELSEE (Leander Haußmann & Sven Regener)
                                                10. THE DO-OVER (Steven Brill)

                                                VIELEN DANK FÜR DIE ERKENNTNISREICHE AKTION UND KOMMT ALLE GUT NACH 2025!

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                                                  EddieLomax 30.12.2024, 09:19 Geändert 30.12.2024, 09:37

                                                  THE IROQUOIS TRAIL von Phil Karlson basiert auf den Lederstrumpf-Erzählungen von James Fenimore Cooper und bedient sich in der Hauptsache beim Roman-Klassiker DER LETZTE MOHIKANER, nimmt sich jedoch viele Freiheiten. Hawkeye wird hier von George Montgomery verkörpert, der die Rolle zwei Jahre später in THE PATHFINDER von Sidney Salkow noch einmal spielte und somit der einzige Schauspieler ist, der in zwei Kinofilmen zu dieser literarischen Figur wurde. Sein Blutsbruder Chingachgook trägt in der vorliegenden Bearbeitung des Stoffes den ebenfalls aus den Büchern bekannten Namen Sagamore und wird von Monte Blue dargestellt. Die beiden Töchter des Colonels verschmelzen hier zu einer Person, besetzt mit Brenda Marshall, die sich mit einem Handkuss von der Leinwand verabschiedet, in ihrer letzten Rolle. Die mit einigem Aufwand hergestellte Produktion kann sich sehen lassen und erreicht beinahe die Qualität der Version von 1936 mit Randolph Scott in der Hauptrolle. Unter Karlson's straffer Regie wird zunächst der historische Hintergrund des Siebenjährigen Krieges (French-Indian-War, 1754 bis 1763), inklusive der politischen und militärischen Taktiken erklärt, währenddessen die handelnden Figuren in Position gebracht. Zugunsten der Spannung werden, wie damals übliche Praxis, große Teile der Vorlage, sowie Namen verändert oder schlicht ignoriert, was dem Vergnügen keinen Abbruch tut. Unterhaltung steht klar im Vordergrund. George Montgomery gefällt mir als Hawkeye um ein vielfaches besser, als in unzähligen seiner Western. Über den schwachsinnigen deutschen Kino-Titel kann man nur den Kopf schütteln, ob der völligen Ignoranz gegenüber der Vorlage und des Sujets.

                                                  https://www.moviepilot.de/liste/alias-natty-bumppo-eddielomax

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                                                    EddieLomax 29.12.2024, 23:10 Geändert 29.12.2024, 23:12

                                                    THE CONVERT von Lee Tamahori (auch Co-Autor) führt den Zuschauer ins Neuseeland des Jahres 1830 und ist bereits der dritte Film des Regisseurs, in dem er die Geschichte seines Landes und die Lebensweise seiner Ureinwohner zu ergründen versucht. Im zeitgenössischen ONCE WERE WARRIORS (1995) ging es um die sozialen Missstände der heutigen Gesellschaft, während MAHANA (2016) die Ursprünge der Unabhängigkeit in der Mitte des 20. Jahrhunderts beleuchtete. Tamahori ist selbst zu einem Teil Māori.

                                                    "Seit über 500 Jahren kämpfen die Māori mit Hieb- und Stichwaffen. Im 19. Jahrhundert erwarben sie Musketen ... und das Christentum."

                                                    Der Laienpfarrer Thomas Munro (Guy Pearce) kommt auf einem Handelsschiff nach Neuseeland, wo er den Siedlern spirituellen Beistand leisten soll, denn hier am Ende der Welt gibt es kaum etwas, an dem sich die Leute festhalten können. Zwischen der rauen See und dem Urwald gibt es für die kleine Gemeinde nur wenige Möglichkeiten zu einer zivilisierten Gemeinschaft zusammenzuwachsen, da kann der Glaube sprichwörtlich Berge versetzen. Doch rundherum leben verschiedene Māori-Stämme, deren Konflikte sich langsam aber sicher zu einem Krieg auswachsen, von dem in erster Linie die Kolonialisten profitieren. Als es gefährlich wird, versucht der Neuankömmling zu vermitteln.

                                                    Mit wuchtigen Bildern und starker Atmosphäre schildert Tamahori ein authentisches, klassisch erzähltes Abenteuer und lenkt den Blick nach der Einführung seiner Figuren mehr und mehr auf das Miteinander des Naturvolkes, schwelgt immer wieder in überwältigenden Panoramen der atemberaubenden Landschaften, zeigt den Stammes-Alltag und die traditionellen Riten, sowohl mit respektvoller Erhabenheit, als auch in ihrer Grausamkeit. Bereits zu Beginn gerät der Protagonist in eine blutige Auseinandersetzung zwischen zwei Māori-Gruppen. In der Gewaltdarstellung ist der Film nicht gerade zimperlich, was sich im Verlauf der über weite Strecken ruhig und konzentriert erzählten Geschichte noch intensiviert, wenn die Fehde zwischen den Stämmen eskaliert.

                                                    Zwar bedient sich Tamahori einer weißen Person um dem Zuschauer die Kultur nahe zu bringen, doch als zweite Hauptfigur wird eine junge Māori-Frau etabliert, deren Schicksal für den Verlauf der Handlung entscheident sein wird. Mit reichlich Schauwerten ausgestattet, kann der Film schon durch seine visuelle Opulenz beeindrucken, doch auch inhaltlich wird viel geboten. Neben Kritik an der Kolonialpolitik Großbritanniens werden auch existenzielle Fragen gestellt, wobei die Position der Ureinwohner in den Fokus gerückt wird.

                                                    Leider hat es auch dieser Film nicht auf die deutschen Kino-Leinwände geschafft, wobei man sich fragen könnte, über welche Qualitäten man noch verfügen muss, um dafür geeignet zu sein.

                                                    https://www.moviepilot.de/liste/western-down-under-eddielomax

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