EddieLomax - Kommentare
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Alle Kommentare von EddieLomax
THE LIVES OF A BENGAL LANCER von Henry Hathaway brachte dem Haus-Regisseur von Gary Cooper die einzige Oscar-Nominierung seiner Karriere ein, der Film selbst wurde in insgesamt sieben Kategorien nominiert, gewinnen konnten ihn die beiden Regie-Assistenten Paul Wing und Clem Beauchamp. Hathaway hatte zur Vorbereitung dokumentarisches Material in Indien an Original-Schauplätzen gedreht, während die Haupt-Dreharbeiten in Kalifornien und in den Paramount-Studios stattfanden. Anderen Quellen zufolge stammt das indische Bildmaterial von KING KONG-Regisseur Ernest B. Schoedsack, der den Film ursprünglich machen wollte.
Gary Cooper gibt einen unangepassten, kanadischen Offizier des 41. Bengal Lancer Regiments in Nordwest-Indien und tritt hier ganz ungewohnt mit Stiftbärtchen auf, wie man es sonst von Clark Gable kennt. An seiner Seite agieren der charmante Franchot Tone als intellektueller und stets zu Scherzen aufgelegter Sidekick des Leading Man, während Richard Cromwell als komplexbeladener Sohn des Kommandanten das Trio vervollständigt. Viel Zeit wird darauf verwendet, die Figuren zu etablieren und den Garnisons-Alltag zu zeigen, während die eigentliche Mission der drei Freunde erst in der letzten halben Stunde des knapp zweistündigen Werkes stattfindet. Das actionreiche, grandios inszenierte Finale entschädigt schließlich für manche Länge.
Die aufwändige Produktion basiert auf einem Roman von Francis Yeats-Brown und feiert soldatische Werte wie Kameradschaft und Heldenmut, was ihn zu einem häufig gesehenen Lieblingsfilm Hitlers werden ließ, der ihn sogar zu Schulungszwecken der HJ vorführte, wofür das klassische Hollywood-Abenteuer natürlich nichts kann. Der Erfolg führte jedenfalls zu einer Reihe weiterer, ähnlich gelagerter, im kolonialen Indien spielender Filme, an denen der Zahn der Zeit meiner Meinung nach etwas weniger genagt hat, wie bspw. THE CHARGE OF THE LIGHT BRIGADE (Michael Curtiz, 1936) mit Errol Flynn oder GUNGA DIN (George Stevens, 1939) mit Cary Grant. In den 50er Jahren kam es schließlich zu einem Farbfilm-Comeback derartiger Stoffe wie KING OF THE KHYBER RIFLES (Henry King, 1953) mit Tyrone Power und BENGAL BRIGADE (Laszlo Benedek, 1954) mit Rock Hudson.
A FAMILY THING ist eine Tragikomödie von Richard Pearce, wobei der Drama-Anteil klar überwiegt, denn der auf einem Drehbuch von Co-Autor Billy Bob Thornton basierende Film hat richtig was zu sagen. Earl Pilcher (Robert Duvall) betreibt gemeinsam mit seinem Vater eine Tankstelle im ländlichen Arkansas. Als seine Mutter stirbt, hinterlässt sie ihm einen Brief, der ihn über seine wahre Herkunft aufklärt. Sie war gar nicht seine leibliche Mutter, sondern er ist das Kind einer schwarzen Hausangestellten, die von seinem Vater vergewaltigt wurde und bei seiner Geburt starb. Earl hat einen älteren Halbruder, den er nun finden soll, weil es ihr letzter Wille war.
Ray Murdock (James Earl Jones), ein in Chicago lebender Polizist, bekommt eines Tages Besuch. Soweit die Ausgangslage eines Films, in dem die großen gesellschaftlichen Fragen im kleinen abgehandelt werden. Es geht nicht allein um Herkunft und Identität, auch um Rassismus und Toleranz, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe. Beide Brüder sind Männer weit jenseits der 50, beide sind gezwungen ihre Lebensentwürfe zu überdenken und beide müssen sich verändern, um mit der neuen Realität zurechtzukommen. Diesbezüglich ist der Film unheimlich aktuell und in seiner Aussage zeitlos. Wenn das dann noch so grandios dargeboten wird, wie von den beiden Oscar-Preisträgern, erhält der Zuschauer absolut sehenswertes Schauspielerkino.
BRONCO BUSTER von Budd Boetticher stellt den Übergang des Regisseurs vom Sportfilm- zum Western-Experten dar, indem er auf Authentizität achtet, die er durch die Verwendung von dokumentarischem Material und die Beteiligung echter Rodeo-Champions (Casey Tibbs u.a.) erreicht, was eine zur Entstehungszeit recht ungewöhnliche Vorgehensweise war. So erscheinen einige der halsbrecherischen Szenen, wie das finale Rodeo-Duell mit zwei Stieren gleichzeitig, als komplett wahnsinnig und vor allem lebensgefährlich.
Der Rodeo-Champion Tom (John Lund) kehrt nach längerer Abwesenheit in die Arena zurück, wo er auf seine Geliebte Judy (Joyce Holden) und ihren Vater Dan (Chilli Wills), einen alten Rodeo-Clown trifft. Die beiden haben sich in letzter Zeit des aufstrebenden Jungspunds Bart (Scott Brady) angenommen, der gerne der nächste Champion werden will. Tom beginnt ihn zu protegieren, aber bald steigt Bart der sich einstellende Erfolg zu Kopf.
Eine klassische Sportfilm-Dramaturgie also und gleichzeitig einer frühesten Vertreter eines Sub-Genres, dass im selben Jahr mit THE LUSTY MEN (Nicholas Ray), der allerdings erst danach in die Kinos kam, seine Initialzündung bekommen sollte. Zudem nimmt Boetticher mit Brady's Figur den Typus des unangepassten Rebellen vorweg, der die Leinwände der 50er Jahre in Gestalt von Brando, Dean, Newman und Co. von nun an bevölkern sollte, auch wenn hier am Ende noch die Einsicht in Form einer Anpassung an die Gemeinschaft stattfindet. Viele der hier bereits angelegten Themen sollte der Regisseur in seinen späteren Western mit Randolph Scott wieder aufgreifen und vertiefen.
https://www.moviepilot.de/liste/sweetheart-of-the-rodeo-eddielomax
PILE OU FACE von Robert Enrico lebt von der Dynamik seiner Stars Philippe Noiret und Michel Serrault, wobei letzterer als Büro-Angestellter unter Mordverdacht gerät, seine Frau aus dem Fenster gestoßen zu haben und von nun an ersteren, einen hartnäckigen Kriminal-Inspektor, als ständigen Begleiter hat. Wie sich die beiden anziehen und abstoßen, sich austricksen und umschleichen, ist schon Meisterklasse, denn im Prinzip stecken beide, obwohl auf verschiedenen Seiten, in derselben Situation als verwitwete Männer im mittleren Alter. Das birgt viel Potential für Absurditäten und, bei allem Ernst, humorvolle Momente in denen deutlich wird, dass sie sich eigentlich gar nicht so unähnlich sind, sich sogar anfreunden könnten. Während zunächst völlig ungewiss ist, ob es überhaupt einen Mord gab, beginnt der Verdächtige doch im Laufe der Ermittlungen immer mehr Freude an seiner aufkommenden kriminellen Energie zu entwickeln, während der kurz vor der Pensionierung stehende Bulle völlig offen mit seinen Unzulänglichkeiten umgeht. Seine Spannung bezieht der Kriminalfilm einerseits aus seiner klaren Struktur, der Verlauf der Ermittlungs-Arbeit wird nach vergehenden Wochentagen eingeteilt, sowie aus der Intensivierung der Beziehung von Polizist und Tatverdächtigem, dessen Motiv immer deutlicher zu Tage tritt. In der arte-Mediathek.
LES 3 MOUSQUETAIRES von André Hunebelle ist so etwas wie Frankreichs Antwort auf THE THREE MUSKETEERS (George Sidney, 1946), dem unerreichten Hollywood-Klassiker mit Gene Kelly und Lana Turner. Vor allem zu Anfang kann man stilistisch die große Nähe dazu erkennen, was natürlich in der Vorlage begründet liegt, doch Hunebelle war der denkbar beste Mann für die Aufgabe aus Alexandre Dumas' berühmtem Roman ein erfolgreiches Kino-Abenteuer zu machen, empfahl sich mit seiner publikumswirksamen Arbeitsweise als Spezialist für das Genre des Mantel- und Degenfilms und brachte später noch weitere Werke des Autors erfolgreich (meist mit Jean Marais) auf die Leinwand. Georges Marchal ist ein perfekter D'Artagnan, an seiner Seite gibt 'Peppone' Gino Cervi den Porthos und Bourvil den findigen Diener Planchet, was für reichlich humorvolle Abwechslung sorgt. Ein allwissender Erzähler (Claude Dauphin) sorgt dafür, dass die episodische Handlung des oft als Zweiteiler verfilmten Stoffes nicht ausufert und begleitet die Helden mit süffisantem Unterton, was den komödiantischen Einschlag unterstreicht. Sicherlich fehlt dem Film die berückende Leichtigkeit von Kelly's tänzerischem Charme, sowie die Star-Power seiner Antagonistin Lady de Winter (Turner), auch bleiben die Musketiere selbst stets in der zweiten Reihe, aber dennoch kann diese vergnügliche Variante zu den besten filmischen Umsetzungen des Evergreens gezählt werden. Marchal trat später noch in zwei weiteren Musketier-Filmen auf und der Regisseur kehrte am Ende seiner Karriere mit einer zweiteiligen Parodie auf diesen Film, WIR VIERE SIND DIE MUSKETIERE (Les quatre Charlots mousquetaires, 1974) und HILFE, MEIN DEGEN KLEMMT (À nous quatre, Cardinal !, 1974) nochmals dahin zurück.
BULL DURHAM von Sportfilm-Spezialist Ron Shelton kommt heutzutage geradezu entschleunigt daher und kann prima als Beispiel dafür herhalten, wie sich nicht nur die Art Filme zu machen, sondern auch die Sehgewohnheiten verändert haben. Die scheinbare Langsamkeit der Erzählung könnte man auch als Entspanntheit bezeichnen, während der frivole Witz des Dialogs heute weit unterhalb der Gürtellinie läge. ANNIES MÄNNER ist der erste Teil von Kevin Costner's persönlicher Baseball-Trilogie, aber ebenfalls eine Sex-Komödie, was sich in Susan Sarandon's Figur Annie Savoy manifestiert, deren Lebensinhalt die Auslebung ihrer erotischen Gelüste, vornehmlich mit deutlich jüngeren Spielern ist, die sie mit Intelligenz und Verführungkünsten prägt und motiviert, wobei ihr neuester Schwarm der etwas minderbemittelte 'Nuke' LaLoosh (Tim Robbins) ist. Wo sind solche selbstbestimmt agierenden Frauenfiguren heute? Hier wirkt nichts aufgesetzt oder intendiert, Annie ist echt und zutiefst glaubwürdig, mit all ihren Schwächen, die ihr ebenso zugestanden werden wie ihre Überlegenheit gegenüber den meisten Männern. Costner gibt im Alter von 33 Jahren bereits den alten Hasen 'Crash' Davis, der alles gesehen hat, der Mann war einfach immer schon erwachsen. Ron Shelton, der auch das Drehbuch schrieb, stellt sich in die Tradition der alten Meister wie Howard Hawks, verbindet in leichtem Ton kleine, individuelle Geschichten mit dem liebevollen Blick auf die menschlichen Eigenheiten von Charakteren, die einem schnell ans Herz wachsen. Der Rest ist Americana an Nebenschauplätzen mit viel Lokalkolorit, viel Musik und Tim Robbins in Strapsen.
https://www.moviepilot.de/liste/for-the-love-of-the-game-eddielomax
Meine persönliche Meinung möchte ich einfach mal ungefragt kundtun, denn da will etwas raus und dies ist der beste Ort dafür:
Nach den neuesten Entwicklungen lässt sich sagen, dass James Bond, wie wir ihn kannten, nunmehr der Vergangenheit angehört. Da trifft es sich gut, dass er von Daniel Craig (in vielerlei Hinsicht) bereits zu Grabe getragen wurde. Es kann nach den letzten drei Filmen kaum ein Zweifel daran bestehen, dass die Reihe auserzählt war, was spätestens klar wurde, als den Filmen der Craig-Ära ein völlig willkürlich erscheinender, übergeordneter Handlungsbogen verpasst wurde. Das Gefühl, welches ich nach NO TIME TO DIE hatte, wurde mit dieser jüngsten Entscheidung komplett bestätigt. Das war's für mich. Ich bin raus. R.I.P. und Danke für die Aufmerksamkeit.
MANDRIN, BANDIT GENTILHOMME von Jean-Paul Le Chanois (LES MISÉRABLES, 1958) ist die Verfilmung eines Romans von Arthur Bernède, der die bislang fünfmal für die Leinwand adaptierte Geschichte des historisch verbürgten Räubers und Banditen Louis Mandrin (1725 - 1755) erzählt, eines französischen Robin Hood, der es den Reichen nahm und den Armen gab. Die in unseren Breitengraden wenig bekannte Legende wird hier ganz im Stil des klassischen Mantel- und Degenfilms als Abenteuer-Komödie erzählt, leicht im Ton, geradezu heiter und beschwingt, rasant und voller Action. In der Titelrolle ist ein viriler Georges Rivière zu erleben, der ein paar Jahre später eindrucksvoll als einer der ersten Italo-Western-Bösewichte in Sergio Corbucci's MINNESOTA CLAY (1964) glänzen konnte. Hier steht er vollkommen in der Tradition der großen Hollywood-Helden wie Douglas Fairbanks oder Errol Flynn als stets gut gelaunter, reitender und springender, liebender und fechtender Kämpfer für die gerechte Sache. Der deutsche Titel suggeriert einen Musketier-Film, was kompletter Blödsinn ist. Die deutsche Fassung ist zudem stark gekürzt und wirkt dadurch etwas gehetzt, die französische Originalversion ist um einiges länger. Dennoch ist das schwungvoll inszenierte Abenteuer ein großer Spaß. Die deutsche Kino-Version gibt's hier auf YouTube (während die französische als Teil der Pidax-Filmklassiker auf DVD erhältlich ist):
https://m.youtube.com/watch?v=NqBxI5WZMyo
LE COMTE DE MONTE-CRISTO von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière (LE PRÉNOM, 2013) ist nach ihrer Funktion als Drehbuchautoren für die letztjährige Neu-Adaption des Zweiteilers LES TROIS MOUSQUETAIRES (Martin Bourboulon, 2023) nun ihre Version eines weiteren Roman-Klassikers von Alexandre Dumas. Dieses mal saßen sie auch selbst wieder auf dem Regie-Stuhl und ihnen gelang nichts weniger als der in ihrem Heimatland Frankreich erfolgreichste Film des Jahres 2024, der sich sogar in den deutschen Kinos beachtlich schlägt. Allein vierzehn Nominierungen für den französischen Filmpreis stehen für diese brilliante Verfilmung des häufig für die Leinwand bearbeiteten Stoffes zu Buche, womit wieder einmal der Beweis erbracht wäre, dass DER GRAF VON MONTE CHRISTO einfach nicht totzukriegen ist. In der zeitgemäßen Bearbeitung werden andere Schwerpunkte als in früheren Filmen gesetzt, es gibt Veränderungen und Aussparungen, sowie deutliche Abweichungen von der berühmten Vorlage, aber am wichtigsten ist, dass es funktioniert. Und wie! Das dreistündige Epos ist keine Minute zu lang, dabei immer packend und berührend, was vor allem an Pierre Niney liegt, der hier seine enorme Wandlungsfähigkeit zeigt. So hat eine Klassiker-Verfilmung auszusehen!
Heute würde Regie-Legende Robert Altman seinen 100. Geburtstag 🎂 feiern!
Er war einer der bedeutendsten Vertreter des NEW HOLLYWOOD und konnte, nach einer Durststrecke, seine Karriere bis ins hohe Alter erfolgreich fortsetzen, sodass bei jedem seiner späteren Filme die Stars Schlange standen.
Sein letzter Film, der diesen Kommentar erhält, ist für mich ein perfektes Requiem und zugleich einer seiner schönsten.
WOMAN THEY ALMOST LYNCHED von Allan Dwan spielt während des Amerikanischen Bürgerkriegs in einer kleinen Stadt names Border City, durch welche sich die Staatengrenze zwischen Arkansas und Missouri zieht. Ausgestattet mit Blei-Minen erhält die findige Bürgermeisterin Delilah Courtney (Nina Varela) ihrer Stadt einen neutralen Status, indem sie ihr Blei sowohl an die Armeen der Nord- als auch der Süd-Staaten verkauft. Als die junge Sally Maris (Joan Leslie) nach Border City kommt, um bei ihrem Bruder, einem Saloon-Betreiber zu leben, ist sie nach dessen Tod gezwungen zu bleiben. In Kate (Audrey Totter), der Frau des Südstaaten-Marodeurs Quantrill (Brian Donlevy) findet sie eine erbitterte Rivalin.
Einer der frühesten Western, in denen starke Frauen im Mittelpunkt stehen, sogar noch vor JOHNNY GUITAR (Nicholas Ray, 1954). Allan Dwan macht sich über Genre-Klischees und Stereotypen lustig und legte seinen Film bewusst als Komödie an, allerdings ohne Schauspielern und Produzenten etwas davon zu verraten. Das sorgt für Glaubwürdigkeit und Intensität, weil alle Beteiligten spürbar ernst nehmen, was sie da tun. Es gibt ganz genretypische Duelle und Schlägereien zwischen den Protagonistinnen, sowie ein paar ungewöhnliche Gesangsszenen von Audrey Totter, was für reichlich Abwechslung, Spannung und Action sorgt.
Der nominelle Hauptdarsteller John Lund spielt nur eine Nebenrolle als männliches Love Interest von Joan Leslie, wodurch Dwan die Rollen-Umkehr perfekt macht. Brian Donlevy gibt nach dem Audie-Murphy-Western KANSAS RAIDERS (Ray Enright, 1950) ein zweites Mal den berüchtigten Guerilla-Führer Charles Quantrill und an seiner Seite bewegen sich hier wie dort historische Figuren wie Jesse James (Ben Cooper) und Cole Younger (Jim Davis). Anspruch auf geschichtliche Authentizität sollte man dennoch nicht erheben.
Gibt's in guter Qualität auf YouTube (bei dem man die nachkolorierte Farbe getrost wieder herausnehmen kann, denn es ist ein Schwarzweiß-Film):
https://m.youtube.com/watch?v=CeGxHhvmjP8
LA BELVA COL MITRA war der letzte Film von Sergio Grieco und wirkt wie die kinematographische Verbildlichung des Stinkefingers an die Branche. Ins öffentliche Bewusstsein meiner Generation trat DER TOLLWÜTIGE natürlich über Quentin Tarantino's JACKIE BROWN (1997), aber zu sehen war er lange nirgends, ergo, ein Kultfilm den keiner gesehen hat. Mittlerweile ist das Ding über verschiedene Kanäle verfügbar und aktuell in feinstem HD und in deutscher Sprache via YouTube. Man muss schon sagen, dass der Reißer bei allen Schwächen die er zweifellos hat, ungemein von seiner Atmosphäre profitiert, dem einnehmenden Soundtrack und manchen unheimlich stark inszenierten Szenen, sein herausstechendes Highlight jedoch der komplett frei drehende Helmut Berger ist, der dem Wahnsinn ein Gesicht gibt. Wie er hier marodiert und eskaliert ist die pure Naturgewalt, ein völlig entfesselter Psychopath, wie er im Buche steht, schon allein dafür muss man es gesehen haben. Eine weitere Lücke kann geschlossen werden:
https://m.youtube.com/watch?v=0azvegPElAw
THE SAILOR WHO FELL FROM GRACE WITH THE SEA von Lewis John Carlino ist die Verfilmung eines Romans des Japaners Yukio Mishima, dessen Leben selbst Stoff für einen Film bot (MISHIMA, Paul Schrader 1985). Die Handlung wurde nach Süd-England verlegt, dementsprechend manches Detail verändert. Carlinos Hauptaugenmerk liegt dabei klar auf der Figur des Kindes, durch dessen Augen wir ein Coming-of-Age-Drama erleben, dass sich zur Tragödie griechischen Ausmaßes wandelt, angelehnt an die Geschichte des Ödipus. Kamera-Ass Douglas Slocombe findet fantastische Bilder voller Poesie, untermalt vom behutsamen Score John Mandels. Sarah Miles glänzt einmal mehr mit dem Portrait einer außerhalb der Gesellschaft stehenden Frau, deren Dasein als alleinerziehende Witwe die Rolle in ihrem Umfeld bestimmt. Auch Kris Kristofferson ist mit seinem rauen Charme punktgenau als der titelgebende Seeman besetzt. Unter der Oberfläche werden viele psychologische Grenzbereiche verhandelt, womit sich die Geschichte irgendwo zwischen LORD OF THE FLIES und EDEN LAKE einordnen lässt. Ein ruhiger, betörend schöner Film mit fieser Pointe, vergessen und ungeliebt, bereit zur Entdeckung.
"…tick… tick… tick…" von Ralph Nelson entstand in der Atempause zwischen dem vielfach preisgekrönten IN THE HEAT OF THE NIGHT (Norman Jewison, 1968) und SHAFT (Gordon Parks, 1971), welcher dem Black Cinema einen Turboantrieb verpasste, der das Kino nachhaltig verändern sollte. In der Pre-Blaxploitation-Phase interessiert sich Nelson weniger für Thrill und Action, vielmehr versucht er ein Zeichen gegen Rassismus und für demokratische Werte und Toleranz zu setzen. Dabei stellt er in seinem spannendem Gesellschaftsdrama den neu gewählten Sheriff Jim Price (Jim Brown) in den Mittelpunkt, der sich in einer kalifornischen Kleinstadt Ansehen und Respekt erkämpfen muss, allen Ressentiments zum Trotz, wobei er auf scheinbar verlorenem Posten steht, bis ihm sein Amtsvorgänger John Little (George Kennedy) Beistand leistet. Im gleichen Jahr artikulierte der Regisseur mit SOLDIER BLUE erneut unbequeme Wahrheiten, allerdings deutlich schonungsloser als hier, wo er doch wesentlich subtiler ans Werk geht. Ich hatte den Film bereits als Heranwachsender einmal gesehen und in positiver Erinnerung behalten und bin nun hocherfreut, ihn auf YouTube gefunden zu haben. Es ist geradezu erstaunlich, wenn man erkennt wodurch man so geprägt wurde, denn auch heute noch ist es ein intelligenter, durch und durch menschlicher, geschmeidig inszenierter Film mit starker Besetzung (Fredric March, Don Stroud, Bernie Casey u.v.m.) und einem Soundtrack zum niederknien. Manche Szenen entwickeln ohne jede Effekthascherei noch immer eine Power, die Gänshaut verursacht. Ein starkes Stück, hier zu sehen:
https://m.youtube.com/watch?v=ztoluszPOkE
SAM WHISKEY von Arnold Laven ist ein entspannt-vergnüglicher Western-Schwank mit Burt Reynolds als ausgekochtes Schlitzohr Sam Whiskey, dass sich von der scharfen Witwe Laura (Angie Dickinson) zu einem Abenteuer mit ungewissem Ausgang "überreden" lässt. Da er dabei Hilfe benötigt, engagiert er den gelangweilten Schmied Jedidiah (Ossie Davis) und einen alten Freund aus Kriegstagen O.W. (Clint Walker), der mittlerweile seine Bestimmung als Erfinder gefunden hat. Dummerweise sind noch weitere Parteien im Spiel, die dem Gelingen im Wege stehen.
Burt Reynolds hatte ja immer schon den Schalk im Nacken, was neben seinem unbestreitbaren Talent der Hauptgrund für seine lang anhaltende Beliebtheit gewesen sein dürfte. Hier hatte er seinen ersten Auftritt in einer Komödie, welcher nach dem Erfolg noch viele weitere folgen sollten. Angie Dickinson gibt sich sehr lasziv und freizügig, musste gar zensiert werden, während Clint Walker als intellektueller Tüftler wunderbar gegen den Strich besetzt ist.
Betrachtet man den Entstehungszeitraum des Films fällt auf, dass SAM WHISKEY als Mix aus klassischer Gauner-Posse und Heist-Movie noch sehr dem alten Hollywoodstil verpflichtet ist und abgesehen von einigen Zugeständnissen an den Zeitgeist genauso auch mindestens zehn Jahre früher hätte gedreht werden können. Vergleicht man ihn jedoch mit dem ähnlich gelagerten und nur drei Monate später gestarteten, ungleich moderneren Vertreter des New Hollywood BUTCH CASSIDY AND THE SUNDANCE KID (George Roy Hill, 1969), erscheinen die Unterschiede in Form und Inhalt erheblich.
FRAMED von Phil Karlson, dessen letzter Film es war, vereint ihn nach dem durchschlagenden Erfolg von WALKING TALL im Jahr zuvor erneut mit seinem Star Joe Don Baker und führt ihn zudem zurück nach Tennessee, dem Ort des Geschehens im Vorgängerfilm. Auch hier ist Korruption bis in höchste politische Kreise Thema für einen Neo Noir Krimi, der sich zum handfesten Actionfilm entwickelt und in seiner Gewaltdarstellung wenig zimperlich vorgeht, weshalb das Werk für viele Jahrzehnte auf dem Index stand. Ein gutmütiger Barbesitzer ist am falschen Ort zur falschen Zeit, wird unschuldig zum Opfer eines Verbrechens, von Justiz und Polizei zum Täter erklärt und wandert für vier Jahre in den Knast. Als er rauskommt kennt er nur noch ein Ziel, nämlich alle, die ihn gelinkt haben zur Rechenschaft zu ziehen. Unterstützt wird er dabei von einem ehrlichen Cop und einem Gangster, den er in der Haft kennengelernt hat. Der Reißer ruht ganz in sich und verlässt sich vollkommen auf seine schmucklose Geradlinigkeit, während der Koloß Baker vom spielfreudigen Optimisten mehr und mehr zur wütenden Dampfwalze mutiert.
THE BRUTALIST von Brady Corbet zeigt eigentlich zwei Filme in einem, und das ist nicht nur strukturell gemeint, denn rein narrativ betrachtet teilt er sich durch die Intermission in die beiden klar voneinander abgetrennten Hälften auf, zudem verfügt er, gänzlich dem klassischen Monumentalfilm verpflichtet, über eine Ouvertüre und einen Epilog. Rein formal ist der Anspruch also schonmal gesetzt, doch auch in anderer Hinsicht erleben wir zwei Filme, nämlich den Film, den wir sehen und jenen, den wir nicht sehen, also einmal das, was gezeigt wird und das, was nicht sichtbar ist.
Die mit dem Auge wahrnehmbare äußere Schicht schildert im ersten Teil die Ankunft des ungarischen Flüchtlings Laszlo Toth im New York des Jahres 1947, seine Schwierigkeiten Fuß zu fassen, schließlich die Vereinigung mit seinen Verwandten, die ihn aufnehmen und unterstützen. Nachdem wir von seiner Profession erfahren haben, erhält er von einem reichem Mäzen den Auftrag eine kulturelle Begegnungsstätte in seiner Funktion als Architekt zu entwerfen und zu erbauen. Der zweite Teil erzählt von der lange erhofften und nur unter Schwierigkeiten zu realisierenden Wiedervereinigung mit seiner Familie, sowie den problematischen Bedingungen bei der Verwirklichung seiner künstlerischen Vision, die immer wieder durch äußere Umstände, aber auch durch ihn selbst sabotiert wird.
Die Verwendung des hier erstmals seit dem Anfang der 1960er Jahre eingesetzten VistaVision-Formats, der letzte Film war der Western ONE-EYED JACKS (Marlon Brando, 1961), sorgt für größtmögliche Nähe zu den Protagonisten und ermöglicht einen geradezu sezierenden Blick auf ihr Innenleben. In den hochauflösenden, entsättigten, dabei reduzierten, perfekt ausgeschnittenen Bildern transportiert der Regisseur trotz äußerlicher Aufgeräumtheit hochkomplexe Inhalte, womit wir zum anderen, objektiv betrachtet unsichtbaren Film kommen, der komplett suggestiv, über die Tonspur unterfüttert durch den Einsatz atonaler Musik abläuft.
Hier erzählt Corbet seine eigentliche Geschichte. Die Geschichte eines Menschheitstraumas verursacht durch den Holocaust der, abgesehen vom erklärenden Epilog, niemals Erwähnung findet, obwohl er unterschwellig stets präsent und spürbar ist. Hier erklärt sich auch die vielfach gewürdigte Darstellungsleistung von Adrien Brody. Seine Figur ist zwar Anker und Seele des Films, bleibt aber über die gesamte dreieinhalbstündige Laufzeit nur schwer greifbar in ihrer Ambivalenz. Seine Darbietung drückt sowohl die geographische Entwurzelung als auch die innere Zerrissenheit der Figur aus, wiewohl sie zum Kern des Traumas vordringt, was sich zunehmend an dem Punkt der Geschichte verdeutlicht, als im zweiten Teil Frau und Nichte in Amerika eintreffen und seinen Schmerz spiegeln, ihm ein Gesicht geben.
Doch es passiert noch mehr und auch dies in vielerlei Hinsicht. Hier begegnen wir dem Ausdruck menschlicher Empathie auf drei Ebenen. Da ist zunächst die Aufnahme der Überlebenden nach langer Reise voller Unwägbarkeiten in ein Land, welches zwar den existenziell Hilfsbedürftigen Raum und Möglichkeit bietet, sie jedoch allzu schnell sich selbst überlässt, was den wenigsten die Chance gibt, die eigene Lebenssituation aus eigener Kraft zu verbessern. An nächster Stelle kommen jene, die das Glück haben, durch Verwandtschaftsverhältnisse an Wohnraum und in Lohn und Brot zu kommen, wodurch das überleben gesichert wäre, wenn auch als Bürger zweiter Klasse.
Das führt in dritter Instanz zur Willkommenskultur durch die Einheimischen und Etablierten, deren Hilfsbereitschaft erstmal durch Eigenleistung angekurbelt werden muss, sich oberflächlich als großzügig erweist, schlussendlich jedoch permanent auf schmalem Grat zwischen moralischer Unterstützung und Ablehnung bewegt, und das in völliger Missachtung des persönlichen Hintergrunds, inklusive der Leidensgeschichte ihrer vermeintlich Schutzbefohlenen. Einer Leidensgeschichte die sich hier in der Vision des Künstlers Bahn bricht und darin ihren unverwechselbaren Ausdruck findet.
Vielmehr wird die mentale Instabilität schamlos ausgenutzt, sowohl in psychologischer, als auch in körperlicher Art und Weise, wobei auch hier vieles im Verborgenen abläuft, ungesagt bleibt. Diese zelebrierte Sprachlosigkeit sorgt neben der bewusst lückenhaften Erzählweise für ein verstörendes Element, welches niemals verschwindet. Es zeugt vom Mut, dem Publikum ein Werk zu präsentieren, welches gleichermaßen dem klassischen Hollywood verpflichtet ist, jedoch andererseits höchste Konzentration einfordert mit der unbedingten Bereitschaft sich auseinanderzusetzen, zu begreifen das vermeintlich einfache Wahrheiten niemals einfach sind, sondern immer komplexen Zusammenhängen unterliegen, die im friedvollen Miteinander Beachtung finden sollten.
Ob es den auflösenden Epilog benötigt hätte, lasse ich mal dahingestellt, muss jedoch konstatieren das THE BRUTALIST trotz seiner enormen Länge keine Minute zu lang ist und die mitgebrachte Zeit wie in Flüge vergehen lässt.
DER AUFENTHALT von Frank Beyer basiert auf Hermann Kant's autobiographischen Roman und schildert die Erlebnisse eines neunzehnjährigen Wehrmachtssoldaten am Ende des Zweiten Weltkrieges. Aufgrund einer Verwechslung während eines Zwischenstopps seines Kriegsgefangenen-Transports wird er in ein polnisches Militärgefängnis gesteckt, wo er sich, zunächst in Einzelhaft isoliert, in Verhören für etwas verantworten muss, von dem er nichts weiß und es ihm auch nicht erklärt wird. Darauf folgt der Weg in die Zwangsarbeit und, nachdem er sich den Arm bricht, die Gemeinschafts-Zelle, wo er sich unter echten Kriegsverbrechern befindet und behaupten muss. Immer dringlicher stellt sich hier die Schuldfrage, zeigt sich die zunehmende Verwirrung des einzig Unschuldigen in einer entrückten Welt, in der er nichts mehr glauben kann, in der sich alle sicher geglaubten Realitäten als unwahr enttarnen, in der sich jeder, und sei er auch noch so freundlich, als Lügner und Gewalttäter entpuppt. Was als Gefangenendrama beginnt, entwickelt sich unter Frank Beyers präziser Regie bald zu einer kafkaesken Parabel, deren zeitlose Botschaft noch lange nachhallt. Sylvester Groth landete gleich mit seiner ersten Film- und Hauptrolle einen absoluten Volltreffer. Wie er die zunehmende Verstörung des Protagonisten verdeutlicht ist geradezu beeindruckend.
ANDA MUCHACHO, SPARA! von Aldo Florio vereint als Italo-Western zu Beginn der späten Phase viele Tugenden des, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eigentlich auserzählten Sub-Genres und bietet mit dem hier sehr charismatisch auftretenden Fabio Testi, in seiner ersten nennenswerten Hauptrolle innerhalb der Gattung, einen aufstrebenden Star des italienischen Kino-Jahrzehnts. Der seltene Film erlangte in Fan-Kreisen einen gewissen Kult-Status, der sich aus verschiedenen Gründen erklärt.
Dabei orientiert sich Florio, wie viele andere Epigonen stark an seinem Vorbild Sergio Leone und dessen DOLLAR-Trilogie, wobei besonders die hochwertige Kamera-Arbeit von Emilio Foriscot (BANDIDOS, Massimo Dallamano, 1967) heraussticht in einem sauber fotografierten Film, der nicht allein visuell zu gefallen weiß. Auch der Soundtrack von Ennio Morricone's Dauer-Kollaborateur Bruno Nicolai untermalt die Szenerie eindrucksvoll und kann ohne weiteres zu dessen besten Arbeiten gezählt werden. Das Drehbuch (Aldo Florio u.a.) bemüht sich lang entscheidende Informationen zurückzuhalten, was der Geschichte vor allem in der ersten Hälfte nicht guttut, doch später einem moderaten Spannungsaufbau dienlich ist, der jedoch durch eine nachlässige Charakterisierung der Hauptfiguren größtenteils untergraben wird, was gerade für Eduardo Fajardo's Potenzial als Bösewicht schade ist.
Was an der einen Stelle somit fehlt, wird an anderer durch die Nutzung von Exploitation-Elementen hinreichend wettgemacht. So gibt es im Verlauf immer wieder mal nackte Tatsachen und ziemlich rabiate Gewalt-Darstellungen zu bestaunen, wobei in erster Linie die Folter-Szenen im Gedächtnis bleiben. Fabio Testi erhält durch die Synchronstimme von Clint Eastwood's Stamm-Sprecher Klaus Kindler einen nicht zu leugnenden akustischen Bonus und der gesamte Film im Finale, welches als direkte und unverblümte Hommage an jenes aus PER UN PUGNO DI DOLLARI (Sergio Leone, 1964) daherkommt, eine überdeutliche Ausrichtung.
Heute würde der wunderbare Jack Lemmon (08.02.1925 - 27. 06.2001) seinen 100. Geburtstag feiern. 🎂
In seiner über fünfzigjährigen Schauspielkarriere wurde er achtmal für den OSCAR* nominiert und konnte ihn, neben vielfachen weiteren Auszeichnungen zweimal gewinnen. Er hinterließ ein Werk von hoher Klassiker-Dichte und erfreute sich zeitlebens großer Beliebtheit, wofür vor allem seine legendäre Zusammenarbeit mit Billy Wilder, sowie die wiederholte Filmpartnerschaft mit seinem Bruder im Geiste, Walter Matthau verantwortlich sein dürfte. Er trat in 57 Spielfilmen auf und konnte in fast allen Genres brillieren, wobei die Komödie seine Königsdisziplin war. Der Ausspruch: "Nobody's perfect!" wird auf ewig mit ihm verbunden sein.
Einen wie ihn, gibt's nie wieder.
THE CHRONICLE HISTORY OF KING HENRY THE FIFTH WITH HIS BATTELL FOUGHT AT AGINCOURT IN FRANCE von und mit Laurence Olivier entstand als positiver Propanganda-Film im fünften Jahr des Zweiten Weltkrieges, die Moral und den Willen der britischen Bevölkerung zu stärken und zum durchhalten zu ermutigen, bis endlich wieder Frieden herrschen würde. Zudem gilt der geradezu perfektionistisch inszenierte Film als Blaupause für alles, was zukünftig an Shakespeare-Adaptionen folgen sollte, wofür es mehrere Gründe gibt.
Da ist einmal die Herangehensweise einen Film als Theaterstück zu eröffnen, welches irgendwann in Film übergeht und später auf die Bühne zurückkehrt, wenn sich der narrative Bogen geschlossen hat. Der Gedanke dahinter war, dem breiten Publikum den Zugang zu den zeitlosen Schriften des Ausnahme-Dichters, dessen Werke zuvor meist Lesern klassischer Literatur und Theaterbesuchern vorbehalten waren zu erleichtern. Ein Vorhaben das von durchschlagendem Erfolg gekrönt war und dem bis dahin als Bühnenschauspieler vergötterten, als Filmstar mittlerweile begehrten Olivier einen Ehren-Oscar einbrachte und die Werke des Mannes aus Stratford-upon-Avon zu beliebten Filmstoffen werden ließ.
Der enorme Einfluss der Verfilmung lässt sich kaum vollumfänglich bemessen. Denn nicht nur ließ der Debütant als Schauspieler und Regisseur dieser Adaption mit HAMLET (1948) und RICHARD III. (1955) zwei weitere bedeutende Bearbeitungen folgen, bald fühlten sich auch andere, vom Theater kommende Filmemacher wie Orson Welles, beginnend mit MACBETH (1948) dazu berufen Shakespeares Stücke der Masse zuzuführen. In Japan übertrug Akira Kurosawa mehrere seiner Dramen, zuerst mit MACBETH als Samurai-Epos KUMONOSO-JÔ (1957) oder zuletzt KING LEAR mit RAN (1985). Kenneth Branagh begründete später mit seiner ebenfalls vielfach preisgekrönten Verbeugung vor dem Werk seines großen Vorbildes Olivier, HENRY V. (1989) seine bis heute anhaltende Regie-Karriere, inklusive vieler Shakespeare-Verfilmungen, und auch so manch anderer Meister des Kinos, wie Franco Zeffirelli (ROMEO AND JULIET, 1968) kehrte immer wieder zu dessen Werken zurück. Roman Polanski verarbeitete mit THE TRAGEDY OF MACBETH (1971) die Ermordung seiner Frau Sharon Tate durch die Manson-Family. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Klar gab es zuvor bereits bekannte Bearbeitungen als Stumm- und später als Tonfilm für die Leinwand, wie bspw. der bis in die Gegenwart beliebte A MIDSUMMER NIGHT'S DREAM (Max Reinhardt, 1935), doch erst mit diesem Film platzte sprichwörtlich der Knoten. Shakespeare wurde zum Kulturgut für wirklich alle und filmhistorisch betrachtet sein eigenes Genre. Es gab unzählige Kinofilme (über 500) und noch mehr Fernseh-Adaptionen, abgefilmte Theater-Aufführungen und viele Modernisierungen, Übertragungen und Inspiration für alle möglichen Genres, vom Western (und Italo-Western) bis zur Highschool-Komödie oder dem Gangsterfilm. Kaum etwas in der siebten Kunst blieb davon unbeeinflusst. Wenn wir auch den Ursprung verschiedener erzählerischer Strukturen nicht immer bemerken, so können wir uns als geneigte Zuschauer doch sicher sein, es steckt immer etwas Shakespeare drin und sei es auch ein noch so winziges Samenkorn.
Mit dem Blick und dem Wissen von heute betrachtet mag einem Laurence Olivier's meisterhaftes Werk womöglich etwas altbacken und langatmig erscheinen, doch nehmen wir uns sein vom Erzähler aus dem Off gesprochenes Motto zu Herzen, erleben wir hier nichts geringeres als die Magie des Kinos in Reinform: "So fliegt mit unserer Phantasie die Szene schneller als Gedanken."
THE MIGHTY QUINN ist nach dem Erfolg seines Fahrstuhl-Thrillers ABWÄRTS (1984) das US-Kino-Debüt von Carl Schenkel und bietet mit dem aufstrebenden Denzel Washington in einer frühen Hauptrolle, unmittelbar vor seinem ersten OSCAR-Gewinn für GLORY (Edward Zwick, 1989) einen attraktiven Grund sich den auf Jamaika gedrehten Karibik-Krimi anzutun. Doch man kann noch mehr positives berichten, denn Hampton Fancher steuert sein erstes Drehbuch seit BLADE RUNNER (Ridley Scott, 1982) bei und auch die restliche Besetzung kann sich sehen lassen (M. Emmett Walsh, Robert Townsend u.a.). Das lokale Flair der Reggae-Insel wird so gut transportiert, dass man auf den Gedanken kommen könnte, die dortige Tourismus-Behörde habe den Film produziert. In einer Szene mit Seltenheitswert gibt der spätere Superstar sogar ein Lied zum besten. Leider lief der heutzutage als solide zu bezeichende Krimi nie in deutschen Kinos, sondern wurde Anfang der 90er Jahre direkt auf Video veröffentlicht, was die etwas mangelhafte deutsche Synchronisation erklären dürfte, wobei hier allerdings bereits Washington's späterer Stamm-Sprecher Leon Boden zum ersten Mal dem Star seine unverwechselbare Stimme leiht.
DU BI QUAN WANG DA PO XUE DI ZI von und mit Jimmy Wang Yu ist ein geradezu kultisch verehrter Trash-Eastern ohne Handlung, aber dafür mit Krautrock-Soundtrack und unzähligen Kämpfen voller bizarrer Gimmicks, dem man einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen kann. Der einarmige Boxer trifft auf die fliegende Guillotine, daneben gibt's noch ein Kampf-Turnier, bei dem die verschiedensten Stile aufeinandertreffen. Die Story dient somit nur als Alibi für möglichst viel Gekloppe im Minutentakt. Allerdings hat der Endkampf, in dem die Kontrahenten sich endlich begegnen, mächtig was zu bieten. Genau genommen gibt es sogar drei finale Auseinandersetzungen. Leider habe ich das Ding jetzt erst und damit vermutlich 35 Jahre zu spät gesehen, denn mit 13 oder 14 wäre der Klopper bedingungslos abgefeiert worden. Doch wenn man ehrlich mit sich selbst ist und bereits einige Dutzend ähnlich gelagerter Streifen kennt, stellt sich nur noch schwer Begeisterung ein, obwohl ich grundsätzlich ein Faible für derartiges habe.
GUN DUEL IN DURANGO von Sidney Salkow erzählt einmal mehr die Geschichte vom geläuterten Banditen (George Montgomery), der sich mit seinem Love Interest (Ann Robinson) zur Ruhe setzen möchte, den aber die Umstände zwingen nochmal zur Waffe zu greifen, denn seine Ex-Kollegen lassen ihn nicht in Ruhe. Salkow's routinierte Regie bringt den recht vorhersehbaren Film locker und flockig über die kurze Laufzeit, insgesamt bleibt es jedoch zu schlicht und überraschungsarm. Der "Held" bekommt gleich zu Beginn ein Waisenkind an die Seite gestellt, was schon ziemlich konstruiert wirkt, um eine gefühlige Komponente einzubauen, die es ihm im Verlauf unmöglich macht, seine angestrebte Passivität zu bewahren, wodurch die Motivation Behauptung bleibt. Zudem fehlt ein charismatischer Bösewicht, der diesem Umstand Abhilfe geschaffen hätte, denn Steve Brodie, der den Part innehat, bekommt vom Drehbuch weder genug Zeit, noch die passende Charakterisierung um hier zu punkten. Denkt man über all dies nicht nach, geht es schon.
SILENT NIGHT von John Woo war ein lange gehegtes Herzensprojekt des Regisseurs, welches er nun im Spätherbst seiner Karriere endlich umsetzen konnte. Zugleich bedeutet es auch nach gut zwanzig Jahren die Rückkehr nach Hollywood, dem er nach wechselhaftem Erfolg wieder den Rücken gekehrt hatte. Schon mit dem Vorgängerfilm MANHUNT bewies er, dass er in seiner Paradedisziplin des Action-Kinos nichts verlernt hatte und jetzt sollte es endlich an die Realisierung des persönlichen Wunsches gehen, nämlich eines Genrefilms, der seine Geschichte einzig durch die Bildsprache erzählt und dabei völlig ohne Dialog auskommt. Ein Stummfilm mit Sounddesign also.
Ich gehöre zu denen, die sich darauf gefreut haben, den Film jedoch leider nicht auf der großen Leinwand sehen konnten, da er in meiner Umgebung schlicht nicht gezeigt wurde. Heute konnte ich dem Abhilfe schaffen und mich hat er überzeugt. Joel Kinnaman liefert in der Hauptrolle eine granatenstarke Vorstellung als Vater, dessen Sohn bei einem ins Wohnviertel in Los Angeles hereinbrechenden Bandenkrieg von einem Querschläger tödlich getroffen und anschließend er selbst durch einen Halsschuß seiner Fähigkeit zu sprechen beraubt wird. Von nun an kennt er nur noch ein Ziel. Rache und Rache allein. Eine DEATH-WISH-Variante also, allerdings mit Clou.
"Show, don't tell" ist das Motto und wird von Woo über die gesamte Laufzeit durchgezogen. Er war ja immer schon ein Bild-Ästhet, doch hier fährt er nochmal sein ganzes Können auf und stellt es komplett in den Dienst der Sache. Sicherlich zitiert er sich selbst, doch recht dezent, und klar ist auch, dass hier das Rad nicht neu erfunden wird. Aber als filmisches Experiment mit dem ein Meister-Regisseur die Möglichkeiten eines Genres auslotet, welches er selbst nachhaltig geprägt hat, ist dies durchaus geglückt.