EddieLomax - Kommentare

Alle Kommentare von EddieLomax

  • 8

    L'INNOCENT von und mit Louis Garrel beginnt als Thriller, entwickelt sich zur Komödie und endet als Romanze. Man könnte sagen, es ist für jeden etwas dabei. Das erstaunliche ist, dass es funktioniert. Garrel hält das Tempo hoch, zieht versiert an der Spannungsschraube, deutet dazwischen aber immer wieder mit Humor auf die Herzensangelegenheiten seiner Protagonisten, die Dank ihrer ausgezeichneten Besetzung bei fein gezeichneten Charakteren glaubwürdige Figuren bleiben, mit denen man jederzeit mitfiebert, sei es bei kriminellen Handlungen oder in Liebesdingen. Hätte der Film bereits fünfzig Jahre auf dem Buckel, wäre er heute bestimmt ein Klassiker. So ist es ausgezeichnete Unterhaltung. VERKEHRTE WELT! (in der arte-Mediathek)

    11
    • 7
      EddieLomax 18.10.2024, 22:36 Geändert 18.10.2024, 22:47

      STRAW DOGS von Rod Lurie ist neben GETAWAY (Roger Donaldson 1993) dankenswerterweise das bis heute einzige Remake eines Sam-Peckinpah-Films und kam damals bei Publikum und Kritik nicht besonders gut weg, weshalb ich die Sichtung lange vor mir hergeschoben habe. Meine Befürchtungen stellten sich jedoch nun als unbegründet heraus, denn man kann diese Neuverfilmung als durchaus gelungen bezeichnen. Die Veränderung des Schauplatzes vom britischen Cornwall in den amerikanischen Süden ist stimmig, die Besetzung fein und die Inszenierung auf den Punkt. Überhaupt war Regisseur Lurie damals noch ziemlich angesagt in Hollywood und konnte sich recht frei entfalten. James Marsden ist kein Dustin Hoffman, passt aber in die Rolle wie Arsch auf Eimer und ist für seine Verhältnisse geradezu herausragend, Bosworth war noch ziemlich sexy, wenn auch nicht so hintergründig wie Susan George und Alexander Skarsgard ist um einiges verführerischer als das verkommene Pack im Original-Film. Auf der anderen Seite ist natürlich von der perfiden Doppelbödigkeit in Peckinpah's Film nicht mehr viel übrig, hier bleibt alles ganz hollywoodmässig transparent und jederzeit auf den Effekt hin durchgestylt. Die Gesellschaftskritik mit dem Stadtflucht-aufs-Land-Thema ist gerade heute wieder aktuell, findet aber mittlerweile eher in Juli-Zeh-Romanen und Berliner Hipster-Kreisen ihr zeitgemäßes Echo. Sam Peckinpah's extreme Psycho-Studien waren mir da irgendwie lieber.

      17
      • 8
        EddieLomax 17.10.2024, 10:37 Geändert 17.10.2024, 10:38

        TUMBLEWEEDS von King Baggot mit Stummfilm-Western-Star William S. Hart in seiner letzten Rolle, der bevor der Film beginnt noch eine rührende Rede (von der Wiederaufführung 1939) zum Abschied an sein Publikum richtet und dabei auch den historischen Zusammenhang der im Film gezeigten Ereignisse erläutert. In TUMBLEWEEDS geht es um die Ereignisse rund um den Oklahoma Land Run am 22. April 1889, der unter anderem später in Anthony Mann's CIMARRON (1960) und Ron Howard's FAR AND AWAY (1992) dargestellt wurde. Der Land Run ist auch der Höhepunkt dieses mit 75 Minuten äußerst kurzweiligen, sehr realitätsnah inszenierten Western. Wenn ich mich nicht sehr irre sind in diesem Film einige Szenen enthalten, die später für den Vorspann der ZDF-Vorabendserie WESTERN VON GESTERN verwendet wurden.

        12
        • 7

          APACHE TERRITORY von Ray Nazarro nach einer Vorlage von Louis L'Amour ist der letzte von drei knackigen Western, die er Ende der 50er Jahre mit seinem Star Rory Calhoun drehte, der auch produzierte. Die anderen beiden waren DOMINO KID und THE HIRED GUN. Gedreht im kalifornischen Red Rock Canyon erzählt der Film von einer Gruppe Reisender, die an einer Wasserstelle in der Wüste von Apachen belagert werden. Bald trifft auch eine Patrouille der Kavallerie ein, die durch einen Angriff bereits stark dezimiert ist. Gemeinsam versucht man der Lage Herr zu werden, wobei immer wieder Opfer zu beklagen sind. Nach zwei kräftezehrenden Tagen und Nächten, zudem von gruppeninternen Konflikten geschwächt, wagen die Überlebenden einen verzweifelten Gegenschlag. Eine stringente Geschichte bei kurzer Laufzeit, ohne Mätzchen inszeniert, zeigt der Film zwar nichts neues, bleibt aber ganz bei sich und überrascht mit einem ziemlich brutalen Finale, dass ich so nicht erwartet hätte. Für Calhoun war es erstmal sein letzter Film für ein paar Jahre, in denen er mit der Serie THE TEXAN Erfolge feiern konnte.

          12
          • 8

            WAY OF A GAUCHO von Jacques Tourneur wurde On Location in Argentinien gedreht und erzählt in schlanken 90 Minuten die epische Geschichte des unangepassten Gauchos Martin, der seine traditionelle Lebensweise über sein persönliches Wohl stellt und so zum Banditen wird. In prächtige Bilder gekleidet, zeugt der ausgezeichnet inszenierte Film von der Meisterschaft seines Regisseurs, dessen Vielseitigkeit in diversen Genres zum tragen kam. Ursprünglich von Darryl F. Zanuck als nächstes Projekt für Henry King und Tyrone Power geplant, wurde nach deren Ausstieg der frisch an 20th Century Fox gebundene Tourneur verpflichtet, dem mit Hollywood-Star Gene Tierney und dem damals aufstrebenden Rory Calhoun ein attraktives Leinwandpaar zur Verfügung stand, dass auf ganzer Linie überzeugen kann. Während Tierneys Rolle etwas mehr Ausarbeitung hätte vertragen können, zeigt vor allem Calhoun sein beträchtliches Talent. Ein wie immer stark aufspielender Richard Boone sorgt für Ambivalenz, das seltene Sujet für zusätzlichen Reiz. Leider blieb für den teuren, auf nahezu allen Ebenen sorgfältig ausgearbeiteten Film der große Erfolg aus, weshalb er zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist. Der seltene Pampas-Western kann via YouTube gesehen werden.

            12
            • 4
              EddieLomax 13.10.2024, 11:04 Geändert 13.10.2024, 11:37

              AMBUSH AT CIMARRON PASS von Jodie Copelan, der aus gutem Grund nur diesen einen Film inszenieren durfte, zeigt Clint Eastwood in seiner ersten größeren Western-Rolle und das positivste was sich darüber sagen lässt ist, dass er ihm das Engagement für die Erfolgs-Serie RAWHIDE einbrachte, die ein gewisser Sergio Leone sah und mochte. Der Rest ist Geschichte. B-Westernheld Scott Brady führt ein Ensemble mehr oder minder begabter Vertragsschauspieler durch die Studiokulissen einer Abschreibungsproduktion ohne Handlung, bei der nicht weniger als vier Autoren ihrer Einfallslosigkeit freien Lauf lassen konnten. Eastwood steht die meiste Zeit herum wie Falschgeld, kann aber in einigen Szenen sein bereits vorhandenes Charisma ausspielen. Die dürftige Story um zwei von Apachen belagerte Einheiten von Nord- und Südstaatlern nach dem Ende des Bürgerkrieges böte eigentlich genügend Konfliktpotenzial für ein spannendes Open-Air-Kammerspiel, doch was schlussendlich daraus gemacht wurde, ist nicht der Rede wert. Immerhin darf der gute Clint den Schlusssatz sprechen, der als Omen für seine noch kommende Karriere gelten könnte: "Sometimes you gotta lose, before you finally win." Da der Film bis heute nicht in Deutschland gezeigt wurde, hatte man lange Zeit keine Möglichkeit ihn zu sehen, was mittlerweile Dank YouTube möglich ist. Danke an Eudora Fletcher für den Tipp!

              12
              • 7

                Kalifornien, irgendwann während des Goldrausches. Eine Gruppe von Gold schürfenden Siedlern wird von Männern des Großgrundbesitzers LaHood überfallen. Er will sie gewaltsam vertreiben lassen, um in dem Tal selbst industriell mit Wasserkraft Gold zu erwirtschaften. Die Siedler beklagen wieder einmal Verluste, wollen sich aber dennoch nicht fort jagen lassen. Einer von ihnen, Hull Barret (Michael Moriarty) kümmert sich um die alleinstehende Sarah Wheeler und ihre Tochter Megan, deren Hund dem Angriff der Meute zum Opfer fiel. An dessen Grab betet sie zu Gott, er möge Hilfe schicken. Kurz darauf erreicht ein Mann (Clint Eastwood) das Dorf, welcher der sich wundernden Gemeinschaft scheinbar uneigennützig zu Hilfe kommt. Sie wundern sich noch mehr, wenn sich der Mann als Prediger entpuppt. LaHood heuert bald darauf eine Gruppe von gedungenen Mördern an, um den Prediger und die Siedler ein für allemal zu besiegen. Deren Anführer Stockburn (John Russell) scheint den Mann Gottes zu kennen und auch dieser hat offenbar eine alte Rechnung zu begleichen.

                In der Niemandszeit des Genres, Mitte der Neunzehnhundertachtziger Jahre, konnte wohl nur einer wie Clint Eastwood noch ungestraft einen Western inszenieren. Er hatte sich neun Jahre zuvor erfolgreich mit THE OUTLAW JOSEY WALES eigentlich schon beinahe endgültig von seinem Image des Fremden ohne Namen gelöst. Hier kehrt er noch einmal dahin zurück. Aber nur scheinbar. Arbeitete der Fremde, zunächst unter Sergio Leone, später in Eigenregie, ausschließlich auf eigene Rechnung, stellt er sich hier in den Dienst der (Siedler-)Gemeinschaft, seine Altlast wird nur noch angedeutet. Vielmehr liefert Eastwood ein nur wenig verkapptes, manchmal sogar szenengetreues Remake des Über-Western SHANE (George Stevens, 1953), verändert jedoch den wichtigen Grundtenor der Figur des selbstlosen Helfers. Denn während der vom engelsgleichen Alan Ladd ikonisch verkörperte Shane vom Himmel herab gestiegen zu sein schien, um den armen unterdrückten Siedlern zur Seite zu stehen, kommt der Prediger offenbar direkt aus der Hölle, um die Schurken in selbige zu befördern.

                Das ändert natürlich vieles, etwas Gothic-Feeling kommt in einigen Szenen schon auf, bedient sich Eastwood hier einmal mehr nach HIGH PLAINS DRIFTER mystischer Lesart. Sicherlich bleibt PALE RIDER damit eine Ausnahmestellung, nicht nur die seiner Entstehungszeit erhalten. Leider muss man ehrlicherweise auch sagen, dass Eastwood mit seiner Version der Geschichte zwar im eigenen Kanon funktionieren kann, am Vorbild gemessen jedoch scheitert. Zu wenig geht sein Film in die Tiefe, gerade was die Haupthandlung um Hull Barret und die seinen angeht. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen, doch der Regisseur Eastwood begnügt sich mit Stereotypen. Etwas, dass ihm mit seinem letzten Western UNFORGIVEN nicht noch einmal passieren sollte.

                13
                • 5

                  ARABIAN ADVENTURE von Kevin Connor fand ich in meiner Kindheit ganz toll, doch heute sieht das anders aus. Holprig erzählt, schiebt sich viel zu spät so etwas wie eine Geschichte, basierend auf Motiven von 1001 Nacht zusammen, aber sobald das eigentliche Abenteuer losgeht, verlässt auch der Charme der Pappmachè-Kulissen den auf Oberflächenreize ausgerichteten Film. Zudem eignet sich der vollkommen talentbefreite Oliver Tobias nur bedingt als Held. Vom Zauber des Films DER DIEB VON BAGDAD (Michael Powell 1940), der die Orient-Welle des Kinos einst anstieß, ist hier nicht mehr viel übrig.

                  13
                  • 8

                    MAHANA von Lee Tamahori ist eine Literaturverfilmung um eine Maori-Familie, die Anfang der 1960er Jahre zu zerbrechen droht, wenn sich herausstellt, dass der Patriarch doch nicht der ehrbare Lenker der familiären Geschicke ist, als der er sich immer präsentiert hat. Einer seiner Enkel kommt dahinter und begehrt auf, was eine fatale Kettenreaktion zur Folge hat. Mit wuchtigen Bildern und einigen Western-Anleihen gelingt Tamahori bei seinem Regie-Comeback in der Heimat ein kraftvolles Drama mit verschiedenen erzählerischen Elementen, welches angenehm altmodisch daherkommt, doch doppelbödig viel über gesellschaftliche Missstände aussagt und ganz nebenbei kein gutes Licht auf den Umgang mit der Maori-Bevölkerung wirft. Aber damit hat der ONCE-WERE-WARRIORS-Regisseur ja hinreichend Erfahrung.

                    10
                    • 8

                      LE FILS PRÉFÉRÉ von Nicole Garcia vereint die Stars des 80er-Jahre-Kult-Klassikers LES SPECIALISTES (Patrice Leconte 1985) Gérard Lanvin und Bernard Giraudeau erneut, allerdings dieses Mal als ungleiche Brüder, zu denen sich noch Jean-Marc Barr gesellt, womit der Schauspielerin und Gelegenheits-Regisseurin ein wahrer Besetzungs-Coup gelang, denn die drei gehörten im französischen Kino der frühen 90er Jahre zur Crème de la Crème. Ein bitteres Familiendrama ist es geworden, in dem nach einer langen Zeit der Entfremdung Lügen und Geheimnisse dafür sorgen, dass man wieder zusammenfindet und sich den Problemen unfreiwillig stellen muss. Das ist superb gespielt und gewinnt mit fortschreitender Laufzeit immer mehr an Emotionalität und Tiefe. Für Gerard Lanvin gab's den Europäischen Filmpreis.

                      12
                      • 7

                        In diesem äußerst effektvoll inszenierten Remake von Sam Raimi's Kultklassiker TANZ DER TEUFEL (1981) regnet es literweise Blut, leider bleibt dabei die Figurenzeichnung auf der Strecke und einzig Lou Taylor Pucci gelingt es schauspielerisch Akzente zu setzen.

                        14
                        • 6
                          über Carrie

                          Carrie ist die Außenseiterin an ihrer High School, mit ihrer Pubertät stellen sich auch übersinnliche Fähigkeiten ein, die sie noch nicht steuern kann. Als sie Opfer der Attacken von Mitschülerinnen wird, lernt sie ihre Kräfte zu kontrollieren und rächt sich fürchterlich. Neuverfilmung des Horrorklassikers von Brian De Palma nach einem Roman von Stephen King, ohne je die Intensität des Originals zu erreichen bietet das Remake dennoch gelungene Unterhaltung an der Oberfläche und ist gut gespielt.

                          13
                          • 7

                            JOKER: FOLIE À DEUX von Todd Phillips macht als Anti-Fortsetzung vieles richtig und ist prinzipiell originaler als das Original, welches ja streng genommen nur ein DC-Mashup der Scorsese-Hits TAXI DRIVER und KING OF COMEDY war. Hier gibt's nun nicht nur eine eigenständige Geschichte, sondern auch den ultimativen Stilwechsel zum Weirdo-Musical, was in der Filmgeschichte einzigartig sein dürfte. So werden nicht nur Erwartungen unterlaufen, man gibt dem Publikum eine Herausforderung, wie es sie nur selten bekommt. Das Tempo wird praktisch von der ersten Minute an auf Standgas gedrosselt, Dynamik entsteht allenfalls durch Schockmomente in Traumsequenzen. Getragen wird das ganze von dem einmal mehr völlig entrückten Joaquin Phoenix, der seinen Oscargewinn eindrucksvoll bestätigt, wobei er von Lady Gaga tatkräftig unterstützt wird, deren Rollen-Profil allerdings über einen reinen Supporting-Act kaum hinausgeht, sowie einer Menge Evergreens, bei denen Frank Sinatra's Werk am häufigsten zu hören ist. Das schmiegt sich alles wundervoll in den an die Hollywood-Musicals der klassischen Ära angelehnten Inszenierungsstil, freilich immer wieder gestört durch Gewalt-Eruptionen. Man muss jedoch konstatieren, dass die eindeutige Handlungsarmut, die abgesehen von Arthur Fleck begrenzte Figurenzeichnung, bei der Masse an Songs und der Zerdehntheit vieler Szenen Längen hervorrufen, die der stattlichen Laufzeit nicht angemessen sind. Der schäbig-abgeschmackte Look macht jedoch vieles wett. Sehenswert.

                            20
                            • 7

                              THE PURSUIT OF D.B.COOPER von Buzz Kulik (95 % minus 70 %), Roger Spottiswoode (70 %) und John Frankenheimer (5 %) hatte eine überaus turbulente Produktionsgeschichte und wurde praktisch zweimal gedreht. Ein Fall, wie er nur äußerst selten, aber doch hin und wieder mal vorkommt (siehe: THE EXCORCIST - THE BEGINNING & DOMINION). Trotzdem kam am Ende eine sehr unterhaltsame Action-Komödie mit einigen wirklich halsbrecherischen Stunts dabei heraus, die für sich genommen das anschauen lohnen. Aber auch die Spielfreude der Stars ist ansteckend, Treat Williams geradezu einnehmend und Robert Duvall liefert sowieso immer. Überhaupt wurde viel fähiges Personal beschäftigt. James Horner's flotter Soundtrack, Waylon Jennings Songs, tolle Kamera-Arbeit und kaum Irritationen, was bei einer solchen Herstellungssituation nicht selbstverständlich ist. War Kuliks Fassung wohl ein eher dunkler, dokumentarischer True-Crime-Thriller, warf Spottiswoode nach seiner Einsetzung den realen Hintergrund weitgehend über Bord und brachte den Spaß in die Sache, was dem Film nur guttut. Als Nachmittagszerstreuung bei schlechtem Wetter funktioniert das Abenteuer nahezu perfekt.

                              14
                              • 8

                                Friedlich scheint die Sonne über den Hügeln des mexikanischen Berglandes, während ein Flugzeug am wolkenlosen Himmel nur durch seine Motorengeräusche die scheinbar idyllische Ruhe stört. Doch dieser erste Eindruck täuscht. Tatsächlich tobt in dem schon lange unruhigen Land die Revolution, die wie die Wellen an den Küsten des Meeres alle Jahre wieder in schöner Regelmäßigkeit Schneisen durch Mexiko schlägt, immer in die selben Kerben, immer auf dem Rücken des Volkes. Und so erhebt sich auch immer wieder ein Bandit, der zum General wird um die Armee seines Volkes an die Macht zu führen und jene die dort sitzen zu vertreiben. Unzählige Male wurde das versucht und wenn es gelang, wurden jene zu gierig und wieder von anderen, von den nächsten selbsternannten Generälen gestoppt. In den Zehner-Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts gab es jedoch nach langer Zeit so etwas wie berechtigte Hoffnung auf eine Verbesserung der Umstände. Präsident Madero war an die Macht gekommen und die ehemaligen Banditenführer Emiliano Zapata und Pancho Villa kämpften für ihn loyal und aufopferungsvoll gegen die Militärs seines Vorgängers, welche weiterhin versuchten das Land zurück zu erobern. Außerdem waren sie im Volk beliebt. Viele junge Männer, denen die Gräuel durch die Herrschenden zuwider waren, schlossen sich ihnen an.

                                Mitten in diese Ereignisse hinein landet die besagte Maschine des Amerikaners Lee Arnold (Robert Mitchum), der den reichen Militärs unter Führung von Kommandeur Ramirez (Frank Wolff) Waffen verkaufen will, die er aus den Staaten über die Grenze geschmuggelt hat. Dummerweise bricht während der Landung eine Radaufhängung am Flugzeug, sodass Arnold nicht so schnell wieder wegkommt nachdem das tödliche Geschäft abgewickelt ist. Ramirez empfiehlt ihm, den Schmied in einem nahe gelegenen Dorf aufzusuchen, der den Schaden beheben möge. Er empfiehlt ihm aber auch, sich nicht allzu lang dort aufzuhalten. In dem Dorf wird der Gringo freundlich aufgenommen. Der Schmied versorgt ihn und hilft ihm aus purer Nächstenliebe. Arnold findet in den Menschen herzliche Freunde und in der Tochter des Schmiedes auch die Liebe. Er fühlt sich wohl bei den einfachen Menschen. Er beginnt nachzudenken. Am nächsten Tag überfällt Ramirez' Militäreinheit das Dorf, weil man hier Symphatisanten Villa's vermutet. Die Leute werden zusammen getrieben, es gibt Hinrichtungen. Als es fast schon zu spät ist greift Pancho Villa (Yul Brynner) an und vertreibt die Soldaten. Lee Arnold muss sich erklären. Nach einer Auseinandersetzung mit Villa's rechter Hand Rodolfo Fierro (Charles Bronson), schließt Arnold mit den Revoluzionären einen Pakt. Er will mit Hilfe seines Flugzeuges in das Kampfgeschehen eingreifen. Eine Verstärkung die Pancho Villa gerade recht kommt. Bald jedoch wird sein Kampfeswille durch politische Irrungen und Feinde in den eigenen Reihen harten Prüfungen unterzogen.

                                Eines vorweg, VILLA RIDES (hierzulande unter den verschiedensten Titeln wie z.B. RIO MORTE oder GNADENLOS veröffentlicht) ist Buzz Kuliks bester Film. Der Routinier drehte noch sehenswerte Streifen wie den letzten Steve-McQueen-Film THE HUNTER - JEDER KOPF HAT SEINEN PREIS (1980), doch der amerikanische Revolutions-Western hat eindeutig größere Klasse. Das liegt zum einen sicher am Drehbuch des Meister-Regisseurs Sam Peckinpah, der das Drehbuch während seiner unfreiwilligen Regie-Pause zwischen MAJOR DUNDEE (1965) und THE WILD BUNCH (1969) verfasste und über dessen Schreibarbeiten Kenneth Tynan einmal den schönen Satz „Der Schatten Peckinpahs ist kräftiger als die Substanz der meisten anderen Western.“ sagte. Das lässt sich vorbehaltlos auch über diesen Film behaupten. Wenn auch die Story nochmal von Oscar-Preisträger Robert Towne (CHINATOWN, Roman Polanski 1974) den Wünschen Yul Brynners angepasst wurde und so ein wenig an Ambivalenz und politischer Brisanz verloren haben mag, ist doch das was übrig blieb allererste Sahne. Allein die Star-Besetzung Mitchum/Brynner/Bronson ist schon Gold wert, aber die Jungs spielen auch noch lustvoll und gut. Mitchum hatte dabei sicher den leichtesten Job, stellte er den Grenzgänger schon in BANDIDO (Richard Fleischer 1956) und THE WONDERFUL COUNTRY (Robert Parrish 1959) dar, eine Rolle ihm auf den Leib geschneidert wie ein Maßanzug. Yul Brynner, dieses Mal mit Haupthaar, als charismatischer Revolutions-Führer und Charles Bronson als sein Scharfrichter kurz vor seinem großen Durchbruch in C'ERA UNA VOLTA IL WEST (Sergio Leone), überzeugen als Mexikaner als wären sie zumindest schon mal dort gewesen. Da war doch was? 1,2,3,4,5,6,7...jetzt hab ich's. In den Nebenrollen tummeln sich ebenfalls einige illustre Gestalten wie Herbert Lom als General Huerta, Frank Wolff, Alexander Knox, Fernando Rey, John Ireland und nicht zuletzt Bronson's Gattin Jill Ireland.

                                Vormals von der Kritik als Action-Western und Star-Vehikel minderer Qualität einzig auf seine (reichlichen) Schauwerte reduziert, entwickelt die Geschichte mit zunehmender Laufzeit doch beträchtlichen Tiefgang, der zwar nicht mit doppelbödigen Politfilm-Qualitäten der italienischen Kollegen wie bspw. TÖTE AMIGO (Damiano Damiani, 1966) MERCENARIO (Sergio Corbucci, 1968) oder TEPEPA (Giulio Petroni, 1969) aufwarten kann, jedoch für ein Hollywood-Spektakel durchaus weit geht in seinen Aussagen. Enttäuschte Historiker, die wissen wie die Geschichte ausging, werden das gewählte Ende des Filmes womöglich bemängeln, für den geneigten Western-Fan hingegen fällt mir nur ein Wort dazu ein: erhebend. Einfach anschauen und genießen.

                                Fazit: Es war einmal ... während der mexikanischen Revolution, nach einem Drehbuch von Sam Peckinpah mit großer Starbesetzung.

                                12
                                • 6

                                  SHOWDOWN AT BOOT HILL von Gene Fowler jr. ist ein recht ordentlich inszenierter B-Western, in dem Charles Bronson seine erste Genre-Hauptrolle spielte. Es sollte zehn Jahre dauern, bis er das wieder tun durfte, denn in der Zwischenzeit musste er sich, wie schon in den Jahren zuvor, mit kleinen oder größeren Nebenrollen begnügen. Erst Sergio Leone wagte es in SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD ihn wieder zum Leading Man in einem Western zu machen, der Rest ist Geschichte. Hier kommt er als Vertreter des Gesetzes in eine Kleinstadt um einen Mörder zu stellen. Das gelingt ihm auch ziemlich schnell, doch damit fangen seine Probleme erst an. Bronson zeigt bereits beachtliche Präsenz, wirkt aufrecht und integer, dabei verständnisvoll und manchmal sogar emotional, also völlig anders als sein späteres Leinwand-Image suggerierte, wenn er mit kalter Distanz als stets abgebrühter Professional seine Jobs erledigte. Man bekommt allerdings ebenfalls den Eindruck, dass seine Zeit noch nicht reif war und man in Hollywood nicht wusste, wie man seinen Typus einzusetzen hatte, etwas das auch bei Roger Corman's MACHINE GUN KELLY aus demselben Jahr deutlich wird. Dennoch kann man mal einen Blick riskieren, will man den jungen Charles Bronson einen Film dominieren sehen. Gibt's jetzt bei YouTube.

                                  12
                                  • 10

                                    Pat Garrett sucht seinen alten Freund William H. Bonney aus Sattel-Tramp-Tagen auf, um ihn darüber zu informieren, dass er nun sesshaft werden will und daher eine feste Anstellung angenommen hat. Billy freut sich aufrichtig über den Besuch, bittet Pat zu bleiben und mit ihm auf die vergangenen Zeiten zu trinken. Pat erklärt ihm das Problem: Die neue Stelle ist ein Sheriff-Posten und Billy sein erster Job. Denn Billy schert sich nicht allzusehr um Gesetz und Ordnung, macht nur was ihm Spaß macht, hängt meistens mit seinen Kumpels herum und wenn er Geld braucht, besorgt er es sich eben irgendwie. Man könnte den Begriff Beschaffungskriminalität bemühen. Doch Garrett stellt ihm ein Ultimatum und wenn Billy bis dahin nicht das Land verlassen hat, tritt die Null-Toleranz-Regel in Kraft. Klare Ansage. Aber Billy ist so ein Typ der nicht viel darauf gibt, was ihm andere sagen. Er will lieber in Ruhe gelassen werden und hört eher auf seinen Bauch und der sagt ihm: Patty, du hast mir gar nichts zu sagen. Garrett zieht von dannen und klopft nach abgelaufener Frist gleich mal mit ein paar Gewehrsalven an die Tür, was Billy von dessen Ernsthaftigkeit in der Ankündigung überzeugt. Er ergibt sich erstmal. Die erste Runde ging an Pat. Aber aus William H. Bonney wäre nicht Billy the Kid geworden, wenn er nicht ausgesprochen talentiert im Umgang mit derartigen Situationen wäre und so erweist er sich bald als unkalkulierbarer Gegner.

                                    Was nun folgt, ist zumindest in der Kino-Fassung eine Aneinanderreihung von Shootouts, die in Stil und Inszenierung formvollendet als Blaupause dienten, für alles was in dieser Richtung folgen sollte. Peckinpah erzählt uns hier keine Geschichte mehr, er zeigt Situationen. Situationen die einer Kettenreaktion gleich aufeinander folgen, immer auswegloser werden und schlussendlich zu dem führen müssen, was von Anfang an vorbestimmt ist und unausweichlich war. Dabei schafft er Szenen die diese Ausweglosigkeit klar verbildlichen. Billy hat im Prinzip nie eine Chance und doch gelingt es ihm mehrfach der Lage Herr zu werden. Bis er müde ist, keine Lust mehr hat. Peckinpah ergreift deutlich Partei für seinen Outlaw, weil er (für Hollywood) selbst einer war. Für Billy ist das Ende so lange okay, wie er es selbst in der Hand hat. Nachdem er von allen Freunden verraten wurde oder jene die ihm geblieben waren tot sind, ist es Billy einfach egal was mit ihm passiert. Für ihn zählen nur seine Prinzipien die besagen, dass er da bleibt wo es ihm gefällt und er sich von dort auch nicht vertreiben lässt. Er hat längst begriffen das seine Zeit vorbei ist, wenn er sich nicht ändern kann. Und anders als sein Freund Pat will er das nicht. Mit den Konsequenzen kann er leben. Sam Peckinpah gibt alldem eine bis hierhin nie da gewesene Ästhetik. Eine Ästhetik derer sich nachher viele Regisseure von Walter Hill bis John Woo, bis hin zu neueren Epigonen mehr (erstere) oder weniger (letztere) gelungen bedienten. Viel weiter zu entwickeln gab es da nicht. Zu ausgereift, zu majestätisch, zu würdevoll sind seine Abgänge in Zeitlupe gefilmt, dabei kunstvoll montiert und immer berührend. Berührend weil Peckinpah echte Charaktere präsentiert, Charaktere die mit wenigen Pinselstrichen so hinreichend gezeichnet sind, das sie dem Zuschauer nicht egal sein werden, wenn es soweit ist. Bob Dylan's kongenialer Soundtrack untermalt das Ganze so perfekt und rund, das man von einer einzigen Todes-Symphonie sprechen kann, Hippie-Style.

                                    In der 1988 von Cutter Roger Spottiswood, nach Peckinpah's Tod, hergestellten Turner-Preview-Fassung sieht die Sache nochmal ganz anders aus. Nachdem der Regisseur aufgrund von Streitigkeiten mit den Produzenten keinen Einfluss auf den Schnitt der Kino-Fassung nehmen konnte, versuchte Spottiswood eine möglichst originalgetreue Version nach den Vorgaben Sam Peckinpah's zu erarbeiten und siehe da, der Film ist deutlich runder, hat wesentlich mehr Tiefgang und kann beinahe schon als lyrische Ballade mit sich stark aufbauenden Spannungsmomenten und extremen Gewaltausbrüchen gesehen werden. Der Tenor ist dem restlichen Werk Peckinpah's ähnlich, führt als sein letzter Western konsequent die Aussagen der Vorgängerwerke fort und bildet somit den Abschluß einer stilistischen Trilogie über Ethik, Freundschaft und traditionelle Werte, die mit RIDE THE HIGH COUNTRY ihren Anfang nahm und ihren Höhepunkt mit THE WILD BUNCH fand. Der historische Stoff hat ihn schon viel früher beschäftigt. Bereits Ende der 50er Jahre schrieb er ein Drehbuch basierend auf einem Billy-the-Kid-Roman von Charles Neider, aus dem später Marlon Brando's einzige Regie-Arbeit ONE EYED JACKS werden sollte und dass es damals nicht verwendet wurde, ließ ihn nicht los. Wie all seine Werke handelt der NEW-HOLLYWOOD-Western von sich verändernden Zeiten und der damit einhergehenden Notwendigkeit sich ebenfalls zu verändern. Wer das nicht kann oder will, bleibt zurück. Kris Kristofferson hat zwar mit dem echten Billy the Kid genausowenig gemein, wie James Coburn mit Pat Garrett, weil sie beide zum Zeitpunkt des Drehs bereits viel zu alt für ihre Rollen waren, aber für das was Peckinpah erzählen wollte, sind sie perfekt. Ein müder Billy und ein alternder Pat, der seine Schäfchen ins trockene bringen will, aber für seinen Verrat, wenn auch Jahre später, die Quittung bekommt. Danach war auch bei Peckinpah so langsam die Luft raus. Er drehte nur noch fünf weitere Filme, aber es gelang ihm kein Meisterwerk mehr wie PAT GARRETT & BILLY THE KID.

                                    12
                                    • 0

                                      MEGALOPOLIS von Francis Ford Coppola lässt sich für mich kaum neutral betrachten, ohne all die Begleiterscheinungen zu berücksichtigen, die das Werk mit sich bringt. Da ist zum einen die Personalie Coppola, seit über sechzig Jahren im Geschäft, verantwortlich für einige der besten Filme aller Zeiten, der nie einen Zweifel darüber äußerte, dass der nun vorliegende Output sein letztes großes Werk ist, an dem er seit den 1970ern irgendwie und immer wieder gearbeitet hat. Endlich ist es ihm gelungen, es zu wuppen, selbstverständlich mit eigenem Geld, der Unterstützung von Freunden und Familie, die sich zahlreich in diesem Ideen-Sammelsurium tummeln und von denen sich offensichtlich niemand getraut hat ihm zu sagen, dass er es vielleicht doch besser lieber sein lassen soll. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass es so etwas wie ein kohärentes Drehbuch gab, vielmehr wirkt MEGALOPOLIS, als hätte der scheinbar langsam seinen Alterserscheinungen unterworfene Maestro ein fünfzig Jahre altes, sehr dickes Notizbuch verfilmt, in dem nichts chronologisch eingetragen wurde und keinerlei Ordnung mehr für den nötigen Überblick auf das große Ganze sorgt. Vieles wirkt wie teuer abgefilmtes, mit heiligem Ernst dargebotenes Improvisations-Theater, mit etwas Shakespeare, etwas Capra, ein bisschen Brecht, absurd und szenisch, immer in Erwartung eines sich nie einstellenden Erzählflusses. Bruchstückhaft folgt der Film einem Architekten, der die Fähigkeit besitzt, die Zeit zu kontrollieren, bei seinem Plan für die Erbauung der Stadt der Zukunft, wofür allerdings Teile der bestehenden Stadt New Rome, ein wenig verkapptes New York, abgerissen werden müssen. Der amtierende Bürgermeister hat was dagegen, jedoch eine hübsche Tochter, die sich natürlich in das geplagte Genie verliebt. Dies sind dann auch die einzigen Figuren, die im Laufe des Films so etwas wie ein Profil entwickeln, während alle anderen, so prominent sie auch seien, nur als Stichwortgeber oder bessere Statisten agieren. Der Dialog besteht beinahe ausschließlich aus bedeutungsschwangeren Aussagen und philosophischen Phrasen, vorgetragen mit prätentiösem Gestus, sowie minimalen zwischenmenschlichen Kommunikationen, die Beziehungsverhältnisse andeuten oder fördern sollen. Die Inszenierung erscheint ebenfalls als ein Flickenteppich verschiedener Stile. Manches wirkt, als hätte in den 1930er Jahren jemand einen Science-Fiction-Film gedreht, anderes wie ein Monumentalfilm der 1950er, in dem das römische Reich in der Zukunft wieder aufersteht. Dazwischen gibt es digital mit der Handkamera gefilmtes Material, dann wieder ganze Einstellungen, die wie Outtakes oder eine Behind-the-Scenes-Doku wirken. Aktuelle Bezüge oder greifbare Visionen einer denkbaren Utopie gibt es nicht (auch wenn ständig darüber palavert wird), und wenn am Ende der erfüllte Traum präsentiert wird, ist er unfreiwillig komisch. Interessant auch, dass es in der präsentierten näheren Gegenwart offenbar keine Handys und kein Internet gibt und obwohl in den Büros Laptops stehen, schreiben alle auf Papyros-Rollen. Zeitbezüge wie 9/11, Trump & Co. werden ebenso plakativ wie unmotiviert verwurstet, wie filmgeschichtliche Bezüge zu (natürlich) METROPOLIS, THE FOUNTAINHEAD und Georges Méliès, sowie vielen anderen. Kaum eine Szene erschließt sich logisch aus der vorangegangenen und meistens kann man den inneren Zusammenhang nur erahnen. Häufig hatte ich den Eindruck, die Abschnitte seien einfach nur völlig falsch zusammengesetzt worden und ein cleverer Cutter könnte mit viel Akribie aus den beinahe zweieinhalb Stunden Material einen vielleicht 80minütigen, wenigstens halbwegs ansehbaren Film zaubern, doch angesichts des viel zu uneinheitlichen Szenenbildes ist das wohl unmöglich, womit MEGALOPOLIS der wohl teuerste Experimental-Film bleibt, der jemals gedreht wurde. Auf den Punkt gebracht wird das Fazit darüber für mich in einem Satz im letzten Drittel, wenn die Frau des Bürgermeisters weise sagt: "Oh je, bla bla ..."

                                      22
                                      • 7
                                        EddieLomax 01.10.2024, 23:13 Geändert 01.10.2024, 23:22

                                        THE BURNING HILLS von Stuart Heisler bietet mit der blutjungen und bildschönen Natalie Wood, sowie dem blonden und blauäugigen Tab Hunter ein überaus attraktives Leinwandpaar auf, dass es seinerzeit vermochte die Teenager in die Kinos zu locken und im Jahr 1956 in gleich zwei gemeinsamen Filmen auftrat (der andere war THE GIRL HE LEFT BEHIND). In prächtigen Cinemascope-Bildern sucht ein junger Cowboy die Mörder seines Bruders und findet die Liebe. Bevor sich das junge Glück allerdings vereinigen kann, muss es der Bande des Täters entkommen, die eine wahrhaft rasante Jagd auf sie starten. Die Louis-L'lamour-Verfilmung reiht sich ein in die lange Reihe von Qualitätsproduktionen der Warner Brothers.

                                        13
                                        • 8
                                          EddieLomax 01.10.2024, 08:42 Geändert 01.10.2024, 08:44

                                          VIELE KAMEN VORBEI von Peter Pewas ist einer der wenigen deutschen Beiträge zum FILM NOIR und erzählt die Geschichte eines Serienmörders aus verschiedenen Perspektiven, wobei sich der stets unangepasste Filmemacher der Bildsprache des poetischen Realismus bedient, wie er im französischen Kino der 30er Jahre von Regisseuren wie Marcel Carnè praktiziert wurde. Im Deutschland der 50er Jahre wollte das niemand sehen, Filmpreise gab es aber trotzdem für das unter schwierigen Bedingungen entstandene, kleine Meisterwerk. Bereit zur Neuentdeckung.

                                          12
                                          • 7

                                            RURÔNI KENSHIN: SAI SHÛSHÔ - THE BEGINNING von Keishi Ohtomo erzählt die Vorgeschichte Kenshins und greift dafür die dort in Rückblenden erzählten Ereignisse des Vorgängers RURÔNI KENSHIN: SAI SHÛSHÔ - THE FINAL auf. In der ersten Hälfte des ca. 15 Jahre früher spielenden Films arbeitet der Protagonist noch als Attentäter für die Getreuen des Kaisers im Kampf gegen das Shogunat, wobei reichlich Blut fließt. Hier hat auch Saito, einmal mehr vom charismatischen Yosuke Eguchi verkörpert, einen Gastauftritt, freilich noch als Samurai und nicht wie später als Polizist. Die zweite Hälfte wird dann wirklich dramatisch und entwickelt sich zum Schicksalsdrama, in dem Kenshins künftige Haltung und Motivation geklärt werden, wodurch sich der erzählerische Bogen der ganzen Reihe abrundet. Bedenkt man wie humorvoll die Saga einst begann, überrascht es doch, wie tieftraurig und bitter sie endet. Wird hier auch nicht gänzlich die Dichte der Original-Trilogie erreicht, so kann man in der Gesamtheit von allen fünf Filmen doch mit Fug und Recht von einer großartigen Leistung aller Beteiligten sprechen. The Beginning is the End, the End is the Beginning.

                                            10
                                            • EddieLomax 30.09.2024, 07:47 Geändert 30.09.2024, 07:48

                                              KRIS KRISTOFFERSON ist tot (22. Juni 1936 - 28. September 2024).
                                              Der legendäre Schauspieler, Singer/Songwriter und Bürgerrechtler starb im Alter von 88 Jahren im Kreise seiner Familie. Möge er in Frieden ruhen.

                                              10
                                              • 9

                                                Der Farmer Josey Wales pflügt am Vorabend des amerikanischen Bürgerkriegs mühevoll seinen Acker um, als eine Bande, die Kansas Red Legs, seine Farm überfallen, seine Frau und seinen Sohn töten und ihn vermeintlich tot zurücklassen. Sie brennen alles nieder. Er begräbt seine Familie.

                                                Der Rebell Josey Wales schließt sich konföderierten Vigilanten an, kämpft mit ihnen im Krieg, ist dabei immer auf der Suche nach den Red Legs. Der Krieg geht zu Ende. Die Vigilanten ergeben sich den Unionstruppen. Josey Wales ergibt sich nicht.

                                                Der Outlaw Josey Wales flieht nach Texas, ins Indianerland, trifft immer wieder auf Kopfgeldjäger oder Soldaten, tötet um zu überleben. Die Red Legs suchen ihn, folgen ihm. Josey Wales schaart bald und nicht ganz freiwillig ein Trüppchen Leute um sich herum. Einen alten Indianer, eine junge Indianerin, eine alte Frau und ihre Enkelin, dann zwei Cowboys und einen Hund. Allesamt Ausgestoßene wie er. Immer wieder kämpft er jetzt für die Gemeinschaft, seine neue Familie. Im Indianerland finden sie ein Zuhause, wenn auch keinen Frieden. Denn nicht nur die Natur und die Indianer stehen gegen sie, auch die Red Legs kommen näher.

                                                Der Texaner Josey Wales zieht noch einmal in den Krieg, doch nicht für seine Rache, sondern für die Menschen mit denen er leben will.

                                                THE OUTLAW JOSEY WALES ist vielleicht der Schlüsselfilm in Clint Eastwood's Karriere als Schauspieler, vor allem aber als Regisseur, wird hier doch bereits der Bodensatz für spätere Großtaten gelegt. Nachdem er die Figur des namenlosen Fremden mit seinem ersten Western unter eigener Regie HIGH PLAINS DRIFTER (1973) ausdefiniert und zu Ende gebracht hatte, betritt er nun thematisches Neuland, was sich nicht nur in der Figur des Protagonisten, sondern daneben auch an seinem Weg und seinem Umfeld und wie er darauf reagiert, lesen lässt.

                                                Josey Wales ist ein Entwurzelter, ein Farmer, ein domestizierter Mann, der erst zum Frontier werden muss. Einer der in erster Linie aus rein menschlichen Beweggründen handelt, nicht wie seine Vorgänger von niederem Profitstreben gesteuert wird. Wales ist vielmehr einer, der aufgrund politischer Umstände alles verliert was ihm heilig ist, zunächst den Weg der Vergeltung sucht, damit jedoch scheitert, um sich dann auf etwas neues einzulassen. Vielmehr passiert es ihm und er wehrt sich nicht dagegen, lernt das Miteinander schätzen, verteidigt letztendlich die neu gewonnene Familie, die Gemeinschaft.

                                                Damit gelingt dem Regisseur Eastwood auch etwas neues, im Kontext des Genres, indem er sowohl den Ford'schen Mythos der Realität anpasst, als auch dem stilisierten Symbolismus seines unmittelbaren Lehrmeisters Sergio Leone Menschlichkeit und Wärme verleiht. Etwas das später in Filmen wie UNFORGIVEN (1992), MILLION DOLLAR BABY (2004) oder GRAN TORINO (2008) immer wieder aufgegriffen und variiert wird.

                                                13
                                                • 9

                                                  IO SONO L'ABISSO von Donato Carrisi ist die kongeniale Verfilmung seiner eigenen literarischen Vorlage, wobei es ihm gelingt eine nahezu perfekte Umsetzung seines Textes präzise abzubilden. Das ist nachhaltig verstörend, niemals anbiedernd, artifiziell und abgründig. Der Autor und Regisseur zieht ohne Kompromisse seinen Stiefel durch und beweist damit Mut in der heutigen Kino-Landschaft, weil er bereit ist das Publikum vor den Kopf zu stoßen, indem er Themen in den Mittelpunkt rückt, bei denen sich die meisten abwenden. Sein Gleichnis über Verbrechen und Schuld , die Frage wer Täter und wer Opfer ist, bewegt sich in einer gesellschaftlich tabuisierten Grauzone, die es dem Zuschauer fast unmöglich macht, Partei zu ergreifen. Man darf dabei nicht vergessen, dass sowohl der Roman (2022 erschienen bei ATRIUM), als auch der Film von einem wahren Fall inspiriert sind, den der Jurist, Kriminologe und Verhaltensforscher Carrisi, der sein Talent bereits mit seinen beiden früheren Filmen eindringlich bewies, hier bearbeitet hat.

                                                  13
                                                  • 8

                                                    Aufblende: L.A. bei Nacht. Ein Greyhound fährt ins Bild, hält an. Auf der anderen, uns abgwandten Seite steigen Passagiere aus und zu, der Bus fährt ab. Wie sehen nun einen Mann (Dan Duryea), der an einer Hausmauer lehnt. Er trägt einen abgetragenen Anzug und einen Hut und starrt nach oben. Wir folgen seinem Blick. Er gilt dem gegenüberliegenden Hochhaus, genauer, einem bestimmten Fenster. Unser Blick fährt durch die halbverschlossene Jalousie in die dahinterliegende Wohnung. Eine schöne Frau (Constance Dowling) kleidet sich gerade an und verabschiedet gleichzeitig ihre Haushälterin, die im Nebenzimmer wartet, mit der Bitte, bevor sie ginge noch eine Platte aufzulegen. Der Song HEARTBREAK ertönt, eine traurige Ballade über unerfüllte Liebe. Die Frau fragt wütend erregt, ob es denn unbedingt dieses Lied sein müsse und schaltet es ab. Die Haushälterin geht. Derweil betritt der Mann von eben die Lobby des Wohnhauses, wird aber vom Portier daran gehindert. Der Mann sagt, dass er zu Ihr wolle, Sie sei schließlich seine Frau. Er bleibt erfolglos, wird nicht durchgelassen. Auf Anweisung. Es kommt zum Handgemenge, der Portier behält die Oberhand. Der Mann wendet sich zum gehen. Ein anderer Mann (Peter Lorre) betritt das Haus, sagt, Sie würde ihn erwarten. Er darf passieren. Wenig später ertränkt der erste Mann, sein Name ist Martin Blair, seinen Frust in einer Bar im Alkohol und spielt am Klavier unentwegt das Lied HEARTBREAK. Er hat es geschrieben, es ist von ihm. Die Frau in der Wohnung, Mavis Marlowe, ist mittlerweile tot. Sie war die Sängerin des Liedes. Irgendwann danach wird ein Mann (John Phillips) von Inspektor Flood (Broderick Crawford) wegen des Mordes an ihr verhaftet und später zum Tode verurteilt. Dessen Ehefrau Catherine (June Vincent) glaubt nicht an seine Schuld und beginnt auf eigene Faust nach dem wahren Täter zu suchen. Sie findet den völlig heruntergekommenen Martin. Gemeinsam versuchen sie herauszufinden was wirklich geschehen ist.

                                                    Unheilschwanger, zu schwermütiger Musik, senkt sich die Kamera in das nächtliche Los Angeles. Die Stadt der Engel. Die Stadt der Träume. Die Stadt der Illusionen. Vom ersten Moment an spüren wir, dass diese Gechichte nicht gut ausgehen wird. Was sich freilich schon an der Besetzung erkennen lässt. Mit Dan Duryea wurde nicht gerade eine strahlend vorbelastete Lichtgestalt engagiert, sondern ein eindeutig zweideutiger Zeitgenosse, der gern auch direkt als zwiespältige Persönlichkeit wahrgenommen wird. Duryea, der den meisten Liebhabern klassischer Filmschätze, Rezensent eingeschlossen, aus unzähligen Film Noir's und Western der Vierziger und Fünfziger Jahre bekannt sein dürfte, musste Zeit seiner gesamten Karriere in Nebenrollen, zumeist als Antagonist des Helden verbringen, jedoch nicht ohne den eigentlichen Stars der jeweiligen Filme ein ums andere Mal die Show zu stehlen. Doch ein paar Mal, wie hier im Film Noir BLACK ANGEL (Roy William Neill, 1946), oder zwei Jahre später im Western BLACK BART (George Sherman, 1948), durfte er als Hauptdarsteller ran und was soll man sagen, er machte seine Sache ausgesprochen gut. Leider blieb es bei wenigen B-Film-Versuchen den charismatischen Schauspieler als A-Lister zu etablieren und so musste er in der Folge bspw. James Stewart des öfteren das Leben schwer machen. Womit er sich aber in guter Gesellschaft befindet. Filmkollege Peter Lorre teilte bekanntlich ein ähnliches Schicksal. Nichtsdestotrotz ist es zumindest die Besonderheit gerade dieser Besetzung, die den vorliegenden Film so erfrischend anders und damit unvorhersehbar und sehenswert macht. In gerade einmal 77 Minuten entfaltet die auf einem Roman des Noir-Poeten Cornell Woolrich basierende Story von der ersten Minute an einen unaufhaltsamen Sog, der durch die oft unwirklich, traumähnlich scheinenden Sequenzen noch unterstrichen wird. Die beiden Songs HEARTBREAK und TIME WILL TELL tragen ihr übriges zur Atmosphäre bei. Stilistisch ist der Film wie aus einem Guß, das Spiel mit Licht und Schatten könnte nicht besser funktionieren. Der routinierte Kameramann Paul Ivano erweist sich als echter Glücksfall, besonders in der beschriebenen Auftaktsequenz, mit der es ihm gelingt bereits den ganzen Film auf eine Spur zu bringen, die er bis zum überraschenden Ende nicht mehr verlassen wird. Für Regisseur Roy William Neill war es der letzte Job, bevor er sich in den Ruhestand begab und kurz darauf starb. Er hätte sich keinen besseren letzten Film wünschen können.

                                                    Fazit: Überaus einfallsreich inszenierter Film Noir nach einem Roman von Cornell Woolrich mit einer der besten Darstellungen von Dan Duryea.

                                                    13