Framolf - Kommentare

Alle Kommentare von Framolf

  • 5 .5

    Science Fiction Kammerspiel, das überwiegend leise Töne anschlägt. Ausgehend von einem technischen Problem entwickelt sich eine ethische Fragestellung, die aber eher angeschnitten als komplett ausdiskutiert wird. Streckenweise verliert man sich eher im charakterbezogenen Klein-Klein. Wirkliche Spannung (im doppelten Wortsinn) kommt erst im Schlussdrittel auf. Obwohl eigentlich spätestens ab der Hälfte der Laufzeit die Interessen der Figuren deutlich auseinanderdriften, läuft die Erzählung überraschend reibungsarm ab. Gegen Ende gibt es dann so etwas ähnliches wie eine verhalten vorgetragene Actionsequenz, doch auch diese findet auf eher gebremstem Niveau statt.

    Insgesamt ist 'Stowaway' für Fans ruhiger Science Fiction Filme durchaus einen Versuch wert, doch man sollte sich bewusst sein, dass keiner der beiden Wege mit allerletzter Konsequenz eingeschlagen wird (also weder philosophische noch der thrillerartige). Herausgekommen ist stattdessen eine Mischung aus beiden Ansätzen, die das Tempo nur dosiert erhöht und ihr volles Eskalationspotenzial allenfalls andeutungsweise ausreizt. Keine schlechte Wahl für eine Sichtung; mit einem einmaligen Durchgang dürfte es für die meisten Zuschauer dann aber auch getan sein.

    28
    • 6 .5
      Framolf 16.07.2021, 08:57 Geändert 23.10.2021, 06:22

      Es ist wie so oft im MCU bzw. bei Disney: Technischer Prunk trifft auf erzählerische Armut. Doch auch wenn die ohnehin schon recht dünne Geschichte nicht gerade durch Innovationen glänzt, gerät der Unterhaltungsfaktor hier durchaus solide. Immerhin entwertet sich die Geschichte nicht durch endlose Blödeleien selbst und für die Darstellung der Charaktere steht äußerst renommiertes Personal zur Verfügung (unter ihnen die Oscar Gewinner Rachel Weisz und William Hurt sowie die Nominees Scarlett Johansson und Florence Pugh). Zwar wird diesen namhaften Schauspielern nicht übermäßig viel abverlangt, aber die Inszenierung veredeln sie allemal.

      Das Drehbuch zitiert sich munter durch diverse Sequenzen verschiedener populärer Agentenfilme, ohne jedoch selbst eine Spionagegeschichte abzuliefern, die dieses Prädikat auch verdient. Letzteres ist jedoch keineswegs negativ gemeint, denn schließlich sollte hier in erster Linie Superhelden-Action abgeliefert werden, was auch mehr als passabel gelang.

      Angesichts des zugrunde liegenden politischen Weltbildes kann man aber eigentlich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Auf der einen Seite stehen die Avengers, deren Individualismus – abgesehen von verbindenden Elementen in den Backstories - regelrecht zelebriert wird (auch und besonders in den Einzelabenteuern). Jeder von ihnen verfügt über eigene Fähigkeiten, mit denen er die Truppe bereichern kann und findet dort Freunde für's Leben. Und natürlich kommt auch der Spaß nicht zu kurz, wenn die Welt gegen das Böse verteidigt wird. Müßig zu erwähnen, dass jeder von ihnen sein eigenes Outfit trägt. Auch wenn es hier fast ausschließlich um Black Widow geht, steht die gesamte Combo natürlich stets als sprichwörtlicher Elefant im Raum. Auf der anderen Seite findet sich eine russische Armee, deren uniformierte Streitkräfte nur durch Gedankenkontrolle gesteuert, manipuliert und in den Kampf geschickt werden können. Wer zieht schon gerne mit so einem tristen Haufen in die Schlacht? Die Wahl der Seiten dürfte für das Publikum also klar sein. Darüber hinaus gibt es aber auch auf russischer Seite einen Vertreter des Kapita..., äh Superheldentums. Zwar wird dieser als degenerierte Witzfigur (fett, moralisch verkommen und mit einem albernen Kostüm ausgestattet - und sogar ein Schwein ist nach ihm benannt) präsentiert, aber er ist – zumindest auf irgendeine verdrehte Weise – im Dienst des Kap..., äh des Guten unterwegs. Das Nirvana-Cover zu Beginn des Filmes wirkt angesichts dieser Implikationen wie die zynische Krone auf der Inszenierung.

      Auch wenn sich der Kommentar jetzt deutlich negativer lesen mag, als es die Punktzahl erwarten lässt: Was den Unterhaltungsfaktor und die Besetzung betrifft, kann sich 'Black Widow' (zumindest meiner subjektiven Meinung nach) durchaus sehen lassen. Dass man erzählerisch aber jegliches Risiko scheut und dem Zuschauer ein Weltbild aus dem letzten Jahrhundert zumutet, trübt das Vergnügen dann aber doch wieder deutlich. Dass die Post Credit Scene zu Marketingzwecken genutzt wird, versteht sich fast von selbst. In diesem Sinne: Alles beim Alten im MCU. Beim ganz alten sogar...

      6 - 6,5 Punkte.

      30
      • 6
        Framolf 10.07.2021, 03:41 Geändert 10.07.2021, 04:54

        Halbwegs ungewöhnliche True Crime Doku über zwei Mädchen, die mehrmals auf eine Mitschülerin einstechen, um dem Internetphänomen Slenderman zu huldigen und seine Gefolgschaft antreten zu dürfen.

        Was steckt dahinter? Eine unkonventionelle Verteidigungsstrategie der Anwälte? Ein bizarrer Kult? Oder doch eine psychische Erkrankung? Und wie lässt sich ein derartiges Verbrechen angemessen juristisch aufarbeiten? Irene Taylor Brodsky schickt sich an, Antworten auf diese Frage zu finden, was ihr teilweise auch gelingt. Dabei zeichnet sie anhand von Originalaufnahmen aus den Verhören das Bild zweier extrem unterkühlt wirkender Täterinnen, die sich teils gegenseitig die Schuld zuschieben, teilweise aber auch freimütig zugeben, was sich am Tatort zugetragen hat und sich um Kopf und Kragen reden. Müßig zu erwähnen, dass bei den polizeilichen Befragungen weder Eltern noch Strafverteidiger zugegen sind.

        Eine Sichtung von 'Beware the Slenderman' lohnt sich alleine schon wegen des ungewöhnlichen Charakters dieses Falles. Doch was lässt sich aus Brodskys Dokumentation mitnehmen? Schwer zu sagen. Zwar werden viele Dimensionen dieses Falles angerissen, wirklich durchdekliniert wird allerdings keine davon. Kann man mal sichten, muss man aber nicht. Eigentlich egal, wie ihr euch entscheidet: Wenn Slenderman euch holen will, macht er es sowieso. ;-)

        28
        • 5
          Framolf 09.07.2021, 03:25 Geändert 06.04.2022, 04:29
          über Cruella

          Oscar Madness Film 146 (1 Auszeichnung, 1 weitere Nominierung)

          Ändert sich der Inhalt eines Disneyfilmes, wenn man ihn in 'Joker'-Geschenkpapier einwickelt? Wohl kaum. Aber dort, wo eine Veränderung des Kerns ohnehin nicht gewollt ist, bleibt zur Variation eben nur die Hülle übrig. Cineastische Kosmetik also. Und so trifft es sich auch ganz gut, dass 'Cruella' im Mode-Business angesiedelt ist. Denn schließlich wäre in der Welt des Mäusekonzerns (nahezu) gerne jede(r), der/die nicht zum Prinzen oder zur Prinzessin geboren ist, entweder gerne ein Star oder ein Held. Die meisten anderen sind es offenbar nicht wert, in eine Hauptrolle zu schlüpfen. Selbst dann nicht, wenn sie Halbwaisen sind. Nebenfiguren werden in 'Cruella' dementsprechend weitestgehend als Witzfiguren präsentiert.

          Die Handlung präsentiert einmal mehr eine erfolgreiche, altbewährte und mehrfach verfilmte Geschichte in einem neuen Gewand. Wie so oft geht es um ein klassisches Coming of Age Motiv mit einer fast schon teleologischen Zielrichtung. Nicht fehlen darf natürlich auch Disneys mittlerweile fast schon obligatorischer Gruß an das chinesische Publikum. Im Fall von 'Cruella' wird dieser gesendet, indem eine Figur bloßgestellt wird und ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich dabei um einen Japaner handelt.

          In Sachen Ausstattung (sowie allen anderen visuellen Kategorien) wird – wie gewohnt – hoher Aufwand betrieben und es werden mitunter spektakuläre Ergebnisse erzielt. Durch die musikalische Untermalung gleicht eine Vielzahl der Szenen jedoch auch einer Nummernrevue. Denn in Sachen Score wird auf Nummer sicher gegangen und auf einen Charterfolg vergangener Tage folgt der nächste. Denn bei allen Anarchiebestrebungen der Protagonistin: Allzu viele Songs mit ins Programm zu nehmen, die keine Kassenschlager waren und/oder einen gewissen Kultstatus aufweisen, ginge dann doch zu weit...

          Trotz des Faceliftings bleibt also vieles beim Alten. Freuen darf sich das Publikum vermutlich auf unzählige weitere Remakes, die eines Tages wiederum ihrerseits Neufassungen nach sich ziehen werden. Und so wird der Krug eben immer weiter zum Brunnen gehen – so lange es immer wieder neues Geschenkpapier gibt...

          27
          • 8

            Freches, kleines Drama aus Belgien. 'PuppyLove' tänzelt kokett um die feine Linie herum, die die Grenze zwischen gesellschaftlichen Tabus und Handlungen, die von vielen gerade noch toleriert werden, markiert. Gemeinsam mit den beiden Protagonistinnen springt Autorenfilmerin Delphine Lehericey betont frech zwischen beiden Feldern hin und her, ohne sich jemals wirklich weit von der besagten Trennlinie zu entfernen. Ein vollständiges Sittengemälde gelingt dadurch zwar nicht (gibt es so eines überhaupt?), aber zu einer schemenhaften Skizze, die einige Themen metaphorisch auf den Punkt bringt, reicht es allemal. Dabei werden auch Fragen durchdekliniert, über die man durchaus die Stirn runzeln kann. Aber gut, Provokation gehört eben auch zum Kunst- und Kulturhandwerk. Ablehnende Stimmen zu einem Film wie diesem sind also durchaus nachvollziehbar, positive Kommentare allerdings ebenso. Da diese Produktion von 2013 aber sowieso weitgehend unter dem Radar der großen Aufmerksamkeit fliegt, dürften sich allzu ausufernde Diskussionen darüber sowieso erübrigen. :-)

            7,5 - 8 Punkte.

            30
            • 5

              Survival-Horrorthriller aus Frankreich. Zwei Frauen und drei Männer, die sich ohnehin schon nicht ganz grün sind, wollen auf eine gemeinsame Klettertour gehen. Guter Plan, sich in dieser Konstellation ausgerechnet eine Sportart zu suchen, in der es ganz besonders auf gegenseitiges Vertrauen ankommt... Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass der Trip nicht komplett komplikationsfrei ablaufen wird; also stellt sich von Anfang an in erster Linie die Frage, was wohl genau passieren wird. Wie so oft ist also auch im Fall von 'High Lane' – passend zur Klettertour – der Weg das Ziel; und der fällt hier einigermaßen steinig aus. In handwerklicher Hinsicht wird hier überwiegend Hausmannskost geboten. Neben ein paar sehenswerten Landschaftsaufnahmen dominiert hier in erster Linie solides Filmhandwerk, das die Handlung zwar angemessen transportiert, aber eigentlich keine größeren Ambitionen hegt – was auch für das Drehbuch gilt.

              → Für eine einmalige Sichtung okay.

              (Auch wenn er hier derzeit nicht aktiv ist: Danke an Headshot für den Tipp!)

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              • 5

                „Spannungsgeladener Actionthriller mit einer ansprechenden Handlung, guten Effekten und sogar Hubschraubern!“

                So oder oder so ähnlich hätte wohl mein Kommentar zu 'They Want Me Dead' ausgesehen, wenn wir noch immer das Jahr 1992 hätten. Knapp 30 Jahre später wirkt dieser Film aber einfach nur noch wie aus seiner Zeit gefallen. Im besten Falle also wie ein moderner Retrotrip, im schlechtesten wie ein hoffnungslos verspäteter Nachzügler, dessen verstaubtes Drehbuch aus irgendeinem Giftschrank gefischt wurde. Im Grunde merkt man bereits nach den ersten Szenen, wohin hier der (dramaturgische) Hase läuft. Hier zwei Antagonisten, die von Beginn an ein gewisses Bedrohungspotenzial entfalten, dort eine zunächst gut gelaunte Protagonistin, die mit ihren Kollegen verrückte Späße treibt. Und in einem dritten Handlungsstrang ein Vater, der seinen Sohn in paar Geheimnisse einweiht. Wie man schnell erkennt, werden mehreren Zielgruppen Identifikationsangebote gemacht (vor allem männlichen Kindern und Jugendlichen sowie weiblichen und männlichen Erwachsenen). Eigentlich fehlt in dieser Hinsicht nur noch der – in diesem Genre fast schon obligatorische – Vater der Hauptfigur, der sich irgendwann tapfer selbst opfert.

                Wie auch immer, für zwischendurch machen rückwärtsgewandte Filme wie dieser durchaus Spaß und ökonomisch vielleicht sogar Sinn (sofern nicht gerade eine Pandemie wütet), aber grundsätzlich dürfte es schon Gründe haben, dass die ganz große Zeit derartiger Produktionen bereits einige Jahrzehnte zurückliegt.

                → Durchaus passend, um etwas Abwechslung auf die cineastische Speisekarte zu bringen. Recht viel mehr sollte man aber besser nicht erwarten.

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                • 6

                  Atmosphärischer 80er-Jahre-Horrorthriller von John Carpenter.

                  Ein Forschungsteam, bestehend aus einigen Dozenten und Studenten (viele von ihnen offenbar schon mindestens im 38. Semester), will bzw. soll in einer Kirche einem rätselhaften Artefakt auf den Grund gehen, während sich vor dem Gotteshaus eine Gruppe von Anhängern eines satanischen Kult versammelt (unter ihnen Alice Cooper). Gefahr droht also innerhalb der Kirche ebenso wie außerhalb. Schlechte Voraussetzungen für die Charaktere, eher gute hingegen für Horrorfans - nicht zuletzt auch aufgrund Carpenters Score, der gleichermaßen kreativ wie stimmungsvoll daherkommt. Aber eigentlich ist alleine schon der Cast für Fans von 80er-Jahre-Produktionen eine Sichtung wert. Neben Donald Pleasence sind beispielsweise auch Jameson Parker ('Simon & Simon') und Thom Bray ('Trio mit vier Fäusten') mit dabei. Die Handlung bietet aus heutiger Sicht zwar nur in Teilaspekten Überraschungen, was aber dem Film an sich natürlich keinesfalls anzulasten ist, da wahrscheinlich eher umgekehrt ein Schuh daraus wird: Manche Handlungselemente haben sich eben auch über Jahrzehnte hinweg bewährt.

                  Gerade noch 6 Punkte.

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                  • 5 .5
                    Framolf 02.07.2021, 03:03 Geändert 02.07.2021, 05:10

                    Unscheinbarer Psychothriller aus Uruguay. Drei Männer und eine Frau (der Begriff „Freunde" wäre hier nicht wirklich passend) treffen sich zum Grillen und Chillen an einem abgelegenen See. Zwei der Herren befinden sich in einer Konkurrenzsituation und mobben sich gegenseitig. Zunächst halbwegs subtil, doch langsam, aber stetig schaukelt sich die Situation hoch. Nicht die besten Voraussetzungen für einen entspannten Sommertag...

                    Rein stilistisch erscheint 'In the Quarry' sozusagen als eine Art Kammerspiel unter freiem Himmel. Die gesamte Handlung findet in einem Umkreis von wenigen Dutzend Metern statt und bezieht ihre Spannung mehr oder weniger ausschließlich aus der Figurenkonstellation und der Erwartungshaltung des Publikums. Denn eigentlich ist von vornherein klar, dass der Tag nicht für alle vier Beteiligten glücklich enden wird. Aber die Frage ist eben, wer welchen Preis zu entrichten haben wird.

                    'En el pozo' (so der Originaltitel) erfindet ganz sicher das Rad nicht neu, aber auch - und gerade wegen - der straffen Laufzeit von nur 82 Minuten muss man als Genrefan gar nicht groß grübeln, ob sich eine Sichtung vielleicht lohnen könnte; ganz besonders dann nicht, wenn man ohnehin eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber Produktionen aus eher exotischen Filmländern mitbringt.

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                    • 5 .5

                      Unscheinbarer Horrorthriller mit Logan Miller und Alexandra Daddario, der vielversprechend beginnt, dann aber doch lieber den konventionellen Weg wählt.

                      Drei junge Frauen lernen auf der Fahrt zu einem Konzert drei männliche Konzertgänger kennen, während die Region von einer Mordserie erschüttert wird. Mehr sollte man im Vorfeld auch gar nicht wissen, um sich die (ohnehin schon spärliche) Handlung nicht noch endgültig zu verderben.

                      Allerdings gibt 'We Summon the Darkness' auch in handwerklicher Hinsicht nicht allzu viel her, worüber es sich zu schreiben lohnen würde. Denn gerade in Bezug auf die praktische Umsetzung regiert hier in vielerlei Hinsicht der Durchschnitt. Als Horrorhound kann man sicherlich mal einen Blick riskieren – allzu hoch schrauben sollte man die Erwartungen im Vorfeld aber besser nicht.

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                      • 6 .5

                        Just another true crime documentary? Ja und nein. Denn einerseits wird von einem fast schon klassischen Betrugsfall berichtet, andererseits werden dabei aber indirekt auch mehrere Aspekte thematisiert, an denen Teile der Kapitalmärkte kranken und die mittlerweile fast schon als systemimmanent erscheinen.

                        Manche Investoren gelten ja bekanntlich als eiskalt und gierig, aber genau aus diesen beiden Eigenschaften kann natürlich ein blinder Fleck resultieren, wenn sich fehlende Menschenkenntnis und ignorantes Gewinnstreben vermischen. Und genau an dieser Schnittstelle setzt Elizabeth Holmes an, indem sie potentiellen Geldgebern offenbar genau die Show bietet, die diese sehen wollen. Sie kleidet sich wie Steve Jobs und imitiert einige seiner bekannteren Gesten, legt sich eine rührselige Backstory zu und reichert diese mit ein paar Details an, die glaubwürdig wirken sollen und offenkundig ihre Wirkung auch nicht verfehlen. Der Sogeffekt, den prominente Geldgeber auf andere Investoren und Politiker haben, tut sein übriges dazu. Wenn dann noch ein protziger Firmensitz an einem prestigeträchtigen Ort hinzu kommt und von großen Visionen geschwärmt wird, ist das Blendwerk im Grunde genommen vollends angerichtet und selbst augenscheinliche Unstimmigkeiten werden ausgeblendet.

                        Die im vorliegenden Fall angepriesene Edison-Maschine ist (gemessen an den kolportierten Funktionen) viel zu klein, wird versteckt gehalten und mit emotionalen Werbespots beworben, die dicker kaum auftragen könnten. Eigentlich ist es kein großes Geheimnis, dass in der Werbung besonders dann Affekte angesprochen werden, wenn es an Sachargumenten mangelt. Alarmzeichen gab es also eigentlich genug. Aber Gier macht oftmals eben auch blind für derlei Warnzeichen.

                        'The Inventor' zeichnet das Bild einer (mutmaßlich) eiskalt berechnenden Newcomerin aim Silicon Valley, die ganz bewusst auf die Schwachstellen diverser Investoren zu zielen scheint und einen schier unfassbaren Impact entwickelt. Ein rein amerikanisches Phänomen? Mitnichten. Auch hierzulande gab es ja auch schon einige ähnlich gelagerte Fälle und auch aktuell drängt sich der Verdacht auf, dass es einige Luftnummern auf den Kapitalmärkten gegen könnte. Teilweise stehen ja schon die grundlegendsten Kennzahlen in einem derartigen Missverhältnis, dass man bei Übertreibungen auf den Märkten nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Nicht selten werden die Vertreter solcher Firmen trotzdem noch von ranghohen Politikern regelrecht hofiert. Was also tun? Aus den Fehlern lernen? Das System verändern oder zumindest nachjustieren? Einfach weiter so und darauf hoffen, dass es nie wieder vorkommt? Oder die Märkte noch stärker deregulieren und sich die Ohren zuhalten, bevor es knallt?

                        Wetten werden ausdrücklich NICHT angenommen, da die Marschrichtung ohnehin klar ist...

                        (Danke an smartbo für den Tipp)

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                        • 6
                          Framolf 25.06.2021, 03:08 Geändert 25.06.2021, 03:13

                          Kriminalkomödie bzw. Thrillerfarce in verhältnismäßig namhafter Besetzung (Allison Janney, Mila Kunis, Awkwafina, Ellen Barkin, Matthew Modine, Samira Wiley, Juliette Lewis, Jimmi Simpson und einige mehr). Besonders bemerkenswert sind hier übrigens Regina Hall und Clifton Collins, die hier beide mit legendären Frisuren unterwegs sind...!

                          Das Drehbuch und die Regie atmen den Geist der Coen Brüder, ohne aber tatsächlich deren Fallhöhe zu erreichen. Die Geschichte ist gespickt mit Skurrilitäten und die Erzählung erhebt das Missverständnis zum leitenden Prinzip. Zahlreiche Absurditäten basieren hier auf einem Mangel von Kommunikation oder sonstigen Fehleinschätzungen. Die „blinden Flecken“ ergeben – gepaart mit einem äußerst unreflektiertem Hang einiger Charaktere zur Gewalt – eine Gesamtsituation, die chaotischer und zerstörerischer kaum sein könnte. Denn lebend kommen hier beileibe nicht alle Charaktere heraus.

                          Zugrunde liegt der Geschichte (bei aller Affinität zu satirischen Überspitzungen) eine Art Hilfeschrei der Protagonistin, die zunächst eigentlich einfach nur mal wahrgenommen werden will. Bis sich die Sache eben verselbstständigt und völlig aus dem Ruder läuft. Daher bei aller Blödelei: Seid achtsam zueinander und erweist euch Respekt. Denn auch wenn die Ereignisse hier durchaus makabere Scherze nach sich ziehen, ist das wahre Leben eben doch kein Hollywood-Film.

                          6 Punkte mit leichter Tendenz nach oben. Hier und da könnte die ganze Produktion etwas geschliffener daherkommen, aber in Anbetracht des zurückliegenden Lockwdowns und ausgehungerter Kinozuschauer gibt es sicherlich schlechtere Varianten, einen Abend zu verbringen, als mit diesem Film.

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                          • 5 .5

                            Horror im B-Movie-Stil mit Jeffrey Dean Morgan ('The Walking Dead').

                            Die Geschichte stellt im Grunde genommen eine Variation der Handlung der HBO-Serie 'Carnivale' dar – allerdings in einer recht profanen Umsetzung, die jeglichen künstlerischen Anspruch der besagten Serie vermissen lässt.

                            Im Umfeld einer Kirchengemeinde kommt es zu wundersamen Heilungen, wodurch sich der Ort schnell zu einer Pilgerstätte wandelt. Noch lange bevor für die Öffentlichkeit zweifelsfrei klar ist, ob hier die Mutter Gottes, der Leibhaftige oder einfach nur der Zufall wirkt, zieht die (katholische) Kirche schon mal einen florierenden Handel mit Merch-Produkten auf (Anklänge an die Tempelszene wirken dabei alles andere als zufällig) und lässt nebenher prüfen, ob es sich bei den Geschehnissen um echtes Wunder handelt. Doch – wie so oft im Horrorgenre – haben positive Ereignisse auch ihren Preis. Wie hoch dieser wohl sein wird...?

                            Zwar lässt 'The Unholy' vieles von seinem Potential brach liegen und auch die Umsetzung wirkt – etwas euphemistisch formuliert – nicht übertrieben ambitioniert, doch wer die Erwartungen nicht allzu hoch schraubt, kann hier durchaus solide unterhalten werden. Etwas mehr Mut wäre den Autoren aber in jeglicher Hinsicht zu wünschen gewesen. Doch offenbar hatte man von vorherein nur den Anspruch, eine klassische Direct to DVD Produktion zu erstellen. Ohne die speziellen Umstände rund um die Pandemie und die Lockdowns wäre diese Produktion vermutlich eher nicht in den Kinos gelandet.

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                            • 4
                              Framolf 21.06.2021, 01:33 Geändert 21.06.2021, 04:09

                              Größter Pluspunkt: Typischer 'Resident Evil' Film.
                              Größter Minuspunkt: Typischer 'Resident Evil' Film.

                              Kennste einen, kennste alle - und doch macht es (trotz meiner recht geizigen Punktewertung) durchaus irgendwie Spaß, sich hin und wieder einen dieser Filme anzuschauen. Zumindest einigermaßen. Im Großen und Ganzen läuft auch diese Episode ziemlich genau so ab, wie man es vorher vermuten würde:

                              'Vendetta' greift mehrere Handlungselemente aus 'Damnation' wieder auf (zwei Alphatiere, die sich vor ihrem gemeinsamen Feldzug erstmal zusammenraufen müssen usw.) und auch sonst wird das althergebrachte Rezept einmal mehr verwurstet, dieses mal aber in durchaus sehenswerten Bildern. Alleine deshalb lohnt sich eine Sichtung schon. Ansonsten wird eben der typische Fanservice geboten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Innovationen sollte man sich aber lieber nicht erhoffen.

                              → Eigentlich ein Film, den die Welt nicht braucht, aber dennoch halbwegs sehenswert.

                              3,5 – 4 Punkte.

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                              • 5 .5

                                Solider Start ins deutlich verkürzte Kinojahr 2021.

                                'Malasana 32 – Haus des Bösen' zitiert sich munter durch die Horrorfilm- und Spukhausgeschichte (wobei es sich hier strenggenommen um eine zweigeteilte Spukwohnung handelt) und geht auch mit dem gewählten 70er-Jahre-Setting auf Nummer sicher. Ohne jetzt die ohnehin schon altbekannten und -bewährten Zutaten noch spoilern zu wollen, kann man auf jeden Fall festhalten, dass man die grundlegenden Elemente mehr oder weniger alle aus 'The Conjuring', 'Insidious', 'Sinister', 'Poltergeist' usw. kennt, aber die Mischung funktioniert dennoch einigermaßen. Fast interessanter ist jedoch die Gesellschaftskritik, die sich im Subtext der Handlung abspielt:

                                [SPOILER!! - auch zur Auflösung des Filmes!!]
                                Die Grundvoraussetzung für das Unglück, das sich hier abspielt, ist ganz offenkundig das boshafte Gesicht des Spießbürgertums. Eine Familie, deren gesellschaftlicher Ruf aufgrund einer Affäre der Mutter zerstört ist, zieht aus einem Dorf nach Madrid und wird dort von einer gequälten Seele heimgesucht, die dereinst ihrerseits Opfer von Gewalt wurde, die zum Ziel hatte, der besagten Person Extravaganzen „auszutreiben“, die wohl schlechtes Gerede der Nachbarn nach gezogen hätten (bzw. haben).
                                [SPOILER ENDE]

                                Es mag sein, dass einige Dinge, die zur Mitte des 20. Jahrhunderts noch einen Skandal darstellten, heute niemanden mehr interessieren; doch in veränderter Form sind gesellschaftliche Zwänge und sozialer Druck bekanntlich nach wie vor akut. In vielen (zumeist ländlichen) Gegenden durchaus auch in ähnlicher Form, wie in der vorliegenden Geschichte angedeutet. Und somit weist 'Malasana 32' (zumindest in Spuren) eben auch gesellschaftliche Relevanz auf – wie es sich für viele Horrorfilme gehört, die etwas auf sich halten. Wirklich originell wird die Handlung damit natürlich noch lange nicht, aber für einen passablen Horrorabend reicht es allemal.

                                Gerade noch 5,5 Punkte.

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                                  Framolf 16.06.2021, 02:19 Geändert 16.06.2021, 02:19

                                  Die Handlung ist dieses mal in der fiktiven „Ostslawischen Republik“ angesiedelt, ansonsten bleibt vieles wie gewohnt. An und für sich ist das ja auch durchaus legitim, aber die Storyline rund um die Präsidentin wirkt schon enorm unbeholfen. Schade eigentlich, denn der grundsätzliche Ansatz bietet durchaus die Voraussetzungen für einen sehenswerten Film. Für eine einmalige Sichtung ist 'Damnation' sicher auch geeignet (und gerade die eisernen Fans der Reihe scheinen ja durchaus großen Spaß daran zu haben, wenn man die bisherigen Kommentare dazu betrachtet), doch einige trashige Anwandlungen des Drehbuchs bringen den Film (zumindest in meinen Augen) um eine bessere Wertung.

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                                  • 4

                                    'Resident Evil'-Animationsfilm in Computerspiel-Optik. Das Drehbuch erfindet das Rad nicht gerade neu und erzählt eine nicht allzu unvorhersehbare Geschichte eines weiteren Ausbruchs, der sieben Jahre nach den Vorfällen in Raccoon City stattfindet.

                                    Gleich zu Beginn liegt in der Flughafenszene ein gewisser Hauch von 'Tony Hawk's Pro Skater 3' in der Luft und man möchte am liebsten sofort loslegen und sich auf's Board stellen. :-) Grundsätzlich wirken die Animationen an manchen Stellen etwas kantig, stellenweise jedoch auch durchaus ansehnlich. Eigentlich handelt es sich bei 'Degeneration' um einen Film, den die Welt nicht braucht, andererseits hat man aber auch schon zahlreiche schlechtere Produktionen gesehen und der Film bietet eine erneute Möglichkeit, in die Welt von 'Resident Evil' ein- bzw. abzutauchen. Mein Fazit daher: Noch okay.

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                                    • 7 .5

                                      Halbwegs düstere – auf einer Romanvorlage basierende – Krimiserie. Erzählt wird von den Ermittlungen zu einem Mordfall, der möglicherweise in Verbindung zu einem weiteren ungeklärten Fall stehen könnte, der ungefähr zwei Jahrzehnte zurückliegt und am selben Tatort stattfand. Die beiden Ermittler, die ähnlich wie Linden und Holder ('The Killing') zahlreiche Brüche in ihren Biographien aufweisen, tauchen bei ihrer Suche nach dem Mörder zugleich in ihre eigenen Abgründe aus der Vergangenheit hinab.

                                      Gegen Ende wird es etwas verworren und einige Aspekte der Handlung erscheinen nur noch bedingt plausibel, was aber offenbar genau so gewollt ist, zumal besonders über die zweite Hälfte der Miniserie hinweg ohnehin mehr oder weniger durchweg mit einem gewissen Hang zur irischen Mythologie bzw. Mysthik kokettiert wird. Wer beispielsweise den 2020 für einen Oscar nominierten Animationsfilm 'Wolfwalkers' gesehen hat, wird sich bereits vorab grob eine Vorstellung davon machen können, auf welche Legenden hier angespielt werden könnte. Personen verschwinden im Wald, andere tauchen unvermittelt aus dem Dickicht auf, doch die Verwunderung einiger Einheimischer hält sich halbwegs in Grenzen. Ein echter Ire ist eben so einiges gewohnt...

                                      Gerade noch 7,5 Punkte.

                                      Fun Fact: Hauptdarsteller Killian Scott (bürgerlich Cillian Murphy – aber der Name war im Schauspielsektor halt schon anderweitig vergeben) und Nebendarsteller Tom Vaughan-Lawlor (diesen Namen gibt es vermutlich nur einmal im Filmbusiness ^^) kennen sich bereits bestens aus der irischen Gangsterserie 'Love/Hate', in der ersterer einen zum Pflegefall gewordenen jungen Mann und der andere einen Schwerverbrecher spielt. In 'Dublin Murders' wechseln beide die Seiten und sind in Diensten der Polizei unterwegs. Obwohl beide recht große Rollen einnehmen, hält sich ihre gemeinsame Screentime jedoch schwer in Grenzen.

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                                      • 6

                                        Die Doku-Mini-Serie 'Leavenworth' beschäftigt sich mit der Tötung zweier afghanischer Motorradfahrer durch US-Amerikanische Soldaten und der Frage, ob es sich dabei um ein Kriegsverbrechen handelt oder nicht. Angeklagt war seinerzeit der Lieutenant, der die Schüsse anordnete und von sämtlichen Mitgliedern „seines“ Platoons unisono belastet wird. Er hingegen behauptet, „seine“ Leute hätten sich gegen ihn verschworen, weil er homosexuell sei.

                                        Um es etwas abzukürzen: Die juristische Aufarbeitung gestaltet sich problematisch, weil hier Aussage gegen Aussagen(n) steht und es zwar vage Indizien, aber keine unumstößlichen Beweise für die eine oder andere Argumentation gibt. Die moralische Frage gestaltet sich ähnlich diffizil, weshalb die Produzenten der Doku auch beide Seiten mehr oder weniger gleichwertig einander gegenüberstellen. Hier der Beschuldigte, sein Anwalt und einige Familienangehörige, dort diverse Mitglieder des besagten Platoons. Wem man Glauben schenken möchte, bleibt den Zuschauern weitestgehend selbst überlassen, Eingriffe durch die Filmemacher finden (im Vergleich zu anderen True-Crime-Dokus) nur auf relativ moderate Weise statt.

                                        Aus den genannten Gründen stellt sich dann auch die dritte Dimension dieses Falles als die vielleicht interessanteste heraus. Denn in politischer Hinsicht wird hier die scheinbar in Stein gemeißelte Dichotomie aus Demokraten und Republikanern regelrecht ad absurdum – oder zumindest an ihre Grenzen – geführt. Einige streng konservative Kommentatoren (unter ihnen so manche berühmt-berüchtigte Radiomoderatoren) stellen sich auf die Seite des Offiziers und erzeugen somit öffentlichen Druck für eine Wiederaufnahme des Falles – sehr zur Enttäuschung der restlichen beteiligten Soldaten, die sich (und die gesamte Army) durch die besagten Rundfunkanstalten verraten fühlen. Auf der höchsten politischen Ebene wiederum befindet sich in dieser Causa der damalige Verteidigungsminister Mark Esper in Opposition zu seinem Präsidenten Donald Trump. Und viele liberale sowie gemäßigte konservative Medien ignorieren den Fall weitestgehend, wodurch sich Clint Lorance (der beschuldigte Lieutenant, der übrigens auch mit Chelsea Manning befreundet ist) im Stich gelassen fühlt.

                                        Anders formuliert: Grundsätzlich wäre durchaus auch einige gegenteilige politische und mediale Positionierung denkbar gewesen, also (um es etwas überspitzt formuliert auszudrücken) liberale und gemäßigt konservative Medien auf Seiten des homosexuellen Offiziers und konservative Hardliner auf Seiten der Militärs; aber einige Details dieses Falles sowie die hinlänglich bekannten Verwerfungen, die die Trump-Administration mit sich brachte (kolportiertes Misstrauen gegen staatliche Stellen und das vermeintliche Establishment), sorgen eben für die besagte Gemengelage und eine Art Skizzierung des Dilemmas der GOP in a nutshell, wenn man so möchte.

                                        Sehenswert? Schwer zu sagen und abhängig von den persönlichen Präferenzen und Interessen – sehr viel mehr noch als bei den allermeisten anderen True-Crime-Dokuformaten.

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                                        • 4

                                          Ein Wiedersehen mit Michael Knight und Devon Miles in der Zukunft. Im Jahr 2000 (aus der Sicht von 1991) können Autos zwar immer noch nicht fliegen, aber Strafgefangene werden eingefroren und Gehirne durch implantierte Mikrochips optimiert. Ein kleines Stück K.I.T.T. kann eben potentiell in jedem von uns stecken...

                                          Der gezeigte Fall ist nicht der Rede wert. Zudem werden einige neue Charaktere eingeführt, die aber weder für diesen Film noch für spätere Produktionen eine nennenswerte Rolle spielen. Von den gewohnten Teammitgliedern Bonnie, April und RC3 hingegen keine Spur. Somit bleibt 'Knight Rider 2000' purer Fanservice, der jedoch selbst dieser Aufgabe nur unzureichend nachkommt. Zwar besser als nichts und immerhin ein kleiner Ersatz für den ausgebliebenen runden Abschluss der regulären vier Staffeln, aber etwas mehr Qualität in Konzept und Ausführung wäre dann doch wünschenswert gewesen.

                                          [Massiver SPOILER] So schön es für Fans auch sein mag, dass Edward Mulhare nochmal für diesen abschließenden Film gewonnen werden konnte, so ärgerlich mutet das unwürdige Ende an, das ihm zugemutet wurde. [SPOILER ENDE]

                                          3 Punkte für den Film plus einen Zusatzpunkt, weil es ja doch noch irgendwie 'Knight Rider' ist.

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                                          • 7 .5
                                            Framolf 01.06.2021, 06:07 Geändert 01.06.2021, 08:54

                                            Das Hemd bis zum Bauchnabel aufgeknöpft, stürzt sich Michael Knight, der nach einer Gesichtsoperation (neue Nase, neues Kinn) selbst von seinen alten Weggefährten nicht mehr erkannt wird, in den Kampf für Gerechtigkeit. Bezahlt wird er dabei offenbar hauptsächlich mit Küssen von Gastdarstellerinnen, wovon er dann in den ersten drei Staffeln aber auch gefühlt in jeder Episode mindestens einen bekommt. Dabei hat er zwei treue Begleiter, die stets gegenwärtig sind:

                                            Sein Wunderauto K.I.T.T., das auch ohne Internetanschluss mehr oder weniger sämtliche Informationen zu allem und jedem bereit hat und überdies im Überwachungsmodus gerne auch mal auf Kameras zugreift, die im leeren Raum - weit entfernt von ihm selbst - stehen. Zudem ersetzen seine medizinischen Scans den Gang zum Arzt. Was mit den Unmengen von Öl geschieht, die er gerne mal auf die Straße kippt, um Verfolger ins Schleudern zu bringen, bleibt aber ungeklärt.

                                            Michaels zweiter treuer Begleiter ist die schier unfassbar hohe Anzahl an Goofs, die in nahezu jeder Episode allgegenwärtig sind. Michael sitzt auf dem Beifahrersitz und steigt dann aus der Fahrertür aus. Oder er steigt mit einem weißen Hemd ins Auto, hat in der nächsten Einstellung während der Fahrt ein schwarzes Hemd an und eine Szene später (noch immer im Auto) wieder ein weißes. Michael und sein Auto können sogar ganze Hügel verschwinden lassen. Ein weiterer toller Trick, bei dem keine Kosten und Mühen gescheut wurden: Hubschrauber landet in einer Grube, Pilot steigt aus, Grube weg! It`s magic! Faszinierend auch, wie ähnlich sich manche Straßen in den USA sehen. Da kann es schon mal vorkommen, dass Michael und K.I.T.T. fünf mal dieselbe Kurve hintereinander durchfahren oder dass in mindestens fünf Episoden dasselbe Flussbett übersprungen wird.

                                            Doch was beim Schnitt verpatzt wird, machen dafür die Drehbücher mit Ideenreichtum wieder wett. Allein in der zweiten Staffel muss Michael mehrfach französische Damen retten und sich wiederholt mit seinem Erzfeind auseinandersetzen, der auch noch sein Doppelgänger ist, den nahezu selben Wagen fährt und dieselbe Stimme hat wie er. Müßig zu erwähnen, dass auch Devon ein Look-alike hat... Auch nicht fehlen dürfen natürlich die regelmäßigen Klassiker mit Waffen, die von einem Militärgelände gestohlen werden. Ebenso prominent dabei: Geschichten über geschmuggelte Diamanten- oder Goldschätze sowie Autorenn-Episoden. Als weiterer roter Faden lassen sich David Hasselhoffs Schauspielkünste begreifen, die immer dann ganz besonders zur Geltung kommen, wenn er in Trance versetzt wird oder einen Gedächtnisschwund erleidet usw. Muss man selbst mal gesehen haben, um es zu glauben!

                                            Trotz der recht hohen Anzahl von immerhin 85 Episoden bleibt die Rolle der Foundation für Recht und Verfassung weitestgehend nebulös. Einerseits wird ihnen auch schon mal ein Durchsuchungsbeschluss vom Gericht ausgestellt, andererseits werden sie von den örtlichen Polizeibehörden zumeist in ihrer Arbeit behindert. Was aber auch daran liegen kann, dass diese ohnehin meist korrupt oder kognitiv limitiert sind...

                                            Fast spannender als die Handlung gestaltet sich hingegen ein Blick auf die Musik. Während anfangs noch eher klassische Filmmusikklänge überwiegen (Bläser etc.), wird ab der zweiten Staffel auf einen regelrecht exzessiven Einsatz von Synthesizerklängen gesetzt, dir alles, nur kein Understatement zum Ziel hat. Wer da keine Spannung aufkommen spürt, muss innerlich tot sein! ^^ Während der beiden letzten Staffeln wird dann auch die Dosis an 80er Jahre Popsongs (vornehmlich bei der jeweiligen Eröffnungsszene) deutlich erhöht.

                                            Den größten stilistischen Sprung legt die Serie in der vierten und somit letzten Staffel hin. Der Score wird etwas abwechslungsreicher, die Kulissen werden spektakulärer, Michael trägt plötzlich vornehmlich Pullover und die Anzahl von Anschlussfehlern reduziert sich etwas. Natürlich werden auch nach wie vor die immer gleichen Szenen eingeblendet (etwa der Sprung über das Flussbett oder eine der Fahrten in den Anhänger des Trucks) und immer wieder werden ganz offensichtlich Miniaturautos verwendet (von der „spektakulären“ Lava-Szene (4x19) mit der roten Farbe ganz zu schweigen). Und natürlich gibt es auch die üblichen Patzer im Wechsel der Innen- und Außenaufnahmen von K.I.T.T., bei denen quasi im Sekundentakt die Zahl der Personen (und lebensgroßen Puppen) im Auto wechselt. Aber genau diese Faktoren sorgen ja auch immer für gehörigen Spaß und gehören irgendwie auch fest dazu. Zu guter Letzt muss natürlich auch noch Reginald Cornelius III., kurz RC3, erwähnt werden, der das Team um Devon, Bonnie und Michael verstärkt, oftmals den Truck lenkt und immer wieder auch mal Außeneinsätze übernimmt, um Michael zu entlasten oder den Bösewichten dieser Welt anderweitig zuzusetzen.

                                            K.I.T.T. hingegen muss sich über die gesamte Serie hinweg in mehr oder weniger jeder Episode mit einem anderen Sidekick herumplagen, mit dem er sich manchmal anfreundet, den er allerdings in den meisten Fällen heftigst trollt. Seine Lieblingsziele: Polizisten, Politessen und Parkplatzwächter sowieso Tiere aller Art: Hauptsächlich Hunde und Katzen, aber auch Pumas, Alligatoren, Stiere und was sich sonst eben so im Alltag mit einem Auto anlegt...

                                            → 'Knight Rider' mag knapp vierzig Jahre später vielleicht nicht mehr so cool und futuristisch wirken wie noch in den 80er Jahren, punktet aber durch seine Gags sowie seinen Retro- und Trashfaktor auch noch drei Dekaden später auf ähnlich starke Weise.

                                            6,5 Punkte plus einen Zusatzpunkt für den Nostalgiefaktor.

                                            Fun Facts: In Episode 3x09 ('K.I.T.T. Kriegt einen Schlag') wirkt der damals erst 15-Jährige Jason Bateman als Nebendarsteller mit. Überdies gibt es auch eine ganze Reihe von Gastauftritten alter Film- und Serien-Haudegen, die teils in mehreren verschiedenen Rollen mitwirken. Diese alle aufzuzählen, würde hier aber den Rahmen sprengen. Daher nur ein paar Beispiele prominenter Gastdarsteller: Geena Davis in der erst zweiten Rolle ihrer damals noch sehr jungen Karriere (2x07), Don King als (Riesen-Überraschung...) Boxpromoter (4x16) sowie Robert Englund in einer leicht horrorhaft angehauchten Episode (4x20). Außerdem steuert Kim Wilde einen Song bei (4x9). Dasselbe gilt für David Hasselhoff himself, dessen Lieder immer wieder mal für die musikalische Untermalung sorgen; besonders dann, wenn er gemeinsam mit seiner damaligen Gemahlin Catherine Hickland vor der Kamera steht (2x23, 4x12 u.a.). Gelegentlich werden auch die Auftritte diverser anderer Musiker in die Handlung mit eingebaut, von denen heute allerdings nur noch die wenigsten bekannt sein dürften.

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                                            • 7

                                              Ein paar Jahre bevor Netflix den berüchtigten Tiger King in den Fokus nahm, stattete ihm bereits Louis Theroux einen Besuch ab. Er berichtet dabei von allerlei sonderbaren Kreuzungszüchtungen und lässt sich Schreibvogel, der Theroux bei dessen Fragen immer wieder auf den Leim geht, um Kopf und Kragen reden. Dabei wird auch deutlich, dass die personelle Fluktuation in diesem ominösen Privatzoo offenbar extrem hoch sein muss, denn allzu viele bekannte Gesichter aus der Netflix-Doku sieht man hier nicht.

                                              Darüber hinaus werden noch eine Affenzüchterin (oder wie auch immer man ihre Tätigkeit nennen will) und ein Ehepaar besucht, das sich privat Schimpansen hält. Über viele der Auswüchse, die hier gezeigt werden, kann man einfach nur den Kopf schütteln und doch sind diese Leute eher sogar noch stolz auf ihre exotischen Tiere. Einige von ihnen sind sich offenbar gar nicht bewusst, wie sie auf die allermeisten Zuschauer wirken dürften. Wahrscheinlich sind einige von ihnen sogar noch stolz, im Fernsehen gewesen zu sein. Was soll man dazu noch sagen...?

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                                              • 6 .5

                                                Die „Erzählung“ beginnt mit einem Hotel, das mysteriöser kaum sein könnte. Als quasi-rechtsfreier Raum zog es über lange Zeit hinweg allerlei dubiose Gestalten an. Von unbekannten Kleinkriminellen bis zum berüchtigten Richard Ramirez war offenbar alles dabei und es sollen wohl bereits über 80 Menschen ihr Leben in diesem Gebäude gelassen haben. Und genau von diesem zweifelhaften Mythos zehren auch die ersten beiden Episoden von 'Verschwunden: Tatort Cecil Hotel'. Dabei werden einige Fakten und Anekdoten aus der Geschichte dieser düsteren Unterkunft und ihres Umfeldes mit einem verhältnismäßig aktuellen Vermisstenfall in Verbindung gebracht, der auf den ersten Blick ebenfalls recht rätselhaft erscheint. Leider verzetteln sich die Produzenten der Mini-Serie ein wenig, indem sie in der dritten Episode die Einbeziehung von Hobby- und Möchtegern-Detektiven, die von ihren heimischen Computern aus selbst ermitteln, etwas überstrapazieren. In der finalen Episode wird dann schließlich eine Indizienkette aufgebaut, auf deren Basis ein wahrscheinliches Szenario (gestützt auf polizeiliche Hypothesen) als Lösung des Falles präsentiert wird. Mag sein, dass es genau so abgelaufen ist, es bleiben jedoch auch einige Unsicherheitsfaktoren übrig.

                                                Aufgrund der ungewöhnlichen Prämisse und des recht düsteren Settings lohnt sich eine Sichtung allemal – auch wenn die Erwartungen, die anfangs geschürt werden, nur bedingt eingelöst werden.

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                                                • 5 .5

                                                  Schweizer Psychodrama, das zunächst etwas geheimnisvoll daherkommt und sich einiger Elemente aus dem Mystery- und Thrillergenre bedient, aber eigentlich stets ganz klar seine Sinnkrisenthematik (mit den Unterthemen Schuld und Trauer) im Sinn hat. Die Inszenierung ist bewusst ruhig, trist und nachdenklich gehalten und der Erzählton schwankt irgendwo zwischen Melancholie, (Alb?)Traum und Gedankenexperiment. Zur Handlung wäre jedes Wort zu viel, da sie rein äußerlich ohnehin höchst überschaubar erscheint und sich die wesentlichen Entwicklungen eher im Inneren der Charaktere abspielen. Spaß (im Sinne von lustiger Freude) macht das nicht gerade, aber eine gewisse Relevanz kann man dem Film nicht absprechen. Wenn man so möchte, handelt es sich bei 'Cronofobia' über weite Strecken (wenn auch nicht über die gesamte Laufzeit) um eine Art Feelbad-Film. Aber zumindest so viel sei verraten: Es ist nicht alles schlimm – auch wenn nicht klar ist, ob das Licht am Ende des Tunnels tatsächlich der Ausgang ist.

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                                                  • 6

                                                    Im Fahrwasser der Dreharbeiten zu 'Das Herz von Jenin' (2008), einer Doku über den Vater eines getöteten palästinensischen Jungen, dessen Organe an (unter anderem auch israelische) kranke Kinder gespendet wurden, entstand auch Marcus Vetters 'Cinema Jenin', ein Film über die Wiedererrichtung eines Kinos in einer Stadt, in der es immer wieder zu heftigen Zusammenstößen kommt. Ismail Chatib, der Vater des Jungen aus dem erstgenannten Film, gehört bei der Produktion der zweiten Dokumentation der Filmcrew Vetters an und wirkt auch beim Aufbau des Kino mit. Konzipiert wird dieses als utopischer Ort des Friedens, in dem vorrangig Filme mit mäßigendem Charakter gezeigt werden sollen, was den Betreibern jedoch auch Kritik einbringt (bzgl. einer Untermauerung des status quo). Gezeigt wurde dort in einer Vorstellung unter freiem Himmel übrigens auch 'Das Herz von Jenin'.

                                                    Begleitet werden die Beteiligten bei der Planung, den Verhandlungen, den Bau- und Renovierungsarbeiten sowie bei diversen Zusammentreffen mit Unterstützern wie Roger Waters oder Matthias Platzeck. Eines ist klar: Auch wenn friedliche Absichten bei der Umsetzung des Kinos ganz klar im Vordergrund standen: Angreifen lässt sich das Projekt in der aktuell (2021) extrem aufgehetzten Situation natürlich aus mehreren Richtungen bzw. aus verschiedenen Motiven. Doch es wäre ohnehin müßig, darüber zu streiten, denn mittlerweile gehört es schon wieder der Vergangenheit an. An der Stelle des besagten Lichtspielhauses soll offenbar ein Einkaufszentrum entstehen...

                                                    Nebenbei bemerkt: Schon lange keinen Film mehr gesehen, in dem so extrem viele Zigaretten gequalmt wurden.

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