Framolf - Kommentare

Alle Kommentare von Framolf

  • 5 .5

    Wenn einem eine fremde und unheimliche Macht ohne Zögern Wünsche erfüllt, gibt es keinerlei Grund, skeptisch zu sein. Das weiß doch jeder! So denken auch die beiden Protagonisten, die in 'The Room' ein Haus beziehen, das ein verborgenes Zimmer ohne Fenster aufweist (die Tür wurde aus völlig unverständlichen Gründen verschlossen und mit angeklebter Tapete versteckt), in dem Wünsche in Erfüllung gehen. Große Kunstwerke, Geld, oder einfach nur mal schnell eine Flasche Milch. Nie wieder einkaufen gehen und trotzdem immer alles im Haus; ein Traum! So etwas sollte man unbedingt überstrapazieren! Gesagt, getan. Den Rest kann sich der erfahrene Horrorhound – oder auch jeder, der als Kind schon mal ein paar Märchen gehört hat – selbst ausmalen...

    'The Room' bietet neben einer ordentlichen Atmosphäre, einer Geschichte, die in Zügen an ein klassisches Drama erinnert, das sich mit einem Schauermärchen vermengt, und einigen Wendungen, die so ziemlich jeder außer den beiden Hauptfiguren vorausahnt, eine Mischung aus Licht und Schatten, die durchaus unterhaltsam daherkommt. Gibt bessere, aber auch schlechtere Filme.

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    • 5
      über Archive

      Science Fiction Drama, das zunächst den Anschein erweckt, im Fahrwasser von Filmen wie 'Ex Machina' und vielleicht auch 'IO' daherkommen zu wollen, gegen Ende dann aber doch eine ganz andere Note setzt, was dem Gesamteindruck ganz sicher nicht schadet. Die Hauptrolle mit Theo James ('Die Bestimmung') zu besetzen, erscheint einigermaßen mutig. Insgesamt schlägt er sich ganz wacker, auch wenn einige Branchengrößen vermutlich noch weit mehr aus der Rolle hätten herausholen können. Aber ist vermutlich auch eine Frage der Finanzierung.

      Für Science Fiction Fans kann sich eine Sichtung durchaus lohnen. Man sollte sich jedoch bewusst sein, worauf man sich hier einlässt. Die Inszenierung ist nicht gerade temporeich und trägt phasenweise die Züge eines Kammerspiels. Das Fazit lautet daher: Nicht schlecht, aber auch nicht großartig.

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      • 4
        über Mile 22

        Schnöder Durchschnittsactioner mit einer Story, die derart rudimentär ist, dass sie diese Bezeichnung eigentlich kaum verdient. Als besonders anstrengend erweist sich der Protagonist, der in einem Zynismus und einer Selbstgerechtigkeit zu Werke geht, wie man es in den letzten Jahren nur selten erlebt hat. Noch einen kleinen Tick übersteigerter und er wäre glatt als satirischer Charakter durchgegangen. So aber ist es einfach nur zum Augenrollen. Immerhin betreibt das Ende noch ein wenig Schadensbegrenzung. Aber abgesehen davon zieht Peter Berg einmal mehr sein krudes Programm durch, das stellenweise so wirkt, als würde er sich selbst parodieren.

        Da verwundert es auch kaum, dass Berg die Hauptrolle erneut mit seinem Buddy Mark Wahlberg besetzt hat, mit dem er bereits für 'Boston', 'Deepwater Horizion', 'Lone Survivor', 'Spenser Confidential' und in anderer Konstellation (Wahlberg Produzent, Berg Regisseur und Darsteller) an der Serie 'Ballers' gearbeitet hatte.

        → Für ausgehungerte Actionfans sicherlich keine schlechte Wahl, da die Anzahl halbwegs gut gemachter Produktionen im Vergleich zu früheren Jahrzehnten zuletzt ohnehin recht überschaubar wurde. Ein Genrehighlight ist 'Mile 22' aber ganz sicher nicht.

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        • 4

          Atmosphärisch in Ordnung und auch der von Horrorfilmen aus den Siebziger Jahren inspirierte Look bietet ein wenig Mehrwert. Insgesamt wirkt diese Erzählung aber derart unterkühlt und inhaltsarm, dass man den Film eigentlich nur Horrorfans mit Entzugserscheinungen empfehlen mag. Im Kino sind solche Inszenierungen wahrscheinlich etwas besser aufgehoben als zu Hause, da man sich dort oft etwas intensiver von der Atmosphäre einfangen lassen kann. Im Heimkino wirkt 'Gretel & Hänsel' allenfalls wie Mittelmaß.

          Randnotiz: Die Titelrolle wurde mit Sophia Lillis ('Es') besetzt.

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          • 7 .5
            Framolf 24.11.2020, 03:18 Geändert 24.11.2020, 07:09

            (Danke an Eudora für den Filmtipp!)

            In Ghana gibt es eine riesige Giftmülldeponie für Elektroschrott und Indien verfügt über das entsprechende Äquivalent für ausgediente Schiffe (unnötig zu erwähnen, dass es ähnliche Felder auch für Flugzeuge, Fahrzeuge etc. gibt). Quasi ohne Schutzausrüstung wird zuerst das jeweilige Interieur ausgeschlachtet, bevor anschließend der Schiffsrumpf in riesige Einzelstücke zerlegt wird, die immer wieder krachend und ohne nennenswerte Vorwarnung zu Boden fallen. Unfälle sind dabei an der Tagesordnung. Mit etwas Glück bekommen die Arbeiter dann sogar einen kleinen Zuschuss zu den Arztkosten. Allerdings nur bei schweren Unfällen. Die Umwelt leidet still vor sich hin und bekommt noch nicht mal Almosen. Aber es ist ein lohnendes Geschäft: Mit jedem dort zerlegten Schiff kann irgendjemand im Westen, in Asien (oder wo auch immer) immense Entsorgungskosten einsparen.

            In Verbund mit 'Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier' fügt sich 'Shipbreakers' zu einem recht stimmigen Gesamtbild zusammen: Es ist offensichtlich, dass es sich hierbei um keine Einzelfälle handelt, sondern dass diese Art der Entsorgung vielmehr System hat. Der Westen schickt seine Abfälle in Länder mit niedrigen Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards, lässt sie dort ausschlachten und kauft danach billig die Rohstoffe, bei denen sich eine Wiedervermarktung lohnt, wieder zurück. Den wahren Preis dafür zahlen dir Arbeiter von Ort und – in vielleicht noch viel höherem Ausmaß – die Anwohner, deren Umwelt mitunter massiv vergiftet wird. So ist das eben, wenn Gewinne privatisiert, die mit dem Geschäftsmodell verbundenen Schäden aber sozialisiert werden. Statt von den Reedereien und/oder Werften eine umwelt- und sozialverträgliche Entsorgung oder zumindest eine Haftung für entstandene Schäden zu verlangen und entsprechend zu dokumentieren, verfährt man eben lieber nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Natürlich gibt es auch Unternehmen, die von ihnen verursachte Umweltschäden einigermaßen adäquat kompensieren, aber viele tun es eben auch nicht. Im Westen werden unzählige Branchen künstlich am Leben gehalten und aus der Haftung genommen mit dem Argument, man wolle keine Arbeitsplätze gefährden. Wenn dieses Argument nicht nur vorgeschoben, sondern wirklich ernst gemeint wäre, könnte man doch auch die Entsorgung von Schiffen nach Europa verlagern und dort nach westlichen Arbeitsschutz- und Umweltstandards durchführen lassen, was sich sicherlich nicht negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken würde. Aber das kostet eben Geld. Zahlungen, die man den Steuerzahlern nicht zumuten will – und den jeweiligen Aktionären erst recht nicht. Ein erster Schritt wäre auch einfach, den Einsatz giftiger Substanzen stärker zu reglementieren, aber auch das klappt ja eher schlecht als recht.

            Am Ende des Filmes ist zwar von diversen Beschlüssen und Verträgen zur Verbesserung der Situation die Rede, doch was darauf wurde, lässt sich ja recht anschaulich im 14 Jahre nach 'Shipbreakers' produzierten 'Welcome to Sodom' bestaunen.

            Zum Abschluss eine kleine Anekdote aus meinem Heimatort, die zumindest am Rande mit der Thematik zu tun hat (auch wenn es hier weniger um den Export von Müll, sondern wahrscheinlich eher um Verklappung gehen dürfte): Dort wollte sich vor einigen Jahren eine „industrielle“ Schweinezucht (also kein kleinbäuerlicher Betrieb) niederlassen. Während des Genehmigungsprozesses kritisierten einige Stadträte öffentlich, dass kein angemessenes Entsorgungskonzept für die anfallende Gülle vorliegen würde. Kurze Zeit später hat die besagte Firma ihre Ansiedlung wieder verworfen und sich nach einem anderen Standort umgesehen. Zufälle gibt’s...!

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            • 5
              Framolf 24.11.2020, 02:35 Geändert 23.01.2021, 08:03

              Ziemlich mittelmäßiger Historienfilm, der aus der (finanziellen) Not eine Tugend macht und sich die Zeitspanne zwischen zwei Schlachten für sein Sujet zueigen macht. Erzählt wird, wie der angeschlagene König von einer Familie beherbergt wird, um sich dort kurieren zu können.

              Die Inszenierung kommt so durchschnittlich daher, dass es weder in positiver noch in negativer Hinsicht viel zu berichten gibt. Allerdings lohnt sich ein kurzer Blick auf die Besetzungsliste: Neben Jared Harris ('Chernobyl', 'Fringe') und Anna Hutchinson ('Spartacus') sind mit Zach McGowan und Emma Kinney gleich zwei Darsteller aus der US-Version von 'Shameless' mit an Bord. Nicht zu vergessen Angus MacFadyen, der Robert the Bruce schon in 'Braveheart' verkörperte.

              → Für Leute mit Interesse an historischen Stoffen einigermaßen empfehlenswert (wenn auch kein Genrehighlight), ansonsten ein durch und durch unauffälliger Film – was man sowohl positiv als auch negativ auslegen kann.

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              • 6
                Framolf 23.11.2020, 03:17 Geändert 05.01.2024, 05:19

                'Kaffee mit Milch und Stress' ist in den ersten Akten eine extrem anstrengende Tragikomödie, die von einem mürrischen Protagonisten getragen wird, dessen offenkundig bewusst knorrige Synchronisierung vielen Zuschauern den Rest geben dürfte. Im Original klingt Antti Litja übrigens eher kauzig als verärgert, was den Sehgenuss aber auch nicht wesentlich steigern dürfte... Erst nach ungefähr der Hälfte der Laufzeit wird es mitunter so absurd, dass sich die Situation wieder lockert und sich die Stimmung etwas löst (Stichwort Baum neben der Einfahrt). Nervtötend bleibt der sture Bock aber natürlich trotzdem.

                Doch bei aller Irritation über die Hauptfigur muss (oder sollte) man diesem Film auch zugestehen, dass er in einigen Szenen erstaunlich gut die Realität einfängt. Jeder, der mit einem derart mürrischen Verwandten „gesegnet“ ist, kann sicherlich ein Lied davon singen. Auch eine Art der Verarbeitung. Als das Drehbuch in der Krankenhausszene den mürrischen Alten auf sein Quasi-Ebenbild treffen lässt, verfestigt sich auch der Eindruck, dass es bei den hier gezeigten Vorfällen keineswegs um ein Einzelphänomen handeln dürfte.

                Am Ende bleibt dennoch der Eindruck, dass hier offenbar jemand seinem Vater (oder vielleicht auch seiner/ihrer Mutter) ein filmisches Denkmal aus Exkrementen gebaut hat... Mit viel gutem Willen lässt sich 'Kaffee mit Milch und Stress' auch als verschrobene Liebeserklärung an die Eltern oder andere unverbesserliche Senioren im persönlichen Umfeld (Verwandte, Nachbarn usw.) lesen. Nach dem Motto: Vater, du bist zwar unerträglich, aber du bist halt trotzdem mein Vater.

                Disclaimer: Der Film bezieht sich natürlich ganz offenkundig nicht auf alle Senioren, sondern nur auf einen ganz bestimmten Schlag. ;-)

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                • 8

                  Niederländisches Drama über eine Freundesbande, die auf den Sommer ihres Lebens (im positiven wie im negativen Sinne) zurückblickt. Naturgemäß weichen die Erzählungen – je nach Blickwinkel und Zuverlässigkeit der jeweiligen Erzähler – etwas voneinander ab bzw. sind verschieden akzentuiert. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: Den Rückblick auf einen Sommer der Extreme, dessen Ausschweifungen irgendwann aus dem Ruder geraten. Während manche Grenzen offenbar zunächst noch bewusst zur Provokation überschritten werden, verkommen Regelverletzungen irgendwann zum Selbstzweck und geraten schließlich völlig außer Kontrolle. Und so kommt es, wie es kommen muss...

                  Die Handlung dieses Filmes mit dem kurzen und prägnanten Titel 'Wir – Der Sommer, als wir unsere Röcke hoben und die Welt gegen die Wand fuhr' stellt die erneute Aufbereitung eines Topiks dar, das seit den späten 60er Jahren immer und immer wieder verfilmt wurde. Da verwundert es kaum, dass in der Inszenierung mehrfach an der Grenze zum Exploitationkino gekratzt wird. Denn gerade an den Rändern des Arthouse-Kinos gibt es ja einige Überschneidungen mit anderen drastischen Gattungen.

                  Im Gegensatz zu vielen Feelgood-Filmen unter dem Motto „Der Sommer unseres Lebens“ dominiert in diesem Fall zwar eher der Albtraum als der Traum, doch naturgemäß ist nicht alles schrecklich. Wie es eben auch im realen Leben so oft ist mit der Ziehung persönlicher roter Linien. Was für den einen gerade noch tolerierbar erscheint und für jemand anderen bereits jenseits von Gut und Böse ist, wird von einer dritten Person vielleicht noch sehr viel weiter ausgereizt, was bei den beiden Erstgenannten zu massiver mentaler (oder auch körperlicher) Zerstörung führen kann. Anschaulichstes Beispiel wäre hier vielleicht der Genuss von Alkohol, aber es sind noch zahllose weitere Möglichkeiten denkbar (etwa der Fahrstil mit dem Motorrad oder das Ausmaß der Freiräume innerhalb einer Beziehung usw.). Und eine Problemstellung dieser Art wird hier eben diskutiert. Zwar vielleicht nicht auf Pulitzer-Niveau, aber ganz sicher auch nicht auf dem Level der Boulevard-Presse, sondern irgendwo in der Mitte. Im Graubereich zwischen Arthouse und Exploitation eben. Wer sich dort gut aufgehoben fühlt, kann ruhig mal eine Sichtung riskieren.

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                  • 9
                    Framolf 22.11.2020, 05:11 Geändert 30.11.2020, 02:08
                    über Ava

                    Poetisches Drama aus Frankreich, das gleich mehrere Themenkomplexe unter denselben Hut bringt: Familiendrama, „jugendliches Erwachen“, eine aufkeimende Lovestory, die Entstehung einer körperlichen Einschränkung und eine kleine Gangsterstory. Léa Mysius Drama 'Ava' will viel und erreicht dabei auch tatsächlich eine ganze Menge.

                    Porträtiert wird dabei eine rebellische Jugendliche in einem Film, der nicht minder ungezügelt und bisweilen auch wankelmütig daherkommt – aber dennoch nie sein Ziel aus den Augen verliert. Zu weiten Teilen gefilmt vor einer ansehnlichen Urlaubskulisse wird eine Geschichte erzählt, in der zwei gegensätzliche Kräfte in der Protagonistin wirken: Neben dem Erwachen diverser Emotionen, Bestrebungen und eines gewissen Emanzipationsdranges, beginnt auch eine ihrer Sinneswahrnehmungen zu erkalten, was für sie zusätzlichen Veränderungsdruck bedeutet, um zumindest diesen einen wilden Sommer in vollen Zügen auskosten zu können. Das mag zwar vielleicht auf den ersten Blick etwas konstruiert klingen, bietet aber tatsächlich die Grundlage für eine gefühlvoll erzählte und inszenierte Geschichte, die dennoch zu keinem Zeitpunkt zahm daherkommt. Wie viele "reale" Menschen (nicht nur Jugendliche) eben auch: Verletzbar, aber auch voller Tatendrang (was in gewisser Weise auch auf Avas Mutter zutrifft).

                    'Ava' greift das im Arthouse Kino beliebte Motiv des einen besonderen Sommers auf, den es zu nutzen gilt und der in dieser Form wohl nie wieder kommen wird und schreit ein besonders lautes und eindrucksvolles „Carpe Diem“ in die Welt hinaus, dem man sich nur schwer entziehen kann. Dementsprechend fällt auch die bisherige Resonanz auf diesen Film aus. Denn eine Sichtung von 'Ava' eignet sich zwar vielleicht nicht für ein Massenpublikum, wird aber von den Zuschauern, zu denen der Film seinen Weg findet, ganz offenbar mehr als wohlwollend aufgenommen. Zurecht!

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                    • 7
                      über Yung

                      Kompromissloses Porträt einer Gruppe von Jugendlichen im Berliner Großstadtdschungel. Mitunter rau, schroff und nicht gerade zimperlich begegnen sie sich gegenseitig und genauso kommt auch die Inszenierung durch Regisseur Henning Gronkowski daher. Statt durchgestylter Bilder in schicken Kulissen dominiert hier eher der kalte Charme der Trostlosigkeit. Ein gewisses Maß der (gefühlten oder vielleicht auch faktischen) Perspektivlosigkeit spiegelt sich so gesehen in der Ästhetik der Bebilderung wider. Natürlich handelt es sich bei 'Yung' auch um keine Produktion, die auf irgendeiner Weise überfinanziert wäre, aber die Produzenten haben hier ganz offensichtlich aus der Not eine Tugend gemacht und einen passenden Look für ihre Geschichte gewählt, die aber weniger eine Handlung im klassischen Sinn erzählt, sondern eher gemeinsam mit ihren Charakteren durch deren Alltag driftet. Dort geht es manchmal kalt und ungemütlich zu bis hin zu gewaltsamen Übergriffen oder auch freiwilligen Eskapaden. Aber zumindest haben die Akteure sich selbst und sich gegenseitig. Ob es nun wirklich nötig ist, die Handlung immer wieder in eingeschobenen interviewartigen Fetzen zu kommentieren, sei mal dahingestellt. Zwar wird der pseudodokumentarische Charakter der Produktion auf diese Weise noch zusätzlich unterstrichen, aber wirklich nötig gewesen wäre das eigentlich gar nicht mehr; zumal man den Inhalt der besagten Kommentare in seinen wesentlichen Punkten auch in die Dialoge mit hätte einflechten können.

                      'Yung' ist alles andere als perfekt und gewissermaßen trägt auch dieser Film als solches ein pickeliges Gesicht, was natürlich selbst auch wieder einer gewissen Stilisierung geschuldet ist. Wer aber dem schroffen Charme dieser Produktion etwas abgewinnen kann, wird mit einem experimentierfreudigen Werk belohnt, das zwar einigermaßen ziellos umherirrt, über etliche Umwege letztlich aber doch irgendwie ans Ziel gelangt.

                      → Empfehlung im Grunde genommen an niemanden, wobei es aber dennoch eine gewisse Zielgruppe geben dürfte. Interesse für unkonventionelle und ungehobelte Produktionen kann aber keinesfalls schaden.

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                      • 8

                        Hat die Welt auf eine weitere Version von John le Carrés 'Die Libelle' gewartet? Vermutlich eher nicht. Doch wenn Schauspiel-Kaliber wie die oscarnominierten Florence Pugh und Michael Shannon sowie Regisseur und Drehbuchautor Chan-Wook Park ('Oldboy', 'Die Taschendiebin') involviert sind, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Und genau diese drei Personen sind zusammen mit Alexander Skarsgard auch die großen Stützpfeiler, auf die diese Mini-Serie gebaut ist. Shannon gibt einmal mehr einen grimmigen und halbseidenen Charakter und Pugh verkörpert facettenreich eine Schauspielerin, die in die Rolle ihres Lebens schlüpfen soll. Die Welt ist ihre Bühne. Dementsprechend entfesselt (aber doch kalkuliert) kann, muss und darf die Engländerin hier aufspielen. In einer Welt ohne Gewissheiten, in der keiner keinem so recht trauen kann und mag und in der nie ganz klar ist, wo die Grenzen zwischen Spiel und Ernst, zwischen fiktiver Biographie und geschichtlichen Tatsachen exakt verlaufen, entspinnt sich hier ein dreifaches Katz- und Maus-Spiel. Die Protagonistin wird für ihren großen Auftritt trainiert, doch auch ihre Ausbilder können sich nie ganz sicher sein, ob sie nicht vielleicht auch ihnen etwas vorspielt. Ähnlich ergeht es wiederum Charlie (Pugh) mit Gadi (Skarsgard). Skarsgard übrigens kommt auch hier wieder als one trick pony zum Einsatz: Den Kopf geneigt, den Blick nach unten gerichtet und mit sparsamer Mimik. Regieanweisung oder quasi eingepreist bei seiner Verpflichtung? Einerlei, denn auch und gerade in dieser Mini-Serie passen seine reduzierte Art des Spiels und sein berüchtigtes Pokerface ideal zum Rest der Inszenierung.

                        Als bemerkenswert beweisen sich auch die detailverliebte Ausstattung sowie die teils „sprechenden“ Kostüme, bei denen sich die verantwortlichen Kostümbildner mitunter ordentlich austoben konnten. Sowohl visuell als auch dramaturgisch ist man hier nicht mehr weit von der großen Leinwand entfernt. Das Haupt-Trennungsmerkmal besteht im Grunde in der deutlich längeren Laufzeit von insgesamt ungefähr fünfeinhalb Stunden. Für Spannung ist jedenfalls ausreichend gesorgt und atmosphärisch ist hier erst recht alles im Lot. Die Atmosphäre gestaltet sich von Episode zu Episode bedrohlicher und packender. Wie durch einen Trichter läuft man unweigerlich immer näher auf den fest definierten Zielpunkt am Horizon zu, während sich die Schlinge immer enger zieht. Die Spannung resultiert zu guten Teilen daraus, dass sich die drei genannten Charaktere als allesamt unberechenbar erweisen. Über weite Strecken tun sie noch nicht einmal verrückte Dinge, doch alle drei Figuren sind so angelegt und ausgearbeitet, dass man dennoch jederzeit mit Eskapaden rechnen muss.

                        → Der Stoff an sich ist nicht neu und erinnert – unabhängig von der Romanvorlage – auch ein wenig an die in Teilen ähnlich angelegte Serie 'Sleeper Cell'. Die Action ist sparsam dosiert, doch die immer dichter werdende Atmosphäre und die guten Leistungen in vielen Bereichen der Produktion (Darsteller, Regie, Drehbuch, Requisiten, Kulissen) machen auch die 2018er Version von 'Little Drummer Girl' zu einem kleinen Erlebnis für Fans von Spionagethrillern.

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                        • 9 .5
                          Framolf 20.11.2020, 03:10 Geändert 13.03.2022, 08:08

                          (Trotz der hohen Wertung ausdrücklich KEINE EMPFEHLUNG an Moviepiloten mit Vorliebe für "normale" Filme. Zielgruppe: Arthouse-Zuschauer mit ausreichend Sitzfleisch und Vorliebe für kauzig erzählte Geschichten, denen es auch nichts ausmacht, dass bisher offenbar weder eine deutsche noch eine englische Tonspur für diesen Film vorliegt.)

                          ++ (Vorerst) Minimale SPOILER, gegen Ende dann heftige Spoiler, vor denen nochmal eine extra Warnung kommt ++

                          Beginnen wir von vorne: „Am Anfang war das Wort.“
                          Okay, nicht ganz so weit vorne. Aber zumindest beim Titel dieses Filmes. Der deutschsprachige Titel weckt – neben der Genrezuordnung – bei sicherlich vielen Zuschauern Anklänge an das französische Erotikdrama 'Der Liebhaber' (1992) und baut damit eine Erwartungshaltung auf, die im Verlauf der Handlung sicherlich bei großen Teilen des Publikums durchbrochen wird. Da Lukas Valenta Rinner, der Regisseur dieser argentinisch-österreichisch-südkoreanischen Co-Produktion in Österreich geboren und aufgewachsen ist, ist davon auszugehen, dass auch der deutschsprachige Titel, der sich doch sehr von den internationalen Titeln unterscheidet, von ihm abgesegnet wurde. International firmiert dieses Drama unter 'Los Decentes', 'The Decent Woman' oder den entsprechenden bzw. zumindest vergleichbaren landessprachlichen Äquivalenten (Türkei: 'Edepli Bir Kadin', Polen: 'Przyzwoita kobieta', Griechenland: 'Οι ενάρετοι'). Nur Rumänien geht mit 'Colonia Nudista' einen ganz eigenen Weg, der den Nagel zwar ebenfalls auf den Kopf trifft, aber dennoch den sarkastischen Kern der Sache nicht erfasst, was den beiden anderen Varianten (auf verschiedene Weise) deutlich besser gelingt. Aber gut, klappern gehört eben auch zum Handwerk.

                          Weiter im Text: Das Filmplakat vereint Elemente verschiedener Stilrichtungen und lässt sich wahrscheinlich noch am ehesten dem magischen Realismus zuordnen (verbessert mich gerne, liebe Kunstkenner!). Es zeigt eine Eva-Figur in schamhafter Pose, die auf einer weißgekleideten Leiche (oder einem Schwerverletzten) steht, neben dem ein Tennisschläger als Symbol der Upper Class liegt. Komme, was wolle: Der Schläger wird bis zum letzten Atemzug festgehalten! Um sie herum verschiedene Nudisten, die entweder in lasziver Pose die Szenerie beobachten oder nach hinten absichern (Schmiere stehen), obwohl sich dort ein Zaun befindet. Das Böse lauert also ganz offenbar dahinter. Hinzu kommen einige Vögel, die im Film ihre ganz eigene Rolle spielen (die, so viel sei verraten, der Rolle der Tennisspieler nicht ganz unähnlich ist). Abgerundet wird die Szenerie durch ein paar kleinere Details, deren Bedeutung aber eher sekundär sein dürfte, sich nach der Sichtung aber größtenteils erschließen lassen.

                          Im Prinzip breitet sich nach der Betrachtung dieses Plakates auch schon die gesamte Handlung vor dem Zuschauer aus. Zumindest die wesentlichen Teile davon. Im Grunde genommen läuft 'Die Liebhaberin' auf eine ähnliche Pointe hinaus wie der zwei Jahre später produzierte Südkoreanische Oscargewinner 'Parasite' – nur mit völlig anderen Mitteln. Der wohl größte Unterschied: Während Joon-ho Bongs Werk deutlich ambivalenter daherkommt, sind hier die Sympathien sehr viel klarer verteilt. Hier die etwas unklar umrissene hippieartige Gruppierung (die auch in ihrer sozialen Zusammensetzung das Vermächtnis der 68er Generation widerzuspiegeln scheint) und dort die Upper Class Vertreter, die ihre First World Problems rücksichtslos auf dem Rücken der Schwächeren zu lösen versuchen (siehe zum Beispiel die Schlaflosigkeitsszene).

                          Gegenüber stehen sich also zwei Gruppierungen: Beide umzäunt in ihrem eigenen Resort, beide auf ihre jeweils eigene Weise abgeschnitten vom Rest der Gesellschaft. Während die sich die eine Gruppierung ein Refugium für ihren eigenen Lebensentwurf schafft, ist sie aufgrund gesellschaftlicher Konventionen dazu gezwungen, den Rest der Gesellschaft grundsätzlich auszusperren, wobei die Tore für interessierte Neuankömmlinge dennoch stets offen zu stehen scheinen. Die Finanzierung dieses kleinen Naturidylls ist allerdings ebenso unklar wie die soziale Zusammensetzung der augenscheinlich heterogenen Gruppierung, was auch das eine oder andere Fragezeichen aufwirft. Gleich nebenan befindet ich eine Upper Class Siedlung, die sich noch viel klarer nach außen hin abgrenzt. Um sich vor unbefugten Eindringlingen abzuschotten, kerkern sich die Einwohner eben gleich selbst ein. Ein Trend, der ohnehin in immer mehr Ländern der Erde um sich greift; selbst in Deutschland sind schon Tendenzen hin zu einer ähnlichen Entwicklung zu erkennen. Neben beiden Utopien (oder je nach Betrachtungswinkel auch Dystopien) existiert außerhalb beider Areale die profane Welt der Durchschnittsbürger, die aber ganz offensichtlich ebenfalls massive Abschottungstendenzen sozialer (mentale Barrieren) und räumlicher (Apotheke) Art aufweist. Die Welt mit ihren sozialen Spannungen scheint ein unwirtlicher Ort geworden zu sein, was ganz sicher nicht nur (aber eben in besonderem Maße) auf Argentinien zutreffen dürfte. Womöglich ist man dort (wie auch andernorts) aber auch nur seiner Zeit in dem Sinne voraus, dass hier bereits soziale Diskrepanzen in einem Maß auftreten, das in manch anderen Ländern einfach noch(!) nicht erreicht ist. So gesehen dürfte es auch kein Zufall sein, dass 'Die Liebhaberin' eine Co-Produktion dreier Länder aus verschiedenen Kontinenten ist.

                          Zurück zur Geschichte: Während die Protagonistin zunächst in die eine der beiden Enklaven eintaucht und später auch die andere zu erkunden beginnt, spitzt sich die Gesamtsituation immer weiter zu. Worauf kann das letztlich hinauslaufen? Eine 'Borgman'-artige Unterwanderung erscheint unwahrscheinlich, eine friedliche Co-Existenz aber ebenso. Eine von beiden Welten wird möglicherweise untergehen müssen. Daher stellt sich in erster Linie die Frage, welche der beiden es sein wird und ob es ihr gelingen kann, die andere mitzureißen. Ferner könnte man dem Paradies an diesem Punkt kaum noch sein. Oder braucht es gar eine Apokalypse, um dieses wiederherzustellen? Antworten darauf kann auch 'Die Liebhaberin' nicht liefern, einen schwelenden Konflikt in teils poetische Bilder zu übersetzen gelingt Lukas Valenta Rinner aber allemal. Und alleine schon dafür gebührt ihm höchster Respekt.

                          ++ !!Massiver SPOILER zum Filmende!! ++
                          Der (natürlich komplett überspitzt gestaltete) Schluss könnte sinnbildlicher kaum sein: Die „Systemverweigerer“ (es geht hier eher um zwei konkurrierende Lebens- bzw. Gesellschaftsentwürfe als um die Frage pekuniärer Unterschiede), die sich in die Ecke gedrängt fühlen, setzen zu einem blutigen (Gegen)Schlag gegen das Establishment auf dem benachbarten Gelände an und werden wiederum ihrerseits wie Tontauben von staatlichen oder paramilitärischen Kräften niedergeschossen.
                          Übrig bleibt die Frage nach der Wahl der richtigen Mittel für einen derartigen Umsturzversuch – sofern es überhaupt ein geeignetes Mittel geben kann. Womit wir wieder bei der These wären, dass es im Grunde genommen nur noch darum gehen könnte, ob die (kl)eine Seite die andere mit in den Abgrund reißen wird oder nicht.
                          Oder um es mit den Worten aus einem berühmten Schlager zu sagen:

                          „We're so fucked
                          Shit outta luck
                          Hardwired to self-destruct“

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                          • 8 .5

                            Es ist nicht ganz leicht, den Kern eines Werkes wie Julio Medems ('Room in Rome') 'Caótica Ana' in Worte zu fassen, ohne wichtige Wendungen der Handlung vorwegzunehmen. Und dennoch würde man sich als Leser eines Filmkommentares vor einer Sichtung wahrscheinlich nicht viel darunter vorstellen können; selbst wenn man wüsste, wie die Handlung verläuft. Einen (spoilerarmen) Versuch ist es dennoch wert.

                            Protagonistin Ana (Manuela Vellés) ist nicht einfach nur irgendeine Frau; sie ist DIE Frau. Denn trotz einer bemerkenswerten Biographie als Künstlerin, Auswanderin und freiheitsliebendes Individuum ist sie viel mehr als nur die Summe der Kategorisierungen, die ihr anhaften. Auf poetische Weise zeichnet der Film ihren Weg „hinaus in die Welt“ als transzendentalen Prozess nach, der in nicht weniger als einer Abrechnung mit der Gesellschaft (bzw. einem sinnbildlichen Vertreter) gipfelt. Denn Ana steht nicht nur für sich selbst, sie vereint auch den Kummer und das Leid anderer Frauen in sich – aber damit ist eigentlich schon mehr als genug verraten.

                            Herkömmliches Formelkino verhält sich zu 'Caótica Ana' wie Alltagsprosa zu Lyrik. Vieles bleibt rätselhaft und bedarf einer Interpretation, die während der Sichtung ggf. mehrfach revidiert oder nachjustiert werden muss. Von klassischem Erzählkino ist man hier weit entfernt, ganz so meditativ wie beispielsweise in Gaspar Noés 'Enter the Void' wird es aber zu keinem Zeitpunkt.

                            Klarer Geheimtipp für Arthouse-Fans und Freunde des experimentellen Kinos, denn 'Caótica Ana' fühlt sich an wie eine Mischung aus Poesie und Traum, ohne jedoch die Innovation zum Selbstzweck verkommen zu lassen.

                            Gerade noch 8,5 Punkte.

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                            • 4 .5

                              Österreichs Antwort auf 'Kids' und all die anderen Coming of Age Filme, die vorrangig – wie der Titel schon sagt, die Themen „Liebe, Sex und Sehnsucht“ im Fokus haben. Im Vergleich zu Larry Clarks Erstling stehen rund 25 Jahre später zeitgemäße Themen aus dem Jahr 2020 im Vordergrund, wobei allerdings auch einige „klassische“ Auswüchse angesprochen werden. Online Dating, bewusste Grenzüberschreitung (Einbruch, Diebstahl) sowie ein jugendliches Pärchen, das sich im Dreh von Amateurpornos versucht. Wirklich tiefgründig oder gar lösungsorientiert ist die Erzählung selten. Die Ratschläge beschränken sich auf Erkenntnisse wie zum Beispiel die, dass das Netz nie vergisst. Natürlich stimmt das auch, aber es riecht eben auch nach einer vertanen Chance, solche Dinge zumindest etwas ambitionierter zu verhandeln.

                              Ob man sich einen Gefallen damit getan hat, die Darsteller weitgehend dialektfrei (aber mit Akzent) sprechen zu lassen, sei mal dahingestellt. Einigen von ihnen merkt man dann doch deutlich an, wie sehr sie mit einer halbwegs geglätteten Aussprache zu kämpfen haben, worunter mutmaßlich auch deren Spiel ein wenig leidet. Oder positiv formuliert: Mit etwas mehr Mut zum Dialekt hätte man vielleicht ohne großen Aufwand ein Plus an Authentizität generieren können. Zwar vielleicht zu dem Preis, dass einige Zuschauer dann vielleicht nicht mehr „anbeißen“, aber vielleicht hätte man gerade damit auch wieder andere Zuschauer anlocken können. Eine Alternative wäre vielleicht gewesen, ein paar der Rollen anders zu besetzen. Aber um nicht falsch verstanden zu werden: Einige der DarstellerInnen verrichten gute Arbeit und werden sicherlich in der einen oder anderen Produktion wieder auftauchen.

                              Unter dem Strich ist 'Lovecut' sicherlich kein schlechter Film, aber gerade in diesem Subgenre, in dem einige hervorragende Produktionen angesiedelt sind, wurde schon mehrfach bewiesen, welche große Würfe mit verhältnismäßig schmalem Budget möglich sind. Auch ein grundsolider Film wie 'Lovecut' muss sich ganz sicher nicht verstecken, aber es bleibt das Gefühl, dass hier auch etwas Potential verschenkt wurde.

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                              • 8

                                (Nachdem der Horrorctober seit einiger Zeit vorüber ist, ist es langsam an der Zeit, die nächste Sau durch's Dorf zu treiben. Und da sich auf meiner (immer länger werdenden) Liste mit Filmen, die ich noch kommentieren möchte, auch so einige Produktionen tummeln, in denen mehrfach blankgezogen wird, liegt das nächste billige Wortspiel natürlich nahe. Willkommen zum NUDEVEMBER 2020!*)

                                Eines muss man 'Sleeping Beauty' lassen: Das Filmplakat trifft den Nagel bereits recht gut auf den Kopf. Das Titelbild im Stil eines Gemäldes legt die Vermutung nahe, dass hier großer Wert auf die Kameraarbeit gelegt wird und genau diese Erwartung wird hier auch eingelöst. Darüber hinaus bekommt man die zu erwartende gediegene Inszenierung geboten sowie eine Geschichte, die ganz bewusst mit den Kategorien Reichtum, Macht und (Un)Schuld spielt.

                                Eine Schar von alten, weißen Männern ergötzt ihr müdes Fleisch an einer jungen, finanziell abgebrannten und vor den jeweiligen Treffen betäubten Studentin. Alleine das reicht eigentlich schon als Kommentar zu einer Gesellschaft, in der vieles aus den Fugen geraten ist. Umso verstörender, wenn diese Begebenheiten scheinbar phlegmatisch von der Regie erzählt, von Nebencharakteren arrangiert und von der Protagonistin erduldet werden. Und vielleicht wirkt gerade dieses Stilmittel mächtiger als die gelegentlich leidenschaftlich vorgetragene Empörung über Sachverhalte, die kurze Zeit später dennoch wieder in Vergessenheit geraten. Vielleicht auch nicht. Aber einen Versuch ist es allemal wert.

                                Eine Bewertung dieses Filmes erweist sich als dementsprechend schwer. Visuell anspruchsvoll (auch in Bezug auf die edlen, aber kalten Kulissen und Requisiten), inhaltlich (offenbar bewusst) minimalistisch. Im Grunde genommen wird nur eine von unzähligen Variationen eines bereits vielfach inszenierten Themas gezeigt, aber der Ton macht hier die Musik. Gerade die betonte Nüchternheit dürfte einige Zuschauer langweilen, andere dafür aber umso mehr in den Bann ziehen. Besonders als Statement über die Alltäglichkeiten einiger Vorgänge macht sie aber durchaus Sinn. Daher 8 Punkte.

                                (*Kleiner Spaß. ;-) Aber falls es sich wider Erwarten eines Tages durchsetzen sollte, ward ihr bei der Geburtsstunde dabei. xD)

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                                • 6 .5

                                  Eine passende Genrezuordnung fällt im Fall von 'Love Eternal – Auf Ewig Dein' gar nicht mal so leicht. Enthalten sind im hier vorliegenden Mix vor allem folgende Anteile: Drama, Thriller, Groteske. Die jeweilige Gewichtung kommt ein wenig auf die Sichtweise des einzelnen Zuschauers an, denn erzählt wird die Handlung wie ein Drama, das sich aber bei näherer Betrachtung als handfester (wenn auch ruhig erzählter) Thriller entpuppt. Auf der anderen Seite sind aber auch diverse Übertreibungen und ironische Spitzen kaum zu übersehen.

                                  Der Erzählton und die Farbgebung fügen sich nahtlos an das Drehbuch und geben ihm einen passenden Rahmen. Die mitschwingende Stimmung bewegt sich irgendwo zwischen Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit auf der einen sowie Trotz, Neugier und einer extrem bizarren Art von Optimismus auf der anderen Seite. Der Protagonist, der junge Frauen unter Vorspiegelung eines gemeinsamen Suizids in den Tod begleitet, wird in seinem Treiben immer extremer und entdeckt dabei seine absonderliche Faszination für den Tod bzw. entwickelt seine ohnehin schon vorhandenen Neigungen weiter.

                                  Doch bei aller Verstörung merkt man Brendan Muldowneys 'Love Eternal' an, die ambivalente Konnotation des Todes in ein filmisches Korsett kleiden zu wollen. Tod kann grausam sein und tiefe Wunden hinterlassen oder auch weitere Tode nach sich ziehen. Für andere Menschen hingegen ist er vielleicht das Ziel einer gewissen Sehnsucht oder eines Wunsches nach Erlösung. Wer die Erfahrung hinter sich hat, einen schwerstkranken Menschen (oder auch ein Tier) auf den letzten Etappen zu begleiten, kann diese Eindrücke wahrscheinlich bestätigen. Und 'Love Eternal' setzt ebendiese Gefühle filmisch um – auch wenn hier vorrangig seelische Wunden statt körperlicher Gebrechen im Vordergrund stehen.

                                  Mit einer Empfehlung sollte man sich bei solchen Produktionen vermutlich etwas zurückhalten, da eine Sichtung gewiss nicht jeden Zuschauer zum rechten Zeitpunkt treffen würde. Daher: Handwerklich gut umgesetzter Film, dessen Geschichte auch einiges zu sagen hat, auf der anderen Seite aber auch verstörende Komponenten aufweist und von manchen Zuschauern auch als zu ruhig empfunden werden dürfte.

                                  Randnotiz: In einer Nebenrolle zu sehen ist Pollyanna MacIntosh ('The Walking Dead').

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                                  • 8 .5

                                    Völlig surrealer Trip zu einer der größten Mülldeponien Ghanas. „Sodom“ wirkt wie ein Magnet auf Migranten und andere Menschen in finanziell prekären Verhältnissen, die sich dort niederlassen, um Elektro-Altgeräte auszuschlachten und die Einzelteile an Händler zu verkaufen, die sie letztlich wieder zurück auf die Reise nach Europa oder Amerika schicken. Überall lodern Feuer, um etwa Kabel von der Plastikummantelung zu befreien und dergleichen. Die gesamte Deponie wird immer und immer wieder in dicke Rauchschwaden getaucht, von denen kein Mensch weiß, was sie für Dämpfe und Gase enthalten. So verwundert es auch nicht weiter, dass der Altersschnitt der ansässigen Personen hier extrem niedrig ist. Neben den massiven gesundheitlichen Belastungen dürfte es auch immer wieder zu Unfällen, Überfällen oder anderen Gewalttaten kommen. Kein wirtlicher Ort. Und dennoch sieht man immer wieder auch Hunde, Kühe oder Ziegen in der Peripherie. Kein Wunder, hat sich doch rund um Sodom ein regelrechter Wirtschaftskreislauf gebildet. Die Müllsammler und Händler kaufen beispielsweise in Plastiktüten abgefülltes Trinkwasser von Leuten, die dieses Feld als Einnahmequelle für sich entdeckt haben. Wieder andere sammeln die weggeworfenen Plastikbeutel auf, um sie ihrerseits wieder zu verkaufen. Besonders schockierend: Immer wieder ziehen Menschen ganz bewusst in diese Hölle, da in ihren jeweiligen Heimatgebieten die Verdienstmöglichkeiten noch viel geringer sind oder weil dort noch mehr Gewalt herrscht.

                                    Doch trotz all der unfassbar tragischen Umstände lassen sich viele der Betroffenen nicht ihres Lebensmutes berauben. Es werden spontane Parties gefeiert oder Lieder aufgenommen. Anders geht es vermutlich auch nicht. Besonders eindrucksvoll ist dabei eine Szene, in der mehrere junge Männer zu augenscheinlich spontanen Tanzeinlagen ansetzen und sich mehrere Zuschauer (vor allem Wasser- und Snackverkäuferinnen) um sie herum gruppieren. Unter ihnen eine junge Dame in einem strahlend blauen Kleid. Für einen Moment lang scheint auf der Müllkippe die Zeit still zu stehen. Für einen kurzen Augenblick, den die Beteiligten ohne Zweifel gerne länger festhalten würden, kehrt so etwas wie Schönheit (Musik, Tanz, bunte Farben) ein und die Belastungen des Alltags werden für einige Minuten weggetanzt. Ein wahrhaft poetischer Augenblick. Der dann aber ziemlich rasch von der rauen Fratze des Alltags durchbrochen wird.

                                    Zwar wiederholt sich in der Darstellung von 'Welcome to Sodom' manches mehrmals, doch erst auf diese Weise entstehen halbwegs plastische Eindrücke von der Szenerie. Auch wenn man die Gerüche und Geräusche nur erahnen kann, transportieren die hervorragend eingefangenen und geschnittenen Bilder sehr eindringlich, wie es dort wohl zugehen mag. Der ganzen Dokumentation kommt fast schon ein meditativer Charakter zu. Und genau auf diese Weise gelingt es den Filmemachern Christian Krönes und Florian Weigensamer, den Zuschauern auf eine Gedankenreise zu schicken, die nicht von unablässigen Kommentaren aus dem Off gestört werden.

                                    Worauf steuern wir zu und woher nehmen wir das Recht, unserem Planeten und unseren Mitmenschen derartige Zustände zuzumuten? Eine Antwort darauf kann auch dieser Film nicht liefern, aber er zwingt die Zuschauer regelrecht zu einer Auseinandersetzung mit diesem Thema. Mehr als es so mancher erhobener Zeigefinger womöglich jemals könnte.

                                    Großes kleines Doku-Kino aus Österreich bzw. Ghana!

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                                    • 7 .5
                                      Framolf 15.11.2020, 03:35 Geändert 26.01.2023, 04:55

                                      Oscar Madness Film 241 (1 Nominierung)

                                      Doku über einen radikal-islamischen syrischen Vater und seine Söhne. Eigentlich sind sie zwar Teil einer viel größeren Familie, doch da die Frauen quasi komplett aus den Schilderungen getilgt sind, trifft es der Titel 'Of Fathers and Sons' dann doch genau auf den Punkt. Einer der Söhne trägt den Namen Osama. Und zwar nicht aus Zufall, sondern wegen der „großen Liebe“, die der Vater nach eigener Aussage für Bin Laden empfindet. Wie ist es für die Sprößlinge, in so einem Umfeld aufzuwachsen? Wohin kann ihr Weg führen?

                                      Talal Derkis oscarnominierte Dokumentation gibt eine ziemlich drastische Antwort auf diese Frage und die begleitet die besagten Jungen durch ihren Alltag und ihren Weg durch die Indoktrination. Ist das schon Propaganda? Womöglich. Denn zur Versöhnung trägt dieser Film (im Gegensatz zu Produktionen wie 'Das Herz von Jenin') ganz sicher nicht bei. Verzerrt Derki hier die Realität? Schwer zu beurteilen, ohne zu wissen, welche Szenen der Montage zum Opfer gefallen sind. Aber einen Ausschnitt aus einem Alltag, der unterschiedlicher zum europäischen kaum sein könnte, zeigen sie allemal. Um es mal plakativ zu formulieren: Vormittags sucht der Vater nach Minen und Blindgängern, mittags schlachtet er seine Funde aus und nachmittags kümmert er sich um die politische Willensbildung seiner Kinder. Wenn man sich nun als Gegenstück einen Bericht über ein westliches Land und die dortigen Nationalisten ansieht, stellt sich die Frage, wie dieser Kreis des Hasses jemals durchbrochen werden soll. Denn ganz gewiss gibt es auf beiden Seiten viele friedliebende Menschen, doch in nicht wenigen Kriegsgebieten geraten diese böse unter die Räder. Oftmals lasten dann die Hoffnungen auf kommenden Generationen, doch Väter wie der hier porträtierte unterlaufen dieses Prinzip ganz bewusst. Und so endet der Film dann auch, wie er enden muss. Und befürchtungsweise wäre noch eine riesige Anzahl an möglichen Fortsetzungen denkbar. Doch so hart es klingt: So lange es auf beiden Seiten Profiteure von derartigen Verhältnissen geben wird, wird sich nur sehr schwer etwas ändern lassen. Ernüchternd, aber wahrscheinlich leider wahr.

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                                      • 8

                                        ++ Leichte SPOILER ++

                                        Eindrucksvolle Dokumentation über einen palästinensischen Vater, dessen Sohn in jungen Jahren von israelischen Soldaten erschossen wurde. Unmittelbar nach Eintreten dessen des Todes wird der Vater gefragt, ob er einer Organspende zustimmen würde, woraufhin dieser einwilligt. Einige Zeit später trifft er sich mit den Empfängern der Organe und deren Angehörigen. So weit, so ergreifend. Doch als ob diese Geschichte nicht ohnehin schon bemerkenswert genug wäre, bekommt sie zusätzlich noch eine ganz besondere Note dadurch, dass einer der Empfänger die Tochter eines jüdisch-orthodoxen Ehepaares ist. Wie gehen beide Familien damit um? Werden sie sich treffen und wenn ja, wie werden die Beteiligten reagieren?

                                        'Das Herz von Jenin' wirft nicht nur zahllose schwerwiegende ethische Fragen auf, sondern begleitet den besagten Vater auch in seinem Grübeln über das richtige Verhalten und begibt sich mit ihm auf die Reise zu verschiedenen Kindern (und ihren Familien), die dank der Organspende seines Sohnes weiterleben können. Diejenigen, die bereit sind, ihn im Beisein des Kamerateams zu treffen, bereiten ihm einen freudigen Empfang, ehe die Entscheidung ansteht, ob es zu einer Zusammenkunft mit den orthodoxen Juden kommen wird oder nicht. Die Beklemmung wird von Minute zu Minute greifbarer und es gelingt den Filmemachern Leon Geller und Marcus Vetter, diese Stimmung nahezu eins zu eins auf den Bildschirm zu bringen.

                                        → Ergreifende Doku über Menschlichkeit und die Frage, was Menschsein überhaupt ausmacht, und deren Intensität sich im Verlauf immer weiter und weiter steigert. Ganz nebenbei wird dem Publikum auch noch ein Gefühl dafür vermittelt, wie man sich (angesichts der vielen Checkpoints) Reisen in Israel und Palästina vorzustellen hat. Politik als solches spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, auch wenn deren Konsequenzen natürlich stets mitschwingen. Daher klare Empfehlung an alle Dokufans mit Interesse an gesellschaftspolitischen Themen.

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                                        • 6 .5
                                          Framolf 14.11.2020, 03:02 Geändert 26.01.2021, 06:46

                                          Romanverfilmung mit Michael Fassbender, Alicia Vikander und Rachel Weisz.

                                          Einen Kriegsheimkehrer verschlägt es an einen Leuchtturm, wo er von nun an zurückgezogen mit seiner Ehefrau lebt. Doch statt ruhige und glückliche Zeiten durchleben zu dürfen, müssen die beiden zwei schwere Schicksalsschläge hinnehmen, ehe es zu einer entscheidenden Wendung kommt, die zwar positive Veränderungen verspricht, aber gleichzeitig auch dramatische Konsequenzen ankündigt.

                                          'The Light Between Oceans' ist ein für ungespoilerte Zuschauer zunächst recht unvorhersehbares Historiendrama, das einige drastische Wendungen mit sich bringt und vielmehr noch ethische, moralische und lebenspraktische Probleme aufwirft, die sich nicht lösen lassen, ohne Verlierer zu produzieren. Entsprechend schwer wird es hier auch für die Zuschauer, eindeutig Position zu beziehen (zumindest wenn man sich nicht rein von Sympathien leiten lassen will).

                                          In diesem Sinne bietet diese Inszenierung von Regisseur Derek Cianfrance ('The Place Beyond the Pines') Drama in Reinform. Gezeigt wird ein Dilemma, in dem es alle Optionen abzuwägen gilt, und das dennoch bei den meisten denkbaren Lösung gewisse Bauchschmerzen hinterlässt. Es gilt also die am wenigsten schlechte praktikable Lösung zu finden. Und genau das wird hier eindrucksvoll herausgearbeitet. Zwar stellenweise etwas überkonstruiert, aber dennoch sehenswert.

                                          6,5 - 7 Punkte.

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                                          • 5

                                            Ziemlich durchschnittlicher Knastfilm aus Großbritannien. Atmosphärisch und visuell sicherlich nicht das ganz große Genre-Highlight und auch das Ausmaß der Plausibilität bleibt eher überschaubar.*

                                            Immerhin verdichtet sich die Geschichte im Lauf der Erzählung immer stärker und es kommt zunehmend Spannung auf. Zuschauern, die bereits mit allen Gefängnisfilm-Wassern gewaschen sind, wird einiges bekannt vorkommen, aber es werden auch ein paar gelungene Finten ausgelegt.

                                            Somit fällt das Fazit letztlich durchwachsen aus: Solide Mischung aus Thriller und Drama, die man sich durchaus mal ansehen kann, aber ganz sicher nicht muss.

                                            *[(verklausulierter) SPOILER]
                                            Beispiel: Wie kann es zu einer Zellenbelegung kommen, wie wir sie hier sehen? Ist es wirklich vorstellbar, dass eine Gefängnisleitung so etwas zulässt? Die Eskalation war ja quasi schon vorprogrammiert.

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                                            • 6 .5
                                              über Wrong

                                              Man kann von Quentin Dupieux halten, was man möchte, aber eines muss man ihm lassen: Seine Filme sind stets ehrlich – in dem Sinne, dass man normalerweise auch ohne Trailer schon vorher erahnen kann, was einen ungefähr erwarten wird. Auch wenn die Andersartigkeit und der Irrsinn von Film zu Film in etwas anderer Ausprägung auf den Bildschirm kommen, so zieht sich doch eine durchgängige künstlerische Handschrift durch seine Produktionen. Und in diesem Sinne passt auch 'Wrong' bestens in seine Filmographie.

                                              ++ Mini-SPOILER ++

                                              Bäume verwandeln sich, Kinder wachsen in Windeseile auf und in Büros regnet es, während die Chefetage und die Außenwelt natürlich davon verschont bleiben. Willkommen in der Welt, ach was, im Universum des Quentin Dupieux! Manche seiner schrägen Bilder sind klare Metaphern, andere scheinen für sich selbst zu stehen und wieder andere sind Ausgeburten eines Gedankenkosmos, den wohl kein einziger Zuschauer zweifelsfrei und zu hundert Prozent durchdringen kann.

                                              Und weil das in nahezu jedem seiner Filme so ist, kann man sich als Zuschauer auch bestens auf ihn Verlassen. Wer seine Produktionen mag, wird folglich auch bei 'Wrong', der vielen Fans als Highlight seines Œuvres gilt, nicht enttäuscht werden. In diesem Sinne: Pinselt schon mal euer Auto an. Oder euren Fernseher. Oder einfach nur die DVD von 'Wrong'. Viel Spaß dabei!

                                              PS: Was kommt eigentlich nach 7:60 Uhr?

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                                              • 4 .5
                                                Framolf 13.11.2020, 02:08 Geändert 13.11.2020, 02:09
                                                über Scooby!

                                                Animiertes Remake, das zwar die Welt nicht braucht, das im Endeffekt aber auch nicht besser oder schlechter geraten ist als so viele andere Animationsfilme der letzten Jahre. Statt Kinderhorror wird hier eher Science Fiction in einer kindgerechten Ausführung präsentiert und auch sonst werden altbewährte Prinzipien aufgeweicht, variiert oder (vermeintlich) zeitgemäßer arrangiert. Das mag vielleicht sogar dazu taugen, Kinder an die altbekannten Charaktere heranzuführen und für sie das Tor zur Welt der Mystery AG zu öffnen. Fans der früheren Produktionen bekommen hier aber bestenfalls eine technisch runderneuerte Variation des alten Prinzips, die kaum noch auf der Mystery- oder Gruselschiene daherkommt. Wer den alten Filmen und Serienepisoden entwachsen ist, aber Nachschlag will, sollte sich vermutlich eher an Filme wie 'Grave Encounters' halten... Dort spukt es auch und die Filme sind sogar noch etwas stärker auf eine volljährige Zielgruppe zugeschnitten. ;-D

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                                                • 7 .5

                                                  'The Wave' nimmt das Publikum mit auf einen durchgeknallten (Drogen-)Trip eines Protagonisten, der mit schwersten Erinnerungslücken zu kämpfen hat. Obwohl die Geschichte zeitgemäßer kaum sein könnte, erweist sie sich relativ schnell als Variation einer antiken Tragödie bzw. als modernisierte Fortführung dieses Konzepts. Relativ früh in der Handlung lässt sich zwar die grobe Richtung erahnen, die hier eingeschlagen werden soll, vieles bleibt jedoch nebulös und will Stück für Stück erkundet werden. Das Ergebnis mündet zwar nicht in den ganz großen Mindfuck, für eine solide Moral inklusive Handlungsempfehlung reicht es aber allemal.

                                                  ++ SPOILER ++

                                                  Jeder Zeitsprung geht mit der Zerstörung einer Uhr einher. Sozusagen im Schnelldurchlauf durchlebt der Anti-Held diverse Situationen, die ihn zur Einsicht bzgl. der Schäden, die er in seinem Beruf angerichtet hat, zwingen. Eine der Geschädigten verfolgt ihn sogar in seinen Visionen bzw. er sucht auch aktiv nach ihr.

                                                  So stellt sich 'The Wave' am Ende als eine Art Läuterungsgeschichte dar, in der der Protagonist auf die harte Tour lernen muss, dass es ein „weiter so“ nicht geben kann. Ganz im Sinne von Aristoteles Dramentheorie sieht der tragische Held hier irgendwann seine Fehler ein und trägt die Konsequenzen daraus, die sehr drastisch ausfallen. Ganz wie im alten Griechenland eben.

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                                                  • 6 .5

                                                    „Hate, I'm your hate
                                                    I'm your hate when you want love
                                                    Pay, pay the price
                                                    Pay, for nothing's fair“

                                                    Oh, falscher Titel. Aber dennoch gar nicht mal so unpassend.

                                                    'Strange but true' beginnt als unscheinbares Drama mit einer etwas skurrilen Prämisse (eine junge Frau berichtet von einer unbefleckten Schwangerschaft) und steigert sich schleichend zu einem handfesten Thriller hoch, der die Schlagzahl immer weiter erhöht. Das Attribut „unbefleckt“ trifft es zwar nicht ganz exakt, aber um nicht mehr zu verraten als unbedingt nötig, taugt die Formulierung einigermaßen.

                                                    Überhaupt: Es ist nicht ganz einfach, über diesen atmosphärisch dichten Film zu schreiben, ohne den entscheidenden Twist zu spoilern. Daher nur noch die personellen paar Eckdaten: Neben Margaret Qualley, Nick Robinson und Greg Kinnear kommen auch Amy Ryan, Mena Massoud, Brian Cox und Blythe Danner in diesem außerordentlich gut besetzten Geheimtipp zum Einsatz.

                                                    Klare Empfehlung für geduldige Fans von ruhigen Thrillern! Wer aber von Anfang an Action braucht, wird hier vermutlich nicht fündig werden, da die erste Hälfte ein reines Familiendrama ist.

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