FumerTue - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+25 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+16 Kommentare
-
MobLand - Familie bis aufs BlutMobLand - Familie bis aufs Blut ist eine Gangsterserie aus dem Jahr 2025 mit Helen Mirren und Pierce Brosnan.+16 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
The Fantastic Four: First Steps94 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt93 Vormerkungen
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens87 Vormerkungen
-
Die nackte Kanone84 Vormerkungen
Alle Kommentare von FumerTue
Joseph von Eichendorff hat Filme gemacht? o.O
Ich schau alle 3 Monate mal kurz fernsehen, ohne dass etwas läuft, das ich sehen möchte. Mir is des wurscht, was da läuft. Ich schau halt einfach kein fern, und wenn wer die Sendungen mag, dann soll er sie sich anschauen. Sich aufzuregen bringt ja nix und ist doof.
Der Wald vor lauter Bäumen
In "Nader und Simin" treffen gleich mehrere menschliche Schicksale aufeinander und stehen sich dabei unnötigerweise im Weg, was zu einem sehr beklemmenden Film führt.
Simin (Leila Hatami) möchte sich von ihrem Mann Nader (Peyman Moadi) scheiden lassen, um ins Ausland zu gehen. Nader hat damit auch kein Problem, allerdings braucht er jetzt eine helfende Hand für seinen dementen Vater. Simin, die noch die Klärung des Sorgerechts abwarten muss, vermittelt ihm Razieh. Die erzählt ihrem arbeitslosen Mann nichts von ihrer Arbeit. Und Razieh ist schwanger.
Nader verdächtigt Razieh, Geld bei ihm gestohlen und seinen Vater aus den Augen gelassen zu haben. Ein Streit wird das auslösende Moment für den Prozess: Wer hätte was wissen können? Wer weiß was? Wer ist "schuldig"? Wem kannst du vertrauen?
Alle lügen einander an und eigentlich stünde keiner irgendeinem anderen im Wege, aber trotzdem kommt man sich in die Quere, verklagt sich, ohne es zu wollen. Es gibt Notlügen, Misstrauen. Man weiß nicht weiter und tut anderen Unrecht und hadert deshalb mit sich selbst. Der Apparat hat kein Verständnis für die jeweiligen Lagen, in denen sich alle befinden. Es gibt in diesem Film keinen "Edlen", der immer aufrichtig ist, nie lügt, Vorbild wäre. Echte Menschen halt. Gezwungen und eingezwängt von äußeren Umständen. Und dann ist da noch die Ehre. Und die Religion, der Quran, auf den man alles schwören kann. Der Gottesstaat Iran ist ja auch nur durch Allah legitimiert. Mit Religion kann man alles rechtfertigen, weil man sie ja nicht hinterfragen darf.
Misstrauen.
Notlügen.
Wer weiß was?
Und die Kinder stehen immer so dazwischen und verstehen all das gar nicht so recht.
Die beklemmende Lage scheint zunehmend ausweglos und die Figuren sind ohnmächtig im Apparat und den sonstigen Umständen. Das System des Iran wird aber nicht explizit kritisiert, es ist zwar mitverantwortlich für die prekäre Ausgangssituation, aber die Handlung könnte auch in einem westlichen Land so verlaufen; wenn die Sache mit dem Misstrauen und so eben gegeben ist, wie sie es hier ist.
So wie ein US-Film eben im Rahmen der USA mit dortigen Eigenschaften spielt, spielt dieser Film eben im Iran. Wenn in Hollywood wer weint, ist das auch noch keine Kritik an der Regierung. "Nader und Simin" wird erst dadurch zur Kritik, wenn man die unbewertet dargestellten Sachverhalte negativ deutet. Deshalb darf Asghar Farhadi wohl auch noch seinen Beruf im Iran ausüben, weil die Situation nur dargestellt und nicht gewertet wird.
Fazit: Dieser Streifen bietet eine intelligente Handlung, die sehr ansehnlich und mit klasse Schauspielern umgesetzt wurde.
Da Berlinfilme ja an sich kein Genre sind (wie es etwa "Ostalgie"-Streifen etc. dann wären), sind die Listen natürlich sehr mannigfaltig, weil ja praktisch jeder Film, der in Berlin spielt dazukommt.
Ich kann mir ja vorstellen (und hoffe), dass Berlin Calling und Herr Lehmann in den Top 10 sind. Und die sind beide eigentlich super Beispiele, dass auch deutscher Film im 21. Jahrhundert Gutes zu bieten haben kann! =)
An sich ist "Enter the Void" ja gut gemacht, nur leider ziemlich zu lange!
Am Anfang geht das ja noch mit der Trägheit. Aber nach so 100 Minuten fragt man sich dann schon, wo das noch hinführen soll, diese ewige Wiederholung selber Muster bei einer sich so lethargisch voranschleppenden Handlung. Die letzten 20 Minuten dann hätten auch in 10 Minuten die selbe Wirkung gehabt.
Ansonsten gäbe es sicher einen Punkt mehr!
http://www.zeit.de/kultur/film/2013-01/film-the-impossible
Reiche weiße Familie in Not. [Einheimische haben kein Geld, scheiß auf die!]
Ein Glück, dass ich den zeitgleich auf Pro7 laufenden Tropic Thunder schon gesehen habe... Der ist nämlich auch empfehlenswert, wenn man kruden Humor wie ich hat ;)
Wo sind denn der letzten Woche Lösungen?
Darf man in der DVD-Hülle eigentlich eine Nachricht an den Empfänger hinterlassen? ;)
Von keinem der Filme auch nur annähernd je was gehört...
Vegas Vokabular für Nolan als kreativ zu bezeichnen, bezeichne ich als gewagt ;)
Aber Spaß beiseite: Es entbehrt schlichtweg jeder Logik, wenn man sagt, Nolans Filme tuen intelligent, seien es aber nicht. Denn wenn ich sage, dass etwas intelligenter sein möchte als es ist, dann muss mein Vorwurf, dass er "intelligent" sein möchte, ja auf irgendetwas gründen... Sehr wahrscheinlich auf der Tatsache, dass er es (wenn auch nur im Ansatz) ist.
Klar, wir kennen alle die Möchtegern-intellektuellen und semi-philosophischen Kalenderweisheiten, die uns schon tausendfach - auch im Filme - deklamiert wurden, obwohl sie Offensichtliches besagen. Sowas ist fürwahr "bemüht intelligent". Aber solange sich ein Film nicht auf solche Weise beim Zuschauer anbiedert, kann man ihn gut schauen - auch als hochintelligenter Philosoph.
Selbst wenn Nolans Filme reine Blockbuster ohne Tiefgang wären, wären sie doch per se als Filme um der Unterhaltung willen und als Filme um der Bilder willen schon stark genug.
Wenn man im Medium seiner Leidenschaft immer nur das mag, was Tiefgang und "Intelligenz" vorweisen kann, und alles andere verachtet - dann hat man sich als Filmliebhaber bei der Wahl seines Faibles sehr wahrscheinlich das falsche Medium ausgesucht.
Natürlich Pulp Fiction. Da können die narzisstischen und überheblichen "Pulp-Fiction-ist-ja-sowas-von-mainstream-dass-ich-als-alles-Besserwissender-das-natürlich-nicht-so-toll-finde-Sager" sagen, was sie wollen...
Edward D. Wood Jr. hätte vielleicht Schriftsteller werden sollen. Für ein klassisches Drama wäre die Poesie in den Worten des Drehbuchs von "Plan 9 aus dem Weltall" perfekt!
Die Schauspieler sind total schlecht, aber die Atmosphäre, die Edward D. Wood Jr. in sein Opus Magnum gesteckt hat, ist für einen Horrorfilm ganz durchschnittlich.
Science-Fiction-mäßig ist der Film dann doch teilweise hanebüchen, wenn es zum Beispiel so etwas wie eine Maschine gibt, die jede ihr bis dahin unbekannte Sprache ins Englische übersetzen kann.
Bekackte humorlose Spießer hier!
Wie lange wird es eigentlich noch dauern, bis Super Mario Bros endlich mal Kultstatus als absolut genialer, total dämlicher Trash-Film zuteil wird?
Schade mit dem Spoiler im letzten Satz...
Streich "City of God" aus deiner Liste und du bekommst ausnahmsweise mal ein Like für deine Polemik!
Aus welchem Jahr stammt denn die Liste?
Noch ein Vorschlag: "Ein Kind zu töten"
Klingt irgendwie so bedrohlich und grausam und tragisch... Gerade wegen dem kleinen Wörtchen "zu" zur Verstärkung des Infinitivs, in dem aber noch mehr steckt.
3) und 5) klingen versprechend!
Möchte ich mich enthalten, weil ich mir Filme, bei denen abzusehen ist, dass sie "der schlechteste des Jahres" werden könnten, gar nicht erst ansehe, außer es gibt irgendeinen konkreten Grund...
Der Filmcharakter Forrest Gump dürfte wohl das beste Beispiel dafür sein, wie man selbst nach christlicher Erziehung und mit wenig Intellekt einer der gutmütigsten Menschen sein kann. Meist ergibt die Mischung aus beidem leider das Gegenteil und Forrest Gump bleibt leider fiktiv, aber er gibt Hoffnung und ist inspirierend!
Dream
is
Destiny.
FumerTues ausführlicher Guide to my Lieblingsfilms.
Folge 1: WAKING LIFE, 2000-2002
---------------------
[LESEZEIT: etwa 45-60 Minuten. Nehmt euch die Zeit! =) ]
/////In dieser Rubrik möchte ich meine Lieblingsfilme einer genauen Betrachtung unterziehen und sie euch vorstellen. So schaue ich sie mir mehrfach an, um die besten Zitate herauszuschreiben und um über Audiokommentare, Making-Ofs und sonstige DVD-Features bestens informiert über den Streifen zu sein. Außerdem versuche ich mit dieser Rubrik - auch für mich selbst - herauszufinden, was einen Lieblingsfilm ausmacht, was diese Filme für mich so besonders macht und warum sie für mich so außergewöhnlich sind. (Die Texte schreib' ich also in gewisser Weise für mich zur Reflexion.)
In Folge 1 geht es um RICHARD LINKLATERs Opus Magnum "Waking Life", das mich von Anfang an in seinen Bann zog. Was macht diesen Film so toll, so besonders, so mitreißend und einmalig... für mich?
Und wieso kann ich es in keinster Weise nachvollziehen, wenn er einem nicht so zusagt? //////
VORWARNUNG: Der Text ist sehr lange zu lesen. [Ihr dürft ihn euch auch gerne ausdrucken, wenn ihr nicht so gerne vom Bildschirm ablest, und ihn dann einrahmen, wenn er euch gefällt. ;) ] Eventuell schweife ich von Zeit zu Zeit ab, ich werde versuchen, dann darauf hinzuweisen, damit ihr betreffende Abschnitte überspringen könnt. ;) Spoiler gibt es nicht wirklich, da man den Film kaum spoile[r]n kann :P
Außerdem gliedere ich in Abschnitte, um euch zu ermöglichen, für euch "Uninteressantes" gar nicht erst zu lesen.
{[((((Ich komme zwar erst später zum Soundtrack, aber ihr dürft gerne beim Lesen im Hintergrund das hier schon laufen lassen:
http://www.youtube.com/watch?v=Gaoh-CAoWh4 - und dann gleich den ganzen Soundtrack: http://www.youtube.com/watch?v=FOVzbp5yVsU&feature=channel&list=UL , vor allem Nummer 04, 06, 08, 09 und eben die Balladen...))))]}
---------------------
VIEL SPASS BEIM LESEN!
---------------------
---------------------
---------------------
---------------------
ABSCHNITT I:
OUVERTÜRE, EINLEITUNG:
--
Was ist ein Lieblingsfilm?
--
Es gibt verschiedene Arten von Lieblingsfilmen.
Bei manchen war man beim ersten Sehen einfach in der perfekten Stimmung. Andere brauchen zwei Anläufe: beim ersten Mal mag man sie, beim zweiten liebt man sie. War ersteres der Fall, so kann man den Film so oft schauen wie man will, und man wird ihn immer lieben. Egal, ob die Stimmung bei der Zweitsichtung für eine Erstsichtung nicht optimal wäre: Weil es die Zweitsichtung eines Filmes ist, dessen Erstsichtung perfekt war, so wird dieser immer perfekt bleiben! Deshalb darf man auch Filme in der Herz-Liste haben, wo man sich selber denkt, dass sie eigentlich - im "Nachhinein" bzw. weitere Male betrachtet - nicht GANZ so toll wären. Die perfekte Stimmung ist es auf jeden Fall, die den Unterschied macht zwischen den unzähligen Filmen, die wir auf moviepilot irgendwo zwischen 7,5 und 10 (ohne Herz) Punkten bewertet haben - weil wir sie mögen, aber irgendwas noch fehlt - und den Filmen, die sofort ein Herz auf Lebenszeit erhalten.
WAKING LIFE ist mein ABSOLUTER Lieblingsfilm. Also, müsste ich meine gut 30 Herzel-Filme (Stand: Sommer 2012) sortieren, so wäre WAKING LIFE der Allererste der Top 10!
--
Warum WAKING LIFE?
--
Für WAKING LIFE hatte ich die perfekte Stimmung. Es war irgendwann im letzten Jahr, als der Frühling gerade zu Sommer wurde und ich allmählich begann, mich für Philosophie und Sprachwissenschaft (vor allem wiederum deren philosophische Aspekte) zu interessieren und Filme "bewusst" zu schauen, wie man so schön sagt. Durch das Lied "Halt' die Ficke" von Frittenbude (Link am Ende des Kommentars) war ich auf WAKING LIFE aufmerksam geworden. Und dann guckte ich mir einfach mal den Film an. Es war ein sonniger Nachmittag. Ich saß in meinem Bett, den PC vor mir, und startete den Film.
---------------------
---------------------
ABSCHNITT II:
DAS IST WAKING LIFE:
--
Grob gesagt:
--
Nun, meine Freunde, wollt ihr bestimmt wissen: worum geht es denn überhaupt in diesem Streifen?
Nun gut, meine Freunde, das ist eher schwierig zu sagen. (Oder mit den Worten eines Menschen im Film: "There's no story. It's just people, gestures, moments, bits of rapture, fleeting emotions. In short: the greatest story ever told.") Die gesamte Atmosphäre des Filmes ist so verträumt, man kommt sich den ganzen Film über vor, als wäre man im Traum. Denn "Waking Life" ist ein Gemälde, wie ihr später noch bei Screenshots sehen werdet. Das schaffte Regisseur-Meister Richard Linklater mit einem großen Team an Animateuren perfekt (bestehend aus Künstlern, Malern, Animateuren, Computerfreaks, Gestaltern, etc., geleitet von Bob Sabiston, den man nicht vergessen sollte, wenn man von WAKING LIFE spricht, da dieser das Bearbeitungsprogramm überhaupt erst entwickelt hat und auch einen Großteil dazu geleistet hat! Zur Technik später mehr)! Jedenfalls begegnet einem - sozusagen als Protagonist - immer wieder (aber nicht in jeder Szene) ein bestimmter Junge/junger Mann, der in Gesprächen mit verschiedensten Menschen über Reinkarnation, freien Willen, Existenzialismus, menschliches Dasein, Wahrnehmung, Universum, das Träumen (natürlich), Gott, Filme (und auch den Wahrnehmungsaspekt dieses Mediums), Gedankenübertragung, Gesellschaft, Medien, Politik und Sprache philosophiert. Die Szenen gehen einfach so über. Mal ist der Junge (gespielt von Wiley Wiggins, der aus Linklaters zweitbestem Film "Dazed & Confused" bekannt sein dürfte) dabei, mal nicht. Ist das jetzt alles ein Traum oder passiert das echt? Ich glaube, der Junge sind wir, der Zuschauer. Mal sind wir dabei, mal nicht, aber immer nur so die Zuhörer in unseren Träumen, die ja letztlich doch Produkt unseres eigenen Hirns sind. Aber irgendwie sind die so vielfältigen (Traum-)Charaktere doch so echt. Seien es der gestikulierende Wissenschaftler, der Typ im Restaurant, der aussieht wie Quentin Tarantino und auch so redet und gestikuliert [später im Film kommt auch noch ein Autor vor, der Tarantino noch ähnlicher sieht; Laut Audiokommentaren wurden die Macher darauf sogar schon des Öfteren angesprochen :D] , die Philosophieprofessoren, der Aktivist, der Extremist, die Idealisten, die ganz normalen Leute, jene mit eher komischen Weltbildern: einfach generell all die Menschen in den Bars, Betten oder Bürgersteigen.
--
Das bisschen wirkliche Handlung, das es gibt:
--
Der Junge träumt, wacht auf, ist aber noch immer im Traum, usw. (Hoffentlich denkt jetzt keiner an Inception, einen Vergleich kann ich mir gar nicht vorstellen.)
Dann hat man mal wieder das Gefühl, er träume gar nicht, sondern er ist jetzt doch wieder wach: von einem Traum aufgewacht, Fernseher eingeschaltet und Traum verdrängt. Er träumt aber immer noch. Oder ist am Ende das Leben nur ein Traum? Alles eine Frage der Wahrnehmung, wie uns seine vielen Begegnungen im Traume wissen lassen. Doch, wo kommen diese Begegnungen her? Sie sind ja alle nur im Kopf des Protagonisten. "Where do these ideas come from? Who are we?", das sei eines der zentralen Themen, wie wir im Audiokommentar, zu dem ich später noch ausführlich komme, erfahren.
"You haven't found yourself yet."
[kleiner SPOILER, wenn man es so nennen mag]
Am Ende fliegt der junge Mann einfach weg. Einfach so. Ist er nun überhaupt aufgewacht? War er "die Frau, die so auf ihr Leben zurückschaut" und lag im Sterben, als er all das träumte? War er also von Anfang an tot? Träumt er noch immer? Lässt er sich einfach treiben?
[//SPOILER ENDE]
--
So gelingt der Film:
--
Man muss sich aber auf "Waking Life" einlassen! Einfach fallen lassen in den Film hinein. Sich einfach öffnen für neue Ansichten, die in allen Menschen schlummern, die jeden Tag wortlos an uns vorüberziehen. Wie sieht denn der Arbeiter in der U-Bahn gegenüber den Existenzialismus? Hat denn die Kassiererin beim LIDL ähnliche Ansichten wie Sartre? Und die Witwe, die ihren Hund spazieren führt, glaubt die an Gott oder an Reinkarnation? [Und wie finden diese Leute es eigentlich, Charaktere in [m]einem Traum zu sein?] Einfach von Mensch zu Mensch gehen, wie in diesem Film. Im Traum oder jetzt doch in echt? Wo ist dieser Film überhaupt? Wo sind wir da? "Are you also in the story?" Gibt es überhaupt Orte? Ist das Leben nicht doch nur ein Traum? Und wieso denken so viele Menschen, sie hätten sich ausreichend mit dieser Frage beschäftigt, weil sie Inception gesehen haben, wo sie doch WAKING LIFE gar nicht kennen?
WAKING LIFE schafft eine perfekte Atmosphäre, in die man sich einfach mal 90 Minuten lang fallen lässt, so wie ich an diesem sonnigen Tag, als der Frühling gerade zu Sommer wurde, im Jahre 2011. Man hört sich einfach mal - als Außenstehender, aber doch so dabei, weil sie doch irgendwie mit dir sprechen, wie im Traum - 90 Minuten lang die Weltanschauungen dieser Kreaturen an, die da auf einmal auftauchen, dann doch zu Asche werden und die nur mit dir sprechen. Dazu dieser perfekte, zurückhaltende, Traum-Soundtrack. (mehr dazu später, falls ihr es nicht eh im Hintergrund grad hört: vgl. http://www.youtube.com/watch?v=Gaoh-CAoWh4 u.ä.)
Du musst dich auf WAKING LIFE einlassen. Dann wird er dich mitreißen. Wahrscheinlich auch, wenn du noch nicht so viel philosophiert hast. Weil es eigentlich im Endeffekt doch jeden ein bisschen tangiert, die Fragen nach dem Warum, dem Ursprung.
--
Um diese Themen [weil kaum Handlung] geht es KURZ GESAGT:
--
Philosophie (sämtliche philosophische Strömungen und Schulen), Träumen, Sprache, Musik, Kunst, Universum, Politik, Gesellschaft, Reinkarnation, freien Willen, Existenzialismus, Medien, menschliches Dasein, Gedankenübertragung, Kommunikation, Wahrnehmung, Gott, Begegnungen von Menschen, die im Alltag aneinander vorbeilaufen und den Blick voneinander abwenden, sich nie betrachten, "Wo kommen die Ideen her?", Unendlichkeit und Ewigkeit uvm.
--
Und jetzt?
--
Dabei will WAKING LIFE nie Weltanschauungen aufzwingen. Dem Zuschauer bleibt meist selber überlassen, was er wie aufnimmt. Aber den verschiedenen Ansichten wird Gehör verschafft.
Auch dauert eine Szene selten länger als 5 Minuten. Richard Linklater erklärt in den DVD-Extras einen Vorteil davon: wenn du eine Figur nicht magst, dann kommt gleich die nächste.
--
Wieso die Traumatmosphäre so perfekt gemacht ist:
--
- Der Soundtrack
- Die Bilder, die wie Gemälde sind
- Die Szenen gehen einfach so über. Man weiß im Traum ja nie, wie man an diesen Ort gekommen ist! Und so sieht man auch den Protagonisten beim Frühstück und in der nächsten Blende sieht man seine Füße in einen Vorlesungssaal laufen.
---------------------
---------------------
"not just eternity, but infinity"
---------------------
---------------------
ABSCHNITT III:
DIE FILMTECHNIK:
WAKING LIFE ist ein Zeichentrickfilm. Ein Gemäde eigentlich. Ein bewegtes Gemälde, ein Comic, Cartoon. Auf jeden Fall mit ganz viel Liebe gemalt und gezeichnet! "A Scanner Darkly" dürfte wohl bekannter sein: Ebenfalls von Linklater mit Bob Sabiston als Animationsdirektor wurde hier die selbe Technik einwandfrei angewandt.
Die Technik nennt sich Rotoskopie und ist eigentlich gar nicht so neu: Ein Bild - also die Aufnahmen, die für WAKING LIFE übrigens ganz einfach mit einer Digitalkamera gefilmt wurden - wird auf eine Mattglasscheibe o.ä. projiziert, sodass es sozusagen abgepaust werden kann.
Bob Sabiston, Art/Animation Director, hat ein Computerprogramm entwickelt, bei dem man "auf" Videos auf dem Bildschirm malen kann. Aber noch vor Zeiten des Touchscreens: Vor den Malern lag ein Touchpad, mit dem auf das Bild, welches auf dem Bildschirm zu sehen war, gemalt wurde. Heute ist ja bei jedem beliebigen Telefongerät das Touchpad "auf" dem Bildschirm. Vor zehn Jahren gab es das noch nicht!
Die Macher hatten 2-3 digitale Kameras und hielten diese in der Hand ("hand-held animated movie", vgl. Audio-Kommentare), Lichteinstellungen bedurfte es nicht, da ja am Ende jede Kontur gemalt wurde. Die Augenfarbe mancher Personen ändert sich während man sie sieht, weil das ja alles übermalt wurde!
---------------------
--------------------
"your life is yours to create"
---------------------
---------------------
ABSCHNITT IV:
DER SOUNDTRACK:
Musik ist das viel präzisere Kommunikationsmittel für Gefühle. Viel präziser als Sprache.
"Moderner Tango" begleitet uns fantastisch auf unserer Reise durch den Film. Falls ihr noch nicht den Score gerade im Hintergrund laufen habt, wie ich es euch zu Beginn des Kommentars befahl:
- http://www.youtube.com/watch?v=FOVzbp5yVsU&feature=channel&list=UL
- Oder falls ihr sonst keine Zeit habt, zumindest dieses Lied: http://www.youtube.com/watch?v=Gaoh-CAoWh4
Die Musik stammt ebenso aus Austin, Texas, wie viele Darsteller und all die Schauplätze. Richard Linklater ist nämlich nicht nur "Philosoph und Filmemacher, was ihn in seinem Heimatstaat Texas sowieso zum Exoten stempelt" (CLAUDIA LENSSEN: Ich ist ein Cartoon, http://www.taz.de/1/archiv/?id=archivseite&dig=2002/07/06/a0166 ).
Er dreht gerne in Texas und fördert gerne die lokalen Menschen [Fast alle Film-"Darsteller" sind aus Austin, da will ich jetzt auch mal hin^^]. Die Musik in WAKING LIFE kommt vom "Tosca Tango Orchestra" aus Austin und wurde ist im sogenannten Nuevo Tango Style gehalten.
Da ist das dumpfe Piano, begleitet von einer Violine, manchmal auch eine Gitarre, ein Akkordeon oder andere Streicher, oft ist der Score recht experimentell.
Lange Szenen vergehen, wo einfach mal nur Musik läuft und der Zuschauer fliegt.
Manchmal wirken sie sogar Amélie-mäßig und manchmal nach sehr (schöner) klassischer Musik. Wäre WAKING LIFE kein Independent-Film: Glover Gill und sein "Tosca Tango Orchestra" hätten jeden Musik-Oscar der Welt bekommen!
---------------------
---------------------
"What's it like to be a character in a dream?"
---------------------
---------------------
ABSCHNITT V:
DES FILMES TITEL:
Waking
Life.
Mein Waking Life ist mein waches Dasein, im Gegensatz zum Schlafzustand. Mein Wachzustand. Ich bin wach im Leben, beim Leben. Im Schlaf träume ich und lebe nicht.
Aber im Moment des Träumens denke ich, ich wäre wach? Warum bin ich nicht auch im vermeintlichen Wachzustand lediglich im Traum? Bin ich wach, träume ich? Oder beides?
Im Film WAKING LIFE geht es um unser ganzes Leben. Und ums (luzide) Träumen und Wachsein und der Titel hat so etwas Magisches an sich. Weniger auf der Bedeutungsebene, alleine auf der poetischen Ebene...
---------------------
---------------------
"it's always our decision who we are"
---------------------
---------------------
ABSCHNITT VI:
WARUM JEDER DIE DVD HABEN SOLLTE:
Die DVD bietet so vieles, gerade wenn man sich tiefer mit dem Film beschäftigen möchte. Sie kann auch verhindern, dass man den Film zu schnell als pseudo-irgendwas abstempelt. Eine Trivia-Einblendungen-Spur bietet zu jeder Episode Buch- und Filmtipps und Hintergrundinformationen: wer die zu sehenden Personen sind, was an ihrem Gesagten dran ist, wessen philosophische Strömung sie wie vertreten, mit welcher gewissen Ironie ihr Auftritt verbunden ist usw...
Dazu gibt es interessante Audiokommentare mit
- Regisseur Richard Linklater höchstpersönlich,
- Animation Director (Art Director) Bob Sabiston,
- Tommy Pallotta (Produzent) und
- Wiley Wiggins, der ehrenwerte Protagonist und auch Animator.
Da erfährt man viel zur Entstehung und Aussage des Filmes. Hier ein paar wahllos niedergeschriebene Punkte von meinem Notizzettel:
- Die Reihenfolge der Szenen war zunächst unklar
- Der Film war nicht sehr teuer: Die Luftaufnahmen sind aus einem Heißluftballon, Greenscreen-Szenen wurden beim lokalen Fernsehsender gedreht. Der Dreh der Szene auf dem Eisenbahngelände beispielsweise war ohne Genehmigung.
- Die Filmemacher wollten keinen Philosophie-Film mit lauter Fachsprache. Linklater: Viele philosophieren nur, um klug dazustehen, und nicht, um Ideen zu teilen. "I didn't want the movie to obscure but to be understandable."
- die meisten Gesprächspartner im Film sind aus Austin, Texas, die meisten kannte (und mochte) Linklater
- Jede Menge Philosophie-Professoren kommen vor
- Bei diesem Menschen - so heißt es sogar in den Audiokommentaren - seien viele Rückmeldungen über eine unabstreitbare Ähnlichkeit zu Quentin Tarantino eingegangen: http://imageshack.us/f/716/vlcsnap2012102121h01m32.png/ http://imageshack.us/f/255/vlcsnap2012102121h02m23.png/
- Zwei Männer in der Bar (einer davon der Barkeeper) unterhalten sich über Waffen: "A well-armed populace is the best defense against tyranny." Im nächsten Moment erschießen sie sich gegenseitig. Ist Gewalt ein Indiz mangelnden Fortschritts?
- Zitat der Trivia-Einblendung, weiß nicht mehr, wo: "Im Klartraum sieht man sich um und erkennt, dass die ganze Welt vom eigenen Verstand kreiert wird." - Stephen La Berge
- In einer Szene laufen vier Männer hastig durch die Straßen und sagen abwechselnd Dinge, führen jedoch kein Gespräch, keinen interaktiven Dialog. Jeder redet aneinander vorbei.
- Der Protagonist kennt seinen Namen nicht - "Who are we?" - Thema des Films
- "What we were trying to depict here was a very realistic unreality."
- "The idea of having an ensemble of actors and an ensemble of animators is that they would pair of and you would get a different person."
---------------------
---------------------
"it's like i'm being prepared for something"
---------------------
---------------------
ABSCHNITT VII:
WAS ICH NOCH SAGEN WOLLTE:
Das hier soll keine detaillierte Analyse des Streifens werden, weil das dann der Unendlichkeit recht nahe käme ;) Außerdem wäre es wesentlich zeitaufwändiger für EUCH, als wenn ihr einfach den Film zweimal anguckt :P
Ein paar interessante Punkte des Filmes jedoch und ein paar meiner Gedanken:
- Am Anfang im Boot wird Determinismus deutlich. Der Protagonist hat keine Ahnung, wo er hin muss (wer er ist) und der Typ auf der Rückbank (Linklater) nennt einfach irgendeine Adresse. "And it's gonna determine the course of the rest of your life!"
- Wie im Traume: man sieht den Protagonisten beim Frühstück - und in der nächsten Blende sieht man seine Füße in einen Vorlesungssaal der Uni laufen.
- Ein Mann erzählt etwas darüber, dass Medien unsere Raffgier ausnutzen. Schicksale, Unglücke, Katastrophen werden nicht gezeigt, um uns wachzurütteln, sondern um uns als passive Zuschauer zu behalten. Der Mann zündet sich an. Vielleicht geht das Bild in den Medien um die Welt?
- Julie Delpy und Ethan Hawke haben als philosophisches Dreamteam zwischen Before Sunrise und Before Sunset (1995 bzw. 2004; jeweils Linklater) eine kurze Szene in WAKING LIFE gemeinsam, in der sie über Reinkarnation sprechen und darüber, dass Julie sich wie eine sterbende Frau fühlt, die auf ihr Leben zurückblickt.
- Über Klarträumen lernt man richtig viel. "Science of Sleep", der im Deutschen den Beititel "Anleitung zum Träumen" hat, zum Beispiel ist in der Hinsicht finde ich durchgefallen. WAKING LIFE hat auch viel Lehrreiches übers Träumen zu bieten. Man sollte sich des Öfteren tagsüber fragen, ob man gerade träumt, dann tut man es im Traume vielleicht auch mal! Außerdem sollte man immer, wenn man einen Lichtschalter sieht, probieren, ob der das Licht an/aus machen kann. Falls nicht, träumt man womöglich. Im Klartraum kann man den "geilsten Sex" haben, 360-Grad-Sicht entwickeln usw... Träume erscheinen uns so echt, weil wir in der REM-Phase kein Serotonin herstellen. Dieses verhindert, dass wir tagsüber erschrecken, wenn wir einen beängstigenden Gedanken haben, weil wir dank des Hormons wissen, dass es nur ein Gedanke und nicht echt ist.
- Literatur vs. Film: "Kommt ein kleiner Mann in 'ne Bar". Du stellst dir jetzt einen kleinen Mann aus DEINER Vorstellung vor, der eine Bar aus DEINER Vorstellung betritt. In einem Film wäre nun der kleine Mann ganz bestimmt und die Bar auch, nicht nach DEINER Vorstellung! "Truffaut said: 'The best scripts don't make the best films.'" - Gleichzeitig sehen wir das in dem F I L M WAKING LIFE!
- Kommunikation: linguistische Theorien; Ein Affe kommentiert einen wortlosen Film: nonlinguistische Gesten von Jugendkulturen, Musik, Kurt Cobain wie er eine Gitarre zerschmettert, Konzertbesucher beim Crowdsurfing, Gesichtsausdrücke, alles ohne Sprache?
Gerade als angehender Sprachwissenschaftler und Philosoph finde ich das sehr interessant! Während nämlich für die Beschreibung eines Sachverhaltes oder Gedankenganges die Sprache nicht unnützlich ist, kann man Gefühle besser durch Musik und Gesten, Gesichtsausdrücke usw. vermitteln. Soweit ich weiß klingt beispielsweise Moll nicht traurig, weil wir so erzogen wurden, dass Moll in traurigen Momenten gespielt wird, sondern weil das angeblich in uns veranlagt ist... Der Schmerz und die Wut und die Angst, die Kurt Cobain in seine Musik steckte, kann kein Wort vermitteln. Hier sei auch wieder auf die Episode mit Kim Krizan (Trivia: sie war übrigens zusammen mit Linklater Drehbuchautorin von Before Sunrise) verwiesen, wo es um das Wort und das Wort "Liebe" geht:
<<"'Saber-tooth tiger right behind you!' - We came up with a sound for that. But when it gets really interesting, I think, is when we use that same system of symbols to communicate all the abstract and intangible things that we're experiencing. What is 'frustration'? Or what is 'anger' or 'love'? When I say 'love' the sound comes out of my mouth and hits the other person's ear, travels through this byzantine conduit in their brain and through their memories of love - or lack of love. They say they understand, but how do I know they understand? Because... words are inert. They're just symbols. They're dead! [...] So much of what we perceive is intangible and cannot be expressed. It's unspeakable.">>
Liebe ist ein Gefühl und jeder definiert dieses abstrakte Wort anders. [The White Stripes - The union forever: "It can't be love, for there is no true love."] Der Affe hält - sprachlich - ein Plädoyer für die wortlose Kommunikation!
Hier sind wir wieder bei dem Punkt mit Literatur vs. Film: Während ein Buch nur mit dem Mittel der Sprache die Realität abbildet bzw. abzubilden versucht und manchmal auch die Sprache um der Sprache willen einsetzen kann (Wortspiele, Stilmittel, Poesie), so kann ein Film viel mehr, was für mich das Medium so interessant macht: ein Film kann Musik, Bild und Sprache in ein Paket packen, eine Geschichte also am besten nach Vorstellungen des Autors (in diesem Falle: des Regisseurs) erzählen, während beim Buch viel Vorstellungsfreiheit für den Konsumenten gewährt wird, der sich Soundtrack und Bilder, Stimmen der Protagonisten etc. selbst erdichten muss. Ein Film kann auch ohne Worte ein tolles Erlebnis sein, ein Film bedient sich nicht nur der Sprache - ein Buch ohne Worte kann wenn dann ein dada-Gedicht sein.
- Der sprechende Affe, der mit Worten ein Plädoyer für sprachlose Kommunikation hält ist nur ein Beispiel: der Film entbehrt nämlich nie einer gewissen (Selbst-)Ironie und Kontrasten!
- Einmal, als der Protagonist aufsteht und durchs Fernsehen zappt, sieht man da mal einen im Taucheranzug, auf dem steht: "Nightmare". Der Taucher sagt: "Ich hab bei diesem Taucheranzug kein gutes Gefühl" :D
- Irgendwo - trotz Traumatmosphäre und so - folgt der Streifen sogar einer (verschwommenen) klaren Linie...
- Auf den Hintergrund achten! Er wechselt andauernd!
- WAKING LIFE ist übrigens auch auf Englisch trotz seiner eher anspruchsvollen Inhalte verständlich. Als ich ihn neulich dann aber interessehalber auch mal auf Deutsch anschaute merkte ich, dass das für nicht Englisch-Muttersprachler fast besser ist, da man noch viel mehr versteht!
- Der Film vergeht meines Erachtens sehr schnell! Auch noch bei der zehnten Sichtung. Passenderweise geht es darin ja auch um Wahrnehmung, Zeitwahrnehmung gehört zwangsweise zum Gespräch übers Träumen
- Man weiß nie, wann der Protagonit WIRKLICH aufwacht, ob er das im Sterben träumt...
- Ich würde fast sagen, der Film bereitet einen irgendwie aufs Leben vor! Alle Eltern sollten ihrem Kind diesen Film mitgeben, bevor es von zu Hause auszieht!
- Die Schlussszene: Wird der Protagonist von der Unendlichkeit absorbiert?
- "Not just eternity but infinity."
---------------------
---------------------
"you're dreaming but you're awake"
---------------------
---------------------
ABSCHNITT VIII:
WAS MACHT WAKING LIFE SO EINZIGARTIG UND EINMALIG?
WAKING LIFE zeigt, was ein Film alles sein kann:
- Musik
- Gemälde (Zitat Linklater: "If you don't like what they're saying, it's still a fascinating, visual experience.")
- Philosophiestunde durch alle Schulen und Epochen
- LEBEN: Wir gehen durchs Leben, hören verschiedene Meinungen und Ansichten und keiner sagt uns (so wie im Film auch nicht), welche stimmt, keiner weiß es. Gibt es Wahrheit? Wie gesagt: der Film bereitet aufs Leben vor. Alle Eltern sollten ihren Kindern diesen Film zeigen, bevor diese von zu Hause ausziehen!
WAKING LIFE schafft das in 90 Minuten und hinterlässt auch bei der fünften Sichtung in 2 Monaten oder der dritten Sichtung in einer Woche noch Gänsehaut und ein schweigendes Staunen, insbesondere bei der Schlussszene! Der Film erzählt unser Leben in 90 Minuten, man kommt sich vor als hätte man bei null angefangen und zum Schluss wäre Alles gesagt.
Vergesst Inception und Matrix oder David Lynch! WAKING LIFE toppt das alles! [Ich hoffe, der Satz kostete mich jetzt keine Sympathie oder Likes ;) ]
---------------------
---------------------
ABSCHNITT IX:
"Because... words are inert. They're just symbols. They're dead!"
ZITATE:
Vielleicht habt ihr schon bemerkt, dass ich hier zwischen Abschnitten die ein oder anderen kurzen, prägnanten Sätze eingefügt habe. Vielleicht habt ihr auch mitgekriegt, dass Linklater sich eben genau das Medium Film für diesen Film vornimmt [abgesehen davon, dass es sonst kein Film wäre muhahalolroflxd], weil die Gesamtkomposition von Bild, Musik, Menschen, Emotionen und Worten wichtig ist, dass man dieses Meisterwerk in sich aufsaugen kann, bzw. damit es einen in sich verschlingen kann.
Da ich sonst meinem Selbst-Image als selbsternannter Sprachwissenschaftler nicht gerecht würde und weil der Film eine Menge Zitate zu bieten hat und weil sich für Gedankenaustausch immer noch abstrakte Wörter am besten eignen: Hier nichtsdestominder: die guten alten quotations, citations, Zitate, citaten, citas, idézetek... oder so:
o Der Boat-Guy, "gespielt" von Bill Wise:
o - "It's like you come onto this planet with a crayon box. Now, you may get the 8-pack, you may get the 16-pack... But it's all in what you do with the crayons, the colors that you're given. Don't worry about coloring within the lines. Color outside the lines, you know. I mean, color out off the page. Don't box me in!"
o
o Der erste Philosophie-Professor, der viel über Sartre spricht. Auch bekannt als Robert C. Solomon (†2007), seinerseits Professor für "Continental philosophy" an der University of Texas in Austin, wo WAKING LIFE gedreht wurde.
o - "Sartre, once interviewed, said he never really felt a day of despair in his life. One thing that comes out from reading these guys is not a sense of anguish about life so much as a real kind of exuberance, of feeling on top of it, it's like your life is yours to create."
o - "It's always our decision who we are."
o
o Kim Krizan, gemeinsam mit Linklater Drehbuchautorin von Before Sunrise:
o - "Saber-tooth tiger right behind you!' - We came up with a sound for that. But when it gets really interesting, I think, is when we use that same system of symbols to communicate all the abstract and intangible things that we're experiencing. What is 'frustration'? Or what is 'anger' or 'love'? When I say 'love' the sound comes out of my mouth and hits the other person's ear, travels through this byzantine conduit in their brain and through their memories of love - or lack of love. They say they understand, but how do I know they understand? Because... words are inert. They're just symbols. They're dead! [...] So much of what we perceive is intangible and cannot be expressed. It's unspeakable.">
o
o Der Aktivist, der mit dem System nicht klarkommt und zu einem radikalen Protestmittel greift, auch bekannt als J.C. Shakespeare:
o - "But we all know the function of the media has never been to eliminate the evils of the world, no. Their job is to persuade us to accept those evils and get used to living with them"
o - "They haven't given us any other options, outside the occasional purely symbolic, participatory act of 'voting': You want the puppet on the right or the puppet on the left?"
o
o Julie Delply im Gespräch mit Ethan Hawke (vgl. Before Sunrise :P ), als beide morgens noch im Bett liegen und die Sonne sie blendet. Julie fühle sich manchmal, als sei sie nur eine alte, sterbende Frau, die auf ihr Leben zurückblickt:
o - "For example, I wake up and it's 10:12. Then I go back to sleep and I have those long, intricate beautiful dreams that just last for hours and then I wake up and it's 10:13."
o
o Ein längerer interessanter Ausschnitt zum freien Willen, man sieht den Philosophen David Sosa:
- http://www.youtube.com/watch?v=veqkUUOlLLE
o
o Alex Jones, US-Politikkritiker (und aber trotzdem sehr konservativer/christlicher/libertärer Mensch :D), vgl. http://www.veoh.com/watch/v7738629kwzdRaf? :
o - "You can't fight city hall. Death and taxes. Don't talk about politics or religion. This is all the equivalent of enemy propaganda rolling across the picket line. Lay down G.I.! Lay down G.I.!
We saw it all through the 20th century, and now, in the 21st century, it's time to stand up and realize that we should not allow ourselves to be crammed into this rat maze. We should not submit to de-humanization.
I don't know about you, but I'm concerned with what's happening in this world. I'm concerned with the structure. I'm concerned with the systems of control: those that control my life, and those that seek to control it even more. I want freedom, that's what I want! And that's what you should want! It's up to each and every one of us to turn loose and just suck up the greed, the hatred, the envy, and yes, the insecurities, because that is the central mode of control; Make us feel pathetic, small, so we'll willingly give up our sovereignty, our liberty, our destiny. We have got to realize that we're being conditioned on a mass scale. Start challenging this corporate slave-state!
The 21st century is going to be a new century, not the century of slavery, not the century of lies and issues of no significance, and classism and statism, and all the rest of the modes of control! It's going to be the age of humankind standing up for something pure, and something right. What a bunch of garbage: liberal, democrat, conservative, republican. It's all there to control you! Two sides of the same coin. Two management teams bidding for control, the CEO job, of Slavery Inc.!
The truth is out there in front of you, but they lay out this buffet of lies. I'm sick of it and I'm not going to take a bite out of it, do you got me?! Resistance is not futile, we're gonna win this thing, humankind is too good, we're not a bunch of under-achievers! We're gonna stand up, and we're gonna be human beings. We're going to get fired up about the real things, the things that matter: creativity and the dynamic human spirit that refuses to submit. Well, that's it, that's all I got to say. The ball's in your court."
o
o Louis Mackey (†2004), Philosophie-Professor in Austin:
o - "Why is the world history and evolution not stories of progress but rather this endless and futile addition of zeroes? No greater values have developed. Hell, the Greeks 3000 years ago were just as advanced as we are."
o
o Caveh Zahedi (Filmemacher) und David Jewell (Dichter, dessen Gedicht auch in BEFORE SUNRISE zu hören war), etwa min. 55, unterhalten sich über Filme und die Wirklichkeitswahrnehmung im Film, die Beeinflussung des Zuschauers durch den Regisseur etc... Unser Protagonist sieht die beiden wiederum in einem Lichtspielhaus, in einem Streifen namens "The Holy Moment". Ein Film im Film über den Film also.:
o - "Truffaut said, the best scripts don't make the best films."
o
o Unser Protagonist kommt einer Dame im U-Bahn-Abgang entgegen (ja, im Traum weiß man auch nicht, wieso man in die U-Bahn gehen sollte und geht grundlos in die U-Bahn^^) und rempelt sie versehentlich an. Anstatt nach dem obligatorischen Entschuldigung ihres Weges zu ziehen, spricht sie ihn an. Sie beklagt die mangelnde Menschlichkeit im Alltag:
o - "All action basically for survival. All communication to keep the ant colony buzzing along in an efficient, polite manner. 'Here's your change.' 'Paper or plastic?' 'Credit or debit?' 'You want ketchup with that?'"
o Im weiteren Verlauf fragt unser Protagonist sie:
o - "What's it like to be a character in a dream? ... I'm just trying to get a sense of where I am and what's going on. ... I can't remember my name or address right now. ... I've got benefit in this reality, if you call it that, of a consistent perspective. It's mostly just me dealing with a lot of people who are exposing me to information and ideas that seem vaguely familiar. But at the same time, it's all very alien to me. I'm not in an objective, rational world. Like, I've been flying around. It's weird, too, because it's not a fixed state. It's more like a whole spectrum of awareness. The lucidity wavers. Right now I know I'm dreaming. We're even talking about it. This is the most in myself and in my thoughts I've been so far. ... But I'm beginning to think it's something I don't have any precedent for. It's totally unique. The quality of the environment and the information I'm receiving. Like [your idea], for example. That's a really cool idea! I didn't come up with that. It's outside myself, like something transmitted to me externally. I don't know what this is." - "We think we're so limited by the world and the confines, but we're really just creating them. You keep trying to figure it out, but now you're dreaming you can do anything. You're dreaming, but you're awake. There are so many options. And that's what life is about."
o - "It's like i'm being prepared for something."
o
o - "So many think, because 'then' happened, 'now' isn't."
o
o Eine alte Frau erzählt rückblickend auf ihr Leben (eine Weisheit für uns Filmnerds):
o - "That's what I loved the most: connecting with the people. Looking back, that's all that really mattered."
o
o Weiß grad nicht mehr, von wem:
o - "And once you have figured out that you are a person in another person's dream: that is self-awareness."
o
---------------------
---------------------
ABSCHNITT X:
SCREENSHOTS
Der Film ist ein Gemälde!
http://imageshack.us/a/img844/1766/vlcsnap2012112100h43m51.png
http://imageshack.us/a/img203/6659/vlcsnap2012112100h42m59.png
http://imageshack.us/a/img607/9935/vlcsnap2012112100h42m31.png
http://imageshack.us/a/img703/3189/vlcsnap2012112100h41m01.png
http://imageshack.us/a/img442/5631/vlcsnap2012112100h38m49.png
http://imageshack.us/a/img210/7918/vlcsnap2012102121h02m23.png
http://imageshack.us/a/img268/851/vlcsnap2012102121h02m11.png
http://imageshack.us/a/img528/6193/vlcsnap2012102121h01m32.png
http://imageshack.us/a/img24/8782/vlcsnap2012112100h51m13.png
http://imageshack.us/a/img5/926/vlcsnap2012112100h44m49.png
http://imageshack.us/a/img853/3746/vlcsnap2012112100h47m22.png
http://imageshack.us/a/img824/5710/vlcsnap2012112100h49m53.png
http://imageshack.us/a/img20/5665/vlcsnap2012112100h47m04.png
http://imageshack.us/a/img855/5179/vlcsnap2012112100h49m48.png
http://imageshack.us/a/img208/8818/vlcsnap2012112100h51m08.png
http://imageshack.us/a/img528/6492/vlcsnap2012112100h51m03.png
http://imageshack.us/a/img836/4549/vlcsnap2012112100h49m05.png
http://imageshack.us/a/img443/8073/vlcsnap2012112100h46m56.png
http://imageshack.us/a/img7/8862/vlcsnap2012112100h46m36.png
http://imageshack.us/a/img696/4628/vlcsnap2012112100h48m51.png
http://imageshack.us/a/img17/6708/vlcsnap2012112100h50m37.png
http://imageshack.us/a/img4/2438/vlcsnap2012112100h50m31.png
http://imageshack.us/a/img600/4108/vlcsnap2012112100h48m45.png
http://imageshack.us/a/img855/6117/vlcsnap2012112100h46m11.png
http://imageshack.us/a/img841/2792/vlcsnap2012112100h46m06.png
http://imageshack.us/a/img835/6096/vlcsnap2012112100h48m34.png
http://imageshack.us/a/img7/3078/vlcsnap2012112100h50m06.png
http://imageshack.us/a/img37/6269/vlcsnap2012112100h50m01.png
http://imageshack.us/a/img849/4020/vlcsnap2012112100h48m03.png
http://imageshack.us/a/img19/9227/vlcsnap2012112100h45m58.png
---------------------
---------------------
ABSCHNITT XI:
RICHARD LINKLATER, WER IST DAS ÜBERHAUPT? Werkschau und Kommentierung
"Der Mann ist Philosoph und Filmemacher, was ihn in seinem Heimatstaat Texas sowieso zum Exoten stempelt." - CLAUDIA LENSSEN: Ich ist ein Cartoon, 06.07.2002, http://www.taz.de/1/archiv/?id=archivseite&dig=2002/07/06/a0166
Nachdem er unter anderem auf einer Bohrinsel gearbeitet hatte und unter dem imposanten Titel "It's impossible to learn to plow by reading books" seinen ersten Langfilm veröffentlicht hatte, schuf der Autodidakt Richard Linklater 1991 mit SLACKER (1991) einen Indie-Klassiker. Auch dieser Film ist vor allem ein Streifzug durch Austin ohne wirkliche Story.
1993 folgte der Kultfilm "Dazed & Confused", in dem wir Schüler in den wilden 70ern durch die Nacht nach dem letzten Schultag begleiten - ebenfalls in Texas. Mit BEFORE SUNRISE filmte Rick sich 1995 dann auch in die Herzen des Mainstream-Publikums, wenn auch der Film mal wieder größtenteils ein philosophisch-romantischer Dialogknaller ist. [À propos: Es gibt ein Wiedersehen mit Ethan Hawke und Julie Delply als philosophisches Dreamteam.]
Nach den zwei eher unbekannten Filmen subUrbia und NEWTON BOYS (1996 bzw. 1998) kam 2001 (in Deutschland 2002, gedreht wurde er 2000) WAKING LIFE raus.
Mit dem krachigen Rock'n'Roller SCHOOL OF ROCK mit Jack Black wurde Richard Linklater 2003 endgültig auch dem durchschnittlichen Komödien-Publikum bekannt.
2006 folgte mit A SCANNER DARKLY eine Science-Fiction-Verfilmung, die wie WAKING LIFE auch im Rotoskopie-Stil gemacht ist.
2008 erschien ICH UND ORSON WELLES und für 2013 ist BEFORE MIDNIGHT geplant. 2011 konnte man dann seine neueste Komödie BERNIE, ebenfalls wieder mit Jack Black, im Kino sehen.
Linklater ist sehr wandlungsfähig und multitalentiert. Ein Philosoph, der auch Komödien machen kann - doch auch diese in technischer Bestform. Das Filmhandwerk hat er sich vollkommen alleine beigebracht!
---------------------
---------------------
"to begin again... from the beginning"
---------------------
---------------------
ZU GUTER LETZT:
Den Vorwurf, WAKING LIFE könne man sich auf Grund seiner verwackelten Art nicht antun, lese ich häufig hier auf moviepilot. Das ist dann traurig, denn da verpasst ihr wirklich was! Wenn euch nun bei WAKING LIFE kotzeübel wird, dann kann ich euch das nicht übel nehmen, aber bitte bitte bitte gebt ihm dann nicht 2,5 Punkte und verunglimpft ihn! Nicht nur, dass auch ich mich dadurch persönlich beleidigt fühle: alles Andere würde hierbei einfach außer Acht gelassen. Und auch die Bilderwucht ist, wie ich finde episch, künstlerisch hochwertig, jede Szene ein Gemälde! Dass die wackelige Art und Weise nicht zusagt, mag vorkommen. Deshalb seied ihr hiermit vorgewarnt! Bitte lasst euch einfach in diesen Film fallen als träumtet ihr! Ihr sagt ja auch nicht, Flugzeug-Fliegen ist scheiße, nur, weil euch dabei immer schlecht wird ;) [wenn man mal davon ausgeht, dass es keine Schadstoffe ausstößt^^]
Ich denke, kein Film hat mein Leben so berührt wie WAKING LIFE. Keinen habe ich mir je so oft in so kurzer Zeit angesehen und ich denke, die wenigsten Filme könnte ich so oft anschauen. WAKING LIFE ist in einer perfekten Traumatmosphäre gehalten, bietet verdammt interessante Gedanken zu fast allen interessanten Themen, ohne dabei narzisstisch-überheblich intellektuell, erzwungen, einseitig oder langatmig aufzufallen.
Lasst euch in diesen Film fallen und ihr werdet es nicht bereuen. Ja, ich fände es schön, wenn auch ihr so einen schönen Trip wie ich bei jeder Sichtung erleben würdet!
Bedanken möchte ich mich herzlich bei meinen moviepilot-Freunden ElMagico, Glücksritter, nerdkiller und Ichundso für ihre freundliche Unterstützung und ihr Probelesen meines Kommentars. Und bei euch allen, dass ihr bis hier her durchgehalten habt. Viel Spaß mit WAKING LIFE!
"Dream is destiny."
"Your life is yours to create."
(Hier noch der Link zum verantwortlichen Frittenbude-Lied: http://www.myvideo.de/watch/8076652/Frittenbude_Halt_die_Ficke )
"Getaway" hat eine intelligente und spannende Handlung, ist superspannend und richtig cool umgesetzt und macht sich zwischenzeitlich noch ein bisschen über den amerikanischen Waffenkult, machohafte Frauenbilder und religiöses Gespinne (alles drei Eckpfeiler der texanischen Identität) lustig. In Texas ist es für einen weißen Mann nun mal einfacher, in zwei Minuten eine Schrotflinte aufzutreiben, als es für einen 20-Jährigen ist, ein Bier zu erwerben.
Dieser Film ist zwar auf keiner der vielen Lieblingsfilmlisten Quentin Tarantinos, aber ich könnte mir trotzdem sehr gut vorstellen, wie er diesen Film genießt... wie Quentin Tarantino an "Getaway" hockt und jede einzelne Szene abfeiert!
"From Dusk Till Down" ist laut einigen Quellen wohl auch angelehnt an die Romanvorlage "The Getaway" zu diesem Streifen.
Dieser Streifen hier hat die coole Frau, Liebhaberin und Komplizin praktisch erst erfunden!
Der halbe Punkt Abzug ist für die ersten 20 Minuten, die nun wirklich nicht nötig waren!