_Garfield - Kommentare

Alle Kommentare von _Garfield

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    Ein schon damals in seinem einst von Tarantino initiierten Subgenre des Gangster-Filmes festgefahrener Poser-Quatsch. Schlecht geschrieben, souverän gespielt und wahnsinnig langweilig. Kino nach Rezept, zum zehnten Mal aufgewärmt. Ich mag nicht mehr.

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    • 7

      [...] Und wenn Sam Frodo die letzten Meter zum Schicksalsberg auf seinem Rücken trägt, dann ist das nicht nur gnadenlos pathetisch, sondern vor allem eines: wahrhaftig. Die Lava spült alles weg, die Katharsis war eingetreten, ganz der dramaturgischen Tradition des Theaters verschrieben. Wenn Frodo und seine Gefährten dann doch siegen, dann ist das auch ein Sieg des Pluralismus, des Liberalismus, vor allem aber der Gemeinschaft. Es ist ein Sieg der Ideale und der tiefen Überzeugung, dass diese Welt keine schlechte ist. [...]

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      • 6

        Es ist letztendlich wenig sinnvoll über Sinn oder Unsinn eines solchen Remakes zu diskutieren, wenn das Ergebnis doch so überzeugend ist. Snyder bleibt zwar – gerade in Anbetracht seines sehr durchwachsenden Schaffens – ein Musikclip-Regisseur wie er im Buche steht, doch gerade bei seinem Spielfilm-Debüt stört es überraschend wenig, dass Snyder – wie so oft – nicht über jene „Style over Substance“- Attitüde hinweg kommt, die seinen Werken seit jeher anhaftet. Die stilisierten Hochglanz-Aufnahmen, die optische Sterilität – ein Michael Bay-Remake hätte vermutlich ähnlich ausgesehen. Und doch ist Snyder's Adaption des berühmten Romero-Klassikers nicht pure Oberfläche. Zum einen, weil er es versteht, kalkulierte, aber nicht minder wirkungsvolle Tabu-Brüche in das Geschehen zu etablieren (Zombie-Baby) und zum anderen, weil er seinen Darstellern genügend Zeit gibt, wirkliche Sympathien und Antipathien beim Zuschauer entstehen zu lassen.

        Die Gruppe Überlebender stellt dabei einmal mehr einen Querschnitt der amerikanischen Gesellschaft dar: Von der sozialen „Unterschicht“ (Andre und Luda), über die bürgerliche Mitte (Ana und Michael) bis hin zur vermeintlichen „Oberschicht“ (Steve). Snyder's Figuren sind ironischerweise Stereotypen im Dienste eines Subtextes, dem er sich eigentlich nie wirklich annimmt. Seine Gesellschaftskritik (Konsumrausch, Sklaven der Industrie) und die damit einhergehende Metaphorik (Zombie-Horden = konsumgeiles Kollektiv) trägt „Dawn of the Dead" nämlich fortwährend etwas lustlos vor sich her. Bezug wird darauf - wenn überhaupt - nur noch in Randnotizen genommen.

        Dieser Verzicht auf eine weiter ausformulierte Metaebene kommt Snyder's Neuauflage dabei unwahrscheinlich zugute. So geht er mit dieser Maßnahme doch einem Vergleich zu seiner - in dieser Hinsicht deutlich besseren - Vorlage fast gänzlich aus dem Weg und kann sich vollends in seiner Daseinsberechtigung als (fast) reinrassiges Entertainment-Produkt zelebrieren. Und als solches funktioniert „Dawn of the Dead“ ausnahmslos, ohne jemals allzu große Schwächen zu offenbaren. Intro und Outro gehören zum Besten, was ich in letzter Zeit bestaunen durfte, die Musikauswahl ist ein Traum (Cheese, Disturbed und Cash in einem Soundtrack – awesome!) und die Darsteller sind allesamt glaubwürdig in Aufbau und Wandlung.

        Gore- und Splatter-Elemente sind verhältnismäßig sparsam in das Geschehen eingestreut, tauchen dann aber in solch komprimierter Form auf, dass Snyder's Remake schon beinahe satirische Züge annimmt (deutlich zu viel des Guten: Der versehentliche Motorsägen-Einsatz während der finalen Fluchtfahrt). In seinen besten Momenten besticht „Dawn of the Dead“ dann durch eine ungeheure emotionale Intensität (der Abschied von Frank) und deutet an, was aus Snyder's Debüt hätte werden können, wenn dieser seine Prioritäten nur etwas anders gesetzt hätte. Doch vermutlich sind hier die Ansprüche an einen Regisseur, der uns Jahre später Filme wie „300“ und nicht zuletzt „Sucker Punch“ liefern sollte, schlichtweg zu hoch angesetzt. Snyder ist ein Mann für's Grobe, jedoch ohne je einen allzu plumpen Eindruck zu erwecken. Alles versprüht einen gewissen Charme, ist smart und ab und an kann Snyder sogar mit einem gewissen Maß an Cleverness aufwarten (die Autofahrt aus der Vogelperspektive).

        Entledigt von jeglichem Anspruch und ironischen Spitzen bleibt eine wenig ambitionierte, dafür aber überraschend spaßige Klassiker-Interpretation. Hollywood-Unterhaltung für Erwachsene. Nie dumm, aber auch nie wirklich clever. Snyder in Höchstform also.

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        • 7

          Bei allen Verdiensten hinsichtlich seiner tragenden Rolle im Subgenre des Zombie-Films und bei aller Gesellschaftskritik, bleibt mit „Dawn of the Dead“ (dt. "Zombie") doch in erster Linie spaßiger Zombie-Trash, wechselweise im A- (die Darsteller) und B-Movie-Gewand (die Gore-Effekte) daherkommend. Gerade aus seiner fast gänzlich fehlenden Einführung in die niedrigen Umstände der Zombie-Apokalypse, schöpft Romero einen unheimlichen Zug in der ansonsten eher spannungsarmen Dramaturgie. Dieser gelegentlichen Spannungsarmut, die mit den eher zur Trägheit neigenden Untoten einhergeht, weiß der Film jedoch mit einem herrlich-ironischen Augenzwinkern zu begegnen. Es entbehrt in diesem Zusammenhang schon nicht einer makaberen Komik, wenn einem geifernden Zombie die Schädeldecke mithilfe von Helikopter-Rotorblättern abgesäbelt wird oder die willenlosen Konsumsklaven in letzter Erinnerung an ihr vergangenes Leben mit der Rolltreppe fahren. Ohnehin sollte man Romero's „Dawn of the Dead“ bei allem kritischen Subtext nie allzu ernst nehmen.

          Es ist vor allem Romero's Bildsprache, die das humoristische Potenzial der Geschichte perfekt mit den System-kritischen Aspekten vereint. Wenn die träge Zombie-Meute nach einer etwas wirren ersten halbe Stunde langsam ins Kaufhaus stolpert und sich diese in ihrem Verhalten so gar nicht von ihren lebenden Vorbildern unterscheiden, dann ist das ebenso überdeutlich, wie drastisch. Niemals hat jemand die Abkehr vom materialistischen Kapitalismus so deutlich auf die Leinwand gebracht wie Romero. So schnell alle Sorgen und Probleme angesichts des Überangebotes an Konsumgütern im einen Moment vergessen waren, holt sie die letztendliche Realität dann doch wieder ein. Das neu geschaffene Utopia entpuppt sich als existenzielles Placebo, als Schein-Dasein, das die zunächst vier Überlebenden zwar materiell vollkommen zu befriedigen vermag, aber sozial und psychisch zu leeren „Zombies“ macht. Konsum bedeutet letztlich also nur die kurzzeitige Ablenkung von gesellschaftlichen und sozialen Missständen. Dem Konsum-Apparat als System-dienliches Instrument setzt Romero in letzter Konsequenz den Chaos-fördernden Anarchismus entgegen.

          Die immer wieder in das Geschehen eingestreuten Nachrichten-Ausschnitte nutzt Romero für die Zusammenstellung eines allgemeingültigen Regelwerks; Parameter, an denen sich bis heute unzählige Genre-Beiträge orientieren sollen. Und spätestens während der letzten zwanzig Minuten bittet Romero zur großen Zombie-Sause, dann rollen Köpfe, spritzt literweise Kunstblut und wird ausgiebig der Maßlosigkeit gefrönt. Beeindruckend ist auch während dieser Phase, wie Romero seiner Geschichte immer wieder neue Aspekte und Facetten abzuverlangen weiß: „Dawn of the Dead“ ist dann im einen Moment ein trashiges B-Movie, im anderen überraschend gut gespieltes Psychogramm und Verhaltensstudie, in der einen Sekunde zum brüllen komisch, zur anderen wieder zwischenmenschlich und dramatisch. Ein ebenso intelligenter, wie spaßiger, aber nicht vor einigen Längen gefreiter Genre-Meilenstein.

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          • 7

            Wenn sich Hollywood einer wahren Begebenheit annimmt, schwingt nicht selten die berechtigte Befürchtung der ungenierten Vorlagen-Schändung mit. Zu oft bewiesen übereifrige Filmemacher eindrucksvoll ihr fehlendes Gespür für die jeweilige Thematik. Tommy O'Haver aber wart mit seiner Verfilmung den Respekt vor diesem 1965 ereigneten Verbrechen, vor allem deshalb, weil er es versteht seine glänzende Inszenierung nie in den Mittelpunkt rücken zu lassen und auf eine übermäßige Dramatisierung gänzlich zu verzichten.

            „An American Crime“ ist höchst subtiles Suspense-Kino, reinrassiger Psycho-Horror in seiner schlimmsten Form und doch fortwährend die seriöse Aufarbeitung von Kriminalgeschichte in nervös-fiebriger Atmosphäre. Die Wirkung, die „An American Crime“ erzielt, resultiert dabei weniger von der gezeigten Gewalt, als von jener schier unbändigen Wut, die die glänzend spielende Catherine Keener in ihrer unfassbaren Vielschichtigkeit zwar stetig suggeriert, aber nie offen darlegt. Sie ist das Böse. Sie ist es, gegen das unsere Heldin (herausragend: Ellen Page) vorzugehen hat. Dem Zuschauer bleibt gar keine Wahl, er hat sich – seinem Gewissen und diversen Introjektionen folgend – auf ihre Seite zu stellen. Wir hoffen, wir bangen, wir zittern und wir trauern mit der bemitleidenswerten Sylvia. Und wir werden wütend, wenn wir das ihr angetane Leid erblicken.

            O'Haver involviert uns emotional und darf sich spätestens mit Beginn des gezeigten Martyriums unserer vollen Aufmerksamkeit gewiss sein. Er generiert eine unglaubliche Wut auf alle, die sich unserer Protagonistin entgegenstellen und lässt damit eine ungewöhnlich starke – wenn auch primär durch Mitleid bestimmte – Bindung zu dieser entstehen. Und doch lässt O'Haver's kühle Inszenierung eine eigene kritische Betrachtung des Gezeigten und vor allem die alles entscheidende Frage zu: Was würde ich tun?

            Die wahre Natur des Menschen ist in „An American Crime“ eine zutiefst bösartige. Der Mensch ist verkommen, ein Sadist und Voyeur, ein Gewalttäter und vor allem jemand, der all seine moralischen Prinzipien im Dienste des Kollektivs über Bord wirft – ein Mitläufer also. Als Instrument dient die Angst. Angst vor Isolation, Angst vor Gewalt und gesellschaftlichen Unverständnis. „An American Crime“ ist damit vor allem ein beeindruckendes Zeugnis für jene Gruppendynamik, die unter einer autoritären und von völlig absurden Welt- und Feinbildern geprägten Instanz entstehen und wachsen kann. Sie bringt das Schlimmste im Menschen zum Vorschein und O'Haver begeht nicht den Fehler, das Verhalten seines schweigenden und das Verbrechen tolerierenden Kollektivs als Resultat der alles bestimmenden Angst zu erklären.

            Der unbändige Drang nach Dekonstruktion, nach Gewalt und damit auch nach dem damit einhergehenden Leid, wird in „An American Crime“ als Teil unserer Natur angesehen. Unbegreiflich, aber fortwährend präsent. Es ist weniger der Ur-Trieb des Selbstschutzes, der die Gruppe junger Gewalttäter antreibt, es ist ihre Natur, ein immer beständiger Atavismus nach Zerstörung. Es sind somit weniger die Figuren interessant, als ihr archetypisches Verhalten, das O'Haver sorgfältig seziert, analysiert und letztlich auch reflektiert. Dennoch – und das macht „An American Crime“ zwar weniger radikal, dafür aber weitaus optimistischer – führt der US-Amerikaner das Verbrechen auch auf soziale Aspekte zurück: Sylvia dient als Projektionsfläche für Aggressionen, für Unzufriedenheit und beendet die Suche nach einem Schuldigen. Historisch belegtes Gruppenverhalten.

            Schockierender wird „An American Crime“ durch die Instrumentalisierung von Kindern. Junge Menschen sind formbarer und empfänglicher für Ideologien, vor allem aber für Feinbilder. Aber auch hier weiß O'Haver zu differenzieren und zeigt Unterschiede zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern und deren Verhaltensweisen auf. Selbst autonome Individuen scheinen am Ende machtlos gegen den Strom der Allgemeinheit. Denn selbst Zivilcourage ist nach Eintreten des finalen und perfekt getimten Twist nur eine Illusion. Sie wird als Wunschvorstellung deklariert. Als nie wirklich existente Option. Genugtuung erfährt der Zuschauer erst am Ende und auch dort nagt weiterhin die bohrende Frage an uns: Was würde ich tun? Der Zuschauer erfuhr eine moralische Läuterung. „An American Crime“. Ein filmisches Mahnmal, nahe der Perfektion.

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            • 10

              Fiebriges Kammerspiel, welches sowohl die Schattenseiten, als auch die Chancen eines juristischen Systems, vor allem aber der darin agierenden Figuren und deren auferlegte Verantwortung thematisiert. Trotz der fortwährenden, räumlichen Statik, bleibt der Weg zur Wahrheitsfindung immer ein interessanter, nicht zuletzt aufgrund des glaubwürdigen Schauspieler-Ensembles und deren Figuren, die sich alle – ausgenommen einer Ausnahme – auf einer Ebene bewegen. Lumet's Film liest sich dabei vor allem als Mahnung zu mehr Verantwortung, sensibilisiert aber gleichzeitig auch die Wahrnehmung der eigenen Rolle innerhalb einer exekutiven Institution. Die Leichtigkeit mit der eine Gruppe gewöhnlicher Bürger, die allesamt den Gesetzen der Gruppendynamik und der damit einhergehenden Psychologie unterliegen, eine Hinrichtung verabschieden können, kann aber auch als kritisches Statement gelesen werden. Die große Stärke von „Die zwölf Geschworenen“ liegt jedoch in erster Linie darin, dass Lumet auf eine einschlägige Wertung des Geschehens verzichtet. Damit endet der Film nicht etwa mit der Sichtung, sondern erst mit der Beantwortung der Fragen, die sich für jeden Einzelnen nach der Urteilsverkündung ergeben. Denn mehr als ein Tatsachenbericht will und darf der Film nicht sein, er dient vielmehr der Eröffnung eines Dialogs, einer Diskussion über ein System, das bis heute Bestand hat und damit auch einer gewissen Brisanz und Aktualität nicht entbehrt. Dem eskapistischen Charakter des Kinos seiner Generation verweigert sich der Film dabei völlig und lässt die Leinwand zur wertfreien Diskussionsplattform mutieren. Ein außergewöhnliches, wichtiges und gänzlich zeitloses Stück Filmgeschichte.

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              • 8

                1982, als der Hype um Ridley Scott's „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ allmählich verklungen war und Spielberg's „E.T. - Der Außerirdische“ zum Kassenschlager avancierte, schien kein Platz zu sein für einen Carpenter und seine Interpretation vom Horror aus dem All. Die Idee eines alles auslöschenden, parasitären Fremdlings war nicht weiter originär und der Erfolg von „E.T.“ machte es deutlich: „The Thing“ musste zwangsläufig floppen, der Zeitgeist war ein anderer. Der Faszination des Alls wurde durch Scott's wegweisendes „Alien“-Projekt zwar endgültig die Unschuld genommen und der Science-Fiction-Horror war längst Mainstream-tauglich geworden, jedoch weckte Spielberg mit seinem Familienabenteuer anscheinend verborgene Sehnsüchte nach einer Rückkehr zu jenen Zeiten, als das All noch ausschließlich als Schauplatz für groß angelegte Space-Operas und bombastische Sternenkriege fungierte. Größere Aufmerksamkeit erweckte „Das Ding aus einer anderen Welt“ (dt. Titel) erst Jahre später, als sich die auf dem '51 erschienenen „The Thing from another World“ beruhende Neuinterpretation in Fankreisen langsam als Geheimtipp etablierte. Seitdem genießt Carpenter's Body-Horror Kultstatus und gilt neben dem Slasher-Genre-begründenen „Halloween“ als Carpenter's einflussreichste Arbeit im Horrorgenre.

                „The Thing“ ist ein weiterer Beweis dafür, dass sich wirkliche Qualität und die absolute Hingabe eines Regisseurs für das zugrundeliegende Sujet, früher oder später durchsetzt und angemessen honoriert wird („Blade Runner“ gilt heute als Meilenstein). Fernab generischer Einheitsmixturen und unverblümter Exploitations-Orgien schuf John Carpenter seine ganz eigene, unverwechselbare Version von „The Thing from another World“, bettet das Geschehen in eine klug gestaltete, aber nie überfrachtete Szenerie ein und stellt dem bösartigen Eindringling – wie Scott es schon bei „Alien“ tat – eine Gruppe rational denkender und überlegt agierender Wissenschaftler gegenüber. Ein Duell, das mehr oder weniger auf Augenhöhe stattfindet und dem von klischiert-blöden Teenie-Slashern frustrierten Publikum, eine enorme Identifikationsfläche bietet. So bleibt das Verhalten der ungewohnt großen Darsteller-Riege nicht nur fortwährend wohl überlegt, sondern erfährt auch eine glaubwürdige Entwicklung, die von den ersten Opfern und der zunehmenden Paranoia herrührt. Die Kontingenz der Geschichte, zum einen bedingt durch die Tatsache, dass mit Kurt Russell zwar eine Figur eine gewisse Zentrierung erfährt, jedoch fortdauernd der Bestandteil eines Kollektivs bleibt, sowie die ersten Todesfälle und deren scheinbare Willkür, sorgen für ein immenses Spannungsgefühl. Es gebührt Carpenter schon einiges an Respekt, dass es ihm selbst nach dem etwas zu frühen Auftritt des außerirdischen Parasiten gelingt, regelmäßig den nötigen Suspense zu evozieren, um im nächsten Moment wieder durch die brachial-eklige Maskenarbeit gänzlich andere Akzente zu setzen.

                „The Thing“ spielt nicht – wie „Alien“ in seinem ersten Abschnitt – mit dem Verborgenen, mit der Fantasie des Rezipienten also, sondern bleibt – sich der Kommunismus-Parabel des Originals vollkommen entledigt – ein überraschend simpler und direkter Horrorspaß, der jedoch allzu schnell zur etwas platten Effekte- und Maskendemonstration gerät. Carpenter zeigt zwar abgerissene Hände, glitschige Organe und skurril gestaltete Fleischhaufen, jedoch kommt der berühmte Horror im Kopf oftmals zu kurz. Der US-Amerikaner versäumt es, sich die Fantasie des Zuschauers zu Nutze zu machen, sondern macht das Unvorstellbare sichtbar. Carpenter zeigt alles, was es zu zeigen gibt und beraubt „The Thing“ damit um einiges an Potenzial. Denn anstatt mit den Erwartungen des Zuschauers zu spielen, gängige Genre-Mechanismen gekonnt auszuhebeln, sowie ab und an auf die Vorstellungskraft des Zuschauers zu setzen, konzentriert sich Carpenter in erster Linie auf ein zwar wenig subtiles, aber immer noch eindrucksvolles Gekröse. Das ist unterhaltsam, kreativ gestaltet sowieso und fast durchgängig atmosphärisch in Szene gesetzt, aber nie all seine Möglichkeiten ausschöpfend. Dennoch bleibt mit „Das Ding aus einer anderen Welt“ ein Horrorfilm, der - überraschend gut gealtert und noch heute visuell beeindruckend - völlig zu Recht in den Kreis der bekanntesten Genre-Klassiker gezählt werden darf und bis heute nichts von seiner ursprünglichen Faszination verloren hat.

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                • 7

                  [...] Bereit zur alles entscheidenden Schlacht, die Messer, das Schlachter-Beil und die Knüppel gezückt; sich entschlossen - mitsamt der treu ergebenen Gang-Mitglieder im Rücken - gegenüberstehend, werden sie vom plötzlichen Eingreifen der Marine unterbrochen. Und während die Kanonenschläge zwischen den Gangs tiefe Krater reißen, scheint es, als zoome Scorsese aus dem bislang bestimmenden Geschehen heraus und präsentiere uns den lange vorbereiteten Twist: Seine Protagonisten und ihre Geschichten sind nur eine Momentaufnahme ohne scheinbare Relevanz für das weitere zeithistorische Geschehen. Unsere Helden werden ebenso schnell vergessen sein, wie sie sich einen Namen in den Straßen einer zutiefst gespaltenen Stadt gemacht haben. Die Zeit wird ihren Weg gehen, New York – inzwischen ein autonomer Organismus, dessen politisches und soziales Geschehen nicht weiterhin autoritär zu lenken ist – wird seinen Weg gehen. Es geht nicht um die vordergründige Geschichte um Rache, es geht – und hier wird Scorsese seinen Ansprüchen vollkommen gerecht - um die Historie, die Unruhen, die Kriege, das Blut und all die Opfer aus der diese Stadt und ihr politisches System gewachsen sind. „Gangs of New York“ - vielleicht sogar Scorsese's wichtigstes Projekt, das auch unter Betrachtung seiner ungemein problematischen Entstehungsgeschichte einmal mehr beweist, was für ein unerschrockener Filmemacher Scorsese bis heute geblieben ist. Ebenso epochal, wie blutig. Ein Meisterwerk.

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                  • 7

                    Ich hatte dann doch etwas gänzlich Anderes von „The Sopranos“ erwartet. Vielleicht eine Mischung aus „The Godfather“ und „Goodfellas“ im modernen „Eastern Promises“-Look; mit viel Gewalt, nackter Haut und blutigen Intrigen. Was ich schließlich geboten bekam, war dann doch etwas anders, als ich es mir zunächst ausgemalt hatte. Zum einen, war da zwar diese gesetzlose Welt, die ich aus eingangs erwähnten Filmen kannte, zum anderen war da aber etwas viel gewöhnlicheres. Die Welt der Sopranos war um einiges authentischer, alltäglicher und ja..., irgendwie auch komischer.

                    Tony Soprano (köstlich: James Gandolfini) war nicht der Godfather, er war in vielerlei Hinsicht ein ziemlich gewöhnlicher Familienvater, mit den selben Problemen und Alltagssorgen. Die Ambivalenz seiner Figur steht dabei repräsentativ für die gesamte Serie. Der Kontrast zwischen Alltagsbanalitäten und Mafia-Geschäften ist es, der „The Sopranos“ deutlich von seinen oft zitierten Vorbildern unterscheidet (absolut auf den Höhepunkt getrieben (Spoiler alert!): Tony Soprano ermordet, während er mit seiner Tochter auf der Suche nach einem College-Platz ist, mal eben ein ehemaliges Mafia-Mitglied).

                    Dessen Gespräche mit seiner Psychologin Dr. Melfi (stark und verletzlich: Lorraine Bracco) bilden einige Male den zentralen Ausgangspunkt für den weiteren Verlauf der Geschehnisse innerhalb einer Episode. Sein Spiel bildet das Herzstück der ersten Staffel, fortwährend hin- und hergerissen zwischen familiären Pflichten und städtischer Müllentsorgung. „The Sopranos“ bedient dabei ganz bewusst Genre-Klischees (der angeblich von Coppola erfundene Augenschuss) und etabliert diese entweder als fortwährend auftauchende Running Gags (grandios: „Just when i thougt i was out, they pull me back in.“) oder greifen diese immer wieder in Streitdiskussionen auf (die Restaurant-Besitzer und ihre Beziehung zur Mafia).

                    Sowohl die Figurenkonstellation, als auch die überschaubare Anzahl unterschiedlicher Charaktere, erweist sich dabei als eine unfassbar ambivalente Angelegenheit (die Gefahr und gleichzeitige Abhängigkeit von einer Psychologin; die zunehmende Problematik Moral und Geschäft in Einklang zu bringen). Die innerliche Zerrissenheit von Tony Soprano stellt dabei den wohl interessantesten Aspekt der Serie dar. Einerseits ständig in der Pflicht bei seinen Kindern als moralische Instanz zu fungieren (man beachte bei der Verwendung des Wortes „fuck“ einmal die Diskrepanz zwischen Mafia-Büro und kuscheligem Eigenheim), andererseits aber unter völlig anderen moralischen und ethnischen Maßstäben bei seinen Geschäften entscheidend. Dass Tony versucht seine Kinder von einem System fernzuhalten, dem er sich selber unterworfen hat und deren ungeschriebene Reglements er ohne zu Zögern befolgt, ist dabei eine der vielen weiteren ironischen Randnotizen.

                    Getragen wird David Chase's HBO-Goldstück jedoch in erster Linie von seinem hervorragenden Darsteller-Ensemble (mein persönlicher Liebling: Steven Van Zandt). Von der leider verstorbenen Nancy Marchand als wunderbar bösartige Livia Soprano, bis hin zur zauberhaften Jamie-Lynn Sigler als Tony's Teenager-Tochter ist Chase's Mafia-Saga großartig besetzt.

                    „The Sopranos“ ist ein weiterer Beweis dafür, dass sich Serien schon seit etlichen Jahren nicht mehr vor hochwertig produzierten Spielfilmen zu verstecken brauchen. Season 1 deutet schon einmal an, wohin die Reise mit den Sopranos gehen könnte. Nach dem eher zurückhaltenden Staffel-Finale und der ruhigeren Gangart, scheinen sich die Macher die ganz großen Momente für die folgenden Staffeln aufgehoben zu haben. Und wenn Tony Soprano gemeinsam mit seiner Familie das Weinglas erhebt und auf die Vergänglichkeit dieses Momentes hinweist, scheint es, als würde er damit auf all das Unheil hindeuten wollen, welches uns die nächsten fünf Staffeln zwangsläufig zu erwarten hat...

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                    • 1

                      Reichlich blöde Fortsetzung eines ohnehin schwachsinnigen Franchise, das sich munter durch zehn Jahre Kinogeschichte recycelt und dessen "Plot" sowieso nur als Vehicel für grauenhafte Action-Choreographien, lahmes Hip-Hop-Gedudel und schlechte One-Liner fungieren darf. Die noch schlechteren CGI-Effekte und der vorsätzliche Missbrauch einer bekannten Roman- und Filmikone setzen dem Scheißhaufen noch die übergroße Krone auf. Natürlich Müll, über den man gar nicht so schnell schreiben kann, wie man ihn wieder vergessen hat.

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                      • 6

                        Man möchte Alexandre Aja und seiner erst zweiten Regie-Arbeit ja nicht allzu viel Intelligenz unterstellen, aber wenn einer der Kannibalen inmitten des obligatorischen Gekröse-Finales plötzlich beginnt die amerikanische Nationalhymne zu singen, dann kann man „The Hills Have Eyes“ einen gewissen kritischen Subtext bezüglich historischer US-Politik nicht ganz absprechen. Die Kreation besingt quasi den Schöpfer – eigentlich ganz clever. Das war's dann aber auch schon mit aller Doppelbödigkeit, der Rest ist stringent, blutig, aber überraschend unvorhersehbar. Aja schickt – im Gegensatz zur „Wrong Turn“-Konkurrenz – diesmal eine Familie in den vermeintlich sicheren Tod. Das ist interessant, so kann man sich zu Beginn doch kaum ausmalen, wer denn nun als erstes ins Gras – oder besser in den Sand – beißen wird. Und bis die ersten Inzest-/Strahlungs-Opfer-/Kannibalen-Farmer die Leinwand betreten und mit ihrem Aussehen irgendwie so gar nicht gruselig sein wollen, gestaltet sich das Wes-Craven-Remake als eine durchaus spannende Angelegenheit. Zur Lachnummer gerät der Film gerade deshalb nicht, weil bei Aja dem Tod noch immer eine Bedeutung beigemessen wird. Ebenso überraschend wie er kommt, wird er anschließend auch betrauert. Diese Feinfühligkeit kommt dem Film unwahrscheinlich zugute und ehe die Gewalt in ihrem angeklebt wirkenden Finale schließlich ausschließlich zum Selbstzweck gerät, macht „The Hills Have Eyes“ mit seinen leisen Zwischentönen und einem großartigen Score, einen überraschend homogenen Eindruck. Innerhalb seines Genres also sicherlich eine Größe, am Ende des Tages aber immer noch ein typischer Backwood-Slasher, der sich der politisch motivierten Lesart seines Originals zwar niemals vollkommen entledigt und sie auch durchaus clever zu modernisieren weiß, sie schlussendlich aber höchstens zu einem netten Gimmick – zwischen all den Blutspritzern und Fleischwunden – zu degradieren wagt.

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                        • Wir werden uns wohl alle der bitteren Wahrheit stellen müssen, dass der Kerl einfach schlauer ist als wir alle zusammen.

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                          • 4 .5
                            über Hunger

                            „Hunger“ löst bei mir ambivalente Gefühle aus: Einerseits möchte ihm seine Daseinsberechtigung als Plädoyer für Menschenrechte gar nicht absprechen und ich erachte es auch für überaus wichtig eine solche – global eher weniger Beachtung findende Thematik – anzusprechen, andererseits komme ich nicht umhin „Hunger“ am Ende des Tages schlichtweg als langweilig zu bezeichnen. Das fängt an bei McQueen's völligem Missverständnis von langen Kameraeinstellungen (man merke: ohne Schnitt einen Flur wischen lassen, ist nicht gleich künstlerisch wertvoll) und hört bei dessen offensichtlicher Annahme auf, man könne Betroffenheit in erster Linie durch schockierende Gewaltdarstellungen evozieren. Und das regelmäßige Close-Ups nicht automatisch emotionale Nähe generieren, sollte dem britischen Regie-Debütanten eigentlich auch klar sein.

                            Dass „Hunger“ auf visuellem Standpunkt zu jeder Sekunde zu überzeugen weiß, scheint dem Briten jedoch klar zu sein: Jede Einstellung sitzt, jede Kamerafahrt ist wohl überlegt und in gewisser Weise haben dessen Aufnahmen von vollgeschissenen Gefängniszellen eine ganz eigene, obskure Schönheit inne. Der Brite hat ein Gespür für Beobachtungen, für Kleinigkeiten, für vermeintlich triviale Dinge, die unter seinem Zusammenspiel von Bild und Ton eine völlig neue Definition von Schönheit erfahren. Doch genau hier liegt auch gleichzeitig der größte Schwachpunkt in seiner Regie und in seiner deklamatorischen Inszenierung: Denn was der Brite audiovisuell zu schaffen vermag, versäumt er auf der narrativen Ebene. Seine Bilder sind immer mehr Gemälde, denn Mittel zum Zweck, seine teilweise arbiträren Bildfolgen erinnern bisweilen an Fotografie-Montagen und erfüllen keine Funktion hinsichtlich der filmischen Dramaturgie. Seine Bilder erzählen keine Geschichte, sondern zelebrieren in sich in ihrer eigenen Perfektion. McQueen's Bilder bleiben leider ebenso oberflächlich wie seine Charaktere, die scheinbar willkürlich eingeführt und wieder fallengelassen werden. Daran kann auch keine 17minütige Plansequenz etwas ändern, zumal diese den Eindruck einer leidlich interessanten und zur unnötigen Überlänge breitgetretenen Stammtisch-Diskussion erweckt.

                            Fassbender wandelt derweil auf den Spuren von Christian Bale („The Machinist"): Mit zwanzig Kilos weniger auf den Rippen, spielt dieser den ersten Hungerstreikenden und das bekannte IRA-Mitglied Bobby Sands. Doch wo Bale seine physisch extreme Figur auch schauspielerisch extrem gut auszufüllen wusste, bleibt Fassbender zunehmend ausdruckslos. Ihm fehlt es an jener Präsenz, die von einem Trevor Reznik ausging. Im fehlt es an jenem Blick, der bereits die Schmerzen, sowohl physisch als auch psychisch erahnen ließ. Fassbender artikuliert zwar die Endwürdigung und McQueen weiß diese auch visuell schockierend und explizit darzustellen, doch beiden mangelt es an Feingefühl und an der nötigen Subtilität. Was bleibt ist ein perfekt gefilmtes, sicherlich auch schockierendes und wichtiges Debüt, das leider jeglicher Emotionalität entbehrt und leider allzu oberflächlich bleibt.

                            8
                            • 3
                              über Saw

                              Einer der prägenden Wegbereiter für den Mainstream-tauglichen Torture-Porn, vor allem aber der Startschuss für eines der lukrativsten Horror-Franchises seit Freddy, Jason und Co: „Saw“. Die inzwischen sieben Teile umfassende Folter-Reihe des australischen Filmemachers James Wan gehört zu den bekanntesten Filmreihen der letzten Jahre, hat mit ihren immer sinnloser werdenden Metzel-Orgien jedoch eher zweifelhafte Berühmtheit erlangt. Am Anfang jedoch – so sagt man sich - sei alles besser gewesen. In seinen Ursprüngen sei „Saw“ ein waschechter Psychothriller mit ganz viel „Thrill“ und einer Fülle von cleveren Einfällen. Und so darf sich das aus einem zehnminütigen Kurzfilm resultierte Low-Budget-Projekt nun schon seit einigen Jahren einer treuen Fanbase gewiss sein. Doch selbst wenn der erste Streich innerhalb des eigenen Franchises tatsächlich zweifelhaften Ruhm erlangen dürfte, so weit entfernt ist auch schon Teil Eins von einem wirklich guten Film. Das anfänglich auf zehn Minuten komprimierte Plot-Konstrukt auf knapp 100 Minuten breitgetreten, mit bisweilen wirklich grauenhaften Schauspiel-Darbietungen gespickt und fortwährend an seiner akuten Spannungsarmut krankend, funktioniert als abendfüllender Spielfilm einfach nicht. Zu wenig gibt der weder besonders komplexe, noch übermäßig originelle Ursprungs-Stoff her. Wan's kreative Inszenierung rettet zwar, was zu retten ist, täuscht aber nicht darüber hinweg, dass hinter „Saw“ nie mehr als eine substanzlose, kranke Idee steckte, die weder einen, geschweige denn sieben Filme zu rechtfertigen weiß und die Jigsaw-Motivation (sowie das damit einhergehende Moral-Konstrukt) lediglich wiederholt als Aufhänger für einige perverse Gore-Filmchen zu missbrauchen pflegte. Spannungsarmes, schlecht gespieltes Thriller-Kino eines mittelmäßigen Regisseurs. Einmal und nie wieder.

                              8
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                                über Monster

                                „Monster“ funktioniert in erster Linie als Liebesfilm, als Romanze zwischen zwei Menschen, die in ihrem Leben nie mehr waren als Nebendarsteller. Jenkins erzählt eine Geschichte losgelöst von den wahren Geschehnissen, schuf stattdessen eine grundehrliche und zutiefst sensible Geschichte über die Liebe zwischen zwei Menschen, über die Barrieren, die vieles erschweren, über die Probleme, die ihnen Tag täglich begegnen, vor allem aber über die Ängste, mit denen sie sich immer wieder konfrontiert sehen. Vergangenheitsbewältigung trifft auf Zukunftsangst, gescheiterte Existenz auf junges Potenzial. Emanzipiertes Wrack auf junge Rebellin. Jenkins' Protagonistin ist ein Abfallprodukt der Gesellschaft, eine nicht weiter Geduldete, eine Gescheiterte und die wohl tragischste Figur in „Monster“. Wieder einmal überzeugen darf vor allem Charlize Theron, die sich den Vorwurf des Over-acting zu keinem Zeitpunkt gefallen lassen muss. Ihre Gestik, ihre Mimik, sowie ihre aggressive und doch zutiefst unsichere Körperhaltung sind beeindruckend und kommen dem Original - wenn man sich einmal diverse Filmaufnahmen anschaut – verblüffend nahe. Sowohl in den aufwühlenden, als auch in den stillen Momenten vermag man die Ambivalenz ihrer Figur, in ihren dunklen Augen zu erkennen. Augen,die wohl am ehesten jenen Schmerz erkennen lassen, den man Tag für Tag verspürt, wenn man gezeigt bekommt, dass man nichts weiter ist, als etwas Wertloses, etwas, das nicht weiter toleriert werden sollte, weil es den falschen Weg beschritten hat. Hinter dicken Make-up-Schichten und fettigem Haar liefert Theron ihre bislang beste Performance ab und überzeugt gerade in der Kombination mit Ricci. Und spätestens in seinem finalen Klimax entlarvt sich „Monster“ als rebellischer Liebesfilm, der die Wuornos-Thematik lediglich als Aufhänger für eine der berührendsten Liebesgeschichten des noch jungen 21. Jahrhundert zu nutzen versteht und weit über den Abspann hinaus zu begeistern vermag. Atemberaubend.

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                                  [...] „The Machinist“ - die Bale-Show. Extreme method-acting trifft auf dunkelgraue Optik, Psycho-Studie auf verworrenen Thriller. Bale's Performance beschränkt sich nicht nur auf das körperliche, seine Augen sind schwarz, der Blick ist gequält. Er lässt das Essen stehen und wir sind in etwa den selben Qualen ausgesetzt wie sein Charakter Trevor Reznik. Handlung und Optik, Figurenkonstellation und auditive Untermalung, alles scheint dem walisischen Schauspieler untergeordnet. Der repetitive Score brennt sich unaufhörlich in mein Gedächtnis, in einer scheinbaren Endlos-Schleife verharrend, mehr als eine nervenaufreibende Tour de Force. Anderson geizt nicht damit, uns das Ergebnis einer strikten Abmagerungskur immer wieder vor Augen zu führen, den seelischen Bewusstseinszustand seines Protagonisten immer wieder visuell repräsentieren zu lassen. Wir sehen Bale sich selber im Spiegel erblickend, haben Angst er könnte jeden Moment zerbrechen. Er kotzt sich aus, opfert sich für seine Rolle bis zum letzten auf und präsentiert uns damit seinen bisherigen Karriere-Höhepunkt. [...]

                                  Die Simplizität des Plots mag stören, ebenso wie das mehr oder weniger vorhersehbare Finale, das schlussendlich eigene Interpretationsansätze vollkommen überflüssig macht und das Geschehen schlüssig-plausibel abzuschließen weiß. Und tatsächlich verbaut sich „The Machinist“ damit vielleicht die Möglichkeit über den Abspann hinaus im Gedächtnis zu bleiben. Die Parallelen zu Lynch drängen sich dennoch auf, denn atmosphärisch erreicht Brad Anderson einige Male dessen Klasse, wenngleich er die Lynch'sche Komplexität vermissen lässt. Doch verlässt man erst einmal die rein narrative Ebene und hört auf sich über den Plot und dessen Vorhersehbarkeit als solchen zu echauffieren, erblickt man ein kleines Meisterwerk. Denn die eigentlichen Stärken von „The Machinist“ liegen nicht in seinem schon oft gesehenen Plot, sie liegen im Detail, in jenen Momenten in denen wir uns sogar körperlich beeinträchtigt fühlen, imstande sind uns über die filmischen Ebenen hinaus mit Anderson's Stoff auseinanderzusetzen.

                                  Es geht über die technischen Aspekte hinaus, ja es geht selbst über Bale's Performance hinaus, es ist das enorme Identifikationspotenzial, dass „The Machinist“ inne hat. Mehr nervöser Fieber-Traum, als Realität, mehr unschönes Gefühl als bloßes Thriller-Kino. Eine cineastische Abhandlung über Schuld und Verantwortung, über das Wesen des Menschen, vor allem aber über dessen Psyche und den Abwehrmechanismus, der eintritt, wenn wir nicht mehr imstande sind, uns mit jenen Dingen zu konfrontieren, die uns irgendwann einmal an diesen Punkt geführt haben müssen. Was am Ende bleibt, ist jedoch vor allem eine herausragende schauspielerische Leistung und das Bedürfnis schlafen zu gehen, nachdem man sich etwas zu essen gemacht hat. Schmerzhaft, im besten Sinne.

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                                    Den Plot von „Being John Malkovich“ in wenigen Sätzen zusammenzufassen wäre ebenso einfach wie sinnlos. Das Erlebnis spottet im Grunde jedweder Beschreibung und wird nicht annähernd jener Vielschichtigkeit gerecht, mit der Jonze's bizarre Identitätssuche aufwartet. „Being John Malkovich“ ist keine Geschichte über Pforten oder über jene Mystik, die damit einhergeht. „Being John Malkovich“ ist schlicht und ergreifend ein Film über John Malkovich, aber auch ein Film über Sinn oder Unsinn des Lebens, ein Film über Liebe, ein Film über Identitäten, über Erfüllung und über Kunst. „Being John Malkovich“ ist ein filmisches Gesamtkunstwerk, auf dem Fundament eines herausragenden Drehbuches aufbauend, durch die Performances seiner gut aufgelegten Darsteller gekrönt und bei all seiner Intelligenz nie überfordernd. Dennoch ein Film, der seinen Betrachter einiges an Geduld abverlangt, weil er ihn ernst nimmt, ihn fordert, um doch im richtigen Moment wieder für ihn da zu sein. Nicht zuletzt als liebevolle Hommage an die Kunst selbst funktioniert „Being John Malkovich“ äußerst gut (der namensgebende Malkovich persönlich spielt vermutlich nur eine repräsentative Rolle, zumal er die Suche nach einem passenden Filmtitel erheblich vereinfacht haben dürfte). In seiner verschrobenen Art ist Jonze's Debüt-Film sogar überaus lustig anzusehen, Orson Bean schießt den Vogel mit seiner grandiosen Performance mal wieder ab und Sheen als er selbst ist – gerade wenn er etwas in die Jahre gekommen ist – einige Male für einen beherzten Lacher gut (Catherine Keener mit ihrer unfassbaren Leinwandpräsenz sei an dieser Stelle auch erwähnt). Cusack und Diaz beweisen währenddessen Mut zur Hässlichkeit und spielen vermutlich die Rollen ihres Lebens. Cusack als der Loser, der er irgendwie schon immer war und Diaz als das komplette Gegenteil jener austauschbarer Figur, als die sie in den Folgejahren und schon zuvor beworben und vermarktet worden war. „Being John Malkovich“ ist ein schwer einzuschätzender Film, in all seinem Zynismus fast schon tragisch, inhaltlich schwer greifbar, da er zu jeder Sekunde jener Banalität widerspricht, die die im Grunde recht simple Narrative zu vermitteln versucht. Vielleicht sollten wir uns am Ende einfach dem Film als in sich geschlossenes Meisterwerk ergeben, aufhören es zu ergründen, denn am Ende ist „Being John Malkovich“ - so abgedroschen es auch klingen mag – das, was du daraus machst.

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                                      über [REC]

                                      Kurzweiliger Horror-Schocker aus spanischem Hause, im Handkamera-Stil gefilmt und inszeniert und vor allem zu seinem unfassbaren Finale hin einfach unglaublich angst-einflößend. Das spanische Regie-Gespann Balagueró / Plaza versteht es die Vorteile des Mockumentary-Konzeptes effektiv für sich zu nutzen, ohne jene Logiklöcher allzu offensichtlich darzulegen, die im Dienste des Konzeptes unvermeidlich sind. Und so kann „REC“, wenn man einmal von der absurden Tatsache absieht, dass das gesamte Geschehen von einem scheinbar lebensmüden Kameramann begleitet wird, durchaus für kurzweilige Schockmomente und einen unvorhersehbaren Twist sorgen. Die schludrig skizzierten Protagonisten stören ein wenig in ihrer fast schon bizarren Eindimensionalität, werden jedoch glücklicherweise ebenso schnell verfeuert wie sie eingeführt wurden und werden so zumindest ihrer Daseinsberechtigung als geifernde Opponenten-Schar gerecht. Das Schmuckstück des 75minütgen Horrortrips bildet jedoch ohne Zweifel das großartige Finale. Schiebt man nämlich erst einmal alle für eine logische Auflösung relevanten Aspekte beiseite, offenbart sich einem ein beängstigendes Finale, das in dieser Konsequenz definitiv noch nicht dagewesen ist.

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