_Garfield - Kommentare
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Alle Kommentare von _Garfield
Bordeaux-rote Edel-Uniformen, satte Seefahrer-Romantik, Midlife-Crisis. Die Crew wird älter. Kirk wird älter. Und alsbald holt sie die (Serien-)Vergangenheit ein: Khan will Rache - für seine verstorbene Geliebte, den verletzten Stolz und überhaupt. Von der Schwere der ersten, angestrengten Gehversuche hat sich „Star Trek“ dennoch gänzlich emanzipiert. Anders als „The Motion Picture“ - der die Problematik, einen Episoden-Plot auf Spielfilm-Länge aufzublasen nie so wirklich überwand – weiß Meyer weitaus mehr mit dem breit gefächerten Figurengefüge um die Enterprise-Cew anzufangen. Spritzige Dialog-Action, Skyline-umrahmte Kamin-Gespräche über das Älterwerden und Sätze, die man so schnell nicht mehr vergisst ("Ich war es und werde es immer sein, Ihr Freund.") - „Star Trek II: The Wrath of Khan“ spielt mit seinen Figuren, lässt sie auch mal ironisch zwinkern und herumalbern, gerät aber trotz der zunächst vorherrschenden Leichtigkeit nicht zum Weltraum-Spaziergang. Dafür sorgt die galaktische Kelly-Family um den rachsüchtigen Khan, dessen Feuer aber nach einem ersten, erinnerungswürdigen Auftritt sehr schnell erloschen scheint. Der figurale Facettenreichtum fängt diese Enttäuschung glücklicherweise zu großen Teilen auf und die letzte Viertelstunde ist dann sowieso nur noch Dialog-getriebenes Spannungskino in Reinkultur. Und ein bisschen Gänsehaut.
Die Ouvertüre: Opening Credits, schwerelos schwebende Metall-Module, tänzelnde Goldsmith-Partitur, Kubrick'sche Weltraum-Elegie. Spock scheitert am vulkanischen „Logik-Zeremonial“, Shatner gibt den reanimierten, zunächst zweifelnden, aber fortwährend wunderbar un-perfekten Captain der Raumschiff Enterprise. „Star Trek: The Motion Picture“ ist ein erster, kleiner Schritt auf die große Bühne, weg von der seriellen Abendunterhaltung - die auf Kosten dieser Franchise-Premiere sowieso eingestampft wurde – hin zur großen Leinwand; dort, wo das ganz große Geld ruft, in die Konkurrenz-regierten Kinosäle eben. Der Plot ist ein kluger, alter Schuh, Epik evozieren die knalligen, Budget-fressenden Weltraum-Animationen und die Spannung speist sich aus einer erstaunt drein-blickenden Brücken-Crew. Hälfte Nummer Eins in kurz: Kammerspiel-artiger Minimalismus, ungelenke Studio-Action und erstaunlich grimmige Kommunikationskultur. Hälfte Zwei ist besser: Schöpfungsgeschichte stellt „The Motion Picture“ dann in den Kontext eines allwissenden Cyber-Netzwerks und ausgerechnet der Vulkanier formuliert eine Abkehr vom maschinellen „Brachland“ und der puren Logik hin zur irrationalen Emotion, zum Gefühl, dem Unfassbaren, das auch über den Grenzen-auslotenen Wissensdurst einer sich verselbstständigen Entität hinaus währt. „Star Trek“ stellt die ganz großen Fragen und gibt kleine, schöne Antworten.
Der Schausteller und Sklavenhändler, der Gaffer und Tuschelnde, das deformierte Schreckgespenst in unseren Köpfen, das sich anmaßt über Wert und Wertlosigkeit zu richten, steckt in jedem von uns. Aber auch die helfende Hand, die wahrhaftige Furchtlosigkeit, die gelebte, nicht die verlautbarte Toleranz. Lynch legt Zeugnis ab; über eine Gesellschaft heuchelnder Egomanen und das Porträt einer geschundenen, nicht aber verlorenen Seele. Vor dem Hintergrund rauchender Fabrikschloten, inmitten eines fauchenden Ungetüms, maschineller Revolution in klinischer Kälte. Elefantenmenschen waren die wenigsten von uns. Und waren wir nicht der Schausteller, die geistige Missgeburt, so waren wir alle schon mal Gaffer, Tuschelnde, schweigende Schläfer, die das deformierte Schreckgespenst weiterleben ließen, als der Dicke 'nen Spruch abbekam oder das Arschloch ein Bein stehen ließ. Hilfe erfährt hier auch nur jene Kreatur, die sich als Anschauungsobjekt medizinischer Sensation erweist, womit Lynch auch den noblen Beweggründen der gesellschaftlichen Oberschicht einen Strich durch die Rechnung macht. „The Elephant Man“ bedeutet durch und durch subjektives Schildern von Lebensgeschichte, dessen dokumentarische Objektivität schnell Platz macht für hemmungslose Sentimentalitäten und echte Gefühle. „I am a human being!“ - herzzerreißend.
Weite Handlungsteile rücken bei Petzold immer wieder in den Hintergrund; stattdessen verbannt er sie ins Off und eröffnet somit vor allem einen uneingeschränkten Blick auf die Figur der Jeanne (authentisch: Julia Hummer). Es ist ihre Perspektive, die diesen Film bestimmt und nicht die vordergründige Geschichte um ehemalige RAF-Terroristen, aufreibende Landesflucht und stetige Überwachungsangst.
Es ist die Einsamkeit und die erste Liebe, die Petzold zum Thema macht. Deshalb ist „Die innere Sicherheit“ trotz seines augenscheinlich darauf ausgelegten Plot-Konstruktes auch kein Thriller; überhaupt sollte der durchschnittliche „Tatort“-Zuschauer seine Erwartungen an einen herkömmlichen Kriminalausflug ganz gewaltig korrigieren.
Eine entscheidende Rolle spielt die Angst der Protagonisten: Angst vor einem unermüdlichen Justizapparat, Angst vor gerechter Strafe und ganz besonders die Angst um den Verlust der eigenen Freiheit, wobei sich gerade hierbei die Frage stellt, wie frei diese getriebenen Existenzen denn nun wirklich sind und ob ein Ende ihrer 15 Jahre währenden Flucht nicht gleichzeitig auch Erlösung bedeuten würde. Die moralische Fragwürdigkeit seines Elternmodells (toll: Richy Müller und Barbara Auer) verklärt Petzold dabei auch viel weniger, als dass er sie in stillen Totalen und pointierten Dialogabschnitten zu erforschen weiß.
Gewalt und Verbrechen (obwohl selten vorkommend) wird immer auch die Ambivalenz der Zusammenhänge von Motiv und Aktion als ganz zentraler und für eine differenzierte Betrachtung unerlässlicher Aspekt hinzugefügt. Der Verantwortung gegenüber der eigenen Tochter und dem sehnlichen Wunsch nach einer Ordnung in einem von Rastlosigkeit geprägten Dasein setzt Petzold auch die Verantwortung gegenüber der eigenen Vergangenheit und den begangenen Verbrechen entgegen.
Widersprüche, die sich schließlich auch in der Situation von Jeanne wiederfinden, wenn sie sich vor der Entscheidung zwischen ihren Eltern und einer flüchtigen Liebschaft stehen sieht. Der Illusion der wahren und einzigen Liebe versagt sich der Film auch hier deutlich und begreift Jeanne's Beziehung vor allem als Ausdruck entdeckter Sexualität und andauernder Einsamkeit. Für großes Glück ist in diesem Spiel auf Zeit ebenso wenig Platz, wie für wahre Freiheit. Sicher ist hier nichts und ein Ende findet ihre Reise schließlich so oder so.
„How can we hang on to a dream; How can it ever be the way it seems“
Überbordend kreativ in Szene gesetzt, erfreulich unsentimental und gerade von Carrey angenehm nuanciert gespielt. Ein assoziativer Bilderrausch, der wie die eigenen Gedanken immer wieder hin und her springt, dynamisch, willkürlich Fragmente, Erinnerungen in sich langsam verblassenden Bildern entlädt, pulsierend nach vorne prescht oder inne hält, ehe auch das letzte Stück Vergangenheit endgültig in seine Einzelteile zerfallen ist. Von Jon Brion darüber hinaus musikalisch mitreißend arrangiert und begleitet, rührend erzählt und immer ganz bei seinem ausgeglichenen Ensemble. Toller Film.
Was läge nach all den Zitaten, Verneigungen und schließlich dem Quasi-Western „No Country For Old Men“ näher, als sich einfach ganz konkret in jenem Genre zu verewigen, welches sowieso schon seit einigen Jahren ein beachtliches Revival feierte und das Schaffen der Coens seit jeher – mal mehr oder weniger konkret - begleitete. Mit „True Grit“ bereiten sich nun also auch die Meister lakonischer Gauner-Balladen ihr ganz konkretes Debüt im Western-Genre - mit bewährter Lakonie, alten Freunden (Duderino) und einer Entdeckung.
Hailee Steinfeld (damals 13 bzw. 14 Jahre alt) ist weniger eine schauspielerische Sensation, als schlichtweg die Rettung für diesen Film. Dem Konservatismus der Coens fügt die erfrischend authentische Nachwuchs-Darstellerin nämlich ein ganz entscheidendes Element hinzu: Innovation. Die emanzipatorische Entschlossenheit eines naiven Teenagers bewahrt „True Grit“ vor der Beliebigkeit und macht zudem den ganz besonderen Reiz dieses (Anti-)Western aus: Wie der avantgardistische Geist folgender Moderne fegt Mattie durch bekannte Western-Motive, ringt sogar den Bösewichten ein respektvolles Kopfnicken ab und sorgt inmitten rauer Western-Tage für ein ungewohntes Maß an Empathie.
Dies gipfelt schließlich in einem rührenden Post-Showdown, wenn Bridges (von kauzig bis seltsam ungreifbar) wie ein besorgter Vater alles für die Errettung der jungen Protagonistin tut. Mit „True Grit“ erhält der Humanismus wieder Einzug in ein Genre, das sich nur allzu gerne mit dem Ausstellen bekannter Motive und konservativer Rollenvorstellungen begnügt oder gar das Zitat eben jener künstlerischen Stagnation in den unverdienten Mittelpunkt rückt. Auch die Coens speisen sich sowohl aus bekannten Plot-Versatzstücken, als auch aus einer selten packenden, dramaturgischen Struktur und treten narrativ ein ums andere Mal gehörig auf der Stelle.
Der immer öfter seltsam angeklebt wirkende (Slapstick-)Humor fällt zusätzlich auf, während gerade Damon als herrlich gegen den Strich besetzter Texas-Ranger überaus positiv aus der Reihe tanzt. Finanziell wurde diese fehlende – und womöglich auch überhaupt nicht angepeilte – Weiterentwicklung mit Rekordeinnahmen belohnt, künstlerisch bleibt „True Grit“ weitgehend bedeutungslos. Trotzdem: Als Unterhaltungs-Produkt funktioniert auch dieser Coen fast ausnahmslos und ist selbstverständlich etwaigen Krawall-Alternativen vorzuziehen.
Eine Generation im Schwebezustand; und auf der Suche: nach einem Sinn, einer Bestimmung oder zumindest einem Weg. Dem sexuellen Reifeprozess als Ausdruck aufstrebender Rebellion folgt alsbald ein spiritueller, dem Ausbruch aus dem Vorstadt -Paradies als Metapher für den Wandel einer ganzen Gesellschaft folgt die offene Eskalation unter Gottes Pforten. Der Revision einstiger Konventionen folgt ein Sturm der Entrüstung, ein Aufschrei der geplatzten Träume, bitteren Schicksale und enttäuschten Affären. Eine Revolution in zwei Akten. Ein Film über Jugend und Zukunft; und darüber orientierungslos zu torkeln, zu schwanken und zu zweifeln. Ein Film über das Verloren-Sein und Überfordert-Sein, über das naive Streben nach Geistern, das Unverständnis und natürlich auch über die Liebe. Ein so warmer, herzlicher Film voller Symbolkraft und eruptiver Rauschzustände. Voller Rasanz und Wahrhaftigkeit. Ein unsterblicher, für ewig zeitloser Film über das Erwachsen-Werden und damit über einen jeden von uns. Wohl auch das, was man einen Klassiker nennt.
Altmodischer, exzellent gefilmter Mystery-Thriller, der manchmal einfach nicht mehr ist als die bloße Aneinanderreihung effektiv inszenierter Spannungsmomente und sich wiederholender Horrorfilm-Klischees. Ford wird leider allzu zu oft in seine Rolle gedrängt, Pfeiffer macht ihre Sache trotz behindernder Plastik-Visage gut. Der kluge Einsatz von Perspektive und Licht lässt "What Lies Beneath" gelegentlich wertiger erscheinen als er eigentlich ist, die überstrapazierten Schockmomente wirken nicht selten aufgesetzt. Spaß macht Zemeckis' überlanger Flickenteppich trotzdem irgendwie.
Lieber E.T., sie fehlen mir, all die Erinnerungen und Bilder an frühe, unbeschwerte Kindertage, die an dieses Nebel-durchflutete, sich ganz und gar einer kindlichen Perspektive verschreibende Abenteuer gekoppelt sind und dieses unvergleichliche Eintauchen in die eigene Vergangenheit ermöglichen; ins Kinderzimmer, in die Schatz-Truhe, einfach zurück. Und doch ist die Kraft dieses liebevollen, warmen Filmes nicht zu leugnen, der orchestrale Klangteppich, der macht, dass du dich geborgen fühlst oder die wunderbaren Kinderdarsteller. Wie gerne würde ich auch dich – E.T. - in mein Herz schließen, einkleben ins Fotoalbum, direkt neben die Sterne-Saga, mit dir Kind sein und ein wenig nostalgisch werden. Nur leider sind wir uns nie begegnet, kamst einfach zu spät, warst nicht da. Ich schätze dich, aber Kind kann ich bei dir nicht sein.
Wie ärgerlich! Was atmosphärisch beginnt, entgegen ungeschriebener Genre-Reglements sogar einigermaßen vielschichtige Figuren entwickelt und dem Zuschauer über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg tatsächlich glauben machen kann, er würde hier auf etwas ganz Großes zusteuern, scheitert schließlich an einer völlig verhunzten Auflösung und damit auch an der zuvor ganz gezielt geschürten Erwartungshaltung.
Denn was nach dem grandios-blöden Showdown schließlich bleibt, ist lediglich die etwas enttäuschende Erkenntnis, dass auch Brad Anderson („The Machinist“) dem eingefahrenen Thriller-Genre wenig, bis gar nichts hinzuzufügen weiß; schlimmer noch: seine augenscheinliche Cleverness enttarnt der Spanier schließlich als billigen Taschenspielertrick, Versuche Klischees und Erwartungshaltungen zu durchbrechen bleiben nie ernst gemeinte Versuche; an mutigen und womöglich sogar innovativen Grenzüberschreitungen hat der Spanier gar kein Interesse.
„Transsiberian“ bleibt innerhalb bewährter Grenzen und immer ein bisschen langweilig. Seine Figuren opfert er entweder völlig bekloppten Handlungsmustern (Eduardo Noriega - „Abre los Ojos“) oder den darauf folgenden psychischen Implikationen (tapfer aber zunehmend nervig: Emily Mortimer). Harrelson („NBK“) ist wunderbar gegen den Strich besetzt, die unauffällige Mara wird gen Mittelteil einfach kurzerhand aus dem Drehbuch gestrichen, um schließlich als Anschauungsobjekt plötzlicher Härte ihr Revival zu feiern. Kingsley mimt derweil zum gefühlt hundertsten Mal den bösen Buben, will als Antagonist aber nie so wirklich funktionieren. An dessen Seite darf sich Thomas Kretschman an einer wortkargen und letztlich ziemlich überflüssigen Rolle abmühen.
Und mit dem ungelenken Einsetzen von Tempo wird diese Chose tatsächlich nur noch mühsam und anstrengend. Nach harter Arbeit sieht „Transsiberian“ dann aus (Lagerhalle, Flucht, erneute Zug-Konfrontation). Die Verzweiflung (besser: Planlosigkeit) steht den Protagonisten buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Wirklich Sinn ergibt das alles nicht und wirklich neu ist hier erst recht nichts. Und spätestens, wenn Anderson auf der verzweifelten Suche nach einem ordentlichen Abschluss, einem halbwegs runden Showdown in die Auflösung stolpert und endgültig den Verstand verliert (der ganz große Knall: Güterzug-Crash), will man wie die Figuren nur noch raus, weg da, schnell den Abspann sehen und endlich... vergessen.
Jegliches Verständnis verspielt sich der eigentlich recht sympathische Michael Cera schon bei der Einführung seiner Ex-Freundin, welcher er beinahe die gesamte Laufzeit hinweg mit Nostalgie-geschwängertem Blick nachtrauert. Diese blonde, fürchterlich klischierte Bitch, von der man sich schon vor ihren ersten, schon tausende Male gehörten Dialogzeilen fragt, wie sich ein guter Typ wie Cera nur in ihre Fänge begeben; ja sich gar in sie verlieben konnte. Leider ein ganz zentrales Versäumnis, auf dem die folgenden – mal herrlich verträumten, ansonsten aber viel zu beliebigen – Geschehnisse aufbauen. Das omnipräsente Indie-Gedudel degradiert „Nick und Norah“ endgültig zur Beliebigkeit, in der nichts passiert, was man nicht schon etliche andere Male (besser) gesehen hat, mit der unlustigen Odysee der blonden Alki-Braut nur alberne Höhepunkte findet oder völlig überraschungsfrei auf das zumindest nicht allzu kitschige Happy Ending zusteuert. An einem Sonntag-Nachmittag lässt man sich aber auch ganz gerne von einem „Nick und Norah“ treiben, auch wenn die toll gestalteten Opening-Credits bereits eines der größten Highlights bedeuten.
Ein Modeschöpfer wird zum Filmemacher. Eine berufliche Umorientierung, die eigentlich zum Scheitern verurteilt scheint. „A Single Man“, Tom Ford's Regie-Debüt, scheitert aber nicht. Dem immanenten Streben nach visueller Perfektion, fügt Ford nämlich einen herausragenden Colin Firth hinzu. Wohl neben dem Umstand, dass Ford auf eine Buchvorlage zurückgreift, eine der großen Stärken dieses durch und durch visuellen Filmes.
Die Bildsprache des Designers ist demnach natürlich nicht subtil. Die breite Palette visueller Gestaltungsmittel gebraucht Ford schon mit dem Vorschlaghammer; fährt bei Rückblenden auf abgedroschene Slow-Motion-Einstellungen herunter oder dreht bei emotionalen Hochmomenten den Farbfilter zum Anschlag auf. Ford kommuniziert primär über eine visuelle Ebene, die trotz ihrer filmtechnischen Verfremdung und einem sehr plastischen 60s-Look doch nie zu viel Distanz zu unserem Protagonisten entstehen lässt. Ohnehin: Inwiefern es Ford's Zutun geschuldet ist, dass Firth hier eine seiner besten, wenn nicht sogar die beste Performance seiner Karriere abliefert, darf dahingestellt bleiben.
Dieses verzweifelte Lächeln, wenn Firth versucht den Anschein vollkommener Normalität zu wahren, diese ebenso komischen, wie tragischen Suizidversuche, das ständige Spiel mit der Waffe als eigenständigen Charakter. Der Blick in den Spiegel, auf seinen maßgeschneiderten Anzug, der Blick auf das Foto und die ständige Suche nach einem stillen Moment. Selten war das Spiel des Briten natürlicher und kontrastiert gerade damit jene stilisierte Werbe-Ästhetik, die Ford ungemein elegant und mit einem fast obsessiven Hang zur Akribie aufzubauen weiß.
Dieses (gewollte?) Spiel mit den Gegensätzen - also einerseits die punktuelle Verwendung von Räumlichkeiten, Kleidung und Accessoires als Teil einer plastischen Bildsprache und andererseits dem ungemein intuitiven, naturalistischen Spiel eines Firth – macht dabei den großen und manchmal auch gar nicht zwingend an konkreten Punkten festzumachenden Reiz von „A Single Man“ aus. Dass der politische Hintergrund in Anbetracht dieser wundervollen Momentaufnahme eines Verzweifelten eben nur Hintergrund bleibt, ist zu verschmerzen, zumal es Ford gelingt, eine ganz eigene Form von Kinomagie zu evozieren; eine die in ihrer Schönheit fast schon wieder wehtut.
Es ist nicht die artifizielle Inszenierung und das bemühte Streben nach wahrer Größe, die „Requiem for a Dream“ letztlich so kläglich an den eigenen Erwartungen scheitern lässt. Es ist vielmehr – und das überrascht in Anbetracht der Tatsache, dass sich Aronofsky seit jeher als Autorenfilmer verstand umso mehr - die besondere Dummheit des Skripts. Die hässliche Schönheit dieses gerade bei der Erstsichtung äußerst beeindruckenden Filmes ist bloß Fassade, das Werk in seinem Kern hohl und dumm. Dies wird besonders dann ersichtlich, wenn Aronofsky auf das Finale zusteuert und beginnt den auf billigste Weise herbei-konstruierten Fatalismus zu zelebrieren. Wenn er schließlich alle Stricke reißen lässt, an denen seine immer mehr oder weniger seelenlosen Figuren hingen, offenbart „Requiem for a Dream“ eine erschreckend banale und schlicht falsche Sicht auf diese Welt. Es ist der Blick eines Pessimisten, der das Geschehen bestimmt: Ärzte schauen ihren Patienten nicht ein einziges Mal in die Augen, verschreiben einsamen alten Damen selbst-zerstörische Süchtigmacher, asoziale und sabbernde Anzugträger benehmen sich wie die Tiere („Ass to ass!“) und Vergammelte-Arm-Inhaber werden zunächst einmal ins Arbeitslager geschickt, ehe die finale Amputation für Entsetzen sorgt. Psychiatrien sind böse, Fernsehen ist böse, Drogen sind böse. Aronofsky beweist eindrucksvoll eine erschreckend simple und immer öfter mit dem Holzhammer vorgetragene Sicht auf die Dinge. Traurig ist diese Erkenntnis gerade angesichts des verschwendeten Potenzials: Mansell's Score ist der absolute Wahnsinn, die Darsteller-Riege um Jared Leto spielt fantastisch auf und der plakativen Bildsprache eines Aronofsky's wohnt ohne jeden Zweifel eine gewisse, unfassbare Faszination inne. Aber alles egal, merkt euch nur eines Kinder: Nehmt bloß keine Drogen.
Guter Typ! http://www.youtube.com/watch?v=vsSdLD_YodQ
„Olympus Has Fallen“ macht keine Gefangenen. Amerika macht keine Gefangenen. Einen ersten Höhepunkt markiert man bereits mit dem viehischen Eröffnungsgefecht um Amerikas Machtzentrale, während der (völlig unerwartete) Luftangriff eines (!) Flugzeugs auf das weiße Haus und eine Landeshauptstadt im Ausnahmezustand ganz konkret die grauenhaften Bilder von 9/11 heraufbeschwört.
Antoine Fuqua („Shooter“) ist merklich darum bemüht, seine ganz und gar nicht zimperlichen Gewalt-Eskalationen immer wieder an tagesaktuelle Ängste zu koppeln. Da lassen sich dann auch zwei bewährte Feindbilder ganz wunderbar miteinander vereinbaren und die koreanischen Invasoren sprengen sich kurzerhand einfach selber in die Luft, während das Amok-fliegende Himmelfahrtskommando in auffallend billigen CGI-Sequenzen zumindest noch das Washington Monument in Schutt und Asche legen kann.
Überhaupt, Hollywood und die Paranoia sind ja sowieso so ein Thema: Nach schmierigen Nazis, grimmigen Roten und terrorisierenden Moslems sind es nun also die (Nord-)Koreaner, die der stolzen Weltpolizei an den atomaren Kragen wollen. Ein äußerst abgeschmacktes Konzept, deren hetzerische Tendenzen man nicht unbedingt unterschätzen sollte, obwohl der sich immer weiter anbahnende Zweikampf zwischen Kang (passt: Rick Yune) und Banning (Bähm: Gerard Butler) sich letztlich doch von solchen distanziert und eher der Krieg zwischen zwei Männer-Egos in den Mittelpunkt rückt, der dann in einem lahmen Faustkampf, mitsamt klassischem Countdown seine uninspirierte Auflösung findet.
Dramaturgisch ausgehebelt hat sich Fuqua aber schon zuvor, als er den vermeintlich wichtigen Präsidenten-Sohn (nicht nervig) durch Butler kurzerhand in die Sicherheit entlässt. Gerard Butler macht sich als blutrünstiges McLane-Imitat erwartungsgemäß formidabel, obwohl einem bei dessen Versuchen, krasse Gewalt (auf Leichen wird zur Sicherheit nochmal geschossen) und flapsige One-Liner miteinander zu vereinbaren, das ein oder andere Mal das Lachen im Halse stecken bleibt.
Dass „Olympus Has Fallen“ haarsträubend patriotische Amerika-Propaganda ist, muss wohl nicht weiter erwähnt werden. Selbst die Ministerin hat hier angesichts des scheinbar sicheren Todes noch einen coolen Spruch auf den blutverschmierten Lippen, während der US-Präsident abschließend das Hohelied auf die Vereinigten Staaten von Amerika intoniert. Und bei allem Zynismus, den man diesen Szenen (zurecht) entgegenbringen kann, „Olympus Has Fallen“ bleibt zumindest bis zum Ende kompromisslos asozial. Gott schütze Amerika.
Einmal mehr ebenso obligatorische, wie bemüht blutrünstige Fortsetzung eines funktionierenden Vorgängers. Und ganz getreu dem Sequel-Wahn seines Genres, wird einfach alles wieder auf Anfang gesetzt. Hochgradig stumpfsinnige Plot-Aufhänger gehören da fast schon zum guten Ton, schließlich will die knapp dem Tod entronnene Protagonistin des Erstlings wieder möglichst schnell Untertage befördert werden, um anschließend gemeinsam mit einer handvoll erprobter Genre-Klischees dem sicheren Tod ins hässliche Auge zu blicken. Dann wird gestorben, geschwitzt, geblutet, gestöhnt, getreten, geschlagen, zerquetscht und gezogen, um dann in einem – zumindest – konsequenten Showdown zu gipfeln. Neu ist hier selbstredend nichts, Qualitäten des Vorgängers gehören längst vergessen, es geht natürlich nur um's freche Namendropping, schließlich verdient sich selbst dieser leichte Dollar nicht von alleine. Hier und da gibt’s ein paar Jump Scares, talentfreie Schönheiten, Gekröse ohne jeglichen Rahmen und unter'm Strich ein Sequel, das niemand braucht. Ein großer Haufen Blödsinn - das wissen die Macher, das wissen die Fans; die nötigen Taler sind am Ende trotzdem verdient.
Nach der oberflächlichen Ehrerbietung vor dem Opfer eines Menschen für sein Land, nach dem pathetischen Salut, der wehenden Flagge, bleibt schließlich nicht mehr als eine trauernde Mutter, die nur Trost in der Illusion findet, jemand könne sich für etwas „Größeres“ opfern. Und es bleibt ein Indianer, der für ein Land kämpft, das schon lange nicht mehr seines ist; der für eine Nation einsteht, die niemals wirklich für ihn einstand und der selbst samt Heldenstatus nicht gefreit scheint vor Ressentiments und Alltags-Rassismus. Es ist eine verrückte Welt, in der der Gratwandel zwischen Tod und Jubelschrei so nahe beieinander liegt, in der Fotos Kriege gewinnen, Helden aus Pragmatismus geboren werden und Töten Orden bedeutet. Eastwood scheint diese Welt auch nicht ganz zu verstehen, aber wer tut das schon?
Ironischerweise packt „Into Darkness“ immer dann, wenn er euphorisch in die Zukunft deutet; in die unendlichen Weiten des Alls, weg von der Erde - eben dahin, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist. Gemeinsam mit dieser Crew, diesen liebevoll reanimierten Pop-kulturellen Überlassenschaften, die Abrams, das Autorenteam und ganz besonders die Darsteller-Riege um Chris Pine und Zachary Quinto nach wie vor so wunderbar leichtfüßig zu neuem Leben erweckt. In diesen schnippischen Dialogen zum Beispiel, den Beziehungsproblemchen und Verbal-Schlachten, die abseits einer leider immer noch etwas zu albern geratenen Scotty-Performance, selten die neu entdeckte Ernsthaftigkeit konterkariert. „Into Darkness“ verliert sich lediglich etwas im obligatorischen Höher-Weiter-Schneller-Prinzip, das gerade in etwaigen Hollywood-Franchises so gewissenhaft Anwendung findet. Denn bereits nach dem bombastisch getricksten Auftakt, in dem Spock um ein Haar von einem Vulkan verschlungen wird, fragt man sich, wie viel enger die Lage zumindest für ihn nun überhaupt noch werden soll. Eine Befürchtung, die Abrams – ohne zu viel zu verraten - in den folgenden, überraschend kurzweiligen 120 Minuten zumindest teilweise entkräften kann. Auch ein Verdienst von „Sherlock“-Darsteller Cumberbatch, dessen schauspielerische Fertigkeiten das zahnlose Skript aber nie so wirklich auszureizen imstande ist. Umso beeindruckender, dass die britische Stimmgewalt auch so Vorgänger-Bösewicht Bana problemlos an die Wand spielt und während des generischen Showdowns zumindest vorläufig bei der Stange hält. Das Finale ist sowieso so ein Thema für sich: Während gerade der theatralische Kirk-Spock-Moment ganz entscheidend den Weg für weitere Abenteuer ebnet, verliert sich der bestimmende Konflikt schließlich in einem Zweikampf aus der Mottenkiste. Doch auch hier gilt: Der Blick geht in die Zukunft, in die unendlichen Weiten des Alls, dahin, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist. „Into Darkness“ ist kein Grund, sich nicht darauf zu freuen.
Der Abschluss einer Reise. Nach „Amores Perros“ und „21 Grams“ sprengen die Zufälle, die Schicksale und Verkettungen nun alle Ländergrenzen. Am Ende sind alle irgendwie miteinander verkittet. Da ist ein auslösendes Moment, ein dummer Zufall, kindliche Naivität und ein verheißungsvoller Kanonenschlag, der alles in Gang bringt. Eine Busfahrt, die zur Beziehungsprobe gerät. Ein Kindermädchen zwischen verhärteten Fronten. Und ein taubstummer Teenager zwischen sexueller Frustration und schmerzlicher Vergangenheitsbewältigung.
Und nie war Iñárritu politischer: Wenn Grenzkontrollen zur latenten Demütigung geraten; bis zur verhängnisvollen und so dummen Eskalation, die schließlich ganze Existenzen in sich zusammenfallen lässt. Treffen tut es immer die Falschen - auch nach 16 Jahren noch. Oder wenn ein lokales Kaff zum Zufluchtsort mutiert, Kultur-geschockte Touristen in ihrem Bus verharren, große Augen, die Nachrichten haben ja schon so viel schlimmes berichtet. Es ist schließlich der aufgeklärte Westen, der seiner Frau Befehle erteilt; schließlich sei das eine Sache für echte Kerle. Freundschaft entsteht dann auch fernab der eigenen vier Wände, fernab dessen, was uns unter der Doktrin eines Gottesglaubens und politischen Differenzen in verschiedene Lager einzuteilen gedenkt; in dich und die Anderen.
Wenn klar wird, was uns eint. Wenn Wunden heilen bedeutet, dem anderen den Toilettengang zu ermöglichen. Oder wenn der Schlüssel zu allem nur der Dialog sein kann, sich aufspielen, Aufmerksamkeit erlangen. In einer Welt, die soviel redet und doch nichts zu sagen hat, erübrigt Iñárritu alle Worte: In der pulsierenden Masse ekstatisch umherspringender Menschen zum Beispiel. Wenn die Erde bebt, die Lichtblitze verrückt spielen. „Earth, Wind & Fire“ ertönt, du schließt die Augen. Schwitzt, springst, lachst. Lebst.
Wenn ein Junge eine Waffe vernichtet, sich seiner Verantwortung stellend. Oder einfach eine Hand eine andere ergreift. Dieser Film spricht eine universelle Sprache, eine die sich über die unendliche Kraft der Bilder zelebriert. Kein Name aus dem herausragenden Ensemble bekannter Gesichter und vielversprechender Entdeckungen hätte es verdient aus diesem hervorgehoben zu werden. Und am Ende schließlich steht keine bahnbrechende Erkenntnis und keine Absolution. Am Ende stehen zwei Menschen, Hand in Hand, inmitten pulsierender Lichtkegel. Die Lösungen unserer Probleme liegen im Dialog. Schlicht und ergreifend.
Irgendwie und irgendwo bewegt sich dieser große Franchise-Knall im ganz guten Durchschnitt zeitgenössischen Action-Kinos, irgendwie gehört er auch zu den besseren Comicverfilmungen und irgendwo hat er zeitweise auch Spaß gemacht. Aber jetzt, einen Tag nach dem Kinogang, ist die Erinnerung an diesen netten Film auch schon wieder verblasst, der vorläufige Höhepunkt einer neuen Superhelden-Trilogie nur noch eine Montage aus willkürlichen Action-Sequenzen vor meinem geistigen Auge. Es sind leider zu oft übliche Dramaturgie-Konventionen und die ewig-gleichen Mechanismen, die Shane Black bedient. Nun ereilt nämlich nach Bond und dem Dark Knight auch Tony Stark, dem großen Exzentriker, das Schicksal eines angeknacksten und durchpsychologisierten Helden. Das ist gerade in Anbetracht seines Auftritts in „Avengers“ - der immer wieder als Referenzmaterial für seine instabile Psyche herhalten muss – eher peinlich. Für große Verblüffung sorgt dafür Black's wunderbarer Story-Twist, dessen Drehbuch sich überhaupt selten wirklich ernst nimmt und für Robert Downey Jr. einige herrliche Dialogszenen bereithält, ehe der ziemlich redundant geratene Showdown (Iron Man scheint fast obsolet) wieder auf den ernüchternden Boden der Tatsachen zurückholt.
Es gibt sie noch: die echten Bullen, die coolen Typen, die sich besaufen, betrunken herum-torkeln und den neuen Fall aus fremden Betten beginnen; diese widerspenstigen Schnüffler und korrupten Anzug-Fuzzis, die knallharten Bullenschweine und selbstlosen Draufgänger, deren Spiel aber nie zur peinlichen Pose gerät. Dominik Graf macht es möglich: Genre-Kino. Deutsches Genre-Kino. Kino, von ungeheuer imponierender Ausdruckswut. Kino, in dem wieder wild geprügelt, gevögelt und auch abseits des obligatorischen Leichenfunds wieder gestorben werden darf.
Verschenkt. Scorsese scheitert nicht, aber er lässt (zu) viel Potenzial ungenutzt. Ermöglicht der Beginn nämlich noch eine gewisse Identifikation mit De Niro's Charakter, der Selbstjustiz als Mittel dafür versteht, wahre Gerechtigkeit gegen einen „schuldigen“ Anwalt walten zu lassen, verwehrt er diese Chance mit dessen ersten, übertrieben blutrünstigen Taten fast gänzlich. Aus einem Diskurs über Moral und Verantwortung erwächst zunehmend ein – wenigstens – spannend erzählter Rache-Thriller. De Niro wird leider (nur) zum unberechenbaren Psychopathen degradiert; Ansätze die Sympathien ins Gegenteil zu verkehren oder zumindest das Gerechtigkeits-Bewusstsein des Zuschauers an undefinierte Grenzen zu führen, bleiben eben nur Ansätze. Das Unvermögen eigene Fehler einzugestehen oder sie unter dem Deckmantel von Paragraphen scheinheilig zu rechtfertigen, thematisiert der Film auch nur stellenweise - dafür aber in einem großartigen Dialog zwischen einem genüsslichen De Niro und einer devoten, nuanciert spielenden Lewis festgehalten. Am Ende geht alles irgendwie seinen richtigen Gang; das Böse ist ausradiert, die schmutzigen Hände reingewaschen, wenngleich es Scorsese versteht, einen gewissen, leisen Zweifel bestehen zu lassen.
Ein Träumer, aber immer den sensiblen Blick auf das Wesentliche gerichtet. Dieser Blick für das Kleine, das Leise, das Schöne. Ein aufmerksamer Beobachter; einer der wie kaum ein zweiter das Naturalistische und Authentische in einen formellen Rahmen einzugliedern versteht, dessen Gesamtheit ein emotional pulsierendes, zutiefst menschliches Konstrukt ergibt. Einer, der die größeren Zusammenhänge erkennt, aber nie den Blick auf den Menschen verliert, der hinter allem steht. Ein kostümierter Optimist, dessen augenscheinlicher Pessimismus, doch in Wirklichkeit mehr einem Realisten gleicht, der nie den Optimismus dafür verliert, das all könne, bei allem Pessimismus-verursachenden Realismus, doch noch ein gutes Ende finden. Einer, der Missstände aufzeigt und dessen Figuren auch immer das Zeugnis wiederkehrender Hoffnung bedeuten. Einer, der die Illusion des Kinos für kurze Zeit außer Kraft zu setzen scheint; einer der nicht Figuren, sondern Menschen folgt, der keine Welten erschafft, sondern erforscht. Diese pluralistischen Welten mit ihren Problemen, die bei aller Ungleichheit am Ende doch das Menschsein eint. Ein unwahrscheinlich moderner Filmemacher ist dieser Iñárritu; und ein unwahrscheinlich humanistischer.
McAdams total neurotisch, aber auch total liebenswert. Diese schnell plappernde Schönheit, dieser steile Zahn auf der steilen Karriereleiter, der immer ganz aufgeregt durch die Gegend torkelt. Und diese Rehaugen erst. Und dann Ford, der alte Sack; immer ganz muffig und ernst. Aber in seinem Herzen ist er dann doch ein ganz Lieber, nur dauert es eben eine Weile, um das zu erkennen, schließlich will hier eine Geschichte erzählt werden. Eine Geschichte über hübsche Menschen in hübschen Büros. Und es geht um den Kampf für den Erhalt einer Morning-Show, die dann doch besser abgesetzt worden wäre. Und es gibt da einen Kerl, hübsch, der verliebt sich in die niedliche, dezent hyperaktive McAdams. Ach, und ein Kerl, der witzig aussehende, mit Halbglatze – ein Schelm der jetzt Type-Casting denkt – ist immer für die lustigen Einlagen zuständig. Keaton und Goldblum komplettieren den Senioren-Treff. Spoiler Anfang (wirklich aufhören zu lesen, wenn man sich den Film noch anschauen möchte. Der den Film schon kennt, kann natürlich gefahrlos weiterlesen, es sei denn er hat alles wieder vergessen und möchte den Film ein zweites Mal schauen, was wiederum nicht heißt, dass auch Leute weiterlesen können, die den Film noch nicht kennen, nur muss ich dann darauf hinweisen, dass sie sich den Film möglicherweise mit den folgenden Sätzen kaputt machen): Am Ende wird die Show gerettet und Ford und McAdams laufen gen Sonnenuntergang. Spoiler Ende.
[...] Als Spiegel aller Figuren tritt der Hund in den Mittelpunkt. Der eine bis zur finalen Eskalation ohne Reue, stets die Augen nach vorne gerichtet, sich stoisch verbissen und das große Geld im Blick (Octavio), der andere als Sinnbild für lähmende Ungewissheit, offene Zukunft und schließlich die leise Hoffnung stehend (Valeria & Daniel), sowie schließlich die einstiege Bestie, die doch eigentlich gar keine ist. Das Produkt seiner Umwelt, tiefe Wunden, Milieu-geschädigt, als Zeichen für eine Chance; die Chance Wunden zu heilen oder zumindest vergessen zu machen und einen neuen, vielleicht besseren Weg zu beschreiten.