Hooded Justice - Kommentare
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Alle Kommentare von Hooded Justice
Was für ein Spannungsmeisterwerk von Serie, was für eine grandiose Besetzung, was für Rollen und Figuren, die ja noch nicht mal unbedingt diejenigen sind, die sie sagen zu sein. Eine Serie über Rich Kids, die Hamptons und seine Schönen und Reichen, aber vor allem über ihre Abgründe und Geheimnisse. Darüber, wer am Ende doch noch Moral und eine gute Seele zeigt und wer nicht. Wer Unschuldigen Verbrechen zuschiebt und wer die Macht dazu hat. Wer Rache ausübt, wer dabei hilft und wer sich irgendwann selbst dafür verzeiht.
Sehr schöner, aufgeweckter Text. Stimme absolut zu. :)
Witzig, dass Wolfgang M. Schmitt Jr. heute in der Filmanalyse über das Thema Serie spricht und wie egal ihm Serien sind. So ähnlich waren meine Gedanken zum Thema Serienhype der letzten Jahre auch – bis mich »Hannibal« einholte. Was »Hannibal« so besonders macht, ist die Perspektive, aus der wir die Kriminalität betrachten. Durch den von Hugh Dancy wundervoll gespielt und gelebten Hauptdarsteller Will Graham blicken wir jede Folge erneut – aber nie ermüdend – dem Tod und dem Mörder wie einem Teufel direkt in die Augen. Dass dieses ständige Eindringen in den Verstand eines Mörders einem sensiblen Menschen auf die Seele schlägt, ist nicht nur erdenklich, sondern macht die Serie so menschlich und emotional. Es geht um die Belastbarkeit des Menschen; wie viel Grausamkeit er ertragen, sehen – und wie Will in der Lage dazu ist – spüren kann. Ich wage mich fast zu sagen, es würde in der Serie um das Brechen einer menschlichen Seele gehen – interessant ist doch, dass Dr. Hannibal Lector sogar selbst in einer Szene mit Will Graham genau darüber spricht: »Habe ich Sie gebrochen?«
Interessant an »Hannibal« sind auch die Geschlechterrollen. Will Graham, ein Mann, so schwach, sensibel und zerbrechlich wie Porzellan. Alles andere als ein üblicher Serienheld von Ermittler. Er ist vielleicht ein kleiner Held durch seine Gabe, in den Verstand der Mörder einzudringen, doch der Preis dafür ist seine Stärke und sein eigener Verstand, den er mehr und mehr verliert. Und wie Dr. Hannibal in einer Szene zu Will Graham so etwas wie »Wir müssen jetzt gute Väter für Abigail Hobbs sein« sagt, lässt einen ein wenig warm ums Herz werden. Überhaupt hat man die Kultfigur des Hannibal Lector seit »Das Schweigen der Lämmer« eigentlich nicht großartiger sehen dürfen. Mir persönlich gefällt dieser – nicht zuletzt dank dem wunderbaren Mads Mikkelsen – viel stilvollere Dr. Hannibal sogar noch viel besser als Anthony Hopkins Rolle. Ich freue mich auf Staffel 2 – na und, dann ist es eben Zeitverschwendung. Sie hat wenigstens Stil.
Fast so exzellent wie in seiner ersten Regiearbeit »Gone Baby Gone« gelingt es Ben Affleck, ein großartiges kleines Amerika-Portrait zu erschaffen. Wieder blickt er in Gesichter abseits des amerikanischen Traums (oder des amerikanischen Traums?), wieder blickt er in die Fassade eines bodenlosen Milieus. Diesmal leider ohne Casey Affleck und mit mehr Action, die dennoch niemals sinnlos eingesetzt wird, sondern immer, um die Hemmungslosigkeit zu untermalen, erschafft Affleck hier keinen typischen Genre-Banküberfall-Thriller, es geht hier im Grunde um viel mehr. »The Town« ist emotionsgeladen, blickt fast milieustudienartig in seine »Stadt ohne Gnade«, vor allem aber geht es um die Frage, die eigentlich viel zu einfach klingt: Kann die Liebe einen zum besseren Menschen machen? Ist sie stärker als die Kriminalität und die Vergangenheit? Ich bin ein bisschen Affleck-Fan.
Ist dies vielleicht Angelina Jolies Film? Ich musste zumindest in der Szene, in der ihr ihre Flügel geklaut wurden, stark an Jolies Schicksal denken, wie sie ihre Brüste amputieren ließ. Auch ihr selbst wurde etwas von ihrem Körper weggenommen. Und ihre Rolle der Maleficent, eine starke Frau mit übernatürlichen Kräften – wirkt sie nicht ein wenig wie der Mythos Angelina Jolie, der teuersten Schauspielerin Hollywoods, der Actionheldin und Kinodraufgängerin? Der Film jedenfalls ist schön, Elle Fanning ist großartig und diese Filmwelt lädt zum Träumen ein. Nach Edwards »Godzilla«, dem neuen X-Men- und Spider-Man-Film ein weiterer gelungener Sommer-Blockbuster.
Es kommt einem beinahe so vor, als befinde man sich in einem modernen Ingmar Bergman-Film – nicht zuletzt aufgrund der wundervollen, melancholischen Leistung Agata Trzebuchowskas, die einer Liv Ullmann gleicht – oder einem offeneren Béla Tarr. Ein Wunderwerk über die Vergangenheit, unsere Wurzeln. Und die Frage danach, wo wir hingehören. Wundervoll inszeniert. Klar einer der großen Kinomomente dieses Jahres.
Während wir Vietnam aus dem Kino doch eigentlich fast nur als Kriegsschauplatz kennen und die Menschen als kleine Leute mit Bambushüten, die auf Reisfeldern arbeiten, wahrnahmen, als Schemen oder lose Gesichter, die ab und an mal aus den Büschen sprangen und ihre Waffen hochhielten, so ist dies ein Film über das Leben und die Seelen dieses Landes. Über die Moderne und die Tradition und den Umbruch des Landes. Und das sehen wir auch in den Menschen. Jeder führt einen anderen Weg durch die Großstadt Saigon. Eine Lotusblütenverkäuferin, die einen alten Dichter inspiriert, wir sehen einen kleinen Jungen, der seine Existenz, einen Bauchladen, verliert, einen Rikschafahrer, der sich in eine Prostituierte verliebt und einen amerikanischen Ex-Veteran, der seine Tochter sucht. Alle versuchen sich irgendwie zurecht zu finden, alle sind auf der Suche nach etwas. Aus allen von ihnen spricht nicht selten eine Unsicherheit. Doch Tony Bui kreiert seinen Film so unwertend, leicht und charmant, mal träumt er in seiner melancholischen Poesie, mal in seinem bitteren Realismus. Und er sagt uns immer wieder: es wird schon. Irgendwann.
Aronofsky kreiert einen »Kunst-Blockbuster« (Jenny von T) – zwischen einem Krawummstyle eines Nolans oder Snyders und seinem eigenen typischen Tiefsinnknüppel. Es ist ein ganz peinlicher Film, der teilweise so lächerlich ernst philosophisch-mythologisch ist und gleichzeitig so dümmlich nach dicker Action und Dramatik ruft, dass man sich ständig dabei erwischen muss, »Ist das sein ernst?« zu denken. Leider merkt man ununterbrochen, dass es Aronofskys ernst ist. Ich kann verstehen, was er versucht hat, deswegen auch meine vier Pünktchen, aber das Ergebnis ich schlecht.
Was macht das Original von Park Chan-wook so großartig? Die Geschichte bedient sich ja im Grunde genommen an recht gebräuchlichen Racheelementen: Abgründe, Schuld, Rivalität, Hass, Liebe. Es ist die Dramaturgie, die Originalität, in der Park Chan-wook erzählt, der Stil, die eingefangene Atmosphäre, die Stimmungsschwankungen jeder einzelnen Figur, es gab immer wieder ganz tiefe, von Poesie gezeichnete Einblicke in verlorene Seelen, es gab Choi Min-sik, die Brutalität, nicht nur die physische, sondern auch die psychische. Diese Neuverfilmung besitzt leider keine dieser Stärken. Spike Lee machte ein gemein konventionelles, herkömmliches und unkreatives Thrillerchen, das einen nicht aufgrund des Gezeigten schmerzt, sondern aufgrund seiner Dummheit. Ob es irgendjemanden auf der Welt gibt, der sich an diesem Film erfreuen kann? Ich hoffe nicht.
Nach wie vor empfinde ich ein seltsames Gefühl, wenn ich »Nymphomaniac« sehe. So ein großer, selbstoffenbarender Film, der weit läuft und räumlich so vielfältig und ganz »real« stattfindet. Nicht wie in den (auf mich wirkenden) in sich verschlossenen »Antichrist« und »Melancholia«, vielleicht eher wie seine früheren Werke wie »Breaking the Waves«. Und dann noch ein schauspielerischer Höhepunkt nach dem nächsten. Doch nach und nach versteht und fühlt man die Geschichte einer Joe und eines Lars von Triers immer mehr. Und ich frage mich, ob wir die Sexsucht überhaupt unbedingt als eine solche sehen müssen. Können wir sie nicht als all das sehen, von dem wir uns abhängig fühlen? Die Dinge, die uns manchmal einfach sinnlos vorkommen, bei denen wir nichts mehr fühlen, aber dennoch nicht aufhören können, sie zu tun? Oder die Dinge, die uns das Gefühl verleihen, wir seien schlechtere Menschen? Das Lästige in uns, das uns zu dem macht, was wir sind, weil wir nicht alle gleich sind und nicht, wie der, der neben uns im Therapiekreis sitzt. Interessant ist doch die Abrechnung mit dem Spießertum, anfangs noch ganz niedlich, besonders im zweiten aber nahezu zynisch von Seligmann verkörpert – ich denke an die Diskussionen über Pädophilie, das Verbieten von Wörtern oder das Ende, in dem seine Rationalität und sein stolzer, bedachter Intellekt doch noch bricht. Überhaupt ist »Nymphomaniac« ein wahrer Rebell, dies besagte doch auch schon die von allen verurteilte Marketingkonzeption. Doch genauso ist doch auch der Film und Joe sagt es selber, als sie sich selbst in einer Szene bekennt, die ja schon beinahe nach einem befreienden Selbstgeständnis klingt: »Ich bin nicht wie du. Die Empathie, die du für dich beanspruchst, ist eine Lüge. Du bist nichts weiter als die Moralpolizei dieser Gesellschaft, deren oberstes Ziel es ist, meine Obszönität von dieser Erde zu entfernen. Ich bin nicht wie ihr. Ich bin eine Nymphomanin. Und ich liebe mich dafür, eine zu sein.«
Als ich das Buch den letzten Monat las, musste ich mich ständig dabei erwischen, wie ich darüber nachdachte, was wäre, wenn jemand anders dieses Buch verfilmt hätte als Baz Luhrmann. Ich dachte an meinen Iñárritu, der das Ganze triefend leidvoll und realistisch rübergebracht hätte, ich dachte an Christopher Nolan, der Gatsby ganz geistlos und unkreativ auf die Leinwand gebracht hätte, ich dachte an Jim Jarmusch, der einen stillen, introvertierten Film aus Gatsby gemacht hätte, oder ich dachte an Danny Boyle und wie spannungsgeladen, dramatisch und kurzweilig Gatsby dann ausgesehen hätte. Nichts wäre der famosen Geschichte um den großen Gatsby gerecht gewesen, alles wäre unpassend. Und ich kam zu dem Entschluss, dass niemand diesen Gatsby (»Welchen Gatsby?«) besser hätte verfilmen können als es Baz Luhrmann tat. Völlig überladen, dicht, pompös, prunkvoll und bombastisch. Genau wie F. Scott Fitzgerald die Welt der goldenen 20er Jahre in New York beschrieb. Jazz-Musiker hier, Tänzerinnen dort, ein paar Künstler und Reiche kommen in einem schicken Apartment in der Stadt zusammen, um sich von der Hitze abzukühlen und baden sich im Champagner, Polospiele auf dem Feld des eigenen Anwesens, oder wie Gatsby so distanziert und geheimnisvoll am Ende seines Steges steht und nach dem grünen Licht greift. Allein schon diese Form des Films ist ein Statement. Ein Leben im Überfluss. Und die gebrochenen Herzen. Miss Baker betitelt es bereits gleich am Anfang, als sie sich streckt und eigentlich alles über ihr Leben aussagt: »Ich muss eine halbe Ewigkeit auf diesem Sofa gelegen haben.« Und auch im wundervollen Soundtrack »Young and Beautiful« von Lana Del Rey wird die Geschichte und der, ja, Mythos Gatsbys wunderschön zitiert: »I’ve seen the world, I’ve done it all – and I had my cake now. [...] Will you still love me when I'm no longer young and beautiful?« Was für eine Welt.
Was für ein melancholisches Kunstwerk über alles, was Lana Del Rey ist und lebt: zerbrochene Herzen, Sünde und Vergebung, der Verkauf von Schönheit und die Traurigkeit. Amerika und die Lüge. Amerika und das scheinbare Paradies. Die dunkeln Nächte, das Laster, das sich manchmal wie das Paradies, das verlorene Paradies, anfühlt. Life on the dark side of the american dream. Und die Lüge, dass alles am Ende gut ist. Die Farce.
Was »Kill Bill« für einen Sog hat, ist unbeschreiblich und unbestreitbar. Doch können wir eine solche unwirkliche Rachegeschichte nicht als Metapher auf unser Leben sehen? Die Brutalität ist doch so irreal, dass wir »Kill Bill« darauf kaum ernst nehmen können und keinesfalls sollten. Faszinierender ist der Alleingang einer Frau, wie sie ihren von den Tödlichen Vipern zerstörten Traum rächt. Sie zahlt es allen heim, die sich ihr und ihrem Wunsch vom Leben in den Weg gestellt haben. Und dann bekommen wir alles zu sehen. Leicht ist es nicht. Wir müssen lernen, wie wir eine ganze Herde Yakuza-Schläger kleinmachen, wie wir uns selbst aus der Erde wieder ausgraben. Und dann schaffen wir es auch danach trotzdem, durch die glühende Wüste Kaliforniens zu waten und Elle Driver das letzte Auge rauszuholen. Und schließlich die Fünf-Punkte-Pressur-Herzexplosions-Technik auszuüben. Und irgendwann werden wir auf dem Badezimmerboden liegen und weinen. Vor Freude. Die Löwin und ihr Junges werden wieder vereint sein und im Dschungel wird wieder Ruhe einkehren.
Ich hatte wirklich Angst vor »Nymphomaniac«. Davor, dass Lars sich irgendwo verloren und verrannt hat und plötzlich unaufhaltsam ärgern will, mit einer Starbesetzung hoch zehn abhebt, mit Rammstein offensichtlich aufstachelt und plötzlich auch noch alles wie einen absurden Witz aussehen lässt – auf einmal lese ich in Kommentaren zu einem Larsi-Film so etwas wie der Film sei lustig. Und ja: Irgendwie ist »Nymphomaniac: Teil 1« tatsächlich nicht wirklich typisch oder charakterisierend für Lars von Trier. So leicht kam mir ein Lars von Trier nie vor. Anders als in seinen anderen Filmen wird ganz eindeutig Schritt für Schritt aus erster Hand erzählt, was seine Heldin, sein Alter Ego Frau, auf ihrem Weg erlebt und empfindet. Wo wir bei Justine aus »Melancholia« oder der Frau aus »Antichrist« eigentlich immer auf mehrdeutige, tiefsinnigere Dialoge, Handlungsschritte und Gedanken achten mussten, um einen (subjektiven) Sinn zu ziehen oder die Figur zu verstehen und letztlich auch Larsis Absicht nachvollziehen zu können, so macht es »Nymphomaniac« einfacher, da die Geschichte uns ganz greifbar und handfest geschildert und nicht selten auch noch deutlich visualisiert wird – durch Zahlen, Leoparden, Puzzles und Fliegenangeln. Nicht, dass diese Vorgehensweise nicht zum Denken anregen würde. Das Interessanteste aber an »Nymphomaniac« ist eigentlich Larsis Entwicklung, denn ohne nun sagen zu wollen, es sei sein bester Film – und das ist er meiner Meinung nach wirklich nicht – ist dies sicherlich sein erwachsenster Film hinsichtlich seiner Größe, dem Aufbau und dem Plan, und gleichzeitig auch sein kindlichster Film hinsichtlich seinem süßen Umgang mit der jungen Sexualität und seinem – oh Gott – Humor (!). Die kleinen Sexszenchen sollten in der 2-Stunden-Fassung eigentlich nicht die Rede wert sein. In mir brodelt das Gefühl, dass Lars da einen sehr seltsamen, aber auch irgendwie einen doch gar nicht so schlimmen Film gebraut hat. Auf jeden Fall sehr verdaulich. Aber wir haben ja eh nur die Hälfte bisher sehen dürfen. Faszinierend ist der neue Lars von Trier auf jeden Fall.
Refns Alptraum. Die roten Lichter, die Drehorte schreien nur so wie die Hölle auf Erden. Die Stimmen oder vielmehr die bedrückende Stille, die Musik und die Bilder. »Only God Forgives«, das Portrait einer Stadt ohne Nachsicht? Der Titel sagt es doch: Nur Gott vergibt.
Ryan Gosling als Anti-Macho, als unsicherer, großer Bruder, gibt dem Film aber das größte Potenzial und gleichzeitig das größte Geheimnis. Wir erleben ihn als einen Drogendealer, doch ist er nicht wirklich das Bild, das man sich unter einem solchen vorstellt. Er sitzt gefesselt, nahezu unterworfen auf einem Stuhl gefesselt da und sieht einer Frau beim Masturbieren zu. Er sieht sich die Frauen immer nur an, aber befriedigen oder beglücken tun sie ihn nicht. Irgendwie ängstlich, irgendwie total befangen und furchtsam sitzt er regungslos da. Auch einer der Gründe, wieso er eine »Entertainerin« fragen muss, ob sie vor seiner Mutter so tut, als sei sie seine Freundin. Ein Spiel, das wir eigentlich nur von »Homosexuellen-Alibis« kennen. Seine drückende, herrische Mutter, beeindruckend gespielt von Kristin Scott Thomas, treibt derweil ein absolutes Gefühlstheater. Und sie hat Erwartungen. Mal hasst sie ihren Julian, mal liebt sie ihn. Mal tut sie so als ob. Mal will sie das, mal nicht mehr. Beeindruckend, und was diesen Film gleichermaßen so schwer macht, zu deuten, ist die totale Verschließung eines Innenlebens seiner Charaktere. Wir sehen Handlungen, Mimik und Gestiken, besonders die eines Ryan Gosling. Doch offenbart uns der Film eigentlich nichts außer unseren subjektiven Wahrnehmungen – unseren Gefühlen. Der Film überkommt uns mit nichts als Gefühlskälte und das macht ihn gerade dadurch so emotionell. Ryan Goslings leere, hilflose Ausdrücke wirken wie ein Haufen Elend einer Seele. So voller Angst und Befangenheit und Melancholie. Gerade durch diese Leere an Seele der Figuren wird der Film so irrational und emotional wie es nur geht: Wir blicken, nicht zuletzt durch die beeindruckende Kameraführung, ständig tief in die Augen und Blicke unserer Figuren. In diesem Film sagen sie noch mehr als tausend Worte und offenbaren uns, sobald wir es nur zulassen, tiefe Gefühle und sogar Ängste – wenn wir Julian mit befangener Miene am Stuhl gefesselt, durch die roten Gänge und Straßen oder ihn sogar verängstigt seine Hände zu Fäusten ballen sehen. Refn schmiert hier keine Geschichte eines großen Helden ins Kino, sondern wie ein menschlicher Sohn zum gnadenlosen Rächer fungieren soll – doch machen nicht gerade unsere Schwächen uns so menschlich? Meinen Gefühlen nach zu gehen – und das ist alles, was man in diesem fantastischen Film machen kann – ist Ryan Gosling noch der einzige Menschliche in dieser Welt. Das widerspenstige Symbol des Händeabhackens dafür, dass er sich sündig fühlt. Und diese Schwäche und Hilflosigkeit. Vielleicht ist dies »Only God Forgives«: Ein Film über die Menschlichkeit inmitten einer Welt, die der Hölle gleichkommt.
Natürlich ist der Film in seinem Sog aus Gewalt, Gefahr und bunten Lichtern der düsteren Unterwelt Bangkoks unheimlich faszinierend, genauso natürlich wie die Gewalt niemals im Licht der Befürwortung steht – eben wie in anderen Meisterwerken, die mit Gewalt abschrecken und verabscheuen. Um das zu tun, muss die Gewalt allerdings gezeigt werden – und das tut »Only God Forgives« so konsequent durchzogen wie es nur geht. Er ver-teufelt sie. Viele meinen, der Film sei ganz anders als »Drive«. Doch eigentlich ist er genauso. Nur viel konsequenter. Wieder spielt Ryan Gosling einen weichen, melancholischen Kerl im Macho-Milieu. Wieder ist er oberflächlich ein totaler Vollkerl. Und innerlich ein totales Rätsel. Irgendwo ein Weichei, ein viel zu lieber Mann, der seinem „Date“ das Kleid gerne schenken möchte, und ein Mann, der das herrische, unterdrückende Verhalten seiner Mutter damit rechtfertigt, dass sie eben seine Mutter sei. Ryan Gosling, der schweigsame Held. Ich liebe dich und möchte mehr davon.
»Ame & Yuki« erscheint mir ein wenig wie ein Til-Schweiger-Anime, nur über der Gürtellinie. Hier ist alles ganz furchtbar niedlich, alles ist süß, liebenswert, putzig und manchmal ganz bemitleidenswert. Die Geschichte wird erzählt mit ein bisschen Kitsch hier und ein wenig bezwungener Traurigkeit dort, zwischendurch passiert mal nichts außer Knuddeln, Family-Alltag der etwas fantasievolleren Art, ein wenig Identitätsfragen, die eigentlich so platt wie geistlos dahinbehandelt werden, dann gibt es eine hübsche Charakterwendung und ein bedauerliches Finale, bei dem man vor Kitsch und offensichtlichem Epic-Getue kaum hinsehen mag. Der Film vermittelt aber nicht zuletzt auch eine sehr öde, einförmige und fast langweilige Botschaft: Du kannst kein Leben zwischen dem Wolfsdasein und dem zur-Schule-gehen führen, also zwischen der Tradition, der Fantasie und der Moderne – du musst dich entscheiden! Ich liebe »Das Mädchen, das durch die Zeit sprang« und »Summer Wars« noch viel mehr. Aber es bleibt mir unbegreiflich, wie dies ein Film von Mamoru Hosoda sein kann.
Zu Anfang denkt der Zuschauer sich noch, was dies für ein einfach gestrickter und auch simpel inszenierter Film sei. Doch es bleibt nicht so einfach. »Die rote Lola« ist nicht nur völlig unterschätzt, meiner Meinung nach ist er ein fantastischer, kurzweiliger Spannungsfilm über die Macht einer Unschuld, dem Glauben an die augenscheinliche Liebe und dem Zweifel. Inmitten eine große, wunderschöne Diva, um die sich die Welt und die Menschheit dreht, eine starke Frau, erst niedlich, sympathisch, schließlich waghalsig und intelligent und die die Welt selbst in die Hand nimmt, und eine Handvoll Männer, die dem ganzen unterliegen und eigentlich nichts so richtig auf die Reihe bekommen. Der glamouröse Zauber, den Marlene Dietrich diesem Meisterwerk verleiht, ist atemberaubend. Trotz der Tatsache, dass eigentlich den ganzen Film lang geglaubt wird, dass feststeht, was geschehen war, ein fesselnder Film. Und dann dieses unglaubliche Finale.
Kaum zu glauben, dass dies ein Film von Steve McQueen ist. Was für ein mutloses, fast memmenhaftes Stück Oscarliebling-Geschichtsstunde. Mit »Shame« und »Hunger« hat er gezeigt, wie bedrohlich, beherzt und unbeirrt, doch vor allem auch eins sein Kino sein kann: Kunstvoll und mehrdeutig. In »12 Years a Slave« ist davon kaum noch was übrig geblieben. Alles ist eindeutig, hier sind die Guten, da sind die Bösen. Er ist so schrittweise und konventionell heruntererzählt wie eine romantische Komödie, man weiß eigentlich ganz genau nach jeder Szene, was als nächstes passiert. Die Dialoge sind so typisch und x-beliebig wie in einem Nachmittagsmelodram, als hätte Steve McQueen beim Drehen einen Stock im Arsch oder Steven Spielberg neben sich sitzen. Und Hans Zimmer trommelt ordentlich die Pauke. Eigentlich fast lachhaft und ironisch wirkt doch die Besetzung der Weißen, ein Lichtblick nach dem nächsten, hier ein Brad Pitt, dort ein Michael Fassbender und drüben ein Benedict Cumberbatch. Von Betroffenheit darf hier eigentlich nicht die Rede sein, denn am Ende gehen wir alle wieder beruhigt aus dem Kino heraus. Ich denke an die schmerzhaften Szenen aus Tarantinos »Django Unchained«, die in allem Tarantino-Spaß, in dem der Film teilweise schwelgt, so unerträglich sind und bitter nachbleiben. Aus »12 Years a Slave« können wir mit dem ruhigen Gewissen, dass wir etwas ganz schreckliches Geschichtliches Gott sei Dank überstanden haben, herausgehen.
Lange wusste ich nicht, was ich über »Drive« schreiben sollte. Irgendwie auch nicht, was an »Drive« so faszinierend ist. Doch Refn erschafft mit seinem Thrillerkunstwerk Wahnsinniges. Was ihn so besonders macht, ist sicherlich unter anderem sein Glanz, seine unglaublich schöne musikalische Untermalung, diese perfekte Inszenierung und selbstverständlich seine Schauspieler, doch ganz besonders an »Drive« ist die Melancholie, die Emotionalität, die aus ihm spricht, die an der Oberfläche so kühl erscheint, aber eigentlich sehr tief in warme Seelen blickt. Ähnlich wie in Refns unterschätztem »Bronson« besitzt der Film etwas sehr weiches und warmes. Wenn Bronsons Kampf plötzlich mit Musik der Pet Shop Boys untermalt wird, spielt der vermeintliche Actionstar in »Drive« mit einem kleinen Jungen das Blinzelspiel, sieht sich mit ihm einen Kinderfilm an und fährt seine Nachbarin und deren Sohn zu einem romantischen Ort. Wie berechnet ertönt ausgerechnet in letzterer Szene ein Song mit den Worten »A real human being, and a real hero …«.
Betrachten wir den von Ryan Gosling gottesgleich gespielten Driver, auf den ersten Blick eine typische Actionfilmschablone von Kerl. Doch seine Figur spuckt allen Genreklischees und -vorgaben recht schnell in die Fresse – vielleicht genau wie die rosafarbenen Schriftzüge im Vor- und Abspann des Films. Ein üblicher Actionfilm hätte gezeigt, wie dieser coole Muskelprotz mit seinen Kumpanen einen Deal nach dem nächsten klarmacht, Frauen beeindruckt und geil rüberkommt. Doch in »Drive« ist das nicht so. Hier ist alles eigentlich genau nicht so, wie es aussieht. Der Hai, der Muskelprotzt und Stuntman mit sexy Körper und schicken Klamotten ist ein ruhiger, gar schüchterner Kerl von nebenan. Ein Kerlchen, das mehr lächelt als spricht, der der Nachbarin die Einkaufstüten nach Hause trägt. Er ist jemand, der in der Werkstatt umgeben von Machos und Machogesprächen und Machosprüchen ein paar Meter entfernt steht und alleine am Auto schraubt. Es wird betont, dass er nicht raucht und in der Szene, in der er zitternd mit Gangster Nino telefoniert, heißt es spöttisch »Das hier ist nicht so dein Ding, oder?«. Er fährt schnelle Autos, man könnte fast meinen, sein Leben ist das Autofahren, und ist dennoch ist er alles andere als ein Vollkerl aus einem typischcoolen Film. Er sitzt da, am Steuer, nachdenklich, introvertiert. Mit einem tiefen Blick, der nichts sagt. Doch wie Watzlawick bereits sagte: Wir können nicht nicht kommunizieren. Selbst ein starrer, leerer Blickt erzählt uns von Insichgekehrtheit oder Nachdenklichkeit. Und diese sehen wir doch eigentlich ständig in diesem Film in Ryan Goslings Augen.
Wenig später sieht er sich mit dem Sohn seiner Nachbarin einen Film an. Der Junge meint, der Hai sei einer von den Bösen. Daraufhin fragt der Driver, ob es denn keine guten Haie gäbe. Darauf heißt es: »Sieht der etwa aus wie einer von den Guten?«. Nach dieser Stelle zeigt Refn Gosling noch einige Sekunden gedankenverloren in die Leere blicken. Diese Stelle halte ich für eine Art Schlüsselpunkt, denn würden wir die Figur von Ryan Gosling nicht auch oberflächlich mit etwas wie einem Hai vergleichen? Unter dieser Fassade ist er ganz anders, aber äußerlich wie ein Hai. Interessant ist, dass diese Stelle etwas in ihm zu verändern scheint. Wenig später rutscht er in die Gewalt und Kriminalität, er wird tatsächlich zum Hai. Vielleicht ist dies der Kern des Films: Als seien wir nur ein Produkt unserer gesellschaftlichen Sicht, der Oberflächlichkeit, unseres Äußeren. Und sind wir das nicht so oft wirklich?
Auch der Fortlauf der Dinge und sein Finale lassen den modernen Actionfilm noch einmal brechen. Während andere Filmhelden für eine Frau den unsauberen Ehemann vielleicht zur Hölle schicken würden, interessiert sich Ryan Goslings Figur nicht für solche Oberflächlichkeiten – genau wie er sich anderen Konventionen wie dem Händeschütteln verweigert –, sondern kämpft für die Befreiung der Frau und ihrem Sohn. Selbst wenn es so scheint, als würde nichts für ihn dabei herausspringen. Selbst wenn er in sie verliebt ist. Selbst wenn er am Ende diese Frau nie bekommen wird. Er ist kein Held, und deswegen gerade ein so Wahrer. Und hat Autofahren nicht auch etwas sehr Melancholisches? Ich finde schon. Immerhin singt auch Lana Del Rey in ihrem Song »Ride« davon.
»I hear the birds on the summer breeze,
I drive fast, I am alone in the night.
Been tryin' hard not to get into trouble,
But I, I've got a war in my mind.
So, I just ride, just ride,
I just ride, I just ride.«
Hätte ich jetzt nicht erwartet. Larissa ♥
Cate Blanchett für Blue Jasmine und La Grande Bellezza. Der Rest ist eigentlich ziemlich schnuppe.
Wow, Überraschung. Viel konsequenter, hintergründiger und bewegender als Teil eins, der viel zu lange in die Dauerschlacht abdriftet. Was für ein starkes Frauenbild, was eine vergleichsweise ungezügelte Geschichte. So heikel, urteilssicher und last but not least einfach spannend darf (Teenie)kino immer sein. Das bisschen Kitsch und die typischen Momente verzeihe ich dir. Ich bin ein bisschen Fan. »Remember who the real enemy is.«
Leute, die die Urbanität New Yorks zelebrieren. Leute, die die Mittagspause im Central Park verbringen. Leute, die von einer professionellen Tanzkarriere träumen. Und darauf hinarbeiten. Leute mit Smartphone. Leute mit Hornbrillen. Leute, die kein Geld haben. Leute, die übers Ficken reden. Junge, starke Frauen, die wie ein verheiratetes lesbisches Pärchen leben, das kein Sex mehr hat. Leute, die rauchen, es aber nicht alleine können. Leute, die Wasserkocher in mexikanischen Läden kaufen. Leute, die auf Studentenpartys gehen. Leute, die von ihrer Steuerrückzahlung essen gehen. Leute, die mit Typen mit Hipsterhüten essen gehen. Leute, die ›fuck‹ sagen. Leute, die nachts durch New York rennen, um drei Dollar von einem Geldautomaten abzuheben. Leute, die mit Leuten zu tun haben, die alte Polaroidkameras besitzen. WGs. Freunde, die Apple-Notebooks besitzen. Freunde, die meinen, 27 wäre alt. Leute, die Chinanudeln aus einer Pappbox vorm Heimkino essen. Leute, die manchmal einfach so einen Handstand machen. Leute, die, wenn sie besoffen sind, mit dem Rücken auf dem Bett liegen und einen Fuß auf den Boden haben, damit es sich nicht so doll dreht. Leute, die sich mit ›Ahoi, Sexy!‹ begrüßen. Leute, die irgendwie einfach mal nach Paris oder Japan gehen. Und die dann einen Blog darüber schreiben. Leute, die sich mit Intellektuellen wie Malern und Philosophen treffen.
Ich wusste lange nicht wie, aber irgendwie hat der Film mich in seinen Bann gezogen. Dann – als der Film sich dem Ende neigt – verstand ich es, denn in dieser ganzen Schnelligkeit des Großstadtlebens handelt »Frances Ha« vor allem von Freundschaft, dem Kontakt und dem Wiederfinden. Denn Freundschaft bildet auch zwischen Entfernungen, wie ich es selbst in letzter Zeit zu spüren bekomme, einen weiten, manchmal mehr, manchmal weniger stabilen Faden. Bis jeder irgendwann seinen Platz findet. Und selbst dann vielleicht noch. Ein schöner Film, der dem hastigen Leben von heute eine wunderbare Leichtigkeit gibt. Hipsterscheiße hin oder her. Ja, why not.
»Come on, let’s go to Paris‘. I wanna rob.«
Lange Zeit wusste ich nicht, was ich zu diesem meisterhaften Film schreiben soll. Denn lediglich mit Identifikation oder Faszination möchte ich meine neun Punkte nicht begründen. Wie Sofia Coppola sich in die Lebenswelt, Träume, Wünsche und – selbstverständlich – dummen pubertierenden Ideen ihrer jugendlichen Figuren inmitten ihrer Selbstfindungsphase einfühlt, spricht nicht nur für ihr enormes Feingefühl im Umgang mit Gesellschaft und Mensch, sondern verleiht ihrem neuen Meisterwerk »The Bling Ring« einen atemberaubenden Einblick in unsere moderne Welt, das Leben und den großen Traum vom Ruhm und Lifestyle. Sie schlägt hier niemandem einen Deckel auf den Kopf, denn wie werden wir schon so, wie wir sind? Durch unsere Umwelt, unsere Sozialstruktur oder das, was Mutter und Vater vererbten und uns lehrten? Diese Jugend wächst auf in einer Welt zwischen Sinnlosigkeit, Luxus und einer Sehnsucht nach Glanz und Glamour – oder kurz gesagt: nach dem, was die Stars und Sternchen in Hollywood verkörpern, haben und leben.
Doch was Sofia Coppola hier macht, liegt jenseits einer einfachen Konsumgesellschafts- oder Kapitalismuskritik zwischen den zwei Fassaden einerseits des Unrechts, in dicke Häuser einzubrechen und teure Rolex-Uhren hier und Gucci-Clutches da zu klauen, und andererseits der Tatsache, dass die bestohlenen Stars in solchen Unmengen von Konsumgütern schwimmen, dass sie es doch schon gar nicht mehr merken. Ganz und gar ist »The Bling Ring« kein Film gegen ein Lebensgefühl, sondern vor allem über es. Nicht zuletzt sagte Sofia Coppola selbst in einem Interview über den Film, dass sie kein Urteil sprechen möchte, sondern nur einen (wahren) Zeitgeist einer Generation einfangen möchte, die von Hollister, Cartier, Bugatti und der Vogue umgeben heranwächst. Doch sicherlich – wie sie uns mit dem [Achtung Spoiler] schwermütigen Ende zeigt – sind die Kids zu weit gegangen. Doch ist es viel mehr ein komplexes Ding unserer Gesellschaft. [Spoiler Ende]
Ohne weiteres ist »The Bling Ring« ein sehr typischer Sofia-Coppola-Film. Wieder bekommen wir über einen bestimmten Blickwinkel eine Sicht auf unsere Welt und Gesellschaft geschildert, wieder taucht sie in den Köpfen und Geistern einer bestimmten Gruppe herum, wieder beobachtet sie ihre Figuren genau und wieder führt sie uns in so prägnant schweigsamen Bildern anhand einer geradezu schwunglosen Spannungskurve in die Welt, in der wir leben. Spannung entsteht hier nur durch die Thematik und die Figurennähe.
Einmal mit Emma Watson in Paris‘ oder Orlandos Klamotten über die Shoppingmeilen von Los Angeles laufen, neben Kirsten Dunst zu Azealia Banks‘ »212« im Club abgehen und als Mark mit Rebecca im geklauten Porsche über die mit Palmen an den Straßenrändern bepflanzten Promenaden L.A.s fetzen. »The Bling Ring« erlaubt es dir. Nur mit einem bitteren Nachgeschmack. Ein Film, von dem mein Kinojahr auf jeden Fall lebt.
Lana Del Reys Lieblingsfilm (was alles sagt).
Mit einem der größten Film noir auf Erden zeichnet Howard Hawks ein fast verstörendes Weltbild: Gleich am Anfang fällt eine wahnsinnige, drogensüchtige Carmen, gespielt von Martha Vickers, unserem Noir-Helden Humphrey Bogart betrunken in die Arme, wenig später erklärt Sternwood, wie sehr er Orchideen hasst, da ihr Fleisch des eines Menschen gleiche und sie den verdorbenen Duft von Prostituierten hätten. Später ein Wiedersehen mit Carmen, die betrunken neben einem gerade erschossenen Mann im Stuhl sitzt, nahezu leblos. Dann die wunderschöne Lauren Bacall als eine der stärksten Frauenfiguren der Filmgeschichte. Und ehestens als eine Taxifahrerin auf Bogarts Aussage »Verfolgen Sie den Mann« eiskalt »Da sind Sie bei mir genau richtig« antwortet, können wir uns sicher sein: Rollenklischees, Berechenbarkeit oder Vorhersehbarkeit gibt es hier nicht. Und Glauben schenken darf man hier eigentlich ebenfalls keinem. Auch wenn wir mittlerweile die finsteren 40er Jahre hinter uns haben, möchte ich sagen, dass ich niemals nach all den Jahren so etwas gesehen habe wie in diesem Meisterwerk.