Hooded Justice - Kommentare

Alle Kommentare von Hooded Justice

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    über W.E.

    Madonna macht einen Film. Und das im ganz großen, glamourösen Stil. Wer Madonna wie ich ein bisschen besser kennt, der wird sich, nachdem er den Film gesehen hat, sagen, dass er auf irgendeine Art und Weise doch genauso das ist, was man von der Queen of Pop erwartet hat: Madonna zeigt sehr viel, spielt sehr viel und verziert sehr viel, doch viel erzählen tut sie zweifelsohne nicht – wie es bedauerlicherweise seit dem letzten Belustigungs-Albümchen »MDNA« der Fall ist.

    Ihr Regiedebüt »W.E.« ist ein wirklich hochästhetisiertes Schmuckstück aus Mode, Musik und emotionalen Zyklen. Etwas wie eine Vase; belanglos, aber irgendwie schön, dass sie da ist. In Billy Wilders »Sunset Boulevard« bezeichnet der Protagonist Joe Gillis das Drehbuch der vergessenen Stummfilmdiva Norma Desmond als »eine stumpfsinnige Aneinanderreihung dramaturgischer Einfälle«. So ähnlich leider kommt mir auch Madonnas Film vor: Die große Diva macht plötzlich einen Film, mit – es wirkt so – all den Dingen, die sie einmal gesehen oder gehört hat und als sehr schön empfand. Traurig leider, denn Madonna ist nicht dumm. Wer sich jemals näher mit ihr beschäftigt hat oder vielleicht ihre großartige Dokumentation »I’m Going to Tell You a Secret« über ihre »Re-Invention Tour« von 2004 kennt, weiß, was für eine inspirierende Denkerin sie ist. Doch tatsächlich handelt »W.E.« von nichts anderem als minderwertigen emotionalen Szenarien aus Affären und Schwermütigkeiten. Ihre vielerlei kritisierte Schwäche für style-over-substance ist eigentlich das geringste Problem. Peinlich wird der Film, wenn unter lautem Gedröhne und visuellem Geflacker seine Protagonistin beim Hormone-Spritzen zeigt oder er dreimal hintereinander in Zeitlupe wiederholt, wie Wallace zu Boden fällt. Von dem niemals verstummenden Score mal abgesehen, denn Madonna ist eben eine Musikerin. Und wenn dann eine (vermeintliche) Hommage an Wong Kar Wai rausgeht und ein Stück namens »Satin Birds« ziemlich viel von »Yumeji Theme« hat, der Song, der Wong Kar Wais Meisterwerk »In the Mood for Love« trägt, dann darf man eh nicht böse sein.

    »There's no greater power than the power of goodbye.« Hach ja ...

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    • 8

      »Wenn die Melodie erklingt, werden Sie sterben … vor Wonne.« Wenn Jane Fonder mit Dildano durchs Weltall flitzt.

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      • 9

        Ginger Rogers darf wieder Kind sein. Billy Wilder trifft in seiner ersten Hollywood-Regiearbeit wieder zu jedem Zeitpunkt den richtigen Nerv und erschafft eine herrliche Verwechslungskomödie voller warmherziger Momente, Witze und Situationen. Ginger Rogers als großartige, starke Frau mit einer Willenskraft, die ihresgleichen sucht, und die genau weiß, was, wen und wie sie es will; ein niedlicher Ray Milland neben ihr, der so süß und fürsorglich wie eine Mutter und keinesfalls wie ein Soldat (!) agiert; und eine Militärgesellschaft als kleine Lachnummer voller kleiner Idioten und Jungs, die auch nur dümmlich und blind einem Mädchen (oder einer Frau) verfallen. Wie Ginger Rogers in der Story und Billy Wilder in diesem Werk dem großen, mächtigen Militär von damals einen leichtgenommen, nicht ganz ernstzunehmenden Streich spielen, ist fantastisch. Auch wenn Wilders Sympathien selbstverständlich seitens der Amerikaner stehen, die die Nazis, vor denen Wilder selbst floh, bekämpften. Interessant ist aber auch Wilders Darstellung der Berufe – heute doch so ziemlich das, womit wir identifiziert und in eine Schieblade geschoben werden. Ginger Rogers jammert gelangweilt und genervt zugleich darüber rum, was sie in ihrer Ausbildung alles lernen musste, nur um mit einem alten, vereinsamten Mann nach dem anderen ein Glas Martini zu trinken und ihnen ein bisschen den Kopf zu streicheln – »Ich habe die Durchblutung der Kopfhaut nicht genauestens gelernt, um mit Ihnen Martini zu trinken!«. Oder auch Ray Millards Figur, die so gar nicht dem typischen damaligen Stereotyp eines starken Soldaten gleichkommt, der im Namen seines Vaterlandes im Krieg kämpft: Zierlich, herzensgut und unsicher agiert er neben seinen starken Frauenfiguren, letzten Endes verliert er das (frühere) Mannesbild sogar vollkommen, nachdem er – ebenfalls beruflich bedingt – nicht mehr gut genug für seine ehemalige Frau war und sie lieber den Sohn eines Direktors einer großen Bank im Osten heiratete anstatt ihn, den armen Soldaten. Billy Wilder versucht sich hier ins Herz eines Soldaten einzufühlen, aber gleichzeitig das Bild eines solchen damals verehrten Mannes auch zu ändern: er ist auch nur ein Mann. Nicht mehr, nicht weniger. Und vor allem kein Held. Soldatsein ist nur sein Job.

        »Su-Su, du bist wirklich ein ganz besonderes Kind!« – »Das stimmt, Onkel Philip.«

        Und alles begann mit überteuerten Bahnpreisen.

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        • 8 .5

          Alles, was das Leben ist, ist in diesem Film: Geld, Raub, Gier, Flucht, Romantik, Enttäuschung, Tragik, Hoffnung, Komik, Ruhm, der Traum vom großen Leben und eine Menge Geister, Geheimnisse und Mysterien. Eigentlich ziemlich unbeschreiblich.

          »So many things have happend. But I am no longer among the living. Such is the way of the world. «

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          • 9

            Dass eine alte Miss sich im eigenen Scharfsinn allen Ermittlern entgegenstellt, ist genauso niedlich und herzerwärmend wie es klingt, und allein die Tatsache, dass ihr liebstes Hobby, das Lesen von Kriminalbüchern, sie inspirieren und dazu befähigen lassen, einen Mord aufzuklären – wie sie einen Freund in einer Szene rhetorisch fragt: »Wie lange lesen wir schon diese Kriminalbücher?« –, gibt uns eine fantastische Botschaft an den Sinn unseres Tuns und Treibens, selbst wenn es nur die zeitverschwenderischen Dinge sind, denn irgendwann kommt alles, was wir tun, schon irgendwie zum Einsatz – Miss Marple braucht keine langjährige Ausbildung, sie braucht nur ihre Lebenserfahrung aus den Kriminalromanen. Und wenn Miss Marple tricksend mit einem Golfschläger und dem ungezogenen Bengel auf die Jagd geht, dann wird der Krimi zur heißen Komödie, und wenn die Familie als Ganzes im Hinterhalt und vor dem Verhör steht, dann wird die Komödie zur scharfen Frage nach schuldig und unschuldig, und wenn sich ein absurder Charakter nach dem anderen einreiht, von der spitzfindigen Miss über den cholerischen und geizigen Vater bis zum frechen Knirps, dann wird dieser Film zu einer der interessantesten und spannendsten Krimis der Welt. Kurz gesagt ist »16 Uhr 50 ab Paddington« eigentlich das, was man einen perfekten klassischen Kriminalfilm nennen darf. Merci.

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            • 10

              Wenn ein Film etwas so Gewaltigem und Gewalttätigem die Rache lacht, dann ist es ein Beweis, dass Gott nicht nur existiert, sondern dass du seinen Willen erfüllst.

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              • 10
                Hooded Justice 19.09.2013, 23:44 Geändert 02.09.2016, 12:04

                Wie Sorrentino seine Unbeschwertheit in Bilder fasst, ist nicht nur höchstästhetisch und künstlerisch, sondern birgt in seinen hunderten Augenblicken des Zaubers extreme Tiefen – die Bilder und Musik anstelle tausender Worte und die Gesichter, Kostüme und den Prunk als des Zuschauers Ekstase. Denn am magischsten ist »La Grande Bellezza«, wenn er seine wunderschöne High Society in Grund und Boden zelebriert, sie in donnernder, brüllender musikalischer Untermalung geradezu aufblühen und in seinen stillen Momenten ebenso untergehen lässt. Das Leben als absolutes Soiree, oder wie es im Film in Worte gefasst wird »Es ist so einfach, seine Zeit in Rom zu verschwenden«, ein Film als totales Erlebnis aus Luxus, Pracht, Glanz und aus dem Stillstehen, dem Nichtstun und dem Warten. Auf den Schluss, bei dem wir alle merken, dass »am Ende immer ein elender Mensch steht«. Dass alles mit dem Tode endet. Und wir bis dahin das tanzende, taumelnde, träumerische Leben führen dürfen, mit allen Höhepunkten und allen Tiefpunkten. Als wäre Fellini auferstanden.
                »Es ist nur ein Trick. Es ist nur ein Trick. Es ist nur ein Trick.«

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                • 8

                  Billy Wilder inszeniert einen Kaiserwalzer. Bunt, komisch und schrill, wie er eben ist, erscheint auch plötzlich noch ein verrückter Kerl mit einem Grammophon, das er verkaufen will, und seinem kleinen Köter. Und während die Wachen des Kaisers Franz Joseph I. das Grammophon für eine Höllenmaschine halten, der Protagonist so weiter durchs edelweiße Österreich und seine Berge und Gipfel wandert, sich sein Hund Buttons in die blaublütige Pudeldame verguckt und wenig später sich selbstverständlich auch die beiden Herrchen verknallen, möchte man den Billy für seine Herzlichkeit, sein Verständnis für den Humor und die Leichtigkeit des Lebens und seinen Frohsinn einfach nur drücken.
                  »My dear, you are much to pretty for mathematics.«

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                  • 9

                    Ein Propagandafilm, der (Gott sei Dank) eigentlich überhaupt keiner ist. Trotz angesichts der Zeit und seinem Hintergrund verweigert sich Billy Wilders etwas vergessenes Meisterwerk »Five Graves to Cairo«, sich noch irgendwelchen Mustern oder Entwürfen eines Kriegsfilms zu unterwerfen. Auch wenn Billy Wilder mit dem von Erich von Strohheim herrlich gespielten Nazi-Bösewicht etwas parodistisch umgeht, verfällt er niemals in Lächerlichkeit und weiß, wann es Zeit ist, ernst zu werden. Dies ist einer der Gründe, wieso der Nazi hier auch viel eher als listige, scharfsinnige Schlange als als brüllender Affe gezeichnet wird, was ihn noch viel furchteinflößender als auch realer macht. Schließlich kennt Billy Wilder als Flüchtling von 1933 die Nazis. Und trotz des eindeutigen, aber sanften Sympathisierens der Alliierten und den kleinen Heldentaten der Briten, orientiert sich Billy Wilder an einer – für ihn völlig ungewohnten, aber sehr interessanten und völlig richtigen – Objektivität, in der er dann aber auch nicht wirklich zu versinken droht. Glücklicherweise, denn wenn man Billy Wilder sieht, dann darf man natürlich, wie auch bei anderen Meistern wie Lars von Trier, der ja ebenfalls nichts als sein persönliches Innenleben verfilmt, nie die Persönlichkeiten des Schöpfers vergessen; Billy Wilder floh damals selbst vor den Nazis nach Paris, dann Amerika. Vielleicht dürfen wir »Five Graves to Cairo« sogar als eine kleine Abrechnung mit den Deutschen verstehen, die nur so von persönlicher Bedeutung für ihn selbst strotzt. Vielleicht auch einer der Gründe, wieso er im Gegensatz zu allen anderen seiner Werke diesen Film weniger kritisch betrachtete und über ihn sagte: »Das war ein guter Film, den mochte ich«.

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                    • 8

                      »Kannst du begreifen, wie ein Mensch ein Leben lang so viel Hass ertragen kann? Da gibt es keine Gnade, keine Linderung, keine Hilfe. Überhaupt nichts. Gar nichts.« Wie Ingmar Bergman sein Charakterkino auf eine beängstigende seelische Spitze würgt, ist unbeschreiblich. Und er mit diesem überwältigend schönen Ende plötzlich wie eine Farce auf das Leben den Himmel auferstehen lässt noch viel mehr.

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                      • 9

                        Ingmar Bergman mochte diesen seiner Filme nicht besonders. Dabei ist er eine so beeindruckende Erfahrung über den Zusammenhalt einer Familie und ein Film voller Momente psychodramtischer Tiefe. Wenn wir Karin so zerbrochen, krank, verzweifelt und am Ende ihrer Kräfte sehen, dann bedeutet das nicht nur Emotionalität oder Leid, dann geht Bergman den Fragen nach dem Sinn, dem Glauben an Hoffnung, Träume oder Erlösung, Enttäuschungen und Frust auf den Grund – und letztendlich wie jeder einzelne damit umgeht. Mich traf Bergmans schmerzhafte Melodramatik; für seinen von ihm selbst kritisierten »Versuch, eine Lösung aufzuzeigen« braucht er sich nicht zu schämen.

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                        • 10
                          über Babel

                          Wie Amelia im roten Abendkleid mit den Kindern durch die Wüste läuft, die taubstumme Chieko sich deprimiert durch die Nacht, die Menschenmassen und erleuchteten Straßen Tokios schleppt, die beiden berberischen Brüder sich auf weiten Hügeln mitten im Gebirge in den Wind legen, rückblickend auf die Momente, bevor es geschah, oder Richard am Telefon vor seinem kleinen Sohn in Tränen ausbricht, immer dann trifft mich Iñárritu mitten ins Herz. Amelia fasst es zum Ende hin endlich in Worte: »Ich bin nicht böse, ich habe nur eine Dummheit gemacht«. Genau so müssen wir den gesamten Film empfinden und erleben. Etwas Böses will hier niemand, nicht die Jungs, die mit dem Gewehr spielten, nicht Chieko, die verzweifelt vom Suizid ihrer Mutter auf der Suche nach Liebe, Zuneigung, jemandem, der ihr endlich zuhört, und selbstverständlich auch nach körperlicher Nähe ist, nicht Yussef, der seine Schwester beim Ausziehen beobachtet, und nicht einmal Santiago, der von Angst, Panik und Kopflosigkeit verleitet vor der Polizeikontrolle flüchtet. Menschen sind verwirrt, sie sind nicht immer rational, treffen nicht im richtigen Moment die klugen Entscheidungen, sie sind auch nicht immer anständig und erst recht sind wir keine Helden. Wir haben Schwächen, wir machen Fehler, enttäuschen und frustrieren andere Menschen. Manchmal sind wir dumm, manchmal naiv und manchmal viel zu emotional, um uns für den richtigen Weg zu entscheiden. Dafür werden wir viel zu sehr von unseren Gefühlen geleitet. Wir sind nicht böse, wir machen nur Dummheiten.

                          Iñárritu sagte über den Film selbst, er wolle zeigen, wie die Menschen nicht mehr fähig dazu sind, sich zuzuhören und zu verständigen. Wir leben in einer Welt, in der jeder eine andere Sprache spricht, selbst, wenn dieselbe Sprache gesprochen wird, und wir scheuen uns davor, diese Barrieren zu überschreiten – sei es zwischen den Regierungen zweier Kontinente, zwischen Vater und Tochter oder zwischen der Ehefrau und dem Ehemann. Und doch ist »Babel« nicht derartig niederschmetternd wie Iñárritus schwermütiges Opus »21 Gramm«, der in seiner fast unerträglichen Feel-bad-Attitüde zu versinken droht. In »Babel« verbirgt Iñárritu sehr viel Hoffnung, Schönheit und Erleben, die das Leben wert sind. Wenn auf der mexikanischen Hochzeit langsam zu Chavela Vargas‘ »Tu Me Acostumbraste« getanzt wird zum Beispiel oder wenn Chieko am Ende des Films nackt auf dem Balkon steht, sie borgend von ihrem Vater in den Arm genommen wird und mir an dieser Stelle jedes Mal die Tränendrüse drückt, weil dieser Moment so befreiend und schön ist. Denn es braucht nur Liebe und jemand, der einem endlich zuhört.

                          Dank meines Aufräumens meiner Lieblingenliste endlich das Herz, dabei schon so viel mit diesem emotionalen Meisterwerk erlebt.

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                          • 7 .5

                            Was für ein dämlicher Film, der sowas von antiunkonventionell, unatmosphärisch und dumm das übliche Geisterbämbäm herunterbeschwört. Gespenstischer Tumult der alten Schule oder einfach Wiederbelebung des schon Hundertmalgesehen und dabei so eklig überzeugt von seinen beiden Geisterjägern und schön geschmückt von ihren wahren Ereignissen. Wer sich bei so einem Herumgepolter aus Geisterhand, herunterfallenden Bildern und zuklappenden Türen immer noch erschrecken kann, der darf sich glücklich schätzen, ich war beim zweiten Gebumse raus.

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                            • 10

                              Wenn die Arbeitslosigkeit des Mannes, Raimunda von der Arbeit, der Krebs und der Geist der Mutter zurückkehrt und ein dringend zu vollbringendes Familiengeheimnis endlich raus muss, wenn die Mutter im Auto sitzt und ihr Tränen übers Gesicht fließen, als sie hört, wie ihre Tochter singt, oder Raimunda ihren frisch erstochenen Mann in einer Gefriertruhe verpackt ins Grabe wirft, dann weiß man nicht, ob man weinen oder lachen soll. Aber das macht nichts, denn Pedro Almodóvar bastelt mit seiner Rückkehr an den Ort seiner Kindheit und zu den Frauen ein Gefühlsfeuerwerk jenseits aller leicht zu beschreibenden Emotionen, jenseits vom Leben und vom Tod und der Schranke dazwischen, jenseits vom ruhigen Traum unter den Palmen und dem sonnigen Spanien, und irgendwo zwischen todtraurig und herzerwärmend schön. Frauen, die Pedro wie immer auf Händen trägt, so wunderschön und voller tiefer Geheimnisse. Hier stehen sie, leidenschaftlich, stark, unabhängig und so fest im Leben, fast als seien sie unsterblich. Sie alle mit ihren eigenen inneren Konflikten, ihren Geheimnissen, Geschichten und Rätseln, die sie zu lösen haben. Ein überwältigender Film über, mit und für die Frauen. Und ein wundersamer Schlussakkord auf das Leben, die Lügen und allen Fehlern, die wir uns erlaubten. Ein Film, für den ich sterben würde.

                              »Ich weiß gar nicht, wie ich ohne dich all die Jahre überstanden habe, Mama.«

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                                • Allein wegen der Antwort aufs schönste Filmerlebnis. ♥

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                                  • 8

                                    Danny Boyles Rückkehr nach Great Britain versinkt in das Menschlichste: unsere Gedankenwelt – ein Film von einer künstlerischen Tiefe, so darf man Danny Boyles neuen Film ohne sich zu schämen bezeichnen. Hier schwimmen wir in allen Lügen und verschwommenen Erinnerungen, die man sich vorstellen oder auch nicht vorstellen kann und da können auch tiefe Ängste, Wünsche und Sehnsüchte wie aus dem Nichts inmitten des Schlunds auftauchen. In seiner Gedankentiefe ist Boyles Neo-Noir »Trance« nicht nur ultagenial, sondern auch ultraspannend. Nicht zuletzt ist der Film ein sehr typischer Boyle, inszenatorisch sowieso – Musik wie in Trance, durchgestylt und eine Atmosphäre, die nach Geilheit sucht. Aber auch aufgrund seiner gottesgleichen Charakterarbeit – von einem wunderschönen James McAvoy als verlorener Wahnsinn bis zu einer Rosario Dawson als heilige Femme fatale oder einem Vincent Cassel als Vincent Cassel. Und wenn Boyles typische letzte halbe Stunde schlägt und es Zeit für den nervenzerreißenden Endspurt ist, ein iPad und eine rasierte Vagina (La maja desnuda, die nackte Maja von de Goya) alles entscheiden, ist Danny Boyle zurück wie nie. Boylekunst eben, Achterbahnfahrt unangeschnallt.

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                                    • 7 .5

                                      Was Pedro Almodóvar da in »Fliegende Liebende« fabriziert hat, das schreit nicht nur Wahnsinn, sondern das ist auch nach tierisch grenzwertig bizarr und komisch. Hier ist alles möglich und das so schrill und tuntig wie nie – als treibe er sich und seine homosexuellen Filme, die ja so gut wie kaum nach irgendwelchen Mustern oder Klischees riefen, selbst auf eine ironische Spitze. Hier gibt es gleich drei ultratuntige Flugbegleiter, die in aller Überspitztheit auch noch »I’m so excited« singen, und einen solch schrägen, bunten Grundton, der nach Almodóvars ernsthaften, gefühlvollen Filmen der letzten Jahre nicht nur eine kleine Rückkehr an die Leichtigkeit, sondern eine komplette Revolution des Absurden zu sein scheint. Doch bitte glauben Sie nicht, dass hier noch irgendwas auf den abgefahren Spaß hinauslaufen möchte. Pedro ist schlau genug, um uns nicht mit billigen Klischees zum Lachen zu bringen – jedenfalls nicht nur, denn wenn die schrulligen Stewards und all die anderen eigenartigen Fluggäste ihre Komödie und alle Klischees auf den absurden Höhepunkt bringen, dann muss man sich selbstverständlich beim Grinsen erwischen. Aber neben einer Satire über die klischeehafte Komödie ist »Fliegende Liebende« ein völlig ungehemmtes Lustspiel auf die Sexualität und zeichnet ein waghalsiges Sinnbild für die derzeitige Wirtschaft und Politik Spaniens – das spanische Flugzeug muss notlanden, es stürzt ab, im Inneren des Flugzeugs befinden sich die Menschen im Chaos und in Panik. Es gilt, die Menschen mit Unterhaltung so lange wie möglich ruhig zu stellen. Wahre Hilfe kommt eigentlich nie an. Und voran geht hier auch nichts, denn über Spanien hinaus kommt der Flieger letztendlich dann auch nicht. Ein sehr seltsamer Film, der natürlich wenig mit Almodóvars Gefühlszauber und Liebespoetik zu tun hat. Sehenswert und in jeder Hinsicht etwas anderes ist er nichtsdestotrotz.

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                                      • 8

                                        In Malicks vorherigen Werken wie »Der schmale Grat« sahen wir Bilder der Einwohner, die nichts von alledem Hass und Bekriegen verstanden; in »The New World« sahen wir Bilder von den Ureinwohnern und ihrem Treiben inmitten der wunderschönen, unberührten Natur; in »The Tree of Life« sahen Bilder vom Universum, Dinosauriern und einer Familienfassade, die uns zu den Wurzeln unserer Existenz führten und uns den Mikrokosmus Mensch und den Makrokosmus Erde zeigten. Terrence Malick ist und war immer weit entfernt vom Geschichtenerzähler, er fing uns immer schon mit großen Gefühlen. Dennoch drückte er sich mit seiner Bildersprache immer auch erzählerisch und rational aus.

                                        In »To the Wonder« ist dies nicht mehr der Fall, ihn dürfen wir keinen Moment noch rational betrachten. Vielleicht weil sich der Film von einer konventionellen Storyline total verschließt. Hier verstecken sich in den Bildern nur noch irrationale Gefühle und Gedanken. Weite Felder, der friedsame Vorort, die Büffelherde, die untergehende Sonne, die überfüllte Stadt, das unberührte Wattenmeer, die kalten Flure, die dreckige Raffinerie, die Kirche, das vergnügte Karussell. Alles Bilder, die in uns Gefühle und Erinnerungen des Wohlbefindens, der Ruhe, der Romantik oder auch der Einsamkeit und der Bedrücktheit auslösen. Besonders dass das Haus im Hauptakt ständig noch nicht fertig eingerichtet ist, spiegelt vielleicht am eindeutigsten die Gefühlswelt unserer Protagonisten wieder: Man ist noch nicht angekommen, man hat sich nicht geeinigt, trotz körperlicher Nähe und Zuneigung nicht zu sich gefunden und fühlt sich hier nicht zuhause. Nichtsdestotrotz spricht Terrence Malick weiterhin mit uns, und zwar wie er es am besten kann aus dem Off und mit seinen Aufnahmen. Ben Affleck spielt eine so gebrochene und unsichere Figur, in seinen Gesichtsausdrücken sehen wir, wie nahezu ängstlich er ist – wie man es ihm kaum zugetraut hätte. Mich berührte er in seiner Sentimentalität bis aufs Äußerste. Wie Malick in »The New World« die Unvergänglichkeit der Liebe von damals fühlen lässt, so beweist er in »To the Wonder«, wie unsicher und befangen ein Mann von heute in seiner Gefühlswelt sein kann. Und wie schnell der einstige Liebesrausch dann doch zerbröseln kann.

                                        »To the Wonder« ist ein Film, dem man verfällt oder der an einem vorbeifliegt. Ich bin berauscht von Malicks Herz und seiner Art, die großen Gefühle unserer menschlichen Natur zu vermitteln. »To the Wonder« ist für viele Malicks schwächster Film. Für mich ist er einer seiner besten, weil er hier so radikal wie nie zuvor alles um sich herum vergisst und nichts als wahren Gefühlen den freien Lauf lässt. Nie sonst war ein Film überhaupt so frei. Nie hat ein Film mehr gebraucht als diese sensible Authentizität. Selten hat ein Film mich aufgrund dessen so getroffen, berührt und noch nach dem Abspann in meinem Kopf geschwirrt.

                                        »Life's a dream. In dream you can't make mistakes. In dream you can be whatever you want.«

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                                          Genau wie die Vorläufer ein wahnsinnig nervtötendes Werk aus Scheißegelaber, in dem wir uns über hundert Minuten den Konflikten, Eigenarten, Erfahrungen und Meinungen eines ganz uninteressanten Alternativpaares widmen dürfen. Hier wird über alles gestritten und alles ausdiskutiert, was das Herz begehrt, und wir sind herzlich dazu eingeladen, zuzuhören und mitzusehen. Man möchte den Menschen am liebsten den Mund zuhalten. So ein Dauergeschwätz unter Sonne und Palmen kann man furchtbar unkonventionell und bemerkenswert finden. Ich finde es unerträglich und mochte nach dem Film weder ein Wort mehr hören noch eins sagen. Extrapunkt für die Urlaubsstimmung, weil so schönes Wetter ist.

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                                          • 4

                                            Endlich kriegt Mark Wahlberg mal auf die Fresse.

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                                            • Grandiose Liste! :) 'All My Days' nehme ich gleich mit.

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                                                Was für ein Naturerleben. Er sollte eigentlich gehängt werden, doch dann verliebt er sich in ein Mädchen aus einer neuen Welt, einer neuen Kultur und einem unberührten Platz. Und wenn man diese Gedanken aus dem Off hört, die wunderschönen Bilder der Natur erblickt und sich der Geschichte voller Emotionen seinen Sinnen hergibt, dann darf man bei Terrence Malick auch schon mal zu Tränen berührt sein. Am Ende des Films ist unsere Protagonistin ein völlig anderer Mensch. Weil die Welt sich verändert. Weil wir entdecken, uns ausbreiten, uns entwickeln und in einer sich ständig aktualisierten Zeit heranwachsen. Und dennoch ist unsere Pocahontas nicht weniger glücklicher. Weil es die Liebe gibt und, wie sie es selber sagt, »die Liebe nicht lügt.« Und weil man die Natur nicht überall, aber immer irgendwo finden kann. Bei Malick gibt es diese magischen Momente der so echten Poesie und des wahren, ganz natürlichen Gefühlszaubers noch, der einen in einen solch hoffnungsvollen, lebensbejahenden Zustand und zu unseren Wurzeln zurückführt.

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                                                  Mit seinem ernsthaftesten Film und Meisterwerk »Perfect Blue«, aber auch »Paprika« und »Millennium Actress« erschuf Satoshi Kon wahnsinnige, irrationale und psychologische Filme. »Tokyo Godfathers« ist davon entfernter und geht weitaus gelassener an seine ungemein ernste Thematik heran – man könnte sogar meinen, es wäre Satoshi Kons amüsantester Film. Obgleich wir es hier mit der tragischen Geschichte um drei Obdachlose auf Tokyos Straßen haben: Wir sehen die bunten Farben und grellen Lichter einer Metropole in der Nacht – zur ironischen Zuspitzung auch noch in der heiligen. Doch in den hintersten Ecken der Stadt wollen die Lichter nicht ganz so hell scheinen. Und in ihren Seelen leider auch nicht. Mit der Zeit erleben wir mit unseren drei Protagonisten – einem verlorenen Trinker, einer jungen Ausreißerin und einer »alten Tunte« – nicht nur die ein oder anderen völlig skurrilen Vorkommnisse, sondern auch tiefe Wahrheiten über ihr gebrochenes Inneres. »Tokyo Godfathers« bleibt durch sein liebevolles Agieren mit seinen im wahrsten Sinne des Wortes armen Figuren und seiner optimistische Grundeinstellung nichtsdestotrotz eine wunderbar herzerwärmende Großstadttragödie und vielleicht eine der schönsten Dinge, die man sich an Weihnachten antun kann.

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