Hueftgold - Kommentare

Alle Kommentare von Hueftgold

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    über Tenet

    Gehörschädigender Größenwahn der wie eine Dampfwalze über die Leinwand rollt, Synapsen und Trommelfell ausleiert und mit schnellen verbalen Power Point Präsentationen durch die verschiedensten Theorien rast um bloß keine Zeit dabei zu verlieren die Realität aus den Angeln zu heben. Mit 300kmh auf der linken Spur und brutalen Hard-Cuts als Stilmittel rast Nolan seinen Film bis zur letzten Ausfahrt und liefert ein atemberaubendes Setpiece nach dem Anderen. Seine Handlung soll entschlüsselt werden, Details und Charaktermotivation ergeben sich erst nach mehrstündigen Seminaren und Prolog/Epilog sind quasi nicht existent. Da darf man geteilter Meinung drüber sein, aber als Blockbuster gab es diesen Exzess lange nicht mehr. Spätestens ab seinem Tallinn Setpiece wird Tenet ein überlebensgroßes Spektakel, dessen Bilder ins Staunen versetzen. Vorangetrieben vom irrsinnig wummernden Score von Ludwig Gøransson zieht man konsequent sein Ding durch bis die finale Schlacht den Putz von der Kinodecke holt und der Song im Abspann den Subwoofer hinter der Leinwand zerstört. Exakt das was zur Promo versprochen wurde: Ein Action Epic. Im allerbesten Sinne!

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      In Amerika dank Corona zu einem absoluten Box-Office Erfolg geworden, der sich 6 Wochen an der Spitze der Charts halten konnte und damit sogar Black Panther überholt hat. Aufgrund der Qualität kam dieser Rekord allerdings nicht zustande, obwohl sich in The Wretched durchaus einige Lichtblicke zu erkennen geben. Im Gegensatz zum billig produzierten Blumhouse Horror setzen die Pierce Brüder nämlich nicht auf Jumpscares, sondern auf praktische Ekeleffekte die zwischenzeitlich an große Genrevorbilder herankommen. Auch das Inszenieren von Spannungsmomenten liegt den Beiden denn wenn der Protagonist nach merkwürdigen Geräuschen minutenlang durch das Haus schleicht und Mondlicht das auf Bäume trifft für beunruhigende Schatten in den Räumlichkeiten sorgt, entstehen dadurch nervenaufreibende Momente. Zu schade nur, dass neben einzelnen Spitzen ein Großteil der Inszenierung sich auf eine Mischung aus 80er Teenie Komödie, eine gute Portion aus Das Fenster zum Hof und Familiendrama konzentriert und neben klischeehaften Charakteren und generischen Spannungsaufbau nahezu nichts mehr zu bieten hat. Das Finale wirkt dann völlig überhetzt und versucht mit einer Aneinanderreihung von Twist noch Pep ins Geschehen zu bringen, auch wenn er dadurch jegliche Logik entbehrt. Zum Schluss gibt eine Einstellung die uns so schon Minuten vorher dämmerte und schon reicht das wegen Corona, dass dieser enttäuschende Horrorfilm ins Kino kommt. Ein Blick genügt für die Effekte und die ersten 5 Minuten, die erstaunlich radikal sind. Ansonsten verpasst man nichts.

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        Als hätte sich ein Hobbyfilmer mit seinen Freunden dazu aufgerafft im Bergwerk seiner Eltern mit Plastikpistolen dilettantische und amateurhafte Action zu filmen. Unvorstellbar, dass dieses Machwerk vom Regisseur von Halloween und The Fog sein sollen. Nahezu alles wirkt hier wie ein liebloser, für 10€ hingerotzer Haufen stinkender Scheiße während sich lustlose Schauspieler durch die Szenerie manövrieren, gelegentlich um sich schießen und Gummiköpfe auf Holzpfähle gesteckt werden. Irgendwo im Universum wird das virtuos zelebrierte Ultrakunst sein, hier auf dem Planeten Erde bleibt nur eine lächerliche Abfolge bewegter Bilder.

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          Protagonisten reifen und werden erwachsen. Das perfekte Fundament um den Horror endlich in die Psyche zu drücken. Um mit Traumaverarbeitung und Terror endlich für nahrhafte Schocks zu sorgen. Muschietti sagte in Interviews vor dem Kinostart, dass Es: Kapitel 2 noch gruseliger wird als sein Vorgänger. Für uns stand also die Frage im Raum, ob jetzt endlich Ansätze für Albträume gegeben sind. Und Überraschung! Es: Kapitel 2 übertrumpft den Vorgänger nochmal in seiner Langeweile. Die Macher haben nicht aus den Fehlern gelernt.

          Die Laufzeit ist mit fast 3 Stunden nochmal fast 45 Minuten länger, die Schreckszenen (wenn man sie überhaupt so nennen darf) noch debiler und vorhersehbarer und das Finale eine feinste überladene Computer-Geisterbahn-Polka, dass die Heide wackelt. Statt seinen Charakteren eine Entwicklungsbasis zu geben, inseriert man ständige Flashbacks zu den Jugendzeiten ohne eine Gespür für narrative Stringenz. Viel mehr fühlt es sich wie ein monotones Abhaken von Stationen an, die wirklich immer nach dem gleichen Muster ablaufen. Zu erzählen hat Es: Kapitel 2 dabei in der ersten Stunde nahezu gar nichts.

          Es beginnt mit einem Flashback wie ein Charakter als Jugendlicher eine Begegnung mit Pennywise hat. Boom Jumpscare. Es folgt der Wechsel in die Moderne wie der gleiche Charakter die selbe Begegnung mit Pennywise hat. Boom Jumpscare. Sprung zum nächsten Charakter der an seine Jugend nachdenkt und wieder das gleiche. Was Andy Muschietti aber immer noch nicht verstanden hat ist der Fakt, dass die zehnte animierte CGI Grimasse die dem Zuschauer in die Fresse geklatscht wird nicht gruselig ist. Ein lauter Knall auf der Tonspur ist nicht gruselig. Ein CGI-Holzfäller mit spitzen Zähnen in der Schnauze ist nicht gruselig.

          Der Cast selbst wirkt dabei nicht wie ein Ensemble, sondern vielmehr gecasted nach Popularität für den größtmöglichen Erfolg. Da nutzen auch solide Einzelleistungen von James McAvoy und Bill Hader nicht mehr viel. Im Finale entfaltet Es: Kapitel 2 nochmal einen richtigen Koller. Wenn Pennywise sich als Spinne durch die Gegend manövriert sieht das nicht nur unfassbar scheiße aus, sondern nutzt sich auch relativ schnell ab. Von der Dramatik bleibt kaum noch etwas übrig, da kein Charakter ans Herz wachsen konnte. Aber solang man seinen Peiniger mit umgekehrten Mobbing in die Schranken verweist, muss das wohl auch stimmen.

          Wie es vielleicht herauszulesen war, ist Es: Kapitel 2 ein Debakel. Mit einer Laufzeit von 171 Minuten überrumpelt der Film uns mit lauten Effekten ohne dabei ein Mal gruselig zu sein. Seine eindimensionale Charakterzeichnung bügeln da auch keine Macken mehr aus. Die erste Titlecard im Abspann ist “A Film by Andy Muschietti”. Lasst uns hoffen, dass es das letzte Mal war, dass wir sowas lesen müssen.

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            Der Cutter des ersten Trailers verdient Preise dafür, wie er aus solchem Material einen treibenden dynamischen Trailer schneiden konnte, der suggeriert, bei 21 Bridges würde es sich um einen rasanten Cop-Thriller handeln. Polizisten gibt es im Endprodukt auch, allerdings geht Brian Kirk altmodischere Wege. Die Inszenierung ist dabei schwer in den 90ern verankert und klaut sich diverse Noir-Motive mit Intrigen innerhalb des Polizeisystems. Nur fällt direkt zu Beginn auf, dass das Tempo so dermaßen gedrosselt ist. 99 Minuten Laufzeit. Ungewöhnlich in der heutigen Kinolandschaft. Retten, tut das 21 Bridges allerdings nicht.

            Stilsicher inszeniert kommt hier nur in ganz wenigen Momenten richtiger Drive auf. Leider hangelt sich die Dramaturgie recht unspektakulär von Handlungspfeiler zu Handlungspfeiler und dümpelt entspannt vor sich hin. Ein Gespür für Kinetik und Dramatik fehlt an der Stelle komplett was mit der ereignislosen Montage der Actionszenen zu tun hat. Menschen fallen tot um wie Streichhölzer und dennoch lässt uns alles seltsam kalt. Nicht mal Chadwick Boseman darf aus seiner klischeetriefenden Fassade des traumatisierten Polizisten mit totem Vater-Komplex herausbrechen, was an der Eindimensionalität der Charaktere liegt.

            Keine Überraschungen, kein Raum für Entwicklung und eine Naivität, die uns Zuschauer eher ratlos auf die Leinwand blicken lässt. Jeder der in seinem Leben schonmal einen Thriller gesehen hat erahnt in welche Richtung sich 21 Bridges entwickelt. Nur der herausragende Polizist sieht es erst wenn es zu spät ist. Als Katalysator für die Handlung werden dann lieber Momente genutzt, in dem plötzlich USB-Sticks gefunden werden oder Menschen mit abtrünnigen Gedanken einfach Telefone aus der Hand geben. Im finalen Standoff wirken die plötzlichen Schüsse dann eher wie ein versehentlich gestellter Wecker. Da ist es jedoch zu spät.

            Es ist löblich, dass man sich für eine Stilistik abseits des Bombastes entscheidet und zumindest in der nächtlichen Szenerie stimmungsvolle Bilder findet. Selbst der erste Shootout bei dem Drogenraub versetzt in eine ruppige Stimmung die ihren Ausklang dann leider in Monotonie findet. Die Indizien sind hier klar: Statt einen Start im Finale des Kinosommers anzustreben wird 21 Bridges jetzt im ereignislosen Jahresstart abgelegt. Aber gut, im September hätten sich auch nicht mehr Menschen für ihn interessiert.

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            • 4

              Man besinnt sich zurück auf den schmockigen Grindhouse-Flair. Alles ist stimmig und dreckig, wenn auch visuell äußerst simpel gehalten. Denn Terrifier entspringt der Schmiede der kostengünstigen, handgemachten Splatterfilme für den DVD Markt. Und da wird direkt in den ersten Minuten klar gemacht in welche Richtung auch diese Begegnung mit Art wieder geht, wenn ein Gesicht saftig deformiert wird. Generell bietet Terrifier zu Beginn guten Terror, wenn Regisseur Damien Leone den Clown in einem Restaurant auf das erste Protagonistenpaar treffen lässt. Das tolle Make-Up zahlt sich aus. David Howard Thornton sieht als diabolischer Clown einfach beängstigend gut aus und stellt Pennywise aus dem letzten Jahr mit Leichtigkeit in den Schatten. Gerade, weil er keine digitalen Animationen braucht um furchteinflößend zu sein. Generell überzeugt Terrifier in Sachen Gewaltdarstellungen und wann immer seinen Antagonisten auf wehrlose Opfer loslässt. Mit großer Liebe werden literweise Blut, Körperteile und Innereien über den Asphalt geschleudert und meistens sadistisch inszeniert. Kein Wunder, dass die FSK damit ihre Probleme hatte. Doch leider ist alles abseits davon absolute Schundware. Denn Leone verbringt lieber viel Zeit mit Dialogen, Versteckspielen im heruntergekommenen Haus oder Gekreische. Das ist schauspielerisch unterirdisch und sorgt lediglich für ein laues Gähnen. Und da wirkt Terrifier äußerst festgefahren. Auf 90 Minuten funktioniert Art der Clown nämlich nicht. Begrenzt auf zwei Settings und wenig Menschen fehlt zum einen Abwechslung und Kreativität. Die Seherfahrung beschränkt dabei also auf zielgerichtetes Warten auf die nächste Eskalation. Wer nach hirnloser Gewalt sucht und die nötige Zeit für Verschnaufpausen mitbringt, darf einen Blick (wenn möglich ungeschnitten) riskieren. Ansonsten eignet sich All Hallows Eve für eine abwechslungsreichere Alternative.

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              • 9
                über Climax

                Komplettes Schleudertrauma. Noe lädt ein zum Tanz in die Abwärtsspirale. Mit pumpenden Electrotracks, endlosen Tanzssequenzen, Parallelmontagen und kopfstehender Kamera werden hier nicht nur die Körper innerhalb des Filmes zerstört. Man sollte díe ersten zehn Minuten daher nochmal zum akklimatisieren nutzen, um seine Sinne und sein Gehör auf die folgenden 80 Minuten einzustimmen. Climax ist zugleich radikales Erlebnis und filmischer Rauschzustand. Ohrenbetäubender Lärm, tranceverursachende rot- und grünstichige Bilder vermengen sich zur destruktiven Polka wenn profillose Menschen beginnen sich zu zerfleischen. Terror in Reinform destilliert in wilden Tanzeinlagen und ausufernden Verhaltensmustern bis die Sicht in wahrsten Sinne auf Kopf steht und Körper und Mischpult nur noch als Fragment ihrer selbst zerstört auf dem Schlachtfeld liegen. Die Seherfahrung des Jahres.

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                • 5 .5

                  Dabei versteht sich die Angelegenheit sicher nicht als verstörende, zeitlose Filmbombe, aber als leicht zu goutierendes Häppchen wird der Film seine Fanbasis definitiv finden. Als Motive werden dabei Haunted House, Bessessenheit-Grusel, Mystery und Thriller wild vermischt, was sich als deutlich zu ambitioniert herausstellt. The Inhabitant hat ein angenehme Spielfilmlänge von 93 Minuten, wobei kaum ein echter Fokus auf alle Genres übrig bleibt. Der Film sieht hochwertig aus, hat überraschend gute Darsteller und eine tolles Sound-Design, doch was dem Geschehen beinahe das Genick bricht, ist das Drehbuch. Das besteht aus bekannten Versatzstücken, doch wirkt als Ganzes enorm konstruiert. Die Wendungen und Haken die während der Laufzeit geschlagen werden, hat man zum Einen in vielen anderen Filmen gesehen und zum Anderen geben sie keinen richtigen Kick. Es scheint fast so als wolle Amoedo dem Zuschauer sekündlich ein Spiegel ins Gesicht halten, um ihm zu zeigen, dass die Handlung einen anderen Verlauf nimmt als erwartet.

                  Dabei stellt sich das zumindest für diesen geltenden Moment als recht clever heraus, doch sorgt dafür, dass The Inhabitant direkt danach wieder in bekanntes Fahrwasser abdriftet. Eine zielgerichtetere Inszenierung wäre hier deutlich von Vorteil gewesen, denn ohne ständiges Aufhalten an diversen Charakterhintergründen, sondern auf Spannung (von der gibt es nämlich insgesamt zu wenig) wäre das Gesamtergebnis deutlich spaßiger geworden.Betrachtet man The Inhabitant als Experiment und anspruchslosen Horrorfilm, macht er trotz seiner Schwächen und Ambitionen Spaß, da er Spannung ohne übliche Schockmuster bietet und durch Darsteller und Sound-Design, sowie seiner Kameraarbeit weitaus qualitativer ist als der übliche Direct to DVD Schund. Auch mit The Stranger übernahm sich Guillermo Amoedo bereits. Doch es wäre gespannt zu sehen, was er mit einer konsequenteren Regie alles machen kann!

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                  • 7
                    über Upgrade

                    Man muss sich vor Augen halten, dass Upgrade gerade einmal 5 Millionen $ gekostet hat und aussieht wie ein Film mit dem zehnfachen Budget. Klar an Originalität mangelt es hier, die Geschichte wirkt wie ein Mash-Up von Robocop, Ex Machina, Blade Runner, The Crow und und und, aber wie die übliche Rache Geschichte als gewalttätiger Science Fiction Film präsentiert wird, zergeht auf der Zunge. Ambitionierte Darsteller, ein ballernder Soundtrack, umwerfende Kameraarbeit in den KINETISCHEN Actionszenen, handgemachter Splatter und auch ein konsequentes böses Ende. Leigh Whannel weiß nicht wie man Dialoge schreibt, aber abseits davon ist er hier in allem außerordentlich gut. Bleibt die Frage wann es der Film endlich nach Deutschland oder England schafft. Nicht die große Perle, aber ordentliches Genrekino. Und mit Sicherheit der bessere Venom dieses Jahr!

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                    • 5

                      Es ist durchaus eine Wohltat, dass Red Sparrow die Grenzen des Blockbusterkinos im prüden Amerika wirklich bis Anschlag reizt. Der Umgang mit Nacktheit ist explizit und sorgte in Amerika bereits für Kontroversen, die Gewalt ist unfassbar roh und brutal und beginnt direkt mit einem schmerzhaften Knochenbruch, der jegliche Perspektive der Protagonistin zerstört und nur den Anfang ihres Leidensweges darstellt. Im Spiel der Doppelagenten, Täuschungen und des Verrates lernt Dominika ihren Körper einzusetzen, was oftmals in steriler Fleischbeschauung gipfelt. Die größte Schwäche offenbart sich direkt nach kurzer Zeit. Die Laufzeit von Red Sparrow ist wirklich gigantisch. Mit 140 Minuten nimmt sich Francis Lawrence sehr viel Zeit um seine Geschichte zu erzählen. Generell wirkt es so, als wäre Red Sparrow komplizierter erzählt, als er eigentlich sein müsste. Schnell verliert man den Überblick über die einzelnen Beziehungen, im eigentlich simplen Verwirrspiel verderben zu viele Köche den Brei. Das erfordert Sitzfleisch, denn Action gibt es hier nicht. Viel mehr versteht Red Sparrow sich als klassischer Agententhriller, der wirkt als wäre er aus der Zeit gegriffen. Moderne Autos, Flatscreens und Smartphones und doch suggerieren die Bilder stets die 50er oder 60er Jahre. Francis Lawrence weiß wie er seine Hauptdarstellerin einsetzen muss und versteht es mit langen Kameraeinstellungen und gutem Score von James Newton Howard seine Bilder zu unterstützen. Aber die Inszenierung ist derart repetitiv geraten, dass die bereits erwähnte Fleischbetrachtung zu oft nur gähnende Langeweile hervorruft. Die schlechten russischen Akzente der etlichen Figuren rauben dem Film zusätzlich seiner Atmosphäre, sodass man sich beim Abspann fragt, wieso das nicht alles kompakter in 100 Minuten hätte erzählt werden können. Ich weiß es leider auch nicht. So bleibt Red Sparrow jedoch ein äußerst zwiespältiges Erlebnis.

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                      • 7

                        Ghostland ist weder innovativ, noch sonderlich originell, aber wie großartig Pascal Laugier seine perfide Variation von Haunted House, Terrorfilm und Familiendrama miteinander verwebt ist umwerfend. Mit passendem Gespür für Spannung weiß er seine Schockeffekte einzusetzen, mit knallharter Konsequenz vermag er es den Puls auf Anschlag zu treiben und mit einem netten Twist nach Hälfte dreht er den Gesamteindruck um 180 Grad. Zugegeben, ganz richtig geschmiert ist Ghostland bei weitem nicht, aber er versteht es gruselig, spaßig und brachial zugleich zu sein, auf qualitativ höchstem Niveau. Danny Nowaks Cinematografie ist ansprechend, die Darsteller allesamt überzeugend und auch wenn das Ende fröhlicher ist, als man es vom Regisseur gewöhnt ist, blickt man mit fettem Grinsen in den Abspann. Nicht die Totaloffenbarung aber äußerst knackiges, rasantes und böses Horrorkino!

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                          über Heat

                          “Don’t let yourself get attached to anything you are not willing to walk out on in 30 seconds flat if you feel the heat around the corner."

                          170 Minuten Laufzeit bringt Heat auf um Geschichte zu erzählen. Kein stumpfes Abklappern von pseudocleveren Scheinmotiven, keine Holzhammermotivationen der Darsteller und deren oberflächliche Charakterisierung um den Zuschauer zu manipulieren, keine sinnlose Aneinanderreihung von Action um den Zuschauer bei Laune zu halten. Heat ist entfesseltes, brillant geschriebenes und inszeniertes Thrillerkino, wie es nur Mann hätte inszenieren können! Geballter Nervenkitzel in einem simplen Spiel von Gut gegen Böse. Doch anstatt sich filmisch und narrativ auf dieses Minimum herunterzubrechen, inszeniert Michael Mann seinen Film als angetriebenes Charakterdrama, bei dem Moral und Gerechtigkeit als ambivalente Auseinandersetzung mit den eigenen Selbst diskutiert wird. Das Gute, getrieben als exekutive Gewalt eines Staates mit dem Gerechtigkeitssinn der eingetrichterten Ansichten von Lehrbüchern. Das Böse, angetrieben durch menschlichen Zweifel und Frustration. Und genau dort zeigt sich Heat unparteiisch und legt fest, dass es kein Gut und Böse gibt. Es gibt gescheiterte Helden, verkorkste Leben und unverdauute Tiefschläge die die Handlungen erden. Ein Mensch ist kein schlechter Mensch nur weil er, in anderen Ansichten, schlechte Dinge tut. In einer der besten Filmszenen aller Zeiten (Diner), pumpt sich dieser Ausnahmefilm jedoch bis zum Maximum auf, um in den letzten 90 Minuten die Ketten zu sprengen.

                          Heat ist pulsierendes Kino, von der ersten Einstellung bis zum letzten Schriftzug im Abspann. Eine Abfolge unvergesslicher Momente, die die Vielfalt des Kinos in all ihrer Tragik, in der überwältigenden Menge an Gefühl und unaushaltbarer Spannung veranschaulichen. Hier findet filmische Perfektion statt. Jedes Bild stellt ein Kunstwerk dar, der Shootout auf den Straßen von Los Angeles ist eine der besten und intensivsten Actionszenen aller Zeiten und nebenbei spielen sich Pacino und De Niro die Seele aus dem Leib. Das Thrillerkino wird nie wieder ein solch monumentales Werk erleben und wir erst recht nicht.

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                            über Jigsaw

                            Die Spierigs hatten eine Chance die Weichen zurückzustellen und die Abneigung aus den Köpfen zu radieren. Und was haben sie aus dem Potenzial gemacht? Leider absolut nichts. Statt mit humoristischer Note eigene Wege zu gehen, klammert sich Jigsaw viel zu sehr an die übliche Struktur der SAW-Filme, die immer mit Eröffnungsfalle starten und während der Laufzeit unsympathische Charaktere durch ein Fallenlabyrinth jagen, bevor es im Finale zu einer Aneinanderreihungen von Twists kommt. Jigsaw traut sich jedoch nicht nur formal nichts eigenständiges. Die Inszenierung dreht sich im Kreis um Jigsaw und sein Vermächtnis, wobei man nach sieben Teilen mittlerweile keinen Überblick mehr über die einzelnen Handlanger innerhalb des Universums hat. Alles wirkt lieblos aneinandergereiht und spielt sich ohne große Emotionen ab. Weder Tüftler kommen hier auf ihre Kosten, da keine der Fallen ein optisches oder mechanisches Highlight darstellt, noch richtige Fans, da man das Gefühl hat diesen Film schon mal gesehen zu haben. Jigsaw taugt weder als kurzweilige Splatterunterhaltung, denn dazu fehlt ihm Kurzweiligkeit und der Splatter. 92 Minuten klingt doch dabei aber gar nicht übel oder?

                            Problem ist nur, dass die Spierigs sich immer wieder an den Charakteren innerhalb des Labyrinths aufhalten, die nach dem ersten “großen” Twist ohnehin keine Auswirkung auf die Geschichte haben.Und das ist das Hauptproblem! Jigsaw ist uninspirierte Franchiseanbiederung ohne eigenen Akzente, bei denen das Gespür der Regisseure zu keiner Sekunde zur Geltung kommen will. Vielleicht gibt es für hier noch Unterhaltung für Fans, doch auf filmischer Sicht schrammt er leider fast an einem Totalausfall vorbei. Der Erfolg gibt jedoch das Feedback, dass die Fangemeinde lange nicht satt ist, weswegen mit weiteren Teilen gerechnet werden muss. Aber vielleicht erwartet uns dann endlich frischer Wind…Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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                            • 8

                              Annihilation leidet zuerst an seiner stockenden Exposition, denn Garland hält sich zu sehr an Erklärungen und Dialoge auf um die Handlung in Gang zu bekommen. Das stellt sich jedoch als kontraproduktives Unterfangen heraus, denn der Schnitt von Annihilation lässt das Werk langsamer wirken als es ist. Es geht zwar vordergründig um die Etablierung von Charakteren, doch dreht sich die Handlung nur um die Hauptdarstellerin. Sobald der Motor aber endlich in Gang kommt gibt es beste Science Fiction gemischt mit Thrill, bei dem sich Spannungssequenzen mit grandiosen Bildern zu einem substanzvollen Eye Candy entpuppen. Das alles bereitet den Zuschauer jedoch nicht auf die letzten 30 Minuten vor. Beginnend mit einer im wahrsten Sinne "Bären"starken Spannungsszene lässt das Finale die Wunder auch Wunder sein und verwehrt sich der Ausformulierung. Die titelgebende Vernichtung betrifft nicht nur die Regeln der Natur oder die Lebewesen innerhalb des Oközentrums, sondern zeitgleich auch die Erinnerungen an geliebte Menschen und die Umklammerung an Gedanken. Durch diesen Dramaeinschub bekommt das Geschehen mehr Tiefgang und Identifikation und ist, trotz einiger Startschwierigkeiten, ein wirklich gelungener Film mit bombastischem Score von Ben Salisbury und Geoff Barrow.

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                              • 5

                                Gestartet im Sommer diesen Jahres bedient er nämlich alle Klischees um als unterhaltsamer Popcorn-Blockbuster durchzugehen, wobei sich die knackige Laufzeit ebenfalls als positiver Punkt herausstellt. Der dunkle Turm rast durch seine Geschichte mit einem Affentempo und hat überhaupt keine Zeit für Ballast. Natürlich bleiben Charaktere und Schicksale auf der Strecke, man wird blind in die Welten geworfen und die Komplexität der Romanvorlage wird auf Minimum reduziert. Die Weichen sind auf Gut gegen Böse gestellt, Matthew McConaughey läuft und sabbert mit gestellter Coolness oft durchs Bild, Idris Elba spielt auf Sparflamme und feuert aus allen Rohren und genau dann, wenn man denkt, dass es richtig losgeht, huscht das Finale flott über die Bühne und der Abspann setzt ein.
                                Natürlich kann man das als Beleidigung abstempeln und zurecht hassen, doch gerade in Zeiten, indem jede “epische” Geschichte eines Franchises mit heftiger Überlänge inszeniert wird (Star Wars, Marvel), tut es auf eigenartige Art und Weise auch mal gut, eine Narration so exakt auf den Punkt serviert zu bekommen. Ohne zu viele Charaktere, ohne Subplots und ohne Scheinintelligenz. Hier bekommen wir eine Fantasy-Action-Suppe serviert, die schnell zu konsumieren ist und noch dazu zwei tolle dynamische Actionszenen bietet. Und genau mit dieser Attitüde kann Der dunkle Turm großen Spaß bereiten und tut es auch.

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                                  Während der Expedition engt sich das Wohnzimmer ein, Angst und Panik übertragen sich auf uns und das erste Mal drücken wir die Daumen, dass kein Felsspalt zu eng ist, um durchkriechen zu können, jedes Knicklicht lang genug leuchtet um den Weg zu zeigen und jedes merkwürdige Geräusch nur ein Produkt des unterirdischen Schalls ist. Die Ungewissheit reizt die Emotionen aus und gerade wenn uns The Descent ein Gefühl der Sicherheit schenkt, folgt ein kompletter Stilbruch mit einem der effektivsten Jump-Scares unseres Jahrtausends. Von dort an beginnt ein monströser Kampf um Leben und Tod und Neil Marshalls Film wird zur perfekten Kombinationen von brutalen Gewalexzessen, die immer im Kontext des Überlebenskampfes eingesetzt werden, und lang anhaltenden Spannungsmomenten. Das Höhlensystem wird audiovisuell perfekt konvertiert, Momente der Stille reizen sich in Unendlichkeit aus, in den dunklen Gängen des Höhlensystems wird eine Nachtsichtkamera eingesetzt und immer dann, wenn die Eskalation vermeintlich überwunden ist, reicht ein unerwarteter Schreckmoment um die Knabbereien über die Couch zu verteilen. The Descent ist einer der besten Horrorfilme der 2000er, weil er es, sobald der richtige Terror ausbricht, schafft die Anspannung bis zum Ende der Credits zu halten und mit einem letzten Schockmoment in Form eines fiesen Endes abzuschließen. In unseren Köpfen geht die Geschichte jedoch weiter und sie wird uns nicht mehr loslassen. Und plötzlich wirkt die Einladung zu einer Führung durch die nächste Tropfsteinhöhle nicht mehr so attraktiv.

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                                  • 10

                                    Unfassbar. Denis Villeneuve inszeniert mit Blade Runner 2049 nicht nur einen Meilenstein der jüngeren Blockbustergeschichte, sondern auch eine Fortsetzung des Science Fiction Films, welche qualitativ kaum schlechter ist. Gleich einer Katatonie wandert K durch die Ruinen der alten Welt. Ohne Zwischenmenschlichkeit, ohne physische Liebe, ohne Wissen über seine eigene Identität. Radioaktiv verseuchte Metropolen die an den Glanz der alten Welt erinnern, Ruinen der Sklaverei, eine dämmernde Katharsis in den großen Städten der Zivilisation. Die ehemals regnerische Tristesse findet ihren Ausdruck nun in bunt colorierten Szenarien wieder in der die Gewalt kurzzeitig eruptiv ausbricht, ein Schöpfer um Fruchtbarkeit bittet und friedliche Nexus8-Proteinfarmer noch immer von Blade Runnern gejagt und exekutiert werden sollen. Blade Runner 2049 ist zum einen Sinnsuche und die Erforschung des eigenen Ichs eingebettet in einem Thrillerplot der in großen Emotionen kulminiert. Am Ende bleibt die Frage: Sind wir fremdbestimmt durch äußere Einflüsse und selbst nicht mehr in der Lage frei zu handeln? Oder haben wir den Glauben an echte Wunder einfach schon verloren?

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                                      Wir bekommen hier knapp 70 Minuten atmosphärischen Terror geboten, der stellenweise wirklich extrem spannend ist und in einigen Momenten für dosierte Schocks sorgt. Hatte man dieses Fundament konsequent zu Ende gebaut, hätten wir mit The Autopsy of Jane Doe eine kleine Jahrtausendperle bekommen. Doch beinahe symptomatisch braucht auch dieser Horrorfilm einen neunmalklugen Twist aus der Mottenkiste, der bereits zu erahnen ist und keinen Einfluss auf das Ende hat. Das größte Problem ist es, dass die Macher hier alles vernichten, was vorher so mühsam aufgebaut wurde. Das komplette Handwerk wird gedreht, der leise Horror durch große Effekte ausgetauscht und die ruhige Erzählung endet in aufgeblasener Dynamik. Sicher endet dieses Szanrio in geradliniger Konsequenz, doch sorgen diese Fehler für zwiegespaltene Erinnerungen und das obwohl man über eine Stunde fast seine Hose durchnässt hätte. Gewiss nicht der große Horrorwurf! Dafür jedoch ein über große Strecken fieser und harter Spannungsfilm, dessen Fassade erst nach dem Twist bröckelt. Das gibt Abzüge in der B-Note, denn dafür sind die ersten 70 Minuten so schweißtreibend, dass man verbissen versucht ins Couchleder zu kratzen.

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                                      • 8 .5
                                        über Get Out

                                        Jordan Peele inszeniert mit seinem Debüt einen Psychothriller der gelegentlich lockeren Humor mit einbaut und die Rassismusdebatte des Landes thematisiert. Ein Schwarzer der Bedenken hat, dass seine Schwiegereltern ihn nicht aufgrund seiner Hautfarbe akzeptieren, ein Schwiegervater, der seine Abneigung gegenüber von Rassismus damit äußert, Obama auch ein drittes Mal zu wählen, wenn das irgendwie möglich wäre. Der Horror ist bis zum Ende psychologisch und mutet einem Kammerspiel an, während das moderne Mainstream-Horrorkino persifliert wird. Isolation durch eine abgeschiedene Hütte auf dem Land, Beängstigung durch das merkwürdige Verhalten der schwarzen Angestellten und ein alkoholsüchtiger Bruder der gerne Kampfsport am Esstisch praktiziert sind nur einige Indikatoren, die zu einer ungemütlichen Stimmung beitragen, bevor im Finale alles zu einem blutrünstigen Amoklauf destilliert wird, der wirklich alle Register zieht. Das ist stellenweise sehr krank, mitunter brüllend komisch und wirklich sau gut inszeniert. Dabei wirkt es selbst wie ein parodistischer Akt, dass Jason Blum ausführender Produzent von dem Film ist, während Peele eigentlich damit beschäftigt ist, sich über diese Art von Horrorfilm lustig zu machen. Und dass er das Genre liebt, merkt man mehr als einmal.

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                                        • 8
                                          über mother!

                                          Wenn man jetzt versucht, dieses Monstrum von Film zu erfassen oder seine filmische Rezeption einem Leser schmackhaft zu machen, ist das ein Vorhaben, dass sich in Undefiniertheit ausdrückt. mother! ist ein in seiner Radikalität ungreifbarer Zelluloidalbtraum, der dem Publikum und den Erwartungen nicht nur eiskalt den Mittelfinger zeigt, sondern den Finger direkt mit voller Wucht in den Allerwertesten zwiebelt. Aronofsky kümmert sich ein Dreck um den generierten Erwartungen (Horrorfilme mit JLAW sind ein doppelter Magnet für viele Zuschauer) und ködert das Publikum gezielt mit einem Starhype, um den Erwartungen anfangs noch mit einem psychologischen Thriller gerecht zu werden. Und dann feuert er nach einem ruhigen ersten Akt aus allen Rohren, streut Metaphern, obszöne Bilder und Anarchismus mit einem solchen Druck heraus, dass man am Ende nur noch mit einem fetten Grinsen im Kino sitzt. Und statt dass er nach der entscheidenden Schlüsselszene eine Schwarzblende in den Abspann einsetzt, verkauft er das ohnehin schon wütende Mainstreampublikum für dumm, indem er seine Vorscheinkomplexität in Simplizismus umwandelt und von allen guten Geistern verlassen eine Geschichte irgendwo zwischen Umweltzerstörung, dem Buch Genesis und der Fragilität einer einseitigen Ehe erzählt. Darren Aronofsky war NIE besser und hat mit mother! eindeutig das geilste cineastische Erlebnis des Kinojahres erschaffen. Oder direkter: Gebt einen Fick auf Fanta, dieser Trip hier ist omnisensorisch.

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                                          • 8 .5

                                            Millieustudie und Homosexuellendrama. Klingt zuerst nach kalkuliertem Oscar-Verschnitt, doch dauert es nur wenige Minuten bis sich die Authentizität von Barry Jenkins Werk offenbart. In drei Kapiteln sehen wir Ausschnitte aus dem Leben von Chiron. Seine Mutter ist drogenabhängig, seine Sexualität am gleichen Geschlecht orientiert, er wird gehänselt und versucht sich durch das Leben zu schlagen. Moonlight ist ein geerdetes Werk voll leiser Schönheit, die sich in den lebensechten und berührenden Dialogen, den überragenden Darstellern und der umwerfenden Fotografie ausdrückt. Wir werden mit Chiron erwachsen, begleiten ihn als unsichtbaren Betrachter durch die wichtigsten Stationen seiner Zukunftsbestimmung, leiden, fühlen und lieben mit ihm. Er lernt schwimmen mit Juan, er hat seinen ersten Kuss am Strand in einer mondstarken Nacht, trifft im Erwachsenenalter auf seiner Mutter die ihm sagt, dass er sich nicht lieben muss für das, was sie ihm in seiner Kindheit oder besucht seine alte Liebe im Finalakt in einem urigen Diner. Genau in den Momenten, wenn Moonlight das Leben in seiner Schönheit und Schrecklichkeit darstellt und Sonnen- und Schattenseiten sich vereinen, versprüht dieses Drama Poesie, mal mit Euphorie und Endorphinen, mal mit einem dicken fetten Kloß im Hals. In diesem Jahr wird man keinen intimeren Film finden, als diesen. Moonlight ist Magie, ein berührendes Drama, das jeden Preis der Welt verdient hat.

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                                            • 7

                                              Natürlich kann man John Lee Hancock vorwerfen, dass sein Biopic eine gewisse Formelhaftigkeit besitzt. Diesen Narrationsaufbau kennen wir bereits aus unzähligen Filmen und auch die immer wieder aufblitzende Spontandramatik (Betreff: dysfunktonale Ehe durch die Arbeit), doch ihm gelingt es durch schnell ratternde Dialoge und Montagen von der Zubereitung der Speisen diese Stillstände bewusst auszukontern. Diese 115 Minuten fühlen sich dann zwar immer noch einen Tick zu lang vor, doch hält es den Film mit einem soliden Herzschlag am Leben. Doch auch The Founder wäre nichts besonderes ohne sein tragendes Fundament. Und das heißt in diesem Fall Michael Keaton. Der Mann geht auf die Siebzig zu und gibt sich auf der Leinwand noch immer so vital und präsent, als würde ihm das Alter nichts ausmachen.

                                              Furios spielt er sich durch das Drama, füllt die Leinwand mit einem unglaublichen Präsenz und stellt diesen menschlichen Abschaum mit einer Kälte dar, dass er besonders gegen Ende nur noch schockt wie weit Menschen für den Erfolg gehen. Am Ende ist auch er nur ein Mensch. Ein Mensch, der Milchshakes aus Pulvern machen möchte, Grundstücke pachtet um sein Einkommen aufzubessern und die Gründer dieser Marke ausschalten möchte. Man kann nach The Founder nur noch lachen, wenn man die Propaganda im Eingang der McDonalds-Buden liest. Ein Mann, Ray Croc, hatte eine Vision. Ja er hatte eine Vision, doch die Idee hatte andere. Er war lediglich derjenige der mit einem diabolischen Lachen auf Familie und Stolz geschissen hat um aus seine stagnierende erfolglose Lage herauszukommen. Und da läuft auch uns ein äußerst kalter Schauer über den Rücken. Stark!

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                                              • 5

                                                Terry George hat mit Hotel Ruanda einen äußerst wichtigen und brillianten Film über den Völkermord der Hutu an den Tutsis gemacht. Ihm gelang ein bedrückendes Drama, dass den Gräueltaten ein filmisches Mahnmal gab. Mit The Promise: Die Erinnerung bleibt macht er nun einen Film über den Genozid in Armenien während des erstes Weltkrieges. Doch offensichtlich hat er sein Handwerk verlernt. Ohne Frage, The Promise: Die Erinnerung bleibt, ist ein wichtiger Film, da er den Genozid in Armenien thematisiert und zumindest versucht die politischen Gründe darzulegen. Diese Parallelität hebt sich irgendwann jedoch auf und mündet in einem puren Melodram. George manipuliert uns lieber und dreht seinen Film in Richtung der Tränendrüsen. Damit trivialisiert er sein Werk letztendlich und hebt den Gesamteindruck völlig aus den Fugen. he Promise: Die Erinnerung bleibt ist kein miserabler Film, doch er hätte die Preise, die er offensichtlich anpeilt (Oscar, ich höre dich rufen) mit Leichtigkeit bekommen können, wenn er ein ehrlicher Film geblieben wäre. Seine stärksten Momente hat er nämlich genau dann, wenn er sich auf das Elend fokussiert und uns mehrmals ganz tief schlucken lässt. Davon bleibt bei den Texttafeln vor dem Abspann jedoch kaum noch etwas übrig, da wir in einer rosafarbenen Wolke gefangen sind und uns lieber über das junge Liebesglück freuen, statt über die menschliche Bestialität und die Sinnlosigkeit dieser Gräueltaten nachzudenken.

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                                                • 8

                                                  Kein Film für den Kopf. Atomic Blonde wird zum Ende zum Twist-o-Mania bis man selbst nur noch Gulasch im Hirn hat, aber das ist hier unwichtig. Denn optisch und atmosphärisch ist das Ding ein absolutes Brett. 80er Berlin Flair, Neue deutsche Welle Soundtrack und eine Inszenierung wie man sie am besten von einer Graphic Novel übertragen kann. Doch David Leitch wäre ja nicht er selbst, wenn es nicht noch ordentlich was auf die Mütze geben würde. Harte Action, gebrochenen Knochen, geschwollene Gesichter und ein Überlebenskampf bis zum blutigen Ende. Theron brilliert souverän, McAvoy ist gewohnt großartig und mit der Treppenhausszene wurde Action-Geschichte geschrieben und die vielleicht beste amerikanische Actionszene unseres Jahrtausends gedreht! Hirn aus, Augen auf und wegbolzen lassen.

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                                                  • 3 .5
                                                    über Lion

                                                    Am Ende von Lion fragt man sich nicht, wie manipulativ auf Oscar-Bait dieser Film ausgerichtet ist, sondern wie viele Abspanntracks von Sia die Filmwelt noch erträgt. Aber ja Never give up und so.

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