JackoXL - Kommentare
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Alle Kommentare von JackoXL
[...] Der zeitlosen, technischen Virtuosität – in vielerlei Hinsicht, insbesondere seiner ausgeklügelten Farbdramaturgie, sogar Inspirationsquelle für das Genre-Kino eines Mario Bava (Blutige Seide) oder Dario Argento (Suspiria) -steht ein dramaturgisch etwas angestaubter Plot gegenüber, wobei dies sich eher in der zaghaften Zurückhaltung der ersten Hälfte deutlich bemerkbar macht. Der Film wagt sich durchaus etwas über den Tellerrand und offenbart besonders am Ende eine drastische Auseinandersetzung mit zermürbenden, psychologisch-hinterfragenden Prozessen, was in einem ziemlich ausdrucksstarken Finale mündet, in dem speziell dem intensiven Spiel von Kathleen Byron (Der Soldat James Ryan) Platz auf der ganz großen Bühne gewährt wird. Die schwarze Narzisse ist aus narrativer Sicht sicherlich nicht (mehr) besonders bestechend, mündet dennoch in einer bemerkenswerten Konsequenz und ist formell schier überwältigend. Seiner Zeit weit voraus und allein deshalb trotz überholter, melodramatischer Mechanismen immer noch beeindruckend und faszinierend. [...]
[...] Candyman 3 – Der Tag der Toten ist schlicht und ergreifend ein verdammt unkreativer, beliebiger DTV-Kandidat von der Stange, der es weder versteht mit seinem eigenen Mythos geschickt umzugehen, noch den als Kulisse angekündigten Días de los Muertos (gar keine schlechte Idee) vernünftig für sich zu nutzen. Das fällt einem im letzten Drittel kurz mal ein, bleibt aber auch nur eine Momentaufnahme anstatt thematischer Aufhänger. Der eigentlich tragische Candyman – von Tony Todd wenigstens dank seiner stattlichen Präsenz noch halbwegs markant verkörpert – verkommt zum lustlosen Schreckgespenst, das immer dann aufploppt, wenn das dröge Skript dringend etwas Blutzoll benötigt um über die Nicht-Existenz von Nervenkitzel hinwegzutäuschen. Die Gore-Szene fallen wenigstens ganz ansehnlich und zünftig aus, was natürlich ein äußerst schwacher Trost ist. Für Allesgucker im Horrorbereich mag das für einen einmaligen Durchlauf gerade so ausreichen, dem Potential einer nach dem verheißungsvollen Start aus unerklärlichen Gründen schnell verkümmerten Reihe entspricht es bei Weitem nicht. Alle Hoffnungen ruhen auf dem Remake, das könnte wirklich was werden. Zumindest sollte der Candyman nicht so seinen Hut nehmen müssen. [...]
[...] Warum ist der Film von Howard Hawks denn so brillant? Weil er sich einer eigentlich völlig überfrachtet Geschichte annimmt und gar nicht erst versucht sie bierernst zu gestalten, sondern ihre Schwächen in eine Geheimwaffe verwandelt. Nicht umsonst dürfen moderne Meisterwerke wie The Big Lebowski (1998) und Inherent Vice – Natürliche Mängel (2014) als ehrfürchtige Hommagen an ihn betrachtet werden. Eine geniale Dekonstruktion üblicher Kriminalgeschichten, in dem eben gewisse Details als so absurd und ironisch interpretiert werden, wie sie bei genauer Betrachtung definitiv sind. Da verlaufen Sideplots eben in der Masse einer provozierten Konfusion, was mit einem sarkastischen Achselzucken so hingenommen wird – und exzellent verkauft wurde. Tote schlafen besser tut dies nicht. Er folgt stoisch der Vorlage und versteht überhaupt nicht, wo der Esprit der Erstverfilmung lag. Oder kann ihn nicht nachstellen. Etwas Witz verbirgt sich auch hier, aber mehr schlecht als recht. Das einzige Highlight ist Oliver Reed (Landhaus der toten Seelen), der in der Rolle des Eddie Mars so wunderbar Over the Top geht, dass es wenigstens etwas an den Enthusiasmus des Erstlings erinnert. Ansonsten ist selbst die namentliche Starbesetzung kaum der Rede wert. Robert Mitchum verkörpert Philip Marlowe nach Fahr zu Hölle, Liebling zum zweiten Mal, aber inzwischen schon weit über seinen Zenit hinaus. Ein stark gealterter James Stewart (Vertigo – Aus dem Reich der Toten) hat seine zwei Szenen, aber ganz gruselig ist Sarah Miles (Blow-Up) die gemeinsam mit ihrer Filmschwester Candy Clark (American Graffiti) um die Wette chargiert. Miles gewinnt nach Punkten glasklar – der Film leidet darunter noch mehr als nötig. [...]
[...] Trotz seiner Nähe zum reißerischen Selbstjustizkino ist Der Erbarmungslose weit mehr als das, obgleich er natürlich gewisse Hebel der schlichten Triebbefriedigung genüsslich betätigt. Hinter der Fassade eines kompromisslosen, beinah alttestamentarischen Auge-um-Auge-Exploitators wird eine viel tiefgründigere Gesellschaftsstudie betrieben. Die hierarchische Strukturen und den Konflikt von traditionellen Wertevorstellungen zu moderner Weltanschauung kritisch hinterfragt, gleichzeitig aber nicht mit einer einfachen Gut/Schlecht-Verallgemeinerung abstempelt. Von Pierre Granier-Deferre (Die Katze) gekonnt zwischen den Stühlen aus elegantem wie ruppigen Genrekino und analysierend-entlarvender Familientragödie vorgetragen. Mit Halbgott Jean Gabin im goldenen Spätherbst seiner Karriere perfekt besetzt. [...]
[...] Das belegt wiederum, dass wir es hier lediglich mit handwerklichen Defiziten zu tun haben, die dafür von großer Auswirkung auf das Gesamtprodukt sind. Der Geschichte per se ist nämlich alles andere als schlecht. Trotz seiner formellen Blässe – die selbst Christopher Lee und Peter Cushing durch ihre gottgegebene Präsenz nur minimal mit Farbe erfüllen können – ergibt sich ein solider Suspense-Faktor, da bis zum Schluss überhaupt nicht klar ist, worauf das Ganze hinauslaufen wird. Der Schlussakt und speziell die Pointe kann da nochmal einiges gut machen. Das ist sicherlich etwas schräg, aber im positiven Sinne. Ein verblüffender, perfider und sogar ziemlich kreativer Paukenschlag, der stark an einen Genre-Überraschungserfolg der letzten Jahre erinnert, der aus Spoiler-Gründen hier natürlich nicht namentlich genannt werden darf. Gut möglich, dass dieser Film oder die literarische Vorlage dafür insgeheim als Inspiration dienten. Wäre der Rest jetzt ein gutes Stück besser, Das Dunkel der Nacht hätte aufgrund der guten Grundidee tatsächlich das Zeug zu einem kleinen Geheimtipp, eventuell sogar sehr kleinen Kultfilm. [...]
[...] Eleganz war noch nie das Steckenpferd des grobkörnigen Handwerkers Enzo G. Castellari und da bildet auch dieser Streifen nicht die Ausnahme von der Regel. Braucht es auch nicht, denn im Ausgleich rotzt er so kompromisslos und sackhart rum, dass er sich damit mühelos an die Spitze des Sub-Genres katapultiert. Ein unfassbar räudiger, dynamischer, dennoch durchaus auch ästhetischer Film, der speziell durch seine hervorragende Kameraarbeit aufzeigt, wieviel echte Klasse hinter der extrem rohen Schale schlummert. Weder zurückhaltend, subtil oder gar tiefgründig, dafür unverschämt ungefiltert, radikal und hitzig-aufgeladen. Der Druck im Kessel ist von Anfang an im roten Bereich und sprengt im letzten Drittel endgültig den Deckel weg. Selbst aus heutiger Sicht noch mit teils schockierenden Gewaltspitzen und Slow-Mo-Shootout im besten 70er-Stil (Sam Peckinpah lässt grüßen) auf den Punkt inszeniert. Irre, was hier teilweise abgeht. [...]
[...] Das Skript von Billy Bob Thornton ist vom reinen Ablauf sicherlich nicht sonderlich originell oder rasant, begrenzt man es auf seine Funktion als Thriller, Gangsterfilm oder Roadmovie, wie immer man es nennen mag. Viel wichtiger sind ihm eindeutig die involvierten Figuren und deren persönlichen Entwicklungen, die wiederum in einer stillen, unaufdringlichen Weise überlegt und detailliert in den Fokus des Interesses rücken. Hinter der grimmigen, knochen-trockenen Genre-Schale schlummert mehr eine sensible Fallstudie. Eine über Träume, Sehnsüchte und Hoffnungen, die mit der lange ausgeblendeten, harten Realität konfrontiert werden, wenn plötzlich die schützende Nussschale mit dem Vorschlaghammer geknackt wird. Die reduzierten, dafür pointieren Dialoge, die pessimistisch-melancholische Stimmung, die kompromisslosen Spitzen und vor allem der exzellente Bill Paxton sind die tragenden Säulen dieses kleinen, bescheidenen, aber effektiven Krimidramas. Kein großes Spektakel, umso besser beobachtet und mit einer fatalistischen Dramaturgie ausgestattet, die mehr Mut erfordert, als man vorschnell annehmen mag. [...]
[...] Mit diesem spleenigen Vorgehen demaskieren Affleck & Phoenix nicht etwa, wie gerne die Regenbogen- und Gossip-Presse auf jeden hingeworfenen Knochen geiert, sondern wie sich selbst Medienprofis und echte Insider hinters Licht führen lassen, egal wie absurd das Ganze erscheinen mag. Da man dort gewohnt ist, dass nur das Publikum für dumm verkauft wird. Hier fallen die Masken nicht nach Drehschluss und Joaquin Phoenix liefert eine unfassbare Performance ab. Bestehend aus Selbstkasteiung, Schadenfreude und schierer Brillanz. Das Problem von I’m Still Here ist leider die zu ausgiebig präsentierte, künstliche Dramaturgie. Die natürlich stets in der Rolle bleibt, aber eben reines Schauspiel zwischen eigeweihten Personen ist und gerade gegen Ende zu sehr ausufert. Der „Sideplot“ mit Anton inklusive Fäkal-Showdown oder das schwermütige Finale sind unnötig. Sicher wird dadurch noch mal deutlich auf den Unsinn verwiesen, durch den auch drittklassige Reality-Soaps eine gewisse „Seriosität“ vorgaukeln, dieser Film hätte es aber so nicht nötig gehabt. Seine ganz großen Stärken sind die Sequenzen, wenn J.P. mit Promis auf Augenhöhe agiert und sie alle ihm auf dem Leim gehen. Wenn er Ben Stiller hemmungslos ans Bein pisst, der legendäre Auftritt bei David Letterman und – pures Gold – Sean „Diddy“ Combs mit seinem musikalischen Müll wie der selbstgerechten Attitüde augenscheinlich bis aufs Blut reizt, der aber versucht die Contenance zu bewahren. Und er ihn immer weiter triggert. Wunderbar. [...]
[...] The Hot Spot – Spiel mit dem Feuer ist im Prinzip ein klassischer Film Noir, verlegt in die flirrende, trockene Hitze eines Nests im tiefsten Texas; filmhistorisch eh und je die ideale Keimzelle für Intrigen und Verbrechen aller Couleur. In einem geduldigen, insgesamt etwas zu gemächlichen Tempo wird eine nicht unbedingt überraschende, in seiner Niederträchtigkeit dennoch funktionelle und interessante Geschichte erzählt, die besonders in seiner formellen Präsentation positiv aufzufallen versteht. Mit einer zwielichtigen, schwül-verschwitzten Stimmung aufgeladen, in atmosphärischen Bildern dargeboten und charismatischen wie treffend gecasteten Darstellern. Speziell Don Johnson kann sich überzeugend von seinem damals noch vorhandenen Miami Vice-Flamingo-Image lösen und überzeugt als ambivalent angelegter Gauner, der sich zwar durch Lug und Trug durchs Leben schlängelt, aber auch noch nicht alle moralischen Grenzen für sich als null und nichtig eingestuft hat. Dennis Hopper gelingt es ein passendes Ambiente zu kreieren, wobei der mit der Zeit zu repetitive Score irgendwann in Monotonie umschlägt und es sowohl der Geschichte wie der uninspirierten Narration schlicht an Raffinesse und Timing mangelt, um wirklich nachhaltigen Eindruck zu schinden. [...]
[...] Sehr sachlich und in sich schlüssig schildert Fred Schepisi diesen eigentlich unglaublichen Fall in seiner ganzen Tragweite und erschuf damit einen Film, der heute beinah noch mehr Relevanz besitzt als damals. Was seiner Zeit ein so selten erlebtes Phänomen darstellte, findet heutzutage oftmals tagtäglich im Alltäglichen, beinah „Kleinem“ statt, da es von der Masse gar nicht mehr in dem gesamten Ausmaß für den Einzelnen wahrgenommen wird. Was an Verleumdung und übler Nachreden online mit einer viel größeren Reichweite und oftmals ohne auch nur eine echte Kontrollinstanz so losgetreten werden kann, ist eigentlich kein schlimmeres Horrorszenario als das, was man hier geboten bekommt. Nur damals fiel es wenigstens (irgendwann) auf. [...]
[...] Seine Bühnenherkunft nicht verleugnend tauchen immer wieder neue Nebenfiguren im klassischen Auf- und Abgang-Stil in die Szenerie ein, um dann meistens auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, nur um am Ende irgendeine schnell eigeschobene Relevanz angedichtet zu bekommen, die eigentlich null und nichtig ist. Da haben dann auch bekannte Gesichter wie Sharon Stone (Basic Instinct) oder James Belushi (Red Heat) ihre 5 bis 10 Minuten, auf die sich auch gut und gerne verzichten ließe. Der Plot versteht überhaupt nichts mit seinen Figuren anzufangen und selbst die Kerngeschichte um Whitaker & Fenn ist lumpig beschrieben und stellenweise lächerlich inszeniert. Keine Handlung ist schlüssig, keine Charakterentwicklung plausibel, dazu völlig befreit von Spannung und Überraschung. Besonders kurios ist ausgerechnet das wohl als packend-beengende und psychologisch fesselnd angelegte Szenario in der Wohnung, bei dem Sherilyn Fenn einen darstellerischen Offenbarungseid leistet und ein desorientierter Forest sich einfach nur noch von dem blanken Unfug treiben lässt. Wenigstens ist Kuchen im Haus, immerhin. [...]
[...] Ganz klares Plus ist die hochkarätige Besetzung. Speziell Morgan, Rühmann und Fröbe brechen nicht unter der Last des großen Erbes zusammen. Interpretieren ihre Rollen tatsächlich zeitgemäß bzw. können sie glaubhaft in Figuren des (damaligen) Hier und Jetzt transportieren und werden trotzdem noch ihrem ursprünglichen Geist gerecht. Das Spiel von O.W. Fischer hingegen ist zwar präsent, wirkt aber oftmals affektiert, was seine schwierige, da extrem ambivalente Rolle kaum glaubhaft gestaltet. Und Sonja Ziemann hat schlicht das Problem, das ihre Figur fatal umgeschrieben wird.
War sie ursprünglich eine Frau, die bereit war sich mit ihrem attraktiven Äußeren gezielt nach Oben zu schlafen, wird sie nun als zunächst emanzipiert und stark dargestellt, um am Ende doch beinah für ein paar Piepen all ihre Moralvorstellungen zu verhökern. Das ist nicht nur seltsam, es hat zudem einen sehr unangenehmen Beigeschmack. Wird so doch prinzipiell vermittelt, dass jede noch so unabhängige und willensstarke Frau am Ende des Tages nur einen höheren Preis hat. Prima. Die Verwässerung ist allgemein das Hauptproblem des Films. Die bedeutenden Eckpunkte und Bestandteile des Plots werden übernommen, elementare Details jedoch nicht, die Figuren und Geschichte erst zur echten Tiefe verhalfen. Dieser Menschen im Hotel präsentiert sich in der Folge weitestgehend oberflächlich und viel zu zaghaft, obgleich formell durchaus hochwertig arrangiert. Eine verschenkte Chance. [...]
[...] Der emotional aufgeladene Schlussakt trägt viel zu dick auf und verkommt in Richtung Edel-Soap. Da werden einerseits sicherlich viele Zuschauer sentimental abgegriffen und KO-geschlagen, effektiv mag das durchaus sein. Dazu weiterhin sehr gut gespielt, keine Frage. Ob das dem relativ lang vernünftig aufgebauten, emotionalen Zwiespalt gerecht wird, steht leider gar nicht mehr ernsthaft zur Debatte. Es mündet in einer Ansammlung dramatisch überfrachteter Entwicklungen, aufwühlender Bildmontagen mit pathetischer Musikuntermalung, sentimentalen Treueschwüren und zwei Liebenden im Regen, die hoffentlich bald wieder vereint sind. Hach ja. Worum ging es noch gleich…?
Würde man „Für das Leben eines Freundes“ nach etwa einer Stunde beurteilen müssen, er wäre absolut sehenswert. Eine spannende, nachvollziehbare Gewissensfrage wird nicht eindeutig beantwortet, sondern glaubhaft diskutiert, besonders aus der Sicht der so charakterisierten Figuren. Ab da baut es kontinuierlich ab. [...]
[...] Es ist enorm und unbehaglich viel los in dieser Kleinstadt, nur ein kleiner Funke genügt für eine unkontrollierte Explosion. Ein noch junger Robert Redford wird beinah zum Macguffin, aber auch so ist er nur der Zünder zum perfekten Zeitpunkt, um all den Hass, die Doppelmoral, den Rassismus und den eskalierenden Hedonismus einer weißen, volltrunkenen, feigen und alle scheinheiligen Masken fallenlassenden, blütenweißen Oberschicht gnadenlos an die Oberfläche zu kehren. Im Stil klassischer, dichter Südstaaten-Melodramatik wird ein oftmals packender Moraldiskurs in ein stark inszeniertes und erstklassig besetztes Ensemblestück verlegt, das in der ersten Hälfte lediglich durch das bekannte, selbstgefällige Spiel von Marlon Brando etwas schwächelt, was er wiederum später durch seine enorme Präsenz und Physis wieder rechtfertigt. Wenn der Mann abliefern muss, dann mit einer Wucht, die ihres Gleichen sucht. In manchen Szenen scheint es ihm beinah langweilig, weshalb er sich unnötig aufplustert. Ein wilder Gaul, den es gegebenenfalls zu zügeln die wohl größte Kunst ist. In der zweiten Hälfte fallen wiederum die drastischen Straffungen auf, die Erfolgsproduzent Sam Spiegel (Die Faust im Nacken, Die Brücke am Kwai, Lawrence von Arabien) im Alleingang und unter massiven Zeitdruck vornahm. Der Film funktionier trotzdem tadellos und ist straff erzählt, jedoch verschwinden nicht unwichtige Nebenfiguren ab einem gewissen Punkt nahezu komplett und viele spannenden Nebenplots, angerissenen Hintergründe und Einzelschicksale werden zu einer Masse vermengt. Das ist unter einer effizienten Sichtweise sogar ganz vernünftig umgesetzt, trotzdem würde man Ein Mann wird gejagt gerne in seiner ursprünglichen Fassung sehen. [...]
[...] Wie geschickt und geduldig Almodóvar seine Erzählung aufbaut ist inzwischen erstaunlich hochklassige Routine geworden. Wer diesem Weg chronologisch folgte ist von diesem Fakt nicht mehr überrascht, dafür immer noch beeindruckt. Die persönliche Entwicklung des Regisseurs ist schier famos. Dabei ist Volver – Zurückkehren längst nicht sein bester Film. Sogar „der Schwächste“ seit 1999 (Alles über meine Mutter, Sprich mit ihr – Hable con ella, La mala educación – Schlechte Erziehung), was auf dem Niveau aber kaum erwähnenswert sein muss. Bei Hitchcock folgte auch nicht Meisterwerk auf Meisterwerk, die meisten Arbeiten waren schlicht sehr gute Filme. Mit deutlich mehr Ausschlägen nach ganz oben und kaum Ausreißern unter eine immer noch überdurchschnittliche Basis, für die andere töten würden. Diese schöne, emphatisch erzählte Geschichte über ein eigentlich ziemlich tragisches Thema geht dem „neuen“ Meister selbstverständlich in einer kaum zu kopierenden Art und Weise von der Hand: Allein diese souveräne Leichtigkeit ist außergewöhnlich. Dazu mit einem Gipfeltreffen seiner Musen: Die vorher unverzichtbare Carmen Maura feiert 18 Jahre (!) nach Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs ein brillantes Almodóvar-Comeback und übergibt offiziell den Staffelstab an Penélope Cruz (Zerrissene Umarmung). Generation prallen nicht aufeinander, sondern umarmen sich. [...]
[...] Mary ist an und für sich wirklich kein uninteressanter Versuch, da natürlich das Spiel mit mitunter kaum voneinander zu trennenden Erzählebenen eines Film im Film sowie dem Wechsel aus Realität und (möglicher) Vision latent vorhanden ist und das Ganze narrativ mit spannenden Möglichkeiten versorgt. Zudem ist die formelle Inszenierung von Abel Ferrara aufregend, da trotz eines gemäßigten Tempos ziemlich nervös und verstörend, dank exzellenter Bilder und einer in seiner Bedrohung kaum auszumachenden, aber eindeutig als solche wahrzunehmenden Soundkulisse. Konsequent begleitet von der generellen Unruhe eines omnipräsenten Glaubenskonflikts im nahen Osten, der nur manchmal direkt miteinbezogen wird, aber mehr oder weniger als Metapher immer irgendwie im Raum schwebt. Zudem mit einem beachtlichen Cast, aus dem Forest Whitaker mit einer überzeugenden Performance heraussticht. Das große Problem ist der Mangel an inhaltlicher Komplexität, was schlussendlich auf einen künstlich aufgeblasenen Schuld-und-Sühne-Abzählreim aus dem Kommunionunterricht auf dem zweiten Bildungsweg hinausläuft. Das Resultat ist ernüchternd unstrukturiert und für seinen Regisseur untypisch anbiedernd. Nicht an den Mainstream, damit hat Mary rein gar nichts zu tun. Aber auch nichts mit der gezielten Provokation, der Kompromisslosigkeit und dem nachdenklichen Pessimismus, der einen guten Ferrara in der Regel ausmacht. [...]
[...] Die Raffinesse, Eleganz und Abgebrühtheit dieses Films ist selbst für fachkundige Beobachter des bisherigen Werdegangs von Pedro Almodóvar verblüffend, gerade weil er ja eigentlich alle an ihn im Vorfeld gesteckte Erwartungen erfüllt und mehr oder weniger das bietet, was sich vermuten ließe. Aber wieder um einen bedeutenden Schritt weiter. Trotz seiner festen Ankerpunkte kopiert sich Almodóvar nie wirklich und ganz speziell hier nicht, sondern entwickelt sich auch nach über 25 Jahren im Geschäft stetig weiter. La mala educación – Schlechte Erziehung ist aufregend, überraschend, emotional, wahnsinnig clever arrangiert, immer noch unangepasst und individuell-unbequem, aber nicht mehr wie das hochbegabte ADHS-Kind auf Koks. Das ist ein von vorne bis hinten perfekt durchdachter Film, der dennoch das Rebellische, das Aufmüpfige nicht nur im Herzen trägt, sondern vor die zurecht prall geschwellte Brust geschnallt hat. Diesmal halt nur auf allerhöchstem Niveau. Auf so eine Art und Weise wäre selbst Hitchcock bestimmt neidisch gewesen, denn näher waren sich die beiden bisher nie. [...]
[...] Früher war alles besser, heute versteht man die Welt nicht mehr. Sodom und Gomorra. Das ein Film mit dieser Message 2007 im Jahr 1980 angesiedelt ist, passt perfekt zum unglaublich grimmigen Grundton der Coens. Es wird nur noch schlimmer, ob man es glauben kann oder nicht. Dieses spezielle Zeitdokument mit eigentlich zeitlosem Kontext ist besonders geprägt durch inszenatorische Perfektion. Als hätten sie immer auf genau diesen High Noon hingearbeitet. Wortkarger war (und da schließt sich abermals der Kreis) höchstens Blood Simple, dafür gewinnt jeder Dialog umso mehr an Bedeutung. Und die Herren verstehen es dann eben, diese besonderen Momente nicht beliebig zu vergeuden. Die große Kunst von No Country for Old Men ist das Schweigen. Das Präsentieren. Das Erschließen von Zusammenhängen, Konsequenzen und den daraus folgenden, logischen Resultaten. Das Erzählen einer Geschichte, basierend auf den Methoden des Mediums. Das klingt so selbstverständlich, aber wenn man sich das Reultat ansieht versteht man wohl (hoffentlich), warum genau das nur ein Film so bieten kann und wie beinah fahrlässig es oftmals ist, dies nicht zu nutzen bzw. darauf zu vertrauen. [...]
[...] Blood Simple war/ist schon genial, aber mit Fargo präsentieren die Coens eindrucksvoll ihren persönlichen Reifeprozess. Die Filme weisen so viele Parallelen auf, inhaltlich wie formell. Wieder wird der Highway der Finsternis zum schicksalsträchtigen Ort, statt im brütend heißen Texas diesmal jedoch im eiskalten Minnesota. Wieder spielt Frances McDormand die Hauptrolle, diesmal jedoch nicht als naives Objekt der Begierde, sondern als hochschwangere, tiefenentspannte Heldin in einer Welt voller wahnsinnig gewordener Mannsbilder, die sich an Unfähigkeit, Egoismus und Gier selbst übertreffen und dafür zurecht alle schlussendlich heftig leiden müssen. Die Story ist ähnlich böse und zynisch, diesmal aber verknüpft mit einem ganz wunderbaren, durchgehenden Humor, der den Tonfall eindeutig dominiert. Egal wie giftig und makaber Fargo im Grunde ist, nicht nur im Herzen ist es mehr eine herrlich schrullige Liebeserklärung an einen ganz besonderen Menschenschlag, ihre pointierten Eigenarten und eine ganze Region. Mit einem einzigartigen Gespür für Storytelling, Charakterdesign und dem Spiel mit Klischees gelingt es den Coens einen nahezu völlig autarken Wandteppich zu knüpfen. Grausame Gewalt und tiefschwarzer Humor zwischen Schwangerschaftsbeschwerden, Treffen mit alten Schulfreunden, All You Can Eat Buffets und Talkshows im Bett. Welten prallen aufeinander und verschmelzen dabei im Mikrokosmus der Coen’schen Chaostheorie zu einem leisen – im besten Sinne beinah beiläufigen - Urknall von Film. [...]
[...] Da gibt es verhältnismäßig viel Blut, einen kontinuierlichen Body Count und sogar den Anflug von nackten, sekundären Geschlechtsmerkmalen zu bestaunen. Aus heutiger Sicht natürlich kaum mehr als Kindergarten, einige Jahre zuvor wäre das aber schon ziemlich skandalös gewesen. Damit erinnert Im Todesgriff der roten Maske mehr an die späten Verzweiflungstaten der HAMMER-Studios, bei denen ebenfalls mit mehr Sex und Gore das abgedriftete Publikum zurückgeholt werden sollte, als an die Corman-Verfilmungen. Dabei wäre gerade deren Stil doch viel schöner und passender für die im Grunde gar nicht schlechte Prämisse, der durchaus einiges an Tragik, Drama und klassischem Schauer innewohnt. Weit weg von dem Verspielten, dem Liebevollen und hinter seinem bunten Kulissen-Sammelsurium sogar künstlerisch Wertvollem, findet man hier eine nur geringfügig bis kaum spannende Mixtur aus Gruseltragödie und prähistorischem Slasher. Die nur einen sehr bedingten Charme versprüht und über eher nicht sonderlich gut ausgearbeitete Ansätze innerhalb der Geschichte sowie der Präsenz seiner beiden Stars teilweise überzeugen kann. [...]
[...] Von Peter Hyams höchst selbst in erlesenen Bildern spektakulär fotografiert. Allein der schweißtreibende Showdown ist ästhetisch betrachtet der Hammer. Aber auch zuvor findet er immer die Balance zwischen wunderschönen Landschafts-Impressionen wie klaustrophobischen Innenaufnahmen, was das Besondere des Settings famos unterstreicht. Der Plot verfügt über eine ansteckende Dynamik, ist im Gegenzug natürlich in Detailfragen nicht immer ganz wasserdicht. Logikfetischisten müssen zurecht mal ein Auge zudrücken, so funktionieren solche Filme eben in der Regel, außer sie sind wahrhaft brillant. Meistens eben deshalb. Narrow Margin – 12 Stunden Angst ist das insgesamt nicht ganz. Erstens, weil es nun mal ein Remake ist und viele der großen Vorzüge schlicht wiederverwertet. Zweitens, ist seine Pointe längst nicht so geschickt wie im Original und viel deutlicher vorhersehbar. Aber sie ist wenigstens anders und im Prinzip auch nur eine variierte Hommage. Wem das eh wumpe ist, der kann – der muss – sich den eigentlich kompromisslos ansehen. Qualitativ hochwertige Kurzweile, somit in der A-Liga des reinen Genre-Films. Fast wie eine Kreuzung aus Hitchcock und Friedkin. Fast. [...]
[...] Auch wenn Cigarette Burns nicht der einstigen, inszenatorischen Genialität eines John Carpenter entspricht und rein formell nicht unbedingt an sein Schaffen erinnert, es ist schon ein brauchbares Mini-Comeback. Die großen Parallelen finden eher in den Rahmenbedingungen statt. Sein Sohn Cody Carpenter komponiert den deutlich an Papa orientierten Score und die Geschichte erinnert stark an die seines letzten Glanzstücks Die Mächte des Wahnsinns, in der ein Versicherungsagent einen verschollenen Horror-Autor suchen sollte, der seine Leser in einen Blutrausch versetzte. Die Idee ist quasi identisch, hier nur etwas mehr auf das Medium Film angepasst. Mit ein paar netten Querverweisen angereichert, flott und unterhaltsam erzählt, garniert mit einigen garstigen Gore-Spitzen. Das ist nicht groß, nicht wichtig, aber in seinem Mikrokosmus schon ganz stimmungsvoll und geht als morbides Amuse-Gueule mit Genre-Liebe gut durch den Magen.
„Some films are ment to be seen.“ [...]
[...] Wie zu Beginn ist das schnelle Klimpern der Löffel das einzige Geräusch bei einem Dinner, welches ein unangenehmes Schweigen überspielen muss. Diesmal ist es jedoch eine völlig andere Situation. Vater ist wieder Daheim und anstatt des großen Aufbegehrens fügen sich wieder alle in ihren Rollen. Sohnemann möchte ihm die Meinung geigen und vor allem seine „Besitzansprüche“ gelten machen, letztlich bleibt es bei einem kurzen, innerlichen Aufzucken, was vom selbstbewussten Lebemann nicht mal wahrgenommen wird. Dieser ist sofort wieder der (un)charmante Mäuschen-Popoklaps-Millionär, reißt alles ohne wenn und aber an sich und hinterfragt nicht mal ernsthaft, warum sein Püppchen zufällig auch wieder da ist. Natürlich wollte sie ihn überraschen. Was tut sie? Drei Mal darf man raten. Der Weg führt zurück auf den Beifahrersitz von Schorsch. Zurück zu den Kittelschürzen. Das Leben geht weiter, als wäre nie etwas gewesen. In einem optisch wie akustisch erstaunlich vorzüglichen Rahmen gelingt Roger Fritz mit Mädchen, Mädchen ein ungemein dynamisches, lebendiges und aneckendes Coming-of-Age-Zeitgemälde, das den Generationenkonflikt hervorragend wiederspiegelt und mit einer beinah pessimistischen Aussage versieht. [...]
[...] Zu einem ultra-sleazigen Score zieht Regisseur Francesco Prosperi alle Register und zelebriert vor befremdlich schöner Kulisse einen unglaublich ranzigen Reißer, der dank schicker Optik niemals richtig schäbig und sogar bemerkenswert begabt daherkommt, dafür gleichzeitig überhaupt keine faulen Kompromisse eingeht. Da werden Frauen völlig grundlos mit einem Bügeleisen erschlagen oder zu Tode vergewaltigt; männliche Dominanz-Fantasien in ekelhaften Extremen ausgelebt. Das hat natürlich den Zweck, um am Ende den Rachefeldzug der bis dato extrem unschuldigen Klosterschülerinnen zu legitimieren und zu bejubeln, trotzdem ist das ohne Frage ziemlich grenzwertig.
Aber ganz ehrlich: Wer hier irgendwas anderes erwartet hat, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Und wenn man auf einen Streifen wie La settima donna vorbereitet ist, dann erwartet einen in der Tat eine ziemlich gelungene Variation verschiedener Genre-Auswüchse. Das ist grob, das ist knüppelhart, dennoch hat man nie ernsthaft das Gefühl, dass die Gewalt (der Männer) als „geil“ gefeiert werden soll. Sie soll abstoßend und schockierend sein, um sich am Ende nur umso mehr an ihrer Bestrafung zu ergötzen. Das ist mit Recht nicht unumstritten, aber gerade verglichen mit so manchen, modernen Rape & Revenge-Heulern in unreflektierter Hochglanzoptik UND eben einem sehr erotisch-sexualisierten Look (was ernsthaft bedenklich ist) ist das hier wiederum sehr vertretbar. Hart, aber vertretbar. [...]
[...] Die Figuren sind rastlos, wissen aber nicht, wohin sie ihre Reise führen soll. Gegensätze ziehen sich dabei wie so oft an, sind sich aber näher und einiger, als es zunächst erscheinen mag. Während „The Driver“ und „The Mechanic“ sich so wortkarg wie möglich geben, mehr murmeln als sprechen und auch „The Girl“ (Laurie Bird, Der Stadtneurotiker, nahm sich mit nur 25 Jahren das Leben) nur handelt und eine entsprechende Reaktion provoziert, ist der Anhalter-sammelnde „G.T.O.“ (Warren Oates, Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia) eine Quasselstrippe vor dem Herren, der seine Einsamkeit versucht mit erfundenen/geklauten Geschichten zu kompensieren. Sich künstlich aufplustert, um von der eigenen Verzweiflung abzulenken. Sie geraten schnell in eine Konfliktsituation, blasen zum großen Schwanzvergleich, sind sich aber relativ flott einig, dass der „Sieg“ eigentlich keine Rolle spielt. Wer hier eine Rolle spielt, ist sie. Worauf sie jedoch keinen Wert legt. Fast schon tragisch endet Asphaltrennen in einem heimlichen Unentschieden oder eher einer beiderseitigen Niederlage. Es gab mal etwas mit einer losen Perspektive, die sattelt aber um und nun geht es weiter wie zuvor. Zurück zur Tagesordnung. Voller Sehnsucht und einer romantischen Traurigkeit, die sich aber keiner eingestehen will. [...]