Julio Sacchi - Kommentare
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Alle Kommentare von Julio Sacchi
Robert Wagner, mutig gegen seinen damaligen Typ besetzt (vielleicht in weiser Vorausschau, aber ich will nicht unken), als eiskalter Manipulator mit Tunnelblick auf den ersehnten Wohlstand. Dabei geht Mutters kriegsdekorierter Sohn sogar über Leichen, stellt sich dabei allerdings nicht allzu clever an. Kein ausgesprochen ambitioniert inszenierter Film, aber einer, der seine Arizona-Locations und das Breitwandformat eindrucksvoll einzusetzen weiß.
Der Film ist James Deardens Neuverfilmung der Ira-Levin-Vorlage aus den 90ern in jeder Hinsicht haushoch überlegen.
Den hab ich vorher wirklich nur einmal Ende der 80er gesehen und nicht besonders gemocht. Überhaupt dürfte der Film, obwohl eine große Studioproduktion mit namhafter Besetzung, der am wenigsten diskutierte Carpenter sein; fast sowas wie ein unterschlagenes Werk in seiner Filmografie. Dabei war Jeff Bridges sogar für den Oscar nominiert; näher war John wohl nie am Academy Award!
STARMAN ist kurios. Die von den Produzenten (u.a. Michael Douglas) befürchtete Nähe zu E.T. ist nicht von der Hand zu weisen. Außerdem hat Carpenter - eigentlich untypisch - die politischen Implikationen getilgt und ganz auf ein Offbeat-Roadmovie ohne viel Effektbrimborium gesetzt. Genauso ungewohnt ist der Humanismus und der fast romantische Optimismus, sowas kennt man vom Zyniker Carpenter so gut wie gar nicht. Der Film geht richtiggehend zu Herzen, ich finde viele Szenen und insbesondere das Ende rührend. Das karussellartige Titelthema von Jack Nitzsche tut dabei sein Übriges.
Trotzdem fehlt STARMAN etwas ganz Entscheidendes, nämlich Spannung. Es passiert letztlich zu wenig und Carpenter baut trotz des storyimmanenten Zeitlimits keine Dringlichkeit auf. Vielleicht liegt es auch daran, daß er sich nicht so recht entscheiden kann, durch wessen Augen er die Geschichte erzählt, die des Aliens oder die der Erdenfrau.
Bridges ist allerdings ne Schau. Er spricht und bewegt sich wirklich wie jemand, der sich zum ersten Mal mit einem menschlichen Körper auseinandersetzen muß. Wie ein neugieriger Vogel tappst er ruckartig durchs Geschehen, nie Böses im Sinn, grimassiert unbeholfen und findet die Balance zwischen naiv und nervig. Fraglos eine der besten Alien-Performances der Filmgeschichte.
Mit Sicherheit einer der beknacktesten Filme, die ich je gesehen habe.
Der blöde Lambert Wilson latscht in eine kuriose Raststätte und hat sofort Streß mit dem fast genauso blöden Tchéky Karyo. Wilson zündet auf dem Scheißhaus Klopapier an und klaut dann die Scheine aus der Kasse. Als er ausbüxen will, springt Karyo mit dem Kleingeld in die Karre und schon geht die wilde Fahrt los. Die Polizei jagt die beiden Freaks über die Landstraße, Karyo tritt und haut auf das Bullenauto ein, die Cops knallen gegen die Leitplanke. Plötzlich sagt Karyo: Ich bin selber Bulle! Und drückt Wilson die Knarre ins Gesicht. Der Wagen überschlägt sich, beide kriechen aus dem Wrack, die Polizei kommt dazu und Karyo verhaftet Wilson. Verhaften bedeutet bei Karyo, daß er den Gauner mit nach Hause nimmt und an die Heizung kettet.
Zuhause ist auch Karyos Frau, die sagenhaft schöne sexy Myriem Roussel. Die lebt unter der Knute des Chaos-Cops und will mit Hilfe ihrer männergeilen Schwester endlich da raus. Während Karyo seine Frau mehr oder minder rapet ("Was haben wir nicht für tolle Sachen gemacht, besonders wenn Du wolltest"), zeigt die Schwester dem angeketteten Karyo ihre Muschi ("das nächste mal mach ich mich oben frei"). Dann haut sie Karyo eins auf die Omme und haut mit Roussel und Wilson ab. Karyo nimmt natürlich deren Spur auf. Wilson und Roussel steigen bei Freunden von ihm ab, da gibt's auch nen kleinen Jungen und ein Lamborghini wird geklaut. Inzwischen macht sich die Schwester an den irren Karyo ran, da ist dann aber wirklich endgültig die Wurst vom Teller und bis zum total beknackten Showdown (Wilson wirft mit Dynamitstangen nach Karyo, und als der endlich ins Gras beißt, sind alle irre traurig) ist wirklich nur noch Spulfest. Auch die Musik, besonders Wilsons Cassette im Auto, stinkt nach Scheiße.
Auf Yves Boisset kann man echt nicht bauen!
Frédéric Schoendoerffer wollte angeblich sowas wie den MIKROKOSMOS der Pariser Unterwelt machen. Herausgekommen sind 102 Minuten kontinuierliche Gewalt, Frauenfeindlichkeit, Sexismus und Rassismus. Phillippe Caubère zieht als Gangsterboß Corti die Mundwinkel noch tiefer als Merkel und drangsaliert, wenn er nicht gerade Nutten fickt und dabei schlägt, seine Lebensgefährtin Beatrice Dalle. Wenn sie schwanger wird, soll sie ihm einen Jungen schenken und bloß keinen "Schlitz"! Wenn er richtig sauer wird, bollert sich der Film ins Delirium, da werden dann schon mal Beine aufgebohrt, Augen rausgeprokelt oder, hurra, einem Typ der Baseballschläger bis zum Darm raufgeschoben. Möglicherweise soll Benoît Magimel so eine Art Gegenmodell darstellen, der ist aber hauptsächlich damit beschäftigt, krampfhaft einen auf Delon zu machen. Neben der viehischen Gewalt sind es aber vor allem sämtliche Frauenrollen, die den Schalter raushauen: Die Typen lassen sich bei absolut jeder Gelegenheit von ukrainischen Nutten einen blasen (ein Typ riecht mal an einer Auster und blökt "Riecht wie ukrainische Pussy" hahahaha wie lustig), wenn aber die eigene Frau einmal fremdgeht, gilt sie als "dumb bitch" und wird zur Strafe halbtot geschlagen und dann vergewaltigt. So lustig ist das Gaunerleben! In dieser Welt gibt es zwei Möglichkeiten für eine Frau, man wird entweder Prostituierte und lässt sich mißhandeln oder man wird Prostituierte und darf schwanger werden. In einer besonders irritierenden Szene werden minderjährige Mädchen in Montenegro verschifft, eine spurt nicht und wird erschossen, Kommentar des Kunden: "Für die zahl ich nicht."
Falls Schoendoerffer hier einfach nur mal in eine komplett entmenschlichte Welt schauen wollte, ohne jedes Gegengewicht oder moralisches Regulativ, ist ihm das nur bedingt gelungen: Eine irgendwie geartete Art Haltung braucht ein Film schon, und er scheint vor allem Spaß am Abbilden zu haben. Schlichte (oder verstrahlte) Gemüter mögen diese Welt vielleicht sogar ansprechend finden. Ach ja, die Franzosen. Ein weites Feld.
Wüste Kolportage um drei Knackis, die in der Unterwelt Hongkongs als Undercover Cops eingesetzt werden und sich dabei noch dämlicher anstellen als ihr Mentor von der Polizei. Natürlich sind wieder die Weiber schuld, daß am Ende alles in die Binsen geht. So kennt man die HK-Heuler von damals. Die Dialogszenen ziehen einen nicht gerade in ihren Bann, was aber auch an den nachgerade grotesk übersetzten englischen Untertiteln liegen mag (es geht schon viel Zeit dabei drauf, sich zusammenzureimen, was da gerade gemeint ist). Die Kulissen sind allerdings ungeschönt und rough, und so ist auch die Action, die sich mitunter zum veritablen Brett aufschwingt: Da waren mal wieder Könner am Werk. Besonders in Erinnerung bleiben eine böse Sequenz im Regen, eine krasse Folterszene, die Kalamitäten am Airport und natürlich das bleihaltige Finish mit seinen üblen Stunts.
Ein Film, den ich 22 Jahre lang gemieden hab wie der Teufel das Weihwasser. Aus mir selbst unerfindlichen Gründen hatte ich urplötzlich Lust darauf. Und was soll ich sagen, zu meinem eigenen größten Erstaunen fand ich das Seherlebnis unterhaltsam bis faszinierend. Ich begreife den Film weniger als kommerzorientiertes Sakrileg denn eher als Experimentalkunst, also Douglas Gordons 24 HOUR PSYCHO näher als beispielsweise den Sequels. Damit entbehrt dann auch die Frage nach dem Sinn jeder Grundlage.
Wenn man, wie ich, Hitchcocks Original nahezu auswendig kennt und eine Mehrzahl der Einstellungen nachgerade studiert hat, fällt einem natürlich jede Veränderung sofort auf. Manche davon sind gut (insbesondere die hier ununterbrochene Kranfahrt am Anfang), manche komplett bescheuert (die völlig deplatzierten und hohlbirnigen Inserts von Sturmwolken und lasziven Ladies in den Mordszenen) und manche fehlgeleitet (Norman beim Wichsen). Interessant ist auf jeden Fall, wie sehr Van Sant und Wong Kar Wais Spezi Christopher Doyle auf Farbe setzen; die Klamotten von Marion Crane werden immer schriller und der Film vergißt vor lauter Farbattacken irgendwann komplett, auch noch sowas wie Grusel aufzubauen; die ganzen irren Colors wollen ja auch geleuchtet sein und so sieht dieser PSYCHO irgendwann nur noch so unheimlich aus wie ein sonnendurchflutetes Blumenbeet.
Eines der Hauptprobleme des Films ist die Darstellung Normans durch Vince Vaughn; der spielt zwar nicht schlecht, legt aber (mit Van Sants Hilfe) die Rolle uninteressant an. Wo Perkins' Schlaksigkeit und Jungenhaftigkeit stets eine mögliche Homo- oder Transsexualität andeutete und damit eines der interessantesten Geheimnisse dieser Story vermittelte, wirkt Vaughn wie ein leicht dämlicher Hillbilly mit nomineller Schlägerfresse. Im Zusatzmaterial der Blu-Ray hat Bruce LaBruce einen kurzen Auftritt, als er bei einem Besuch der Drehvorbereitungen seinen Kollegen Van Sant fragt: "Is Vince playing him fruity?" Van Sant sagt "No", als wäre ihm das nie in den Sinn gekommen. Überhaupt wirken Van Sant und einige seiner Stars und Teammitglieder eher so, als wäre das alles nur ein großer Joke, was ich ein bißchen unangenehm fand; daß Van Sant mehrfach betont hat, er habe den Film einer neuen Generation zugänglich machen wollen, spricht dann leider doch stark gegen die Unschuldsvermutung des künstlerischen Experiments.
Auf jeden Fall ist das ein hochinteressanter Beweis dafür, daß selbst wenn man dasselbe Drehbuch verfilmt und dabei in weiten Teilen dieselben Einstellungen wie im Original benutzt (teilweise wurden sogar die Rückpro-Szenen übernommen!), nicht derselbe Film dabei herauskommt. Van Sants PSYCHO wirkt psychologisch weniger plausibel und hat gleichzeitig weniger Geheimnisse. Wo Hitchcocks Film selbst in Kenntnis der Auflösung immer noch mysteriös wirkt, käme man bei Erstansicht von Van Sants Film sofort darauf, wer hier der Killer ist und wieso. Die große Kuriosität von PSYCHO, nämlich die ausführliche Erklärung von Normans Persönlichkeitsstörung durch Simon Oakland, wird hier relativ schnell und sehr erdverbunden abgehandelt (immerhin von dem perfekt passenden Robert Forster).
Wenn das Argument für diese Neuverfilmung wirklich war, einer neuen Generation PSYCHO nahezubringen (und besonders schmerzhaft ist dabei das Statement der Cutterin, das Original sei "kinda slow"), muß das Unternehmen als gescheitert angesehen werden; tatsächlich wäre selbst ein ungeduldiger und ungebildeter Millennial mit Hitchcocks Film besser bedient.
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Meiner Meinung nach ein unwürdiger Nachfolger für THE 39 STEPS. Man kann schon sagen, daß Hitchcock hier wieder mal seiner Zeit voraus war; unentschlossene Antihelden und sadistische "gute" Spione war man zu der Zeit noch nicht gewohnt. Aber der steife John Gielgud und Hitchs Traumfrau Madeleine Carroll geben das wohl unfähigste Agentenpaar der Filmgeschichte ab, während Peter Lorre mal wieder das glubschäugige Wiesel mimt. Es gibt nur wenige Szenen mit dem magischen Hitch-Touch, stattdessen viel zu viel hirnvebranntes Geturtel und mit der Darstellung des schweizerischen Lokalkolorit eher unfreiwilligen Humor als Reiseempfehlung. Nur Robert Young weiß als öliger Charmeur zu gefallen, aber wer dem den Fiesling nicht zehn Meilen gegen den Wind anriecht, macht die Hose auch mit der Kneifzange zu. Für mich einer der schwächsten und vor allem langweiligsten Filme des Meisters.
Diese Hemingway-Adaption dürfte eine der textgetreusten, ja wörtlichsten Literaturverfilmungen aller Zeiten sein. Ausgiebig wird im Off aus der Novelle vorgelesen (im Original kurioserweise von Hauptdarsteller Tracy selbst), was der Film dann brav bebildert, so daß man sich gelegentlich vorkommt wie in einem gepimpten Hörbuch. Erstaunlich ist dabei, wie gut das - wohl auch dank Hemingways poetischer Sprache - tatsächlich funktioniert. Da sich Sturges' (von Fred Zinneman begonnener) Film wirklich ausschließlich auf die Vorlage verlässt und sie nicht zwecks Filmtauglichkeit mit zusätzlichen Figuren und Konflikten anreichert, kann man hier von einem der selten Beispiele für den Versuch sprechen, im Rahmen des Studiosystems so etwas wie Kunst herzustellen. Dank der traumschönen Bilder von James Wong Howe entwickelt der Film regelrechte Poesie. Um so mehr schmerzen die aus Fremdquellen eingeschnittenen Fisch- und Unterwasserbilder, die so gar nicht mit dem Rest zusammenpassen wollen und den Film, wie auch die teils wenig überzeugenden Rückpros, immer wieder unrund und "sloppy" (Sturges) wirken lassen. Dennoch: Ein zeitlos schönes, existenzialistisches Drama um Mann und Fisch, packend und anrührend; am schönsten immer dann, wenn Dimitri Tiomkin nicht mal wieder sein Orchester zum Tschingderassatröt anheizt.
Ein versenktes amerikanisches Schiff, ein torpediertes deutsches U-Boot und ein Rettungsboot im Nirgendwo. An Bord: Eine kapriziöse Fotojournalistin, ein hemdsärmeliger Prolet, eine Krankenschwester und ein Haufen anderer Versprengter plus, rat mal wer zum Essen kommt, ein deutscher Seemann. Der vermeintliche Nazi ist schlauer, stärker und befähigter als alle anderen auf dem Boot. Das hat Hitchcock allen Ernstes in den USA den Vorwurf der Nazi-Propaganda eingebracht, was natürlich himmelschreiender Blödsinn ist. Es steht zu vermuten, daß Hitch vor allem die technische Herausforderung gereizt hat; diese besteht er mit Bravour, kostet quasi alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aus und macht aus dem Kammerspiel auch filmisch ein diebisches Vergnügen. Dabei ist er seiner Konkurrenz und seiner Zeit wieder meilenweit voraus. Die Bühne gehört weitestgehend der großen Tallulah Bankhead; die stärkste Leistung kommt aber von Walter Slezak als undurchschaubarem Teutonen. Dieser 1943 in einem Wassertank im Studio gedrehte Film schafft übrigens eine um Längen überzeugendere Illusion des offenen Meeres als heutige Computerkacke wie IN THE HEART OF THE SEA.
Ruppiger Thriller, der einen lebens- und todesmüden Hitman gegen einen Organ- und Kinderhändlerring aufstellt und ihm dabei auch noch den Bruder seines letzten Opfers auf den Hals hetzt. Die Gemengelange mag nicht neu sein, kriegt aber ordentlich Würze durch einen der exzentrischsten Böswatze der letzten Jahre: "Schlachter Ray" holzt sich mit ganz eigenem Klamotten- und Kill-Style durchs Geschehen und weiß irgendwann selber nicht mehr, warum. Das lebensfeindliche Gerangel erhält emotionalen Überbau durch das wirklich herzzerreißend niedliche Töchterchen und ihren Strickaffen. Wermutstropfen sind die Fights: Mit einem Überangebot an Speed Ramps wird ständig kurz vorm Impact beschleunigt, was den Prügeln wohl mehr Wumms verleihen soll, tatsächlich aber den gegenteiligen Effekt hat. Zum Glück gibt es darüber hinaus im letzten Drittel zwei Actionspitzen, von denen besonders die erste sich sowas von gewaschen hat. Am Ende werden wir erwartungsgemäß vom Bösen erlöst, erstaunlich ist aber, daß einer Transgenderfigur nicht nur eine entscheidende Rolle zukommt, sondern als einzigem Protagonisten so etwas wie eine Zukunft überhaupt nur zugetraut wird. Ein schönes Signal und nur deshalb ein versöhnliches Ende. Mochte den.
Der 13jährige Nicholas aus San Antonio, Texas verschwindet im Jahr 1994 spurlos. Drei Jahre und vier Monate später erhalten die Mutter und seine Schwester einen Anruf einer spanischen Behörde: Nicholas ist wieder da. Die Schwester eilt nach Spanien und holt ihn nach Hause, wo er dem FBI erzählt, wie man ihn entführt und in einem Sexsklavenring mißbraucht habe. Dann fängt er sein normales Leben wieder an, geht zur Schule, findet Freunde usw. Das Problem: Das ist nicht Nicholas. Sondern der 23jährige Franzose Frédèric Bourdin.
Die Story rund um Bourdin war mir bekannt, allerdings nicht aus der Seite von Familie und Ermittlern, und selbst wenn man die Story zu kennen glaubt, zieht einem der Film nach zwei Dritteln nochmal komplett den Boden unter den Füßen weg. Bart Layton spielt hier sehr clever mit der Bild- und Tonebene und dem Wechsel zwischen dokumentarischen und fiktiven Aufnahmen; wie immer, wenn jemand so bewußt seine Mittel einsetzt, drängt sich natürlich der Vorwurf der Manipulation auf. Das tut der Spannung natürlich keinen Abbruch, zumal Layton auf seine tragischen und skurrilen Protagonisten zählen kann, die teils, wie er selber sagt "aus einem Film der Coen Brothers" kommen könnten. Absolut sehenswert.
Die deutschen UT hauen teilweise meilenweit am Gesagten vorbei, außerdem habe ich die dumpfe Angst, die DF könne synchronisiert und nicht overvoiced sein. Also wie immer, schön im O-Ton gucken!
Bahnbrechender Western, der als erster Film die Indianer nicht als jodelnde Wilde darstellte. Die naturgegebene Integrität James Stewarts lässt jeden Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Annäherung zwischen Cowboy und Cochise verschwinden. Nur die Annäherung des damals 41jährigen Stewart an die 16jährige Debra Paget sorgt für leichtes Stirnrunzeln. Ansonsten lässt sich Delmer Daves weder von Canyon-Panoramen noch überflüssigen Western-Klischees ablenken, er interessiert sich für seine Botschaft, und die ist zutiefst humanistisch. Ein großer Film, der trotz seines erschütternden Finales mit einem Hoffnungsschimmer endet.
In Wirklichkeit war das alles leider ganz anders.
Yanis (charismatisch: Sami Boujalilla) überfällt supergerne Geldtransporter. Am liebsten crasht er frontal mit seinem Wagen in sie rein. In seiner aktuellen Gang machen sein kleiner Bruder und ein pillensüchtiger Sprengmeister mit. Nach dem neuesten Coup macht einer von ihnen einen kapitalen Fehler. Yanis muß die Sache ausputzen und reitet sich und die anderen dabei richtig in die Scheiße.
Bombenfilm von Julien Leclerq (L'ASSAUT, THE BOUNCER), der keine bahnbrechende Geschichte zu erzählen hat, sondern einfach nur schlanke 78 Minuten Hochspannung anbietet. An diesem Film ist kein Gramm Fett, jede Szene ist wichtig; überflüssige Atempausen werden selbst in Dialogen mit Jump Cuts gekillt. Wenn die Geschichte auszerzählt, hört auch der Film einfach auf. Besonders beeindruckt hat mich neben der nie abschwellenden Intensität eine Szene, in der einer der handelnden Personen Schlimmes zugestoßen ist und man aber nicht sieht, was es ist, sondern nur die Reaktion der anderen. Das kommt tatsächlich krasser als jedes eindeutige Bild einer Verletzung. Top!
Der schöne Giuliano Gemma spielt hier den zurückgebliebenen Dorftrottel, der im Westernkaff nur den Saloon fegen und das Abwasser beseitigen darf. Ständig kriegt er eins aufs Maul, selbst wenn er in einer Kneipe, in der ihn keiner kennt, unschuldig an einem trockenen Weißbrot knabbert, kommt einer und poliert ihm grundlos die Fresse! Hoffnungsvoll hängt sich Gemma an den arschcoolen Revolverhelden Lee Van Cleef, der ihm allerdings auch ständig eine schallert. Unter Van Cleefs Fittichen wird Gemma zum großmäuligen Bossmann und hält mit ihm die Stadt in Atem, wobei Nasty Lee es irgendwann zu bunt treibt.
Ansprechende Story und ein starker Auftritt von Van Cleef, außerdem Riz Ortolanis schmissige Musik, die es in zahllose Kung-Fu-Filme und natürlich DJANGO UNCHAINED geschafft hat - das sind die Pluspunkte dieses Reißers von Leone-Assi Valerii. Leider kriecht das Ganze im aboluten Schneckentempo voran, lange nicht mehr so nen lahmarschigen Film gesehen. Einmal guckt man Van Cleef minutenlang zu, wie er mit seinem Gaul entspannt eine Gasse hinabtrabt und den Klepper schließlich anbindet! SPULGEFAHR!
College-Slasher mit jeder Menge Delta Gamma Alpha Phi Sisterhood Gedöns. Kelly (Daphne Zuniga in ihrer ersten Hauptrolle) hat Alpträume. Immer wieder sieht sie sich, wie sie als Kind ihre Mutter mit ihrem Daddy beim Bumsen überrascht. Dann sticht sie auf Daddy ein und ein Fremder im Smoking verbrennt vorm Kamin! Was ist da nur los? Gleichzeitig geht ein brutaler Killer mit der Gartenharke um (später wird die Gartenharke, classic Jason style, auch mal gegen Axt oder Pfeil und Bogen getauscht). Die Mordszenen sind nicht besonders gut gemacht, meistens cause and effect (Hand holt mit Axt aus / Schnitt / Axt im Kopp) oder Rumgestocher in Großaufnahme. Der Film kriegt aber A for Effort, der hat nämlich was. Das große Mysterium mag jeder Seifenopern-Fan früh entschlüsseln, es macht aber trotzdem Spaß. Die Dialoge sind deutlich gewitzter als bei der Konkurrenz. Und die Schauspieler - abgesehen von den Altstars Miles und Gulager, die durch ihre Szenen schlafwandeln - sind toll, allen voran Daphne Zuniga. Die ist hier schon wieder so super, daß ich mich wieder mal frage, warum da nach Melrose Place nix mehr kam.
Depardieu ist Psychiater/Hirnforscher und mit Nathalie Baye verheiratet. Lieber knetet er aber die außerordentlich hübschen Hupen der gegenwärtigen Lebensgefährtin unseres Insta-Außenministers! Heimlich will er ganz tief in das Hirn eines Psychopathen schauen und hat dafür eine Body-Switch-Maschine im Keller stehen. Er überredet einen seiner Patienten, nämlich Didier Bourdon als Serienkiller mit Schnurri, zu einem nicht näher benannten Experiment und schwupps sitzen sich die beiden im Körper des anderen gegenüber. So richtig durchdacht hat Depardieu die Nummer offenbar nicht, denn logischerweise fühlt sich der todgeweihte Psychomörder im Body des dicken Gérard pudelwohl und nimmt direkt dessen Rolle an!
Was folgt, ist ein verblüffend weitsichtiger Vorläufer von FACE/OFF. Der neue Depardieu reanimiert das Sexleben mit seiner Gattin und nennt den kleinen Sohnemann "petit rat", während der neue Bourdon um sein Leben wimmert und ohne Schnurri plötzlich ganz passabel aussieht. Die schöne Frau Wörner muß in einer eher unangenehmen Szene (DF scheint cut?) nochmals blank ziehen! Der Film fängt extrem stulle an, dreht dann aber so vorzüglich am Rad wie sein enthemmter Hauptdarsteller, und spätestens wenn der Killer im Steppke sitzt und auf die Frage seiner Mutter "Möchtest Du schlafen?" antwortet "Mit Dir", ist der Sleazo-Damm gebrochen.
Schade nur, daß Depardieu schon vorm Körpertausch extrem bekloppt und unsympathisch wirkt, das nimmt dem grob-grellen Film den Impact. Trotzdem eine ganz lustige Schnurre.
Synchrofaschos werden mit einem im Original nicht vorhandenen inneren Monolog des Hauptdarstellers traktiert, Manne Lehmann ist da nur am Sabbeln, was dem Film jede Magie restlos austreibt. Die deutschen UT übersetzen aber fleißig mit, so daß man jede Menge liest, aber nix hört! Die DVD aus dem Hause Gallileo spottet übrigens jeder Beschreibung, selbst als dritte VHS-Kopie hätte man das Teil gehimmelt.
MONSTER Entertainment. Buddy Cop Movie, das sich irgendwo zwischen RED HEAT und LETHAL WEAPON 2 verortet und in diesem Genre meiner Meinung nach einen Platz im oberen Drittel verdient hat. Mit Humor in koreanischen Filmen tue ich mich generell etwas schwer, aber der hier ist wirklich sehr lustig, entspannt und nicht überdreht gespielt - alle Dasteller sind super und haben ein top Timing (die Frauen im Polizistenhaushalt - herrlich!). Der Film drückt dabei permanent auf die Tube und verliert sich auch nicht in Schwermut, sondern behält trotz galliger Action den leichten Ton. Besonders gefiel mir, daß der südkoreanische Chaos-Cop nicht nur ein dummer Trottel und sein nordkoreanischer Kollege nicht nur trübe Kampfmaschine ist. Minuspunkte gibt's nur für viehische Autostunts aus dem Computer und leichte Überlänge. Ansonsten einer der rundum unterhaltsamsten neuen Filme, die ich seit einer ganzen Weile gesehen habe. Toll!
Der hat mir kurioserweise gut gefallen. Flennemann ist natürlich auch weiterhin der fürs Horrorgenre ungeeignetste Filmemacher der Welt. Er sabotiert mit seinem faden und unentschiedenen Framing jeden Grusel und verschneidet (tatsächlich selber) ausnahmslose jeden nominellen Schockeffekt. Sein patentiert schraubiges Grading tut das Übrige. Mit DOCTOR SLEEP gelingt ihm das Kunststück, Kings sagenhaft redundanten, langweiligen und doofen Roman nochmal zu entschleunigen. Hier wird in zweieinhalb Stunden erzählt, was schon für anderthalb etwas dünn wäre, und das tut dem Ganzen bemerkenswert gut. Man wird richtig eingefangen von dieser hypnotisch beruhigten Szenerie, in der mit zunehmender Lauflänge immer weniger Menschen auftreten, und dann kommt irgendwann der große Moment, die Fahrt zum Overlook, was wirklich wirkungsvoll ist (wenn auch sogar das Hotel bei Flennemann pupsig aussieht). Was auch extrem hilft, sind die Darsteller, allen voran eine fantastische Rebecca Ferguson; sogar der notorisch ausdruckslose McGregor berührt irgendwie mit seinem überzeugend gebeutelten Gebahren. Ein trotz sackschlechter CGI seltsam einnehmendes Filmerlebnis.
Stimmungs- und humorvolle, am Ende recht freie Adaption der Doyle-Vorlage, die mit ihren Horror-Untertönen den Hammer-Studios natürlich in die Hände spielte. Cushing ist ein wunderbar empathischer Holmes, der unliebsame Zeitgenossen trefflich zu düpieren weiß, und André Morell eine willkommene Abwechslung zu Nigel Bruces Trottel-Watson. Besonders weiß aber Christopher Lee zu gefallen, der eine allzu seltene Rolle als Romantic Leading Man mit Präsenz und Charme auszufüllen weiß. Ein überaus unterhaltsamer Film, bei dem Terence Fisher besonders im fiesen Intro seine Duftmarke zu setzen weiß.
Schon interessant, daß der Film bei seiner Erstaufführung die Leute so dermaßen agitiert hat. Kann mich an den aus meiner Kindheit auch als den gefühlt härtesten Gangfilm erinnern, so zumindest schien die Wahrnehmung. In Wirklichhkeit ist das ein reinrassiges Comic Book Adventure (und das muß man auch nicht mit den extrem bescheuerten Animationspanelen aus dem sog, Director's Cut nach Hause hämmern, die reißen einen nämlich immer komplett aus dem Film). Extrem gut inszeniert, viele telige Aufnahmen, viel Untersicht, Kämpfe fast wie bei Kurosawa, das alles genial aufgenommen und geleuchtet von Andrew Laszlo und dann auch noch in den Originallocations zwischen Bronx und Coney Island. Ein großer Film, tight, spannend und ideenreich. Als Psycho-Böswatz ("I'm just having a good time, man") haut David Patrick Kelly die Wurst vom Teller ("Warriors, come out to plaaayaaay"). Musik von De Vorzon knallt immer noch wie Sau.
Hat mir gut gefallen. Spannend, mit ordentlich Drive, schnörkellos erzählt und gut gespielt (vor allem von Miller, die hier eine endlich mal wirklich unglamouröse Drogenfahnderin abgibt). Boseman sieht in einigen Einstellungen schon ganz schön siech aus, muß ich sagen. Der Film hat keine großen Überraschungen zu bieten, stellt für Fans des geradlinigen Polizeithrillers aber ein Muß da. Was allerdings, wie schon oft bemerkt, als Riesenenttäuschung verbucht werden muß, ist die Tatsache, daß aus der extrem spannenden Grundiee der abgeriegelten Insel Manhattan absolut nichts, aber auch wirklich gar nichts gemacht wird.
Häßlich gedrehter Konfektionsthriller, darüber hinaus der neben Romeros DARK HALF der wohl am schlechtesten kostümierte und frisierte Film aller Zeiten. Hält manchmal den großen Zeh in den schwarzen Tümpel namens Sleaze, traut sich aber nie mit dem ganzen Fuß rein. Trotz normaler Länge ist die Luft ne halbe Stunde vor Schluß raus. Hershey und Shepard wissen weder was mit sich noch mit ihren Rollen anzufangen, Mary Beth Hurt kann nicht gegen ihre Frise anspielen und JT Walsh zeigt mal wieder, daß er vor nichts Schiß hat. Schlimme Musik!
Hatte ich als "recht gut" in Erinnerung. Der ist aber in Wirklichkeit total bescheuert! Glenn spielt den irgendwie besten Mann vom FBI (das wird nicht weiter untermauert, nur von irgendwem gesagt). In Wirklichkeit kriegt er aber bei seinen Ermittlungen nicht das Geringste auf die Kette, das macht alles sein offenbar komplett gestörter Sohn! Der 10jährige, unfassbar nervige Steppke (unfassbar schlecht gespielt von Glickenhaus' Sohn Jesse, man beachte die Gesichtsdisco beim Latschen durch die Höhle des Killers) malträtiert seinen Dad mit immer neuen Ermittlungstheorien und neumodischen Computertricks. Glenn nimmt den Kleinen sogar mit zum Tatort, wo das Blut noch von der Wand suppt! Daß der Racker komplett geistesgestört ist, beweist schon die sprottenhässliche Klamotte aus dem 90er-Kleiderschrank des Grauens. Auf der Jagd nach einem ausgesucht grausamen und ausgesucht bescheuerten Serienkiller ist Junior dem alten Herren denn auch ständig zwei Schritte voraus. In Nebenrollen spielt Darlanne Fluegel die wohl nachsichtigste Mami der Welt ("Ok, you can go with your father"... zum TATORT!), Kevin Sorbo trägt ne Brille und Aaron Eckhart hat den Finger am Abzug.
Dank Glickenhaus hat dieser Unsinn immerhin ästhetisch gesehen ein gewisses Flair, mehr Gutes kann ich aber wirklich nicht dazu berichten. Lustig: In der Originalfassung belagert das FBI einen strammen Nazi in Uniform, in allen anderen Versionen ist es einfach nur some dude!
Einer dieser mittelbudgetierten Flops aus den ausgehenden Achtzigern, die ich sehr mag, wie etwa auch BLUE HEAT oder DIGGSTOWN oder TRUE BELIEVER usw. Peter Markle, allenfalls bekannt für YOUNGBLOOD, erzählt diese Vietnamschnurre vom hinter feindlichen Linien abgestürzten Schreibtisch-Colonel als bildstarkes Actiondrama. Dabei unterschlägt der Film, daß die Rettung des echten Iceal Hambleton satte elf Tage dauert und die Leben von einem Dutzend Soldaten und fünf Luftfahrzeugen forderte. In BAT-21 ist der Spuk nach drei Tagen vorbei und es gibt jede Menge Pyrotechnik. Das ist spannend, gut gespielt von Hackman, Glover und Jerry "Snowman" und exzellent orchestriert von Christopher Young; vor allem aber liegt der Schwerpunkt auf der wachsenden Einsicht der Hauptfigur, daß Krieg dreckig und brutal ist, wenn man in ihm steckt und ihn nicht nur aus der Ferne dirigiert. Tolle Kamera von David Cronenbergs früherem Stamm-DP Mark Irwin.
Die Figur der schroffen, spröden und wunderbar eigensinnigen Smilla ist ganz wunderbar, und Julia Ormond füllt sie auch ganz wunderbar aus. In den Nebenrollen wird's allerdings käsig: Gabriel Byrne, der den ganzen Film über zu frieren scheint, verwechselt geheimnisvoll mit schläfrig, Richard Harris wird mit zwei Dialogsätzen abgespeist, der wunderbare Robert Loggia ist total fehlbesetzt und von Jürgen Vogels Auftritt will ich gar nicht erst anfangen. Was als spannendes Mysterium in einem dezidiert düster-kalten Kopenhagen beginnt, wird zur überkandidelten Räuberpistole vor der eindrucksvollen und eindrucksvoll verschenkten Kulisse Grönlands. Ein merkwürdig zusammengestoppelter Film mit einem nervigen Greggson-Williams/Zimmer-Permanentmuzak und dem katastrophalsten Schnitt, der mir seit langem untergekommen ist. Dennoch nicht ohne Reiz. Manchmal.