MareikeHB - Kommentare

Alle Kommentare von MareikeHB

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    MareikeHB 07.07.2022, 10:57 Geändert 07.07.2022, 14:16

    „Die Regenschirme von Cherbourg“ von Jacques Demy ist ein künstlerisch hochwertiger, melancholischer Liebesfilm und zugleich ein Musical. Die Geschichte über die erste große Liebe wirkt sehr lebensecht und authentisch, sodass man sehr mit den Hauptcharakteren mitfühlen kann. Sie drückt nie künstlich auf die Tränendrüsen, wird aber dennoch niemanden kalt lassen. Die meisten Menschen werden bereits ähnlich empfunden haben.

    Es ist ein Musikfilm, in dem nicht getanzt, aber dafür jeder Dialog gesungen wird. Die wunderbare Musik von Michel Legrand sorgt dafür, dass die gesungenen Dialoge eine Wohltat für die Ohren sind, auch wenn der Gesang nicht immer ganz perfekt klingt, obwohl die französischen Gesangstimmen nicht von den Schauspielern stammen. Letzteres verleiht dem Film einen besonderen Charme und eine gewisse Natürlichkeit im Artifiziellen. Aber generell gilt, wer einwandfreien Gesang sucht, wird eher bei einer Oper fündig oder bei den meisten modernen Popsongs mit künstlich „begradigter“ Stimme und nicht bei Musicals aus alten Tagen.

    Der Film lebt nicht nur von seiner ausgezeichneten Musik, sondern auch von sehr gut aussehenden und kompetenten Darstellerinnen und Darstellern. Catherine Deneuve und Nino Castelnuovo sind ein echtes Traumpaar, aber auch alle übrigen Rollen sind bestens besetzt. Wahrscheinlich handelt es sich hier um das bekannteste, französische Musical überhaupt, dem es zudem gelang, für fünf „Oscars“ nominiert zu werden. Außerdem gewann es diverse französische Filmpreise.

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    • 7

      „Taxi Driver“ von Martin Scorsese ist ein extrem düsterer, technisch perfekt gestalteter Thrillerklassiker mit zweifelhafter Botschaft.

      Robert de Niro mimt sehr überzeugend einen Taxifahrer, einen noch jungen, traumatisierten Vietnam-Kriegsveteranen, dessen Leben immer mehr aus dem Ruder läuft. Allein schon die Zeichnung dieses Charakters ist überaus gelungen.

      Leider ist das Ende völlig missglückt. Selbstjustiz wird einmal mehr verherrlicht. Zudem grenzt es tatsächlich an typischen Hollywood-Kitsch.

      Die Musik des überbegabten Filmkomponisten aus alten Tage Bernhard Herrmann ist allerdings wieder einmal grandios.

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      • Schade, dass nicht Melissa McCarthy Barbie spielen darf. Als Ken hätte ich Rowan Atkinson gut gefunden. Barbies Mutter wäre Lucy Liu und ihr Papa Samuel L. Jackson. Gegenspieler wäre der Weiße Hai. Ach, der steht ja unter Artenschutz und darf nicht böse sein.
        Dann wäre der perfekte Bösewicht eben eine mutierte Ambrosia-Pflanze, die tödliche Allergien auslöst. Als Handlanger stehen ihr eine mit Malaria betankte Tigermücke und eine mit Borreliose bewaffnete Zecke zur Verfügung.

        Regisseur könnte Lars von Trier sein - der steht bekanntermaßen für eine gewisse Leichtigkeit.

        Im Soundtrack wären Songs von Metallica und Rammstein für die zahlreichen romantischen Momente und wenn die blutige Action kommt, darf die Musik von Helene Fischer „Atemlos“ nicht fehlen.

        Aber meine Wünsche gehen ja leider nicht in Erfüllung. 😭😭😭

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        • Schöne Idee, kidhan! Das Thema ist ja ziemlich unerschöpflich. Hier ein paar spontane Einfälle:

          Faith no more: Easy (OV von den Commodores)

          https://m.youtube.com/watch?v=vPzDTfIb0DU

          Cake: I will survive (OV: Gloria Gaynor)

          https://m.youtube.com/watch?v=f9rCUQjmkxU

          Otto Wahlkes: Friesenjung (OV Sting)

          https://m.youtube.com/watch?v=RFJUPq7vqT0

          Erdmöbel: Aus meinem Kopf (OV Kylie Minogue)

          https://m.youtube.com/watch?v=QhCbnXw2PqA

          Erdmöbel: Riecht wie Teen Spirit (OV Nirvana)

          https://m.youtube.com/watch?v=mQxjbVbtxnE

          Erdmöbel: Weg nach Mandalay (OV Robbie Williams)

          https://m.youtube.com/watch?v=iIWxdT3mOBY

          und mehr im Album Erdmöbel No. 1 Hits: Bekannte Hits mit skurrilen deutschen Texten:

          https://m.youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_lOItuj3-8nqNz2NYY1zO1CY77lglBVFYw

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          • MareikeHB 29.06.2022, 18:15 Geändert 29.06.2022, 18:35

            Hier zum Vergleich die Top 20 Liste von Moviepilot, die sich an den am besten bewerteten Filmen in den 1950ern der Schauspielerinnen mit tragender Rolle orientiert. Alles Weitere siehe:

            https://www.moviepilot.de/news/eure-top-20-schauspielerinnen-der-1950er-jahre-117652

            1. Grace Kelly
            2. Carolyn Jones
            3. Audrey Hepburn
            4. Elizabeth Taylor
            5. Marlene Dietrich
            6. Shirley MacLaine
            7. Marilyn Monroe
            8. Kim Novak
            9. Ingrid Bergmann
            10. Thelma Ritter

            Carolyn Jones hier als Geheimtipp, in den 1950ern „Oscar“-nominiert und Golden Globe Gewinnerin und die wunderbare Thema Ritter, eine der besten Charakterdarstellerinnen, die Hollywood je hervorgebracht hat!

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            • Zum Thema „Bester Darsteller der 1950er“ ist auch diese Statistik von Moviepilot sehr interessant. Wer hat eine Hauptrolle in den am besten bewerteten Filmen der 1950er Jahre gespielt? Die Liste ist etwas anders, auch wenn einige Namen bei allen Rankings offensichtlich immer wieder in Erscheinung treten:

              https://www.moviepilot.de/news/eure-top-20-schauspieler-der-1950er-jahre-117649

              Hier nur die Top Ten:
              1. James Dean
              2. Gregory Peck
              3. Cary Grant
              4. Henry Fonda
              5. Tony Curtis
              6. Humphrey Bogart
              7. James Stewart
              8. Burt Lancaster
              9. James Mason
              10. Frank Sinatra

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              • MareikeHB 28.06.2022, 08:34 Geändert 28.06.2022, 08:38

                „Der weiße Hai“ von Steven Spielberg ist wirklich ein grandioser, möglicherweise der beste jemals gedrehte Tierhorror-Film, der natürlich die Gefährlichkeit eines Weißen Hais maßlos überschätzt. Dementsprechend sind auf den DVD-Veröffentlichungen oft auch Dokumentationen zu finden, die realistisch über das Meerestier berichten. Nicht nur der Hai erzeugt viel Spannung, sondern auch das Miteinander der Hauptfiguren. Die Charakterisierungen sind hervorragend gelungen und die drei völlig unterschiedlichen Protagonisten werden perfekt verkörpert durch die versierten Charakterdarsteller Richard Dreyfuss, Roy Scheider und Robert Shaw.
                Ein weiteres Highlight ist die schaurige, ikonische Filmmusik von John Williams. Sie untermalt das Filmgeschehen einfach perfekt.

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                  Was passiert, wenn ein Erfolgsautor derartig wahnsinnig spannende Horrorromane schreibt, dass die Leser und Leserinnen auf spannende Art wahnsinnig werden? Bücher können bekanntermaßen süchtig machen und das Denken beeinflussen. Aber was passiert, wenn sich durch sie der Blick auf die Realität grundlegend verändert? Mit eben diesen Fragen beschäftigt sich der erstklassige Horrorfilm „Die Mächte des Wahnsinns“ vom Meister des Grauens John Carpenter. Man kann dabei nur von Glück reden, dass die vielen Millionen Leser der Stephen King-Romane nicht mit ähnlichen, extremen Folgen zu kämpfen haben.

                  Sam Neill verkörpert überzeugend den Protagonisten, einen Versicherungsdetektiv, der sich an die ihm bekannte Realität klammert und die Veränderungen um sich herum nicht wahrhaben möchte. Eine dunkle Macht, personifiziert durch den Erfolgsautor, schafft sich offensichtlich eine Welt, wie sie ihr gefällt.

                  Carpenter unterlegt seine einfallsreiche und durchweg spannende Horrordarbietung mit einer selbstkomponierten, mit dominanten E-Gitarren gesegneten Filmmusik. In den prominent besetzten Nebenrollen glänzen Charlton Heston, Jürgen Prochnow und David Warner. Die gelungenen, handgemachten Spezialeffekte und Masken garantieren immer wieder schaurige Momente. Kritikwürdig ist vielleicht, dass eine psychiatrische Anstalt wieder einmal klischeehaft horrormäßig überzeichnet dargestellt wird, sodass Vorurteile verstärkt werden können. Eindrucksvoll demonstriert Carpenter mit diesem Film jedenfalls die Relativität der Realität.

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                    MareikeHB 24.06.2022, 19:47 Geändert 24.06.2022, 19:51

                    Derzeit im Prime-Abo (und nicht wie oben dargestellt kostenpflichtig):
                    „Gesetz ist Gesetz“ von Christian-Jaque ist eine liebenswerte Komödie aus der Zeit, als es zwischen Frankreich und Italien in den Alpen noch Landesgrenzen gab und diese manchmal ganze Ortschaften teilte. Der französische Grenzbeamte und Zöllner (Fernandel) möchte aus persönlicher Rachsucht endlich einen italienischen Schmuggler (Toto) überführen, aber schon bald kann er nicht mehr sicher sein, ob er die französische Staatsangehörigkeit hat und sein Amt weiterhin ausüben kann.

                    Irrungen und Wirrungen an der Grenze, absurde Rechtsvorschriften in Frankreich und Italien, die Maschinerie der Bürokratie bei Staatsbürgerschaftsfragen machen Lust auf ein grenzenlosen Europa, sorgen hier aber für allerlei aus der Zeit gefallenen Spaß. Nationale Eigenheiten werden dabei immer wieder gerne aufs Korn genommen.

                    Fernandel (geboren als: Fernand Joseph Desire Constandin), den man vor allem aus den „Don Camillo“-Filmen kennt und schätzt, beweist wieder einmal sein einnehmendes, komisches Talent. Da kann sein Gegenspieler, verkörpert durch Schauspieler Toto, darstellerisch nicht ganz mithalten. Toto hat im wirklichen Leben sieben(!) Vornamen und den Nachnamen De Curtis di Bisanzio. Damals schienen offensichtlich einfache Künstlernamen angesagt zu sein!? Kein Wunder bei der Namensinflation hier. Da kann eine gewisse Namensübersättigung schon einmal auftreten.

                    Handwerklich ist dieser Schwarzweißfilm ordentlich gemacht. Regisseur Christian-Jaque (eigentlich Christian-Albert Francois Maudet, also wieder jemand, dem seine wahren Namen lästig waren) erhielt eine Nominierung für den Goldenen Bär bei der Berlinale. Kein Wunder bei den Gemeinsamkeiten, dass Christian-Jaque unbedingt mit Fernandel und Toto zusammenarbeiten wollte.

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                      MareikeHB 20.06.2022, 17:37 Geändert 23.06.2022, 08:11

                      Selten wurden die Höhen und Tiefen des Showgeschäfts in Hollywood pointierter und kunstvoller dargestellt als in dem tragikomischen Musikfilm „Ein neuer Stern am Himmel“ von George Cukor, der zweiten überaus gelungenen „A Star is Born“-Verfilmung. Es ist die tragische Liebesgeschichte zwischen einem aufsteigenden Star, einer Sängerin, und ihrem Mentor, einem Schauspieler, bei dem sich die Karriere aufgrund seiner Alkoholsucht in die entgegengesetzte Richtung bewegt.

                      Äußerst eindrucksvoll inszeniert und hervorragend bebildert, zählt dieses Werk zu den bedeutendsten Musikfilm-Meilensteinen der 1950er Jahre. Dabei waren die Drehbedingungen nicht einfach. Hauptdarstellerin und Gesangslegende Judy Garland erwies sich als sehr unzuverlässig, da sie, wie ihr filmischer Mentor, mit vergleichbaren Abhängigkeiten zu kämpfen hatte. Dennoch steht sie hier im Fokus - der Film scheint fast ihr gewidmet - und darf eindrucksvolle Musikeinlagen in diversen Auftritten zum besten geben.

                      Die Musik von Harold Arlen und Ira Gershwin entspricht stilistisch, im Gegensatz zur Musik in der neusten „A Star is Born“-Verfilmung, sicherlich nicht heutigen Hörgewohnheiten. Aber es lohnt sich, sich in den musikalisch durchaus komplexen Soundtrack hereinzuhören, da er mit jedem wiederholtem Abspielen gewinnt. Wer einer derartigen Musik nichts abgewinnen kann, sollte sich nicht schämen, gelegentlich die Vorspultaste zu betätigen, denn es verbleibt auch ohne die Musik eine anspruchsvolle Liebesgeschichte mit gekonnten satirischen Seitenhieben.

                      Der Film erhielt diverse Auszeichnungen, unter anderem wurden auch die Hauptdarsteller Judy Garland und ein wunderbar tragikomischer James Mason als ihr Mentor mit einem Golden Globe und einer „Oscar“-Nominierung belohnt.

                      Der Film kam seinerzeit nur stark gekürzt ins Kino, da man eine Überlänge vermeiden wollte. In den 1980er Jahren wurde er aufwändig restauriert und herausgeschnittene Szenen wieder eingesetzt. Leider war in der Zwischenzeit Bildmaterial verloren gegangen und für einige (kurze) Szenen nur noch eine Tonspur vorhanden. Diese wurden mit einem Standbild ebenfalls eingefügt. Die vollständige Version mit den Standbildern eignet sich natürlich nicht optimal für eine Veröffentlichung und Fernsehausstrahlung, sodass der Film in der letzten Zeit leider an Bekanntheit eingebüßt hat. Die kürzere, ursprüngliche Version scheint nicht mehr im Umlauf zu sein. Wünschenswert wäre aber tatsächlich die Wahlmöglichkeit zwischen der Kurz- und Langversion.

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                        MareikeHB 20.06.2022, 16:11 Geändert 20.06.2022, 18:38

                        „Carmen Jones“ von Otto Preminger ist ein Musical und Eifersuchtsdrama, angelehnt an die Oper „Carmen“ mit der wunderbaren Musik von George Bizet. Filmhistorische Bedeutung erlangte dieses Werk, weil Preminger diesen Film ausschließlich mit Afroamerikanern besetzte und zwar in einer Zeit, in der Rassentrennung und Diskriminierung „Nichtweißer“ in den USA an der Tagesordnung waren. Das Liebesdrama aus „Carmen“ wurde dabei in die Südstaaten der USA und in die Jetztzeit des Films, also in die 1950er Jahre verlegt.

                        Die Inszenierung ist solide, die Liebesgeschichte eher mittelmäßig. Allerdings stechen die Darstellerinnen und Darsteller wirklich heraus. Dorothy Dandridge („Oscar“-nominiert) mimt eine Carmen wie sie im Buche steht: äußerst sexy und selbstbestimmt - als starke Persönlichkeit. Harry Belafonte, einer der hervorragendsten Sänger der 1950er Jahre, personifiziert den sehr gut aussehenden, tragischen Liebhaber. Die Gesangseinlagen sind gelungen, wobei Belafonte für seine Verhältnisse relativ hoch singt. Marilyn Horne lieh Dandridge ihre Stimme. Auch der Klassiker „Auf in den Kampfe“ fehlt natürlich nicht und wird zweimal angestimmt. Kämpfe werden hier gleich mehrere dargeboten, unter anderem ein Boxkampf und auch Carmen darf sich einen gelungenen Schlagabtausch mit einer anderen Frau liefern. Es ist doch immer wieder erstaunlich zu sehen, wie selbstverständlich es früher war, Konflikte mit den Fäusten zu lösen.

                        Sehr befremdlich, aber leider typisch für die damalige Zeit ist der erklärende/entschuldigende (?) Einleitungssatz aus dem Off: „Alle Darsteller sind Angehörige einer Rasse, die mit ihrer triebhaften Urwüchsigkeit dazu berufen erscheint, dem ewigen Thema von Liebe und Eifersucht eine neue, lebendige Ausdrucksform zu geben.“ Dazu fällt mir nur der Spruch ein: Was ist das Gegenteil von gut? - Gut gemeint.
                        Der Film gewann unter anderem einen Golden Globe.

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                        • Danke, Einar, für diese tolle Aktion! Die Wahl fiel mir sehr schwer, da die 1950er eines meiner liebsten Filmjahrzehnte sind.

                          Bester Film:

                          Zwölf Uhr mittags
                          Der unsichtbare Dritte
                          Mein Onkel
                          Die Brücke
                          Flucht in Ketten
                          Die Reise zum Mittelpunkt der Erde
                          Die zwölf Geschworenen

                          Beste Darstellerin:

                          Betty Davis (Alles über Eva)
                          Barbara Stanwyck (Der Untergang der Titanic)
                          Joan Crawford (Johnny Guitar)
                          Simone Signoret (Die Teuflischen)
                          Natalie Wood (… denn sie wissen nicht was sie tun)

                          Bester Darsteller:

                          Spencer Tracy (Die gebrochene Lanze)
                          Marlon Brando (Die Faust im Nacken)
                          Cary Grant (Der unsichtbare Dritte)
                          James Mason (A Star is Born 1954)
                          James Stewart (Fenster zum Hof)

                          Lieblingsstars:

                          James Stewart
                          James Mason
                          Ava Gardner
                          Simone Signoret
                          Cary Grant

                          Lieblingsregisseure:

                          Alfred Hitchcock
                          Joseph L. Mankiewicz
                          Nicholas Ray

                          Soundtracks:

                          Prinz Eisenherz (Franz Waxman)
                          Zwölf Uhr mittags (Dimitri Tiomkin)
                          Der unsichtbare Dritte (Bernhard Hermann)
                          Singin’ in the Rain (Lenny Hayton)
                          In 80 Tagen um die Welt (Victor Young)

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                          • 7

                            „Asche ist reines Weiß“ von Zhangke Jia ist ein ruhig erzähltes, ungewöhnliches Beziehungsdrama im Kleingangster-Milieu der chinesischen Provinz. Hauptfigur ist eine desillusionierte, junge Frau, die ihren halbseidenen Freund vor Schlägern rettet, aber dafür ins Gefängnis gehen muss. Nach ihrer Entlassung wird ihre Liebe erneut auf die Probe gestellt.

                            Letztlich geht es um Treue in einer Beziehung und auch um die Perspektivlosigkeit der Menschen aufgrund des industriellen Strukturwandels.

                            Die Inszenierung ist grundsolide, aber ohne Höhepunkte. Das Erzähltempo ist insgesamt recht zäh. Aber die Kamera mit zahlreichen schön bebilderten Außenaufnahmen und die darstellerischen Leistungen sind durchaus hervorzuheben. Insgesamt wird durch viele Details ein guter Einblick in die chinesische Kultur vermittelt. Gerade dies macht diesen Film sehenswert.

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                              Klassiker-Tipp bei Prime: „Das Wunder von Mailand“ ist ein äußert kreativer, vom Neorealismus geprägter Märchenfilm von Vittorio de Sica. Ein aus einem Waisenhaus entlassener, junger Mann landet in einer Barackensiedlung in Mailand und schenkt den Bewohnern durch seine Herzenswärme und auf wundersame Art neue Lebensfreude und Hoffnung.

                              De Sica zeigt unverblümt die Armut und Obdachlosigkeit vieler Menschen in Italien, wenige Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Diese stehen hier im großen Kontrast zu dem äußerst üppigen Reichtum des Gegenspielers, einem durchtriebenen Immobilienspekulanten. Dabei bedient sich de Sica einer bis ins letzte Detail ausgefeilten Kulisse und Ausstattung.

                              Der Film beginnt realistisch. Erst im letzten Drittel wird er infolge der Konfrontation mit dem Gegenspieler zunehmend märchenhafter. Es wirkt fast so, als ob sich die Protagonisten infolge der Bedrohung und der harten Realität kollektiv auf eine „Fantasiereise“ begeben. Immerhin kann die Fantasie diesen Menschen nicht genommen werden. Die skurrilen Einfälle, der warmherzige Humor, die charaktervollen Typen und die hervorragenden Schwarzweißaufnahmen machen dieses Werk letztlich zu einem zeitlosen, originellen Vergnügen. Regisseur de Sica gewann 1951 unter anderem den Filmpreis von Cannes.

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                              • Die Idee ist super, einar, aber 10 verbindliche Filme pro Monat sind wahrscheinlich derzeit zu viel für mich. Ich kann das nicht versprechen, dass das bei mir hinhaut.

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                                • 7 .5

                                  Zu dem für damalige Verhältnisse sehr freizügigen Filmkunstwerk „Das Schweigen“ von Ingmar Bergman sollte man vielleicht besser schweigen und es einfach nur auf sich wirken lassen. Es handelt sich jedenfalls um eines seiner abstrakteren Werke.

                                  Letztlich kann man aber nicht verschweigen, dass es in diesem zutiefst surrealen und auch etwas beklemmenden Streifen um unterdrückte Gefühle und Konflikte, Triebhaftigkeit und ein nicht gelebtes Leben geht. Warum schweigt man? Weil man etwas zu verbergen hat, ängstlich ist oder den anderen nicht verletzten, vielleicht schützen möchte.

                                  Über einen recht langen Zeitraum bleibt man über das Wesen der beiden reisenden Protagonistinnen, zwei Schwestern auf dem Weg nach Hause, im Unklaren. Schließlich wird das „Schweigen“ aber zunehmend gebrochen, sodass man sich den Charakteren etwas annähern kann.

                                  Letztlich könnte alles aus der Perspektive des mitreisenden, kleinen Sohnes der einen Hauptfigur geschildert sein. Zur Entstehungszeit des Films in den 1950er Jahren war es durchaus üblich, dass über etwaige Probleme innerhalb der Familie gerade vor Kindern nicht offen gesprochen wurde. Begreiflich für das Kind sind nur Gefühle wie unbestimmte Bedrohungen (hier versinnbildlicht durch Panzer), Unverständnis und Entfremdung (sie sind in einem „unbekannten“ Land, dessen Sprache niemand spricht). Typisch für den Blickwinkel des Kindes ist auch die surreale, übergroße Unterkunft und der zusammenhangslose Blick auf Details. Die Einsamkeit in dieser unverstandenen Welt zeigt sich zudem in seiner Kontaktlosigkeit. Dabei blitzt immer wieder der für Bergman typische, skurrile Humor auf.

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                                  • 5 .5
                                    MareikeHB 04.06.2022, 21:52 Geändert 05.06.2022, 14:49

                                    „Junior Banner“ von Sam Peckinpah ist ein handlungsarmer Neowestern rund ums Rodeo-Reiten. Im Zentrum des (wenigen) Geschehens steht die Familie Bonner. Junior Bonner (Steve McQueen) ist ein professioneller Rodeo-Reiter, der, ähnlich wie sein Vater Ace (Robert Preston) schon bessere Zeiten gesehen hat und ständig pleite ist. Bruder Curly erweist sich dagegen als gewiefter, moralisch zweifelhafter Geschäftsmann.

                                    Die Familiengeschichte mit möglichen Konflikten bleibt immer blass und spannungsarm. Letztlich rückt sie in den Hintergrund, da es mehr und mehr um ein großes Rodeo-Event in Prescott, Arizona, geht.

                                    Kamera und Schnitt sind, typisch für einen Peckinpah-Film, hervorragend und einfallsreich. Letztlich ist dies aber trotz der sehr guten, namhaften Besetzung eines seiner schwächeren Werke. Man muss dem Rodeo in allen möglichen Varianten als typisch amerikanisches Kulturgut schon etwas abgewinnen können. Als Dokumentation über das Rodeo-Festival hätte der Film mit seinen vielen, liebevoll ausgesuchten Details wohl besser funktioniert.

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                                      Ein voyeuristischer Blick in die Mädchendusche - Blut! Ein Mädchen gerät in Panik. Die Antwort ist der höhnende Spott der Mitschülerinnen. Dies ist der Einstieg in den Horrorklassiker „Carrie - Des Satans jüngste Tochter“ von Brian de Palma nach dem gleichnamigen Roman von Stephen King, der wohl zu den gelungensten King-Verfilmungen zählt.

                                      Die Schülerin der Abschlussklasse einer Highschool, Carrie (Sissy Spacek), ist eine Außenseiterin. Von ihren Mitschülern gemobbt und ihrer psychisch gestörten, fanatisch religiösen Mutter (Piper Laurie) drangsaliert, entwickeln sich bei ihr telekinetische Fähigkeiten und Rachegelüste.

                                      Mobbing, die Abnabelung von den Eltern, die erste, zarte Liebe sind typische Themen Heranwachsender. King überspitzt alles zu einem Horrordrama: Das Mobbing ist äußerst brutal und perfide, die Mutter ist in ihrem religiösen Wahn mit ihrem Psychoterror die wahre Horrorgestalt des Films, allein für die Liebe bleibt ein kleiner Hoffnungsschimmer. Es folgt ein blutiges Finale, eine Abrechnung mit den Peinigern und auch dem weltfremden, religiösen Fanatismus, der Seelen zu zerstören vermag.

                                      Dabei bedient sich de Palma in seiner mitreißenden Inszenierung einer hervorragenden Bildsprache und einer optimalen Besetzung. Sissy Spacek und Piper Laurie erhielten zurecht „Oscar“-Nominierungen. In Nebenrollen glänzen John Travolta und Amy Irving. Die zart melodiöse Filmmusik von Pino Donaggio untermalt das Geschehen perfekt und ist ein weiteres echtes Highlight!

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                                        MareikeHB 29.05.2022, 16:53 Geändert 29.05.2022, 17:15

                                        Das Historiendrama „Julius Caesar“ von Joseph L. Mankiewicz ist eine werkgetreue Umsetzung des gleichnamigen, grandiosen Stücks William Shakespeares. Dementsprechend darf man hier auch den Originaldialogen lauschen.

                                        Die Stärke des Films liegt eindeutig in der Besetzung: Die Hauptdarsteller gehörten damals in ihrer Unterschiedlichkeit anerkanntermaßen zu den besten ihrer Zunft: Der expressive Marlon Brando (als Mark Antonius), der zurückhaltende James Mason (Brutus) und der klassische Theaterschauspieler John Gielgud (Cassius)! Wahrscheinlich zählt dieser Film deshalb heute noch zu den renommiertesten Shakespeare Adaptionen. Auch die Damen Daborah Kerr und Greer Garson überzeugen, Louis Calhern als alternder Julius Caesar zumindest einigermaßen. Die Regie wirkt aus heutiger Sicht manchmal vielleicht etwas zu statisch. Das mit einem „Oscar“ prämierte Bühnenbild ist recht reduziert ohne monumentale Szenen. Daher kommt bei diesem Werk auf jeden Fall ein echtes Theatergefühl auf.

                                        „Oscar“-Nominierungen gab es für den Besten Film, für Hauptdarsteller Brando, die beste Kamera (Schwarzweiß) sowie für die recht bombastische Filmmusik von Miklós Rózsa.

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                                        • Die Liste hat sich heute mit fast 250 Einträgen nochmals verdoppelt, um die Vielfalt weiter zu vergrößern. Wichtiger Hinweis: Auch am Listenende befinden sich noch viele Klassiker/Empfehlungen. Diese wurden von mir bislang noch nicht gesichtet. Für weitere Tipps bin ich gerne offen.

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                                          • Habe eine Liste mit Filmempfehlungen aus den 1950ern erstellt, die insbesondere für diejenigen interessant sein könnte, die sich an dem anstehenden Community Voting für die Filme der 1950er beteiligen möchten. Einige deuteten an, noch nicht genügend Filme aus der Zeit zu kennen. Vielleicht dient diese Liste als Inspirations- und/oder Erinnerungsquelle.

                                            In den 1950er dominierte stark das Hollywood Kino - die sogenannte Goldene Ära Hollywoods neigte sich allerdings langsam dem Ende zu. Diese Filme waren noch von dem Hays-Code bestimmt, sodass es viele Einschränkungen für die Filmschaffenden gab. So durften z.B. Gewalt und Sex weitestgehend nur angedeutet und religiöse Gefühle nicht verletzt werden. Dies wurde zum Ende der 1950er zunehmend als Einschränkung empfunden. Andererseits waren die Regisseure gezwungen, äußerst subtil und kreativ brisantere Themen anzusprechen. Ein weiterer positiver Effekt des Hays-Code war, dass die Filme gerade aus heutiger Sicht meistens auch für empfindlichere Gemüter oder Kinder geeignet sind. Viel Spaß!

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                                            • MareikeHB 28.05.2022, 10:20 Geändert 28.05.2022, 10:23

                                              Wie Stefan Ishii kann ich den spannenden Thriller „Jennifer 8“ mit einer großartigen blinden Uma Thurman und die „Neunschwänzige Katze“ von Dario Argento sehr empfehlen, die noch nicht auf Deiner Liste sind. Außerdem fällt mir spontan noch John Cleese als äußerst schräger Blinder in dem wild derben Piratenfilm „Dotterbart“ ein.

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                                              • 8 .5

                                                „Wilde Erdbeeren“ von Regielegende Ingmar Bergman ist ein kunstvolles, lebenskluges Drama mit kleinen komischen Spitzen. Der 78-jährige Protagonist (Victor Sjöström) wird in Träumen mit der Endlichkeit seines einsamen Lebens konfrontiert. Ihm wird immer deutlicher, dass er wie ein lebendiger Toter gelebt hat. Dabei wird ihm klar, dass er von seiner „untoten“, gefühlskalten Mutter, einer unglücklichen Liebe und seinem starken Drang, beruflich erfolgreich zu sein geprägt wurde. Beruflich kommt er zu größten Ehren, familiär steht er vor einem Scherbenhaufen. Er begibt sich mit seiner unglücklichen, aber hoffnungsvollen Schwiegertochter (Bibi Andersson) auf eine Autofahrt. Inspirierend wirken drei unbekümmerte, lebensfrohe junge Leute und auch ein hasserfülltes Ehepaar, die er als Anhalter in seinem Auto mitnimmt.

                                                Die lineare Erzählung wird immer wieder von surreal anmutenden Träumen und Jugenderinnerungen der Hauptfigur durchzogen, die filmisch brillant umgesetzt werden. So findet die unschuldige, verklärte Jungendzeit z.B. in der weißen Kleidung der Kinder seinen Widerhall. Bei den Träumen sind Einflüsse des Malers Salvador Dalí und des Autors Franz Kafka erkennbar.

                                                Die älteren Schauspieler und Schauspielerinnen agieren sehr überzeugend, nur das exaltierte Spiel der Jüngeren wirkt etwas altmodisch aufgesetzt. Letztlich stellt Bergman auf eine sehr unterhaltsame Weise die Frage nach dem Lebenssinn. Der Titel „Wilde Erdbeeren“ erinnert daran, nach der wahren, menschlichen Natur zu streben.

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                                                • MareikeHB 23.05.2022, 22:53 Geändert 23.05.2022, 22:57

                                                  Danke, lieber Einar, für diesen sehr informativen Artikel der anderen Art. Habe ihn mit Interesse gelesen. Das Thema Trinkerdrama hebt sich wohltuend von so manchen anderen, kommerziellen Beiträgen hier bei MP ab. Dabei fiel mir ein, dass letztlich auch die diversen „A Star is Born“-Verfilmungen zu dieser Kategorie gehören, auch wenn dort noch andere Themen mitschwingen.

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                                                    „Inland Empire“ von David Lynch ist in jeder Beziehung ein echter Lynch: surreal, experimentierfreudig, stylisch, komisch, leicht brutal und vor allem überaus rätselhaft. Das Gehirn versucht ständig, etwas zu verstehen. Zu verstehen ist wohl nur, dass dieser Film ein Äquivalent zur modernen, abstrakten Kunst darstellt: Dieses Werk kann niemals zu Ende interpretiert werden.

                                                    Vordergründig geht es in erster Linie um eine verheiratete Schauspielerin (Laura Dern), die ein neues Filmprojekt angeht und mit ihrem Schauspielkollegen anbändelt. Dabei verwischen ihre Identität und die der Filmrolle zunehmend. Alles wird immer traumhafter. Unterschiedliche Realitätsebenen und vielleicht auch Zeitebenen wechseln sich ab. Parallelwelten, ein Traum, Wahnsinn, Reisen ins Unterbewusstsein - alles ist möglich. Vielleicht existiert die Schauspielerin nur in der Vorstellung und in Fernsehsendungen, die eine junge Frau, die gelegentlich eingeblendet wird, schaut. Vielleicht lebt die Schauspielerin nur die Gefühle dieser Frau aus und ist ein Hirngespinst dieser. Wer weiß.

                                                    Der Film knüpft inhaltlich nahtlos an Lynchs Mulholland Drive an. Die Bilder sind einfach großartig und einfallsreich, auch wenn nur auf eine einfache Digitalkamera zugegriffen wurde. Als Darsteller überzeugen vor allem eine grandiose Laura Dern, aber in kleineren Rollen auch Jeremy Irons, Justin Theroux, Harry Dean Stanton, Diane Ladd, Julia Ormond und Nastassia Kinski. Der Soundtrack ist wieder einmal sehr geschmackssicher und immer passend. Inhaltlich und künstlerisch ist dieser Film auf ähnlichem Niveau wie z.B. Lost Highway und Mulholland Drive. Letztlich sind die Figuren und die Besetzung hier in meinen Augen noch etwas gelungener. Dieses Filmkunstwerk, stattliche, aber kurzweilige gut 170 Min. lang, lädt auf jeden Fall zu erneuten Sichtungen ein.

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