MareikeHB - Kommentare

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    MareikeHB 01.03.2022, 18:54 Geändert 01.03.2022, 18:55

    Als Schauspieler war Klaus Kinski unglaublich talentiert und hochbegabt, aber als Mensch ein immer wieder vom Wahnsinn getriebener Wüterich, der nicht selten seine Kontrolle verlor. Dies äußerte sich bei ihm in unvermittelten und exzessiven Schimpftiraden, Zerstörungswut, Beleidigungen sowie sogar Handgreiflichkeiten gegenüber seinen Mitmenschen.
    Der perfektionistische, deutsche Meisterregisseur Werner Herzog hatte ein besonders großes Stehvermögen, was Kinski betrifft, erkannte seine darstellerische Brillanz schon früh und drehte insgesamt fünf Spielfilme mit ihm. Zudem schuf er die sehenswerte Dokumentation „Mein liebster Feind - Klaus Kinski“ in der er seine persönlichen Erfahrungen mit dem Ausnahmedarsteller schildert und alte Drehorte gemeinsamer Filme bereist.

    In der Dokumentation werden anhand von Filmausschnitten sowohl das herausragende darstellerische Können, als auch durch Erzählungen des Regisseurs Werner Herzog und Interviews mit Schauspielkollegen die exzessiven Ausbrüche Kinskis hervorgehoben. Ein Wutanfall wurde bei den Dreharbeiten zu „Fitzcarraldo“ sogar mit der Kamera aufgezeichnet, sodass sich die Zuschauenden einmal unmittelbar selbst ein Bild von dem brodelnden Vulkan Kinski machen können. Lediglich die Schauspielerin Eva Mattes hat nur Gutes über Kinski zu berichten und verweist auf seine äußerst sensible Natur. Sensibilität und Zugewandtheit waren bei ihm aber wohl eher Ausnahmeerscheinungen.
    Sein aggressives Verhalten ging so weit, dass an Dreharbeiten beteiligte eingeborene Südamerikaner Herzog ernsthaft anboten, Kinski zu töten, da sie ihn offensichtlich für gefährlich und verrückt hielten.

    Kritisch sehen könnte man, dass Herzog, bis auf eine Ausnahme, nur mit seinem eigenen Filmmaterial die schauspielerische Brillanz Kinskis belegt und damit kräftig Werbung für seine eigenen Filme macht. Letztlich schlachtet er Kinskis psychische Auffälligkeiten dabei auch sehr für seine persönlichen Zwecke aus und verlässt sich dabei auf den Voyeurismus und Skandalhunger der Zuschauer. Zudem bleiben viele Fragen, was die Persönlichkeit Kinskis betrifft, unbeantwortet, da Kinskis Verhalten weitestgehend nur im Kontext persönlicher Erfahrungen und der Dreharbeiten zu den Herzog Filme beschrieben wird. Interessant wäre sicherlich ein zumindest kurzer Rückblick auf die Kindheit gewesen oder überhaupt ein Erklärungsversuch seines auffälligen Verhaltens.
    Letztlich erscheint Kinski als äußerst tragischer Charakter, der wahrscheinlich zeitweise besser in einer psychiatrischen Einrichtung aufgehoben gewesen wäre. Regelrecht versöhnlich und poetisch ist die wunderbare Schlusseinstellung der Dokumentation, die einen sehr sanften Kinski mit einem zutraulichen Schmetterling zeigt. Ein körperlich fragiler Schmetterling hält einen geistig fragilen Kinski im Zaum.

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      MareikeHB 23.02.2022, 18:19 Geändert 23.02.2022, 19:02

      Die Schauspielgrößen Samuel L Jackson und Michael Keaton sind vielleicht schon Grund genug, sich einmal „The Protégé - Made for Revenge“ von Martin Campbell zu widmen. Es sind tatsächlich vor allem die beiden Ausnahmedarsteller sowie die schlagkräftige Maggie Q und interessante Figurenkonstellationen, die diesen blutigen und mitunter auch sehr harten Action-Reißer über den Durchschnitt heben.

      Geboten werden optisch gut aufbereitete Spannung, angereichert mit Originalaufnahmen aus dem Vietnam, und natürlich jede Menge Schusswechsel, Messerstechereien und Prügeleien. Die Geschichte ist für einen Actionfilm relativ schlüssig und gehaltvoll, zudem auch modern, da letztlich ein Frau - Maggie Q verkörpert eine vietnamesische Auftragskillerin - im Zentrum steht. Sie darf sich hier dementsprechend richtig austoben.

      Wer kurzweilige, leichte Unterhaltung mit überzeugenden Darstellern sucht, könnte einmal einen Blick riskieren.

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        MareikeHB 22.02.2022, 22:22 Geändert 23.02.2022, 11:52

        Trashmob 22

        Es wird Zeit zu schleimen. Das sagt sich zumindest ein zweifelhaftes Teufelswesen. Er möchte Arglose mit einer Schleimkrankheit überziehen und sie somit in den Selbstmord treiben. Aus irgendeinem Grund braucht er nämlich ihre Körper. Da ist so ein netter junger Mann, der gerade ein Zimmer in dem Teufelshaus beziehen möchte, das perfekte, nächste Opfer. Wäre da nur nicht noch die jungfräuliche Freundin. Wer macht nun wem die Hölle heiß?

        „Slime City“ von Gregory Lamberson erfüllt die hohe Kunst des Trash-Kinos. Gerade an den äußerst sparsamen Kulissen erkennt man, dass das Geld nicht gerade locker saß. Die Hauptdarsteller, Craig Sabin und Mary Huner, beide mit der Filmografie eines weitestgehend unbeschriebenen Blattes, machen ihre Sache ganz anständig. Da hat man gerade in diesem Segment schon Schlimmeres gesehen. Die Nebendarsteller, nun ja…
        Die Maske ist recht gut geglückt und weiß einige Ekelmomente hervorzurufen. Hier darf man Schleimen, was das Zeug hält, Blut darf in Strömen fließen und Innereien dürfen sich verselbständigen. Das Ganze ist so übertrieben, dass es eher komisch ist, als wirklich erschreckend.

        Dabei kann man sagen, dass der Film, wie viele Horrorfilme übrigens, sehr moralisch ist. Ein guter Schutz gegen das ultimative Böse ist schon einmal die Jungfräulichkeit, vor allem natürlich vor der Ehe! Außerdem verfällt man im wahrsten Sinne des Wortes dem Teufel, wenn man Versuchungen nicht widerstehen kann. Promiskuität ist genauso wenig zu empfehlen, wie die Einnahme dubioser, unbekannter Substanzen. Bleibt also besser sauber und verfallt um Gottes Willen keinen Schleimern!

        Auf recht kurzweilige, schwarzhumorige Art werden hier letztlich bekannte Horrormotive im Billigheimer-Look verkauft. Aber glücklicherweise muss man trotzdem nichts für den Streifen zahlen, da es ihn derzeit umsonst bei Netzkino zu streamen gibt.

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          MareikeHB 20.02.2022, 12:56 Geändert 20.02.2022, 12:57

          Ist das ein neuer Trend, dass in englischsprachigen Filmproduktionen auf einmal alle (!) Darsteller mit einem Akzent sprechen, nur weil die Produktion im Ausland angesiedelt ist und keine Angelsachsen dabei sind? Wird die Darstellung dadurch authentischer oder einfach nur alberner? Hätte man da nicht deutlich konsequenter sein können und gleich alle Rollen mit Einheimischen besetzen und diese in ihrer Landessprache sprechen lassen können? Müssen amerikanische Schauspieler sich heutzutage alle Akzente der Erde aneignen können, wenn sie einen entsprechend ausländischen Charakter verkörpern? Könnte man einen falschen italienischen Akzent heutzutage nicht als Italian-Facing bezeichnen? Oder sollte es nicht selbstverständlich sein, dass Darsteller theoretisch jede Rolle spielen können, denn das macht ja schließlich die hohe Kunst der Schauspielerei aus? Aber können sie dann nicht trotzdem akzentfrei in ihrer Landessprache sprechen, zumindest dann, wenn sie nicht nur einzelne Vertreter anderer Nationen verkörpern, sodass eine Unterscheidung durch einen Akzent wirklich gerechtfertigt wäre?

          All diese Fragen gingen mir bei dem sehenswerten Familiendrama „The House of Gucci“ von Ridley Scott durch den Kopf. Abgesehen von dem überflüssigen italienischen Akzent der nichtitalienischen Darstellerinnen und Darsteller in der Originalversion, ist die Besetzung sicherlich das große Plus des Films. Lady Gaga und Adam Driver können als Hauptdarsteller auf ganzer Linie überzeugen. Jeremy Irons als Familienpatriarch ist gewohnt cool und souverän, hatte leider etwas zu wenig Bildschirmzeit, ähnliches gilt für Selma Hayek. Jared Leto, der viel Mut zur Hässlichkeit beweist und den man hier kaum wieder erkennt, und Al Pacino, wen wundert es, haben ihre Nebenfiguren eher etwas überzeichnet angelegt.

          Die tragische Familiengeschichte nach wahren Begebenheiten wird insgesamt recht spannend und glaubhaft erzählt. Im Grunde genommen ist es eine gekonnte Seifenoper, die das wahre Leben schrieb, in der es überwiegend auf die zwischenmenschlichen Beziehungen der Beteiligten ankommt.

          Ridley Scotts Regie ist solide, aber unauffällig. Die Ausstattung ist gut, aber insbesondere die Kostüme hätten noch etwas mehr Glamour versprühen können. Der Soundtrack mit vielen Songs aus der Zeit ist durchaus gefällig, aber vielleicht zu wenig italienisch. Letztlich ist dieser Film trotz gewisser Schwächen gehobenes Unterhaltungskino.

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            MareikeHB 18.02.2022, 18:21 Geändert 18.02.2022, 18:23

            Das Stummfilmmeisterwerk „Steamboat Bill, Jr. - Wasser hat keine Balken“ von Charles Reisner mit dem damaligen Megastar Buster Keaton weiß auch heute noch mit atemberaubenden Stunts und gelungenen Spezialeffekten zu überzeugen. Die Action-Komödie braucht zwar eine Weile, um richtig in Fahrt zu kommen, wird aber bis zum fulminanten Finale immer beeindruckender.

            Inhaltlich wird viel geboten: die Rivalität zweier Kapitäne, eine Vater/Sohn-Geschichte, romantische Liebe, eine klassische Heldenerzählung durch die Bewältigung eines unglaublichen Sturms. Gerade auch die gut getimten visuellen Gags sind heute noch spektakulär. All dies macht diesen kurzen Film zu einem zeitlosen Vergnügen für Alt und Jung. Nur was der merkwürdige, wie unnötige, Titelzusatz „Wasser hat keine Balken“ soll, bleibt ein Rätsel.

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              MareikeHB 16.02.2022, 18:07 Geändert 16.02.2022, 18:22

              „Das krumme Haus“ von Gilles Paquet-Brenner ist ein gediegener Whodonit traditioneller Machart nach einer durchaus plausiblen Kriminalgeschichte der legendären Agatha Christie.
              Hier wird inhaltlich und gestalterisch das Rad zwar nicht neu erfunden, dafür gibt es angenehme Spannung, zahlreiche, schräge Verdächtige, eine gelungene Ausstattung im 50er-Jahre Look und ein wunderschönes, altes Herrenhaus.
              Auf Glenn Close kann man sich als Darstellerin immer verlassen, und Max Irons mimt gekonnt unaufgeregt den jungen Schnüffler. Bei Max Irons, der mir schon positiv in „Die Frau in Gold“ aufgefallen ist, warte ich noch auf die wirklich großartigen Filmrollen, damit er in die (großen) Fußstapfen seines Vaters Jeremy treten kann.

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                MareikeHB 15.02.2022, 19:07 Geändert 15.02.2022, 19:08

                Klassiker-Tipp! Noch bis zum 17.03.2022 in der Arte-Mediathek.
                „Verliebt in scharfe Kurven“ - da denkt man wohl nicht in erster Linie an ein Buddy-Movie. Genauer gesagt handelt es sich hier um ein Buddy-Road-Movie. Regisseur Dino Risi kombiniert auf sehr unterhaltsame und kurzweilige Weise viel italienische Lebensart, 60er-Jahre-Flair, feine tragikomische Momente, Gesellschaftskritik und überraschende Wendungen.

                Der selbstbewusste Lebemann mittleren Alters (Energiebündel Vittorio Gassman) lernt zufällig einen gehemmten und sehr schüchternen Jurastudenten (Jean-Louis Trintignant) kennen und verbringt mit diesem spontan zwei intensive Tage und durchfeierte Nächte in Rom und Umgebung. Die Charakterzeichnungen, auch die der Nebenfiguren, sind brillant. Es wird ein Italien des Umbruchs gezeigt. Traditionelles Landleben steht im Widerstreit mit dem Wirtschaftswunder - konservative Werte, repräsentiert durch den Studenten, treffen auf das vom Lebemann verkörperte Streben nach Individualismus mit einhergehender Konsumlust und Oberflächlichkeit. Das Ende zeigt, dass in dieser durch den Lebemann verkörperten, verführerischen, neuen Welt nicht für jeden Menschen ein Platz zu finden ist. Regie und Kamera sind immer auf der Höhe, und der Klassiker italienischer Popmusik „Quando, Quando, Quando“ von Tony Renis zieht sich wie ein roter Faden durch den Film.

                Ein weiterer Hauptdarsteller ist das leicht ramponierte, wunderschöne Cabrio Lancia Aurelia mit seiner musikalischen Hupe. Der Film gilt als Meisterwerk der commedia all‘italiana, der typisch italienischen Komödie. Tatsächlich ist es eher eine Tragikomödie der leiseren Art, mit einem ungewöhnlichem Ende.

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                  MareikeHB 13.02.2022, 19:02 Geändert 13.02.2022, 19:07

                  Mein Sohn hatte sich mit der philosophischen Frage zu befassen, ob Menschenaffen die gleichen Rechte wie Menschen haben sollten. Hierzu merkte er an, dass oftmals leider nicht einmal allen Menschen die gleichen Rechte zukommen. Genau mit letzterer Thematik befasst sich auch die sehenswerte Doku-Miniserie „Rottet die Bestien aus!“ von Raoul Peck.

                  Der in Haiti geborene, dunkelhäutige Regisseur Peck zeigt äußerst detailliert die Verbrechen der Europäer mit ihrer Kolonisationspolitik seit dem 15. Jahrhundert auf, die aus einem kulturellen Überlegenheitsgefühl resultieren. Dies führte zu einem über Jahrhunderte andauernden Massenmord der indigenen Völker in Amerika, der Aborigines in Australien, die millionenfache Versklavung und Massenmorde der Afrikaner und gipfelte schließlich in dem besonders „effektiven“ millionenfachen Mord der Juden unter den Nationalsozialisten in nur wenigen Jahren.

                  Peck, der schon in vielen Teilen der Welt gelebt hat, u.a. auch in Afrika, den USA, Frankreich und in Berlin, wo er an der Deutschen Film- und Fernsehakademie studierte, bereist für diese Dokumentation die Welt und stellt mit Schauspielerinnen und Schauspielern, u.a. Josh Hartnett, einige wichtige, historische Szenen nach. Zudem zeigt er Ausschnitte aus bekannten Spielfilmen, historisches Bildmaterial und Zeichentrickfilme, um seine These des bei den Europäern und weißen Amerikanern tief verankerten Gefühl der „Überlegenheit der Weißen“ zu untermauern. Auch lässt er Experten zu Wort kommen und persönliche Erfahrungen mit einfließen.
                  Schonungslos deckt er Beispiele der Geschichtsverklärung auf, die aus der Siegermentalität der Briten und weißen US-Amerikanern resultieren. Insbesondere mit dem Selbstverständnis der USA geht er hart ins Gericht.

                  Dabei ist seine Vorgehensweise nicht chronologisch, sondern er springt zeitlich vor und zurück von Ereignis zu Ereignis, um die Parallelen in der Geschichtsschreibung aufzuzeigen. Dabei schafft er auch Bezüge zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, z.B. durch Darwin, die als weitere Rechtfertigung für die Ausbeutung der Schwächeren dienten. Vieles wiederholt sich im Laufe der Dokumentation, aber genau dadurch wird auch das ganze Ausmaß der Verbrechen deutlich. Auch spielt er mit den Sehgewohnheiten der Zuschauer, indem er einmal den Spies umdreht und weiße Kinder von Schwarzen versklaven lässt.

                  Letztlich wird deutlich, dass an dem Reichtum aller Europäer und Amerikaner Blut klebt. Niemand hat sich weltweit mehr auf das „Recht des Stärkeren“ berufen als die Europäer und ihre amerikanischen Nachfahren. Die Folgen der Ausbeutung ganzer Kontinente spüren wir gerade in der heutigen Zeit immer noch deutlich. Peck setzt gekonnt die unterschiedlichsten filmischen Mittel ein, um eine Dokumentation der verbrecherischen Ungerechtigkeit zu schaffen, die auf alle Fälle nachwirkt.

                  Noch bis zum 31.05.2022 in der arte-Mediathek!

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                  • 8 .5

                    Die Deutschen sind, gerade wenn es um deutsche Filme geht, anscheinend manchmal besonders kritisch. Genau dies bekommt das Historien- und Ehedrama „Nirgendwo in Afrika“ von Caroline Link hier zu spüren. Immerhin wurde dieser Streifen, der auf dem autobiografischen Roman von Stefanie Zweig basiert, mit dem „Oscar“ als bester fremdsprachiger Film prämiert. Und man kann sagen, durchaus zurecht!

                    Der junge, deutsch-jüdische Rechtsanwalt Redlich wandert 1938 unter den Nationalsozialisten nach Kenia aus, um eine Farm zu verwalten. Seine Ehefrau und seine Tochter folgen ihm widerwillig nach. Gerade seine Ehefrau hadert zunächst mit ihrem neuen Zuhause, da das karge Leben auf der Farm nicht viel mit ihrer Zugehörigkeit zu den besseren gesellschaftlichen Kreisen in ihrer alten Heimat gemein hat. Durch kriegsbedingte, äußerliche Zwänge und das Streben der Ehefrau nach Selbstbestimmtheit wird die Ehe zusätzlich auf eine harte Probe gestellt. Spannungsmomente oder echte Dramatik sind rar gesäht. Dennoch bleibt das Geschehen rund um die Familie Redlich, gerade in der Beschreibung des Alltags, immer interessant und kurzweilig.

                    Das Leben in Afrika und der unmittelbare Kontakt mit den Einheimischen wird glaubwürdig geschildert. Auch begegnet die Regisseurin den afrikanischen Eingeborenen positiv zugewandt und mit gebührendem Respekt.
                    Die Protagonisten, grandios verkörpert von Juliane Köhler und Merab Minidze, sind Charaktere mit Ecken und Kanten. Die Besetzung der Nebendarsteller ist ebenfalls sehr gelungen.

                    Wirklich erstklassig ist zudem die oft sehr einfallsreiche Regie der Caroline Link. Sie vermag immer wieder Momente echter Kinomagie zu zaubern, unterstützt von einer Kamera, die wunderschöne Bilder einfängt. Auch die sehr hörenswerte Filmmusik von Niki Reiser trägt zu diesem äußerst sinnlichen Filmvergnügen bei.

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                      MareikeHB 07.02.2022, 19:01 Geändert 07.02.2022, 19:09

                      „Taxi Teheran“ von und mit Jafar Panahi ist ein mutiger und, technisch gesehen, sehr außergewöhnlicher Film. Hintergrund ist, dass dem regimekritischen Regisseur Panahi im Iran ein Drehverbot auferlegt wurde. Aber Not macht bekanntermaßen erfinderisch. Panahi besorgte sich ein Taxi und drehte seinen Film mit einer kleinen Kamera, die dieses Taxi niemals verlässt. Diese Kamera wird bewusst immer einmal in eine andere, passende Richtung gedreht, sodass die „Kameraleute“, der sympathische, taxifahrende Regisseur und einige Mitreisende über diese „bewusst geführte“ Kamera immer sichtbar sind und letztlich mit dem Filminhalt verschmelzen. Die Einstellungen sind lang und kommen mit wenigen Schnitten aus.

                      In diesem inszenierten Dokumentarfilm fährt Panahi diverse Fahrgäste durch Teheran. Mit leisem Humor äußert er mithilfe der Mitreisenden mehr oder weniger offensichtlich Kritik an den bestehenden Verhältnissen im Iran. Wenn über die Vorgaben an Filme gesprochen wird oder eine Menschenrechtsaktivistin zu Wort kommt, geschieht dies plakativ. Weit subtiler zeichnet er dieses kritische Bild seiner Regierung, wenn er ein blutendes, metaphorische Opfer des Systems, fanatischen Aberglauben (als versteckte Religionskritik?), Schattenwirtschaft, das (nicht offensichtliche) misshandelnde Böse in der Nachbarschaft in allzu menschlicher Gestalt und den Mangel an Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit anhand der Erlebnisse der unterschiedlichen Mitreisenden darstellt.

                      Als mir die Hintergründigkeit seiner scheinbar recht unspektakulären, kleinen Geschichten bewusst wurde, habe ich den Film mit meiner Bewertung nochmals hochgestuft. Hier gibt es viel zu entdecken und zu deuten. Auch das absurde Ende ist genial und zeigt bildhaft, dass sein Film gegen bestehende (ebenfalls absurde) Gesetzte verstößt. Dieses Meisterwerk wurde zurecht mit dem „Silbernen Bären“ ausgezeichnet.

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                        MareikeHB 06.02.2022, 15:38 Geändert 06.02.2022, 15:54

                        Die insgesamt sehenswerte, sehr berührende Tragikomödie „Ein Mann namens Ove“ von Hannes Holm bleibt immer nahe an der gleichnamigen literarischen Vorlage, dem lesenswerten Bestseller von Fredrik Backman.
                        Der 59 Jahre alte, mürrische und pedantische Ove verliert nach seinem Jobverlust seinen Lebensmut. In Rückblenden werden weitere Schicksalsschläge in seiner Vergangenheit aufgezeigt. Neue Nachbarn stellen ihn schließlich vor neue Herausforderungen.

                        Die Regie ist unauffällig routiniert und die grandiosen Darsteller tragen den Film. Einige Nebenstränge der Geschichte, die Randfiguren betreffen, werden allerdings nur angerissen. Die Hauptfigur mit „dem zu großen Herz“ wird auch leider über die Maßen heroisiert. Zudem verlaufen einige psychologische Entwicklungen zu schnell. Hier wäre ein Weniger an Nebenhandlungen deutlich mehr gewesen. Diese Schwäche, die viele Literaturverfilmungen teilen, und die etwas übertriebene, politisch korrekte Botschaft der Toleranz wird glücklicherweise durch schwarzen Humor, schillernde Typenzeichnungen und die fesselnde Lebensgeschichte Oves mehr als ausgeglichen.

                        Dieser „Crowd-Pleaser“ ist letztlich ein typischer Repräsentant des gehobenen Mainstream-Kinos. Da kommt die „Oscar“- Nominierung als bester fremdsprachiger Film nicht von ungefähr. Jedenfalls gibt das Werk auf unterhaltsame Art und Weise interessante Gedankenanstöße zu den Themen Sinn des Daseins, Trauerbewältigung und Mitmenschlichkeit.

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                        • Schöne Idee, cine! Für mich kannst Du gerne „Rosenkranz und Güldenstern“ als Lieblingsfilm eintragen. Danke!

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                            MareikeHB 02.02.2022, 19:06 Geändert 02.02.2022, 19:11
                            über Ivanhoe

                            Die mit vielen Stars besetzte britische TV-Produktion „Ivanhoe“ von Douglas Camfield nach dem Roman von Sir Walter Scott kann heute optisch nicht mehr höheren Ansprüchen genügen. Dafür ist diese Version deutlich flotter inszeniert und unterhaltsamer als die visuell gelungenere, gleichnamige Romanverfilmung aus dem Jahre 1952 von Richard Thorpe.

                            An manchen abrupten Schnitten und Ausblendungen merkt man leider, wann Werbepausen eingeplant waren. Auch wirken Kostüme und Ausstattung nicht immer sonderlich hochwertig. Optisch erinnert einiges eher an Kinderkarneval.
                            Der schön und jugendlich wirkende Ivanhoe (Anthony Andrews) bleibt zudem recht farblos und schwächlich. Dafür können Darsteller wie Sam Neil, John Rhys-Davis als draufgängerische Normannen-Ritter und Olivia Hussey als mutige Rebecca in Nebenrollen glänzen. Auch James Mason kommt eine relativ große Rolle als sorgenvoller, treuer Jude Isaac zu, der die Angel-Sachsen zusammen mit seiner schönen Tochter Rebecca im Kampf gegen die Unterdrücker unterstützt. Wirklich optimal besetzt finde ich ihn hier allerdings nicht. Da sehe ich Mason schon deutlich lieber als hinterlistigen Sir Brack in „Prinz Eisenherz“ (1954). Aber an die beeindruckende Optik und den Unterhaltungswert dieser „Prinz Eisenherz“- Verfilmung kommt in meinen Augen so schnell auch kein anderer Ritterfilm aus alten Tagen heran. Für Kinder und Genrefans ist diese „Ivanhoe“-Verfilmung aber im Ergebnis durchaus zu empfehlen.

                            Fun-Fact: „Ivanhoe“ ist anscheinend in Schweden ein Kultfilm und wird dort seit der Erstausstrahlung jährlich in der Weihnachtszeit gezeigt.

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                              MareikeHB 31.01.2022, 18:55 Geändert 31.01.2022, 18:56

                              Geheimtipp bei Prime! Der groteske Skandalfilm „Die Haut“ von Liliana Cavani zeigt den Verfall moralischer Werte in Neapel zum Ende des zweiten Weltkriegs.
                              Die 5. Armee der USA marschiert in Neapel ein. Die Soldaten landen in einem Sündenpfuhl verzweifelter Menschen und werden Teil dieses sündigen Lebens. Zudem droht eine Katastrophe biblischen Ausmaßes diesem Treiben ein Ende zu bereiten.

                              Der Film beginnt recht ruhig, aber gewisse „skandalöse“ Momente tauchen oft dann auf, wenn man sie am wenigsten vermutet. Manchmal kann man in diesem Fall nur den Kopf schütteln, ein andermal wird schwärzester Humor oder gar Schockierendes geboten. Der Film pendelt zwischen Drama, Gesellschaftssatire und Groteske (Ich sage nur Meerjungfrau!!!). Klassische Sexszenen gibt es kaum, aber dafür einige andere komische Szenen sexuellen Inhalts hart an der Ekelgrenze. Auch sollte man keine Abscheu vor Blut und Innereien haben.
                              Die Handlungsabfolgen sind eher lose aneinandergereiht. Dafür kann man großartige Stars wie Marcello Mastroianni, Burt Lancaster und Claudia Cardinale bewundern. Die oftmals persiflierten Italiener und Amerikaner schenken sich nichts.
                              Offensichtlich wurden ursprünglich viele Szenen aus der deutschen Version geschnitten. Kein Wunder, wenn davon gesprochen wird, aus „fetten“ deutschen Kriegsgefangenen Seife herzustellen. Herausgeschnittene Szenen wurden hier im Originalton mit Untertitel wieder eingefügt. Die Bildqualität ist erstklassig aufbereitet worden.
                              Das große Dankeschön an die Bewohner Neapels am Schluss klingt eher wie eine Entschuldigung!

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                                MareikeHB 30.01.2022, 13:43 Geändert 30.01.2022, 13:45

                                Ich bin eine Ja-Sagerin und fühle mich einfach großartig damit! Es folgen ein paar Beispiele:

                                Findest du auch, dass „Der Ja-Sager“ eine nur äußerst mittelmäßige Komödie mit einem gelegentlichen Nerv-Faktor ist? - Jaaaaa!

                                Findest du wenigstens Bradley Cooper ganz niedlich? Jaaa!

                                Möchtest Du einmal mit Helene Fischer und Florian Silbereisen abrocken? Äh, ja!

                                Möchtest Du einmal ein Bad in Tomatensauce nehmen? Öh, ja!

                                Möchtest Du mit Elon Musk zum Mars und wieder zurück fliegen? Na gut, ja!

                                Möchtest Du Deinen Urin trinken? Ih, ja!

                                Möchtest Du irgendeinem Idioten einmal tüchtig etwas auf die Mütze geben? Au, ja!

                                Möchtest Du einmal vom 10. Stock springen? Ja, aua!

                                Ist es schön im Himmelreich? Ei, ja!

                                Schreibt hier ein Geist? Nun, ja!

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                                  MareikeHB 29.01.2022, 17:38 Geändert 30.01.2022, 13:18

                                  „He‘s a lumberjack and he‘s okay…“ Dieser Monty Python Holzfäller Song (Lumberjack Song) der anderen Art geht einem so schnell nicht aus dem Kopf, wenn man die zeitlos witzige Anarcho-Komödie „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“ zu Gesicht bekommt.
                                  Man kann bei dieser Ausgeburt von Kreativität und absurdem Witz schon verstehen, warum Monty Python als größte britische Comedy Truppe ever gefeiert wird.
                                  Ihre schräg abstrusen Sketche und die kunstvollen Zeichentrickeinlagen, die oft an surreale Malerei erinnern, bilden ein Alleinstellungsmerkmal, das in dieser Form und Qualität wohl auf Dauer unerreicht bleiben wird.
                                  Monty Python sind wohl die Beatles unter den Comedians, die man als festen Bestandteil europäischer Kultur einmal kennengelernt haben sollte. Auch wenn sich bei dem Humor möglicherweise die Geister scheiden werden. Da sollte man schon etwas härter im Nehmen sein. And now for something completely different…

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                                    „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“ von Jacques Rouffio ist ein fesselndes Historiendrama, angelehnt an wahre Tatsachen. Der Leiter einer Hilfsorganisation Max Baumstein erschießt völlig unerwartet den Botschafter Paraguays. In Rückblenden, die in die Zeit des Nationalsozialismus und Baumsteins Kindheit führen, werden die Gründe seiner Tat offenbart.
                                    Interessant ist, dass in dieser französischen Produktion die Geschehnisse in den ausführlichen Rückblenden sehr objektiv geschildert werden. Fernab aller Klischees gibt es hier deutsche Nazis und aber auch Dissidenten. Dementsprechend findet man bei den Franzosen selbstlose Helfer, wie auch Nazi-Kolloborateure. Einfache Gut und Böse-Zeichnungen sucht man zudem in den Charakteren vergeblich. Nur das Schussopfer ist charakterlich eindimensional, aber letztlich auch nur eine Randfigur.
                                    Die Regie ist eher durchschnittlich bis behäbig. Getragen wird das Drama jedoch von den grandiosen Schauspielleistungen der deutsch-französischen Besetzung. Romy Schneider sticht in einer glaubhaften Doppelrolle hervor und bietet eine würdige, aber auch tragische Abschiedsvorstellung, da sie kurz darauf leider viel zu früh verstarb. Zugleich war es ihr Herzensprojekt und letztlich eine Brücke für die Verständigung zwischen Deutschen und Franzosen.
                                    Flankiert wird Romy Schneider in dieser bewegenden Geschichtslektion unter anderem von Michel Piccoli, Helmut Griem und Mattieu Carriere.

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                                    • 6 .5

                                      Na, so schlecht ist „Daughter of the Wolf“ von David Hackl doch gar nicht! Obwohl für diesen als klassisches B-Movie angelegten Action-Thriller das Budget sicherlich limitiert war, bietet er solide Spannung, handfeste und zuweilen auch bluttriefende Unterhaltung.
                                      Eine ehemalige Soldatin und alleinerziehende Mutter (Powerfrau Gina Carano) versucht ihren entführten Sohn auf eigene Faust zu befreien. Dabei teilt sie kräftig aus und kämpft sich durch die kanadische, winterliche Gebirgslandschaft.

                                      Handwerklich ist der Streifen völlig in Ordnung, liefert bisweilen sogar sehr gelungene Naturaufnahmen. Davon gibt es glücklicherweise reichlich, da überwiegend an der frischen Luft gedreht wurde.
                                      Wie es sich für einen Action-Film gehört, geht es dabei nicht immer sehr realistisch zu. Zum Ende, kurz vor dem finalen Showdown, kommt zudem eine Drehbuchlücke zum Vorschein. Außerdem kann man darüber schmunzeln, dass Wölfe anscheinend schlauer sind als so mancher Mensch. Sie können hier nämlich klar zwischen Gut und Böse unterscheiden. Aber die schön in Szene gesetzten Wölfe sollen, wie der Filmtitel bereits nahelegt, wohl eher als Symbol (hier positiv besetzt als mütterlich beschützend und als Sinnbild für Kraft) verstanden werden.
                                      Das Schauspiel aller Beteiligten ist ordentlich. Richard Dreyfuss als oberböser „Vater“ schwankt zwischen Genialität und Überzeichnung. Leider werden die Rollenangebote für viele Stars im Alter nicht besser. Wer nicht zu viel erwartet, wird also ordentlich unterhalten und kann vielleicht auch einige Trash-Momente durchaus genießen.

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                                        MareikeHB 23.01.2022, 17:21 Geändert 23.01.2022, 17:24
                                        über Hatari!

                                        Zum (etwas verspäteten) Gedenken an den wunderbaren Hardy Krüger! „Hatari!“ von Howard Hawks ist mehr eine Liebeskomödie als ein Afrika-Abenteuerfilm, da Spannungsmomente ziemlich rar gesät sind.
                                        Bei den Großwildjägern, die wilde Tiere, wie Giraffen, Nashörner, Affen und Wildkatzen für diverse Zoos ohne Waffengewalt auf freier Wildbahn einfangen, scheint der Umgang mit dem weiblichen Geschlecht die weit größte Herausforderung zu sein. Der, wie meistens, väterliche, aber etwas unbeholfene John Wayne, der ungestüme Hardy Krüger, der zielstrebige Gérard Blain, der gewitzte Red Buttons, die kesse Elsa Martinelli und all die anderen verkörpern allesamt Sympathieträger. Interessant ist, dass das Team sehr international besetzt ist. Nur „der Indianer“ (Bruce Cabot) sieht nicht wirklich wie ein amerikanischer Ureinwohner aus.

                                        Die Szenen, in denen die Jäger die wilden Tiere gefangen nehmen, sind recht ausführlich geraten. Natürlich wären sie heute unter Tierschutzaspekten undenkbar, zumal hier viele mittlerweile bedrohte Arten eingefangen werden. Sehr niedlich ist, wie die Fotografin (Elsa Martinelli) kleine, mutterlose Elefantenbabys adoptiert. Dazu passt perfekt Henry Mancinis berühmtes Instrumentalstück „Baby Elephant Walk“. Auch sonst untermalt Mancinis großartiger Soundtrack das Geschehen perfekt. Insgesamt ist der Film ein gelegentlich etwas langatmiges, eher harmlos dahinplätscherndes Vergnügen, für Groß und Klein gleichermaßen geeignet.

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                                        • 6 .5

                                          Der Fantasy-Film im historischen Gewand „Die Abenteuer des Baron Münchhausen“ von Terry Gilliam klingt zunächst einmal sehr vielversprechend. Schließlich passen die kreativ haarsträubende literarische Vorlage des „Lügenbarons“ Hieronymus von Münchhausen und der versierte Kulissenzauberer Terry Gilliam wie Deckel auf Topf.
                                          Resultat ist tatsächlich ein optischer Leckerbissen. Gilliams äußerst einfallsreiches und hochwertiges Set-Design, die Ausstattung und die Spezialeffekte lassen immer wieder die Augen staunen - und dies gänzlich ohne CGI!
                                          Leider gibt es inhaltliche Defizite. Die legendären Abenteuer werden weitestgehend spannungsarm mit zahlreichen Rückblenden und einigen äußerst lärmenden und nervigen Charakteren dargeboten. Einer davon wird leider von Robin Williams als kopfloser König auf dem Mond verkörpert. Den wunderbaren Humor der Monty Python Truppe, unter anderem ist auch Gilliams Kumpel Eric Idle mit dabei, sucht man vergeblich. Dafür kann man hier die junge Uma Thurman als wunderschöne Venus bestaunen.
                                          Ähnlich wie das mittelprächtige Werk „Time Bandits“, ebenfalls von Terry Gilliam, spricht der Film womöglich eher Kinder an. Seine großen Meisterwerke wie „König der Fischer“ und „12 Monkeys“ erreicht Gilliam mit diesem Streifen jedenfalls nicht.

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                                          • 8 .5
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                                            Wer möchte nicht einmal wieder herzhaft lachen und a bisserl Wärme ums Herzl in der Schneezeit spüren? (Bitte entschuldigt mein Fake Österreichisch)
                                            Dem sei die wunderbare Verwechselungskomödie „Drei Männer im Schnee“ von Kurt Hoffmann empfohlen. Kein geringerer als der famose Erich Kästner hat das exzellente Drehbuch mit herrlichen Dialogen, viel Situationskomik und Sozialkritik ausgearbeitet. Zudem lässt er gelegentlich auch seine Stimme aus dem Off in das idyllisch verschneite Alpenpanorama erschallen.

                                            Liebenswert urige Typen fallen in ein vornehmes Alpenhotel ein als:
                                            falscher, gewitzter, armer Schlucker,
                                            falscher, steifer Baron,
                                            richtiger, charmanter aber mittelloser Doktor,
                                            richtiges nettes Fräulein Obergeheimrat und
                                            falsche, begriffsstutzige Tante. Sie müssen sich unter anderem mit aufdringlichen Damen, blasiertem Personal und jeder Menge sozialer Vorurteile herumplagen. Natürlich kommt auch die Romantik nicht zu kurz. Also herein in das verschneite und mit viel Spielfreude dargebotene Vergnügen. Bester Schnee von gestern!

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                                              MareikeHB 13.01.2022, 18:34 Geändert 14.01.2022, 09:14

                                              Das perfide Beziehungsdrama „Der seidene Faden“ von Paul Thomas Anderson ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Kostümfilm-Meisterwerk. In diesem hervorragenden Kammerspiel geht es um einen hochbegabten, sehr erfolgreichen Modeschöpfer (wieder einmal brillant: Daniel Day-Lewis) und sein merkwürdiges Verhältnis zu seiner selbstbewussten Muse (hervorragend: Vicky Krieps), die er in die höhere Gesellschaft einführt.

                                              Es ist ein Stück weit eine Variation oder vielmehr ein Gegenentwurf zu der bekannten „Pygmalion“ Geschichte, die unter anderem bereits in dem Klassiker „My Fair Lady“ verarbeitet wurde. Hier stehen sich Mann und Frau letztlich auf Augenhöhe gegenüber und erleben eine ungewöhnliche „Liebe“, die zugleich Machtkampf und Masochismus in sich vereint. Alle Protagonisten zeigen eindeutig psychische Auffälligkeiten.
                                              Die grandiose Kameraführung, die äußerst subtile Regie mit dem nuancierten Schauspiel aller Beteiligten, die „Oscar“-prämierten Kostüme und der gelungene Soundtrack von Jonny Greenwood (er gehörte zur renommierten Band „Radiohead“) machen dieses ruhige und auf leisen Pfoten daherkommende Drama zu einem „Arthouse“-Erlebnis, dass zurecht zahlreiche „Oscar“-Nominierungen erhielt.

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                                                Der englische Titel „Dragon - Love is a Scary Tale“ täuscht. Es handelt sich hier um eine russische Produktion, und zwar um einen gelungenen, märchenhaften Fantasy-Liebesfilm von Indar Dzhendubaev, der gerade auch in technischer Sicht mit der hochwertigsten Konkurrenz aus Hollywood mithalten kann.

                                                Die Tochter eines russischen Herzogs wird während ihres Hochzeitsrituals von einem Drachen entführt. Ihr Verlobter, der Enkel eines berühmten Drachentöters, macht sich auf, sie zu befreien… Letztlich steht hier nicht so sehr Action und Abenteuer, sondern eine herrlich romantische Liebesgeschichte im Vordergrund. Dabei finden sich Anleihen an diverse Klassiker der Literaturgeschichte, z.B. „Die Schöne und das Biest“, aber auch „Dr. Jekyll und Mr. Hide“ sowie Motive verschiedener Märchen. Die Protagonistin (bezaubernd: Marya Poezzhaeva) gefällt durch ihre starke Persönlichkeit und ist zudem eine wahre Sympathieträgerin.

                                                Perfekt ausgearbeitete CGI und Effekte, liebevoll gestaltete Kulissen und Ausstattung, eine grandiose Kamera sowie die gut aussehenden Stars machen dieses Werk in jeder Hinsicht zu einen optischen Leckerbissen. Der passende Soundtrack befördert das sinnliche Vergnügen. Manchmal bewegt sich die Produktion nahe am Kitsch, aber letztlich dominiert ihr einnehmender Charme. Für meine Begriffe hätte das zwar alles ruhig noch ein bisschen spannender sein können. Aber Hauptzielgruppe dürften wohl jüngere Teenager sein.

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                                                  MareikeHB 09.01.2022, 16:35 Geändert 09.01.2022, 16:38

                                                  Zum Tode des großartigen „New Hollywood“ Regisseurs Peter Bogdanovich, R.I.P.:
                                                  Neben seinen Meisterwerken „Die letzte Vorstellung“, „Paper Moon“ und dem Geheimtipp „The Mystery of Natalie Wood“ schuf Bogdanovich mit „Is was, Doc?“ eine zeitlose Slapstick- und Scewball-Komödie, die auch heute noch Groß und Klein zu begeistern vermag.
                                                  Inhaltlich offensichtlich inspiriert von Howard Hawks „Leoparden küsst man nicht“, aber auch gedacht als Hommage an die großartigen Slapstick-Filme vergangener Tage, sorgt dieses Gag-Feuerwerk für anhaltende Freude.

                                                  Eine chaotische, junge Frau (Barbra Streisand) versucht den völlig weltfremden Musikwissenschaftler (Ryan O´ Neal) für sich zu gewinnen und hinterlässt dabei eine Schneise der Verwüstung. Hinzukommt, dass einige gleichartige Koffer mit teilweise sehr wertvollem Inhalt immer wieder verwechselt werden.
                                                  Bogdanovich jongliert, mit einem vorzüglichem Gespür für Timing, regelrecht mit den Gags, unterstützt von bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetzte Darsteller und Darstellerinnen. Auch gesanglich zeigt Multitalent Barbra Streisand mit der Cole Porter Swing-Nummer „You‘ re the Top“, dass sie zu den ganz großen Sängerinnen gehört. Höhepunkt ist eine äußerst gelungene Verfolgungsjagd durch San Francisco.

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                                                    MareikeHB 07.01.2022, 18:22 Geändert 07.01.2022, 23:15

                                                    Der Ausnahmeregisseur Yorgos Lanthimus schuf mit „The killing of a Sacred Deer“ einen für seine Verhältnisse fast eher konventionellen, aber exzellenten Horror-Genrebeitrag mit einigen schwarzhumorigen, manchmal auch befremdlich wirkenden Einlagen.
                                                    In Anlehnung an den Mythos der Iphigenie aus der griechischen Mythologie geht es um Rache und einen Fluch, der nur durch ein schwerwiegendes Opfer beseitigt werden kann.

                                                    Die Charaktere wirken alle leicht emotionslos, roboterhaft, oder vielleicht sogar leicht autistisch, in ihrer Gestik, Mimik und auch Sprache. Diese nur graduelle Abweichung von gewöhnlichem menschlichen Verhalten, fördert die Spannung und das Gefühl des Unbehagens bei den Zuschauenden. Der Instinkt sagt, mit denen stimmt doch etwas nicht, und man rechnet jederzeit mit dem Schlimmsten. Unterstützt wird diese Emotion der Anspannung durch die zuweilen völlig schamlosen Dialoge, die vom jeweiligen Gegenüber jedoch immer als „normal“ wahrgenommen und nicht in Frage gestellt werden. Dieser sonderbar angehauchte Mikrokosmos schafft eine leicht irreale Atmosphäre. Die Darstellerriege, souverän angeführt von Nicole Kidman und Colin Farrell, überzeugt dabei auf der ganzen Linie.

                                                    Wirkungsvoll unterstützt werden die Momente der Spannung durch die jeweils nur sehr sparsam eingesetzte, sakral anmutende Musik Franz Schuberts sowie den Originalsoundtrack, der u.a. aus einem fließend höher werdenden Synthesizer-Klang besteht.

                                                    Da es sich hier um einen Horrorfilm handelt, verwundert es nicht, dass zwei Szenen ziemlich ekelig blutig geraten sind. Mit einer Operation am offenen Herzen muss eine derartige Ekelhürde gleich schon zu Beginn des Films genommen werden. In dieser Szene geht es, wie in einer Overtüre, entsprechend der Thematik im Film um Verletzlichkeit, Ausgeliefertsein, Leben und Tod sowie das Herz als Symbol für die Liebe. Die eigentliche Overtüre, die der Operation am Herzen vorausgeht, ist jedoch ein schwarzer Bildschirm zu den Klängen der erhabenen Musik Franz Schuberts.

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