MareikeHB - Kommentare

Alle Kommentare von MareikeHB

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    MareikeHB 11.11.2021, 21:59 Geändert 11.11.2021, 22:00

    „Der Weg nach oben“ von Jack Clayton ist ein packendes, bitterböses, britisches Noir-Beziehungsdrama. Ein ehrgeiziger Aufsteiger hat das Ziel, eine Tochter aus höheren Kreisen zu heiraten, verfällt sodann aber einer unglücklich verheirateten, älteren Dame…
    Die klassische Dreiecksbeziehung („Oscar“ für das beste adaptierte Drehbuch) wird für damalige Verhältnisse sehr frei und ohne viel Schamgefühle erzählt.
    Insbesondere die grandiosen Hauptdarsteller, Simone Signoret als lebensfrohe und desillusionierte Geliebte (dafür gab es ebenfalls einen „Oscar“) sowie Lawrence Harvey als ihr ambitionierter, gut aussehender Liebhaber („Oscar“-Nominierung), zeigen eine gehörige Portion Leidenschaft und immer glaubwürdige Gefühlsregungen. Die Charakterzeichnungen sowie auch die Dialoge sind sehr pointiert. Zudem wird das damals sehr undurchlässige britische Klassensystem -„Man bleibt in seinen Kreisen“ - thematisiert.
    Auch die „Oscar“-nominierte Regie ist exzellent, alle Schauspieler werden gekonnt geführt, und die Bildsprache unterstützt immer einmal wieder hervorragend die Emotionen. So spiegelt sich z.B. das im zweiten Weltkrieg zerbombte Elternhaus in dem „kaputten“ Charakter des Protagonisten wieder. Typisch für die Zeit ist der hohe moralische Anspruch. Fehltritte bleiben nie ungesühnt.
    Nach all den Jahren wirkt der Film immer noch kurzweilig, zeitlos und frisch.

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      Streaming-Tipp: „Zodiac - Die Spur des Killers“ von David Fincher beschreibt in Anlehnung an wahre Begebenheiten detailliert und fesselnd die jahrzehntelange Suche nach dem US-amerikanischen Serienmörder „Zodiac“. Dabei sind Mitarbeiter des „San Francisco Chronicle“ sowie Vertreter der Polizei dem mysteriösen, sehr brutalen Mörder auf der Spur. Er erpresste unter anderem den Chronicle mit verschlüsselten Nachrichten, die in einer bestimmten Zeit zu entschlüsseln und zu veröffentlichen seien, um bestimmte angekündigte Bluttaten zu verhindern. Witzige Dialoge lockern die trockene Recherchearbeit der Fahnder auf.
      Fincher nimmt sich sowohl für die grausamen Morde durch den Unbekannten Zeit, als auch für den Alltag seiner unterschiedlichen, hervorragend besetzten Ermittler. Darstellerisch stechen insbesondere Robert Downey Jr. und Mark Ruffalo mit ihrem charaktervollen, aber ungezwungenen und authentischen Spiel heraus.
      Das Szenenbild ist exzellent, wie auch der kühle Jazz-Soundtrack von David Shire.
      David Fincher wählt als ausgezeichneter Regisseur immer einmal interessante Kameraeinstellungen. Vielleicht hätte man den Film etwas straffen können, aber für mich macht das grandiose Schauspiel dieses Manko letztlich wieder wett. Insgesamt bietet der Thriller gelungene und anspruchsvolle Unterhaltung.

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        MareikeHB 07.11.2021, 00:08 Geändert 07.11.2021, 11:12

        Der malerische Kostüm-Kunstfilm „Tod in Venedig“ von Luchino Visconti nach der gleichnamigen Novelle von Thomas Mann zeichnet das Bild eines der Welt entrückten, gesundheitlich angeschlagenen Komponisten und seiner unerfüllten Liebe zu einem hübschen Heranwachsenden als Konfrontation mit dem Leben und zugleich mit seiner Vergänglichkeit.
        Der verbitterte Professor von Aschenbach verbringt seinen Urlaub in einem Luxushotel am Lido von Venedig. Als er dort dem wunderschönen Jüngling Tadzio, dem Sohn einer polnischen Gräfin, begegnet, blüht er auf und beobachtet ihn immer wieder verstohlen. Schließlich folgt die Konfrontation mit dem Tod.
        Zur literarischen Vorlage Manns, die viel Raum für Interpretationen lässt, werde ich besser schweigen. Die Bildsprache dieses Films mit den vielen Bezügen zur Kunst, zur natürlichen, irdischen Schönheit und zum Tod mit all seinen Vorzeichen unter der meisterhaften Regie Viscontis ist äußerst gelungen. In kurzen Rückblenden wird der Charakter des Professors hervorragend gezeichnet. Im Anbetracht der schwelgerischen Bilder fällt das sehr ruhige Erzähltempo nicht allzu sehr ins Gewicht.
        Dirk Bogarde kreiert einen letztlich recht jämmerlichen, unsympathischen von Aschenbach und übertreibt es vielleicht zuweilen etwas mit seiner Kunst. Björn Andrésen als hübscher Jüngling avancierte zur Ikone und wurde vielfach von beiden Geschlechtern verehrt.
        Letztlich geht es in dieser zu Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelten Geschichte auch um eine damals doppelt verbotene Liebe: zum einen durch die Gleichgeschlechtlichkeit und zum anderen ist das Objekt der Begierde minderjährig. Dieses Werk erscheint in vielen Aspekten als Gegenstück zu Stanley Kubricks „Lolita“, ebenfalls eine Verfilmung von Weltliteratur. Dort geht es um die zerstörerische, verbotene Liebe zu einer (in den Augen eines ebenfalls verliebten Professors) wunderschönen Minderjährigen.

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          Oh! Fast jeder 10., der „Ziemlich beste Freunde“ gesehen hat, bezeichnet diese angenehme Komödie von Olivier Nakache und Eric Toledano als Lieblingsfilm! Sowohl Bekanntheit, als auch die Höhe der Durchschnittsbewertung ist rekordverdächtig.
          Dieser bewegende Film über eine ungewöhnliche Freundschaft macht alles richtig. Es ist die eigentlich recht simple, wahre Geschichte über einen sehr kultivierten, querschnittsgelähmten Millionär und seinen Pfleger aus einfachen Verhältnissen. Dieser Pfleger, der als „Arme und Beine“ des vom Hals abwärts Gelähmten eingestellt wurde, trägt das Herz auf der Zunge und ist zunehmend Quell der Lebensfreude des Millionärs. Umgekehrt vermittelt der äußerst gebildete und schöngeistige Arbeitgeber seinem Pfleger Selbstbewusstsein und Kultur. Auf diese Weise profitieren beide.
          Der Film lebt vor allem von seinen zwei überragenden Hauptdarstellern: dem zurückhaltenden, aber dezent emotionalen François Cluzet und dem witzigen, ausdrucksstarken Omar Sy. Die beiden teilen immer wieder wunderbare Momente.
          Handwerklich ist dieser Film solide, allerdings ohne Überraschungen. Das hätte vielleicht auch zu sehr von der sehr leichtfüßig und mit viel Esprit erzählten Geschichte abgelenkt. Letztlich ist es ein Mainstream-Werk, das nicht aneckt, auf höchstem Niveau.

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          • 7 .5

            Es ist November geworden. Es ist Zeit für einen absoluten Anti-Horrorfilm. Da ist wohl vielleicht neben „Sissi“ kaum ein Machwerk besser geeignet als Henry Levins Klassiker „Im Dutzend heiratsfähig“, die sehr gelungene Fortsetzung von „Im Dutzend billiger“.
            Diese überaus charmante Familienkomödie aus den 1950ern über eine allein erziehende Witwe (Myrna Loy) mit ihren 12! Kindern bereitet heute noch viel Freude. Viele Gags zünden, der Rest ist aus heutiger Sicht schrägster 1950er Zeitgeist - einfach entzückend.

            Zum einen geht es um die unterschiedlichsten, köstlichen Verehrer der ältesten Töchter, zum anderen um die berufliche Kariere der Mutter, die sich als renommierte Ingenieurin in einer Männerwelt behaupten muss. Myrna Loy mimt eine wunderbar sympathische, emanzipierte Frau. Wer hätte das bei einer Mainstream Hollywood Produktion aus den 1950ern für möglich gehalten. Nach dem zweiten Weltkrieg dominierte schließlich das „Heimchen am Herd“-Image der Frauen in den Unterhaltungsfilmen, wie auch in der Werbung. Mit der Lebenswirklichkeit hatte dieses damalige „Idealbild“ natürlich nicht immer viel zutun, da schließlich viele Frauen nach dem Krieg verwitwet waren und zwangsläufig für den Lebensunterhalt der Familie aufkommen mussten. Akademikerin oder gar Ingenieurin waren die Ernährerinnen der Familie damals allerdings in den seltensten Fällen. Dennoch wird es in diesem Film als eine Selbstverständlichkeit dargestellt und das patriarchische System auch offen kritisiert.
            Bei der Besetzung stechen die athletisch hübsche Debra Paget, die überaus gekonnt einen Stepptanz kredenzt, und der blendend aussehende Jeffrey Hunter hervor.

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            • 7 .5

              „Hard to Die“ (1993) von und mit Jackie Chan spielt nicht nur vom Titel her auf die erfolgreichen „Die Hard - Stirb langsam“-Filme an. Geboten wird hier wie beim amerikanischen Vorbild sehr kurzweilige, knallharte Action ohne die bei Chan so häufig vorzufindenden komödiantischen Einlagen. Chan nimmt sich einem ersten Thema an, Entführungen mit Lösegeld-Erpressungen von (wohlhabenden) Geschäftsleuten durch die organisierte Kriminalität. Dies war damals in Hongkong wohl ein allgegenwärtiges Problem, wie im Abspann zu lesen ist. Zugleich prangert er Korruption bei den Strafverfolgungsbehörden an.
              Verpackt wird dies in ein krachendes Aktionsfeuerwerk voller atemberaubender Stunts. Die Kriminalgeschichte ist eher schlicht gehalten, aber aufgrund des Realitätsbezuges durchaus glaubwürdig. Übertriebene Action ist natürlich nie von Realismus geprägt, macht hier aber unter Chans dynamischer Regie, mit der erstklassigen Kamera und dem flottem Schnitt sehr viel Freude.

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                MareikeHB 25.10.2021, 18:54 Geändert 01.12.2021, 23:36

                Noch bis zum 05.12.21 in der Arte-Mediathek! Der „Würgeengel“ von Meisterregisseur Luis Buñuel ist eine brillante, surreale Horror-Satire.
                Eine vornehme Gesellschaft findet sich in dem Raum ihres Festgelages gefangen. Niemand kann den Raum verlassen oder von außen betreten. Die Barriere ist unsichtbar - wie ein Hirngespinst. Nur Tiere, hier ein paar unglückliche Schafe, können die Grenze überschreiten.
                Mit beißendem Humor und viel Wortwitz amüsiert sich Buñuel über die Dekadenz der Bessergestellten der mexikanischen Gesellschaft. Er lässt sie leiden wie die Ärmsten der Armen, indem er ihnen Lebenselixiere wie Wasser und Essen weitestgehend verwehrt. Nach und nach bröckelt die Kultiviertheit und Moral. Die Oberschicht gibt sich in dieser Extremsituation zunehmend der Lächerlichkeit preis. Letztlich ist sie, überspitzt gesehen, ein geschlossener Kreis, der keinen Kontakt zu anderen gesellschaftlichen Schichten hat und zulässt. Hier ist die Trennung dementsprechend radikal. Am Ende sieht man, wer nach Buñuels Ansicht noch diesem erlesenen Kreis zugerechnet wird…
                Zwischendurch gibt es ein paar sehenswerte Horror-Traumsequenzen, u.a. mit einer beweglichen abgetrennten Hand. In den Augen Buñuels hat es die Oberschicht verdient, auch einmal zu leiden. Fraglich ist, ob diese Menschen dem Würgeengel, der Hölle auf Erden, entkommen können.
                Mit hervorragenden mexikanischen Darstellern gesegnet bietet dieser Film ein zeitlos kurzweiliges Vergnügen der anspruchsvollen Art. Gezeigt wird die Originalversion mit Untertiteln.

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                • 7 .5

                  Wenn ein Meisterregisseur Zeit zum Spielen hat…In Jacques Tatis kunstvoll verspielter Satire „Playtime“ begegnen wir einem futuristisch anmutenden Paris und stolpern mit Tatis bekanntem alter ego Hulot durch architektonisch künstlerische Kulissen mit diversen Design-Highlights. Das Bühnenbild ist modernistisch reduziert, kommt vielleicht dem Bauhaus-Stil am nächsten. Jedenfalls wirkt es erstaunlich zeitlos modern.
                  Der unbeholfene Hulot erkundet dieses Paris und die neusten Errungenschaften der Technik mit den naiv erstaunten Augen eines Kindes.
                  Dabei begegnet ihm immer wieder eine überaus enthusiastische, amerikanische Touristengruppe. Extrem kreative Hutkreationen zieren die Köpfe der Damen.
                  Die berühmten Sehenswürdigkeiten Paris, wie der Eiffelturm oder der Triumphbogen, sieht man nur beiläufig als Reflexionen in Glastüren, so als ob alles Traditionelle und Alte in dieser Welt nur noch der unbedeutende Hauch einer Erinnerung ist. Ein Kreisverkehr wird brilliant wie ein Karussell inszeniert, als würde der rasante Fortschritt die Menschen schwindelig machen.
                  Tatis Bildkompositionen gleichen erneut Wimmel-Bildern, in denen immer etwas Neues zu entdecken ist.

                  Auf eine geschlossene Handlung wartet man, wie auch in den anderen Tatis-Filmen, vergeblich. Einige Szenen ziehen sich etwas in die Länge. Der skurrile Witz, den viele seiner übrigen Meisterwerke ausstrahlen, tritt hier etwas kürzer.
                  Dafür sticht das oben erwähnten Bühnenbild deutlich heraus und offenbart erneut Tatis Kritik an einer kalten, fortschrittswütigen, menschenfeindlichen (Kunst-) Welt.

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                  • 9

                    „Die Unzertrennlichen“ von David Cronenberg ist ein faszinierendes Psychodrama mit leichten Horror-Anleihen, inspiriert von einer wahren Geschichte. Die sonderbaren, hochbegabten und eineiigen Mantle-Zwillinge leben wie in einer Symbiose: Sie teilen ihre Wohnung, ihr Privatleben (sogar ihre Liebesbeziehungen) und üben auch den Beruf des Gynäkologen erfolgreich gemeinsam aus. Schnell zeigt sich, dass die beiden Zwillinge sehr gegensätzliche Charaktereigenschaften haben, aber zusammen perfekt „funktionieren“, etwa wie Yin und Yang oder die zwei Seiten einer Medaille. Die Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt, als sich ein Zwilling verliebt und dadurch neuen Einflüssen ausgesetzt wird.

                    Die Beziehung zwischen den Zwillingen wird äußerst subtil, in einem permanenten Spannungsfeld zwischen Einheit und Individualität dargestellt. Mal überwiegt der eine, dann wiederum der andere Aspekt in ihrem Miteinander. Dementsprechend verwischen die prägenden Eigenschaften der beiden gelegentlich, sodass sie wie Siamesische Zwillinge erscheinen. Getragen wird dies durch den überragenden Darsteller Jeremy Irons, der die Zwillinge mit viel Fingerspitzengefühl verkörpert. Die Charaktere versprühen immer auch etwas Beängstigendes, zeigen ihre dunklen Seiten. Schreckens-Elemente bestehen hier vor allem aus Psycho-Horror.
                    Die Ausstattung der Wohnungen unterstützt mit ihrer Einrichtung die Charakterzeichnungen, und auch Farben werden immer sehr gezielt eingesetzt. Verfremdete gynäkologische Instrumente werden zu Kunstobjekten erhoben.
                    Cronenberg ist mit diesem ungewöhnlichen Porträt ein nahezu perfektes und vielschichtiges Meisterwerk gelungen, das allerdings nichts für schwache Nerven ist.

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                      MareikeHB 09.10.2021, 13:21 Geändert 09.10.2021, 18:48

                      „Sich lebendig essen“ lautet die sinngemäße Übersetzung dieser vielversprechend klingenden, aber typisch amerikanisch marktschreierischen Dokumentation „Eating you alive“. Tatsächlich schildern einige Amerikaner, unter anderem auch Prominente wie James Cameron und Samuel L. Jackson, wie sie durch eine Ernährungsumstellung chronische Erkrankungen wie Diabetes Typ 2, Krebs, Herz-/Kreislaufleiden, Entzündungen im Körper etc. überwunden haben. Einige dieser Diagnosen waren sogar zunächst tödlich. Wie durch ein Wunder trat Besserung ein, nachdem diese Personen auf eine (weitestgehend) fett- und zuckerfreie, vegane Vollwertkost umgestiegen sind.
                      Anhand von Statistiken wird erst einmal auf das Übel verwiesen, dass erschreckend viele Amerikaner fettleibig und chronisch krank sind. Zugleich wird anhand von Zahlen demonstriert, wie der Zucker- und Fettverbrauch über die Jahrzehnte vor allem über die verarbeiteten Lebensmittel immer mehr zugenommen haben. Die Ernährungsmittelindustrie wird kritisiert, wie auch das Gesundheitswesen, bei dem der Fokus darauf liegt, Krankheiten zu behandeln und nicht vorzubeugen. Dahinter stecken natürlich vor allem starke wirtschaftliche Interessen. Es wird darauf verwiesen, dass eine weitestgehend natürliche Vollwerternährung umweltschonender und für jeden Einzelnen und das Gemeinwesen deutlich günstiger sind. Zudem lässt sich das Wohlbefinden immens steigern.

                      Viel inhaltlich Neues hat sich aus dieser Dokumentation für mich nicht ergeben. Jeder sollte inzwischen wissen, welche Lebensmittel gesund sind. Allerdings finde ich die Auswirkung der Ernährung auf die Gesundheit und die Heilwirkung gewisser Lebensmittel dennoch erstaunlich. Fraglich ist, ob hier nur einzelne Extremfälle geschildert werden. Nichtsdestotrotz kann man sicherlich von einem positiven Effekt gesunder Ernährung ausgehen. Auch wenn hier vieles mit dem Presslufthammer dargestellt wird, brauchen wohl viele Amerikaner diese starken Botschaften, damit ein Umdenken stattfindet.
                      Ich werde diese Dokumentation tatsächlich zum Anlass nehmen, mich in Zukunft noch bewusster zu ernähren und die Palette gesunder Lebensmittel zu erweitern. Dabei habe ich „Ungesundes“ immer schon eher gelegentlich oder in kleinen Mengen zu mir genommen. Gestern habe ich z.B. bewusst nur eine halbe, lecker fettige Pizza statt einer ganzen gegessen und dazu dann eben einen Salat. 😀 Ganz verzichten möchte ich auf alles „Schlechte“ nicht, aber es auf ein gewisses Minimum zu begrenzen, erscheint machbar.

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                        MareikeHB 04.10.2021, 17:58 Geändert 05.10.2021, 14:06

                        „Motherless Brooklyn“ von und mit Edward Norton ist eine anspruchsvolle und gediegen produzierte Schnitzeljagd mit einer außergewöhnlichen Hauptfigur. Der Protagonist, ein Mitarbeiter in einem Detektivbüro, möchte den Mörder seines Chefs ermitteln. Er wird durch eine wohl eher seltene Erkrankung geplagt, dem sog. Tourette-Syndrom. Dies bedeutet, dass immer einmal wieder unkontrolliert (Schimpf-) Wörter aus ihm herausströmen.
                        Auch wenn es manchmal fast schmerzt, das Leiden des Helden mitzuerleben, meistert Norton seine Rolle glaubwürdig und gibt seine Figur, trotz einiger humoristischer Einlagen, niemals der Lächerlichkeit preis sowie ihr auch die nötige Tiefe.
                        Die Nebendarsteller, Bruce Willis, William Dafoe und vor allem Alec Baldwin meistern ihre Aufgabe routiniert bis überzeugend, Gugu Mbatha-Raw sticht mit ihrem natürlichen Charme bei den Damen hervor. Ein Besetzungscoup mit Hintergedanken ist hier sicherlich Alec Baldwin, der einen machthungrigen Immobilienhai spielt. Die Persönlichkeit dieser Figur weist erstaunlich viele Parallelen zu Donald Trump auf. Schließlich kennt man Baldwin als exzellenten Trump Darsteller aus der U.S.- amerikanischen Satire-Show „Saturday Night Live“.
                        Edward Norton demonstriert mit einigen kleineren Kunstgriffen, dass er ein einfallsreicher Regisseur ist. Insbesondere das Szenenbild und die Ausstattung im 1950er Look sind exquisit. Die Kamera fängt sehr ästhetisch durchkomponierte Bilder ein, mit einer ausgezeichneten farblich abgestimmten Beleuchtung. Dies und der grandios kühle Jazz-Soundtrack von Daniel Pemberton tragen erheblich zu der stilvollen Atmosphäre bei.
                        Zudem erinnert die sozialkritische und mit Ruhe erzählte Detektivgeschichte, die viel Platz für Details lässt, immer einmal wieder an einen klassischen Noir-Film.

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                          MareikeHB 03.10.2021, 12:57 Geändert 09.10.2021, 14:12

                          „Alles außer gewöhnlich“ von Olivier Nakache und Eric Toledano ist ein äußerst liebenswertes Sozialdrama mit tragikomischen Elementen nach wahren Begebenheiten. Zwei Erzieher/Betreuer kümmern sich außerhalb staatlich anerkannter Institutionen engagiert um schwer autistische sowie benachteiligte Jugendliche und bringen diese zusammen, damit sie von einander lernen können.
                          Getragen von grandiosen Darstellerinnen und Darstellern (u.a. Vincent Cassel als großer Sympathieträger) wird dieses komplexe und schwierige Thema recht lebensnah und vor allem optimistisch aufbereitet. Hier zählt jedes Individuum, und für jedes lohnt es sich zu kämpfen. Möglicherweise wird die Welt ein bisschen zu heil dargestellt, hier leben sehr diverse Menschen scheinbar ohne Probleme nebeneinander, selbst Juden und Moslems. Dennoch kann man sagen, dass dieser Film ein Zeichen setzt, wenn auf das gemeinsam Verbindende und nicht auf das Trennende geschaut wird.
                          Frei von Kitsch bietet dieses Werk hochwertige, lehrreiche und rundum gelungene Unterhaltung.

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                            MareikeHB 30.09.2021, 21:09 Geändert 19.02.2023, 18:17

                            „Pesthauch des Dschungels“ des Meisterregisseurs Luis Buñuel ist ein symbolbeladener und fesselnder Abenteuer- und Überlebensfilm.
                            Ein brutaler Abenteurer (Georges Marchal), ein katholischer Priester (Michel Piccoli), eine Prostituierte (Simone Signoret), ein älterer Diamantensucher (Charles Vanel) mit seiner taubstummen Tochter (Michelle Girardon) müssen aus unterschiedlichen Gründen vor einer südamerikanischen Militärregierung fliehen und sich durch den Dschungel Richtung Brasilien kämpfen.
                            Unterstützt von hervorragenden Darstellern und Darstellerinnen ist insbesondere die differenzierte Figurenzeichnung äußerst gelungen und voller Überraschungen. Alle Charaktere weisen zu Beginn des Films korrupte Züge auf und werden vor allem durch Habgier und/oder Gewalt angetrieben. Nur die taubstumme Kindfrau Maria („Maria“ = die Geliebte) hat sich eine kindliche Unschuld bewahrt. Der Prostituierten Djin wird gar über die Bedeutung ihres Namens „Dschinn“ ein böser Geist zugeschrieben. Der Abenteurer „Shark“ hat ebenfalls einen Namen, der Charaktereigenschaften beschreibt: Die Wesenszüge eines Hais liegen bei ihm durchaus auf der Hand. Der Name des Geistlichen Lizardi spielt auf lizard = Eidechse an. Die Eidechse steht in der Mythologie für Tod und Auferstehung. Unter den extremen Bedingungen des Dschungels verändern sich die Eigenschaften der Protagonisten, einige zum Guten, andere zum Schlechten.
                            Die unschuldige Maria versündigt sich im Dschungel erstmals beinahe, indem sie fremden Schmuck begehrt, wird aber vom Priester „gerettet“. Maria wird durch den „Sündenfall“ symbolisch zur Frau.
                            Man könnte meinen, dass Buñuel die biblische Vertreibung aus dem Paradies rückwärts erzählt. Aus dem Sündenpfuhl bewegen sich die Protagonisten in Richtung Paradies. Die Schlange führt hier nicht in Versuchung, sondern wird getötet und „verdirbt“. Das Paradies steht aber nur denjenigen offen, die ihre Sünden abstreifen können.
                            Dazu passt auch der französische Originaltitel „La mort en ce jardin“. Das heißt übersetzt „Der Tod in diesem Garten“. „…diesem Garten“ ist offensichtlich eine ironische Anspielung auf den biblischen Garten Eden.
                            Buñuel hat also aus einer vordergründig „gewöhnlichen“ Abenteuergeschichte ein tiefgründiges Meisterwerk geschaffen, das zum Nachdenken anregt. Natürlich kritisiert Buñuel einmal mehr Militarismus und mit kleinen Seitenhieben auch die Kirche als Institution, wie man es aus seinen anderen Werken kennt. Einige wenige surreale Szenen laden zum Schmunzeln ein.

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                              MareikeHB 29.09.2021, 18:54 Geändert 30.09.2021, 08:48

                              Alles nur geklaut? Mit dem hier als „Neo-Western“ klassifizierten Abenteuerfilm „The Good, the Bad, the Weird“ schafft Jee-Woon Kim einen sinnfreien, waschechten Baller-Film mit hohem Action-Level. Es ist offensichtlich der Versuch einer südkoreanische Antwort auf Leones Italo-Western-Meilenstein „The Good, the Bad, the Ugly“ (Zwei Glorreiche Hallunken). Nicht nur der Titel ist fast identisch, auch inhaltlich stellt sich mit den stilisierten Gewaltdarstellungen nach Italo-Western-Art immer einmal wieder ein Déjà-Vu-Effekt ein.
                              Aber es finden sich auch Anleihen an die „Indiana Jones“ Filme, insbesondere was die Zeit betrifft: die 1930er. Hier sind es allerdings nicht die Nazis, die fremde Ländereien besetzt halten, sondern die Japaner. Diese hatten sich seinerzeit unter anderem Korea und die Mandschurei unter den Nagel gerissen. Die Mandschurei erinnert wiederum stark an die karge Wüstenlandschaft Mexikos, die einem als perfekte Western-Kulisse vertraut ist.
                              Die kreativen Outfits der Outlaws sowie einige wild zusammengeschusterten Bauten könnte man wiederum als Anspielung auf einen beliebigen „Mad Max“ Film sehen.

                              Der Plot sowie die Charakterzeichnungen sind hier so dünn wie ein Strich auf einer Schatzkarte. Eben letzterer jagen alle Beteiligte recht konfus hinterher. The „Bad“, mit seinem asymmetrischen Haarschnitt, ist immer äußerst brutal, the „Good“ fällt mit seinem netten Aussehen als Typ eher blaß aus und the „Weird“ (Kank-Ho Song aus „Parasite“) hat seine komödiantischen Momente. Höhepunkt ist eine spektakuläre Verfolgungsjagd. Inhaltlich kommt dieser recht spannungsarme Film an die großen Vorbilder nicht heran. Leider sind zudem die Kampfszenen gerade zu Beginn immer wieder sehr unübersichtlich gehalten.

                              Die äußerst agile und zuweilen auch kreative Kameraführung, die ausgesuchten exotisch-asiatischen Kulissen und die engagierten Darsteller trösten jedoch über so einige Schwächen hinweg. Auch der gelungene Soundtrack weiß sehr zu gefallen: eine bunte Mischung aus leicht-fernöstlichen Klängen, bekannten „westlichen“ Songs und dem mexikanisch angehauchten Gitarrensound diverser Italo-Western.

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                                MareikeHB 26.09.2021, 19:26 Geändert 26.09.2021, 21:13

                                Das recht kurzweilige Familiendrama „They were Sisters“ von Arthur Crabtree aus dem Hause Gainsborough Pictures scheint nicht in einer deutschen Sprachfassung verfügbar zu sein. Beleuchtet wird das Eheleben dreier Schwestern: Die eine ist glücklich verheiratet, aber unfreiwillig kinderlos, die andere ist ihrem Ehemann immer einmal wieder untreu und die Dritte hat drei wohlgeratene Kinder, aber extrem unter ihrem sadistischen Ehemann zu leiden. Letztlich kommt es zu einem tragischen Todesfall und der juristischen Aufarbeitung der Schuld in einem Gerichtsverfahren.
                                Zwischen Gut und Böse wird hier klar unterschieden. Damals hatten die Filme häufig einen hohen moralischen Anspruch. Verurteilt wird sowohl die Untreue in der Ehe, aber vor allem auch die zerstörerische psychische Gewalt eines dominanten Ehepartners.

                                Filmhistorisch interessant ist die Tatsache, dass die Dialogpartner fast immer zusammen im Bild zu sehen sind und ähnlich wie bei einer Theateraufführung beieinander stehen, dem Publikum ganz oder seitlich zugewandt. Schuss-Gegenschuss-Aufnahmen sucht man hier vergebens. Die Regie wirkt selbst unter damaligen Verhältnissen nicht sehr innovativ. Dafür liefern die Bilder ein spannendes Zeitdokument (groß-) bürgerlichen Lebens. Der Zweite Weltkrieg wird dabei komplett ausgeblendet. Die beliebten, eskapistischen Gainsborough Produktionen sollten immer mit einem gewissen moralischen Anspruch unterhalten. Am erfolgreichsten waren die Kostümdramen - in ihrem Setting weit von der bitteren Kriegsrealität entfernt.

                                Wenig Überraschendes bietet hier die Besetzung. Die damals beliebte Phyllis Calvert ist einmal mehr die große Sympathieträgerin unter den Schwestern. James Mason tritt erneut sehr gekonnt als das perfide Scheusal in Erscheinung. Um sich in seine Rolle einfühlen zu können, habe er sich immer vorstellen müssen, dass seine Ehefrau eine schlechte Köchin sei und er unter heftigen Blähungen zu leiden habe.

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                                  MareikeHB 25.09.2021, 14:59 Geändert 25.09.2021, 23:56

                                  „The Wicked Lady“ von Leslie Arliss ist ein amüsantes, seinerzeit mit 18,4 Mio. Zuschauern in Großbritannien extrem erfolgreiches Kostümdrama mit einer starken Frauenfigur, das gekonnt leichte Unterhaltung bietet. Zugleich bildete es den Höhepunkt der damals so beliebten Filmdramen aus dem Hause der legendären (ur-) britischen Produktionsgesellschaft Gainsborough Pictures.

                                  Margaret Lockwood verkörpert brillant eine bösartige Dame aus höheren Kreisen. Zunächst macht sie ihrer besten Freundin den Verlobten abspenstig - nicht aus Liebe, sondern nur weil sie es kann. Nicht einmal das Schlafgemach möchte sie mit dem Guten teilen. Viel lieber geht sie des Nachts aus Langeweile auf Raubtour und überfällt Kutschen. Dabei verliebt sie sich in einen berüchtigten Räuber (James Mason). Ihr Verhalten wird aber immer mehr von eiskalter Rücksichtslosigkeit geprägt.

                                  Der Einstieg in den Film ist vielleicht heute etwas herausfordernd. So erscheint die Inszenierung zuweilen bühnenhaft. Außerdem wirken die Rückprojektionen zu Beginn des Werkes, wenn Reiter gezeigt werden, in der heutigen Zeit befremdlich. Aber das Durchhalten lohnt sich. Die geistreichen Dialoge (im klaren, britischen Englisch) haben es in sich, und die Darsteller sind allesamt großartig (Lockwood und Mason waren damals die beliebtesten Stars Großbritanniens). Die Geschichte nimmt zunehmend Fahrt auf und mit ihr die Bösartigkeiten! Begleitet wird das Ganze von einem sehr eingängigen Soundtrack.

                                  Randnotiz: Der Film konnte in den USA in dieser Form zunächst nicht gezeigt werden, da die Dekolletés der Damen zu weit ausgeschnitten waren.
                                  „The Wicked Lady“ gibt es anscheinend ganz legal in der britischen Originalversion auf YouTube:
                                  https://m.youtube.com/watch?v=i1m9OOPFxfI&t=5108s

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                                    „Revolver - Die perfekte Erpressung“ von Sergio Sollima ist ein desillusionierter Poliziotteschi und hervorragender Psychothriller.
                                    Die Hauptdarsteller sind erstklassig: Oliver Reed als erpresster Gefängnisdirektor und Fabio Testi als Häftling auf freiem Fuß werden zum Spielball höherer Mächte und bilden eine „Notgemeinschaft“. Wem kann man hier wirklich vertrauen?
                                    Die Inszenierung ist packend und die Story gut konstruiert.
                                    Letztlich geht es in diesem spannenden und typischen 1970er Reißer mit entsprechendem Look ganz klar um die überspitzte Kritik am gesellschaftlichen „System“. Lehnt man sich auf und riskiert etwas oder lässt man sich einlullen und wirft sämtliche Prinzipien über Bord?

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                                    • MareikeHB 21.09.2021, 11:55 Geändert 21.09.2021, 14:24

                                      Coole Challenge, Kidhan! Habe einmal meine Playlisten durchforstet. Die Entscheidung dauerte tatsächlich ein bisschen. Diese (bunt gemischten) Songs liebe ich, viele davon schon seit vielen Jahren. Die Youtube-Links habe ich mir jetzt einmal gespart, nachdem ich gestern alles kurz vor Fertigstellung versehentlich gelöscht hatte.

                                      - Frank Sinatra/Count Basie „Fly Me to the Moon“ („The Voice“ und ein Swing voller Träume)

                                      - Blur „The Universal“ (von meiner liebsten Britpop Band - ein irgendwie ätherischer Song)

                                      - Madness „One Step Beyond“ (von den Meistern des Ska mit einer Prise britischem Madness)

                                      - Billy Joel „Pressure“ (mein liebster Singer/Songwriter, voller Ironie und Lebensnähe)

                                      - Erdmöbel „Party Deines Lebens“ (meine liebste deutsche Band, absurde Poesie und ausgefeilte musikalische Arrangements)

                                      - Frank Black „Hang on to your ego“ (punkiges, musikalisches Aufputschmittel. Am besten mitschreien!)

                                      - Jamiroquai „Cosmic Girl“ (Lieblingsband - jazziger Funk)

                                      - Electric Light Orchestra „Mr. Blue Sky“ (70er Bombast-Rock-Nummer - mit dem schönen UFO-Logo)

                                      - Dionne Warwick: „I Say a Little Prayer“ (60er Soul: tolle Stimme und genial luftiger Sound von Burt Bacharach)

                                      - Juanes „Camisa Negra“ (Lovable Latin Song)

                                      - Jellyfish „New Mistake“ (Symbiose von den Beatles und Supertramp)

                                      - The Carpenters „Now“ (chillige Romantik und diese Stimme von Karen Carpenter…, kam in den ersten „Hart aber herzlich“ Folgen vor 😎)

                                      - Billy Talent “Afraid of Heights” (eine meiner liebsten Rock-Bands)

                                      - The 5th Dimension “Aquarius” (waschechter Hippie-Soul-Song - wenn auch vor meiner Zeit)

                                      - Al Jarreau “My Favorite Things” (Melange aus Jazz und Musical - The Sound of Music, toll ist auch die Version von John Coltrane und natürlich das Original von Julie Andrews, dann am besten in der Mitsing-Version auf youtube)

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                                        MareikeHB 16.09.2021, 13:33 Geändert 16.09.2021, 15:14

                                        Ganz frisch im Streaming: Die romantische Fantasy-Komödie in der Zeitschleife „Palm Springs“ von Max Barbakow bietet insgesamt originelle Unterhaltung, ist aber nicht ohne Schwächen. Die Geschichte ist sehr einfallsreich und verschachtelt, daher wird dazu geschwiegen.
                                        Hauptdarstellerin Christin Milioti ist eine weitere Stärke des Films, eine unglaubliche Ausnahmeerscheinung, Talent inklusive. Sind ihre riesigen Augen wirklich echt??? (Ach, ich denke einmal: Ja.)
                                        Die Komik ist insgesamt durchwachsen, manchmal recht grobschlächtig und abgestanden, im Stile: „onanieren“, „Gabel in der Wange“, also überwiegend visuell. Manche Dialoge sollen offensichtlich eher zum Nachdenken anregen, wie man am besten ein erfülltes Leben führt. Dazu haben die Hauptfiguren in der Zeitschleife natürlich auch genug Zeit.
                                        Ein Schwachpunkt ist für mich die Besetzung der männlichen Hauptrolle mit Andy Samberg, der hier eher bemüht agiert und in Sachen Charme der Milioti nicht das Wasser reichen kann.
                                        Wirklich nervig ist leider das dauerhafte Product Placement eines Dosengetränks!
                                        Der dagegen angenehme Soundtrack erinnert mit seinen Synthesizer-Klängen zwar oftmals sehr stark an den bekannten Song „Lucifer“ von Allan Parsons Project. Die Song-Auswahl ist jedoch insgesamt gelungen.

                                        Nach einem kurzen Teil des Abspanns wird der Film noch fortgesetzt!

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                                          MareikeHB 15.09.2021, 19:10 Geändert 15.09.2021, 20:00

                                          „Reise der Verdammten“ von Stuart Rosenberg ist ein fesselndes, teilweise psychologisch durchdachtes Historiendrama und wohl die gelungenste Verfilmung über die Irrfahrt des deutschen Kreuzfahrtschiffs St. Louis mit fast 1000 ausreisewilligen Juden an Bord im Jahre 1938 zur Zeit der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft.
                                          Beispielhaft, anhand weniger Einzelschicksale auf Seiten der jüdischen Passagiere und der Crew, werden die unterschiedlichsten Interessenkonflikte geschildert. Vor allem als die Passagiere erfahren, dass sie nicht, wie geplant, nach Kuba einreisen dürfen und auch die USA die Einreise verweigern, spitzt sich die Situation an Bord dramatisch zu. Denn sicher ist, dass die Rückfahrt zum Hamburger Hafen der Tod der Reisenden bedeuten würde.
                                          Angenehm ist, dass die Charaktere der Juden sehr differenziert und lebensecht gezeichnet wurden, mit all ihren Stärken und Schwächen. Manche von ihnen gelangen schon in einem traumatisierten Zustand an Bord. Die Besatzung besteht zum Teil aus nationalsozialistischen Hardlinern, die immer wieder vom politisch moderaten Kapitän in Schach gehalten werden müssen. Auch die spätere, zunehmende Verzweiflung der Passagiere wird hervorragend auf den Punkt gebracht und hält naturgemäß auch einige schockierende Szenen bereit. Vielleicht gibt es in der ersten Hälfte einige kleine dramaturgische Längen und gelegentlich leicht seifenoperhaftes Geplänkel. Aber man kann sich manchmal auch an schönen, authentischen „Schnappschüssen“ der Kamera erfreuen, wenn die Menschen an Bord in Massenszenen gezeigt werden.

                                          Die internationale Besetzung mit einigen der bekanntesten Charakterköpfen des 20. Jahrhunderts ist äußerst beeindruckend: die divenhafte Faye Dunaway, der besonnene Oskar Werner als Fürsprecher der Juden an Bord, die tragische Lee Grant, die damenhafte Julie Harris, die enttäuschte Maria Schell, der zornige Jonathan Pryce, Max von Sydow als souveräner Kapitän Schröder, der unsympathische Helmut Griem, der verliebte Malcolm McDowell. In kleinen Rollen: Orson Welles als gerissener kubanischer Geschäftsmann, James Mason als resoluter kubanischer Außenminister und Fernando Rey als kubanischer Präsident, Jessica Lange als jüdische Prostituierte auf Kuba sowie Ben Gazzara als Morris Troper, dem internationalen Vertreter der Juden.

                                          Der Film erhielt einige „Oscar“-Nominierungen, u.a. der sehr passende Soundtrack von Lalo Schifrin. Insgesamt hat mir dieses Werk deutlich besser als die deutsche Produktion „Die Ungewollten - Die Irrfahrt der St. Louis“ gefallen, die oftmals sehr zäh und gezwungen wirkte.

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                                            Die rabenschwarze Zombi-Slasher-Komödie „Juan of the Dead“ von Alejandro Brugués klingt nicht von ungefähr wie „Shaun of the Dead“ oder „Dawn of the Dead“.
                                            Das Strickmuster dieser Filme ist ja immer ähnlich: eine kleine, möglichst diverse Gruppe muss sich gegen eine stetig ansteigende Anzahl von Zombis wehren. Auch die Untoten sehen in all diesen Film gleich abgewrackt aus, bewegen sich meist lahm im Zeitlupentempo und naschen am liebsten frisches Menschenfleisch. Da hilft natürlich nur: Rübe ab oder auch Rübe Matsch.
                                            Was also unterscheidet diesen Film von dem Althergebrachten? Er spielt auf Kuba. Zugleich ist er eine gelungene, selbstironische Satire auf das politische System und die Lebensart auf Kuba, diesem malerischen, aber realsozialistischen, abgewirtschafteten Inselstaat in der Karibik mit seinem Einparteiensystem.
                                            Die Hauptfiguren sind allesamt asoziale „Loser“, die sich durchs Leben schlawinern. Aber durch Versuch und Irrtum entdecken sie recht schnell den Schwachpunkt der Zombis, die von der Regierung schnell als „Dissidenten“ abgestempelt werden.
                                            Der große Nachbar USA wird hier durch einen ultrareligiösen Superfighter repräsentiert, der natürlich ein Allheilmittel gegen die Plage hat. Werden unsere bunt zusammengewürfelten, kubanischen Helden, von diesem Wissen wohl profitieren können?
                                            Einige Gags zünden sehr gut, andere sind eher zum Fremdschämen. Die Effekte sowie die Kameraarbeit sind durchaus gelungen. Letztlich hat man das Gefühl, dass die Ideen überall ein bisschen zusammengeklaut wurden. Dennoch war dieser Film für mich, vor allem wegen einiger sehr gelungener, satirischer Spitzen, absolut auf Augenhöhe mit der Zombi-Komödie „Shaun of the Dead“.

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                                              „Fier Fliegen auf grauem Samt“ von Dario Argento bietet filmisch kreative, aber sinnfreie Thriller-Unterhaltung.
                                              Auch wenn dieser Whodunnit nicht unbedingt zu den Höhepunkten seines schöpferischen Schaffens zählt, demonstriert auch dieser Film mit seinen oftmals schrulligen Einfällen, dass Argento als Filmemacher zu den ausgefallensten Köpfen des italienischen Kinos zählt.
                                              Explizite Gewalt tritt hier nicht ganz so in den Vordergrund, da ist man bei Argento ja einiges gewöhnt, vielmehr wird die Handlung immer wieder durch komische Elemente aufgelockert. Sehr witzig fand ich zum Beispiel den Bestatter mit seinem beeindruckenden Sargangebot.
                                              Den mittelmäßigen Darstellern wird immerhin Bud Spencer in einer kleinen und eher nicht komödiantischen Rolle zur Seite gestellt.
                                              Letztlich ist auch dieser Streifen wieder einmal eine Gratwanderung zwischen Kunst und Trash.

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                                                über Oliver!

                                                „Oliver!“ von Carol Reed ist eine liebevoll ausgestattete Musicalverfilmung frei nach dem Klassiker „Oliver Twist“ von Charles Dickens und wohl eine der schönsten und kindgerechtesten Verfilmungen der berühmten Geschichte um einen Waisenjungen, der in die Fänge von Verbrechern gerät.
                                                Musikalische Einlagen sowie Choreografie sind hervorragend mit dem nötigen Schwung inszeniert, und das Bühnenbild Londons im 19.Jahrhundert ist ästhetisch sehr gelungen: vom prekären Armenviertel bis zum prächtigem Quartier der Bessergestellten.
                                                Die Musik des Lionel Bart ist alter Schule, insgesamt angenehm orchestriert, aber ohne die ganz großen Ohrwürmer. Manchmal ziehen sich die musikalischen Einlagen vielleicht ein wenig zu sehr in die Länge.
                                                Die Darsteller überzeugen, insbesondere Ron Moody als der zwielichtige Fagin, Oliver Reed als der brutale Bill Sikes und Shani Wallis als die mutige und warmherzige Nancy. Mark Lester ist als Oliver liebenswert und charmant, auch wenn er noch nicht gerade eine sehr reife Gesangstimme hat.
                                                Naturgemäß fehlt es dem Film an der Härte und auch Tiefe der Romanvorlage, dennoch bringt er die Kernaussagen recht gut auf den Punkt. Da die Geschichte für Kinder insgesamt durch seine dargestellte Verrohung menschlichen Verhaltens eher etwas härter Tobak darstellt, würde ich den Film für Kinder ab ca. 9 Jahren mit Begleitung empfehlen.

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                                                  MareikeHB 05.09.2021, 12:47 Geändert 05.09.2021, 13:15

                                                  „Bruce Lee - Todesgrüße aus Shanghai rührt an dem Nationalgefühl der Chinesen. Hier werden tüchtig Japaner verdroschen. Dies geschieht vor dem historischen Hintergrund, dass Teile des bürgerkriegsgeplagten Chinas in den 1930er Jahren von den Japanern besetzt waren.
                                                  Der großartige Bruce Lee schwingt zwar wieder einmal brillant seine Fäuste und Füße, dennoch wirkt die Produktion heute doch reichlich altbacken. Das überzogene Schauspiel, auch von Lee, ist allenfalls mäßig, ebenso wie die Spannung. Da habe ich ihn definitiv in besseren Rollen gesehen. Leider wollte der Funke nicht so recht überspringen, obwohl asiatische Martial-Arts Filme oftmals zu meinen liebsten Action-Filmen zählen.
                                                  Fakt ist wohl, dass Lees Eleganz in der Kampfkunst bis heute unerreicht ist.

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                                                    Bis zum 20.11.2021 noch in der ARD Mediathek verfügbar!
                                                    „Anderst schön“ ist eine erfrischend andere (Tragi-)Komödie über die Bewohner eines schäbigen Plattenbaus an der Ostsee. Bartosz Werner inszeniert diesen originellen Beziehungsfilm mit viel Liebe zu seinen skurrilen Hauptfiguren, gekonnter Leichtigkeit und flockigem Esprit.
                                                    Sicherlich sind die Charaktere komödienhaft überzeichnet. Die Komik kommt aber insgesamt auf angenehm leisen Sohlen daher. Die Hauptdarsteller Charly Hübner, Christina Große und Emelie Neumeister überzeugen auf ganzer Linie und dürfen als Charaktere wachsen. Alles in allem ist es ein sehr unterhaltsamer, lebensbejahender Feelgood-Film.

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