mattxl - Kommentare

Alle Kommentare von mattxl

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    BUNTE und BILD sind begeistert. Schon dies ein untrügliches Zeichen dafür, wie verunglückt-harmlos diese Satire ist, waren es doch gerade diese Gazetten (und viele andere mehr), die den Guttenberg-Hype maßgeblich befeuert haben. Fernab jeder Einsicht, springt man nun mal wieder auf einen Zug auf und findet wahnsinnig lustig, was man selber einst verbockt hat. Die nächste Glamour-Polit-Home-Story liegt dabei längst schon in der Schublade. Fehlt im Moment leider nur die passende Gel-Frisur, der man sie unterschieben könnte. Satire, die weh tut, entlarvt, provoziert geht anders.

    Kein bisschen lustig fand ich Guttenberg und seinen Ghostwriter. Das war nichts anderes als Rumgehampel, bei dem völlig unerklärlich blieb, worin die Guttenberg-Faszination bestand. Guttenberg mag alles mögliche gewesen sein - ein Trottel wie hier war er gewiss nicht. Immerhin Schmunzeln musste ich gelegentlich bei Merkel, Seehofer und Mme. Guttenberg - alle drei leider nur kleine Nebenrollen.

    Schade um den verschenkten Stoff.

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    • Angesichts des Medien-Echos und der Aufgeregtheit der Debatte könnte man meinen, Lars von Trier hätte Salo 2 (Drebuch: Uwe Boll) angekündigt, und dafür Nicholas Cage und Veronika Ferres verpflichtet. Geht das nicht alles auch ein bisschen sachlicher?

      Was ich nicht kapier: Hier stimmen an die 2500 user ab und werten überwiegend "ganz gut"/ "sehenswert". Auf der Tatort-Folgen-Seite stimmen 210 user ab und es kommt ein Durchschnittswert von 4,7 heraus. Versteht das jemand?

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      • 7 .5

        "Ich bin's nur". So die Standard-Floskel, wenn Judith Hearne (Maggie Smith) einen Raum betritt. Sie ist aus der Zeit gefallen. Damals, ja damals, da hat man ihr zugehört - zumindest ihrem Klavierspiel. Heute wirkt ihre Bescheidenheit fast krankhaft, aber auch - ich bin da biographisch durch eine Tante vorbelastet, die ein Double von Judith Hearne sein könnte - liebenswürdig. Schon damals - der Film spielt Anfang der Fünfziger - sorgt sie mit ihrem "Ich-bins-nur" nur noch für Lacher. Krank ist sie - Sherry und Whiskey-Flaschen sind im Nu geleert, was man - dramaturgisch gekonnt - spät erfährt. Ihren Unterhalt verdient sie durch Klavierunterricht - solang es die Sucht erlaubt. Vor allem jedoch ist sie einsam. Das ganze Leben über trainiert sie als "gottesfürchtige" Frau , falsche Kompromisse zu schließen, und verliebt sich prompt in einen Halodri (Bob Hoskins), von dem sie in klaren und unklaren Momenten immer mal wieder weiß, dass er "Dreck" ist.

        Maggie Smith ist - wie immer - zum Niederknien. Gelungen auch das Einstreuen von Comedy-Elementen in dieser hochtragischen Geschichte. Störend fand ich allein den etwas zu süßlichen Soundtrack. Toll wäre ein Remake von Ken Loach - aber wieder mit Maggie Smith in der Hauptrolle.

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        • 9

          Eine Zweitsichtung. Ich war gespannt, ob der Film den 9 Punkten aus der Erstsichtung würde standhalten können. Um es kurz zu machen: Er kann.

          Das liegt wahrlich nicht an der recht übersichtlichen Story: Verfolgungsjagden sind nun einmal Verfolgungsjagden, bei denen man die Gründe der Verfolgung und den Showdown letztlich austauschen kann. Im Idealfall wird eine Geschichte daraus. Nein, das Entscheidende liegt hier dazwischen. Und das ist SEHR gut inszenziert. Das fängt an bei den ständigen Tempo-Wechseln in der Dramaturgie, geht weiter über die atemberaubenden Kulissen/Drehorte, einer märchenhaft-frostigen Atmosphäre, die mit nordafrikanischen Wüsten und Berliner Siff kontrastiert wird. Es endet nicht zuletzt bei zwei großartigen Darstellerinen: Saoirse Ronan und Cate Blanchett.

          Letztere ist hier unfassbar böse, das aber nicht undifferenziert: In ihren blutigen Zahnputzorgien deutet sich wohl soetwas wie Selbsthass an. Und, spät in der Geschichte, erfahren wir immerhin von einer guten Tat, die sie in ihrem Leben vollbracht hat. Getoppt wird Blanchett allerdings von Ronan: Ein Kind, wie aus einer anderen Welt, ätherisch, auf dem halben Weg der Menschwerdung steckengeblieben, eine fleischgewordene Wikipedia, eine präpubertäre Killermaschine, die nur einen Wunsch hat: Anderen nicht mehr weh tun zu müssen, auch Nähe erleben zu dürfen.

          Eine besondere Erwähnung verdient nicht zuletzt Tom Holländer, der den tuckigen Sadisten in seinen pastellfarbenen Polyester-Traininingsanzügen brilliant widerlich zu verkörpern weiß.

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          • 2

            Geschlagene 12 Minuten dauert es, bis Marlowe für sein Kätzchen Futter organisiert hat -welches dann doch von dem verwöhnten Ding abgelehnt wird. Man kann finden: Das sei große Kunst. Katzenliebhabern wird möglicherweise das Herz aufgehen bei der Eingangssequenz. Mir hingegen schwante nichts gutes: Auf der Suche nach was Spannendem und völlig irregeleitet durch den Klappentext, griff ich zu "Der Tod kennt keine Wiederkehr" - einer dieser Filme, bei denen man sich selbst zum Schluss gratuliert, durchgehalten zu haben.

            Besieht man sich die Rezeptionsgeschichte des Films muss man sagen: Erst spät ist erkannt worden, was der Film eigentlich sein will, eine "Parodie" des Film Noirs. Ich finde das eigentlich nicht richtig, denn Altman überzeichnet nicht, lustig ist hier auch nichts. Was Altman macht ist: Er klebt Versatzstücke neu zusammen. "Hardboiled" ist hier nicht der Detektiv, sondern sein Kätzchen. Leider wird die ganze Story beim Zusammenkleben unterträglich langweilig zusammengeschustert. Mich wundert nicht, dass er einst an den Kinokassen floppte. Hängt das mit dem Kunst-Anspruch des Regisseurs zusammen? Ja, es ist schon wirklich eine große Kunst, einer Raymond Chandler-Story jegliche Spannung auszutreiben. Das muss man erst einmal hinbekommen.

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            • 8

              Quellen des Lebens ist ein Drahtseilakt. Es gehört schon ein gehöriger Narzissmus dazu, das eigene Leben - angereichert um die ein oder andere freie Erfindung - , zum Gegenstand eines Films zu machen. Vielen wird diese "Egozentrik" nicht schmecken oder auf die Nerven gehen. Andererseits: Wie sähe die Filmgeschichte aus ohne all die Narzissten/Egozentriker?

              Die Ausschläge in Roehlers Werk nach oben und unten sind bekanntermaßen ziemlich extrem. Neben der großartigen "Unberührbaren" steht vollendeter Schrott wie "Suck my Dick". Quellen des Lebens gehört eindeutig auf die Haben-Seite von Roehlers Filmen. Natürlich ist er auch eine "Anklage" der Eltern: Die sozialen Kompetenzen von Papa Roehler ("Klaus Freitag") und Mutti Elsner ("Gisela Ellers") werden im Lauf des Films zunehmend von Suff und Nikotin aufgefressen, das Kind ("Robert") bleibt sich selbst überlassen, verbrutzelt am Strand oder irrt miten in der Nacht im Frottee-Pyjama an der Berliner Mauer umher. Schließlich wird es den Großeltern zugeschanzt. Ausgerechnet bei dem "Nazi"- Großvater und seiner Frau findet Robert zum ersten Mal soetwas wie ein Zuhaus. So desaströs Roberts Kindheit auch ist: Roehler gelingt das Kunststück, nicht weinerlich zu werden. Immer wieder hält der Film auch Momente des Gücks fest, für die er großartige Bilder findet.

              Quellen des Lebens erzählt die drei Generationen-Geschichte von "Ungewollten": Da ist der Kriegsheimkehrer-Opa (Jürgen Vogel, unglaublich gut!), der von seiner Frau (ebenfalls top: Meret Becker) nicht mehr gewollt wird, weil sie sich in eine Frau verliebt hat; da ist der Vater, der von seinen Schwiegereltern und schon bald von seiner Frau nicht mehr gewollt wird und da ist der Sohn, den Eltern schon schnell ein Klotz am Bein. Kann aus solch vermurksten Familienbanden etwas werden? Ja. Wer den alten Vogel und die alte Becker gegen Ende des Films im Krankenhausbett sieht (was für eine Szene!) lernt: Man mache es sich nicht zu einfach mit vermurksten Familienverhältnissen.

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                Wie oft muss man sich diesen hirnlosen Trailer hier noch ansehen??? Hasse es, wenn man Filme bewertet, die man noch nicht gesehen hat - aber bei dieser Permanent-Werbung bin selbst ich in der starken Versuchung ihm Null-Punkte zu geben....

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                • 3

                  Drei Gnadenpunkte, weil Burlakov, Batholomai und Kriener ihre Sache gut machen. Über die anderen Darsteller schweige man besser. Dialoge als ob es seit Horst Tapperts seligen Zeiten keine Krimifortentwicklung mehr gegeben hätte; eine Story, die man nun wirklich 100 mal - und zwar 100 mal besser inszeniert - gesehen hat. Eine Auflösung, die so überraschend ist wie ein Kostüm von Angela Merkel. Nachdem man sich diesen ZDF-Käse angesehen hat, möchte man, in Anlehnung an einen Randy Newman Song, nur noch schreien: "Thats why I love Tatort."

                  • 6 .5

                    Christian Petzold ist auf dem Klappentext zur DVD ganz begeistert: "In Rumble Fish gibt es keine Geschichte der Klassenkämpfe mehr, überhaupt keine Geschichte." Eine Geschichte der Klassenkämpfe muss ja nicht unbedingt sein - aber ein bisschen Geschichte i.S. von "Story" hätte es für meinen Geschmack schon sein dürfen. An dieser Stelle glänzt Rumble Fish allerdings durch pure Verweigerung. Irgendwie wirkt das ganze auf mich wie eine - äußerst gekonnte - Stilübung, die allerdings in ihrem Ästhetizismus erstarrt ist. Aber das ist es vielleicht ja auch, was Coppola wollte: erstarrte Leere.

                    Rumble Fish ist ein Film über aus-der-Zeit-gefallene-Jungs, die aus der Zeit gefallene Rituale imitieren, ohne zu merken, wie sinnlos all das ist. Hier ein Fight, da ein Fight, ah ja, hier dann auch noch mal ein Fight. Wieso, weshalb, warum? Egal. "Liebe" darf nicht fehlen, ist hier aber kaum mehr als ein Tauschgeschäft unter Bequemlichkeitsgesichtspunkten. Dennis Hopper als Vater: Nur noch ein leichenblasser Schatten jener Väter-Generation, gegen welche Dean, Brando und Co. einst aufbegehrten. Von den Gangs der 50er/60er sind wir hier Lichtjahre entfernt, auch wenn Matt Dillon das weiße Doppelripp-Unterhemd ehrfurchtsvoll (und für meinen Geschmack ein bisschen zu narzisstisch) in Ehren hält bzw. zur Schau stellt.

                    (Kleiner Spoiler) Der Film hat ein "emotionales" (man muss hier Anführungsstriche setzen, eigentlich besteht der ganze Film aus Anführungsstrichen) Zentrum: Die selbstzerstörerische Symbiose der beiden Brüder. Doch auch hier verbietet sich Coppola jede wirkliche Emotionalität. Die Tragik der Bewunderung für den "großen Bruder" berührt (mich) nicht. Die Tragik wirkt fast wie ein Postulat des Regisseurs, eine dunkle Erinnerung an ferne Zeiten: Es könnte traurig sein, jemanden so zu verehren, dass man erst von ihm getrennt werden muss, um leben zu können.

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                    • 2

                      Was will das sein? Ein lustiges Monster-Memory? Fand Memory schon seit frühester Kindheit doof. Nette Unterhaltung? Konnte leider nicht im Ansatz einen Spannungsbogen in der Story erkennen, der mich unterhalten hätte. Horror? Ne, war nicht: Inflationäres Gemetzel macht noch keinen Horror, im Gegenteil: es ermüdet. Eine Satire? So kräftig die Zombies/Monster auch zugebissen haben - für eine Satire fehlt dem Quatsch dann doch der Biss. Eine Parodie auf Teenie-Idioten-Horror-Filmchen? Eine Parodie setzt voraus, dass man sich vom Original entfernt - nicht dass man es dupliziert! Will das vielleicht Trash sein? Dafür nimmt sich der Regisseur mit seiner flachen Medienkritik viel zu ernst. "Cabin in the woods" ist ein unentschiedenes Irgendwas - ein konzeptloses Herumirren in der Geschichte des Horrorfilms. Darin ist Regisseur Goddard seinen Teenie-Protagonisten sehr ähnlich.

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                      • 6 .5
                        über Lincoln

                        Spielberg mal ganz spröde. Ein seltsamer Film, der mich, das schon mal vorab, merkwürdig unberührt lies. Ich verstehe ihn vor allem als Predigt an die Republikaner von heute: "Erinnert euch an die Helden Euerer Vergangenheit und stellt euch notwendigen Reformen nicht in den Weg." Ja, denn man mag das heute kaum glauben: Lincoln war Republikaner. Und, das ist "Lincoln" natürlich auch: Eine Ermahnung an alle Idealisten, die meinen, den fünften Schritt vor dem ersten tun zu können. "Lincoln" weiß: Geschichte ist ein zäher Prozess. Kalkül muss nicht immer schädlich sein, wenn es darum geht, Ideale umzusetzen - auch wenn man dabei schmutzig wird. Manchmal sind es sogar die Lüge und der Gesetzesverstoß, die dem Guten auf die Beine helfen. "Lincoln" ist letztlich ein Loblied auf den Pragmatismus: In Merkel-Zeiten heißt das: Eulen nach Athen tragen.

                        Es geht mir mit "Lincoln" ein bisschen wie mit dem "Leibarzt der Königin": Hier passiert geschichtlich großes, ohne dass es sich mir vermittelt. Spielberg, der sonst Emotionen wie kein anderer zu entfesseln weiß, verpasst uns eine "Gefühls-Diät". Wir sehen einem Politiker dabei zu, wie er abwägen muss, was ihm das wichtigere erscheint: Ein möglicher Frieden mit Sklaverei - oder eine Abschaffung der Sklaverei mit einem möglicherweise verlängertem Krieg. Begleitet wird das ganze von endlosen Parlamentsdebatten, die ein bisschen saftiger sind, als die heutigen. Ansonsten widerlegt "Lincoln" aber die These, erst das Fernsehen habe dafür gesorgt, dass diese Reden zu eitler Selbstdarstellung degenerierten. Nein, das war früher offensichtlich auch schon so.

                        Der Titel ist eine Irreführung: Das Werden und Sterben der Person Lincoln interessiert Spielberg kein bisschen. Dies ist k e i n Biopic. Es ist die Geschichte des 13. Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten. Aber wer würde schon in einen Film gehen mit dem Titel: "Der 13. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten"?

                        Daniel Day Lewis und Tommy Lee Jones sind toll. Probleme hab ich mit Sally Fields, was an der Synchronisation und der Übersetzung liegen kann. An einer Stelle spricht sie gar davon, "Herzeleid" zu haben. Ich glaube, zuletzt hatte in Deutschland Kriemhild im Nibelungenlied "Herzeleid". Und jetzt sage niemand, man habe im 19. Jahrhundert so gesprochen. Die anderen Protagonisten des Films sprechen auch ein modernes Deutsch - nur Frau Lincoln ist da ein bisschen neben der Spur. Ihre angedeutete Verrücktheit macht aus ihr allerdings noch lang keine mittelalterliche Schreckschraube. Aber, wie gesagt, das mag in der Originalfassung anders rüberkommen.

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                        • 3

                          O je.. was war das? Generell mag ich keine Filme, bei denen ich mir am Ende mental auf die Schulter klopfe, dass ich es "geschafft" habe. Sensationelle Darsteller, Dialoge, Kameraeinstellungen oder Pointen können allerdings dafür sorgen, dass ich am Ende dann doch irgendwie milde gestimmt bin. Bei "Cosmopolis" muss ich leider sagen: Nichts von den vier genannten Kriterien versüßte mein Gelangweiltsein. Salz oder Pfeffer waren eh nicht zu erwarten, nach allem, was ich vorher gelesen hatte. Apropos lesen: Ich halte es durchaus für vorstellbar, das "Cosmopolis" als Buch funktioniert. Als Film hat es Cronenberg versemmelt.

                          Die Idee, einen "Vampir" mit der Hauptrolle zu besetzen, ist sowas vom unendlich ideenlos, dass einen eine fast erschreckt. Ja, Herr Cronenberg, Kapitalisten sind Vampire. Tolle Idee. So zu besetzen muss man sich mal trauen. Ihr Mut wurde, so weit ich sehe, nicht belohnt, weil der Erkenntniswert nicht so deutlich war. Das ist umso trauriger, weil die Intuition nicht so unrichtig war.

                          Cronenberg sticht in ein Wespennest (Weltwirtschaftskrise, Börsencrash, neue Währung namens "Ratte") - und aufgescheucht werden ein paar Mücken. Wieder einmal sehen wir den larmoyanten Juppie, dem die Welt ein Überdruss ist und der nur noch gelangweilt ist. Nur im Schmerz empfindet er noch irgendwas (vgl. Fight Club, Amercan Psycho etc. - da wars allerdings grandios umgesetzt). Leider überträgt sich sein Gelangtweiltsein auf den Zuschauer. Man wacht zwar auf, wenn irgendjemand völlig unmotiviert in die Decke schießt - allein - das macht noch keinen Spannungsbogen.

                          "Sie riechen in nach sexueller Entladung". Hunderte Sätze gewollt künstlicher Erregungs-Drehbuch-Sätze wären zu ergänzen, fernab von dem, was irgendejemand denkt oder fantasiert. Im Dschungelcamp spricht man von "Pipihahn" und "Pillernann". Ist das wirklich so viel anders? Ach ja, Cosmopolis ist ja Arthouse. Ich begreife über das Dschungelcamp allerdings mehr über die Weltwirtschaftskrise als über Cosmopolis.

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                            Was soll man über einen Film sagen, an dem das Lustigste der Pullover von Gisela Schneeberger ist? Die DVD-Cover-Rückseite versprach einen "satirischen Abgesang auf den alljährlichen Konsumwahn in der Vorweihnachtszeit". Satire??? Man fragt sich: Hat, wer dies schrieb, diesen bescheuerten Klamauk wirklich gesehen? Die Besetzung kann sich ja durchaus sehen lassen. Aber: Campinos freundschaftliche Verbundenheit mit dem Regisseur in allen Ehren - Freundschaft kann auch blind machen! So blind, dass der Regisseur Campinos wirklich unterträgliches Laienspiel durchgehen lies. Lieber Herr Müller: Wahre Freundschaft sollte auch darin bestehen, den Freund gelegentlich dezent, aber bestimmt auf bestimmte Defizite hinzuweisen, damit er seine Schauspiel(un)kunst optimiert!

                            Zum Schluss gibt es dann noch ein klassisches Verwechslungsspiel mit drei Sektkisten. Wehmütig denkt man an Meisterwerke wie "Is was Doc" oder "Leoparden küsst man nicht" zurück, um zu erkennen, wie lustig ein solches Verwechslungsspiel sein kann - und wie hohl und ideenlos es hier serviert wird. 1 Punkt für Gisela Schneeberger und 1 Punkt für Manuela Riva. Mehr ist beim besten Willen nicht drin.

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                            • Geht es etwas unverkrampfter? Mich stört der dogmatische Zug der Debatte. Man muss das Dschungelcamp nicht mögen. Ich fand es auch viele Jahre unerträglich - ohne es gesehen zu haben - und muss nach 3 Jahren Sichtung sagen: Es hebt sich Kilometer ab von dem sonstigen RTL/SAT 1-Schrott, weil es - anders als alle anderen Formate - selbstreflexiv ist (das ist doch mal was!). Die Moderatoren weisen unablässig darauf hin, dass man keiner einzigen Szene trauen darf , dass hier Trash inszeniert wird und dass man nie beabsichtigt hat, ein Fassbinder- oder Bergman-Revival zu initiieren. Trotzdem lernt man unendlich viel. Ja, wirklich. Z.B. hatte niemand 2011 Peer Kusmagk auf der Favoritenliste. Es dürfte für für die meisten "lehrreich", "erkenntnisreich" gewesen sein, wie er dann die "Krone" bekam. Wie hat er das gemacht? Wo ist die Grenze zwischen telegener Zickigkeit und sozialverträglichem Überlebensinstinkt? War es nicht überraschend, wie völlig uninteressante Models aus irgendwelchen mir unbekannten Model-Shows (oder andere Kandidaten) plötzlich neue, andere Seiten zeigten? Ich fand das erstaunlich, in positiver wie negativer Hinsicht. Gibt es irgendeine Show, in der die Protagonisten so wenig auf ihr bisheriges GALA/BUNTE-Bild festgelegt sind, wie das im Dschungelcamp der Fall ist ? Nein. Gala-/Bunte-Arschlöcher werden plötzlich - unter bestimmten Umständen- durch das Dschungelcamp irgendwie sympathisch. Man erkennt an ihnen menschliche Züge. Das ist doch schon mal was. Ja, alles was dazu führt, das Mutanten menschliche Züge entlockt werden, ist erlaubt. Das ist die Kunst im Dschungelcamp. Der Rest interessiert mich nicht.

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                              • 6

                                Kategorie: Himmel, wie soll man einen solchen Film bewerten? Genie und Wahnsinn liegen, wie so oft, dicht beisammen. Und, das einzige, was sich für mich nach der Sichtung objektiv feststellen lässt, ist, dass der Regisseur mindestens 500 Psychotherapiestunden krankenkassenfinanziert verdient hat. Gäbe es in den USA inzwischen eine gesetzliche Krankenversicherung (sie ist ja im Werden): Ich hätte mit Blick auf Rodriguez kein Problem damit, dass meine Sozialabgaben - wäre ich Bürger der USA und gäbe es eine gesetzliche Krankenvericherung, doppelter Konjunktiv! - für ihn aufgebraucht würden. Er verdient es. Talent hat er. Aber.

                                Ich hatte die ganze Zeit diesen Spruch von Ella Fitzgerald über Hildegard Knef im Kopf: "Sie ist die beste Sängerin ohne Stimme." Rodriguez ist soetwas wie die Knef, irgendwas im Niemandsland zwischen Großartigkeit und Dilletantismus. Rodriguez sprudelt über vor Ideen. Großartige Ideen - aber leider kriegt er das, anders als sein best buddy Tarantino, nicht kanalisiert. Es wird kein Film daraus. Es sind immer nur Parodien dessen, was ein Film ist/ sein könnte. Ein bisschen ist Rodriguez wie Joey Heindle im Dschungelcamp. Rodriguez Fans werden jetzt vielleicht schäumen, aber ich bin mir ziemlich sicher: Joey und Robert würden sich blendend verstehen.

                                PS: Ich revidiere mein Urteil nur, wenn sich Rodriguez an die Neuverfilmung von "Szenen einer Ehe" macht.

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                                • 8 .5

                                  Ein Bekenntnis: Ich bin Jungle-Holic. Meine anonyme Selbsthilfegruppe, der ich nun seit drei Jahren angehöre, meinte, es würde nichts bringen, diese grausame Wahrheit noch länger zu verschweigen. Neigungen wie die meine, würden zwar das erhebliche Risiko sozialer Ächtung in sich bergen. Nicht selten hätten die Betroffenen auch mit sozialem Abstieg zu rechnen. Auf Dauer sei es jedoch der Psycho-Hygiene abträglich, die Sucht zu verschweigen. Und so sei es nun in die ganze Welt gebrüllt: Ich bin Jungle-Holic.

                                  Aber ich habe meine Sucht im Griff. 50 Wochen im Jahr gucke ich nur erlesenstes Art-House-Kino (na gut: der ein oder andere Blockbuster ist auch dabei). Aber diese zwei Wochen im Januar - da ist es um mich geschehen. Da steige ich hinab zu den finstersten, niedersten Instinkten der Menschheit und erlabe mich am Elend der gefallenen Schöpfung. Schlimm der Entzug: Die Tage danach. Das Methadon ist noch nicht gefunden, das diese Tage erträglicher machen könnte. Riesige Löcher tun sich auf, ein übermächtiges schlechtes Gewissen plagt das Gemüt, nur zitternd-klapprig gelingt es, sich zur Arbeit zu schleppen.

                                  Ja, meine Sucht bereitet mir Schmerzen, Lach-Bauchschmerzen. Neulich etwa, als der Depp Joey Heindle sich lautstark bei der Sendeleitung beschwerte, weil ein Palmwedel ins Camp gefallen war: "Ich hab kein Bock, dass ich da morgen tot aufwach." Ja, wer hat das schon? Großartig auch, wie Helmut Berger den Macho Silva Dingsbums mit viel Wiener Schmäh in der Stimme ausknockte: "Jetzt wird er gewöhnlich." Und, unser Ludwig II, zu der Mutti von Katzi: "die, mit der Tochter, die auf Palma arbeitet". HERRLICH! Muss man noch etwas zu den Moderationstexten sagen? Das sind geschliffene, funkelnde Diamanten, die ein Heine oder Wilde nicht präziser hätten formulieren können.

                                  Liebe MP-Freunde, ich weiß: Ihr habt alle - bis auf 2-3 rühmliche Ausnahmen (!) - das Dschungelcamp für ganz schlimm befunden. Aber lasst es mich einmal so sagen: Ich bin der festen Überzeugung, es gibt nur zwei Wege, diese Welt zu begreifen: Entweder man liest Adornos "Minima Moralia" - oder man guckt Dschungelcamp. Und Dschungelcamp gucken macht entschieden mehr Spass!

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                                  • 9

                                    Ein Gedankenexperiment: Welchen meinen Lieblingsregisseure würde ich gern zu meinem Freundeskreis zählen? Hitchcock und von Trier fallen gleich raus. Die können sich einfach nicht benehmen. Bergman? Oh ja, doch, der käm in Frage. Kommt aus einem ähnlichen Milieu wie ich, das verbindet. Woody Allen auch - aber nur als einer von diesen Freunden, die man 2 x im Jahr sieht und bei denen mann dann auch ein bisschen froh ist, wenn sie wieder im Zug sitzen. Innaritu? Schwieriger Fall: Freundschaft könnte da leicht in Therapiebegleitung münden. Auf Dauer vielleicht zu anstrengend. Susanne Bier: Ja doch, die ist bestimmt nett. Dann könnt sie mir auch gleich mal erzählen, was sie sich bei ihrem letzten Film (Love is all you need) gedacht hat. Und ob sie schon einen Prozess angestrengt hat gegen jenen Verbrecher, der für die Gestaltung des Kinoplakats verantwortlich war.

                                    Aber nun zu Ulrich Seidl. Um es kurz zu machen: Auf keinen Fall. Das ist ein ganz schlimmer. Der schafft es im Nu dich bis auf die Unterhose auszuleuchten und geht damit dann Hausieren. Als Film ist das oft großartig beobachtet, verblüffend, schockierend. Aber als Freundschaft: Nein, sicher nicht. Das würde dann so eine Freundschaft werden, bei denen Momente größter Nähe und Eklats sich in einem fort abwechseln - bis einer dann irgendwann entnervt den anderen an den Haken hängt und man feststelt: War alles nur ein Missverständnis.

                                    An "Jesus, du weißt" lässt sich das - wie an jedem anderem Seidl-Film - illustrieren: Um die berühmte Truffaut-Frage noch einmal zu wiederholen: Wie hat er das gemacht? Wie hat er diese Menschen dazu gebracht, vor laufender Kamera ihr Innerstes auszubreiten? Ein Innerstes, das mal ganz "normal" daherkommt, dann wieder springt einem der Wahn und die Psychose entgegen. Querbeet - ein jeder mag selbst entscheiden, was hier noch als "normal" durchzugehen vermag. Ohne Zweifel: Seidl denunziert Menschen, die ihm zutiefst vertrauen, eigentlich unverzeihlich. Aber, gelingt es einem davon abzusehen, dann muss man sagen: "Jesus du weißt" ist ein Werk der Religionskritik, das in einer Reihe steht mit Feuerbach, Marx, Nietzsche, Freud. Wer verstehen will, wie und warum (katholische) Religion auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch funktioniert, wird hier reichlich Anschauungsmaterial finden.

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                                    • 6

                                      Wie eine Schachtel Edle Tropfen in Nuss: Man schmeckt das Billige und mag das Edle nicht recht glauben. Gleichwohl langt man immer wieder in die Schachtel. Auf einem mittleren Level fühlt man sich gut unterhalten. Das ist ja schon mal was. Ein bisschen Geschichtsunterricht gibt es beim Erwerb von 3 Schachteln Soap noch gratis dazu. Stars in Überzahl machen nichts falsch, vermögen allerdings inmitten von soviel Glanz auch nicht zu glänzen. Halt: Sunnyi Melles als geisterhafte Patriarchin sollte vielleicht doch eine besondere Erwähnung finden. Und, natürlich, Tom Schilling als transvestitischer Lover von Pola Negri - leider viel zu kurz die Sequenz!

                                      Nicht unbedingt ideenreich bzw. erschreckend ideenlos ist die Rahmenhandlung, auch wenn es immer wieder eine Freude ist, Rosemarie Fendel zu sehen. Das ständig - in allen Generationen (!) - wiederkehrende Motiv "Mütter und ihre fernen/entfernten Töchter" fängt irgendwann an zu nerven und man freut sich, dass das Öffentlich-rechtliche Fernsehen inzwischen von der Vierteiler-Tradition abgerückt ist: Noch eine von diesen Mutter-Tochter-Geschichten und man hätte die Schachtel Edler Tropfen mit deutlichen Übelkeitsgefühlen in die Ecke geworfen. Großes Lob gebührt hingegen der Maske: Die schafft im dritten Teil wirklich sensationelles (Vogel und Ferch als Greise: unglaublich gut gemacht!!). Alles in allem: Ich hab mich 3 x 90 Minuten gut unterhalten gefühlt. Das sind mir schon 6 Punkte wert.

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                                      • 5 .5

                                        Der von diversen Krisen gebeutelte Schokoladenfabrikbesitzer Hermann Hermann begeht einen Versicherungsbetrug, in dem er das eigene Ableben vortäuscht, allerdings einen Landstreicher, der ihm angeblich ähnlich sehen soll, an seiner Statt umbringt. Das klingt zunächst nicht unspannend.

                                        Imponierend zudem die Darstellerriege, insbesondere Bogarde gibt sein Bestes. Bei Andrea Ferreol bin ich mir allerdings nicht ganz sicher, ob sie die "Charge Lydia" gut spielt oder ob sie schlicht chargiert (wie man hört, war sie des Englischen nicht mächtig - und Despair wurde in englischer Sprache gedreht). Die Ballhaus-Kamera: großartig. Die Kulisse: Ohne Zweifel imposant. Zum ersten Mal durfte Fassbinder richtig klotzen und protzen - und Rolf Zehetbauer dürfte die Wünsche des Regisseurs kongenial umgesetzt haben. (Die restaurierte DVD-Fassung ist übrigens wirklich ein "Augenschmaus").

                                        Aber etwas stimmt hier nicht. Ich habe bisher keinen Fassbinder-Film gesehen, der mir "so am Arsch vorbeigegangen" ist. Die "Reise ins Licht" ist tatsächlich langweilig und gelegentlich nervig. Sie ist vollgestopft mit Motiven, die man auch aus anderen Fassbinder-Filmen kennt, nur dass sie hier hübscher verpackt sind als sonst. Sie wirken jedoch nicht organisch verbunden. Fast hat man den Eindruck: Fassbinder lässt sich zwischen Nabokov, auf dessen Roman "Despair" basiert, und Stoppard, der für das Drehbuch verantwortlich ist, zerreiben. "Despair" hat keine Mitte. Zu oft erliegt der Regisseur der Versuchung, dies und das auch noch eben angedeutet haben zu wollen. Zu oft muss noch der ein oder andere Freund mit einer lächerlichen Nebenrolle versorgt werden (z.B. Gottfried John!).

                                        Was ist denn nun eigentlich Hermanns Problem? Ist es seine Impotenz? Die Blödheit seiner Freundin? Eine latente Homosexualität? Sind es seine finanziellen Schwierigkeiten? Ist es der heraufziehende Nationalsozialismus? Eine psychische Störung (Psychose)? Ja, irgendwie wohl alles. Aber "irgendwie alles" macht Hermann Hermann nicht wirklich interessant.

                                        • 8

                                          Mal was grundsätzliches, und ich ahne böse Kommentare. Trotzdem: Ich finde Esoterik in der Regel unerträglich. Ich finde es allerdings auch schwierig, überall wo die Frage nach Sinn und Vernunft gestellt wird, sofort zu schreien (wie das hier oft passiert): Das sei Esoterik, Ideologie, Religion oder sonst was. "Cloud Atlas" hat - und der Film wird da die gleichen Reaktionen hervorrufen wie die völlig anderen "Life of Pi", "Tree of Life" oder "Melancholia", um nur diese zu nennen, "esoterische" Partikel. - Aber: Wenn Kunst sich Fragen nach dem großen Ganzen verbietet, nur weil man befürchtet, die Antworten würden zu "klein" oder "peinlich" oder "doof" ausfallen, dann spricht das m.E. nicht gegen die, die die Fragen gestellt haben (also die Regisseure), sondern gegen die, die vor lauter Verdruckstheit sich diese Fragen zu stellen gar nicht erst getraut haben. Damit ist nichts gesagt über die künstlerischen Umsetzungsversuche: Die sind mal misslungen, mal missraten. Kein Tippfehler: am großen Ganzen kann man da nur misslingen/missraten. Man kann aber in der B-Wertung: Wie ist der Film? punkten. Und darauf kann auch der Kinozuschauer achten.

                                          Wenn durch "Cloud Atlas" ein einziger Zuschauer oder eine Zuschauerin beginnt darüber nachzudenken, wie sein Leben durch das anderer bedingt ist und das sein/ihr eigenes Leben auf Jahrhunderte hinaus das anderer Menschen bedingen wird - dann hat das für mich nichts mit "Esoterik" zu tun. Das ist schlicht so. Cloud Atlas erinnert - mit zugegeben viel Tamtam - an diese - schlichte, aber auch kostbare Tatsache.

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                                          • 6 .5
                                            über Monpti

                                            Eine Hochstaplerin bzw. eine fabulierfreudige 17jährige (Anne-Claire) trifft auf einen erfolglosen Künstler (genannt Montpi) . Eine romantische Liebe entbrennt - bis die Lüge enttarnt wird. Das alles damals "nicht jugendfrei".

                                            Monpti ist ein Übergangswerk. Man spürt allenthalben, wie Käutner versucht, neues auszuprobieren - und wie er Romy Schneider dabei behilflich sein will, ihr Image loszuwerden - um ein Haar und sie wäre in dem Film nackt zu sehen gewesen! Blond ist sie hier, und darf ,wie Marilyn, in einer Szene sogar das Unterröckchen ein bisschen wehen lassen. Auch "Das Fenster zum Hof" hat hier deutliche Spuren hinterlassen. Sex ist hier nicht ein Thema unter anderem. Hier geht es mehr als deutlich um Sex - auch wenn Geschlechtsverkehr noch "das andere" heißen muss, dem sich Anne-Claire natürlich standhaft verweigert. - "Monpti" dürfte zudem einer der wenigen deutschen Filme in den 50er Jahren sein, in denen eine Farbige (Olive Moorefield) - positiv besetzt - als Sexysymbol fungiert. - Ungewöhnlich auch die Erzählperspektive: Käutner selbst erzählt - und zwar in fast Brecht'scher Manier: Er lässt als Erzähler keinen Zweifel daran, dass der Film eben nur ein Werk der Kunst und nicht die Realität ist, so dass es deshalb kein Wunder ist, dass ein Ungar (Buchholz) und eine Französin (Schneider) auch gern mal deutsch sprechen dürfen, wenn's denn dem Publikum hilft. - Aus heutiger Sicht vielleicht am beeindruckensten: Die Parallelmontage der romantischen Buchholz/Schneider-Liebe einerseits und die abgebrühte, durch und durch auf Kalkül beruhende Amour von Nadine (Mara Lane) und Montpi II (Boy Gobert) andererseits. Der Schluss, Achtung, Fast-SPOILER: Douglas Sirk dürfte er gefallen haben.

                                            Allein: Da ist halt auch viel 50er Klamauk drin, viel unerträgliches Frauenbild, viel Herumgeeiere, was heute nur nur noch erträglich ist, wenn man die Historiker-Brille aufsetzt. Und wie so oft gilt auch hier das Gesetz der 50er/60er-Jahre (oder länger?): Wenn der Deutsche über Sexualität reden will, sollte er immer den Umweg über Paris nehmen. Sonst fühlen sich zu viele im heimischen Publikum ertappt.

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                                            • 3

                                              Man nehme: Eine Prise Professor Unrat, eine gute Hand voll Pennäler-Film, mische ein paar Elemente des amerikanischen Thrillers drunter (ist die Davidswache nicht auch ein bisschen Chicago?) , rühre ein bisschen neuer deutscher Film hinein (Milieu! Wir brauchen mehr Milieu!). Nicht vergessen: viel nacktes Fleisch dazu! Dann das ganze mit James-Last Party-Krachern unterlegen und in ein paar Episoden-Scheibchen schneiden - und fertig ist ein B-Movie der ganz besonderen Art. Eigentlich ist hier alles schlecht und nichts passt zusammen. Dafür wars dann aber doch ganz unterhaltsam und die grottigen Dialoge haben einen hohen Spaßfaktor. (Polizist: "Was sind Sie von Beruf?" Sie: "Machen Sie einfach einen Strich.") Oder ist da einfach nur mein St.-Pauli-Lokalpatriotismus mit mir durchgegangen?

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                                              • 9 .5

                                                Ein Weihnachtsfilm der anderen Art. Wahnsinn, wie er hier und andernorts polarisiert ... Da ist ja bei meinen MP-Freunden alles dabei: Von "Hass-" bis "Lieblingsfilm" (bei wenig mittleren Wertungen). Das ergab dann bei mir eine laue 7,5-Vorhersage. Ich möchte mich jedoch entschieden auf die Seite der Verehrer des Films stellen, wobei ich Schwächen (z.B. die sehr blasse Bullock-Geschichte, insgesamt ist der Film etwas überfrachtet bzw. hätte gute eine halbe Stunde mehr gebrauchen können) sofort zugestehen würde. - LA Crash ist für mich die Welt in einer Nussschale: Ein dicht und verschachtelt inszeniertes Lehrstück über Rassismus - der tatsächlich jede Szene durchwebt - über Unglück, Schuld und schuldhafte Verstrickung, schicksalhafte Fügungen und, ja: Gnade. Das ist eine Welt, in der alles "schief" ist, in der ausnahmslos jeder Mist baut, neben der Spur ist, scheitert und schuldig wird. Dabei ist jede dieser Personen in ihrem "Neben-der-Spur-Sein" "verstehbar" (was - muss man das wirklich noch sagen? - nichts mit der Rechtfertigung ihres Handelns zu tun hat!). Die Verstrickungen der Handelnden setzen eine Eskalationspirale in Gang, die mich emotional schon sehr berührt hat. Spoiler: Trotzdem - es gibt ein "versöhnlerisches Ende", es gibt da einen Rest Hoffnung. Keine freudestrahlende Hoffnung, sondern eine tieftraurige. Aber immerhin. - Hinweis am Rand, aus eigener Erfahrung nach Zweitsichtung: Man sollte hellwach sein, wenn man LA Crash guckt - das ist definitiv nichts für späte Abend- /Nachtstunden oder einen benebelten Kopf.

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                                                • 7 .5

                                                  Was waren das für Zeiten: Ein hochsensibler Künstler, der gern gepredigt hätte, ein hochpolitisiertes Publikum, das für Predigten durchaus empfänglich war - Sie hätten sich lieben können - allein: Aus der Liebe wurde nichts. Für den Künstler war das Publikum schon bald "Gesindel", und für Teile des Publikums war ausgemacht: Auf der Bühne steht ein "Faschist". Es ging hoch her, damals in Stuttgart. Erleichtert stellt man zum Schluss fest, dass es keine Verletzten gab.

                                                  Heute ist man hin und hergerissen, was mehr irritiert: Die Egomanie des Künstlers oder die Respektlosigkeit des Publikums. Zur Kinski-Tragik heute gehört: Wer Kinski sehen will, will Rabbatz. Das ist schade, denn seine Qualitäten als Schauspieler (und Rezitator) rücken dann immer in die zweite Reihe. Leider hat er selbst sich alle Mühe gegeben, die Krawallschachtel zu kultivieren...

                                                  Natürlich sind die direkten Konfrontationen mit dem Publikum die Highlights der Doku. Die Rezitation selbst ist als Zeitdokument und als Flower-Power-Hippie-Übersetzung des Neuen Testaments interessant, aber auch etwas quälend. Da Kinski immer wieder neu anfängt, hört man unendliche Male "Gesucht wird Jesus Christus" - gefühlte 100 Mal hört man, wer alles in seiner Begleitung war (Asoziale, Hippies, Neger (ja so hieß das damals noch), Prostituierte, Obdachlose etc.). Ebenso oft hört man, wer die Bösen sind ("Die Priester, die Gesetzgeber"). Richtig großartig wird es aber immer dann, wenn man am Kinski-Gebrüll merkt, wie sich die Zeiten verschmelzen: Ihr, die ihr hier vor mir sitzt, seid die Priester und Gesetzgeber von heute. Das mochte man nicht hören. Möglicherweise hat der "Irre Kinski" hier mehr Klarsicht gehabt, als mancher andere. Fühlte sich da vielleicht jemand ertappt? War das einer der Gründe, warum das damals in Stuttgart so eskalierte?

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                                                  • 6 .5

                                                    Die Maximen der Aufklärung sind für uns etwas Selbstverständliches geworden (sieht man mal von religiösen Fundamentalisten oder Neonazis etc. ab). Aufklärung ist Mainstream, und, hier gilt zu recht mehr als sonst: "Mainstream isn't so bad". - "Die Königin und der Leibarzt" erinnert daran, dass dies hart erarbeitet - erlitten , ja erstorben - werden musste. Aufklärung ist immer wieder gefährdet bzw. kann immer wieder zurückgeworfen werden, weil das Beharrungsvermögen von Traditionen zu groß ist. Mehr noch: Der Film weiß auch um die "Dialektik der Aufklärung" - er weiß darum, dass auch in aufklärerischen Zeiten von Aufklärern nach "Zensur" gerufen wird. Er weiß, dass eine Aufklärung, die zwar "für das Volk" ist, aber das "Volk" nicht mitnimmt, totalitär werden kann.

                                                    Eigentlich ist die Geschichte der Aufklärung mit all ihren Kämpfen und Verrenkungen die spannendste Geschichte, die es gibt. Was da alles im 18. Jarhhundert gärt, ist aus heutiger Sicht kaum noch vorstellbar. An der Person Struensee ließe sich das wunderbar durchdeklinieren. Das passiert im Film leider nicht. Er ist leider nicht "spannend". Vordergründig machen Regie und Drehbauch alles richtig: Man hält sich weitgehend an die Geschichte, Kostüme historengerecht, Darsteller alle klasse. Alles bestens? Es wird nur leider keine Geschichte daraus, bei der der Zuschauer sich fragt: Was hat da mit mir zu tun?

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