SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

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    [...] Der Grundklang unseres Daseins – und damit auch die Triebfeder unseres Handelns – steht in Melinda und Melinda auf einem Prüfstand, der alsbald keine Trennlinien mehr zwischen dem ziehen kann, was komödiantischen oder dramatischen Ursprungs war. Natürlich hat genau das Methode, aufzeigen, dass die sich Tragik aus der Komik und die Komik aus der Tragik ergibt, allerdings fehlt es der Ägide von Woody Allen an Konturierung. Selbstverständlich weiß dieses intellektuelle Experiment der künstlerischen Ich-Konzentration den Zuschauer durch Allens unheimliche Eloquenz immer wieder für sich zu gewinnen. Der durch ihre Deckungsgleichheit oftmals halbherzig wirkenden Gegenüberstellung zweier (Lebens-)Perspektive aber fehlt die schöpferische Sprengkraft. Die Erkenntnis, dass unser Sein nicht in immerwährender Qual vollbracht werden muss, selbst wenn es sinnlos ist, macht diesen Film aber allein schon wieder sehenswert. [...]

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    • 7 .5
      SoulReaver: FILMSTARTS.de 15.04.2018, 18:06 Geändert 15.04.2018, 20:47

      [...] Die durch Medikamente oder Abweisungen mental betäubte Lebenswelt der Charaktere in September ist eine, die durch den Mühlstein namens Vergangenheit emotional vollkommen erstarrt ist. Jede der Personen ist hier regelrecht überladen von inneren Konflikten, doch die Möglichkeit, sich diesen stellen, haben sie sich selbst nie zugetraut oder von außen konsequent untersagt bekommen. Das finale Gelingen dieser ungemein introspektiven Charakterstudie lässt sich indes auf die organische Zeichnung der Akteure seitens Woody Allen zurückzuführen. Ihre Schmerzen, Frustrationen und Enttäuschungen werden greifbar gemacht, ohne dass sich September genötigt sieht, all das emotionale Elend auszuschlachten. Allen hingegen zeigt Menschen, die nicht mehr weiter wissen, weil sie die schmerzhafteste Form der Liebe am eigenen Leibe erfahren haben: Die unerwiderte Liebe. Und das ist beklemmend, weil das sich stumm der eigenen Zerrissenheit ausliefern ein universaler Zustand ist, der überall und tagtäglich vorkommt. [...]

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      • 7

        [...] Die letzte Nacht des Boris Gruschenko folgt keinesfalls dem altehrwürdigen Erzählkonzept des Entwicklungsromans, Woody Allen parodiert dieses Konzept vielmehr und macht sich in einem Überschwang an Nonsens und Unfug über jene prestigeträchtige Hollywood-Monumentalwerke lustig, die genau diesem Muster folgen. Und genau diese Devise, der (scheinbar erzählenswerten) Lebensgeschichte einer historischen Persönlichkeit eine lange Nase zu drehen, ist der Nährboden für die komödiantische Dynamik, mit der Allen aufwartet. Boris jedenfalls lässt sein Leben noch einmal Revue passieren, nachdem er für das Attentat auf Napoleon verantwortlich gemacht wurde und gedeiht dabei zu einer figuralen Vermischung aus dem Marquis de Sade, Fjodor Dostojewski und, natürlich, Woody Allen. Überschäumend vor philosophischen, theologischen und literarischen Querverweisen offenbart Allen einen grenzenlose Enthusiasmus dahingehend, ethische Prinzipien gleichermaßen zu parodieren, wie er sie auch thematisiert, wenn er sich auf einer permanenten Suche nach dem Sinn unserer Existenz befindet. Gott, Leben, Liebe, Tod und ihr (unsichtbares) Verhältnis zueinander bereiten Boris, dem militanten Feigling, den Allen mit den gewohnt entwaffnenden Unbeholfenheiten verkörpert, genauso schweres Kopfzerbrechen wie der Umstand, während seines Militärdienstes mit fremden Männern unter der Dusche zu stehen. Das wahre Erlebnis dieses hinreißend komischen Films allerdings ist Diane Keaton (Der Pate). Was für eine Frau, was für eine aufopferungsvolle Performance. [...]

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        • Hm, da gibt es viele, die mich nachhaltig beeindruckt haben. Wahrscheinlich würde sich meine Wahl letztlich zwischen Casey Affleck in DIE ERMORDUNG DES JESSE JAMES..., Joaquin Phoenix in THE MASTER und Harvey Keitel in BAD LIEUTENANT entscheiden.

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          • 6 .5

            [...] In der weichgezeichneten Filmsprache des klassischen Kostümfilms spürt Allen den emotionalen Hochgefühlen und Niederschlägen zwischenmenschlicher Beziehungen nach und bläst zum muntern Partnertausch, der im nostalgischen Ambiente, in dem Eine Sommernachts-Sexkomödie angelegt ist, natürlich heimlich vonstattengeht. Während sich die ureigenen Allen-Motive um amouröse Verstrebungen und deren Auswirkungen auf sich und sein Umfeld nach und nach aufschwingen, um zu den großen Themen namens Leben, Liebe und Tod zu greifen, weckt Allens Regie oftmals das Gefühl, zu harmlos mit den Einzel- und Kollektivschicksalen der Protagonisten umzugehen. Obgleich auch Eine Sommernachts-Sexkomödie gekonnt und ohne psychoanalytische Verklausulierung auf die Marotten, Ängste und Bestrebungen der Menschen blickt, die sich nie mit dem zufrieden geben können, was sie haben, bleibt dieser von Verweisen aus der griechischen Mythologie, der Weltliteratur und der englischen Dichtkunst Ausflug in den Zauberwald der metaphysischen Erfüllung ein, sagen wir, (zu) unverfänglicher. [...]

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              [...] Marschier oder stirb allerdings ist weniger die authentische Aufbereitung eines historischen Kapitals als das vollends am Hollywoodkino geschulte Geschichtskino, in dem es um große Bilder und noch größere Gesten geht. Wenn die Legion durch die unnachgiebigen Weiten der nordmarokkanischen Wüsten zieht, dann findet Kameramann John Alcott herrliche Panoramaaufnahmen, die die ewige Einöde als tödliches Prinzip verdeutlicht: Wer sich ihr aussetzt, wird von ihr gefressen. Und wer sich weiterhin dem Dienst im Namen der Légion étrangère stellt, wird körperlich und geistig gebrochen, bis er seinen Alltag einzig wie eine mechanische Kampfmaschine – sprich Kanonenfutter auf zwei Beinen - verlebt. Natürlich formuliert Marschier oder stirb diesen Umstand keinesfalls in dieser Drastik, die Kritik an der Philosophie des Unternehmens wird ohnehin vollständig umgangen, sondern codiert den blinden Gehorsam der Soldaten mit fadenscheinigen Begriffen der Marke Ehre und Disziplin.

              Die mehrwertigen Zwischentöne entstammen letztlich sicherlich nicht dem Drehbuch, sondern dem famosen Gene Hackman, der aus der Rolle des gnadenlosen Kommandanten mehr herausholt, als es das Skript vorgegeben hat. Ohnehin ist es dem famosen Cast zu verdanken, dass Marschier oder stirb nicht gänzlich auseinanderbricht, selbst wenn die Charaktere und für sich eindimensional gezeichnet sind oder vollkommen unverständliche Entwicklungen durchgehen. Terence Hill versucht sich hier ein weiteres Mal recht solide darin, gegen sein Haudrauf-Klamauk-Image anzuspielen, während sich um ihn herum schauspielerische Institutionen wie Max von Sydow (Das siebente Siegel), Ian Holm (Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt) und Catherine Deneuve (Belle de Jour - Schöne des Tages) in der zweiten Reihe tummeln, die dem Film doch mehr Grandezza einverleiben, als sie ihm zustehen würde. [...]

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              • 7

                [...] Von der Schwellung bis zur Stellung klaffen unergründliche Tiefen, in denen sich Triebe, Perversionen und Obsessionen zur ungezähmten Leidenschaft der Hormone verbinden, die letztlich auch Woody Allen zu dieser die Populärwissenschaft neckisch durch den Kakao ziehenden Satire antrieb. Was Sie schon immer über Sex wissen wollten ist ein spielerischer Auf- und Abbau von Stereotypen, ein knalliges Album aus Referenzen und eine Hommage an die schönste Nebensache der Welt. Zwischen all den koketten Albernheiten, mit denen hier größtenteils treffsicher aufwartet wird, erweist sich Was Sie schon immer über Sex wissen wollten in seiner Tonalität genau dann als ungemein wohltemperiert, wenn er inmitten von Nonsens, Posse und Slapstick immer noch geistreiche Erkenntnisse über Sexualkomplexe, -Moral und -Erziehung kundgibt, die schon in den 1970er Jahren einer oftmals äußerst verqueren Wahrnehmung unterlagen. [...]

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                • 7 .5

                  [...] Obgleich Die Letzten beißen die Hunde als Road-Movie, Buddy-Komödie und Heist-Thriller gleichermaßen funktioniert, liegt die wahre Stärke in der plastischen Charakterzeichnung, die Michael Cimino im weiteren Verlauf seiner Karriere zu einem ungemein bedeutenden Autorenfilmer machen sollte. Denn selbst wenn sich die Typologie hier konsequent aus Vagabunden, Kleinkriminellen und echten Gangstern speist, ist Cimino doch viel mehr daran gelegen, unter die Oberfläche dieser reichlich abgenutzten Labels zu blicken. Clint Eastwood, der Die Letzten beißen die Hunde auch produziertw, nachdem er den Regieposten glücklicherweise Cimino übergeben hatte und so seine Karriere in Bewegung setzte, nimmt in der Rolle des Kriegsveteran und berüchtigten Halunken Abstand von seinen zynischen Western-Auftritten und zeigt sich von einer mitmenschlichen, im Umgang mit Lightfoot fast schon väterlich-aufmerksamen Seite, was der autoritären Erscheinung seiner Persona selbstredend keinen Abbruch tut.

                  Dennoch ist es außerordentlich, wie viele Nuancen Michael Cimino dem kernigen Eastwood abzuringen vermag, wenn dieser mit Lightfoot und seinem ehemaligen Korea-Kameraden Red (George Kennedy, Der Unbeugsame) durch allegorische Landschaftspanoramen rast und seine unglückliche Liebe zum Risiko auslebt. Die formidabel fotografierte Strecke durch die Staaten, die das räumliche Verständnis von Michael Cimino bereits in diesem handwerklich beeindruckenden Erstlingswerk zum Ausdruck bringt, wird für alle Beteiligten – die Gesetze des Road Movies geben es vor – zum metaphorischen Reifeprozess. Jeder Halt beinhaltet eine neue Erfahrung, jeder Stop eine erhellende Lektion, bis aus Komplizen schließlich Brüder und Die Letzten beißen die Hunde vom drahtig-temporeichen Genre-Film zur überraschend berührenden Abhandlung über den Wert von Freundschaft wird. Und für einen Vertrauten nimmt man auch einen rasenden Waschbären auf dem Beifahrersitz in kauf. [...]

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                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 10.04.2018, 13:41 Geändert 10.04.2018, 14:30

                    [...] Drei TV-Reporterinnen (darunter auch Bond-Girl Barbara Bach, James Bond 007 – Der Spion, der mich liebte) sollen über ein Festival berichten, die Hotels allerdings sind restlos ausgebucht, bis sie auf den seltsam zuvorkommenden Museumskurator Ernest Keller (Sydney Lassick, Einer flog über das Kuckucksnest) treffen, der sie im Haus seiner Familie unterbringt. Natürlich sind die Damen nur Mittel zum Zweck, gesteht ihn The Unseen – Das unsichtbare Böse doch nicht mal charakterliche Eigenschaften zu, sondern lässt sie als detektivische Instrumente agieren, die nach und nach auf das Geheimnis stoßen, welches hilflos im Kellergewölbe des Keller Anwesens vor sich hin schnauft und stöhnt. Der deutsche Zusatztitel 'Das unsichtbare Böse' ist selbstredend nur reißerisches Lockmittel, denn im Endeffekt veranschaulicht Danny Steinmann im Verlauf der Geschehnisse immer stärker, dass das Unsichtbare, das Fremde, das Unbekannte, nicht zwangsläufig als das Böse zu verstehen ist.

                    Die Charakterprofile und ihre Bedeutung jedoch im Detail zu psychologisieren, wäre zu viel des Guten, ist The Unseen – Das unsichtbare Böse zwar mit Anlagen gesegnet, die sich auch als gesellschaftskritische Reflexion werten lassen, bleibt aber in seiner Spannungsmechanik viel zu vordergründig, als das Danny Steinmann hier in der Lage wäre, eine die Ewigkeit überdauernde Genre-Referenz der Marke Blutgericht in Texas aus dem Boden zu stampfen. Stattdessen ist The Unseen – Das unsichtbare Böse partiell zwar recht stimmungsvoll, im Großen und Ganze jedoch auch reichlich muffig, wenn er sich ganz und gar den Mechanismen des oberflächlichen, in seiner Verdichtung des Schreckens bisweilen seltsam zerdehnten Horrors verschreibt, um auf die inzestuösen Verhältnisse der Familie Keller aufmerksam zu machen. Steinmanns Ägide dringt selbstverständlich nicht in die Tiefe, dafür ist zu unausgegoren, kaum dringlich und somit nur mäßig getaktet. [...]

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                    • Sehr gut die Stimmung dieses überlebensgroßen Werkes wiedergeben, eben weil du den Suizid nicht Generallösung für innerseelische Zerrüttungen hervorhebst, sondern - genau richtig - als Möglichkeit, die man nicht vertreten, aber akzeptieren muss.

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                      • 4

                        [...] Eine Frage, für die sich Mathilde – Liebe ändert alles nicht interessiert. Ohnehin ist es für den Zuschauer ein äußerst kompliziertes Unterfangen, sinnfällig aufzuklären, was Regisseur Alexei Utschitel nun genau dazu angetrieben hat, diesen erschreckend nichtssagenden Film in Szene zu gießen? War es seine Intention, den Heiligen-Status der Zaren-Familie filmisch zu betonieren, in dem er die Geschichte einer unerfüllten Liebe anlässlich des 100. Jahrestages der Oktoberrevolution in die Kinos bringt? Sollte hier der brennende Gewissenskonflikt vom oft gescholtenen Nikolaus nachempfunden werden, der den Thron augenscheinlich nur bestiegen hat, um eine Staatsräson zu vermeiden? Oder versteht sich Mathilde – Liebe ändert alles als produktionstechnische Machtdemonstration, die den Rubel im großen Stil nicht unbemerkt hat rollen lassen sollen. Unter diesem Gesichtspunkt nämlich würde Alexei Utschitels Rechnung halbwegs aufgehen.

                        Als detailversessener Arrangeur stimmungsvoller Bildwelten nämlich weiß Alexei Utschitel zu überzeugen. Das historische Ambiente, bestehend aus edlen Kostüm, prunkvollem Dekor und einer nahezu verschwenderischen Ausstattungswut weiß den Zuschauer durchaus für sich zu gewinnen: Das üppige Budget hat sich bezahlt gemacht, denn das Leben am royalen Hofe wird innerhalb der formschönen Hochglanzaufnahmen lebendig. Auch die Besetzung kann sich sehen lassen, weiß nicht nur Lars Eidinger, der sich phonetisch mit der russischen Sprache vertraut machte, anschließend aber nachsychronisiert wurde, in der Hauptrolle erneut zu gefallen, gerade Ingeborga Dapkunaite (Red Sparrow) hinterlässt als Maria Fjodorwna bleibenden Eindruck, wenn sie ihre Zarenmutter als eine Art Eishexe mit bedrohlicher Kälte metaphorisch hinter Nikolaus positioniert – ihr Atem im Nacken ihres Zöglings ist es womöglich, der auf das Schicksal der Familie im Jahre 1918 hinweist. Der kalte Atem des Todes. [...]

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                          SoulReaver: FILMSTARTS.de 08.04.2018, 21:02 Geändert 09.04.2018, 00:12

                          [...] Ernst Johansens und Lasse Nielsens filmischer Blick ist kein selektiver, sondern ein ungemein naturalistischer. Innerhalb des auf Strenge und Verständigkeit pochenden Privatschulkosmos spielt die Gegenüberstellung (und damit auch das Auseinanderdividieren) von hetero- und homosexueller Perspektiven keine Rolle, You Are Not Alone bleibt sich in der feinfühligen Zeichnung seiner Protagonisten durchweg treu und hält Abstand von Urteilen. Was Ernst Johansen und Lasse Nielsen bewegt, scheint der unverstellte Entwicklungsprozess von Individuen, die gestern noch Kinder und morgen schon Erwachsene sein werden. Er fühlt pubertären Machtkämpfen nach, findet aber erst in den Annäherungen von Kim und Bo (Anders Agenso) eine Zärtlichkeit, die You Are Not Alone zeitlos und universal als Protokoll der Selbstbestimmung gültig macht. Wenn Fingerspitzen behutsam über entkleidete Oberkörper gleiten, dann sind das wahrhaft beflügelnde Momente unverkrampfter Zuneigung. [...]

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                          • 6 .5

                            [...] Die Hölle, das sind wir. In dem undurchdringlichen Geflecht aus Schein und Sein, Identität und Nicht-Identität, Lüge und Wahrheit fällt die letzte Klappe und die Maulwurfhügel, die nun innerhalb von sechs Stunden minutiös aus Blut, Schweiß und Tränen errichtet wurden, werden unter der hochwertigen Regie von Wai-keung Lau und Alan Mak in logischer Konsequenz eingeebnet. Die Hölle nämlich, das sind wir selbst. Dieses Bonmot umfasst ist die Lektion, die Infernal Affairs III dem Zuschauer mit auf dem Weg gibt, nachdem er den sechsstündigen Abstieg in die achte Hölle überstanden hat: Fordernd und zermürbend war die Zeit, doch während Infernal Affairs als getriebener Spitzel-Thriller einst begonnen hat, um im zweiten Teil die Ursprünge aller Gesetzes-behördlichen und Halbwelt-gewerblichen Aneinanderlagerungen aufgezeigt worden sind, kämpft sich der dritte Eintrag in das durchaus namhafte Franchise durch die stahlblaue Kälte Hongkongs, um den Charakteren, allen voran der von Andy Lau toll gespielte Lau Kin Ming, endgültig ihren Faktor Mensch zurückzugeben. Durch die Triaden verroht worden und durch seinen Mittelsmanndienst inzwischen mehr als psychotisch veranlagt, ist Lau ein impulsiv-selbstzerstörerischer Wrack. Der Abstieg in die achte Hölle in Infernal Affairs III ist ein an seinem Beispiel durchgeführter Abstieg in das eigene Unterbewusstsein, in dem die seelischen Verletzungen stärker denn je klaffen. Angenehmerweise baut der Abschluss der Trilogie, wie schon der Vorgänger, auf einen konzentrierten, weniger aufgewühlt-hitzigen Stil und gibt seinen Akteuren den nötigen Raum, um dem Publikum aufzuzeigen, was es bedeutet, keinen Namen mehr zu besitzen, sondern nur noch als ein Schatten existent zu sein. Bedrückend gestaltet sich hier das unnachgiebige Aufzeigen der Inszenierung, wie ausgeliefert die Figuren sich selbst sind. Sie krepieren an einer Ausweglosigkeit gegenüber ihrer eigenen Person. Und sicherlich ist das die bittere Ironie, die der gesamte Erzählkomplex des Persönlichkeitswechsels mit sich bringt: Der Zwang, jemand anderes zu sein. Die Unmöglichkeit, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Ob es diese psychoanalytische Sitzung wirklich gebraucht hätte, ist weiterhin fraglich, dennoch findet Infernal Affairs III einen versöhnlichen Abschluss. Nicht nur für manchen Protagonisten, auch für den Zuschauer. Gelungen nämlich ist dieser Film zweifelsohne. [...]

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                              [...] Es existiert keine Zeit. Es existiert kein Raum. Der Abstieg in die achte Hölle ist ein Leidensweg, der das immerwährendes Martyrium verheißt. Infernal Affairs aus dem Jahre 2002 hat uns diese Hölle präsentiert: Die Qualen, die die Charaktere auszutragen haben, nachdem sie gezwungen wurden, ihre Persönlichkeit abzulegen. Die psychologische Zermürbung, die körperliche Beklemmung. Mit Infernal Affairs II vollziehen Wai-keung Lau und Alan Mak nun in aller Ausführlichkeit diese infernalischen Talfahrt nach: Nicht das Ergebnis, sondern der Grundstein steht hier im Zentrum. Und der obligatorischen Prequel-Antihaltung weiß das Regie-Gespann gekonnt entgegenzuwirken, ermöglicht es Infernal Affairs II dem Zuschauer doch nun endlich, sich abseits einer gewöhnungsbedürftig durch die Szenerie hechtenden Schnittmontage in die Gefühlswelten der Figuren einzufühlen, ihre Ambivalenzen zu erleben, die Hintergründe zusammenzusetzen und den Kontext zu vergegenwärtigen, in dem später Tony Leung Chiu Wai und Andy Lau im Spitzeldienst der jeweils entgegengesetzten Seite des Gesetzes um ihr Leben fürchten müssen. Infernal Affairs II ist dabei vor allem eine Sache: Stockfinster. So finster, dass sich die involvierten Parteien, die nach und nach in der lasterhaften Halbwelt Hongkongs verloren gehen, dazu genötigt sehen, auch bei Nacht Sonnenbrillen zu tragen. Das melancholisches Schicksalsgefüge von Wai-keung Lau und Alan Mak, deren Ausgang uns bereits bekannt ist, baut auf Charaktere, Stimmungen und Verstrebungen. In zuweilen überfrachten 120 Minuten blickt Infernal Affairs II in den Schmelztigel der Gewalt von Tsim Sha Tsui, legt tiefe Ängste und Unmoral frei; Ehrenhaftigkeit und existentielle Schwere. Definitiv eine sinnstiftende Rückschau. [...]

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                                [...] Mit Departed – Unter Feinden ist es Martin Scorsese (GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia) gelungen, eines der großen Meisterwerke des amerikanischen Kinos nach der Jahrhundertwende in Szene zu gießen. Dass es sich bei diesem auf jeder filmischen Ebene hochkarätigen Spitzel-Thriller um ein Remake des chinesischen Infernal Affairs aus dem Jahre 2002 handelt, ist dem geneigten Filmfreund natürlich bewusst – genauso wie die Unfairness eines Vergleichs zwischen diesen beiden Filmen. Natürlich würde Martin Scorsese öffentlich niemals zugeben, dass Infernal Affairs an seiner bisweilen merklich unausgegorenen Erzählform krankt, allerdings ist genau dieser Umstand das Problem, warum Departed – Unter Feinden das eindeutig bessere Werk ist: Das unrunde Sinnieren über die brüchige Bedeutung individueller Identität. Rastlos hetzt das Narrativ von Szene zu Szene, vergisst es dabei allerdings vollkommen, die Charaktere sauber einzuführen und zu grundieren. Alan Mak und Wai-keaung Lau interessiert sich ausschließlich dafür, das vordergründige Spannungsgeflecht zwischen Verrätern und Maulwürfen anzufeuern, ohne dem Zuschauer die Möglichkeit zu geben, die dramatische Fallhöhe dieses Abstiegs in die achte Hölle greifbar zu machen. Was Infernal Affairs aber abseits von Charakter-Entwicklung und Handlungsaufbau beherrscht, ist eine Atmosphäre stetiger Anspannung und Frustration zu kreieren. Die Zentralfiguren, Ming und Yan, zerbrechen zusehends an dem Druck, ihr wahres Ich verleugnen zu müssen, was die Regie weniger für eine analytische Betrachtung des Selbstverlusts nutzt, sondern sich durch die die gehetzte Taktung ein Ventil sucht, um die moralische Einkesselung der Figuren zu forcieren. Das gelingt und Infernal Affairs weiß aus der Perspektive durchaus zu gefallen, der eindrucksvollere, reichhaltigere Film allerdings ist Martin Scorseses Oscar-prämiertes Pendant aus dem Jahre 2006. [...]

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                                  • Ganz schön viele Namen. Die geballte Ladung Cine Astik :D.

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                                        [...] Mit First Kill ist also alles beim Alten an der Schleuderwaren-Front. Der Film bedient sich nach Videothekenregal-Vorschrift den Mottenkisten-Erzählbausteinen des Kidnapping-Thrillers und möchte dem Zuschauer unbedingt versichern, dass die hiesige Entführung nicht nach den normalen Mustern einer Lösegeldforderung abläuft. Und man könnte beinahe zustimmen, denn im Kern hätte Steven C. Miller die Chance gehabt, einen Diskurs über die verqueren Vorstellungen amerikanischer Erziehungsideale anzustreben, indem er die Bedeutung der Jagd als Mannwerdungszeremonie hinterfragt, anstatt sie in ihrer augenscheinlichen Notwendigkeit zu glorifizieren. Das Gewehr des Großvaters wird hier zur Devotionalie, zur Reliquie, die in der Vergangenheit Männer formte und auch in der Zukunft Männer formen wird. Das Endergebnis ist ein DTV-Heuler von gestern, der bedeutungsloser und anonymer nicht sein könnte. Also exakt das, wofür Bruce Willis inzwischen einsteht. [...]

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                                          [...] Der Grund, warum sich so viele Menschen auf das oberflächlich verschachtelte, in Wahrheit aber stumpf kalkulierte Bauernfänger-Handwerk seitens Oriol Paulo einlassen, ist augenfällig: Vorerst bedient er den übersichtlichen Strukturalismus des klassischen Kriminalkinos und baut auf gewichtige Emotionen, die in gekonnter Umsetzung mitreißen. Im Falle von Boy Missing wird die Anwältin Patricia (Pedro Almodovar-Schauspielerin Blanca Portillo, Volver - Zurückkehren) von der Nachricht erschüttert, dass ihr 6-jähriger, seit der Geburt taube Sohn Victor (Marc Domenech) während der Schulzeit am Waldrand entdeckt wurde, wie er orientierungslos und blutverschmiert über die Straße irrte. Der Junge ist verängstigt, Anzeichen auf Missbrauch gibt es jedoch keine. Was mit Victor geschehen ist, wird vorerst zum Motor eines traditionellen Ermittlungsprozesses, bis Oriol Paulo seine Taschenspielertricks auspackt.

                                          Denn, natürlich: Nichts ist so, wie es scheint. Schnell wird ein Verdächtiger gefunden, der Victor entführt und in einem Haus im Wald eingesperrt haben soll. Da sich keine Beweise finden lassen, die dem Ex-Knacki Charlie (Andrés Herrera, Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders) schuldig sprechen könnten, möchte Patricia ihm einen Denkzettel verpassen. Die Lage eskaliert und Regisseur Mar Targarona gibt seinen hochwertig produzierten Thriller ganz der Schein-und-Sein-Posse hin, für die Oriol Paulo seit Julia's Eyes mit seinem Namen steht. Selbstredend wäre es eine Lüge, Boy Missing jedweden Unterhaltungswert abzuerkennen, dennoch hat dieses über Gebühr konstruierte in Betracht ziehen aller Eventualitäten, die die (angebliche) Entführung eines Kindes umzirkeln, kaum noch etwas mit ernstzunehmenden Storytelling zu tun. Der exponierte Reichtum an Listigkeit verweist dann doch eher auf reinrassige Schaumschlägerei. [...]

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                                          • 6 .5

                                            [...] Sicherlich kann sich Hunde, wollt ihr ewig leben nicht davon freisprechen, partiell auf eine gewisse äußere Spannung abzuzielen, was ein geläufiger Konflikt in der Wahrnehmung des Kriegsfilm aufzeigt: Die dramatische Inszenierung des Schlachtengetümmels zugunsten eines dramaturgischen Effekts. Frank Wisbar scheint sich von dieser Problemstellung nicht gänzlich lösen zu konnen, aber er versucht, die Thematik über einen dramaturgischen Ansatz anzugehen. Nicht nur schaltet sich zuweilen ein Sprecher aus dem Off ein, der das Geschehen kommentiert und es in einen Kontext setzt, Hunde, wollt ihr ewig leben setzt gleichwohl auf Archivaufnahmen und versetzt das pure Filmerlebnis in einen Zustand halb-fiktionaler Tatsachenbeschreibung. Wisbar ist es dabei vor allem daran gelegen, die moralische Diskrepanz zwischen militärischer Logik und menschlicher Ratio zu akzentuieren und so die Hilflosigkeit der Soldaten herauszukristallisieren, sich Befehlen zu widersetzen.

                                            Hunde, wollt ihr ewig leben definiert sich selber als ein Mahnmal, welches es nicht zu vergolden gilt. Ein Gedenken an die unzähligen Gestorbenen, deren Grabsteine und Totengewölbe die Ruinenlandschaft von Stalingrad wurde. Unter Schnee, Frost und Wind wurde alsbald das bedeckt, was einst strahlend, siegesgewiss und dementsprechend illusorisch begann. Als besonders bitter stellen sich die Kontraste heraus, mit denen der Film arbeitet. Nicht nur die bereits erwähnte Eröffnungssequenz bringt die Überschätzung der Kräfte der Wehrmacht zum Ausdruck. Gegen Endes des Filmes hallt eine Rede von Reichsmarschall Hermann Göring durch die Reihen Verwundeter und Dahinsiechender, die kundtut, dass ein Soldatenleben nur einen Zweck erfüllen kann: Das Sterben. Oder übersetzt: Das sinnlose Verheizen. Dass das Radio auf dem Boden zerschellt wird, ist ein erster Akt auf dem langen Pfad der Emanzipation. [...]

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                                              [...] Und genau diesem Träumer errichtet Käutner ein aufwändiges Denkmal. Ludwig II. versuchte es, sich durch den übermäßigen Prunk eine Art in Pracht und Pomp ersaufenden Schutzkokon zu errichten, um mit der Realität nicht auf Tuchfühlung zu gehen. Seine über 13 Millionen Mark verschlingende Manie, Schlösser von sagenhafter Anmut zu errichten, lässt sich natürlich auch als psychologische Reaktion dahingehend werten, sich weitergehend von der Wirklichkeit abzunabeln, um sich in seiner eigenen Idealvorstellung des Lebens zu verkapseln. Ludwig, der den Menschen Frieden bringen wollte, hat schnell realisieren müssen, dass Macht eine Waffe ist, die man letztlich auch gegen sich selbst richten kann, wenn man sich ihrer Gefahr nicht bewusst wird. Daher scheint es fast nur logisch zu sein, dass sich die Regierungsperiode Ludwigs dadurch auszeichnete, immer einen Schritt weiter zurück zu gehen. So lange, bis ihm eine paranoide Geisteskrankheit attestiert wurde.

                                              Selbst wenn es nahezu untragbar erscheint, Helmut Käutners gelungene Version mit der meisterhaften Umsetzung des überlebensgroßen Luchino Visconti in Relation zu setzen, so sind beide Filme in ihrem Kern doch eine entzaubernde Tragödie über die Unmöglichkeit, der erschlagenden Konsequenz der Realität zu entkommen. Ludwigs körperlicher wie seelischer Verfall ist unausweichlich. Die Welt, vor der er sich verstecken wollte, zu der er aber schlicht und ergreifend zugehörig sein sollte, war Menschen wie Otto von Bismarck vorbestimmt, die mit Reichtum keine kulturellen Monumente erschaffen wollten, sondern eine einzigartige Kriegsmacht aus dem Boden stampfen. Für Träume war in dieser Welt kein Platz, stattdessen muss Ludwig II. sie mit ins Grab nehmen, dem mythischen Raum unterhalb unserer irdischen Existenz, in dem es möglich sein könnte, den Mond anzubeten, ohne dafür verdammt zu werden. [...]

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                                                [...] Vor dem Hintergrund des kalten Krieges, in dem sich die harten Fronten zwischen der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten im Zuge eines Friedensvertrages auflösen sollen, gerät Gallagher geradewegs in ein konspiratives Geflecht, in dem Falschspieler, Abtrünnige und Verräter alles dafür geben, die Angst vor einem nuklearen Holocaust intakt zu halten. Dreh- und Angelpunkt dieses Komplotts wird ein hochdekorierte Sergean (Tommy Lee Jones, No Country for Old Man), den Gallagher aufgrund eines Disziplinarverfahrens von Deutschland nach Amerika überführen soll, aber - die Geschichte wiederholt sich – scheitert. Von dort an dreht sich das Figurenkarussell unaufhörlich, Misstrauen, Skepsis und Argwohn schweben wie ein frisch geschliffenes Damoklesschwert über allen Begegnungen und bringen Gallagher merklich an seine Grenzen, denn: Einen weiteren Fehlschlag kann er nicht leisten. Nicht im Kontext eines derartig historischen Ereignisses.

                                                Andrew Davis, der seit über 10 Jahren keinen Film mehr gedreht hat, beweist sich auf dem Regiestuhl als zuverlässiger Genre-Handwerker und beherrscht es, die von Paranoia angetriebene Spannungskurve während der gesamten Laufzeit aufrecht zu halten. Dass Davis nach Die Killer-Brigade mit Alarmstufe: Rot und Auf der Flucht gleich zwei äußerst kassenträchtige Klassiker der Action-Thriller-Geschichte in Szene gegossen hat, ist eigentlich nur die logische Konsequenz der Attribute, die sich auch in Die Killer-Brigade veräußerten: Das Verständnis, ein organisches Spannungsszenario ständig unter Strom zu halten und gleichwohl ein Auge für die Charaktere und ihre Lebenswelten zu besitzen. Dass die politischen Verstrebungen, mit denen sich der Film hier beschäftigt, einem Genre-affinen Umgang entsprechen, sollte kaum überraschen. Die Killer-Brigade ist in erster Linie daran interessiert, das Jäger-und-Gejagten-Gefüge auszubauen – und das gelingt ihm. [...]

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                                                  [...] Jedenfalls möchte Kinjite – Tödliches Tabu dem Zuschauer diese Aussage weismachen, um sich der Ideologie seiner Japaner-hassenden Hauptfigur anzuschließen: Wenn ihr Frauen belästigen wollt, dann macht das in eurem eigenen Land! Es kann ja eine durchaus effektive Methode sein, einen xenophoben Widerling zum Dreh- und Angelpunkt der Geschichte zu erheben, wie Michael Cimino mit dem famosen Im Jahr des Drachen meisterlich belegte. Allerdings darf der Film sich nicht auf die Seite dieser Weltanschauung schlagen. J. Lee Thompson, der einst den hochspannenden Psycho-Thriller Ein Köder für die Bestie inszenierte, um dann nach und nach im Cannon-Sumpf zu versacken, fehlt die kritische Distanz zwischen dem Handeln Crowes und der Reflexion dieses Handelns. Wenn der alternde Bronson in der ersten Szene einen Freier mit einem Gummidildo zur Rechenschaft zieht, dann sieht der Film darin ausgleichende Gerechtigkeit.

                                                  Dieser bräsige und stillose Altmännerheuler war nicht nur der endgültige Sargnagel für das nicht unsympathische Cannon-Studio, das uns in den 1980er Jahren mit launigem Edeltrash (und mehr!) am Fließband belieferte, sondern auch das Todesurteil für das Reißeisen-Fossil Charles Bronson, der Ende der 1980er Jahre in der öffentlichen Wahrnehmung überhaupt nicht mehr stattfand. Eine Ideologische Entgleisung wie Kinjite – Tödliches Tabu, der sich dann doch ganz eindeutig einer eher rechten Gesinnung verschreibt, lässt über beide Niedergänge dann doch wenig Betroffenheit zu. Die Vorstellungen von Rechtschaffenheit und Integrität, die hier vom brisanten Aspekt der Kindesprostitution umrahmt werden, verfolgen eine verquere Selbstjustizpolitik, die immerzu Gleiches mit Gleichem vergelten muss. So funktioniert Gerechtigkeit. Im widerwärtigen Sensationalismus scheint J. Lee Thompson die Antwort auf das massive Entgegenwirken all der menschlichen Abgründe gefunden zu haben. Pfui. [...]

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                                                    [...] Was nun folgt, ist eine genreaffine Vorstellung davon, auf welch hinterlistigen Wegen die Mühlen der Politik mahlen. Natürlich muss alles dafür getan werden, um einen Skandal abzuwenden, was Brice und Pritchard zu dem Entschluss kommen lässt, den Vorfall einem KGB-Agenten unterzuschieben. Von nun an entfaltet sich No Way Out – Es gibt kein Zurück als gut geöltes und von Roger Donaldson (Getaway) mit überaus stilvoller Hand inszeniertes Suspense-Kino, in dem Farrell die Wahrheit ans Licht bringen muss, ohne sich selbst dahingehend zu verraten, im Wissen über diese zu sein: Er wird derart in die Enge gedrängt, dass ihm nur noch die Flucht nach vorne bleibt. Es ist nicht zuletzt Kevin Costners gekonnter Performance zu verdanken, dass man sich als Zuschauer in diesem Wechselbad der aufgescheuchten Emotionen gerne mit dem Dauerstress der Hauptfigur anstecken lässt.

                                                    Hinter den Kulissen politischer Machtnationen ist Unschuld ein wertloses Gut. Farrell weiß das, was ihm durchaus hilft, mit entschiedener Härte gegen alle Widerstände vorzugehen. Donaldsons Inszenierung gibt sich dabei voll und ganz dem Wesen des klassischen Hochglanz-Thrillers hin, beginnt mit einer stürmischen Leidenschaft auf dem Rücksitz einer Limousine (die Szene dürfte uns allen noch als Parodie aus Hot Shots! – Die Mutter aller Filme geläufig sein) und endet mit gestocktem Atem im Kampf um die Selbsterhaltung inmitten von Zwickmühlen, Sackgassen und Winkelzügen. Der große und schmerzlich zu vermissende Gene Hackman agiert dabei gewohnt charismatisch aus der zweiten Reihe als Verteidigungsminister, der seine Reputation langsam schwinden sieht, während Will Patton einen aufopferungsvollen Irrsinn in seinen Augen aufblitzen lässt, der weit über die bloße berufliche Loyalität hinausgeht. [...]

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