SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

  • 4 .5

    [...] Die Hybridisierung aus Coming-Of-Age, Teenie-Romanze und eben jenem Kriegs-Szenario bringt mehr Nachteile als Vorteile mit sich: Dass die kryptische Formulierung der Geschehnisse gefällt, lässt aber gleichwohl das Defizit aufkommen, dass Hauptprotagonistin Daisy ihren forcierten Reifeprozess ganz auf ein offenes Plateau romantischer Verklärung stützt. [...] Am Ende aber greifen die Segmente nicht ineinander, sie stoßen sich vielmehr ab, der Schrecken hier, die Schmonzette da, um durch allegorische Landschaftspanoramen den Pfad der Hoffnung zu beschreiten. Wer das nicht versteht, bekommt noch einmal Hilfe von einem lächerlichen Voice-Over.

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    • 6 .5

      [...] Ein Abenteuer, das für leuchtende Augen und herunterklappende Kinnladen sorgen soll, ganz im Stil der früheren Magie eines Steven Spielbergs. Aber um die Ausgangsfrage zu beantworten, wie gut „King Kong“ nun wirklich ist: Sehr gut, aber beileibe kein Meisterwerk. [...] Riesige Mammutbäume werden aus dem Boden gestampft, Wasserfälle brechen aus den Geröllwänden, Sümpfe erstrecken sich durch den ganzen Urwald und opulente Gesteinsbrücken wie Felsspalten verknüpfen mehrere tropische Zonen ineinander, die den Zuschauer in ihrer Anmut durchweg entzücken. [...] Dinosaurier tummeln sich hier wie im „Jurassic Park“, mutierte Insekten schlängeln sich durch die Baumstämme, während hier und da noch seltsameres Fischgetier unter Wasser Jagd auf die Menschen macht. Da kommt es dann auch mal zu einer Saurierlawine – Hauptdarsteller: Der Diplodocus – und fertig ist der eskapistische Rausch in Reinform. [...] Das Drehbuch von „King Kong“ aber macht den Fehler, den Zuschauer in dieser – einzig auf die Dramaturgie, nicht auf die Visualisierung bezogen - leider auch sehr absehbaren Gigantomanie schnell zu übersättigen. [...] In diesem „King Kong“, einer respektvollen Hommage, allerdings sind es besonders Peter Jacksons Emotionen, die nahezu überschwappen.

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      • 4

        „Grand Piano“ gehört zu diesen Filmen, die einfach nicht funktionieren. Egal wie man ihm auch entgegentritt, egal wie gutmütig man ihn zwischendurch auch dreht und wendet, es klappt einfach nicht. Warum? Nun, wenn es um Logikfehler geht, dann muss man in der Rezeption den jeweiligen Anspruch des Werkes berücksichtigen um zwischen einer 'realen Logik' und einer 'filmischen Logik' differenzieren zu können. „Grand Piano“ aber ist ein solch enervierender Schlawiner, dass er sich beiden Möglichkeiten schlichtweg entzieht und somit nicht lange benötigt, um dem Zuschauer, selbst denen, die nicht pedantisch auf Logiklöcher achten, im Stakkato Kopfschütteln und leidendes Schnaufen zu entlocken. Was Drehbuchautor Damien Chazelle eigentlich zu einem Suspense-Vergnügen entwerfen hätte sollen, wird ein träger, aber handwerklich durchaus solider Thriller ohne Thrill, der Regisseur Eugenio Mira immer wieder jede Aussicht auf minimalistische Kniffe, die zu echter, zu greifbarer (Hoch-)Spannung führen würden, negiert. Im Endeffekt ist „Grand Piano“ grober Unfug, der in seinen ungereimten Dummheit auch keinen Spaß macht, weil er sich selber einfach viel zu ernst nimmt und Hauptdarsteller Elijah Wood („Maniac“) kläglich unterfordert. Natürlich gibt es unerträglicheren Kram und für John Cusack ist es neben dem ziemlich miesen „Numbers Station“ und dem lächerlich schlechten „Motel Room 13“ sogar eine kleine Qualitätssteigerung, uninteressant bleibt „Grand Piano“ dennoch absolut.

        9
        • 5

          [...] Wo man im ersten Augenblick vielleicht noch annehmen würde, in die nächsten Untiefen einer der unsäglichen Nicolas Cage Direct-to-DVD-Streiche gestolpert zu sein, lässt „3 Days to Kill“ schnell eine persiflierende Leseart zu - Ob intendiert oder nicht, sei mal dahingestellt. [...] Eines aber steht fest: Wenn McG wirklich darstellen wollte, was ein James Bond-Verschnitt nach Feierabend so tut, dann sei ihm gesagt: Bestimmt NICHT mit einem lilanen Damenfahrrad durch die Gassen von Paris gurken.

          10
          • 7

            [...] „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ wühlt sich also tief in die Vergangenheit unserer Helden, offeriert neue Informationen zu sämtlichen Figuren und denkt einige Geschehnisse um, ja, er erlaubt sich sogar, sie gänzlich zu pulverisieren. [...] Hinter all dem Krawall nämlich verbirgt sich eine Botschaft, die sukzessiv herausgearbeitet wird, die ihren Tribut fordert, schlussendlich allerdings nicht nur für den „X-Men“-Kosmos, der natürlich wieder in unserer Weltpolitik verankert ist, von höchster Signifikanz formuliert wird, sondern auch in unserer Realität von immenser Wichtigkeit ist: Es ist die Aufforderung an die Akzeptanz vom Fremdartigen, vom Anderen, selbst wenn es dem persönlichen Weltbild nicht entsprechen mag. [...] Ja, „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ ist mal wieder eine Comicverfilmung, der man das aufrichtige Interesse an Charakteren und Handlung noch wirklich abnimmt. So macht Kino Spaß.

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            • 5

              [...] Als Zeitdokument ist „Kill Your Darling - Junge Wilde“ oftmals zu sehr an Anachronismen geheftet, versucht das Geschehen durch zeitgenössische Musik zu konterkarieren, als Charakter-Portriät gefällt der Film zwar besser, gerade durch seine größtenteils guten bis sehr guten Schauspielleistungen, hat aber zur eigentlichen Thematik keinerlei sinnstiftenden Spitzen zu verzeichnen. Interessant aber bleibt „Kill Your Darling – Junge Wilde“, weil er die Beat Generation nicht nur von innen, sondern auch von außen dechiffrieren möchte. Das klappt nicht, ist formelhaft und eingeengt, aber doch so fähig, das Leben selbst als Zick-Zack-Linie innerhalb der narrativen Kreisbahn immer wieder ins Zittern zu bringen.

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              • 5 .5

                [...] Da hören die ansprechend formulierten Blickwinkel allerdings schon auf. „Teufelskreis Alpha“ kennt in seiner Erzählung einfach nur zu selten einen grünen Zweig, auf dem er sich dem Zuschauer auch wirklich gebührend nähern kann und so in das handlungstechnische Geflecht um Machtmissbrauch und Familie, um Parapsychologie und kollektiven Ängsten, wirklich passend integrieren. Schlecht allerdings ist „Teufelskreis Alpha“ ganz gewiss nicht, gerade De Palma-Fans dürfen gerne einschalten. Vor allem das radikale Ende aber schenkt dem Film noch ein heftiges Ausrufezeichen, welches sich wirklich gewaschen hat und an die späteren Werke von David Cronenberg erinnert.

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                • 7 .5

                  [...] Inmitten obligatorischer Hitchcock-Anleihen, zu denen De Palma ein bindendes Verhältnis führt, hinter seinen ästhetischen Manierismen, die den eigentlich Naturalismus der Handlung oftmals in gar prätentiöse Dimensionen versetzt, bleibt ein ehrlicher Blick auf das zerschundene Leben einer Pubertierenden. [...] Kumulieren wird das Szenario erst auf dem Abschlussball, der erschütternden Klimax, wenn sich das „hässliche Entlein“ zum Schwan verwandelt und wir als Zuschauer zusammen mit Carrie kurzzeitig einer rosigen Zukunft entgegenblicken dürfen. [...] Der Rest ist Geschichte: Der Eimer, das Schweineblut, der Amoklauf im hermetischen Raum; Fleisch und Blut, die Flucht in die Arme der Mutter, die Stigmata, Feuer, kreischende Geigen, die Apokalypse – Fast. Die letzte halbe Stunde gibt sich als hervorragendes und paralysierendes Suspense-Kino. [...]

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                  • 6

                    [...] Danach rollt die De Palma-Dampflok in angemessenem, aber niemals überwältigendem Tempo und schafft es, das Szenario mit durchachten Finten ironisch zu brechen und „Mein Bruder Kain“ plötzlich als schwarze Komödie erstrahlen zu lassen. [...] Wie intelligent De Palma mit dem Medium aber letztlich wirklich umzugehen weiß, beweist er in einer Szene: Eine Plansequenz (was sonst?) formt die City Hall von Mountain View zur Metapher, in der wir Dr. Waldheim, die uns das Wesen der multiplen Persönlichkeitsstörung erklärt, durch das Gebäude begleiten und immer tiefer, bis in den Keller, die Psyche, gleiten und damit das physische Plateau vollkommen verlassen haben. [...] Da kommt das Kunstverständnis De Palmas wieder voll zur Geltung und für solche Momente muss man ihn lieben, egal wie sehr er sich auch in mehr oder weniger müden Selbstzitaten suhlt. [...]

                    8
                    • 7

                      Für ein Wochenende möchten Peter und Marcia aus ihrem Alltag flüchten, die Seele an der australischen Küste baumeln lassen, fernab der Zivilisation, um wieder etwas näher zueinander zu finden. Die zwischenmenschlichen Probleme innerhalb der Ehe allerdings lassen sich nicht einfach abschütteln und auch das harmonische Idylle innerhalb der Wildnis bleibt dem Pärchen verwehrt, die Konflikte sind unausweichlich, stauen sich, das ersehnte Paradies konvertiert zum labyrinthischen Inferno. „Long Weekend“ lässt sich dabei auf zwei Weisen deuten, die differenziert voneinander besser funktionieren, als synchron: Man könnte die Vorkommnisse in ihrer Mystik dahingegen lesen, dass die Natur aufgrund der menschlicher Achtlosigkeit ihr gegenüber zum Gegenschlag ausholt, was eine in ihrer Symbolik äußerst platte ökologische Kritik heraufbeschwören würde. Andererseits könnte man die Natur hier auch als Metapher auf den Untergang des Menschen deuten, was „Long Weekend“ deutlich besser stehen würde, weil es ihn auch weit weniger didaktisch darstellt. Unter diesem Blickwinkel gefällt Colin Egglestons ökonomische Inszenierung durch ihren Naturalismus, der in seiner elegischen Erzählung wirklich beklemmend und einige bittere Wahrheiten offenbart. Ein packendes, psychologisch aufgeladenes Erlebnis ist „Long Weekend“ allemal.

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                      • 7

                        [...] Alles findet in „Die Schwestern des Bösen“ seinen rechtmäßigen Platz, ist hier aber gerne so installiert, das es dem reinen Mittel zum Zweck gleichkommt und dem Film in seiner Narrative eine neue Schleife ermöglicht, die den ihr folgenden Zuschauer aufgrund ihrer glatten Oberfläche gerne mal ins Schliddern bringt. Die Frage ist eben wieder die, ob man seine zuweilen wackelnden Knie ertragen kann? „Die Schwestern des Bösen“ ist keinesfalls so möbiusartig aufgezogen wie beispielsweise ein Film von David Lynch. Hier gibt es vielmehr Camp und Sleaze, der immer gefährlich nahe daran ist, sich der Lächerlichkeit preiszugeben, um dann im nächsten Augenblick den noch gackernden Zuschauer an der Intention des eben Gesehenen zweifeln zu lassen: Wer lacht hier nun wirklich wen aus? Wer verbrennt sich hier nun wirklich die Finger? Brian De Palma suggeriert dem Zuschauer immer wieder, dass er ihm die Übersicht lässt, in Wahrheit aber gibt es keine Übersicht, sondern nur ein filmisches Universum, das ganz nach den Regeln seines Herrschers Brian De Palma funktioniert. [...]

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                        • 7

                          [...] „Godzilla“ erweist sich vielmehr als reflektierter Bewältigunsversuch, aus dem Honda ein ergreifendes Menetekel gegen die Atomkraft formt und als paraboliche Abhandlung über die menschliche Selbstüberschätzung abschließt: Das allegorische Urvieh Godzilla nämlich wird nur euer kleinstes Problem gewesen sein, wenn ihr die klaren Grenzen im Umgang mit atomarer Kräfte nicht einhaltet. Über diesen Subtext, dessen mahnender Fingerzeig Honda hier mal durchaus subtil, mal plakativ prononciert, darf sich „Godzilla“ natürlich auch als trashige Monster-Action geben. Wenn sich Haruo Nakajima in seinen ikonischen Gummianzug gezwängt hat und dann durch die detailliert kreierten Modellnachbauten Tokyos trampelt, dann ist dieses Suitmotion-Verfahren schon ungemein charmant und lässt das prähistorische Monster, um das sich Mythen und Legenden ranken, wohldosiert durch das metaphorische Szenario wüten. [...]

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                          • 7

                            [...] In diesem Abschnitt, der quasi dritten Episode, gefällt „Geboren am 4. Juli“ am meisten, zeigt er doch die tiefe Erschütterung eines Landes, das sich in tiefster Verzweiflung wieder zusammenraufen muss und durch Ron Kovic, einem Einzelschicksal, einen universellen, ungemein wichtigen Appell herauskristallisiert. [...] Die Botschaft changiert zu keiner Zeit zwischen einer zweifelhaften und akzeptablen Artikulation: Der immer schon politisch-motivierte Stone stemmt sich gegen Vietnam, er bäumt sich auf und spricht Tacheles. Besonders loben zu erwähnen ist dabei noch die Tatsache, wie Stone es gelungen ist zu entfalten, dass man durchaus Patriot sein darf und sich trotzdem gegen den Krieg, das Massengrab Vietnam, stemmen kann. Dass beides immer in Relation zueinanderstehen muss, also wer sein Land liebt, muss auch mit breiter Brust in den sicheren Tod ziehen, ist ein Irrglaube, mit dem Stone hier endgültig aufräumt.

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                            • 6

                              [...] Adèle bringt es später in eigenen Worten auf den Punkt, wenn sie in einem Café um ihre Verflossene Emma kämpft: „Du vermisst 'es' doch auch“, haucht sie ihr lusterfüllt ins Ohr, während ihre Hand zwischen den Schenkeln Emmas verschwindet. 'Es', nicht 'Mich'. Emma scheint in diesem Moment aufzuwachen, realisiert zu haben, worum es Adèle wirklich geht – Und verschwindet. [...] Das klingt nun reichlich harsch, aber von echter Liebe möchte man hier irgendwann nicht mehr sprechen, denkt man doch, das Zehren nach erfüllter Sexualität als Fixstern der Konzeption zu erkennen: Adèle träumt von Sex, nicht von Romantik, Adèle nutzt Sex als Kompensation der angeblichen Einsamkeit und Adèle will mit ihren körperlichen Reizen manipulieren. [...] Man kommt nicht drumherum, „Blau ist eine warme Farbe“ als guten Film zu deklarieren, der in seinen stärksten Momenten eine subtile Intensität evoziert, der man sich nicht entziehen kann. Aber ein Bravourstück der Extraklasse? Nun ja...

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                              • 4 .5

                                »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

                                Teil 15
                                O...wie Okkultismus.

                                [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

                                Sam Raimis Filmographie ist in ihrer thematischen Strukturierung und den klaren Referenzen respektive Verzahnungen innerhalb dieser immer noch eine der interessantesten überhaupt: Mit „Tanz der Teufel“, „Tanz der Teufel 2“ und „Armee der Finsternis“ wurde der in Royal Oak geborene Raimi von Horror-Geeks schnell zum Messias des Fun-Splatters gekrönt, in dem er wunderbar eine inszenatorische Scharfsinnigkeit pflegte und diese mit einer echten Sturmflut an kreativen Einfällen kombinierte. Der Anblick von Blut, Schmodder und Gekröse hat selten so viel Laune gemacht bei dieser dreiteiligen Achterbahnfahrt. Neben seiner Vorliebe für das Schaurige, das Deftige und Komödiantische, zeichnete sich mit „Darkman“ eine neue Affinität ab: Der Comic, den er später mit „Spider-Man, „Spider-Man 2“ und „Spider-Man 3“ noch einmal durchweg großartig aufgegriffen hat und natürlich weiterhin zum Teil mit morbidem Gedankengut und üppigen Querverweisen zur eigenen Vita gestreckte. Zwischen diesen großen Bezugspunkten lassen sich aber immer wieder Filme entdecken, die als Übergänge fungieren, aber nie wirklich in den Fokus der Öffentlichkeit rutschen durften.

                                Da wäre der verspielte Western „Schneller als der Tod“, der in Cineasten-Zirkeln weitreichend gefeierte Thriller „Ein einfacher Plan“ und der Okkult-Gruseler „The Gift“ von 2000, lange bevor Raimi mit „Drag Me to Hell“ zu seinen Wurzeln des Horrors zurückkehren wird oder mit „Die fantastische Welt von Oz“ den Klassiker in Form eines Prequels vergewaltigt. Warum die erstgenannte Filme nicht mit der ihnen rechtmäßigen Aufmerksamkeit belohnt wurden, lässt sich, trotz namhafter Besetzung, schnell absehen: Die Massenkompatibilität lässt zu wünschen übrig. Bei „The Gift“ aber, der heute schon wieder weitestgehend in Vergessenheit geraten ist, lässt sich traurigerweise postulieren, dass es um diesen Film wirklich nicht schade ist, hat sich Billy Bob Thornton mit seiner Vorlage doch ordentlich überhoben und Raimi eine – aus informalem Winkel betrachtet – akkurat nahezu unlösbare Aufgabe aufgebrummt. Dass „The Gift“ nun letztendlich scheitern musste, liegt daher sicherlich nicht an Raimis Inkompetenz, die ist schlichtweg nicht existent, der Mann beherrscht seinen Beruf nämlich fraglos, als eben an dem unausgereiften Skript.

                                „The Gift“ in eine klare Genre-Orientierung zu kategorisieren offenbart sich im Angesicht seiner inhaltlichen Zerstreuung als Ding der Unmöglichkeit: Okkultismus geht einher mit einem Gerichtsthriller, das Sozial-Drama mit einem atmosphärisch gezeichneten Milieu-Portriät und eine Kriminalgeschichte mit medialem Grusel. Das Drehbuch denkt in viele Richtungen und es wäre eine Lüge, würde man behaupten, Billy Bob Thornton hätte eine Arbeit ohne jedes Potenzial abgeliefert. Allein die Sequenzen im Gerichtssaal wissen den Konflikt, den das Südstaaten Kaff Brixton mit der vermeintlichen „Hexe“ gut auf den Punkt zu bringen und äußerst packend herauszuarbeiten. Während diese „Hexe“ selber eine von Leben gezeichneten Menschen namens Annie Wilson darstellt und mit ihrer hellseherischen Gabe mehr zu kämpfen hat, als dass sie diese vollständig zu ihrem Vorteil ausnutzen könnte. Mit Annie Wilson bekommen wir somit eine Hauptdarstellerin geboten, deren Fähigkeiten wir als Zuschauer niemals hinterfragen müssen, zu subjektiv schildert „The Gift“ ihre Präsenz, und die von Cate Blanchett mit einer natürlichen Introvertiertheit verkörpert wird, mit der man schnell sympathisiert und mitfühlt.

                                Je weiter der Film voranschreitet, desto extremer zerfasert er jedoch: Die Tätersuche, die jede forensische Analytik übersteigt, gipfelt in einem Moment des ungezwungenem mystischen Kitsches, der aufgesetzten kitschigen Mystik und lässt all den subtilen Grusel, der in „The Gift“ oftmals nur auf Samtpfoten geschlichen ist, der noch, auch wenn wir als Zuschauer nichts infrage stellen durften, immer einen Hauch von Zweifel inne trug, gerade aus der Perspektive Außenstehender, wird vollends in Luft aufgelöst und Annie bekommt ihre Katharsis, während der Zuschauer nicht nur der Auflösung vielleicht noch ein saloppes Achselzucken spendieren kann. Inszenatorisch aber gefällt „The Gift“ durchaus und findet einige stimmig-ästhetische Bilder des alptraumhaften Visionen und der engimatischen Sumpflandschaft, mit den schleichenden Nebelbänken und dem wispernden Vollmond. Doch das ist dann letzten Endes zu wenig, um das Gesamtpaket überzeugend zu schnüren.

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                                • Dass Harvey Keitel zu den ganz Großen gehört, sollte heute wohl kaum noch ein Geheimnis sein. Und dennoch wird er gute Mann gerne mal vergessen, wenn es die um Aufzählung eben jener Größen der Schauspielkunst geht. Ob verschlagen, cool oder desillusioniert, manisch, aufrichtig oder der Jedermann von nebenan: Keitels Rollentypus war nie festgefahren, und doch ist jede Figur, die er verkörpert, immer durch und durch Keitel, von souverän bis umwerfend gespielt - Darunter gibt es nichts. Was er allerdings in „Bad Lieutnant“ von 1992 geleistet hat, diese unfassbar plastisch porträtierte Gebrochenheit, mit der Keitel den Bildschirm von Anfang bis Ende dermaßen erschüttert, lässt sich rational wirklich nicht mehr in adäquate Worte fassen und zählt ohne Frage zu den besten, markantesten Performances überhaupt. Allein dafür, für diesen unfassbar zermürbenden, selbstzerstörerischen Auftritt, hat sich Keitel die Glückwünsche zu seinem 75. Geburtstag wirklich redlich verdient. Alles Gute!

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                                  • 2 .5

                                    [...] Nein, „Jack Ryan: Shadow Recruit“ scheitert an seinem furchtbar gestrig aufgezogenen Drehbuch und der müden wie einfallslosen Regie seitens Kenneth Branagh. [...] Feindbilder von Vorgestern werden aufgezogen, die Russen auf der einen Seite, die greifbare Wirtschaftskrise auf der anderen Seite: Die letzten Überbleibsel des Kalte Krieges flirren durch das Szenario und das Objekt der Begierde jenes thematisierten (Ökonomie-)Terrorismus ist natürlich die Wall Street. [...] Die spärlich gesäten Action-Szenen verdeutlichen dazu noch, dass Branagh zwar dialoglastige Projekte beherrscht, wie man eine dynamische Szene wirklich arrangiert scheint dem Nordiren aber fremd zu sein, und so verkommen Verfolgungsjagden, Schusswechsel und Faustkämpfe um Leben und Tod zur reinen Staffage. [...]

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                                    • 9

                                      Was mit „Krieg der Sterne“ 1977 schon so fabelhaft wie visionär losgetreten wurde, wird mit „Das Imperium schlägt zurück“ brillant fortgesetzt: Die Grundstimmung ist eine wesentlich düstere, tonal wird härter zu Werke geschritten und das „Star Wars“-Universum wandelt sich spätestens in der zweiten Hälfte des Films zum luziden Traum kinematographischer Unendlichkeit. Unsterblichkeit! Mit Hirn und dem Herz am rechten Fleck wird die Space Opera auf ihren sensationellen Höhepunkt geschraubt, um alles Bisherige und Folgende innerhalb des mythischen Franchise hinter sich zu lassen und sich schließlich vollständig in der Popkultur zu verwurzeln. Eine ingeniöse Erholungskur für Eskapisten, die sich in diesem magischen Abenteuer für zwei wunderbare Stunden immer und immer und immer und immer wieder fallen lassen können.

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                                      • 7

                                        „Bei Anruf: Mord“ lag Hitchcock nie am Herzen. Für ihn war es nur eine in 3D-Format inszenierte Fingerübung, abgedreht in etwas mehr als 30 Tagen. Fertig. Weiter im Text. Und selbst wenn „Bei Anruf: Mord“ dem pummeligen Onkel nicht viel bedeutet hat: Seine filmische Intelligenz lässt sich nicht verdrängen, dafür nimmt Hitchcock den Regiestuhl einfach zu passioniert ein. Sicher, „Bei Anruf: Mord“ kann „Ein Cocktail für eine Leiche“, dessen Motiv des 'perfekten Mordes' er sich bekräftigt, nicht das Wasser reichen, dafür fehlt im schlichtweg die inhaltliche Flexibilität, der Sub- und Metatext. „Bei Anruf: Mord“ aber ist so eine so lustvoll und detailverliebt verstrickte Kinoübersetzung eines Theaterstückes, dass es schier unmöglich ist, sich an diesem theatralischen Suspense-Kammerspiel nicht zu erfreuen. Durchdacht wie immer, hat hier alles seine emblematische Bedeutung, während jeder Winkel, jede Perspektive von der Kamera voyeuristisch ausgekostet werden. Unfassbar, mit welch disponierten Feingefühl für Räumlichkeiten und ausgefeilter Farbdramaturgie Hitch hier mal wieder entzückt. Wenn sich eine Fingerübung doch immer in derartiger Qualitätssphäre zu verstehen geben würde.

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                                        • 8

                                          Martin Scorsese dirigiert eine Symphonie des Schicksals und denkt damit Robert Rossens Meisterwerk „Haie der Großstadt“ zu Ende. Eddie Felson (Paul Newman) ist inzwischen nicht mehr der ungestüme Gierlappen. Die Ereignisse von damals haben ihn eines Besseren belehrt, ihn reifen lassen, was dennoch nicht verhindert, das obligatorische Kitzeln in den Fingerspitzen gänzlich verdrängen zu können. Vor allem, nachdem er den über alle Maße talentierten, aber nicht minder überheblichen Vincent Lauria (Tom Cruise) kennenlernt und unter seine Fittiche nimmt. Aus dieser Charakter-Konstellation keimt eine mal grelle, mal angenehm zurückhaltende, fast meditative Reflexion über das Alter – Praktiziert in den stickigen Billardhallen, in klaustrophobischer Schwüle, da, wo Könige geboren und postwendend wieder von ihrem hohen Ross herabgesetzt werden. Eddie hat die Dreifaltigkeit des Billard – Talent, Charakter und Glück – inzwischen verinnerlicht, während Vincent nur auf einen Stock und sechzehn Kugeln aus glattem Phenolharz, anstatt auf Instrumente der Macht blickt. „Die Farbe des Geldes“ ist weit entfernt von der psychologischen Dichte, die „Haie der Großstadt“ einst ausgemacht hat. Scorseses flapsige, aber sehr respektvolle und gewiss äußerst gediegen inszenierte Fortsetzung ist ein 80s-Heuler, ein Zeitdokument durch und durch, bei der vor allem mal wieder Michael Ballhaus Kameraführung qualitativ heraussticht. Am Ende findet „Die Farbe des Geldes“ genau die richtigen Worte: Man kann etwas durchaus beherrschen, besser als alle anderen, doch man kann den Lauf der Dinge nie kontrollieren. Vincent wird es noch lernen, Eddie hat es unlängst und Marty sowieso.

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                                          • 6 .5
                                            über Zulu

                                            [...] „Zulu“ nämlich möchte sich partout nicht eingestehen, ein echter Exploiter zu sein, ein reißerisches B-Movie, das seine Apartheid-Thematik nach Lust und Laune ausschlachtet, um hinter jede Straßenbiegung, jede rostige Blechtür einen neuen Abgrund als Gewaltklimax zu positionieren. [...] Es wird ein vermeintlicher Tiefgang vorgegaukelt, den „Zulu“ aber nicht besitzt, weil seine Stärken an einer ganz anderen Stelle liegen, das Drehbuch sich diese allein aber nicht anrechnen lassen möchte. Immer wieder gerät der Film dadurch ins Wanken, um dann von den Schauspielern und der konstratreichen Atmosphäre, in dem der Großstadtpessismus durch grelle und tiefschwarze Ebenen taumelt, wieder in die richtige Spur geschoben zu werden. [...]

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                                            • 8

                                              [...] „Haie der Großstadt“ ist vielmehr das Wiegenlied über Gewinnen und Verlieren, für manche wohl auch der Schwanengesang, weil sie den letzten Glockenschlag in ihrer Sucht, ihrer grenzenlosen Besessenheit, nicht hören konnten – oder nicht hören wollten. [...] Aus allegorischer Perspektive funktioniert „Haie der Großstadt“ also auch vornehmlich treffend, während sich der Sport an sich langsam aus dem Zentrum bewegt, um ein introspektives Drama zu bilden. [...] „Haie der Großstadt“ ist Milieu- als auch Moralstudie, ist Kritik am Kapitalismus als auch psychologisch dichtes Sportler- und Seelendrama. [...] Ein Meisterwerk über Gier, Läuterung und – auch wenn es abgedroschen klingt – die wirklich elementaren Dinge im Leben.

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                                              • 8

                                                »SoulReaver und lieber_tee in den Untiefen des ganz normalen Genrewahnsinns«

                                                Teil 14
                                                N...wie Film Noir.

                                                [http://www.moviepilot.de/liste/soulreaver-und-lieber_tee-in-den-untiefen-des-ganz-normalen-genrewahnsinns-soulreaver]

                                                Barfüßig und nur in einen Trenchcoat gehüllt rennt sie in tiefster Nacht über die Straßen; der kalte Asphalt unter ihren Sohlen, den Schrecken in die Gesichtszüge gebrannt: Christina ist auf der Flucht und Privatdetektiv Mike Hammer, dem sie sich in den Weg stellt und dessen grelles Scheinwerferlicht die verzweifelte Frau aufsaugt, um sie dann im letzten Moment vor der tödlichen Kollision zu bewahren, soll ihr diese Flucht ermöglichen. Kurze Zeit darauf ist Christina tot, ihre Beine zappeln von nun an nicht mehr und der stattlich gebaute Mike findet im Krankenhaus langsam wieder zu sich: Robert Aldrich lädt mit diesem Prolog zu „Rattennest“ zum (selbst-)reflexiv gestalteten Tanz um die eigene Noir-Achse. Denn „Rattennest“ stellt sich zu Anfang unwiderlegbar in die Tradition der Schwarze Serie, bedient die stilistische Motivik, aus der die ganz klassischen Charaktertypen emportsteigen: Der ambivalente Detektiv hier, die blonden, verführerischen Damen auf der anderen Seite und eine ganz Bandbreite von undurchsichtigen Gestalten soweit der Blick reicht.

                                                „Rattennest“ lässt seine Charaktere aber nicht länger für sich funktionieren, sie werden durch ein offensichtlich abstruses Szenario gescheucht, in dem sie mehr und mehr eine repräsentative, denn eine autonome Position beziehen. Repräsentanten eines Stils, einer Ära, einer Strömung, die Robert Aldrich in 105 Minuten wie ein Kartenhaus zusammenbrechen lässt und damit gleichzeitig den funktionalen Mechanismus des Kinos in seiner ganzen effektiven Wirksamkeit höchstpersönlich freischaufelt. „Rattennest“ negiert jedwede Möglichkeit der Psychologisierung seiner Charaktere, schafft es gleichwohl aber, den Zuschauer unaufhörlich an die Fersen den zynisch ermittelnden Mike Hammers zu heften, dessen von Natur aus gegebene Neugier ihn in eine echte Sisyphusarbeit auf der Suche nach einer Wahrheit führt, auf die er sich besser hätte nie begeben sollen. Mit dieser Suche, die eine mögliche Spur nach der anderen serviert und Mike Hammer doch nicht weiterbringt, karikiert das Drehbuch den Film Noir bis aufs Letzte: Erst wird er durch sichere Ironie in der Tonalität gebrochen und entmythologisiert, dann nimmt „Rattennest“ (in der richtigen Version) gar apokalyptische Ausmaße an.

                                                Was in Finsternis beginnt, das soll auch in Finsternis enden. Aber durch das Dunkle bewegen wir uns in „Rattennest“ auch dann, wenn den Figuren, den Schablonen, den Abziehbildern, die Sonne schelmisch in das Gesicht lacht. Mike Hammer aber bleibt sich treu, versucht den Fährten zu folgen, kryptische Hinweise zusammenzufügen, die nicht ineinander passen. Lernt blonde Frauen kennen, zwielichtige Gauner und grimmige Ordnungshüter, denen er am laufenden Band Backpfeifen verteilt. Bis er schließlich in einen nihilistischen Ausdruck der Angst, eine Impression der atomaren Bedrängung aus den eigenen Reihen, der 1950er Jahre gespült wird: Kalter-Krieg-Paranoia auf ihrem Höhepunkt, durch exerziert und unverblümt ehrlich – Mit sich, dem Zuschauer, der Narration, dem Kino. Wenn ein Koffer, ein McGuffin, seinen Platz im Geschehen einnimmt, mischen sich noch perfide Mystery-Elemente in das Drehbuch, um im hellsten Licht des Wahnsinns zu erstrahlen und das große Finale einzuleiten: Wir sind dem Untergang geweiht. Das Kino allerdings, das verfügt über eine ewigwährende Beständigkeit. Glücklicherweise.

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                                                  Näher an der Vorlage? Eine realistischere Projektion der „freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft“? Schon möglich, aber was nutzen derlei Ambitionen, wenn man wiederholt zwei kolossale Ausnahmestümper wie Alex Kurtzman und Roberto Oric, die auf Grundschulniveau verkehren, damit beauftragt, ein Drehbuch für den zweiten Teil eines von vornherein eigentlich vollkommen überflüssigen Reboots zu entwerfen? Nichts. Genau. „The Amazing Spider-Man 2“ nimmt immer wieder in demonstrativer Hybris Handlungsstränge auf, die durchaus substantielles Potenzial besitzen, die quasi darum flehen, reflektiert ausarbeitet zu werden, aber schon mit dem anknüpfenden Szenenwechsel verwässert im Nirgendwo stranden müssen. Vieles wird angedeutet, nichts scheint aber wirklich von Interesse, weil „The Amazing Spider-Man 2“ trotz quälender 145 Minuten keine Zeit dafür besitzt, um auf das Innenleben, die Konflikte in- und unterhalb seiner Charaktere einzugehen und daraus einen nachvollziehbaren emotionalen Bogen zu spannen. Ein unrhythmischer Totalausfall, dramaturgisch komplett zerstreut, nie ist Land in Sicht und immer ist man darauf aus, sich in den nächsten Krawall zu flüchten, während sich der schlaksige Lackaffe im Spinnenkostüm eh nur für die eigene Fresse interessiert: Glückwunsch, „Man of Steel“ hat ein ähnlich hässliches Brüderchen bekommen, nur nicht ganz so monochrom und symbolbeladen.

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