Tobi_G93 - Kommentare

Alle Kommentare von Tobi_G93

  • 6 .5
    Tobi_G93 20.11.2020, 19:06 Geändert 21.11.2020, 12:02
    über Luz

    "Lasst uns heute den Sohn der Maria ficken"

    Weird, sperrig aber stellenweise ungemein faszinierend!!
    "Luz" ist Tilman Singers Abschlussarbeit an der Kunsthochschule für Medien in Köln, dementsprechend sein Regiedebüt und gerade deshalb beeindruckend selbstbewusst und zugleich höchst eigenwillig geraten.
    Irgendwo zwischen Mysterythriller und okkultem Horror angesiedelt, entfacht Singer einen asoziativ-alptraumhaften Rausch, der vor allem von seiner audiovisuellen Umsetzung lebt.
    In angenehm körnigem Retrolook gehalten, baut "Luz" durch seine beunruhigende Klangkulisse, bestehend aus mal stimmungsvollen Synthie-Score und dann wieder dröhnend-unbequemen Soundscapes, in Verbindung mit den rätselhaft-unheimlichen Storyansätzen eine unheilvolle, deliriöse Atmosphäre auf.
    Wobei Story fast übertrieben wäre, denn Singer bleibt durchgängig enorm vage und lässt dabei nur lose Fetzen der Geschichte erahnen.
    Bewusst kryptisch und kaum dechiffrierbar, deutet Singer Themen wie Besessenheit, Hypnose, sexuellen Missbrauch unter religiösem Deckmantel, Okkultismus oder schwarze Magie ganz vorsichtig an, wobei über allem die Verwischung von Realität und Wahn, Raum und Zeit steht.
    Da erscheint es kaum überraschend, dass der Regisseur auch zum Schluss keine kausalen Erklärungen liefert sondern seine Geschichte insbesondere suggestiv-instinktiv den Zuschauer näher bringen will.
    Ich muss gestehen, dass sich bei mir auch nach der jetzigen Zweitsichtung kein großes Verständnis für den Plot entwickelt hat.
    Aber gut, that´s what Mindfuck should be like.
    Gerade fürs deutsche Genrekino angenehm weird.

    6
    • 5 .5
      Tobi_G93 18.11.2020, 19:53 Geändert 19.11.2020, 11:13

      Im Thriller "The Call" gerät Notruf-Telefonistin Jordan (Halle Barry) in ein adrenalingeladenes Katz- und Mauspiel um eine verschleppte junge Frau, die im Kofferaum des Enführers gefangen ihre einzige Rettungschance darin sieht den Notruf 911 zu wählen.
      Regisseur Brad Anderson, der bereits zuvor mit Filmen wie "The Machinist", "Transsiberian" oder auch "Session 9" ein Händchen für subtilen Psycho-Thrill bewiesen hat, setzt in seinem Geisel-Thriller alles auf die Karte Spannung und lässt dabei bezüglich seines Szenarios leider Einiges an Logik und Glaubwürdigkeit vermissen.

      Erfreulicherweise nimmt sich Anderson anfangs etwas Zeit um den Charakter und die Umstände seiner Hauptprotagonistin einigermaßen engagiert einzuführen und den Zusehern nebenbei noch einen kurzen Einblick in die Arbeit vom Service einer Notrufzentrale zu gewähren.
      Handwerklich und schauspielerisch auf solidem, kaum beanstandungswertem Niveau, versteht es der Regisseur lange Zeit fast schon selbstverständlich, ein ungemein rasantes, kurzweiliges Entführungsszenario umzusetzen.
      Ein verzweifeltes Rennen gegen die Zeit, um Leben und Tod, atemlos-adrenalingeladen.
      Anderson kümmert sich dabei leider nicht sonderlich um Realitätsnähe und Glaubwürdigkeit, was bis zu einem gewissen Niveau locker noch verschmerzbar und nicht ganz so tragisch gewesen wäre.
      Spätestens als der Film dann aber beginnt, die Vergangenheit und die Motivation des Entführers anzureißen und dabei abstrus-bescheuerte, psychologische Phänomene andeutet, begibt sich der Regisseur in kaum ignorierbare Bullshit-Regionen.
      Moralisch absolut fragwürdig lässt es sich Anderson auch nicht nehmen, einen finalen Schwenk in Selbstjustiz-Fahrgewässer zu vollziehen und seinen Film damit denkbar enttäuschend zu beenden.
      Ein zweischneidiges Schwert, für lange Zeit ein kompetent inszenierter Spannungsfilm mit ordentlich "thrill", daneben dann diese Logiklöcher und das furchbare Ende.
      Für einen gemütlichen Filmabend ohne Hirn ist aber noch genug Sprit im Tank.

      7
      • 6
        Tobi_G93 17.11.2020, 12:16 Geändert 17.11.2020, 18:46
        über Chloe

        In seinem Remake des französichen Dramas "„Nathalie - Wen liebst du heute Nacht?" wagte sich der kanadisch-armenische Autorenfilmer Atom Egoyan erstmals an ein nicht selbst verfasstes Drehbuch und legte damit ein nicht immer vollends überzeugendes, aber durchgängig interessantes Werk vor.
        "Chloe" vermengt dabei Elemente des Familiendramas mit einem geradlinigen, sexuell aufgeladenem Thrillerplot und erweist sich ebenso als einigermaßen komplexe Studie über Eifersucht, Misstrauen, unterdrückte Gefühle und mangelnder zwischenmenschlicher Kommunikation.

        Insbesondere handwerklich weiß Egoyan seine Geschichte absolut stimmig und anschaulich in Szene zu setzten.
        In kunstvoll-eleganten Aufnahmen wird die kühle, sterile Architektur der Wohnungsinnenräume eingefangen, um die unterkühlten, von Misstrauen geprägten Umgangsformen der Protagonisten visuell passend darzustellen.
        Amanda Seyfried, die als listige, titelgebende Femme Fatale Chloe mit ihren undurchsichtigen Absichtigen alle an der Nase (oder eher woanders) herumführt, wird im Gegensatz dazu übertrieben aufreizend und fast schon voyeuristisch in Szene gesetzt, als würde die Kamera ebenso lüstern nach ihr lechzen und sie jeden Moment entkleiden wollen.
        Aus seinen Inspirationen macht Egoyan hierbei keinen großen Hehl, indem er beispielweise einen speziellen Moment aus "Basic Instinct" fast schon eins zu eins übernimmt.
        Narrativ findet der Regisseur leider nicht immer die perfekte Abmischung, versteift sich oftmals stark auf die dramatischen Aspekte seiner Geschichte und vergisst dabei die Spannung konstanter hochzuhalten (mehr Fokus auf das Spiel mit Perspektiven beispielsweise).
        Auch der letztendliche Schlusspunkt gestaltet sich eher "hollywoodlike" und stereotypisch, da wäre mehr Konsequenz und Mut zur Boshaftigkeit kein Fehler gewesen.
        Im großen Ganzen weiß "Chloe" dennoch mit stylischer, durchdachter Inszenierung, zumeist überzeugendem Schauspiel (Neeson als scheinbar untreuer Ehemann ist erstaunlich gut) und einer interessanten, wenn auch unspektakulären Geschichte gut zu unterhalten.
        Insbesondere Freunde von Erotikthrillern können hier bedenkenlos einen Blick riskieren.

        6
        • 5
          Tobi_G93 15.11.2020, 18:52 Geändert 15.11.2020, 20:03

          Was war das denn??
          Nach seinem für ein Regiedebüt ziemlich ordentlichem "Evil Words" serviert Regisseur Eric Tessier sechs Jahre später mit seinem zweiten Spielfilm "5150 Elm´s Way" (2009) einen prinzipiell interessanten Psychothriller, der leider aus seiner vielversprechenden Prämisse deutlich zu wenig herausholt und insgesamt mehrere klare Schwachpunkte aufweist.

          Tessier entwirft für seinen Thrillerplot ein Entführungsszenario der etwas anderen Art, behandelt unterschiedliche Thematiken wie Selbstjustiz oder das Stockholm-Syndrom und zeigt fast schon nebenbei ein groteskes Portrait einer kaputten, zerrütteten amerikanischen Familie.
          Vor allem inszenatorisch weiß Tessiers Thriller hierbei zu überzeugen.
          Cinematographisch auf klar höherem Niveau als sein Erstlingswerk, besticht der Film insbesondere durch seine sehr stimmungsvollen Bilder, insbesondere die meist winterlichen Außenaufnahmen, und garniert das Ganze mit einigen kunstvollen, surrealen Einschüben, die dabei auch einigermaßen sinnvoll den Plot unterstützen.
          So weit, so gut.
          Inhaltlich und handlungsbezogen fallen dagegen einige Schwächen ins Auge.
          Vor allem zu Beginn (erstes Drittel) erscheinen einige Handlungen der Hauptfigur kaum nachvollziehbar, wodurch die Glaubwürdigkeit des Films schon frühzeitig zu leiden hat. (Stichwort Fluchtversuche u.a.)
          Desweiteren erweckt der Film desöfteren einen leicht schizophrenen Eindruck.
          In einem Moment möchte Tessier eine realitätsbezogene Geschichte um Gewalt und deren psychologische und phsysische Auswirkungen präsentieren.
          Im nächsten Moment wird (vor allem bei der Motivation und dem letztendlichen Plan des Entführers) völlig übertrieben und man begibt sich fast schon in Trash-Regionen.
          Das ergibt insgesamt leider eine ziemlich unausgewogene, holprige Mischung, die durch den dennoch recht hohen Unterhaltungswert für eine einmalige Sichtung gerade noch so eine kleine Empfehlung wert ist.
          Mehr aber keineswegs.

          6
          • 6
            Tobi_G93 14.11.2020, 18:40 Geändert 14.11.2020, 19:52

            In Montreal geschehen innerhalb kurzer Zeit zwei blutige Ereignisse:
            Ein Polizist schießt scheinbar grundlos auf eine Gruppe von Kindern und tötet dabei einige davon.
            Der erfolgreiche Horrorautor Thomas Roy schneidet sich wenige Stunden später mehrere Finger ab und springt aus einem Fenster, überlebt den Sturz aber. Psychiater Dr. Lacasse soll den womöglich vom Wahnsinn befallenen Schriftsteller behandeln und macht dabei im Zuge von Nachforschungen eine unerklärliche Entdeckung.
            Roy hat die Geschichte des sich vor kurzem ereigneten Amoklaufs sowie einige weitere Gewalttaten aus der Vergangenheit schon im Voraus zu Papier für seine Horrogeschichten gebracht...

            Diese abstrus-rätselhafte Prämisse dient dem kandischen Regisseur Eric Tessier als Grundsetting für sein Regiedebüt "Evil Words" (2003), das irgendwo zwischen Mysterythriller, Okkulthorror und metaphorischer Abhandlung von Gewalt eine bizarre aber zuweilen auch unrunde und nicht sonderlich originelle Geschichte erzählt.
            Atmosphärisch und vom Storyverlauf erinnert das hier und da deutlich an Werke von Stephen King (insbesondere "Stark") oder auch an John Carpenters "In The Mouth of Madness", wobei er qualiitativ insbesondere Letztererem deutlich unterlegen ist.
            Macht aber erstmal nix, vor allem narrativ macht Tessier doch einiges richtig.
            Mit seiner wendungsreichen, unchronologischen erzählten Geschichte, die im Verlauf durch einige stimmig inszenierte Flashbacks immer mehr an Klarheit gewinnt, gelingt es dem Film bis auf Weiteres die Spannung aufrecht zu erhalten.
            Tessier verzichtet dabei lange Zeit auf explizite Momente, verlagert den Horror in härteren Momenten durch unklare Flashs oder Kameraschwenks meist in den Kopf des Zusehers.
            Erst gegen Ende dreht der Regisseur deutlich auf und inszeniert einen furiosen Showdown, der mit seinen derb-blutigen Gewaltmomenten und dem konsequenten nihilistischen Schluss angenehm zu verstören weiß.
            Inszenatorisch und handwerklich leisten Tessier und sein Kameramann leider nicht restlos überzeugende Arbeit.
            Die oftmals deutlich zu hell wirkenden (bei Prime gesehen, evtl. liegt das Problem bei denen) und insgesamt eher an Fersehfilmoptik erinnernden Aufnahmen machen leider einiges an Atmosphäre zunichte.
            Für mich dennoch leicht überdurchschnittlich und fast schon ein kleiner Geheimtipp des okkulten Thrillers.

            4
            • 6
              Tobi_G93 13.11.2020, 19:26 Geändert 14.11.2020, 19:53
              über In Fear

              Überraschend Creepy und Perfide.
              Lucy und Tom sind seit zwei Wochen ein Pärchen.
              Für einen Festivalbesuch hat Tom als Überraschung ein Hotelzimmer irgendwo auf dem Lande in Nordirland gebucht. Doch der Weg zum Hotel erweist sich als komplizierter und beschwerlicher als vermutet, denn das Hotel scheint unauffindbar..

              Mit dieser interessanten Prämisse beginnt der britische Regisseur Jeremy Lovering seinen minimalistischen Thriller "In Fear" (2013), der sich ungefähr so anfühlt als hätten die Protagonisten von Blair Witch Projekt ihre Hexensuche an den Eden Lake verlagert.
              Schon zu Beginn, noch bevor jegliche Bedrohung in der Luft liegt, gelingt es Lowering durch unklare Aussagen des Pärchens über einen zurückliegenden Barbesuch und der unheilvollen Tonspur relativ subtil eine unterschwellige Beklemmung zu entfachen, die das folgende Unheil schon früh ankündigt.
              Die anschließende Suche des Hotels wird als eine labyrinthartige Odyssee auf einsamen, wild umwachsenen Waldstraßen eingefangen, was zu einem immer panischeren und verängstigenden Grundgefühl bei den Beiden führt, auch weil die Dämmerung langsam anbricht.
              Unklare Vorfälle, wie das Starten der Alarmanlage, schemenhafte Gestalten in der Dunkelheit oder das Zufallen von Autotüren verstärken die anfangs noch unerklärlich erscheinenden Angstgefühlen in der Folge nochmals deutlich, was zu einem letztlich ziemlich beunruhigendem Grundsetting führt.
              Bilden sich die beiden in ihrer Angst die rätselhaften Vorfälle nur ein?
              Handelt es sich um verrückte Hinterwäldler, die ein boshaftes und damit eventuell auch lebensbedrohliches Spiel mit dem Pärchen in Gang setzen?
              Oder existiert sogar ein übernatürliches Phänomen, das für die merkwürdigen Ereignisse verantwortlich ist?
              Darauf gibt Lovering lange Zeit keine exakten Antworten und genau in dieser Ungreifbarkeit liegen die Stärken des Films.
              Auch die handwerkliche Umsetzung, wo insbesondere das clevere Spiel mit Licht und Dunkelheit hervorsticht, befindet sich auf gutem Niveau.
              Als schlussendlich die Katze aus dem Sack gelassen wird und das Szenario einigermaßen enthüllt wird, büßt der Film leider klar an Qualität ein (ca. nach zwei Drittel).
              Dennoch weiß der Regisseur in der Folge mit dem ein oder anderen boshaften sowie verstörenden Moment kurzzeitig zu schocken.
              Insgesamt sicherlich kein besonderes Highlight, durch das lange Zeit recht unbequeme, ja auch unheimliche Setting gerade für Liebhaber von gepflegtem Terror locker einen Blick wert.

              4
              • 6 .5
                Tobi_G93 11.11.2020, 21:28 Geändert 11.11.2020, 21:35

                Ziemlich cooles Konzept.
                In seinem "Desktop-Thriller" bedient sich Regisseur Aneesh Chaganty eines interessanten Kniffes, der mir auf solche Art bisher noch nicht begegnet ist.
                Die ganze Handlung wird fast ausschließlich auf Bildschirm-Perspektive präsentiert, wobei in wenigen Momenten auch für kurze Zeit auf Perspektiven von Überwachungskameras oder Smartphone-Aufnahmen zurückgegriffen wird.

                Als Grundprämisse etabliert der Regisseur einen Kriminalplot um das Verschwinden einer jungen Frau namens Margot Kim (Michelle La), welche ihr Vater David Kim (Ken Cho) zusammen mit der ermittelnden Polizei versucht aufzuspüren.
                Diese Ermittlungen werden dabei als zähe, systematische Spurensuche im Internet präsentiert.
                Phone-Calls mit Margots Freunden und Bekannten, Durchstöbern der Social-Media Plattformen, Erstellen von Listen aller involvierten Personen und digitale Konversationen mit der Polizei werden in aller Ruhe jedoch erstaunlich spannend und kurzweilig dargestellt.
                Bezüglich der Thematik "Digitalisierung" findet der Regisseur hierbei ambivalente Sichtweisen.
                Einerseits zeigt er die Abhängigkeit der Menschen von der Technologie oder sieht Social Media als einen Ort menschlicher Fassaden und reiner Oberflächlichkeit.
                Andererseits gelingt es David, das Verschwinden seiner Tochter mit den schier unendlichen Möglichkeiten im digitalen Zeitalter (und einigen Zufällen) aufzuklären.
                Hier findet sich dann leider der große Schwachpunkt des Films.
                Die finale Pointe stellt sich schlussendlich als enorm unglaubwürdig und konstruiert heraus und ist im Grunde totaler Schwachsinn.
                Dennoch erweist sich Chagantys Regiedebüt insgesamt als gelungener Spannungsfilm mit einem durchaus cleverem Storykonzept, welches ich bisher in dieser Form noch nicht gesehen habe.
                Gar nicht so verkehrt.

                6
                • 5
                  Tobi_G93 09.11.2020, 17:36 Geändert 09.11.2020, 19:26

                  "Double Jeopardy" (1999) bietet einen ziemlich konventionellen, anfangs gar uninspirierten und unglaubwürdigem Thrillerplot, der allerdings durch die handwerklich ordentliche Inszenierung und dem meist gutem Schauspiel gerade noch so im Durchschnitt angesiedelt werden darf.
                  Die Geschichte um eine Frau, deren Ehemann seinen Tod vortäuscht und sie deshalb des Mordes verurteilt wird, ist besonders in der ersten Hälfte sehr vorhersehbar, klischeebeladen und schlicht langweilig umgesetzt, wodurch lange Zeit die zahlreichen malerischen Aufnahmen der amerikanischen Nordwestküste den einzig positiven Aspekt des Films darstellen.
                  Auch die Figurenzeichnungen erweisen sich leider durchgehend als viel zu flach, größtenteils generisch und wenig ambivalent.
                  Ungefähr ab der Hälfte gelingt es Regisseur Bruce Beresford dann doch mit kleineren überraschenden Entwicklungen und einer kurzweiligen Katz- und Mausjagd zwischen den drei Protagonisten das Tempo etwas anzuziehen, womit die zweite Filmhälfte insgesamt ordentliche Unterhaltung bietet.
                  Das schauspielerischen Performances befindet sich dabei meist auf soliden Niveau.
                  Ashley Judd, die zwar sehr hübsch ist aber ich ihrem Schauspiel oft wenig abgewinnen kann, macht hier einen unerwartet ordentlichen Job.
                  Tommy Lee Jones füllt seine Rolle des misstrauischen Bewehrungshelfers gewohnt routiniert aus, ohne wirklich zu brillieren.
                  Kleines schauspielerisches Highlight dürfte Bruce Greenwood sein, der dem skrupellosen, kaltblütigen Ehemann mit seinem gelecktem, arrogantem Auftreten eine passende Note verleiht.
                  Auf keinen Fall sonderlich gut, hab mich aber insbesondere in der zweiten Hälfte ordentlich unterhalten gefühlt, deshalb bleib ich mal gnädig.
                  5 von 10 vorgetäuschten Morden.

                  5
                  • 5 .5
                    Tobi_G93 09.11.2020, 11:36 Geändert 09.11.2020, 19:27

                    Puh, unerwartet aufwühlende Angelegenheit.
                    Mit seinem entschleunigtem Independent-Drama "I Melt With You" erzählt Mark Pellington eine ziemlich plättende Geschichte, die so unscheinbar und gar heiter beginnt und schlussendlich einen wahnsinnig tragischen, deprimierenden Verlauf nimmt.
                    Vier langjährige Freunde und Ü-40er treffen sich jährlich einmal an einem bestimmten Ort, um gemeinsam zu feiern und die alten Zeiten aufleben zu lassen.
                    So startet Pellington seinen Low-Budget Film wie eine experimentell umgesetzte "Hangover" Variation.
                    Die vier Männer lassen richtig die Sau raus, ekstatische Alkohol- und Drogenexzesse stehen an der Tagesordnung, welche der Regisseur mit seiner hypnotisch-deliriösen Videoclipästhetik eindrucksvoll bebildert.
                    Parallel dazu findet Pellington einige wunderschöne, sonnendurchtränkte Aufnahmen der malerischen, amerikanischen Westküste (wohl Kalifornien), die die anfangs locker-spaßige Urlaubsstimmung der vier Männer stimmig einfängt.
                    Durch einige nachdenklich-melancholisch Aussagen von einem der vier Freunde bekommt die heile Fassade allerdings früh kleinere Risse, welche im Filmverlauf immer deutlicher als Fake entlarvt wird.
                    Themen wie unerfüllte Träume, persönliche Schickalsschläge, falsche Entscheidungen und das desillusionierende Gefühl "nicht wirklich etwas aus dem Leben gemacht zu haben" kommen an die Oberfläche, werden in unzähligen Dialogen zwischen den Freunden immer konkreter dargestellt, der Schmerz zerfrisst (oder lässt sie schmelzen) sie dabei mehr und mehr.
                    Der Urlaubstrip wird zum undurchdringbaren, niederschmetterndem Albtraum.
                    Die drogenumnebelte Wahrnehmung der Protagonisten visualisiert Pellington im Verlauf immer aggressiver, verwendet schnell geschnittene Montagen, surreale Einschübe und die drückende Klangkulisse um den Weg zum Nullpunkt audiovisuell greifbar werden zu lassen.
                    Die durchgängig starken Schauspielleistungen leisten dazu ihr Übriges, um die volle emotionale Kraft der Geschichte zu entwickeln.
                    Dass mehrere Handlungen der Protagonisten nicht immer absolut nachvollziehbar und glaubwürdig erscheinen, stellt den einzigen schwächeren Aspekt einer ansonsten sehr intensiven Fimerfahrung dar.
                    Ein hervorragend gespieltes, unbequemes Stück Film.

                    3
                    • 6
                      Tobi_G93 06.11.2020, 12:31 Geändert 06.11.2020, 19:30

                      Bei der Legende des "Mothman" handelt es sich um ein sagenumwobenes Fabelwesen, welches angeblich im Jahr 1966 mehreren Bewohnern der US-amerikanischen Stadt Point Pleasant, West Virginia in Form von unerklärlichen Visionen begegnete.
                      Sie hätten eine vogelähnliche ("bird-like creature") oder monsterartige („bird-monster“) Gestalt wahrgenommen.
                      Beweise für eine Existenz gab es allerdings logischerweise nicht.
                      Im Jahr 2002 nahm sich Mark Pellington dem Stoff an und inszenierte drei Jahre nach seinem Thriller-Meisterstück "Arlington Road" basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch von John A. Keel den Mysterythriller "The Mothman Prophecies", der sich finanziell leider als deutlicher Flop herausstellte.
                      Insgesamt wohl fast schon zu Unrecht, den Pellingtons Werk weiß gerade atmosphärisch lange Zeit zu überzeugen.
                      Insbesondere die erste Filmhälfte setzt der Regisseur absolut stilsicher und stimmungsvoll in Szene, wodurch schnell ein einnehmender Sog entsteht.
                      Hierbei gelingen Pellington und seinem Kameramann mit Hilfe der oftmals dynamischen Kameraführung einige durchaus beunruhigende, unheimliche Momente, ohne großartig auf Jumpscares zu setzen.
                      Zwischen rätselhafter Wahrnehmungsverzerrung und irrational-übernatürlichem Phänomen wird die titelgebende Gestalt als schemenhafte, phantomartige Präsenz eingefangen, die immer nur in kurzen, uneindeutigen Flashs gezeigt wird.
                      Nach ungefähr der ersten Filmhälfte wird der Film dann leider immer konkreter bzgl. der mysteriösen Erscheinungen und entmystifiziert fast schon erklärbärhaft größtenteils das eigtl. unerklärlich erscheinende Phänomen des Mothmans.
                      Das Mysterium nicht konkret zu erläutern und im Dunkeln zu lassen wäre hier deutlich effektiver gewesen. Schade
                      Auch das prinzipiell ordentlich inszenierte Finale will nicht so wirklich zum vorangegangenen Filmverlauf und der Stimmung passen, wodurch der Film in Gänze etwas unrund wirkt.
                      Keine große Nummer, für den verregneten Sonntagnachmittag vor allem wegen der größtenteils schaurigen, stimmungsvollen Umsetzung aber eine solide Wahl.

                      5
                      • 8
                        Tobi_G93 04.11.2020, 19:23 Geändert 05.11.2020, 17:51

                        Ein heimliches Highlight des Thrillergenres aus den 90er Jahren.
                        In seinem bitterbösen Suspense-Thriller "Arlington Road" (1999) ergründet Regisseur Mark Pellington schon zwei Jahre vor "Nine-Eleven" Ängste um mögliche terroristische Vorgänge in den USA und zeigt dabei rückblickend mit seiner perfiden Geschichte fast schon prophetische Vorahnungen von dem sich zwei Jahre später ereignetem, furchtbarem Unglück auf.
                        Terrorismusdozent und Wittwer Michael Faraday (Jeff Bridges) führt zusammen mit seinem Sohn ein recht gewöhnliches Leben in einem Randbezirk von Washington. Durch unglückliche Umstände lernt er seinen Nachbarn Oliver Lang (Tim Robbins) kennen und befreundet sich mit dem sympathischen Familienvater.
                        Durch scheinbare Widersprüche um dessen Person und seiner Obsession um das Thema Terrorismus hegt er bald Misstrauen gegenüber seinem Nachbar.
                        Ist er etwa selbst paranoid geworden oder steckt tatsächlich mehr hinter dem harmlos wirkenden Nachbarn?
                        Genau diese interessante Prämisse spielt Pellington gnadenlos effektiv aus.
                        Sind die möglichen Indizien einfach Zufall?
                        Hat nicht jeder Mensch kleinere Geheimnisse, die aber nicht der Rede wert sind?
                        Traut Michael durch seine Vergangenheit (Tod seiner Frau bei einem FBI-Einsatz) niemanden mehr über den Weg?
                        Oder ist das Bild der harmlosen Nachbarsfamilie nur Fassade und eigentlich befindet sich eine Terrorismus-Keimzelle direkt gegenüber?
                        Pellington verteilt enorm geschickt immer wieder kleinere Hinweise in unterschiedliche Richtungen, lässt jedoch lange Zeit alle Möglichkeiten offen, zieht aber ohne es den Zuschauer wirklich zu vermitteln die Schlinge immer enger zusammen.
                        Die Stimmung zwischen den Nachbarn kippt, die psychische Verfassung Michaels wird immer misstrauischer und obsessiver.
                        In dem schweißtreibenden letzten Drittel, wo die Auflösung klar erscheint und der Zuseher sich seiner Sache schon sicher ist, spielt Pellington sein letztes Ass aus, führt den Zuschauer genau wie seine Hauptfigur bösartig hinters Licht und enthüllt schlussendlich eine verstörende, wahnsinnig bittere Pointe, die Michael in einer Vorlesung zuvor genau wie der Regisseur mit seinem Film schon prophezeiht hatte.
                        Jeff Bridges stellt dabei den von der Vergangenheit gezeichneten, labil wirkenden Protagonisten passend dar, dessen Verzweiflung und Unsicherheit bezüglich seiner psychischen Verfassung jederzeit spürbar ist.
                        Fast noch stärker erweist sich Tim Robbins´ Performance, der seine undurchsichtige, zwielichtige Figur wechselnd mit mal freundlichem, mal kühlem und berechnendem sowie stellenweise beunruhigendem Mienenspiel hervorragend zum Ausdruck bringt.
                        Fieses Biest von einem Thriller

                        11
                        • 9
                          Tobi_G93 31.10.2020, 12:35 Geändert 22.11.2020, 14:40

                          Der womöglich intensivste Crime-Thriller der letzten Jahre.
                          Schon S. Craig Zahlers ersten beiden Filme, der Horrorwestern "Bone Tomahawk" und das Gefängnis-Charakterdrama "Brawl in Cell Block 99", zeichneten sich durch ihre stellenweise ultrabrutalen Gewaltmomente und ihrer dementsprechend verstörenden, knüppelharten Atmosphäre aus, womit der Regisseur zwei dicke Ausrufezeichen im Bereich des Genrekinos setzen konnte.
                          In seinem dritten Werk knüpft Zahler dort nahtlos an und liefert mit "Dragged Across Concrete" sein wahrscheinlich rundestes Werk, wo er Elemente des Heist-Thrillers mit einem Charaketerdrama über korrupte Cops verbindet und damit exakt ins Schwarze trifft.

                          Der knapp 160-minütige (keine Minute zu lang) Film beginnt dabei fast episodisch, führt die unterschiedlichen Figuren, deren Wege ab einem bestimmten Ereignis zusammengeführt werden, und ihre privaten sowie beruflichen Konstitutionen stimmig und einigermaßen ausführlich ein, wobei die beiden Cops Brett (Mel Gibson) und Anthony (Vince Vaughn) schon als klare Hauptprotagonisten etabliert werden.
                          Der Plot erweist sich dabei die volle Laufzeit als kurzweilig und intensiv.
                          In den längeren, häufig tempoarmeren Passagen, wo Brad und Anthony beim Beschatten begleitet werden und der Fokus auf die Gespräche der Cops gerichtet ist, die aus politischer und ethischer Sicht oftmals mehr als irritierend wirken, kann Zahler sein ganzes Talent für packende Dialogsequenzen aufzeigen.
                          Mit einigen sehr intensiven Spannungs- und Actionmomenten und wenigen kurzen, aber verdammt harten Gewaltsspitzen wird das gemächliche Tempo mehrmals enorm beschleunigt, wodurch der Stimmung eine mehr als beunruhigende Note verliehen wird.
                          Der knallharte, kaltblütig abgewickelte Heist zur Filmmitte und der furiose, ungewöhnlich langgezogene Showdown erweisen sich als absolute Highlights des Films, die mit ihrer brachialen Wirkung und ihren resultierenden, tragischen Konsequenzen einen heftigen Faustschlag in den Magen bewirken.
                          Die Schauspielleistungen erweisen sich als durchgängig überzeugend, wobei insbesondere Mel Gibson und Vince Vaughn allein durch ihre Präsenz gesondert hervorgehoben werden sollten.
                          Toller Streifen

                          11
                          • 7 .5
                            Tobi_G93 29.10.2020, 16:44 Geändert 29.10.2020, 19:45

                            Das Regiedebüt "Verjährung" (2013) von Regisseur Geun-Seop Jeong ist ein abermals ziemlich überzeugender südkoreanischer Genrebeitrag.
                            Sein Haken schlagendes, unberechenbares Thrillerdrama über zwei nahezu identische Entführungsszenarien, die zeitlich 15 Jahre auseinander liegen und scheinbar miteinander zusammen hängen, besticht durch starkes Schauspiel, audiovisuell überzeugender Inszenierung und einem interessantem, wenn auch teilweise leicht kontruiert wirkendem Drehbuch.
                            Der anfangs wie eine recht konventionelle Kriminalgeschichte erscheinende Plot entpuppt sich dabei im Filmverlauf als vielschichtiges, tragisches Psychodrama, das gerade emotional einen mitreißenden Sog entwickelt.
                            Je mehr Puzzleteile des schon früh einige Haken schlagendem Thrillerplots zusammen gesetzt werden, umso mehr rücken Themen wie Trauer, Schuld oder Vergebung in den Vordergrund und das gesamte Ausmaß der tragischen Geschichte wird sichtbar.
                            Jeongs starke Inszenierung, die von tristen, farbentsättigten Aufnahmen in der Stadt zu malerischen Naturbildern auf dem Land und einigen Slow Motion Sequenzen durchweg durchdacht eingesetzt wird, und die richtig guten Performances (insbesondere Sang-kyung Kim als ermittelnder Kommissar und Jeong-hwa Eom als leidende Mutter) verstärken die Emotionalität der Geschichte.
                            Einige leicht konstruiert wirkende Plotpoints stellen allerdings einen kleinen Minuspunkt dar, wo die ein oder andere Entwicklung der Geschichte schon etwas unglaubwürdig erscheint.
                            Im Grunde aber nur Erbsenzählerei, im Gesamten schon ein richtig interessanter, emotional packender Thriller.

                            8
                            • 7 .5

                              Zwischen groteskem Kammerspiel-Thriller und Krimikomödie mit tarantinoesken Vibe erzählt Regisseur Peter O´Fallon eine absurde Geschichte, die von listigen Täuschungsmanövern, einem zum Scheitern verurteiltem Entführungsszenario und bitterbösen sowie schwarzhumorigen Machtspielchen zwischen den Kleinganoven und dem entführten Mafiaboss einiges zu Bieten hat.
                              "Suicide Kings" (1997) spielt dabei seine grundsätzlich spannende Grundprämisse größtenteils stark aus.
                              Mit den stark geschriebenen Dialogen zwischen lässigem Wortwitz und beunruhigenden Drohgebärden, dem wendungsreichen, unchronologisch erzähltem Krimiplot und der souveränen Inszenierung gelingt O´Fallon ein weitestgehend spannender und auch ziemlich unterhaltsamer Film, wo kleinere Längen locker zu verschmerzen sind.
                              Schauspielerisch liefert insbesondere Christopher Walken eine beeindruckende Performance, der seine Figur des Mafiabosses Charlie Barret mit seiner berechnenden, unterkühlten aber auch bedrohlichen Aura stark darstellt.
                              Nuff said, starke Nummer.

                              6
                              • 7
                                Tobi_G93 26.10.2020, 14:51 Geändert 26.10.2020, 18:15

                                Gerade in Genrefilmen wurde das teilweise heute noch leicht umstrittene medizinische Zustandsbild der Dissoziativen Identitätsstörung desöfteren als Thematik verwendet.
                                Selten wurde jedoch jenes Phänomen auf solch clevere Weise im Film umgesetzt wie in dem französichem Film "Dedales" (2003) von Regisseur René Manzor, der mit seinem düsteren, beunruhigendem Psychothriller ein doppelbödiges, enorm stimmungsvolles Verwirrspiel aufzieht.
                                Die 25-jährige Claude (Sylvie Testud), scheinbar an dissoziativer Identitätsstörung leidend und wohl für den Tod von 27 Menschen verantwortlich, soll laut Richteranweisung auf ihre Schuldfähigkeit untersucht werden.
                                Psychiater Brennac (Lambert Wilson) wird beuftragt, die einzelnen Persönlichkeiten herauszuarbeiten und somit den Grund, der Claude letztendlich zu dieser grausamen Mordserie getrieben hat, festzustellen.
                                Er dringt tiefer und tiefer in die geschundene Psyche Clauds ein und verliert sich dabei mehr und mehr in den Windungen und Irrungen...
                                Schnitt.
                                Parallel ermittelt Komissar Matthias (zu chronologisch früherem Zeitpunkt) wegen einer rätselhaften Mordserie, die die Stadt in Atem hält...
                                Manzor verwendet für seinen Plot eine unchronoloigische Erzählweise, wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her und benutzt in beiden Erzählsträngen einige Verweise zueinander, wobei er erst ganz zum Schluss die entscheidenden Verbindungen offen gelegt werden.
                                Dabei spielt der Regisseur oftmals gekonnt mit Perspektiven und der Wahrnehmung der Protagonisten in Form von rätselhaften Visionen und Flashbacks, die erst nach und nach genauer ergründet werden und die ganze Geschichte damit lange Zeit schwer durchschaubar erscheint.
                                Allerdings werden relativ früh schon entscheidende Details (auch erst bei Zweitsichtung bemerkt) kurzzeitig angedeutet, womit die finale Pointe für den aufmerksamen, genreerfahrenen Zuseher keine größere Überraschung darstellen sollte.
                                Diesen scheinbaren Minuspunkt macht Manzor durch seine stilsichere, sehr atmosphärische Inszenierung und dem starkem Schauspiel der Protagonisten/innen (insbesondere Sylvie Testud) allerdings locker wett, wodurch man Dedales zu einem absolut überzeugenden Vertreter im Thrillergenre zählen sollte.
                                Zu Unrecht viel zu unbekannt.

                                2
                                • 7
                                  Tobi_G93 22.10.2020, 15:08 Geändert 22.10.2020, 16:40
                                  über Hager

                                  Mit seinem Langfilmdebüt "Hager" (2020) gelang dem in Österreich geborenem Kevin Kopacka ein nicht immer vollends überzeugendes jedoch stellenweise eindrucksvolles, faszinierendes Werk, welches sich gerade für einen deutschen Genrefilm als erstaunlich radikal erweist.
                                  Deutlich auf den Spuren eines Gaspar Noes oder David Lynchs, entfacht der Regisseur hier einen surrealen, alptraumhaften Filmtrip, wo Realität und Fiktion nicht nur verschwimmen sondern von Beginn an jegliche Grenzen aufgehoben werden.
                                  Gerade inszenatorisch spielt Kopacka dabei seine ganze Klaviatur an Stilmitteln aus, um den Zuschauer zu verunsichern und zu desorientieren.
                                  Mit Hilfe von strangen, unangenehmen Verzerrungseffekten, einigen Farbfiltereinsätzen, teilweise enorm schnellen Cuts und der durchgängigen Verwischung von Raum und Zeit erzeugt der Film eine beklemmende, rauschhafte Seherfahrung, die insbesondere von Stimmungen und Impressionen lebt.
                                  Thematisch lässt sich nur ganz vorsichtig ein Handlungsgerüst erahnen, wo irgendwo zwischen Bad-Trip Experience, inzestuöser Vergangenheit und möglicher Nahtod-Fegefeuer-Erfahrung kaum eine nachvollziehbare Storyline zu begreifen ist, wodurch sehr hoher Interpretationsspielraum gelassen wird.
                                  Leicht störend erweisen sich allerdings die viel zu häufig im Filmverlauf eingesetzten Zitate (ca. 10 Min. Rhythmus), die eher überflüssig und fast schon plattitüdenhaft wirkten.
                                  Auch das Schauspiel der grundsätzlich eher flach und nur spärlich entwickelten Charaktere gestaltet sich meist recht hölzern und unbeholfen.
                                  Dennoch vor allem aufgrund der stilsicheren, leicht experimentellen Inszenierung und der daraus resultierenden atmosphärischen Dichte einer der (wenigen) gelungenen deutschen Genrefilme.

                                  8
                                  • 5 .5
                                    Tobi_G93 20.10.2020, 10:20 Geändert 20.10.2020, 12:30

                                    "Feed" (2005) von Brett Leonard überzeugt weniger als ernst gemeinter Kriminalthriller über den Feeder-Fetisch, sondern wenn überhaupt als eher trashiges, überspitztes B-Movie, das niemals hundertprozentig ernst zu nehmen ist.
                                    Nach einen recht interessanten Beginn, wo ein Verweis zum Kannibalen von Rotenburg angedeutet wird (Mann beauftragt eine Person, die ihn verspeißen soll), inszeniert Leonard seinen Film als grundsätzlich konventionellen Kriminalfilm über den Polizisten Phillip Jackson (Patrick Thompson), der sein Leben kaum im Griff hat (Beziehung zu seiner Freundin) und über Internetermittlungen auf die Spur eines sogenannten "Feeders" (Alex O´Loughlin) gelangt, der durch das Mesten von übergewichtigen Frauen sexuelle Erregung verspürt.
                                    Jackson vermutet bei den Taten aber mehr als nur das Füttern der Frauen und geht der Sache nach...
                                    Dabei entspinnt sich schnell ein recht spannend inszeniertes Katz- und Mausspiel zwischen Jackson und dem Feeder, die früh im Film aufeinander treffen.
                                    Problematisch ist dabei jedoch die deutlich zu überspitzt dargestellte Thematik des Feedings, was wenig glaubwürdig erscheint und keineswegs ein reales Bild dieses Phänomens (gibts das wirklich?? WTF!!) darstellen dürfte.
                                    Auch Leonards Inszenierung wirkt teilweise zu gewollt, wo mehrmals mit schnellen Schnittfolgen und einigen Farbfiltern gearbeitet wird, dies aber bezogen auf die Handlung meist nicht unbedingt sinnvoll eingesetzt wird sondern oftmals eher zum Selbstzweck verkommt.
                                    Der Regisseur hält sich dabei ebenso wenig vor einigen sehr ekelhaften und verstörenden Momenten zurück, was die abgründige Geschichte aber schon recht passend bebildert und fast schon notwendig erscheint.
                                    Die gesellschaftskritischen Aspekte der Thematik werden aber leider nicht sonderlich subtil und stimmig integriert, sondern wird in wenigen Momenten zu deutlich ausgesprochen und dann wieder ganz vergessen.
                                    Schauspielerisch sticht hauptsächlich die Performance von Alex O´Loughlin heraus, der seine psychopathische Figur mit bedrohlicher, teilweise wahnsinniger Aura passend darstellt.
                                    Insgesamt als ernster Kriminalthriller keineswegs gelungen, als sehr überspitzt dargestelltes, trashiges B-Movie allerdings recht unterhaltsam.
                                    6 von 10 Schläuchen in den Magen.

                                    4
                                    • 6 .5
                                      Tobi_G93 16.10.2020, 20:45 Geändert 17.10.2020, 11:58

                                      Weird. Weird!!
                                      Mit ihrem zweiten Spielfilm "Buster´s Mal Heart" (2016) serviert Regisseurin Sarah Adina Smith einen rätselhaften Mix aus surrealem Psychothriller, tragischem Charakterdrama mit biblischen Elementen und purem Mindfuck, der sich als schwer zu durchschauende Kopfnuss erweist.
                                      Der gerade zu Beginn konfus wirkende Plot dreht sich um Jonah bzw. hin und wieder auch Buster genannt (Rami Malek), der von Anfang an in parallel vorangetriebenen Erzählsträngen in unterschiedlichen Lebensentwürfen (evtl. auch Stationen in seinem Leben) beleuchtet wird.
                                      Er ist ein vollbärtiger Aussteiger, der von den Behörden verfolgt wird, weil er sich in fremde Ferienhäuser einnistet.
                                      Parallel stellt er einen Familienvater dar, der von den ewigen Nachtschichten als Concierge eines Hotels zunehmend überfordert wirkt und langsam den Verstand zu verlieren scheint.
                                      Ein weiterer Subplot zeigt ihn scheinbar endlos auf einem Boot im Meer treibend, seine Stimme zum Himmel gegen Gott gerichtet, wartend auf Erlösung.

                                      Smith inszeniert den verwirrenden Plot sehr stimmungsvoll, allerdings wohl einen Ticken zu langsam und setzt insgesamt etwas zu wenige Highlights, wodurch kleinere Längen kurzzeitig vorkommen.
                                      Durch die atmosphärischen, tristen Aufnahmen und der unangenehm-dröhnendem Soundkulisse bestehend aus elektronischen, sphärischen Klängen und sakralen Sounds gelingt es der Regisseurin dennoch in Verbindung mit dem undurchsichtigen Plot den Zuschauer bei der Stange zu halten.
                                      Den womöglichen Schlüssel für das Verständnis des Films stellt womöglich der Handlungsstrang des Familienvaters Jonah dar, der sowas wie das emotionale Zentrum des Plots darstellen dürfte.
                                      Jonah lernt während einer Schicht im Hotel einen namenlosen, mysteriösen Fremden kennen, der ihn mit aberwitzigen Verschwörungstheorien konfrontiert (hier weist der Subplot durchaus einige Ähnlichkeiten zu "Fight Club" oder "Lost Highway" auf).
                                      Gerade in diesem Erzählstrang entfacht der Film eine immer albtraumhaftere, verstörendere Stimmung, wo auf surreale, metaphorische Weise Ängste und Traumata des Familienvaters behandelt und ergründet werden.
                                      Hierbei werden schlussendlich auch Verbindungen zu der Geschichte des vollbärtigen Landstreichers etabliert, wodurch der Plot etwas an Schlüssigkeit gewinnt und der Raum für weitere Interpretationen konkretisiert wird.
                                      Die schauspielerische Leistung von Rami Malek muss dabei deutlich hervorgehoben werden, der die unterschiedliche Versionen (oder Phasen) seines Charakters perfekt darstellt.
                                      Für Mindfuck-Fans ein Must-See.

                                      4
                                      • 5 .5
                                        Tobi_G93 16.10.2020, 17:16 Geändert 16.10.2020, 17:38

                                        Bei "Dead Again" (1991) von Regisseur Kenneth Branagh handelt es sich um einen seltsam pulpigen, atmosphärisch stimmig inszenierten Mystery-Noir Thriller, der vor allem an seinem hanebüchenem, auf ziemlich hohem Bullshit-Level befindlichem Handlungsgerüst krankt.
                                        Der in zwei Zeitebenen gegliederte, anfangs konfus und rätselhaft erscheinende Plot, der von absurden Reinkarnationsphantasien, traumatisch bedingter Psychosen bis zur übernatürlichen Rachegeschichte vorerst einige Theorien bietet, wird dabei handwerklich durchaus gekonnt umgesetzt.
                                        Der in der Gegenwart verordnete Erzählstrang überzeugt mit düsterer, mysteriöser aber auch recht lockerer L.A.-Atmosphäre, wohingegen die in der Vergangenheit spielende, in Form von Flashbacks erzählte Storyline mit dem in schwarz-weiß fotographierten, fast schon märchenhaft angehauchten Film-Noir Plot (spielt auch in den 40ern) einen stimmungsvollen Kontrast dazu bildet.
                                        Die Schauspiel-Performances befinden sich auf recht solidem Niveau, wobei in manchen Momenten leicht theatralische Züge offenbart werden.
                                        Mit fortschreitender Laufzeit begibt sich der Plot dann mehr und mehr in hanebüchene, unglaubwürdige Regionen und Branagh setzt mit seinem kitschigem Feel Good Finale einen wenig überzeugenden Schlusspunkt.
                                        Für einmal schauen aber in Ordnung.

                                        4
                                        • 9
                                          Tobi_G93 10.10.2020, 19:40 Geändert 10.10.2020, 19:40

                                          "Our two children are dying in the other room, but yes, I can make you mashed potatoes tomorrow."

                                          Angenehm geht anders!
                                          Mit "The Killing of a Sacred Deer" (2017) serviert uns Yorgos Lanthimos einen zutiefst beunruhigenden, grotesken Rachetrip basierend auf der griechischen Mythologie um der Geschichte von Iphigenia, der irgendwo zwischen pechschwarzer Zynik und bitterer Tragödie eine verstörende sowie absurde Geschichte erzählt.
                                          Auf handwerklicher Ebene leistet Lanthimos dabei fast schon teuflisch gute Arbeit.
                                          Mit Hilfe der enorm bedrängenden sowie zermürbenden Soundkulisse, den ungewöhnlichen Kameraperspektiven und den beinahe schon kubrickesken Kamerafahrten wird eine durchweg beklemmende, seltsam sterile Atmosphäre erzeugt.
                                          Die verunsichernden Vorfälle rund um die Kinder der Familie und die größtenteils bizarren Dialoge leisten dabei ihr Übriges, um den merkwürdig entrückten und teilweise abstrakten Vibe des Films noch zu verstärken.
                                          Den eigentlichen Racheplot benutzt der Regisseur fast schon als Vehikel, um insbesondere die familiären Strukturen auf groteske Weise zu sezieren, zerrütten und schlussendlich eine Tragödie anzuvisieren.
                                          Den Weg zum absolut nihlistischem Finale zelebriert Lanthimos mit Momenten voller beunruhigender Bedrohung und grimmigem Terror, wobei vor allem die vorherrschende Atmosphäre durchgehend eine beklemmende sowie verunsichernde Wirkung erziehlt.
                                          Der teilweise in den absurden Dialogen aufblitzende Humor ist dabei schwärzester Art, sodass das Lachen niemals über den Halse hinaus kommt.
                                          Darstellerisch sind insbesondere zwei Charaktere herauszuheben.
                                          Colin Farrell stellt den Chirurg und Familienvater Steven irgendwo zwischen selbstverliebter Arroganz und im Filmverlauf hilflosen, mehr und mehr die Fassung verlierenden Vater sehr überzeugend dar.
                                          Das heimliche, schauspielerische Highlight stellt für mich allerdings die Figur des 16-jährigen, rachsüchtigen Jungen Martin dar, die Barry Keoghan mit einer wahnsinnig undurchsichtigen, beängstigenden Aura phänomenal darstellt und dadurch den ein oder anderen Schauer beim Zuschauer bewirken kann.
                                          Ein verdammt fieser Schlag in Magengrube, aber so solls ja auch sein.
                                          Richtig stark.

                                          6
                                          • 5 .5
                                            Tobi_G93 09.10.2020, 15:24 Geändert 09.10.2020, 20:35

                                            Nachdem Regisseur Nicolas Pesce mit seinem verstörenden Horrordrama "The Eyes of my Mother" ein erstaunlich selbstbewusstes und qualitativ starkes Regiedebüt abgeliefert hatte, verwendete er für seinen zweiten Spielfilm "Piercing" (2019) Ryu Murakamis gleichnamigen Roman als Vorlage, kann jedoch mit dem sehr stylischen aber unausgegorenem Werk nur teilweise überzeugen.
                                            Pesce inszeniert den düsteren Stoff des Romans als surrealen Kammerspiel-Thriller mitsamt einigen Giallo Elementen, überzeugt insbesondere auf handwerklicher Ebene, schafft es dabei aber kaum seine inszenatorische Finesse mit einem stimmigen Plot zu verbinden.
                                            Familienvater Reed (Christopher Abbott) kann seine abgründigen Gelüste nicht mehr kontrollieren. Sein Plan, eine Prostituierte (Mia Wasikowska) in einem Hotelzimmer mit einem Eispickel zu erstechen, scheint ausgereift, nachdem er im Voraus alles minutiös geplahnt hat.
                                            Im entscheidenden Moment spielen ihm jedoch seine Nerven einen Streich, wodurch die geplante Ermordung schief geht...
                                            Auf inszenatorischer Ebene kann man Pesce keine Vorwürfe machen.
                                            Der modellbauartig eingefangene Schauplatz New York City schafft von Beginn an einen merkwürdig entrückte Stimmung, die deutlich an Giallos der 70er/80er Jahre erinnert, wobei Pesce aus seinen Vorbildern keinen Hehl macht (z.B. Splitscreen Aufnahmen wie bei De Palma).
                                            Auch im späteren Filmverlauf, wo er mit einigen surrealen Elementen eine rauschhafte, gar albtraumhafte Atmosphäre entfacht, kann der Film stilistisch mehr als überzeugen.
                                            Deutlich größere Probleme bestehen jedoch auf der Handlungsebene.
                                            Die grundsätzlich schon kurze Laufzeit von ca. 80 Minuten gestaltet sich insgesamt eher ereignislos und liefert zu wenige Highlights. Auch einige der längeren Dialogsequenzen zwischen Reed und der Prostituierten Jackie haben für mich nicht besonders gut funktioniert, wodurch trotz der geringen Laufzeit eine gewisse Langatmigkeit entsteht.
                                            Dennoch aufgrund einiger stark inszenierter Momente und dem tollen Style des Films überdurchschnittlich.

                                            4
                                            • 6 .5
                                              Tobi_G93 02.10.2020, 20:46 Geändert 02.10.2020, 21:34

                                              Ein Horrorfilm?
                                              Von wegen!! Alles nur ein Täuschungsmanöver.
                                              Regisseur Adam Randall verbindet in seinem irreführendem Genremix "I See You" (2019) vom Kriminalfilm über bizarre Home-Invasion Szenarien bis zum vermeintlichen Rachethriller unterschiedliche Genreversatzstücke, die insgesamt etwas unrund sowie konstruiert zusammengefügt werden und dennoch einen ziemlich unterhaltsamen und teilweise cleveren Film ergeben.
                                              Mit beunruhigenden Kamerafahrten, dem dröhnend-pochenden Score (fast schon zu forciert) und wenigen Horrorelementen (der ein oder andere Jumpscare) schafft der Regisseur in Verbindung mit der anfangs ziemlich rätselhaften Story eine unheilvoll-angespannte Stimmung, wodurch man relativ schnell meint zu ahnen in welche Richtung (Hounted-House Geisterhorror?!) sich der Film womöglich entwickeln wird.
                                              Randall zeigt jedoch ca. zur Filmhälfte dem Zuschauer den Mittelfinger und lenkt den Plot urplötzlich in einen andere, letztendlich ziemlich boshafte Richtung, wo der Regisseur durchaus clever mit unterschiedlichen Perspektiven jongliert, allerdings dabei auch ziemlich schnell an Redundanz gewinnt, wodurch der Film eine gewisse Zeit lang etwas durchhängt.
                                              Im ziemlich grimmigen Finale liefert der Film schlussendlich eine weitere (für mich jedenfalls) überraschende Wendung, die fast schon zu konstruiert erscheint, durch das konsequente, nihilistische Ende konnte ich allerdings einigermaßen darüber hinwegsehen.
                                              Insgesamt eine kleine positive Überraschung, wenn auch mit klaren Problemen.

                                              3
                                              • 7 .5
                                                Tobi_G93 29.09.2020, 15:08 Geändert 29.09.2020, 19:27

                                                "You may not regret it for a year, but when you get to where I am, I promise you, you will."

                                                Mit seinem genialen Regiedebüt "Gone Baby Gone" (2007) verfilmte der zuvor nur als Darsteller agierende Ben Affleck Dennis Lehanes gleichnamigen Roman und lieferte damit womöglich einen der besten Thriller des neuen Jahrtausends ab.
                                                Sein beklemmendes, enorm stimmungsvolles Thrillerdrama erzählt vorerst einen gewöhnlich erscheinenden Kriminalplot, der im Verlauf mehrere Wendungen nimmt und dabei einige moralische Fragen aufwirft.

                                                Das Detektivpärchen, Patrick Kenzie (Casey Affleck) und Angela Gennaro (Michelle Monaghan), wird engagiert, um ein vermisstes Mädchen aufzuspüren, wobei der örtliche Polizeiapparat ebenso dem Fall nachgeht. Durch ihre ortansässigen Verbindungen und Beziehungen erhoffen sie sich Vorteile, das mysteriöse Verschwinden aufzuklären. Nachdem die Polizei dem Pärchen ihre Zusammenarbeit anbietet, kommt es schnell zu einem tragischem Unglück...
                                                Affleck wählt für seine Geschichte die Stadt Boston als Schauplatz, seine Heimatstadt, die er als dreckigen, hässlichen Ort portraitiert.
                                                Zwischen Drogenhandel, Korruption, Kindesentführungen und gar Pädophilie wird Boston als brodelnder Brennpunkt dargestellt, wo Kriminalität, Lug und Trug an der Tagesordnung stehen.
                                                Das hervorragende Drehbuch entwirft dabei einen wendungsreichen Thrillerplot, der mehrere überraschende Haken schlägt, im Filmverlauf durch immer mehr in den Vordergrund rückende Dramaelemente ergänzt wird und damit niemals vorhersehbar wirkt.
                                                Geschickt in die Handlung integriert, werden dabei einige moralische Fragen um Selbstjustiz (und eine weitere für den Film entscheidene Thematik, die ich hier nicht nennen möchte) aufgeworfen, wobei Affleck keine klaren Antworten präsentiert, sondern den Zuschauer unterschiedliche Ansichten mit auf dem Weg gibt, um eigene Gedankengänge und Ansichten zu entwickeln.
                                                Desweiteren müssen unbedingt die schauspielerischen Performances hervorgehoben werden. Casey Affleck als Protagonist macht seine Sache richtig gut, ebenso Michelle Monaghan als seine Partnerin. Absolutes Highlight ist für mich jedoch Ed Harris als unberechenbarer Cop Remy Broussard, der in seinen charismatischen Auftritten zwischen impulsiven Ausrastern und melancholischen Dialogen absolut aufgeht.
                                                Auch die Figur des undurchsichtigen Polizeichefs Jack Doyle ist mit Morgan Freeman perfekt gecastet, der seine ambivalente Rolle stark darstellt.
                                                Insgesamt ein Meilenstein im Thrillergenre und bis heute Afflecks bester Film.

                                                5
                                                • 5
                                                  Tobi_G93 28.09.2020, 13:25 Geändert 28.09.2020, 13:49
                                                  über Hotel

                                                  Eher enttäuschend!
                                                  Bei der deutsch-östereichischen Produktion "Hotel" (2004) handelt es sich um einen geheimnissvollen Mysterythriller, der zwar atmosphärisch ordentlich umgesetzt wurde, aber storytechnisch extrem vage, minimalistisch und dabei ereignislos angelegt ist, sodass sich trotz eigentlich kurzer Laufzeit von ca. 80 Minuten das Sehverhalten als ziemlich langatmig herausstellt.

                                                  Das labyrinthartig anmutende Hotel, welches als titelgebender Schauplatz des Filmes dient, wird von Regisseurin Jessica Hausner mit Hilfe düsterer, kühler Aufnahmen schon gekonnt eingefangen, wodurch dem Film durchgehend eine leicht bedrohliche Note verliehen wird.
                                                  Enttäuschend gestaltet sich allerdings der penetrante, viel zu häufig auftretende Verweis zu Lynchs Meisterwerk Lost Highway, wo ebenso wie mehrmals in diesem Film eine Person von einer mystisch anmutenden Dunkelheit verschluckt wird.
                                                  Auch das sehr lose sowie minimalistisch angelegte Handlungsgerüst, welches kaum vorhanden erscheint, wirkt insgesamt doch sehr ziellos und nichtssagend.
                                                  Das enorm rätselhafte und verwirrende Ende (was ich grundsätzlich sehr mag) ist grundsätzlich auch ordentlich umgesetzt und gibt viel Raum für Interpretationen, bei der zuvor nur erahnbaren, fast schon uninteressanten Story für mich dann eher pointless.
                                                  Gibt deutlich überzeugenderes im Mysterygenre.

                                                  3
                                                  • 5 .5
                                                    Tobi_G93 26.09.2020, 11:36 Geändert 26.09.2020, 17:57

                                                    Besser als vermutet!
                                                    Der Psychothriller "The Ones Below" (2015) punktet mit grundsätzlich beunruhigender Prämisse und handwerklich ordentlicher Inszenierung, weiß allerdings insbesondere durch den leicht konstruiert erscheinenden, ziemlich vorhersehbaren Plot nicht durchgängig zu überzeugen.
                                                    Regisseur David Farr, Drehbuchautor vom starken Actionfilm "Wer ist Hanna?", zieht seinen Debütfilm als psychologisches Kammerspiel auf, welches die Thematik der scheinbar "bösen Nachbarn" behandelt und dabei sichtlich von Genreklassikern wie Rosemaries Baby inspiriert wurde.

                                                    Kate (Clémence Poésy) und Justin (Stephen Campbell Moore) blicken mit freudiger Erwartung der Geburt des ersten Kindes entgegen und sind eben erst in ein neues Haus in London gezogen. In die noch leerstehende Parterrewohnung darunter zieht zeitgleich ein weiteres Paar ein, das ebenso Nachwuchs erwartet. Bei einem Kennenlerndinner in Kates und Justins Wohnung kommt es dann zu einem fatalem Unglück...
                                                    Nach den ersten Vorkommnissen und Entwicklungen im Filmverlauf wird dem Genrekenner leider recht früh klar, wohin die Geschichte führen wird, was durch die wenig ambivalente Inszenierung (ist die vermutete Bedrohung real oder nicht??) noch unterstützt wird.
                                                    Handwerklich und schauspielerisch auf durchweg solidem Niveau, erzeugt der Film insbesondere durch die Vorahnung der möglichen Pointe dennoch eine recht beklemmende Stimmung, wo die scheinbare Bedrohung des eigenen Kindes spürbar in der Luft liegt.
                                                    Gerade mit dem konsequent boshaften Finale beendet Farr seinen Film mit einem fiesen Paukenschlag, der bei mir durchaus gesessen hat.
                                                    Insgesamt nie auf besonders hohem Niveau, aber durch stimmige Atmosphäre und dem konsequenten Ende schon ganz ordentlich.

                                                    2