Tobi_G93 - Kommentare
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Alle Kommentare von Tobi_G93
Liebe vs. Besessenheit.
Jennifer Chambers Lynchs "Boxing Helena" (1993) ist ein einerseits faszinierendes, zum anderen oftmals unfokussiertes, überdrehtes Werk geworden.
David Lynchs Tochter wandelt in ihrem Debütfilm durchaus auf den Spuren ihres Vaters, begibt sich in die Dunkelheit menschlicher Abgründe, ohne dabei leider immer vollends den Überblick zu behalten.
Ein unsagbar verliebter Chirurg (Julian Sands) rennt seiner aufreizend-lasziven OneNightStand-Ex (Sherilynn Fenn) hinterher, die ihn mit größtmöglichem Desinteresse abblitzen lässt. Ein verhängnissvoller Zwischenfall verändert kurz darauf jedoch alles...
"Boxing Helena" beginnt vorerst wie ein zu dieser Zeit typischer Erotik-Noir.
Zum Teil anmutend wie eine plumpe, pulpige Version von "Blue Velvet" werden Motive wie Voyeurismus, ödipale Komplexe und obsessives Stalking vorsichtig und mit Mut zur inszenatorischen Extravaganz anskizziert. Zwischen dem pompösen Score, düsteren Klangflächen und einigen schon leicht ins Irreale abdriftenden Momenten macht sich früh eine beunruhigend aufgeladene Stimmung breit. Ein potenzielles Unheil liegt förmlich in der Luft...
...zu dem es dann schließlich auch kommt.
In dem von nun an zuweilen an "Misery" erinnerden Kammerspiel-Szenario entpuppt sich die vermeintliche Liebe alsbald als toxische Besessenheit.
Da stehen verstörende Elemente mit dezenten Body-Horror Vibes Momenten von betörender Schönheit gegenüber.
Abermals wird Liebe mit dem Wunsch nach Besitz verwechselt: "Lost Highway" is Calling: "You will never have me".
Jennifer Chambers Lynch bringt das Ganze final jedoch nie stringent unter einen Hut. Ob sie eine ernstzunehmende, abgründige Charakterstudie oder einen trashigen, überdrehten Erotik-Thriller der Marke B-Movie liefern möchte, ist niemals wirklich ersichtlich.
Nichtsdestotrotz ist das aufregendes, mutiges Kino, wenn auch mit deutlichen Abstrichen.
Fantastisches Spielfilmdebüt von Michael Mann.
Ein bisschen wie die Rohfassung seines späteren Meisterwerks "Heat" anmutend, zeigt Mann schon in seinem Neo(n)-Noir-artigen Crime-Thriller "Thief" seinen typisch markenten Stil, wo Form und Inhalt konsequent Hand in Hand zu einer audiovisuell beeindruckenden Einheit verschmelzen.
James Caan ist der titelgebende Dieb und Einzelgänger, ein Heist-Profi.
Einerseits äußerst abgebrüht und cool, kaum etwas bringt ihn aus der Ruhe, durch seine Knast-Vergangenheit bisweilen gar eiskalt und berechnend.
Andererseits dann durchaus warmherzig und auf der Suche nach Geborgenheit, Familie und Freundschaften liegen ihn am Herzen.
Insgesamt ein "echter Mensch" mit gewissen Ecken und Kanten sowie seinem ganz und gar eigenen Codex folgend.
Doch die kriminelle Laufbahn und ein geregeltes Familienleben stehen sich ab einem gewissen Punkt schlicht und einfach im Weg, stoßen sich gar gegenseitig ab.
Mann nimmt sich in der zweistündigen Laufzeit sehr viel Zeit für seine Hauptfigur, lange ist das viel mehr Charakterstudie als ein rasanter Heist-Thriller.
Grandios erweist sich ohne Zweifel Manns audiovisuelle Umsetzung, die eine dermaßen elektrisierende Atmosphäre erzeugt.
Besonders nachts gleichen die glitzernd-neonartigen, verregneten Bilder Chicagos in Verbindung mit dem hypnotisch-treibendem Synthie-Score von Tangerine Dream einem tranceartigen Bilderrausch, wie ein sinnlich-betörender Traumzustand.
Was das angeht, hat Nicolas Winding Refn für seinen großartigen "Drive" sicherlich den ein oder anderen Blick auf die Stilistik von "Thief" gerichtet.
Nachdem das Erzähltempo einen Großteil der Laufzeit eher gemächlich voranschreitet, zieht Mann das Geschehen in den finalen 20-30 Minuten nochmals gehörig an, wenn das "Scheinleben" des Thiefs schlussendlich Schritt für Schritt kollabiert.
Und der sich somit im Zweifel von allem unnötigen Ballast (Familie) befreien muss. Und der Zyklus wieder und wieder von vorne beginnt, nachdem er seinen Kopf gerade noch so aus der Schlinge ziehen konnte.
Tieftragisch.
Home Invasion mal anders.
Die Vorstellung, das Gangster das eigene Heim infiltrieren und der ansonsten als intimer Rückzugsort dienende Raum zum lebensgefährlichen Hinterhalt mutiert, wird in bitterbösen Filmen wie "Funny Games", "Kidnapped" oder "The Strangers" immer wieder als beängstigender, grausiger Akt in Szene gesetzt. Besonders die unmittelbare Authentizität erschuf zumeist diese erschütternde, nachallende Wirkung, die jene Filme umgibt.
Regisseur Fede Alvarez, dessen Evil Dead Remake mir wegen seiner effekthascherischen, selbstzweckhaften Gewaktdarstellung kaum zusagte, dreht nun in seinem Thriller "Don´t Breathe" den Spieß auf simple wie effektiv-perfide Weise um.
Drei Kleinkriminelle fassen den Plan, einen alten, an Blindheit leidenden Mann, zugleich ehemaliger Kriegsveteran, auszurauben. Was zunächts wie leichte Beute erscheint, entpuppt sich schnell als blutiger Alptraum...
Der auf den ersten Blick hilflose, blinde Mann zeigt schnell sein wahres Gesicht und schlägt mit kompromissloser Gewalt zurück. Und hat zudem noch so einige Leichen (naja nicht ganz) im Keller.
Das anfangs klar definierte Opfer/Täter Gefüge dreht sich von jetzt auf gleich komplett um. Genauso wie das zunächst als Einbruchsziel fungierende Haus, das von nun an einem kaum zu entfliehendem Gefängnis gleicht.
Aus dieser eher simplen Prämisse holt Alvarez das Maximun heraus und liefert ein wahnsinnig rasantes, zuweilen knallhartes Spannungskino höchster Güte ab.
Wie clever Alvarez die Blindheit des schier unbezwingbaren Mannes immer wieder verwendet, um unfassbar intensive Suspense-Momente zu generieren, ist absolut bemerkenswert. Um danach in darauf folgenden Sequenzen unter anderem mit dem Licht/Schattenspiel neue inszenatorische Akzente zu setzen. Das ist schon beinah die volle Klaviatur, die Alvarez für einen derartigen Genrefilm bedient und das auf sehr effektive Weise.
Mit einem kleinem Kritikpunkt für die finalen 10-15 Minuten, wo die Spannung und Intensität schon etwas abflacht. Marginal.
Wahnsinnig spannendes wie packendes Terrorkino, handwerklich vorzüglich serviert.
Sehr lecker.
Sehr interessantes Regiedebüt von Moritz Bleibtreu.
Supermarkt-Sicherheitsbeauftragter Hagen (Moritz Bleibtreu himself) leidet seit einiger Zeit unter schweren Alpträumen, was dazu führt, dass er dadurch stark mit Tagesschläfrigkeit zu kämpfen hat.
Oder steckt sogar noch mehr dahinter: Einige der halluzinierten Erfahrungen scheinen Wirklichkeit zu werden. Und wer ist der in seinen Träumen omnipräsente junge Mann namens Niko, der in kriminelle Machenschaften verwickelt zu sein scheint.
Besteht gar eine schicksalhafte, kaum unter rationalen Gesichtspunkten zu begreifende Verbindung zwischen den Männern...?
Mit "Cortex" liefert Schauspieler Moritz Bleibtreu nach 40jähriger Schauspiel-Karriere einen überaus bizarren Mindgame-Thriller als Debütfilm ab, für dessen Drehbuch er sich ebenso verantwortlich zeigt.
Nachdem zu Beginn Traum und Realität noch einigermaßen deutlich abgrenzbar erscheinen, zieht Bleibtreu den Zuseher mehr und mehr den Boden unter den Füßen weg, indem er das Geschehen in einen deliriösen Schwebezustand zwischen Traum und Realität, Wahn und Wirklichkeit versetzt.
Bald ist nicht mehr klar, welcher subjektiven Perpektive bzw. wessen Traumzustand das Publikum hier überhaupt ausgeliefert ist. Identitäten scheinen sich gar zu verschieben und zu verwischen. In seinen vagen Andeutungen erinnert das hier und da doch ziemlich an die suggestive Elusiveness eines David Lynch, dessen Werke sicherlich eine von Bleibtreus größten Inspirationsquellen sein dürfte.
Aber auch Verweise zu Filmen wie "Pulp Fiction" oder "Inception" werden vergleichsweise unsubtil in die Geschichte eingewoben.
Drehbuchbezogen gibt es dabei zweifellos auch einiges zu bemängeln. In meinen Augen gleitet Bleibtreu der rote Faden der Geschichte zwischenzeitlich doch merklich aus der Hand und das Geschehen wirkt dadurch mitunter vergleichweise ziellos.
Eindrucksvoll und für ein Debüt mehr als beachtlich gestaltet sich dagegen die formale Gestaltung. Die düsteren, ausgewaschenen Bilder übermitteln immerzu das Gefühl, als würde man gerade dem Geschehen wie der müdigkeitstrunkene Hagen nach drei Tagen Partyurlaub nur verkatert und benommen folgen können.
Bleibtreu spielt immer dem Zweck der Geschichte dienend mit Unschärfen, suggestiven Schnittmontagen. Szenen werden in die nächste Szene überblendet, alles verwischt ineinander ---> Alptraumlogik.
Und bleibt auch zum Ende hin konsequent, indem keinerlei rationale Erklärungen ausformuliert werden. Nur vage Hinweise und Andeutungen.
Kein riesiges Highlight und gewiss nicht ohne Fehler, als erstaunlich radikaler Genrefilm ist das jedoch mehr als beachtlich.
Chapeau.
Dominik Grafs ambitionierter Thriller "Die Sieger" (1994) war seinerzeit wohl ein riesiger Kassenflop und wurde von Kritikern beinah zerrissen. Sicherlich nicht ganz zu Unrecht, jedoch nur partiell unter bestimmten Gesichtspunkten gerechtfertigt, denn im großen Ganzen funktioniert "Die Sieger" als packendes, inszenatorisch famos in Szene gesetztes Spannungskino tadellos.
Eine große, nicht zu verleugnende Schwäche stellt in erster Linie der merkwürdig zerfaserte, unfokussiert vorgetragene Plot dar, der in seiner Gesamtheit nicht unbedingt als stringent bezeichnet werden kann.
Graf will sich da nie wirklich festlegen in welchen Bahnen sein Film nun schwimmen möchte und pendelt irgendwo zwischen politisch relevantem Cop-Thriller, düsterem Drama, stimmungsvollem Erotik-Noir und rasantem Actionflick hin und her, ohne das es immer hundertprozentig homogen wirkt.
Handwerklich ist Grafs Regie dagegen astrein.
In kühlen, oftmals blaustichigen Aufnahmen wird vom verstörenden Start weg eine brodelnde, knisternde Stimmung entfacht, die schon fast alleine den Zuseher an den Bildschirm fesselt.
Das Geschehen entwickelt sich vorerst vergleichweise langsam, indem vor allem Hauptfigur Karl Simon (Herbert Knaup) in aller Ausführlichkeit und mit der nötigen Zeit ein nachvollziehbares, ambivalent gezeichnetes Gesicht verliehen wird. Der SEK-Bulle ist keineswegs eine klassische Heldenfigur, viel mehr ein in Noir-Tradition mit allerlei Ecken und Kanten versehener Cop, zwischen Familie und Affären innerlich zerrissen.
Die womöglich etwas zu optimistisch angelegte Laufzeit ist zwar dramaturgisch nicht immer in Gänze ausgefeilt, der Wechsel von ruhigen Charaktermomenten und rasanten, mitunter auch blutigen Spannungs- bzw. Actionsequenzen funktioniert schon vergleichsweise gut.
Dass der potenziell interessante Antagonist Heinz Schaefer (Hannes Jaenicke) jedoch kaum Screentime bekommt und dadurch keinerlei Charakterzeichnung existiert, ist schlussendlich leider kaum nachvollziehbar und schon enttäuschend.
Großes Highlight von Grafs Film stellt dagegen das wahnsinnig intensive Finale am Felsmassiv des Karwendelgebirges dar, das sich atemberaubend gefilmt mit seiner kompromisslosen Intensität längerfristig im Kopf des Zusehers festsetzen dürfte.
7 von 10 explodierenden Gondeln
Brian de Palmas filmische Adaption von Stephen Kings Debütroman ist immer noch ein starkes Stück Film. "Carrie" (1976) wird ja desöfteren als Horrorklassiker angepriesen, was in meinen Augen nur am Rande zutrifft.
Denn bei de Palmas atmosphärischem Werk handelt es sich in erster Linie um ein feinfühliges Coming-of-Age Portrait einer Außenseiterin, deren Innenleben mittels den phantastischen Elementen ergründet wird, die allerdings auch erst im furiosen finalen Drittel von entscheidender Natur sind.
Für lange Zeit funktioniert "Carrie" als eher ruhiges, sensibel umgesetztes Drama.
Carrie White (Sissy Spacek) wird von ihren Mitschülerin verspottet und gehänselt, auch weil sie in der Dusche nach dem Sportunterricht ihre vergleichsweise verspätet einsetzende erste Regelblutung bekommt.
Parallel leidet sie unter ihrer extrem konsevativen Mutter, unter deren fanatischen religiösen Einstellungen sie in ihrem Leben extrem eingeschränkt wird.
Mitschülerin Sue (Amy Irving) hat Mitleid mit der ausgegrenzten Carrie, deshalb bittet sie ihren Freund Tommy (William Katt), zusammen mit der prüden Außenseiterin auf den Abschlussball zu gehen. Eine folgenschwere Entscheidung...
De Palmas Regie ist wie so oft einfach top notch und zeigt hier schon früh sein ganzes Feingefühl für stimmungsvolle Umsetzung und das Talent bestimmte Stilmittel (der gute alte Splitscreen u.a.) effektiv einzusetzen, was dann in den Folgejahren in seinen meisterhaften Thrillern nochmals deutlich prägnanter werden sollte.
Insbesondere der furiose Schlussakt ragt hierbei eindeutig hervor, wenn die zuvor nur am Rande etablierten phantastischen Elemente ihre volle intensive Wucht entfalten und auch heute noch durchaus zu verstören wissen. Inklusive eines perfiden Schlusspunktes, der die Geschichte perfekt beschließt.
Schon ein Klassiker.
Ferraras bis dato bester, stringentester Film.
"King of New York" (1990) ist im Gegnsatz zu den anarchisch-abgefuckten vorangegangenen Werken wie "The Driller Killer" oder "Ms. 45" deutlich gesettelter, tendenziell auch näher an einem klassischen Genrefilm.
Auf die vieldeutige religiöse Symbolik, die Abel Ferraras Werke jener Zeit zumeist durchzogen haben, verzichtet der Regisseur zudem fast vollkommen, stattdessen liefert er einen geradlinigen, Neo-Noir-artigen Gangsterfilm, roh, knallhart und nihilistisch.
Christopher Walken zeigt eine beeindruckende One Man Show als rastloser Unterwelt-King, der in dem schmutzig-verwahrlostem New York der späten 80er/frühen 90er zwischen allen Fronten gerät. Rivalisierende Gangsterbanden und zwielichtige, zur Selbstjustiz neigende Cops wollen ihm allesamt an den Kragen.
Ferrara inszeniert das Ganze dermaßen auf den Punkt mit einem visuellen Stil, der bisweilen an Michael Manns frühe Werke erinnert.
Der Film spielt fast durchgängig bei Nacht, die flackernden Neonlichter spiegeln sich auf den nassen Straßen des Big Apple, dazu sorgt der permanente Regen für eine düster-beklemmende Atmosphäre.
Das Drehbuch gestaltet sich zwar wenig komplex und ist vergleichsweise simpel, wird von Ferrara dafür maximal intensiv umgesetzt.
Prinzipiell ruhig und mit Fokus auf seine Hauptfigur vorgetragen, mischen sich immer wieder druckvolle, brachiale Shoot-Outs in das Geschehen, besonders wenn im finalen Drittel die Gewaltspirale immer mehr Opfer fordert. Passend abgerundet von einem überaus kompromisslosem, pessimistischem Schlusspunkt.
Ein insgesamt packender, stilistisch fein in Szene gesetzter Großstadt-Thriller mit erstaunlich prominentem Cast (u.a. Laurence Fishburne, Steve Buscemi, David Caruso, Wesley Snipes in weiteren Nebenrollen).
Starke Nummer
"Ich hatte Angst. Angst vor mir selbst!"
Lange habe ich die Zweitsichtung dieses Ungetüms vor mir her geschoben, wer den Film kennt, dürfte verstehen wieso.
Denn "Angst" (1983) ist ein wahrlich erschütterndes Serienkiller-Portrait und erweist sich auch bei Mehrfachsichtung als nur schwer zu verdauende Seherfahrung, die einem gehörigen Schlag in die Magengrube gleicht.
Der Film beruht lose auf dem Fall des in Salzburg geborenen Werner Knieseks, der im Jahr 1980 drei Menschen ermordete.
Gerald Kargls einziger Spielfilm ähnelt insbesondere stimmungstechnisch den durchaus vergleichbaren, ebenfalls in den 80er Jahren entstandenen amerikanischen Serienkiller-Studien wie William Lustigs "Maniac" oder John McNaughtons "Henry: Portrait of a Serial Killer", die vor allem durch ihre rohe, knüppelharte Stimmung bestechen.
In Sachen verstörender Wirkung hebt sich "Angst" von ihnen sogar noch einen Ticken ab. Erstmal wirkt alles an diesem Film hochgradig realistisch und unbequem zugleich: Die in trostlosen, gräulich-farbentsättigten Aufnahmen präsentierte österreichische Kleinstadt. Die Tristesse der unterschiedlichen Schauplätze, von der schmuddeligen Tankstelle bis zur kühlen, reduzierten Einrichtung der Opferwohnung.
Dazu wird das Geschehen von Michael Schulzes grausig-bedrückendem Synthie-Score maximal wirkungsvoll unterlegt.
Mittels Voice-Over erhält der Zuseher Einsicht in den kranken Geist eines psychopathischen Mörders, den Erwin Leder mit unglaublich intensiver Performance phänomenal darstellt.
Das sich anbahnende Home-Invasion Szenario wird darüberhinaus dermaßen realistisch und abstoßend von der komplett freidrehend-schwindelerregenden Kameraführung eingefangen, was in Verbindung mit den abscheulichen Gedankengängen des Mörders schon grundsätzlich eine von Anfang bis Ende äußerst beklemmende Wirkung entfacht, wobei Kargl bisweilen sogar darüber hinaus geht und sein Film in den grausamen Mordssequenzen im Grunde unerträglich wird.
Ein inszenatorisch sehr kunstvoll, versiert sowie atmosphärisch wahnsinnig intensiv umgesetzter Höllentrip.
Viel Spaß!
Hervorragender Neo-Noir Klassiker von Robert Altman.
Privatdetektiv Philip Marlowe bringt seinen Freund Terry Lennox über die Grenze nach Mexiko. Zurück in L.A. angekommen, wird er von der Polizei als vermeintlicher Fluchthelfer verhaftet, denn Lennox soll seine Frau ermordet haben. Je tiefer der Schnüffler selbst in das undurchsichtige Geschehen eintaucht, desto mehr gerät er selbst in Lebensgefahr...
"The Long Goodbye" (1973) ist Robert Altmans persönliche Interpretation des gleichnamigen Romans von "Hardboiled-Novel" Experte Raymond Chandler.
Altman und Drehbuchautorin Leigh Brackett nahmen etliche Änderungen vor, so wurde unter anderem das Geschehen von den 40ern in das L.A. der 70er Jahre verlagert. Darüberhinaus wurde auf einige Nebenfiguren verzichtet und insbesondere das Ende entscheidend umgeändert.
Altman legt bei seiner filmischen Umsetzung den Fokus vor allem auf Hauptfigur Philip Marlowe (Elliot Gould), ein zynisch-abgehalfterter "Private Eye", der unverhofft in eine verhängnisvolle Geschichte schlittert. Die Aufklärung des Mordfalls rückt jedoch schnell in den Hintergrund und ist für lange Zeit eher zweitrangig.
Marlowe treibt mehr ziellos und ohne großen Peil durch ein sonnendurchflutetes L.A., kommt in seinen Ermittlungen jedoch kaum voran. Erträgt stoisch, beinah apathisch Drohungen von Gangstern, ignoriert potenzielle Avancen, wirkt merkwürdig teilnahmslos. Bis zum bitteren, unerwartet kompromisslosen Schlusspunkt, wodurch seine Figur schließlich nochmals deutlich mehr an Schlüssigkeit gewinnt.
Er ist die letzte verbliebene moralische Instanz einer amoralischen, von Integrität komplett befreiten Gesellschaft am Rande des Abgrunds. Kein Held, mehr ein Außenseiter, gar Verlierertyp, der jedoch seinem moralischen Codex bedingungslos treu bleibt. Komme was wolle.
Nach "Chinatown" DER Neo-Noir der Siebziger.
Blutiger, schwarzhumoriger und zugleich ziemlich abgefahrener Psychedelik Neo-Noir von Regie-Altmeister Oliver Stone.
"U-Turn" (1997) beginnt erstmal vergleichsweise simpel: Kleinganove Bobby Cooper (Sean Penn) strandet wegen einer Autopanne in einer abgelegenen Kleinstadt irgendwo in der Wüste Arizonas. Während des Aufenthalts macht er Bekanntschaft mit so einigen seltsamen, äußerst verschrobenen Gestalten, die nicht unbedingt einladend wirken. Allerdings stößt er ebenso auf die laszive, aufreizende Grace (Jennifer Lopez) mitsamt ihrem deutlich älteren Ehemann Jake (Nick Nolte). Unvermittelt beginnt Bobby eine verhängnisvolle Liebelei mit der promiskuösen Frau...
"U-Turn" punktet vor allem mit dem "Wie" als mit dem "Was".
Der relativ klassisch und bisweilen auch generisch anmutende Noir-Plot gestaltet sich ohne Frage nicht besonders komplex oder innovativ.
Stone transformiert jedoch die simple Geschichte durch seinen eigenwilligen Inszenierungsstil zu einem psychedelisch-fiebertraumartigen Rausch. Wie von der brütenden Hitze Arizonas benebelt und von Sinnen taumelt Sean Penn wie auch der Zuseher durch eine von giftigen Tieren, abgründig-brutalen Machenschaften und indianischer Mystik geprägte Kleinstadt.
Stone lässt sich keineswegs lumpen und wartet wie auch schon in "Natural Born Killers" mit einem ganzen Arsenal an ungewöhnlichen Stilmitteln auf.
Einfallsreiche, ungewöhnliche Kameraperspektiven, Zeitrafferverfremdungen oder suggestiv-alptraumhafte Schnittfolgen. Wie ein fehlgeleiter Acid-Trip.
Das ist zwar oftmals ziemlich drüber und schreit hier und da schon laut nach "Videoclip-Ästhetik".
Dass "U-Turn" durch seine ganze Überzeichnung nicht vollends ernst zu nehmen ist, völlig logisch. Das Ganze birgt jedoch durchgängig hohen Unterhaltungswert und macht einfach tierisch Laune.
Schräge, spaßige Nummer.
Ein geheimnissvoller Mann, der für tot befunden wurde, wird in ein Leichenschauhaus gebracht. Doch am nächsten Tag ist er wie vom Erdboden verschwunden.
Parallel wird in einer psychiatrischen Klinik ein im katatonischen Zustand befindlicher Mann entdeckt. Niemand hat ihn zuvor gesehen. Apathisch und ohne Erinnerung wird er von alptraumhaften Visionen und dissoziativen Schüben heimgesucht. Psychiater Daniel Forrester (Shane Carruth) nimmt sich des rätselhaften Falles an...
"The Dead Center" (2018) beginnt mit oben beschriebener Grundprämisse vorerst enorm reizvoll und vielversprechend. Jemand erwacht auf bizarre Weise wieder von den Toten und befindet sich daraufhin in einem beängstigendem Zustand. Seine psychotischen Schübe treiben ihn gar zu gewalttätigen Übergriffen.
Und wieso befinden sich die Opfer nach seinen Attacken in einem ähnlich unerklärlichen körperlichen Zustand?
War der Mann evtl. gar nicht wirklich tot (z.B. durch spezifische Dosis von bestimmten Nervengiften)?
Oder hat er eine ungreifbare Entität aus dem Totenreich mitgebracht?
Regisseur Billy Senese lässt die unterschiedlichen Möglichkeiten erstmal für längere Zeit offen, bleibt lange Zeit vage und in irrationalen Gefilden.
Mit drückender Soundkulisse, der unheilvollen Geschichte und einigen schauderhaften Horrormomenten bleibt die Stimmung durchweg bedrohlich und unbequem. Auf audiovisuell kompetente, wirkungsvolle Weise vorgetragen.
Leider begibt sich Senese gegen Ende in deutlich konventionellere Regionen, wenn das Geschehen mehr und mehr apokalyptische Dimensionen annimmt.
Und seiner irrationalen, unerklärlich erscheinenden Geschichte ein eindeutiges Gesicht gibt, was leider einiges an zuvor angedeuteter Wirkung zunichte macht.
Dennoch nicht unbedingt schlecht, denn einige grausige Bilder verfehlen die Wirkung keineswegs und birgen durchaus einiges an Verstörungspotential.
Geht schon noch klar.
Abermals ein mehr als sehenswerter Film von Roland Klick.
Vier Jahre nach seinem fiebrigen Western/Gangsterfilm-Hybrid "Deadlock"verschlägt es den Regisseur von der flirrenden Hitze der israelischen Wüste in das trostlose Hamburg der 70er Jahre.
In "Supermarkt" (1974) steht der Kleinkriminelle Willi (Charly Wierzejewski) im Mittelpunkt, eine im wahrsten Sinne des Wortes "impotente" Person, die so gar nichts von selbst geregelt bekommt. Er treibt gewissermaßen wie ein Blatt im Wind durch die Hamburger Unterwelt. Er stößt auf kriminelle Zuhälter, zwielichtige homosexuelle Freier und den Jounalisten Frank, seinem einzigen "Freund", der ihn in ein geregeltes Leben hieven möchte. Mit beschränktem Erfolg, da Willi zusammen mit der abgehalfterten Prostituierten Monika (Eva Mattes) ein neues Leben beginnen möchte. Mit möglichst viel Geld aus dem geplanten Überfall eines Geldtransporters...
Das größte Faustpfand des Films ist fraglos die rohe, ungeschliffene Authentizität, die Klick in seinen Bildern transportiert. Hamburg wird als überaus dreckiger, versiffter, von allerlei gescheiterten Existenzen bevölkerter Ort gezeigt, wo die Sehnsucht nach einem besseren Leben für Hauptfigur Willi schlussendlich nur auf kriminellem Wege erreichbar scheint. Zumindest aus seiner Perspektive.
"Supermarkt" ist einer der wenigen Filme, die ich zu einhundert Prozent als Millieustudie bezeichnen würde.
Immerzu in Bewegung treibt das Geschehen rasant und rastlos vor sich hin. Klick geht es aber nicht um einen sonderlich ausgefeiltem Spannungsbogen oder übermäßigen Thrill und Action, sondern darum, realitätsnahe, echte Menschen bei ihren Versuchen, im Leben zurecht zu kommen, zu begleiten. Dementsprechend ambivalent sind die Charaktere ausgearbeitet, simple Gut/Böse-Kategorisierungen könnten nicht weiter davon entfernt sein.
Wer sich darauf einlässt, wird mit einer intensiven, mitunter auch unkonventionellen Seherfahrung belohnt.
"Waffen sind teuflische Dinger. Ausgedacht um Menschen zu töten!"
Grimmiger und dezent fiebriger Spätwestern vom deutschen Autorenfilmer Roland Klick.
Ein Mann stolpert schwer verletzt mit Waffe und Geldkoffer ausgestattet durch die hitzeflirrende Wüste Nevadas. Der verschrobene Einzelgänger Charles Dump (Mario Adorf) findet den benommenen Mann, verschleppt ihn mitsamt der Beute in eine fast gänzlich verlassene Geisterstadt. Er will das Geld behalten und den fremden Mann verbluten lassen. Doch er hat die Rechnung ohne den kaltblütigen Komplizen "Sunshine" gemacht, der mit allen Mitteln versucht, seine Beute wiederzuerlangen...
Roland Klick gilt wohl als einer der bedeutendsten deutschen Genrefilmer der 60er und 70er Jahre. Sein erstes Werk, das ich von ihm nun gesichtet habe, kann sich schonmal mehr als sehen lassen.
Im Grunde erweist sich sein eigenwilliger Hybrid aus Spätwestern und Gangsterfilm als einziger Kampf um Leben und Tod. Drei durchtriebene, zugleich angenehm vielseitig gezeichnete Männer kämpfen um die Beute eines Überfalls, mit unterschiedlichsten Mitteln. Von Manipulation auf mentaler Ebene bis hin zu heftigsten Gewaltakten. Mord als letzte, fatale Konsequenz.
Dramaturgisch in meinen Augen zwar nicht sonderlich ausgefeilt, dafür formal glänzend vorgetragen. Die staubtrockenen Aufnahmen der isrealischen Wüstenregion, die als Drehort diente, verspühen eine dermaßen stickige, dreckige Atmosphäre, man kann den Schweiß und den Staub förmlich spüren und riechen.
Mit einem herrlich brachialem, gar fiebertraumartig montiertem Showdown als Schlusspunkt, der endgültig den Irrsinn in der Geisterstadt-Vorhölle freisetzt.
Empfehlenswert
Amerikas Verfall als rauschaftes Alptraum-Märchen.
Ryan Goslings Regiedebüt "Lost River" (2014) ist ein wahrlich eindrucksvolles und zugleich auch überaus eigensinniges Werk geworden.
Von "klassischer" Narration ein gutes Stück weit entfernt, schildert Gosling seine symbolbeladene, von Metaphern nur so durchzogene Geschichte vor allem über Stimmungen und der puren Kraft der Bilder.
Und genau unter diesen audiovisuellen Gesichtspunkten befindet sich "Lost River" auf herausragendem Niveau. Von Beginn an wird der Zuseher von der überwältigenden Bildgewalt geradezu aufgesaugt, im Zusammenspiel mit dem hypnotisch-wummerndem Score gar in Trance versetzt.
Gosling zeigt eine märchenhaft anmutende, (alp)traumartig und geisterhaft entrückt eingefangene Welt voll von verfallen Häusern, brennenden Ruinen, psychopathischen Streetgangs und unwirklichen Nachtclubs.
Bezogen auf die radikal entfesselte und zugleich traumhafte Ästhetik dürften insbesondere die neueren Arbeiten seines Mentors Nicolas Winding Refn als Goslings größte Inspirationquelle dienen. Die surreale, alptraumartige Stimmung erinnert darüberhinaus bisweilen gar an den Meister des düster-abgründigen Surrealismus, David Lynch. Besonders der bizarr-morbide Nachtclub versprüht dezente "Blue Velvet"-Vibes.
Unbedingt sehenswert, insbesondere für ein Debütfilm außergewöhnlich gut.
Der Blick auf ein in höllischen Flammen loderndes America.
Die Geister der Vergangenheit.
Flugbegleiterin Marlene wird von stetig wiederkehrenden Alpträumen gequält. Sie handeln von einem scheinbar real existierendem Hotel irgendwo in einer mitteldeutschen Provinz. Als sie es infolgedessen aufsucht, bricht sie in einem taumelnd-psychotischen Zustand endgültig zusammen. Ihre fürsorgliche Tochter Mona eilt daraufhin zur Hilfe, um sie im ortansässigen Krankenhaus zur besuchen.
Kaum dort abgekommen, wird auch sie alsbald von alptraumhaften Episoden und rätselhaften Visionen gequält...
"Schlaf" (2020) ist ein grundsätzlich sehr interessanter deutscher Genrefilm mit enorm reizvoller, vielversprechender Grundprämisse.
Insbesondere die erste Filmhälfte hält auch genau das, was das anfängliche Set-Up verspricht. Regisseur Michael Venus verlagert das Geschehen früh in einen halluzinierenden Schwebezustand zwischen Wahn und Wirklichkeit, was dadurch ein leicht desorientierendes, ja schon auch beunruhigendes Seherlebnis zur Folge hat, ohne jedoch wirklich creepy zu werden.
Wo in den ersten Minuten die unterschiedlichen Ebenen noch klar trennbar erscheinen, werden fortlaufend Gegenwart und Vergangenheit sowie Realität, Traum und Mystik untrennbar ineinander verzahnt.
Handwerklich kann sich das darüberhinaus absolut sehen lassen, insbesondere die ausgeklügelte Bildsprache und der Schnitt wissen absolut zu überzeugen.
Leider verliert der Regisseur ca. ab der Hälfte, spätestens im finalen Drittel die Stärken seines Langfilmdebüts relativ deutlich aus den Augen.
Durch die früh vorhersehbare Richtung, die Venus einschlägt, und die in meinen Augen unpassenden politischen Motive verliert "Schlaf" seine ungreifbare, irritierende Aura, die essentiell für die Wirkung eines derartigen Stoffs ist.
Auch der letzendliche Schlusspunkt gestaltet sich dann einen Tick zu brav und konventionell, um wirklich zu überraschen. Irrationales muss auch nach Ende des Films Selbiges bleiben.
Keineswegs ein schwacher Film, der jedoch seine Stärken final nicht vollends aufrecht erhält.
Empfehlung mit gewissen Abstrichen.
Panos Cosmatos´ zweiter Volltreffer.
Mit seinem unfassbaren Regiedebüt "Beyond the Black Rainbow" hat mich Cosmatos vor einiger Zeit in einen anderen Orbit katapultiert. Das Werk war eine psychedelisch-halluzinogene, ungemein beunruhigende Rauscherfahrung, auf düsterstes Zelluloid gebannt.
Seine zweite Arbeit geht glücklicherweise in eine ziemlich vergleichbare Richtung.
Narrativ zwar nicht mehr ganz so freidrehend von jeglichem Ballast befreit, entfacht Cosmo diesmal mit "Mandy" einen wahnsinnig abgefahrenen, infernalen Rachetrip direkt in die Hölle.
Holzfäller Red Miller (Nic Cage) lebt mit seiner geliebten Mandy (Andrea Riseborough) in einem einsam gelegenem Haus, mitten in einer mythisch-entrückt wirkenden Landschaft. Was für kurze Zeit wie ein Paradies anmutet, entpuppt sich schnell als das komplette Gegenteil...
Die für meinen Geschmack etwas zu gemächlich voranschreitende erste Filmhälfte ist im Grunde eine einzige, langgezogene Exposition, die als Katalysator für das irrsinnige Rache-Inferno dient, das Cosmatos ab der Hälfte auf grimmig-radikale Weise auf Zelluloid bannt.
Doch schon bevor es richtig zur Sache geht, zeigt der Regisseur seine ganze inszenatorische Kraft und Geschick, eine einzigarte Sogwirkung zu entfachen. In hypnotisch-tanceartiger, abermals vollkommen entschleunigter Erzählweise zeigt Cosmatos ein brodelndes Paradies, das langsam aber sicher in die Hölle gleitet. Von Jóhann Jóhannssons drückendem Score wirkungsvoll tour-de-forceartig unterlegt.
Wenn dann ab der Hälfte das Geschehen mehr und mehr aus dem Ruder läuft, dreht Cosmatos erst richtig auf. Der alptraumhafte LSD-Rachetrip wirkt ungefähr so, als hätten Cliver Barker und Lucio Fulci bei Dreharbeiten zu einem gemeinsamen Film mit allerlei verbotenen Substanzen experimentiert, mit entsprechenden Auswirkungen.
Unterschiedlichste Farbfilter, Stroboskopeffekte en masse, weirde Schnittfolgen und einige animierte Sequenzen zeugen von entfesseltster Psychedelik, die Cosmatos in grausamer Schönheit zelebriert.
Jedoch nicht humorvoll als augenzwinkernder Meta-Film, sondern auf äußerst grimmige, verstörende Weise. Mit einigen deftigen Gewaltmomenten obendrauf anschaulich veredelt.
Jo Cosmo, so kanns demnächst in deiner Filmographie gerne weitergehen.
Mehr als gelungenes Crime-Drama, angesiedelt in Bostons Gangster-Millieu.
Für sein autobiographisch geprägtes Regiedebüt "What Doesn't Kill You" wählte der zuvor nur als Schauspieler agierende Brian Goodman seine Geburtsstadt Boston (wie der deutsche Titel bereits nahelegt) als Schauplatz, die er in dreckig-authentischen Streetvibes als einerseits abstoßenden, feindseligen Ort einfängt. Atmosphärisch relativ gut vergleichbar mit Ben Afflecks Werken ("Gone Baby Gone", "The Town"). Andererseits erschafft er mit den winterlich-frostigen Aufnahmen schon ein gewisses Flair und zeigt stimmungsvolle, exquisite Bilder.
Durch die Augen der beiden Gangster Brian und Paulie (jeweils herausragend verkörpert von Mark Ruffalo bzw. Ethan Hawke) schildert Goodman ein überaus pessimistisches Portrait der kriminellen Unterwelt Bostons, jedoch ohne zu werten.
Wer dabei allerdings einen hochtemperierten, actiongeladenen Thriller erwartet, wird letztenendes entäuscht werden.
Goodman interessiert sich kaum für oberflächlichen, rasanten Thrill, sondern legt seinen Fokus hauptsächlich auf seine beiden Hauptfiguren.
In aller Ruhe und Ausführlichkeit werden deren Lebensumstände und ihr privates Umfeld detailliert und schlüssig beleuchtet. Entworfen werden glaubhafte, vielseitige Charaktere, die versuchen, ihre kriminelle Laufbahn und gleichzeitig ein geregeltes privates Umfeld mit Familie unter einen Hut zu bringen.
Was in letzter Konsequenz niemals auf zufriedenstellende Weise gelingen wird. Man wird schließlich, wenn es hart auf hart kommt, eine finale Entscheidung treffen müssen.
Überzeugender Film.
Sehenswerter Crime-Thriller aus deutschen Gefilden.
Der wortkarge Ex-Knacki Trojan (Mišel Matičević) ist ein Profi bei Überfällen. Alles wird im Voraus genauestens im Detail durchgeplant. Jedes nur noch so unnötige Risiko wird vermieden und Gewalt wird nur im äußersten Notfall angewandt. Spuren hinterlässt er sowieso keine.
Nachdem er aus dem Knast entlassen wurde und seinen Anteil von Ex-Auftraggeber Bauer (Peter Kurth) nicht ausbezahlt bekommt, sondern ihm stattdessen seine Schergen auf den Hals hetzt, um ihn ein für alle Mal loszuwerden, heißt es ein letztes großes Ding zu ziehen. Alles läuft soweit gut, doch Polizei und verschiedene Unterweltgruppierungen sind ihm dicht auf den Fersen...
"Im Schatten" (2010) ist unspektakuläres, jedoch effektiv konzentriertes, pures Genrekino. Minimalistisch und fettreduziert, präzise auf den Punkt vorangetrieben.
Durch die kühle, nüchterne und statisch-dokumentarisch anmutende Inszenierung versprüht Thomas Arslans Film eine realitätsnahe, authentische Stimmung. In einem tristen, unaufhörlich verregnetem Schauplatz Berlin, in dem die Gesellschaft von einer kriminellen Unterwelt durchdrungen scheint.
Jedoch gibt es hier keine großen Schusswechsel oder spektakuläre Heist-Manöver, sondern einfache Kriminelle, die eben ihrer Natur nachgehen.
In diesem Gesichtspunkt erinnert Hauptprotagonist Trojan durchaus an die Gangsterfiguren eines Michael Mann oder Goslings "Driver": Wortkarge Einzelgänger, die ihrem Kodex, ihrer Bestimmung strikt und schnörkellos folgen. Hintergründe und Motivationen sind unwichtige Beiwerke, die kaum eine Rolle spielen.
Auch wenn man schlussendlich dadurch wieder am Ausgangspunkt bei null landet. Und der Zyklus wieder und wieder von vorne beginnt.
Nicht unbedingt eine riesige Offenbarung, durch seine konzentrierte und reduziert-schnörkellose Erzählweise jedoch wirkungsvoll und packend vorgetragen.
Gerne mehr davon.
Sehr ruhiges, meditatives und gleichwohl unbequemes Neo-Noir Crime-Drama in hypnotisch-schwülem Südstaaten-Flair.
Mélanie Laurents dritte Regiearbeit hat besonders audiovisuell einiges zu bieten, wohingegen Nic Pizzolatos Drehbuch vergleichsweise unausgegoren daherkommt.
Auf der einen Seite durchaus genrebedienend (insbesondere zu Beginn und gegen Ende), wird andererseits lange Zeit versucht, durch (pseudo)-philosophische Ansätze und immens entschleunigter Erzählweise dem Film eine größere Portion Anspruch unterzujubeln, als er schlussendlich wirklich beinhaltet.
Handwerklich punktet "Galveston" (2018) dagegen außerordentlich.
Eindrucksvolle Aufnahmen der weiten, kargen Südstaaten-Kulissen visualisieren auf ausgesprochen stimmungsvolle, stilbewusste Art und Weise die Isolation und die übergreifende "Verlorenheit", der beide Protagonisten/innen ausgesetzt sind.
Ben Foster und Elle Fanning zeigen jeweils großartige Performances und holen aus ihren (kaum vielseitig gezeichneten) Figuren das absolute Maximum heraus.
Kein schlechter Film, jedoch durch das merkwürdig unentschlossene und darüberhinaus bisweilen generisch anmutende Drehbuch nur eine Empfehlung mit deutlichen Abstrichen.
Sehr atmosphärisches Frühwerk vom italienischen Horror- und Giallo-Fachmann Mario Bava.
Eine besonders ausgefeilte Story darf man in "La Maschera del Demonio" allerdings nicht erwarten. Bavas Film ist in erster Linie ein Werk der Stimmung und unter diesem Gesichtspunkt absolut hervorragend gelungen.
Die kontrastreiche Schwarz-Weiß Optik versprüht eine stetige Beklemmung, was in Kombination mit den unheilvollen Soundeffekten wie ein dunkler Schatten über dem Geschehen liegt.
Bava zeigt in seinem Gothic/Vampirgrusler eine schaurig-düstere Welt, wo finstere, nebelverhangene Wälder, alte Gruften, abgelegene Friedhöfe und mysteriöse Grabmäler von einem alten Fluch zeugen, der durch unglückliche Umstände zum Leben erweckt wurde. Die Geschichte an sich ist dabei zweifellos sehr dünn und insgesamt eher Humbug. Wen das stört, falscher Film.
Wer jedoch ein Faible für eine atmosphärisch unheilvolle und subtile Schauerstimmung zu pflegen weiß, darf gerne reinschauen.
Bezüglich des Frühwerks von Meisterregisseur Nicolas Winding Refn wird in der Regel die hervorragende Crime-Trilogie "Pusher" genannt, die sich insbesondere durch das Zusammenspiel von der authentisch-rohen Stimmung, düsterem Gangsterdrama und brutalen Gewalteruptionen auszeichnete. Oftmals vergessen wird dabei seine ebenso sehenswerte Regiearbeit "Bleeder" (1999), die er zwischen den ersten beiden Pusher-Teilen drehte.
Besonders auf inszenatorischer Ebene ähnelt "Bleeder" sehr stark der um einiges bekannteren Trilogie. So entfacht der größtenteils mit einer Handkamera gedrehte Film wieder diese ungemein authentischen, rohen Streetvibes, die seinen Pusher-Filmen erst diese immense Energie verliehen hat.
Auch hier greift Refn wieder auf den Stammcast (Mads Mikkelsen, Kim Bodnia, Zlatko Buric) des ersten Pushers zurück, jedoch lässt er "Bleeder" vorerst mit deutlich lockererem Tonfall beginnen. Wenn der Videothekenangestellte Lenny (Mads Mikkelsen) zusammen mit seinem Kumpel Leo (Kim Bodnia) und Chef (Zlatko Buric) permanent über die Filmgeschichte sinniert, wähnt man sich eher in einer Filmgeek-Comedy, inklusive einigen schönen Meta-Verweisen.
Mit fortschreitender Laufzeit begibt sich Refn dann allerdings doch wieder mehr in abgründigere Gefilde und lässt die Lage nach und nach verhängnisvoll zuspitzen.
Überhaupt zeigt Refn erstaunlich vielschichtige, kaum in Schubladen einzuordnede Charaktere, die allesamt auf ihre Art an der Welt zu kranken scheinen.
Wie in seiner Trilogie kennt er teilweise kein Pardon mit seinen Figuren, wenn er einige davon langsam aber sicher in ihr blankes Verderben stürzen lässt. Allerdings mit kleineren Hoffnungsschimmern angereichert.
Abermals ein toller Film von Refn, der Mann hats eben drauf.
Bissige, sozialkritische Coming-Of-Age Groteske mit dezenten Lanthimos-Vibes und düster-abgründiges Crime-Drama in einem.
Carsten Ungers Spielfilmdebüt "Bastard" (2012) ist sehr ambitioniert, inhaltlich wie inszenatorisch, was grundsätzlich erstmal als absolut positiv zu werten ist.
Der dreizehnjährige Junge Leon lebt bei einer schwerreichen Adoptivfamilie und ist dort nie wirklich mit emotionaler und körperlicher Nähe in Berührung gekommen.
Seine "Freundin", eine ebenso dreizehnjährige Teenagerin, stammt dagegen aus sehr ärmlichen, einfachen Verhältnissen.
Mehr oder weniger gemeinsam entführen sie einen Jungen aus einer gutbürgerlichen Familie. Jedoch nicht um an Lösegeld zu gelangen, sondern um dessen Platz in der scheinbar "heilen" Familie einzunehmen.
Auf erzählerischer Ebene mag "Bastard" nie wirklich ein stringentes Ganzes ergeben. Zu holprig vorgetragen und bisweilen auch überfrachtet wirkt die mit zunehmender Laufzeit immer absurder erscheinende Geschichte.
Stimmungstechnisch legt sich Unger nie wirklich fest und pendelt durchgängig zwischen absurd-groteskem Unglaube und irritierender Beunruhigung. Teils gar verstörend.
Eindrucksvoll und für ein Debüt erstaunlich versiert gestaltet sich dagegen die handwerkliche Umsetzung. Unger und das Kamerateam zeigen ungemein viel Stilwillen und Gespür für stimmungsvolle Einstellungen. Das ist schon mehr als beachtlich.
Insgesamt sicherlich ein Spalter. Wer ein "realistisches" Thrillerszenario erwartet dürfte enttäuscht werden. Zu absurd und bewusst überhöht gestaltet sich das Ganze.
Ein unkonventionelles, mutiges und auch wirkungsvolles Werk liefert der Regisseur jedoch ohne Zweifel.
Durchaus sehenswert
Plättende, aufwühlende Angelegenheit.
"Bullhead" (2011) ist sowohl ein authentisches, ungemein rohes Crime-Drama und zugleich eine erschütternde Charakterstudie über ein Mann, dem wegen eines folgenschweren Vorfalls ein "normales" Leben verwährt geblieben ist.
Angesiedelt im Milieu der Hormonmafia im Grenzgebiet Belgien-Holland, schildert Regisseur Michael R. Roskam (The Drop) seine zermürbende Geschichte in perfekt durchkomponierten, einnehmenden Bildern.
Düster-trostlose Aufnahmen von nebelverhangenen Landschaften, beklemmende Weiten der schier endlos erscheinenden Felder und dreckig-zwielichtige Hinterhöfe zeugen von einem dunklen Geheimnis, dem zentralen Punkt der Erzählung, der parallel zur Haupthandlung in fragmentarischen Flashbacks ergründet wird.
Matthias Schoenaerts liefert als "titelgebende"? Hauptfigur eine phänomenale Performance. Gezeichnet durch seine Vergangenheit und die fatale Streroid-Sucht wandelt er apathisch und als gebrochenes, emotionales Wrack durch die Welt. Auf der anderen Seite erscheint er durch seine brachiale Physis wie ein menschgewordenes Monster (oder eben Bulle), eine zerberstende Naturgewalt, die wie eine tickende Zeitbombe jederzeit kurz vor der Gewalteruption steht.
Wenn er in kontrastreichen, halbdunklen Bildern wie ein Tier schnaubend die Fäuste in die Luft boxt, deutet Roskam bildlich die Parallelen zwischen der Hauptfigur und den streroidgedopten Tieren darüberhinaus vielsagend an.
Dramturgisch für meinen Geschmack nicht ganz ausgefeilt, die üppige Länge von ca. 130 Minuten kommt nicht ganz ohne kleinere Längen aus.
Dafür wartet Roskam mit einem eindrucksvollen Finale aus, das mit seiner wuchtigen, zugleich tragischen Wirkung durchaus das Potential hat, sich längerfristig im Kopf des Zusehers festzusetzen.
Als Regiedebüt ein erstaunlich reifes, handwerklich und stilistisch großartiges Werk.
Intensives, ausdrucksstarkes Kino, unbequem und herausfordernd.
Positive Überraschung.
Pal Sletaune hat mich schon mit seinem atmosphärischen Psycho-Horror "Next Door" überzeugen können und auch dieses Werk zeigt sein Händchen für subtil-beunruhigendes Schauerkino.
"Babycall" stellt die alleinerziehende Mutter Anna (Noomi Rapace) in den Mittelpunkt, die nach einer Trennung zusammen mit ihrem Sohn Anders in eine neue Wohnung gezogen ist. Scheinbar wurde der ehemalige Partner und Vater ihres Sohnes oftmals gewalttätig, besonders bei seinem Sohn. Doch auch in neuer Umgebung kommt die junge Frau nicht zur Ruhe...
Sletaune geht bei der Wahl seiner Stilmittel ungemein subtil und unaufgeregt an die Sache heran. Durch unklare Vorkommnisse und rätselhafte Andeutungen bekommt die scheinbare Realität früh kleinere Risse, das Unwirkliche, Mysteriöse erhält nach und nach auf ungreifbar-entrückte Weise Einzug in die Welt.
Die Stimmung erhält eine unheilvolle, alptraumhafte Aura, die sich wie ein bedrohlicher Schleier über dem Geschehen ausbreitet.
Die zwei unterschiedlichen Perpektiven, die Sletauna dem Zuschauer gewährt, scheinen immer deutlicher zu verwischen. Bald ist nicht mehr klar, welcher Wahrnehmung überhaupt noch zu trauen ist. Was ist nur eingebildet? Was ist übernatürlichem Ursprungs?
Die Auflösung erscheint dann auf dem ersten Blick eine Spur zu eindeutig und fast wie ein billiger Zaubertrick, bei genauerer Betrachtung lässt Sletaune jedoch durchaus einiges an Interpretations- und Diskussionsspielraum übrig, um auch bei eventuellen Mehrfachsichtungen noch genug Rewatch-Pleasure zu gewährleisten. Der irrational-ungreifbare Unterton wird dadurch bis zu einem gewissen Grad geschickt aufrechterhalten.
Anschaulicher Psycho-Thrill, inzenatorisch vllt. einen Tick zu bieder.
Dennoch sehr stimmungsvoll und bisweilen sogar leicht unheimlich.
Fein
Schicker Erotik-Crime Neo-Noir im klassischen 90s Flair von Regie-Altmeister William Friedkin, der hier eine durchaus unterschätzte Arbeit abliefert.
Zugegeben, einen Innovationspreis gewinnt "Jade" (1995) keinesfalls.
Im Grunde wird die altbekannte Geschichte um Mord, sexuellen Abgründen und verhängnisvoller Femme Fatale-Frauenfigur mit elegant-stilvoller Kameraarbeit anschaulich und narrativ effektiv-solide heruntergekurbelt.
Das Spannungsniveau hält Friedkin leider nicht immer vollumfänglich auf konstant hohem Level, jedoch packen dafür einige großartige Einzelsequenzen (insbesondere die Verfolgungsjagd quer durch San Franzisko).
Das Schauspiel ist ebenso absolut hochklassig (David Caruso ragt hierbei besonders heraus) und Friedkins handwerkliche Inszenierungsskills stechen wie so oft klar hervor.
Sicherlich kein Highlight in seinem Euvre, um die allgemein und auch hier im Forum anhand der Bewertung suggerierte Obergurke handelt sich bei "Jade" jedoch unter keinen Umständen.
Solide, unterhaltsame 90s Thrillerkost