Arakune - Kommentare
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Alle Kommentare von Arakune
[...] Eine einsame Seele, der die post-adoleszenten Unvernünftigkeiten ihrer AltersgenossInnen völlig zuwider gehen. Innerlich schon längst gestorben, versucht sie, sich noch mit letzter Kraft am Leben festzuhalten und alles dafür zu tun. Sie ist auf der Suche nach menschlicher Nähe und elterlicher Geborgenheit und findet doch nur lüsterne Junggesellen und gescheiterte Vaterfiguren. Das Weltbild, das sich ihr darbietet, ist ein äußerst pessimistisches: Sie ist durch und durch ungerecht und nur wenige vermögen es, in ihr zurechtzukommen – einzig Kindheit und Jugend repräsentieren eine Zeit der geruhsamen Obhut und des unreflektierten Glücks. Unter dieser Lesart ist CARNIVAL OF SOULS eine klassische Coming of Age-Geschichte, wenngleich auch mit erstaunlich nihilistischem Charakter. [...] So ist das bermerkenswerteste an CARNIVAL OF SOULS wohl der evidente Gegensatz aus handwerklich dilettantischer Regie-Arbeit und stimmungsvollem Gräuel [...]. Ein melancholisches Teenager-Drama im charmanten B-Horror-Gewand.
"You have created a monster, and it will destroy you!"
James Whales legendärer Horror-Film ist Einblick in eine Zeit der Zweifel. Die Religion ist am Ende und die Straßen voll von selbstgerechten Menschen, die kein Vertrauen mehr in das Justizsystem ihres Staates haben. Die human-morphologischen Wissenschaften stecken gerade in ihren Kinderschuhen und symbolsieren wie kaum ein zweites Wissensgebiet auf eindringlichste Weise die Sterblichkeit des eigenen Ichs und verängstigen die meisten Menschen. Im Kontext dieser finsteren Zeiten entwirft Whale mit seiner morbiden Adaption von Peggy Webblings Theaterstück (das wiederrum Mary Shelleys weltberühmten Roman adaptierte) ein expressionistisches Gesamtkunstwerk, ein pechschwarzes Portrait vergangener Zeiten, dessen Bedeutsamkeit sich gleichermaßen aus seinen stilprägenden Versatzstücken und der weiterhin aktuellen Grundthematik erschließt. Fernab der Zivilisation verbarrikadiert sich Henry Frankenstein in seinem Schloss, dessen metaphorische Struktur ebenso unberechenbar, verwinkelt und voller Geheimnisse ist wie der Geist seines Bewohners und dem wahnsinnigen Vorhaben, dem er nachgeht. Sein Geschöpf vermittelt auf intensiv-tragische Art das Unglück, das ihm in seiner unnatürlichen Erschaffung wiederfahren ist. Missverstanden und verstoßen ringt es mit kindlicher Naivität um seine Akzeptanz in einer archaischen Gesellschaft, was sich gleichzeitig in der Szene mit dem von Blüten bedeckten Teich subtextuell manifestiert und inhaltlich zur Eskalation der Situation führt. Er ist ein Opfer der Gesellschaft, die ihn erschaffen hat – wie sein Schöpfer; und so entsteht zwischen ihnen beiden eine Verbundenheit, die nichts mehr trennen kann. Schlussendlich gipfelt der destruktive Wahn der Selbstjustiz im bedeutungsschwangeren Mühlenbrand: Aus Angst vor Veränderung wird alles vernichtet, was damit zu tun hat. Frankenstein erschuf – in seiner Gier nach der Allmacht – mit dem Monster die düstere Auslegung seines menschlichen Ebenbildes, so, wie es Gott einst mit dem Menschen getan hat. Gott ist tot. Es lebe Gott.
"If ever I should meet him again you will find out who is the best man of the two. I’ll fight him sword or pistol, captain as he is."
Stanley Kubricks BARRY LYNDON ist ein episch angelegtes Bühnenstück, das größtenteils von seiner visuellen Ästhetik lebt. Kameraeinstellungen, von denen jede einzelne für die Ewigkeit geschaffen zu sein scheint und eine bis ins kleinste Detail ausgeschmückte, breit angelegte, authentische Geschichte – durch und durch anmutiges Gesamtkunstwerk. Das Wort Leinwand-Epos sollte für den Film aus dem Jahre 1975 erfunden worden sein, der trotz stolzen drei Stunden Laufzeit über beinahe keine Längen verfügt und bis ins letzte Kopfhaar ein vollkommen stimmiges, durchkalkuliertes Bildnis der Zeit des Barocks aufzeigt, ohne es unnötig zu beschönigen. Eine Epoche voller Macht-Intrigen, Irrungen und menschlicher Tragödien. Barrys ständig changierende Charakterentwicklung sind der eines Gestaltenwandlers gleich, doch stets nachvollziehbar. Das perfekt konstruierte Bildnis wird lediglich bewusst durch gelegentliche emotionale Ausbrüche zerstört und offenbart die wahren Intentionen der teils widerlichen, teils liebgewonnenen Protagonisten. Musik, Bildkomposition, Handlung – hier stimmt alles. In all seiner Pracht ist der Film aus dem Jahre 1975 vielleicht Stanley Kubricks nachhaltigster Beweis dafür, dass er stets dem perfektionistischen Zwang seines Handwerks folgte. Ein pedantisch recherchiertes, beinahe schon biographisch anmutendes Drama, das voll von Melancholie ist und der Unterhaltung eines Königs würdig wäre. BARRY LYNDON ist in seiner Gesamtheit eine perfekt inszenierte, barocke Farce. Ästhetik und Inhalt gingen beinahe nie eine stimmigere Symbiose in der Geschichte des Films ein.
[...] Dreckig-depressive Hochglanzbilder ergänzen sich ausgezeichnet mit der distanzierten Erzählperspektive von Dominiks Geschichte, die wir mit voyeristischem Vergnügen verfolgen dürfen. Er zeichnet ein zynisches Bild der Bush-Ära, in welchem die Wirtschaftskrise und die große Arbeitslosigkeit thematisiert werden. Die ehemals schönen Kleinstädte beginnen zu verfallen und der menschliche Abschaum kommt allmählich aus seinen dunklen Löchern hervorgekrochen; auf den Straßen begegnen wir nicht einer einzigen Frau, sondern lauschen lediglich obszönen Erzählungen von Prostituierten und untreuen Ehefrauen. Selbst die einst unangreifbar scheinende Mafia wirkt plötzlich müde und ausgelaugt – die ökonomischen Probleme des Landes machen vor niemandem halt. Und in den Fernsehern ertönen die verheißungsvollen Reden der Politiker.
Leider büßt Dominiks prinzipiell guter Ansatz zugunsten vermeintlicher Massentauglichkeit erheblich an Subtilität ein und spätestens in der holzhammerhaften, dennoch recht stimmigen Schlusseinstellung sollte jedem klar sein, worum es in der karikierten Milieu-Studie des 45-jährigen Neuseeländers geht: KILLING THEM SOFTLY ist ein teils plumper, teils treffsicherer Abgesang auf Amerikas zerbröckelnde Gesellschaft, Geld und die undurchsichtigen Hierarchien und politischen Machtspielchen in Führungsebenen; und Jackie Cogan ist der sensible, extern agierende Abteilungsleiter mit der Lizenz zum Feuern. [...]
"Haven’t you ever heard of the healing power of laughter?"
Eine politische Oper, ein theatralisches Leinwandspektakel. BATMAN vereint burtoneske Misanthropie mit bond’scher Gadget-Zelebration. Der titelgebende Held ist dabei vom Dualismus geprägt, dem auch Bezirksstaatsanwalt Harvey Dent in späteren Adaptionen anheim wird: Als maskierter Rächer der Unschuldigen der perfekte Kämpfer für Recht und Ordnung, unfehlbar; als Alter Ego Bruce Wayne immer noch der verunsicherte, traumatisierte Sohn seiner getöteten Eltern. Zugunsten seiner ausgezeichneten Geschichte dichtet der Film kurzerhand den Ur-Plot um: Seine Eltern wurden nicht vom symbolträchtigen Durchschnittsganoven ermordet, sondern vom Erzfeind selbst. Auf der absoluten Höhe des Spannungsbogens entbrennt eine erbarmungslose Vendetta, die in der parabolisch auftretenden Kathedrale ihr fesselndes Finale erlebt. Durch göttlichen Willen von der eingreifenden Exekutive abgeschottet, müssen sich die zwei sich selbst bedingenden Richter der Menschheit vor dem Auge des Herrn verantworten. In jeder Einstellung opulent inszeniert, gelingt es Tim Burton, pathetische Epik, inhaltliche Brisanz und den schrillen Zeitgeist der 80er-Jahre zu verbinden und den bisher wohl originalsten Batman der Filmgeschichte zu inszenieren, ohne jedoch sein berühmtes Comic-Vordild dröge 1:1 zu imitieren. Der Joker als einzig personifizierter Konterpart dabei der eigentliche Realist: Unter der Obhut Burtons dekuvriert er die primitiven Bedürfnisse seiner Gesellschaft und lässt sie daran zugrunde gehen. Sein profan in Szene gesetztes Ende durchtränkt von subtiler Tragik.
[...] Die bizarr gestalteten Zenobiten gefallene Engel, gottgleiche Erforscher der Lust, die den Weg zum Vorhof der Hölle weisen und die vollkommene sinnliche Erfahrung versprechen. Einmal in ihren Fängen, ist jeglicher Widerstand, jeder Fluchtversuch zweck- und sinnlos. Sie sind die Vollstrecker Gottes, welche die Menschheit von ihren allzu weltlichen Schmerzen befreien und gleichsam Bestrafung ausüben, indem sie ihnen aufzeigen, was wirkliche Pein bedeutet.
Der Film aus dem Jahre 1987 ist ein überraschend fromm daherkommendes Werk, das trotz aller Brutalität mit vielen moralischen Werten und Symbolen des Christentums ausgestattet ist. Die betrügende Ehefrau samt schwägerlichem Liebhaber letzten Endes Opfer ihrer Lüste, schließlich ihrer nur gerechten Strafe ausgesetzt. Der weitergesponnene Bruderkonflikt, in biblische Dimensionen ausufernd, wird letztendlich auf nihilistische Weise aufgelöst. Die einzigen Überlebenden der Familie die Keuschgebliebenen. HELLRAISER lobt Treue sowie Gerechtigkeit und droht bei Regelverstoß mit der Hölle. Ein christlich-religiöser Horrorfilm, der mit auch heute noch überaus ansehlichen Spezialeffekten ausgestattet ist. Seine belehrenden Aussagen verkommen jedoch nicht zur bloßen, kirchenvertretergleichen Glaubens- und Moralpredigt, sondern ergeben in seinem inhaltlichen Kontext einen vor beängstigender Gewalt überbordenden Terrorfilm der besonderen Art, der lediglich einige dramaturgische Schwächen aufweist. Die Hölle als visuell erfassbare Sinneserfahrung.
"Wow. I wasn’t sure where the party was, and then I saw the flashing lights and the ambulance, and I was like 'right, of course! Death, carnage—it’s a Buffy party!'"
Was sich bereits in Staffel 3 andeutete, setzt Serien-Schöpfer Joss Whedon konsequenterweise fort: Unsere Gefährten sind nun in die Welt der (Quasi-)Erwachsenen eingetaucht. Dies manifestiert sich einerseits in den subtextuellen Kniffen, mit denen die gesamte Staffel gespickt ist, und andererseits in ihrer kinematographischen Stilistik. Bild-Format und -Qualität sind plötzlich ein komplett anderes als noch ein paar Folgen zuvor – alles wirkt professioneller, hochwertiger und doch irgendwie auch steriler, weniger kindlich. Analog der formalen Ebene beobachten wir die frischgebackenen Studenten bei ihrem Einstieg in den Ernst des Lebens, der selten nachvollziehbarer, fühlbarer inszeniert wurde. Die schier erdrückende Opulenz der neuen Haupt-Kulisse (die Sunnydale Universität), die neuen aufwendig(er) gestalteten Feinde – BUFFY THE VAMPIRE SLAYER wächst (inhaltlich und formal) kongruent seiner Zuschauerschaft.
Die oft gelobte Themenvielfalt erstreckt sich dabei erneut über unterschiedlichsten Spektren: Ein herrlich satirischer Abgesang auf Alkohol, die Problematik des WG-Zusammenlebens oder das Thanksgiving-Fest und die dazugehörige Doppelmoral – stets treffsicher und wunderbar pointiert, präsentiert sich die Serie spätestens jetzt als eine der gleichzeitig durchdachtesten und charmantesten Populär-Produktionen, die das Fernsehen hervorgebracht hat. Bis ins Letzte reizen Whedon und sein Team die Möglichkeiten des Serien-Formats aus und offerieren in dieser Staffel einige der erinnerungswürdigsten Episoden der TV-Geschichte. Xanders krude berufliche Laufbahn als Symbol für die Orientierungslosigkeit des amerikanischen Jugend-Proletariats und als Staffel-Hauptgegner gibt es ein existenzialistisches Terminator-Motiv namens Adam, das abwechselnd philosophiert und metzelt.
Kreativ, unterhaltsam, vielschichtig – mit lyncheskem Surrealismus und cleveren Anspielungen endet diese bisher beste, vierte Staffel dann. Ausgestattet mit der gedanklichen Blaupause zum aktuellen Meta-Wahnsinn THE CABIN IN THE WOODS (der ebenfalls aus Whedons Feder stammt) und – zum ersten Mal – post-adoleszenter Seriosität hat sich BUFFY THE VAMPIRE SLAYER seinen Platz in meiner persönlichen Serien-Hall of Fame redlich verdient.
"A heart is not judged by how much you love; but by how much you are loved by others."
Visuell herrlich kitschig inszenierter Eskapismus aus der in Sepia-Töne getauchten Alltags-Tristesse. Die zuckersüße, vor bunten Farben beinahe überbordende bildliche Gestaltung des Film transportiert auf harmonische Weise die Geschichte der ungleichen Helden, die durch ihr gelungenes Schauspiel und der zeitweise durchscheinenden Melancholie, die sie befällt, definitiv zu berühren wissen. Es ist der starke Kontrast aus trostlosem Landleben und Lollipop-Wunderland, der DEN ZAUBERER VON OZ in Anbetracht seines beachtlichen Alters von mittlerweile 73 Jahren(!) so wunderbar, so visionär macht. Auch die im (Musical-)Film gesungenen Lieder sind gekonnt vorgetragen und haben bisweilen gar charmante Selbstironie innewohnen, die das Geschehen stimmig ergänzen. Dorothys Abenteuer aus dem Jahre 1939 ist eine fantasievolle Reise durch ein aufgrund der konsequenten Künstlichkeit der Kulissen beeindruckendes Zauberreich. Hier sind die kunterbunten Zwerge genauso unecht wie der übergroße Zucker-Lutscher, den sie am Anfang ihres Abenteuer geschenkt bekommt. Fleming macht auf geniale Weise aus der Quasi-Not eine Tugend, indem die eher vielen künstlichen Bühnen gleichenden Kulissen sich logisch in den Kontext des Films einfügen, sich zu einem atmsophärischen Ganzen zusammensetzen und ihn sogar zu bereichern wissen. Die fantastisch surreale Welt von Oz eigentlich Reise in ihr Innerstes. Infolge eines Schlages auf den Kopf zur Reflexion ihres direkten sozialen Umfeldes in Form eines luziden Traums angeregt, lernt sie etwas für ihr Leben. Keine Tugend fällt einem einfach in die Wiege – man muss sie sich erarbeiten. Ohne Fleiß keinen Preis; be proud of you. Ein ganz großes, zeitloses Stück Filmgeschichte.
Der zweite (Kurz-)Film des berühmten Regisseurs Christopher Nolan präsentiert sich stilistisch zwar recht untypisch für ihn, enthält jedoch inhaltlich wieder das übliche Motiv des inneren Wahnsinns, der das Leben vollkommen bestimmt. In spürbar kalter, industrieller Kulisse präsentiert sich uns ein lediglich 3-minütiges Kammerspiel voll rasender Paranoia und verzweifelter Lebenskrise. Unser einziger Bezugspunkt, der Protagonist, ein einfacher Bürger, erdrückt von den sinnlosen Aufgaben seiner Vorgesetzten. Einmal ein mächtigeres Tier sein, einmal Gott spielen und Leben vernichten. Doch die Devise lautet: [Schlecht] leben und leben lassen.
"My fingers are gone."
Formal hochinteressanter visueller Rausch, der mit allen erdenklichen, damals zur Verfügung stehen Stilmitteln und Versatzstücken nur so um sich wirft und in seiner Gesamtheit mehr einem abstrakten Pop-Art-Gemälde denn einem Film nahekommt. Nobuhiko Obayashis psychedelische Auslegung des Haunted House-Schemas ist eine hochintensive Allegorie der Urängste; eine Geisterbahnfahrt auf LSD. Sämtliche Konventionen des Horror-Genres brechend ist HAUSU weit mehr als ein profaner Gruselfilm, sondern gleicht in seiner Wirkung eher einer spirituellen Erfahrung. Er demontiert schonungslos ein gesamtes Genre und führt es in all seiner wahnsinnigen Überspitztheit ad absurdum; die Protagonisten lediglich Abziehbilder aus vorherigen (Horror-)Filmen, die – um den Vogel abzuschießen – sogar noch nach ihren Charaktereigenschaften benannt sind. Dennoch weist Obayashis hallozinogener Drogen-Trip rund um die Schulmädchen Melody, Kung Fu und Co. auch einige dramaturgische Schwächen auf und bleibt erzählerisch etwas hinter seinen Möglichkeiten, was jedoch dem Fallenlassen aufgrund des direkten Fokussierens auf sämtliche Eindrücke zugute kommt. Der Film aus dem Jahre 1977 stellt definitiv eine ganz besondere Erfahrung dar, die, angereichert mit – zum Beispiel – bewusstseinserweiternden Mitteln, sicherlich ein Leben lang unvergesslich sein dürfte. Warhol trifft auf Raimi trifft auf Mescalin. Ein unbändig wilder Genre-Mix, in dem sich kinderfilmgleiche Unschuld und abgeschlagene Köpfe nicht ausschließen müssen.
"Vincent Malloy is seven years old, / He’s always polite and does what he’s told."
Bereits mit seinem sehr persönlich wirkenden Frühwerk VINCENT verdeutlichte Tim Burton, welche Richtung sein weiteres Schaffen nehmen sollte; kein weiteres Genre hat ihn so zu seiner Arbeit inspiriert wie die frühen Anfänge des Horrorfilms, so scheint es. Nicht ohne expressionistischen Charme zeichnet der damals 24-Jährige das morbide Portrait eines trübseligen, gelangweilten Jungen, der sich nichts mehr wünscht, als wie der legendäre Vincent Price zu sein. Um seinem drögen Vorstadt-Alltag zu entfliehen, flüchtet er sich regelmäßig in obszöne Grusel-Universen bekannter und vielzitierter Filmklassiker und weidet sich dabei in seiner Melancholie. Gestoppt wird er lediglich von seiner zurechtweisenden Mutter, die ihn zurück in die harte Realität seines kargen Zimmers reißt. Ausschließlich aus der Sichtweise Vincents erzählt, konstruiert der Amerikaner innerhalb von nur knapp sechs Minuten einen stimmigen Mikrokosmos, der vor ulkig inszenierten Referenzen beinahe übersprudelt. Keine zehn Sekunden vergehen ohne Querverweis, sei es als visuelles Motiv oder als ironisch vorgetragener Reim. Der hervorragende Erzähler (gesprochen von der Horror-Ikone Price höchstselbst) und die wunderbar düster-pathetische Poesie runden das Gesamtbild letztendlich ab. Ein hochästhetisches Kunstwerk, eine huldigende Verneigung, bei der Inhalt und Subtext eine bezaubernd-finstere Symbiose eingehen, und die stellvertretend für Tim Burtons nahezu gesamtes filmisches Œuvre ist und als Reflexion seines eigenen bisherigen Lebens funktioniert. Gekonnt nutzt er die Möglichkeiten des Mediums Kurzfilm, wendet auf kindlich-schaurige Weise das Prinzip des Eskapismus an und lässt seinen liebenswerten Protagonisten in gespenstige Welten abdriften, in denen er ob seines unerträglichen Leids analog seiner realen Identität schlussendlich zerbricht.
"Vincent tried to talk, but he just couldn’t speak, / The years of isolation had made him quite weak."
"I wonder if the three of us would’ve been friends in real life. Not as brothers, but as people."
Wes Andersons Indien ist ein überfülltes Indien. Voll von visualisierten Gerüchen, Eindrücken und interessanten Menschen. Bereits sehr mitgenommen sieht es bereits aus und doch ist es voll prächtiger Farben und Kulissen. Im Kontext dieser fabelhaften Szenerie entwirft der 1969 geborene Amerikaner eine transzendente Irr-Reise von drei sich entfremdeten Brüdern, die nicht wissen, was noch vor ihnen liegen mag. Mit vielen erinnerungswürdigen Details und Einfällen ausgestattet, gelingt es Anderson auf stimmige Art und Weise, den Familienzwist und die vorausgehende Vergangenheitsbewältigung darzustellen und auf ulkige Weise ad absordum zu führen. Es ist eine Gemeinschaft, die anfänglich nur vom ältesten Bruder (ausgezeichnet: Owen Wilson) mit aller Gewalt zusammengehalten wird, der hofft, mit dieser hoffentlich hochspirituellen Reise das Vertrauen unter ihnen wiederherzustellen, das die Mutter einst so eigennützig zerstörte, als sie eines Tages plötzlich aus ihren Leben verschwand. Unsere drei Helden sind ebenso kaputt und geschunden, wie es das Land ist, das sie mit dem surreal daherkommenden Darjeeling Limited-Zug durchreisen wollen. Auf ihrem Weg erfahren sie einige bedeutungsvolle Begegnungen und lernen auf tragisch-komische Weise, was Familienzusammenhalt bedeutet. Ein hoch-melancholisches und doch zeitweise durchaus lustiges Road-Movie, das zwar offen andersartig daherkommt, dies jedoch wie bei manch anderem Genre-Vertreter nie zu aufgesetzt wirkt. Denn trotz aller Überspitztheit weiß Anderson doch stets mit seinem ungleichen Trio zu berühren und mithilfe von wunderschön poetischen Bildern und Symbolen nachhaltig zu beschäftigen. Schlussendlich bleibt DARJEELING LIMITED zum Glück dann doch noch eine Komödie; befreit von der erdrückenden Vergangenheit und der schmerzenden Gegenwart geht es weiter. Unsere Charaktere besinnen sich auf das Wichtige: Die Familie.
Das letzte Schuljahr beginnt auf der Sunnydale High School und so haben Buffy und ihre Freunde auch neben dem Bekämpfen von Vampiren und allerhand anderem Gesocks genug zu tun, um sämtliche Aufgaben, Sorgen und Probleme unter einen Hut zu bekommen. Die neu hinzugekommene Nachfolgerin von Kendra, die wie eine Personifizierung von White Trash daherkommende Vampirjägerin Faith, ist dabei die kreative Metapher einer bösen Stiefschwester, mit der die Erstgeborene nichts teilen möchte und unerbittlich konkurriert. Der Ober-Bösewicht, der sich ab der Mitte der Staffel herauskristallisiert, die charismatische und skrupellose Vater-Figur, die sich nur um ihre “leibliche” Tochter kümmert. Auch in dieser Staffel bekommen wir es mit allerhand Allegorien und Gleichnissen zu tun, die in ihrer Durchdachtheit weit über übliche Mystery-Serien hinausgehen. Eine sozialistische Militär-Diktatur, die letztens Endes mit ihren eigenen Waffen (wortwörtlich: Hammer und Sichel) geschlagen wird, eine zynisch-moderne Auslegung des Hänsel & Gretel-Märchens oder das Vorführen der Leichtgläubigkeit einer vorstädtischen Gemeinde – der Subtext ist vorhanden; er muss nur beachtet werden. Mit dramaturgischem Geschick und nachvollziehbarer Emotionalität erschafft Joss Whedon auch diesmal wieder eine Welt, die es so wohl nie wieder ein zweites Mal geben wird. Man darf gespannt sein, wie es nun – nach dem Abgang von Angel – weitergehen wird und wie sich die so sehr ans Herz gewachsenen Protagonisten nun in der Welt der Erwachsenen schlagen werden.
[...] Es ist eine Welt voller Trostlosigkeit und Angst vor dem [wissenschaftlichen und sozialen] Fortschritt, in der schon das Berühren zweier kidneybohnen-förmiger Hundeschnauzen als das höchste Gefühl erregter Freundschaft zelebriert wird. Unser Protagonist der einzig denkende Mensch in der monotonen, mit Reihenhäusern zugebauten Vorstadtidylle. Sein einziger Freund: der Hund. Sämtliche Menschen nur (negativ-bizarre) Archetypen mit Weltbildern, die noch aus den 1920er-Jahren zu stammen scheinen.
In diesem Kontext entwirft Tim Burton einen wunderschönen Coming-of-Age-Film, der zugunsten seiner berauschenden Romantik auf jegliche Lebensgrundsätze pfeift und dem Zuschauer damit auf hintersinnige Weise den Spiegel vorhält. Eine Geschichte über eine unbändige Freundschaft, die nichts aufhält und frei von etwaigem Kitsch ist. Der 54-Jährige macht es in seiner Hommage dabei ähnlich wie schon Rob Zombie mit seinem HAUS DER 1000 LEICHEN: Ihm gelingt es, seine filmischen Vorbilder auf eine, maximal zwei klar verständliche Szenen herunterzubrechen und verspielt mit deren Versatzstücken zu arbeiten. Nicht gerade schwer fällt es, sich in den hervorragend inszenierten Effekten und der fabelhaften Mimik der Figuren zu verlieren, denn selbst banale, den Film gleichwohl erst wahrhaft charmant machende Details, wie die Schweißperlen auf der Stirn des übergewichtigen, sich gerade anstrengenden Jungen, hätten schöner nicht sein können. FRANKENWEENIE ist ein Film für die gesamte Familie; während sich die Jüngeren über ein fantastisches Abenteuer freuen, ergötzen sich die Eltern an der bisweilen recht bissigen Doppelbödigkeit, die der Amerikaner eingeflochten hat. Letzten Endes setzt Burton jegliche Naturgesetze außer Kraft und schafft – unbelehrbarer Optimist, der er ist – ein Happy End, das glücklicher nicht machen könnte; auch wenn er dazu, wie schon unser Protagonist Viktor Frankenstein, aus Liebe [zum Film] die alles bestimmenden Gesetze annullieren muss. Das unendliche Leben wird salonfähig. Tod und Verderben sind in der realen Welt doch schon omnipräsent genug. Ein eskapistischer Kindertraum voll unschuldiger Freundschaft und liebenswert-schrulliger Morbidität.
[...] Doch auch formal und inhaltlich macht der Film aus dem Jahre 1975 beinahe alles richtig. Es ist einfach wunderbar erheiternd, wie Sharman mit Versatzstücken und Referenzen aus diversen Horror- und B-Filmen der 1960er-Jahre nur so um sich wirft und eine Musical-Groteske der besonderen Art auf die Bühne zaubert. Diese dürfte auch jeglichen Musical-Muffel, zu denen ich mich selbst auch zähl(t)e, begeistern, solange sie nur irgendetwas für Filme übrig haben. Überdies schreit er geradezu danach, noch viele weitere Male gesehen zu werden, denn in jeder Szene finden sich viele kleine Details, die es zu entdecken und ergründen gilt. Das Markanteste davon ist sicherlich das immer wiederkehrende Motiv von Grant Woods berühmtem American Gothic, welches gekonnt die Veralberung des amerikanischen Pietismus unterstreicht, mit der der Film ohnehin schon bis zum Rand angefüllt ist.
THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW brach viele Konventionen, ist eine wunderbare Liebeserklärung an Trash aller Art und macht – simpel gesagt – einfach einen Heidenspaß. [...]
"All hail the tube!"
Wenn eine Vorsitzende der Kommunistischen Partei mehr Profit für sich herauszuschlagen versucht oder der Anführer einer linksextremen, terroristischen Geruilla-Fraktion plötzlich mit konservativen Anzugträgern über eine zukünftige Zusammenarbeit verhandelt, dann befindet man sich in Lumets hochzynischer Abrechnung mit der (Fernseh-)Unterhaltungsindustrie. Zu jeder Zeit bissig, feinsinnig und – auf teils schmerzhafte Art und Weise – wahnsinnig witzig. Ursprünglich als bitterböse Medien- und Gesellschaftssatire konzipiert, erreicht NETWORK gerade heutzutage eine Aktualität und Relevanz, die beinahe schon beängstigend ist. Doch auch trotz unübersehbarer dramaturgischer Schwächen entfaltet der Film aus dem Jahre 1976 – ähnlich, wie schon in 12 ANGRY MEN – ein nüchtern inszeniertes, brisantes und höchstspannendes Kammerspiel, das mit fiesen Seitenhieben auf diverse Bevölkerungsgruppen nicht gerade spart. Mit penibler Genauigkeit seziert und demontiert Sidney Lumet einen ganzen Industriezweig samt ihrer menschlichen Zahnräder, offenbart ihre politischen Machenschaften und Intrigen und entlarvt sie im Film als das, was sie sind: Geldgierige, seelenlose, verlogene und korrupte Marionetten. Am Ende kulminiert die Spirale des medialen Irrwitzes in der unglaublichen und zugleich einzig schlüssigen Konsequenz. Howard Beale? Och, der ist doch schon wieder Schnee von gestern.
"Television is not the truth! Television is a God-damned amusement park! Television is a circus, a carnival, a traveling troupe of acrobats, storytellers, dancers, singers, jugglers, side-show freaks, lion tamers, and football players. We’re in the boredom-killing business! So if you want the truth… Go to God! Go to your gurus! Go to yourselves! Because that’s the only place you’re ever going to find any real truth."
Bedanke mich ganz herzlich bei den Tickets; freu' mich schon!
[...] Doch trotz der Fülle an Zitaten verkommt Zombies Backwood-Horror nie zum bloßen Genre-Sammelalbum, denn die nur kurz durchscheinend selbstironische Art des Films schafft eine wahrlich bedrohliche Ernsthaftigkeit, die dem Angst-Gefühl des Zuschauers sicherlich zugute kommen dürfte, da für etwaigen, die Stimmung auflockernden Humor nicht viel Zeit bleibt. Mit geschickten Kameraeinstellungs- und Schnittspielereien sowie effektvoller, wohl dosierter Gewalt wird der Zuschauer schon regelrecht tyrannisiert und penetriert, wodurch sich Zombie ganz klar auf alte Stärken des einstigen Horrorkinos beruft und es dadurch – zumindest in dem für ihn möglichen Rahmen – wiederbelebt. Sein erster Film ist weniger Hommage an einzelne Meilensteine, sondern viel mehr herausragend umgesetzte, vor phantasievollen Einfällen überbordende Liebeserklärung an ein ganzes Sub-Genre, die mit viel Herzblut das zu retten versucht, was der sogenannte Torture Porn mit seinen durchschnittlichen Machwerken bereits in kurzer Zeit angerichtet hat. Ein visualisierter Fiebertraum des Terrors.
"You don’t understand that this isn’t a story to me, it’s my life! I want to live!"
Prosaische Literaten schreiben Geschichten und schaffen – sofern sie ihr Handwerk denn einigermaßen verstehen – Welten, ja ganze Mikrokosmen, die sie mit den verschiedensten Kulissen, Gegenständen und Figuren ausstatten und schmücken. Gerade deshalb liest man schließlich Prosa oder sieht sich einen fesselnden Film an – weil die Weltenflucht, zu der einen solche Werke verleiten, so schön und unterhaltsam sein kann. Was passiert aber, wenn der Protagonist des jeweiligen Produkts plötzlich real ist/wird? Dies beantwortet uns der deutsch-schweizerische Regisseur Marc Forster mit seinem Film aus dem Jahre 2006.
In seinem Grundtenor durchaus einem typischen Mindfuck-Film ähnlich, kommt STRANGER THAN FICTION trotz dualer Ebenenspielereien narrativ und inhaltlich recht konventionell und harmlos daher. Auch können sich die visuell immerhin recht ansprechenden Einblendungen von Spielekind Forster, die den gesamten Film durchziehen, nur teilweise dem Vorwurf erwehren, nicht dem reinen Selbstzweck zu dienen. Anarcho-Humorist Will Ferrell, der hier in einer seiner wenigen ernsteren Rollen definitiv zu begeistern weiß, sorgt mit seiner Nähe zum Zuschauer zwar für viel Sympathie und Mitgefühl, nichtsdestotrotz darf man sich fragen, inwieweit dieser Kniefall vor dem Happy End wirklich der Qualität des Filmes zugute kommt. Und damit schließt sich der Kreis, wenn Prof. Jules Hilbert (Dustin Hoffman) im Film über das Buch genau das zu sagen hat, was mir zu STRANGER THAN FICTION in den Sinn kommt: Er ist ganz gut. Kein Werk, das alle Filme der letzten Jahre in den Schatten stellt, aber trotzdem gut. Im Grunde ein charmantes Märchen.
Nun, ganz so schlecht, wie es in dieser kurzen Review womöglich wirken mag, ist er keinesfalls. Man ärgert sich im Vergleich zu kaufman’scher Drehbuch-Perfektion nur über so viel verschenktes Potenzial. Mindfuck meets Mainstream. Oder so ähnlich.
Weiß gerade gar nicht mehr, ob ich's vergaß oder nicht, daher zur Sicherheit: Berlin, bitte! :)
"It’s useless! Useless! In time it will come for him and then it will come for you!"
Der spätere SPIDERMAN-Regisseur Sam Raimi läutet zur trashigen und nervenzerreißenden Geisterstunde. Eine die Charaktere einführende Exposition gibt es nicht, der Film beginnt sofort mit der Autofahrt ins Urlaubs-(Un-)Glück, damit der Spaß auch ja nicht zu lange auf sich warten lässt. Und wenn es kommt, dann richtig: Aberwitzig, schaurig und brutal kommt seine Version eines Backwood-Horrors daher, die mit Kunstblut und herumfliegenden Gliedmaßen binnen kurzer Zeit nur so um sich schmeißt. Dass beinahe alle Figuren dabei größtenteils ziemlich blass bleiben, ist wohl dem Faktum zu schulden, dass TANZ DER TEUFEL (orig. THE EVIL DEAD) wohl nie mehr sein wollte als ein unterhaltsamer B-Movie, der die Nebencharaktere genussvoll, aber nicht unnötig gestreckt sterben lässt, um dem damals noch unbekannten Bruce Campbell die Bühne zu räumen, der sich gegen Ende klar als Main-Victim herauskristallisiert, jedoch für damalige Zeiten genreuntypisch nicht irgendwann stirbt, sondern nach und nach immer weiter über sich hinauswächst und den Bösen Untoten tapfer die Stirn bietet und jeden nacheinander niederstreckt. Gleichermaßen Veranschaulichung des Durchhaltevermögens des Menschen in der Not und unterhaltsamer und bisweilen sogar recht gruseliger Schocker, dessen “Kultstatus” man zumindest nachvollziehen kann, wurde doch in Person von Bruce Campbell eine prägnante und oft zitierte Filmfigur geboren. Macht Spaß und ist mit liebevollen Effekten ausgestattet – ein Genrevertreter der Kategorie “wirksamer Grusel ohne großen Subtext”, der definitiv einen Höhepunkt dieser Sparte darstellt und Lust auf die Sequels macht. Sollte man sich als Horror-Freund durchaus mal angesehen haben.
"You bastards, why are you torturing me like this? Why?"
"Well, the worst part of being old is rememberin’ when you was young."
Bewegendes Charakterportrait, das berührend ehrlich und schnörkellos das Leben eines interessanten Mannes beleuchtet und sich davor verneigt. Dabei ist THE STRAIGHT STORY, wie der Name schon vermuten lässt, narrativ weitgehend strikt geradlinig aufgebaut und nimmt sich keine Zeit für eventuelle Nebenplots. Muss er auch gar nicht, denn David Lynchs wohl konventionellster Film kommt trotz sehr langsamem Erzähltempo durchweg ergreifend und kurzweilig daher und verzichtet dabei glücklicherweise vollständig auf Kitsch oder Pathos, der sich bei einer solchen Geschichte geradezu anbieten würde. Er schafft es gänzlich ohne solch manipulativen Elemente, eine emotionale Verbindung zu den Protagonisten aufzubauen, und bebildert mit seinen verbalen Rückblenden auch einige der unschönen Teile der Vergangenheit unseres liebenswerten alten Kauzes, der zusammen mit seiner geistig behinderten Tochter in einem beschaulichen Haus in der Kleinstadt Laurens, Iowa, lebt. Nach und nach fühlt man auch sich dieser außergewöhnlichen Familie anteilig und lässt sich mehr und mehr vom Zauber dieses Films begeistern, der in seiner Ehrlichkeit jeden berühren muss, der es zulässt.
David Lynch nutzt die (real stattgefundene) Reise des Alvin Straight als Darstellung für den Lebenswinter eines interessanten Mannes, der zwar körperlich schon deutlich eingeschränkt zu sein scheint, sich aber stets bravourös damit arrangiert. Gewissermaßen eine mit Symbolen gespickte kleine, stille Liebeserklärung an das Leben selbst und das filmische Manifest eines besonderen Menschen. THE STRAIGHT STORY ist mit der Fähigkeit, durch seine Einfachheit direkt ins Herz zu treffen, einfach überwältigend.
[...] Betrachtet man dazu die Zeit, in der der Film entstand, erschließt sich einem erst, wie der Film eigentlich zu verstehen ist. Hoopers “Hinterwäldler” sind Reliquien aus früheren Zeiten, leben im Gestern, haben sich noch nicht an die moderne Zivilisation gewöhnt und angepasst. Ganz im Gegensatz zu den aufgeschlossenen, mitunter Hotpants und keinen BH tragenden Städtern, die auf der Suche nach der Großen Freiheit sind und auf die die Primitivität der in dieser Einöde lebenden Menschen schon von Natur aus suspekt und abschreckend wirken muss. Es ist ein Zusammentreffen zweier Welten, das der spätere POLTERGEIST-Regisseur hier stimmungsvoll einfängt. Dieser Gedanke wird dann schlussendlich in der Killer-Familie auf die Spitze getrieben und ad absurdum geführt, wenn die blutrünstigen Kannibalen samt Leatherface in schicker Frauen-Maske und ihr beinahe mumifiziert wirkender Opa (halbwegs) gesittet am Tisch sitzen und zusammen speisen, während der Gast, das Opfer – blutüberströmt, gefesselt -, gezwungen ist, dabei geduldig zuzusehen. Ohnehin verkommen die bäuerlichen Schlächter nicht zu übermenschlichen, unbesiegbaren Killermaschinen, wie dies häufig in späteren Slasherfilmen zu beobachten ist, sondern werden so dargestellt, wie sie in der Realität wohl auch anzutreffen wären: Ungebildet und manchmal tollpatschig, Fehler machend. Tobe Hooper zeichnet mit Knochen und Blut seinen morbiden Gegenentwurf der American Family – augenzwinkernd und maßlos überzeichnet zwar, doch stets sehens- und erlebenswert. [...]
[...] Über weite Strecken einfach Versatzstücke aus dem bahnbrechenden Vorgänger stehlend (wäre man gutmütig, nenne man es wohl “zitierend”), erreicht FREDDY’S REVENGE zu keiner Zeit die Klasse seines Vorbilds. Mit einem Overkill an Effekten, von denen nur eine handvoll wirklich sehenswert sind, überflutet uns der Film und wirkt dabei mehr als einmal unfreiwillig komisch. Selbst von der symbolischen Kraft und Aussage des ersten Teils kann das Sequel nur schwerlich zehren – hier und dort wird zwar auf den ersten Film Bezug genommen, man hat jedoch zu keiner Zeit das Gefühl, Freddy könne sich auch nur an Nancy erinnern. Dieser ist leider zudem der einzige Grund, warum der zweite Teil letztlich überhaupt noch halbwegs sehenswert bleibt, treibt die Art seines Schauspiels im Zusammenhang mit der stimmungsvollen Maske doch einem nach wie vor noch einen kalten Schauer über den Rücken. Auch einiger Logiklücken und die hervorragende Grundidee ruinierenden Aspekten kann sich der Film nicht erwehren, wenn Freddy plötzlich aus dem wunderbar surrealen Reich der Träume ausbrechen und das Morden in die reale Welt verlagern möchte.
Der Coming-Out-Aspekt, der das Werk, wäre er denn stimmungsvoll und konsequent durchgeführt worden, durchaus interessant und neuartig hätte werden lassen können, weicht am Ende auch nur wieder dem Coming-of-Age-Thema seines Vorgängers, ohne auf dieser Ebene jedoch noch etwas hinzufügen zu können. Somit bleibt Sholders Versuch, das Franchise erfolgreich weiterzumelken, zwar – an einigen Stellen – wirklich ambitioniert, scheitert letzten Endes aber an seiner eigenen Sammelwut an Ideen aus dem Ur-NIGHTMARE. [...]
[...] Slasher kann auch intelligent, reflexiv und ungemein spannend, weil undurchschaubar, sein. Zumindest, wenn er denn versucht, aus den gewohnten Ketten auszubrechen und sich auf neues Terrain wagt. Leider war dies in den letzten Jahren nach dem so gelungenen SCREAM-Franchise viel zu selten der Fall, doch ich hoffe, dass Drew Goddard und Joss Whedon eine kleine Kehrtwende eingeleitet haben, die weg vom Üblichen und hin zum Unerwarteten geht. Vielleicht gibt es für das moderne Terrorkino dann doch noch eine Rettung.