ArnoldWiseau - Kommentare
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Alle Kommentare von ArnoldWiseau
Es gibt Filme die man respektieren kann, obwohl man nichts mit ihnen anfangen kann - und es gibt "Victoria". Dieser Film ist schlichtweg nicht zu ertragen. Ich habe wirklich selten so einen unterirdischen Dreck gesehen und ihn nicht mal gänzlich durchgehalten, da irgendwann mit jeder weiteren Sekunde meine Wut einfach nur noch ins Unermessliche anstieg. Vielleicht würde ich sogar so weit gehen und sagen, dass dies der schlechteste Film ist, den ich jemals gesehen habe - obwohl ich ihn nicht mal in Gänze ertragen habe. Aber ein dermaßenes Gefühl der Abstumpfung habe ich bisher nicht mal in einem Michael Bay Film empfunden.
Besoffene, fast geistig behindert anmutende Figuren, die bei mir schlichtweg den Drang auslösen, den Bildschirm anzuschreien, und ein Plot, der in der ersten Hälfte schlichtweg aus NICHTS besteht und in der zweiten Hälfte zu einer erbärmlichen und endlos unglaubwürdigen Lachnummer wird. Das ganze ist dann auch noch auf hyper-melancholisch getrimmt und soll mit pretenziösen Musikeinsätzen Gehalt suggerieren. Ich war schon lange nicht mehr so wütend bei einer Filmsichtung. Ich empfehle den Fans dieses Films, öfter mal auf die Hamburger Reeperbahn zu gehen: da wird quasi rund um die Uhr die erste Hälfte dieses Films "gedreht".
Selbst wenn man mal den gesamten wirklich erbärmlichen Inhalt des Films außen vor lässt und sich nur auf die ungewöhnliche Machart beschränkt, dann macht es den Film - wenn das irgendwie noch möglich sein sollte - nur noch schlechter. Ja, er besteht aus einem einzigen Longtake, das sicher enorm schwer zu realisieren war und mit einer absurden (und letztendlich völlig sinnlosen) Menge an Aufwand verknüpft gewesen sein muss. Die Idee dazu ist das EINZIGE, was bei diesem Film ein Mindestmaß an Respekt verdient. Aber trotz des Longtakes ist der Film einfach nur total belanglos bis grausam schlecht gefilmt. Zwar ohne Schnitt, ja, aber dennoch mit wackeliger, brechreizerregender Hand-held-Kamera. Wieso genau macht das den Film jetzt besser als wenn er konventionell eingefangen worden wäre? Ist es wieder das alte Found Footage-Argument, dass ein Film, der der filmischen Kunst der Kameraführung den Mittelfinger zeigt, dadurch einen besonderen Realitätsgehalt bekommen würde? Und besonders ironisch wirkt die vermeintlich "realere" Machart in Bezug auf die schmerzhaft konstruierte Geschichte, die unglaubwürdiger und realitätsferner kaum sein könnte.
Ich beende diesen "Review" mit einem Gesuch (SPOILERwarnung):
Ich, Mitte zwanzig, besoffen, maßlos unsympathisch, kriminell und in Gesellschaft einer Truppe geistig behinderter Asozialer, suche comichaft übertrieben naives Mädchen mit klassischer Klavierausbildung zum Fahren eines Fluchtwagens bei einem stümperhaft in fünf Minuten "geplanten" Banküberfall. Als Bezahlung winken mein dummes Gebrabbel und dein potenzieller Tod. Melde dich bitte unter: DubistdasdümmsteMädchenBerlins@AsismachenBanküberfall.com
Billy Blanks bringt gesellschaftlich schwächer gestellten Kindern Karate bei, verprügelt Jugendliche auf einem Spielplatz, meditiert leicht bekleidet in einer Ninja-Sauna, wird von einer minderjährigen Asiatin ge-muscle-worshiped und lernt von deren Vater, wie man Baumstämme durch den Schnee wirft und verschiedenste Push-up-Techniken zur Perfektion bringt.
Das alles klingt leider deutlich unterhaltsamer als es denn letztendlich ist. Vor allem die Kämpfe sind in "Balance of Power" eher belanglos und meist recht unspektakulär in Szene gesetzt (bis auf das Finale vielleicht). Der Film strotzt ansonsten nur so vor den üblichen Lehrer-Meister-Klischees und liefert wenig Innovatives. Insgesamt ist alles zu sehr auf einem schwachen bis mittelmäßigen Level, um richtig unterhalten zu können. Immerhin darf Billy Blanks ein paar Mal richtig irre in die Kamera gucken.
[enthält SPOILER]
Wer kennt sie nicht, die in Filmkreisen ewig geführte Debatte um Michael Manns zwei große Gangster-Thriller: welcher ist denn nun der bessere, HEAT oder COLLATERAL? Da ersterer schon seit meiner Erstsichtung Anfang der 2000er Jahre zu meinen absoluten Lieblingsfilmen gehört, wollte ich schon lange einmal wieder COLLATERAL auffrischen, den ich nur einmal, als er noch recht aktuell war, gesehen und damals als soliden Thriller empfunden hatte - aber nicht als mehr. Erst einige Jahre später bemerkte ich, dass das Werk teilweise fast Kultfilmstatus zu besitzen scheint und oft in einem Atemzug mit Manns magnum opus genannt wird. Zudem habe ich inzwischen auch MANHUNTER gesehen, in dem Mann mir erneut bewies, dass er es schon lange vor HEAT verstand, eine großartige Atmosphäre in seinen Filmen zu erzeugen. Um so vorfreudiger war ich heute, als es nun endlich so weit war: COLLATERAL bekam seine zweite Chance, mich nunmehr gänzlich zu überzeugen. Aber etwas ganz anderes ist leider geschehen. Unmittelbar nach der Sichtung finde ich mich gerade ziemlich enttäuscht wieder und bin ein wenig verständnislos darüber, wieso das Werk im Allgemeinen so euphorisch gelobt wird.
Zunächst einmal möchte ich betonen, dass es nicht so ist, dass ich die Stärken des Films nicht erkennen könnte oder zu würdigen wüsste. Jamie Foxx als introvertierter Taxifahrer Max, der merkwürdigerweise für einen Oscar als bester NEBENdarsteller nominiert war (wtf?), spielt seine Figur wirklich toll und auch der von mir generell nicht sonderlich geschätzte Tom Cruise passt hervorragend in seine Rolle des Auftragskillers Vincent. Ich kann ebenfalls nachempfinden, warum besonders die Atmosphäre des nächtlichen Los Angeles als einer der stärksten Aspekte von COLLATERAL oft genannt wird. Die Schießerei im Club gefällt mir in der Hinsicht besonders gut oder auch der Wolf, der des Nachts einsam über die Straße huscht. Die philosophischen Untertöne um die Sinnfrage des eigenen Lebens und das Thema des ewigen Hinterherjagens vielleicht unerreichbarer Träume erzeugen in den Bildern des düster-funkelnden L. A. ebenfalls stellenweise eine sehr schöne Stimmung. Mir als Filmfreund gefielen außerdem die kleinen Anspielungen auf andere Werke. Z. B. als Max' Mutter verlauten lässt, dass jener schon als Kind schweigsam gewesen sei und im Spiegel mit sich selbst gesprochen habe. So sind sie eben, die Taxifahrer. Auch die gewisse Spiegelung Manns eigenen Films HEAT ist nett, da dieser nämlich in der Metro von L. A. beginnt und am Flughafen endet, während es bei COLLATERAL genau andersherum ist.
Bei allem berechtigten Lob ist allerdings die Liste der Dinge, die mich am Film stören, bedeutend länger und wird im Ausmaß nur noch von meinem Unvertständnis darüber übertroffen, wieso diese für meinen Geschmack teilweise gravierenden Ungereimtheiten anscheinend kaum jemanden wirklich stören. Erst einmal will mir schon die Grundidee des Films einfach nicht so richtig in den Kopf, so sehr ich es auch versuche. Wieso zum Teufel entführt ein Auftragskiller einen Taxifahrer, damit dieser ihn durchs nächtliche L. A. kutschiert, während er seine Morde durchführt? Es gäbe hunderte einfachere, weniger riskante und vor allem glaubwürdigere Wege, einen derartigen Job zu erledigen, angefangen damit, sich einfach einen Leihwagen zu besorgen, um nicht einen hupenden, schreienden, seine Jobspezifikationen auf die Autobahn werfenden Taxifahrer an der Backe zu haben. Man wird mir hier vielleicht sofort erwidern, dass Filme nun einmal so funktionierten und nie so richtig glaubwürdig sein könnten, wenn sie denn auch eine originelle Geschichte erzählen wollten. Dies trifft sicherlich auf sehr viele Filme zu, aber das sind nur all zu oft solcherlei Werke, die eben genau durch derlei Probleme mehr oder minder stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Vollkommen frei von Logikproblemen ist sicherlich so gut wie keine Film, aber dennoch geht es hierbei schlichtweg um die Quantität, denn man kann zig Filme ausmachen, die im Großen und Ganzen glaubwürdige, nachvollziehbare Geschichten erzählen. Ein, zwei Schnitzer oder vielleicht sogar ein paar mehr kann man einem Film sicher verzeihen, aber wenn die gesamte Grundprämisse schon äußerst absurd ist und sich zudem im Laufe der Handlung immer mehr Plot-Holes oder merkwürdige Verhaltensweisen von Figuren auftun, so wird man schließlich einfach aus dem Film geworfen und kann auch emotional nicht mehr mitgehen. Das größte Problem in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit der Grundidee liegt bei Tom Cruise' Charakter Vincent. Diese Figur wird als berechnender und hochprofessioneller Killer dargestellt, dem ich als Zuschauer aber gleichzeitig abkaufen soll, dass er eine so irrwitzige Methode gewählt hat, um seinen Job zu erledigen. Das läuft einfach nicht zusammen. Entweder hätte man seine Methode glaubhafter gestalten müssen oder den Killer psychotischer. Eine interessante Prämisse ist diese abgedrehte Taxifahrt sicherlich, aber wenn ich gleichzeitig die Figuren und ihre Konflikte ernst nehmen soll, was der Film ganz klar nahelegt, dann bereitet mir das Probleme. Bei lockeren Filmen, die sich nicht um tiefere Emotionen beim Zuschauer bemühen, können derlei Ungereimtheiten viel besser ignoriert werden als bei einem atmosphärischen, als reale Geschichte zu perzepierenden Werk wie COLLATERAL.
Wenn es nur die Grundprämisse wäre, die ich schwer schlucken könnte, so könnte ich mich sicherlich immer noch gut mit dem Film anfreunden. Was mir aber im Verlauf der Handlung zunehmend mehr Probleme macht, ist das Verhalten von Max gegenüber seinem Entführer Vincent. Wirkt er am Anfang nachvollziehbarerweise noch äußerst verstört und verängstigt, so verliert er dieses Verhalten mit Andauern der Entführung und Instrumentalisierung immer mehr. Mir ist klar, dass dies als wichtiges Element der Geschichte vorgesehen ist, nur verstehe ich innerhalb der Logik des Films diese Charakterwandlung überhaupt nicht. Max ist im Grunde ein ganz normaler "Typ von nebenan". Er sorgt sich um seine Mutter, flirtet auf charmante Weise mit Frauen in seinem Taxi und hat große Träume, die er aber stets vor sich her schiebt, da er sich nicht traut, sie wirklich anzugehen bzw. Ausreden erfindet, warum die Zeit noch nicht reif sei. Und dieser Kerl entschließt sich, während er zusammen mit seinem Entführer bei seiner kranken Mutter im Krankenhaus ist, diesem den Aktenkoffer zu stehlen und ihn auf die Autobahn zu werfen? Seinen Mut in allen Ehren, aber das kaufe ich diesem Typen nicht ab. Wie gesagt, er wird zuvor als ganz normaler Mensch dargestellt, der natürlich völlig verängstigt auf die Situation reagiert, in der er sich gerade befindet und ganz plötzlich, quasi aus heiterem Himmel, entschließt er sich mal eben dazu, diesem kalten, brutalen AUFTRAGSMÖRDER seine Unterlagen zu entwenden? Warum setzt er sein Leben und damit auch das seiner Mutter, die Vincent schließlich zu Gesicht bekommen hat, einfach so aufs Spiel? Das ergibt einfach überhaupt keinen Sinn. Natürlich kann man immer mit Argumentationen in Hinblick auf die Extremsituation, in der er sich gerade befindet, kommen, aber das finde ich persönlich nicht sonderlich nachvollziehbar. Es stand in der konkreten Situation nicht einmal sein eigenes Leben auf dem Spiel noch konnte er wissen, dass die ganze Aktion überhaupt irgendetwas bewirken würde. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass irgendjemand in diesem Moment so handeln würde. Weit über 99% aller Menschen wären einfach nur eingeschüchtert und würden das tun, was der Killer von ihnen verlangt; zumal er sie ja nicht einmal zwingt, direkt jemanden umzubringen, sondern nur unter Gewaltandrohung zum Mittäter macht, was in Bezug auf die Schuldfrage zumindest einmal äußerst kompliziert ist. Man muss in dieser Hinsicht auch bedenken, dass sich COLLATERAl nur im Verlauf von wenigen Stunden abspielt. Ich könnte vielleicht glauben, dass sich die Beziehung von Opfer und Entführer in einer tage- oder wochenlangen Situation irgendwann langsam verändert, aber in einer Zeitspanne von wenigen Stunden wäre vermutlich noch nicht einmal der erste Schock so richtig überwunden. Ich sehe daher in dieser Szene nichts als den Plot, der voranschreiten muss, und leider kein ansatzweise glaubwürdiges Verhalten unserer Hauptfigur. Ich möchte jetzt nicht alle weiteren kleinen Momente aufzählen, in denen ich das Gefühl hatte, dass sich auf die im Film dargestellte Weise einfach niemand gegenüber seinem bewaffneten, skrupellosen Entführer verhalten würde. Ich beschränke mich daher zusammenfassend auf die Aussage, dass ich Max' Charakterwandel innerhalb so kurzer Zeit und ohne für mich verständliche Gründe für den gesamten Film als äußerst problematisch empfinde.
Des Weiteren findet sich schlichtweg eine enorme Menge an kleinen und großen Ungereimtheiten in der Handlung. Warum z. B. fahren Vincent und Max in einem äußerlich stark beschädigten Taxi MIT EINER LEICHE IM KOFFERRAUM durch die Straßen von L. A.? Was auch immer Vincent nach dem verpatzen ersten Mord tun sollte - sei es, das Auto zu wechseln oder Max zu erschießen und einen neuen Taxifahrer zu organisieren - er sollte mit Sicherheit nicht das tun, was er tut. Improvisieren hin oder her, die gewählte Lösung ist so ziemlich die schlechteste, die man sich hätte ausdenken können. Da haben sich ein gewisser anderer Vincent in einem ganz bekannten Film und sein Partner Jules aber deutlich mehr Gedanken über Unauffälligkeit gemacht. Für's nächste Mal empfehle ich einen gewissen Mr. Wolf, der kann da weiterhelfen. Weiterhin: Wieso ist es für Vincent so einfach, seine Ziele zu eliminieren? Für Kronzeugen in Prozessen gegen Schwerverbrecher gibt es normalerweise das Zeugenschutzprogramm, damit diese eben nicht mal eben einen Killer anheuern, der den gesamten Zeugenstand auslöscht. Im Film wird gesagt, dass man sich am Tag vor dem Prozess befindet. Und nicht jedes dieser potenziellen Ziele hält sich irgendwo in einem abgeschotteten Haus auf, dessen Lage niemand kennt, obwohl das Gesetz über alle Beteiligten genau Bescheid weiß? Der Jazzmusiker sitzt alleine in einem Club, in den jeder einfach so hereinspazieren kann. Er hat nicht einmal Personenschutz. Außerdem halte ich es für ziemlich dämlich, als professioneller Killer jedes Opfer auf exakt die gleiche Weise zu töten, also mit dem identischen Muster der Schüsse. Warum sollte man der Polizei den möglicherweise wichtigen Hinweis hinterlassen, dass der gleiche Täter zwei Kriminelle auf der Straße und die Zeugen im Prozess ermordet hat? Auch in der Schießerei im Club, die ich wie bereits erwähnt audiovisuell als sehr schön eingefangen empfinde, kann ich dem Geschehen nicht so recht folgen. Das Opfer bemerkt z. B., dass man ihm nach dem Leben trachtet, aber mehrere Sekunden später sitzt es immer noch am gleichen Tisch. Etwas merkwürdig. Man sollte erwarten, dass der Mann sofort aus der Schusslinie geschafft würde. Und auch generell erscheint es für einen einzelnen doch arg riskant, einen von Bodyguards und FBI-Agenten beschützen Mann in einem Club anzugreifen. So etwas kann einfach kein einzelner schaffen, egal wie "professionell" er auch ist. Dann sind da noch die Szenen, in denen Vincent mit Max' Vorgesetzten bzw. Max' Mutter spricht. Ich begreife nicht, warum er sich diesen Personen gegenüber offenbart. Warum hält er sich nicht völlig im Hintergrund? Ich verstehe nicht im mindesten, was er damit erreicht, außer potenzielle Hinweise zu hinterlassen, die dazu führen könnten, dass er gefasst wird. Er besteht darauf, sie müssten Max' Mutter besuchen, damit niemand Verdacht schöpfen könne, weil Max sich in dieser Nacht anders verhalte als sonst. In Ordnung, aber warum muss Vincent mit ins Zimmer der Mutter kommen und mit ihr sprechen? Er hätte einfach draußen warten und lauschen können, sodass Max ihn nicht verraten kann oder sich zumindest als Arzt tarnen können. Das allerletzte was er jedenfalls tun sollte, ist offen sein Gesicht einer potenziellen Zeugin zu zeigen und sie direkt anzusprechen. Dass er sogar mit Max' Vorgesetzten spricht, macht wirklich überhaupt keinen Sinn. Auch wenn er nur seine Stimme preisgibt, hinterlässt er so einfach nur Spuren, ohne auch nur irgendetwas zu erreichen. Die Szene soll Vincent als zumindest ein wenig likeable charakterisieren, macht aber innerhalb der filmischen Logik wieder gar keinen Sinn. Letztendlich verstehe ich ebenfalls nicht, warum Vincent bei seiner letzten Zielperson Annie (Jada Pinkett Smith) den Strom im Gebäude ausschaltet, statt sich einfach unauffällig ihrem Büro zu nähern. Er kann schließlich nicht wissen, dass Max gerade telefonisch mit ihr Kontakt aufgenommen hat. Durch den Stromausfall wäre sie alarmiert und würde höchstwahrscheinlich ihr Büro verlassen. Die ungeheure Fülle dieser Ungereimtheiten führt insgesamt leider dazu, dass ich weder dem Plot vernünftig folgen noch emotional so richtig in den Film involviert sein kann. Permanent muss ich mich fragen, was gerade wieso passiert und weshalb sich ein Charakter auf eine bestimmte Weise verhält.
Ich möchte mich jetzt abschließend noch dem vielleicht größten Problem des Films widmen: dem letzten Akt. Nachdem Max das Taxi zum Überschlag gebracht hat, um diese tödliche Tour durch L. A. endlich zu beenden und hoffentlich Vincent schwer zu verletzen, entfaltet sich ein enorm konstruiert anmutender Zufall: Natürlich ist die hübsche Dame, mit der sich Max zu Beginn des Films in seinem Wagen so nett unterhalten hat, Vincents letztes Opfer. Dies gefällt mir aus mehreren Gründen überhaupt nicht. Erst einmal kann ich unnötige Zufälle für den Verlauf einer Geschichte auf den Tod nicht ausstehen. Ich will Dramatik nicht auf eine solche, niedere Weise erzeugt sehen, was leider in Hollywood viel zu oft geschieht. Zufälle passieren, ja, aber Zufälle sind für eine Geschichte selten zufriedenstellend. Ich möchte eine Geschichte geliefert bekommen, die clever ist, die interessante Wendungen bereit hält und vor allem: in der wichtige Dinge passieren, weil sie Charaktere erreichen. Genau so wie es öde ist, dass Ermittler Fanning (Mark Ruffalo), einfach zufällig ein Taxi auf einer Überwachungskamera entdeckt und damit auf die Spur von Max und Vincent gelangt (und nicht aufgrund von Cleverness und Gespür für den Täter), ist es einfach billig, dass die emotionale Involviertheit des Zuschauers am Ende auf die Weise erzeugt werden soll, dass das letzte Opfer bereits vorher im Film als sympathische Frau eingeführt worden ist. Die Prämisse des Films erfordert, wie von mir in diesem Review einhellig beschrieben, schon eine gehörige Portion Suspension auf Disbelief. Wieso muss in diese abgefahrene Geschichte jetzt also auch noch so ein im wahrsten Sinne des Wortes mordsmäßiger Zufall eingebaut werden? Hätte das letzte Opfer nicht einfach irgendjemand sein können? Aber nein, Max hat natürlich ihre Telefonnummer und nachdem er sich in einer wenig besonderen und insgesamt recht ermüdenden Actionsequenz gegen Vincent durchgesetzt hat, schreiten die beiden kitschig in den Sonnenaufgang. Wenn ich das alles mit dem so wundervoll ambivalenten Ende in HEAT vergleiche, dann wirkt dieses Finale einfach nur konstruiert, unglaubwürdig und hollywood-ish. Deutlich mutiger wäre es gewesen, nicht Vincent sondern Max sterben zu lassen. Vielleicht spricht hier hauptsächlich meine persönliche Präferenz gegenüber non-Happy Ends, aber mir erscheint es deutlich angebrachter, den Film auf einer dunklen oder zumindest dunkleren Note enden zu lassen. Max mutiert im letzten Akt zu sehr zum Actionheld. Erst überwältigt er einen Polizisten und dann besiegt er auch noch einen Profikiller in einem Schusswechsel, obwohl er kurz zuvor noch das Entsichern seiner Waffe vergessen hatte. Er ist doch einfach nur ein ganz normaler Typ, wie sollte er einen trainierten Schützen bezwingen können? Zumindest hätte Annie sterben sollen, damit wenigstens irgendetwas Tragisches aus dieser Geschichte erwachsen wäre und am Ende nicht das übliche Gefühl des erfolgreich überstandenen Abenteuers ohne nennenswerte Verluste beim Zuschauer erzeugt würde. Ich bin in jedem Fall mit dem Ende sehr unzufrieden. So wie es ist, ist es ganz klar der schwächste Aspekt im Film.
Das bringt mich abschließend zurück zu der Ausgangsfrage: Ist HEAT oder COLLATERAL der bessere Film? Die Antwort selbst sollte inzwischen wenig verwundern, aber ich möchte trotzdem noch einmal meine energische Präferenz von HEAT betonen. Er ist einfach der IN JEDER HINSICHT bessere Film, auch wenn ich - was vielleicht in diesem Review zu wenig anklang - COLLATERAL, trotz all seiner Schwächen und Ungereimtheiten, immer noch für einen guten Film halte. Der Vergleich beider Werke liegt übrigens nicht nur deswegen nahe, weil sie vom gleichen Regisseur stammen, sondern vor allem auch, weil es sich in beiden Fällen um Charakter-gesteuerte, atmosphärische Action-Thriller-Dramen handelt. Der Unterschied ist eben nur, dass HEAT auf ganzer Linie überzeugt und COLLATERAL nur mit enorm vielen Abstrichen in Bezug auf Glaubwürdigkeit des Szenarios und auf das Verhalten der Figuren in vielen Schlüsselmomenten zu genießen ist. HEAT ist einfach ein Meilenstein des Kinos. Er hat mit Robert De Niro und Al Pacino zwei Ikonen der Filmgeschichte in den Hauptrollen, die - bei allem Respekt gegenüber Jamie Foxx und Tom Cruise - diese beiden im Vergleich einfach an die Wand spielen. Auch ihre jeweiligen Charaktere halte ich für weitaus interessanter bzw. einprägsamer. Beide Filme in Bezug auf ihre Action zu vergleichen erscheint mir schon fast unfair. HEAT hat in der Hinsicht Maßstäbe gesetzt, während COLLATERAL bestenfalls solide ist (mit der Club-Szene als klarem Highlight). Das Größenverhältnis in Bezug auf ihre existentialistischen Fragen ist weniger einseitig, sieht aber HEAT ebenfalls als klaren Gewinner. Dieser liefert einen kompletten Einblick in die verschiedenen Lebensweisen beider Hauptcharaktere und hat zudem auch noch eine Fülle von Nebencharakteren zu bieten, die in Bezug auf sie stellenweise interessante Kontraste oder Alternativen offenbaren. Einzig in Sachen Atmosphäre kann ich mir zumindest vorstellen, dass man COLLATERAL bevorzugen könnte. Ich persönlich bin aber wieder ganz bei HEAT. Dieser hat sogar eine der atmosphärischsten Szenen überhaupt zu bieten, nämlich als Vincent Hanna (Al Pacino - und schon wieder ein Vincent, hmm...) nachts auf der Autobahn Neil McCauley (Robert De Niro) verfolgt, um sich anschließend mit ihm in einem Cafe den inzwischen legendären Wortwechsel zu liefern. Eine genaue Beschreibung dieser Szene würde hier zu weit führen, aber sie bildet audiovisuell und im Kontext der Szenen vor und nach ihr ein legendäres Stück Filmkunst.
Als Resume für die Ausgangsfrage könnte ich vielleicht etwas pointiert festhalten: Wie kann man sich diese Frage überhaupt stellen? HEAT ist nicht nur der bessere Film, sondern spielt in einer völlig anderen Liga. COLLATERAL ist ein kleiner, interessanter, atmosphärischer Film, der aber vor allem inhaltlich bei weitem kein Meisterstück ist. Das Skript baut zu stark auf seine etwas schwer zu schluckende Prämisse und seine zwei starken Hauptfiguren. Vieles darum herum wirkt konstruiert, klischeebeladen und nicht bis zum Ende durchdacht. Im letzten Akt fällt der Film schließlich fast auseinander und endet auf eine sehr belanglose Weise. Eine Empfehlung bleibt der Film dennoch, nur muss man im Stande sein, seine Suspension of Disbelief auf ein Minimum zu reduzieren, was mir persönlich generell nur schwer möglich ist.
Jeder Filmfreund liebt es, neue Werke zu erschließen. Was aber nicht minder erfüllend ist, ja, vielleicht sogar noch glücklicher macht, ist, einen bereits bekannten Film wieder- bzw. ganz neu zu entdecken.
MASTER & COMMANDER habe ich vielleicht einige Jahre nach seinem Erscheinen ein- oder zweimal gesehen und zu seiner Zeit für solide befunden. Ich hatte schon immer etwas für aufwendig inszenierte Seefahrer-Filme übrig und wenn sich ein fähiger Regisseur wie Peter Weir mit einem 150 Millionen Dollar Budget sogar daran machen darf, echte Schiffe nachbauen zu lassen, dann sollte in der Hinsicht schon mal nichts schief gehen können. Das hatte ich damals auch so empfunden, nur erschien mir der Film auf der inhaltlichen Ebene eher etwas mau - eine Ansicht, die man auch heute noch vermehrt in Reviews zu lesen bekommt.
Und was sage ich nach meiner heutigen Sichtung zu diesem Urteil? Selten kommt es vor, dass ich meiner eigenen vergangenen Meinung so stark widerspreche wie in Bezug auf den vorliegenden Film. Vielleicht habe ich mich einfach in meiner Filmrezeption bzw. meinem -verständnis weiterentwickelt, möglicherweise ist es auch eine Verschiebung im Geschmack, aber ich muss jetzt einfach nur festhalten, dass MASTER & COMMANDER im Grunde (fast) alles richtig macht und sich als FilmERLEBNIS so vollständig anfühlt wie nur wenige andere Werke.
Wenn ich in meiner Laufbahn als Filmfan eines gelernt habe, dann die Tatsache, dass die Reichhaltigkeit eines Films schlichtweg NICHTS mit der Komplexität seines Plots zu tun hat. MEMENTO war einer dieser Filme, die mir bewiesen, dass man eine im Grunde austauschbare Geschichte in einer Weise erzählen kann, die den Zuschauer enorm fesselt und mit ihrem Ende sogar gleichzeitig zu verstörten und zu begeistern vermag. Dort war es vor allem die non-lineare Narration, die das besondere Etwas im Film erzeugte, hier, bei MASTER & COMMANDER, sind es die reichhaltige Fülle von glaubwürdigen, einprägsamen Figuren (sowohl bei Haupt- als auch bei Nebencharakteren), das damit einhergehende Einfangen des Mikrokosmos Schiff und außerdem die wundervolle Zeichnung der Zeit des beginnenden 19. Jahrhunderts mit ihrem allgegenwärtigen Zwiespalt aus napoleonischen Kriegen und sich stetig weiter entwickelndem Wissenschaftsinteresse.
Vor allem dieser letzte Aspekt war mir früher anscheinend völlig entgangen. Wenn sich Capt. Jack Aubrey (großartig portraitiert von Russel Crowe) mit dem Schiffsarzt Dr. Stephen Maturin (Paul Bettany) darüber unterhält, dass keine Zeit dafür bliebe, sich auf den Gallapagos-Inseln mit der Erforschung neuer Arten zu beschäftigen, da man sich schließlich auf einem Kriegsschiff befinde, dessen einzige Aufgabe darin bestünde, ein französisches Kaperschiff niederzuringen, ist dies schlichtweg das Gespräch zweier gesamt-menschlicher Motive, die verschiedener kaum sein könnten.
Und genau diese Details sind es, die den ganzen Film so unglaublich lebendig erscheinen lassen. Das Werk nimmt sich Zeit, den Zuschauer ein Gefühl für seine Figuren entwickeln zu lassen. Es hangelt sich nicht von einem Plot-Point zum nächsten, sondern bewahrt Raum für bemerkenswerte Nebengeschichten, ohne dabei jedoch aus dem Ruder zu laufen. Genau das ist der schwierige Mittelweg, den nur extrem wenige Filme erfolgreich zu beschreiten vermögen: weder eine stumpfe, vorhersehbare 0815-Geschichte, die lieblos und reduziert herunter gerattert wird, zu sein, noch ein ausschweifendes, meanderndes Erzählen, das fast immer ins Nirgendwo läuft, Marke Terrence Malick.
Ganz im Gegenteil zu den häufigen Vorwürfen der Langatmigkeit gegenüber dem Werk, behaupte ich ganz im Gegenteil, dass - wenn ich überhaupt ein wenig kritisieren würde - ein paar der Sub-Plots und Charakterzeichnungen sogar noch einen größeren Stellenwert hätten bekommen können. So hätte der durch den Aberglauben der Crew in den Selbstmord getriebene junge Hollum für meinen Geschmack gerne mehr Screentime haben dürfen. Auch vom ersten Offizier Tom Pullings (James D'Arcy) hätte ich gerne mehr zu sehen bekommen. Besonders die Beziehung von ihm zum Kapitän hätte ich gerne weiter ausgeleuchtet gesehen.
Im Grunde gibt diese "Kritik" meine Einstellung zu MASTER & COMMANDER sehr treffend wieder: das einzige, was ich an ihm kritisieren könnte, sind Aspekte, die im Film vielleicht nicht in völlig zufriedenstellender Breite behandelt werden. Dagegen ist alles, was da ist, schlichtweg großartig. Hier passt jeder Schauspieler perfekt in seine Rolle und jede Rolle perfekt in das Setting des teils tristen, teils gefährlichen Kriegsschiffs. Das Endergebnis ist ein wundervoll stimmiges Gesamtbild einer simplen Geschichte mit jeder Menge Lebendigkeit, Authentizität, Blick fürs Detail und einem Einfangen einiger zeitgenössischer Denkweisen und Konflikte. Wenn man damit noch nicht zufrieden ist, dann wird man es wohl mit kaum einem Film sein.
Lacher Nummer 1: dieser Film hat 50 Millionen Dollar gekostet.
Lacher Nummer 2: dieser Film hat 180 Millionen Dollar eingespielt.
HAHAHA, HAHA, Ha, ha, haaa, WÜÜÜRG!
Eigentlich gibt es doch nur eine einzige Grundregel beim Filmemachen: wenn du willst, dass irgendjemand deinen Film zumindest ein bisschen ernst nehmen kann, dann besetze ihn nicht mit Nic Cage in der Hauptrolle (ja ja, LEAVING LAS VEGAS und so). Aber auch ansonsten ist KNOWING einfach nur dämlich. Schlampig und endlos klischeebeladen im Aufbau des Plots, vollkommen befreit von interessanten Figuren, derbst pretentiös im Enthüllen seiner teilweise vorhersehbaren Reveals und auch audiovisuell absolut austauschbar mit mörderisch billig aussehendem CGI und verwaschenem TV-Look. Besonders letzteres wundert mich doch etwas, da es sich hier immerhin um einen Film von Alex Projas handelt, der in den 90ern mit THE CROW und DARK CITY zwei durchaus markante Filme geschaffen hat, welche sich vor allem durch ihren Look und ihre Atmosphäre auszeichnen. Aber da er diesen Ansatz schließlich schon mit I, ROBOT fallen gelassen hat, um sich dem Mainstream-Kino hinzugeben, ist es vielleicht doch nicht so überraschend, dass KNOWING nahezu gar nichts zu bieten hat, was einen bleibenden Eindruck beim Zuschauer hinterlassen könnte.
Im Grunde muss man gar nicht viel zum Film sagen. Die Prämisse ist wie so oft bei Mystery-Thrillern halbwegs interessant und hält einen die erste halbe Stunde einigermaßen bei Laune: ein obskurer Zahlencode aus der Vergangenheit scheint gewisse Ereignisse in der Gegenwart zu beschreiben. Aber leider merkt jeder der in seinem Leben mehr als drei Filme gesehen hat recht schnell, dass sich nicht viel hinter der hyper-mysteriösen Fassade von KNOWING verbirgt. Keine Enthüllung wirkt clever oder gar glaubwürdig und der Film driftet sehr schnell mit Vollgas ins Absurde und schließlich sogar ins Lächerliche. Eine absolute Empfehlung für Fans von Richard Kellys späteren Werken SOUTHLAND TALES und THE BOX. KNOWING fühlt sich exakt so an.
Wenn es wenigstens die guten alten Nic Cage Momente gegeben hätte. Aber Fehlanzeige. Cage wirkt so unmotiviert wie fast immer in den letzten 15 Jahren (WICKER MAN und BAD LIEUTENANT mal ausgenommen, he he) und seine Figur bietet nicht ansatzweise genug Potential für sein begnadetetes Overacting. Am Ende bleibt also nur Langeweile, gepaart mit dem Gefühl, nach dem Genuss eines Filmes mal wieder ein Stück dümmer geworden zu sein. Danke Hollywood!
Al Pacino ist mein absoluter Lieblingsschauspieler, ich stehe auf Crime-Thriller und auch Sidney Lumet sagt mir als Regisseur durchaus zu - aber dennoch kann ich bei DOG DAY AFTERNOON das stets unermessliche Lob nicht so richtig mitgehen. Dafür stören mich einfach zu viele Dinge am Film, auch wenn ich gleichzeitig seine Stärken ebenfalls zu schätzen weiß.
Da ist als erstes - und wichtigstes - natürlich bereits erwähnter Al Pacino zu nennen. Seine Leistung ist hier so großartig wie sie nur sein kann. Aber seien wir mal ehrlich: ist das in irgendeinem seiner alten Klassiker nicht so? In der berühmten "Attica, Attica!"-Szene erreicht diese allerdings einen der absoluten Höhepunkte seiner Karriere, der sich auch heute noch mühelos neben dem Finale von SCARFACE oder den legendären Wutausbrüchen in SERPICO behaupten kann. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass Pacino der Hauptgrund bei diesem Film ist, warum er mir überhaupt als positiv und nicht nur durchschnittlich in Erinnerung bleibt.
Auch gefällt mir größtenteils die realistische, stellenweise vielleicht sogar als trocken zu bezeichnende Machart des Films. Das Szenario wirkt dadurch sehr echt und es entsteht selten eine Distanz zwischen Zuschauer und Geschichte. Auf der anderen Seite wird durch das bewusste völlige Verzichten auf Musik und aufwendige Kameraarbeit auch der Verlust von - in Ermangelung eines besseren Wortes - "Filmkunst" in Kauf genommen. Gerade die audiovisuellen Stilmittel sind es ja so oft, die einen Film in besonderer Weise auf uns wirken lassen. Lässt man den Großteil dieser weg, verschwindet manchmal ein wenig das Gefühl der Movie Making Magic.
Um diese Einbuße völlig zu kompensieren, hätte es für meinen Geschmack mehr einprägsamer Charaktere und/oder Schauspieler bedurft. Ganz ähnlich wie schon zwei Jahre zuvor in SERPICO stiehlt Pacino hier als Haupt-Bankräuber Sonny eigentlich jedem anderen die Show. Er wirkt manchmal fast wie ein Fremdkörper auf mich, da er mit seinem Charisma wie ein leuchtender Stern aus der Menge der Schauspieler heraussticht. Warum z. B. John Cazale für seine Darstellung als Sal oft gelobt wird, erschließt sich mir wirklich überhaupt nicht. Sein Charakter hat so gut wie keine Screentime und spricht gefühlt fünf Sätze im Film. Er wirkt absolut austauschbar und neben Sonny nur wie ein Statist. Beim Schauen habe ich mir so sehr mehr Konflikte zwischen ihm, Sonny und den Geiseln gewünscht. Aber Fehlanzeige. Die Gangster verhalten sich von Anfang an fast durchgehend freundlich, ja sogar zuvorkommend den Geiseln gegenüber und während Sonny die spannenden Verhandlungen mit der Polizei führt, sitzt Sal nur in einer Ecke und ist depressiv. Im Grunde hätte Sonny die Bank auch alleine überfallen können. Hier hätte es so viele Möglichkeiten für spannende Konflikte in der Bank selbst gegeben, die aber nicht im geringsten erkundet werden. Hin und wieder wird mal eine Geisel ohnmächtig und muss versorgt oder freigelassen werden, aber das war es dann auch schon. Keine Spur von gefährlich köchelnder Gruppendynamik oder im Inneren brodelnder Gewalt an diesem heißen, stressigen Tag. In einem Szenario eines sich über Stunden hinziehenden Banküberfalls erwarte ich solcherlei Dinge aber einfach. Ist das nicht sogar einer der Hauptgründe dafür, eine derartige Geschichte überhaupt zu erzählen?
Während mir die erste Hälfte des Films insgesamt noch wirklich sehr gut aufgebaut und abwechslungsreich erscheint, flacht der Spannungsbogen ab der Mitte doch enorm ab. Das Szenario ändert sich so gut wie nicht mehr, die häufigen Telefonate fühlen sich manchmal etwas zäh an und das Ende ist schließlich sehr abrupt und sogar etwas antiklimatisch. Hier kann man zur Verteidigung vielleicht sagen, dass der Film eben realistisch sein und sich an den Tatsachen der wirklich passierten Geschichte abarbeiten möchte, aber ich für meinen Geschmack vermisse einfach etwas mehr Dynamik, die in der ersten Hälfte noch vorhanden war. Irgendwo um Minute 70 herum verliere ich immer etwas die Lust am Weiterschauen, da eigentlich alle Highlights des Films vorher zu finden sind.
Insgesamt ist DOG DAY AFTERNOON für mich nur guter Durchschnitt. Eigentlich ist Pacino der einzige Grund, warum ich den Film alle paar Jahre wieder schaue. Ansonsten bleibt nicht all zu viel hängen. Dafür ist besonders die zweite Hälfte einfach zu trocken und unspektakulär. Und vor allem hätte ich mir Konflikte innerhalb der Bank gewünscht, um auch bei den Nebenfiguren mehr Charaktertiefe zu erzeugen. Empfehlung: ja, Begeisterung: nein.
Noch ein klitzekleines bisschen weniger und es wäre wohl wirklich gar nichts raus gekommen. So kann es man wohl gerade noch Film nennen.
Es fällt mir wirklich schwer, dieser Dokumentation eine solche Bewertung zu geben, da ihr Thema natürlich von immenser politischer und gesellschaftlicher Relevanz ist. Aber ich bewerte schließlich nicht die Wichtigkeit einer Auseinandersetzung mit der aktuellen Kontroverse um den modernen Überwachungsstaat selbst, sondern die Verarbeitung dieses Themas in CITIZEN FOUR - und diese ist meines Erachtens recht schwach.
Was genau teilt uns der Film denn überhaupt mit? Da ist also dieser 29-jährige NSA-Angestellte namens Edward Snowden, der sich aufgrund von moralischen Konflikten dazu entschließt, unterzutauchen und der Welt von deren hoch modernen, teilweise gar nicht für möglich gehaltenen Überwachungsmechanismen zu berichten. So viel wusste ich allerdings auch schon vorher. Aber wie genau funktionieren denn diese Mechanismen? Wie wird die ungeheure Masse an Daten sinnvoll ausgewertet? Was können wir Außenstehenden tun, um die flächendeckende Überwachung politisch zu verhindern oder - wenn das momentan nicht möglich ist - wie können wir uns zumindest vor ihr schützen? All diese Fragen werden in CITIZEN FOUR nur sehr oberflächlich angeschnitten oder überhaupt nicht behandelt. Stattdessen ist diese Dokumentation vielmehr eine Art Tagebuch von Snowdens ersten Interviews und seinen darauf folgenden persönlichen Schritten auf der Suche nach politischem Asyl. Da er selbst allerdings in diesen Interviews oft betont, dass seine eigene Person nicht im Vordergrund stehen, sondern es um das Thema moderner Überwachungsstaat selbst gehen soll, halte ich es für ziemlich unpassend, dass diese Dokumentation einen so ruhigen und persönlichen Stil wählt, der eher für eine Charakterstudie als für eine Analyse eines politischen Themas mit globalen Ausmaßen angemessen erscheint.
Eine gute Dokumentation zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie komplexe Themen für den Zuschauer entschlüsselt und in ihm verständlicher Weise aufbereitet. CITIZEN FOUR tut dies kaum. Die erste Hälfte besteht fast nur aus mehr oder weniger editierter Raw Footage von Snowdens ersten Interviews in einem Hotelzimmer in Hong Kong, die zwar stellenweise durchaus interessant sind, aber im Verhältnis zu ihrer Screen Time in der Dokumentation letztendlich doch relativ wenig Konkretes preisgeben. Das über die gesamte Laufzeit des Films eingestreute Einblenden von weißem Text auf schwarzem Hintergrund gehört für mich außerdem nicht gerade zu den elegantesten Methoden, dem Zuschauer Informationen nachhaltig zu vermitteln. Eine gewisse Form von sinnvoller Audiovisualität sollte auch ihren Weg in eine Dokumentation finden. Ich persönlich bin ein Freund davon, sich auch in einem nicht-fiktionalen Terrain einer gewissen narrativen Dynamik zu bedienen. Wenn ich fast zwei Stunden lang ausschließlich auf in unspektakulärer Weise gefilmte Menschen schaue, die sich in irgendwelchen grau-weißen Räumen unterhalten, dann ist es schlichtweg unsinnig, das Medium Film für die Präsentation dieses Stoffes überhaupt zu wählen. Ein ausführlicher Bericht in einem politischen Magazin mächte dann viel mehr Sinn (von denen es sicher auch eine Menge gegeben hat).
So bleibt mir insgesamt als Fazit leider nur zu sagen, dass CITIZEN FOUR ein äußerst wichtiges Thema recht unbefriedigend vermittelt. Wie die meisten Dokumentationen schafft der Film es zwar, beim Zuschauer ein Problembewusstsein zu erzeugen - was vielleicht sogar die wichtigste Aufgabe einer solchen ist - aber eine tiefergehende Analyse des Steins, den Snowden ins Rollen gebracht hat, bleibt das Werk leider schuldig. Das Ende kam dann auch noch recht abrupt und ließ mich wiederum unbefriedigt zurück. Im Grunde hört die Dokumentation einfach an irgendeinem Punkt auf - ohne einen Vorblick auf die mögliche Zukunft zu liefern oder zumindest ein vorläufiges Resume zu ziehen. Vielleicht bin ich auch mit etwas falschen Erwartungen an dieses Werk gegangen, aber ich kann für meinen Teil nur sagen, dass selbst von den zurecht oft stark kritisierten Dokumentationen von Michael Moore bei mir deutlich mehr hängen geblieben ist als von CITIZEN FOUR.
Dieser Typ entlockt mir echt noch jedes Mal einen Lacher. Allein wie er auf dem Bild in seiner bescheuerten Denkerpose neben dem ans Auto gefesselten Max abgebildet ist - schlichtweg großartig. Oder um es mit seinen Worten zu sagen: ein avant-gardes, neo-experimentalistisches Arrangement in diametraler Ausrichtung zu einem post-struktualistischen Anti-Kontrast.
Diese Filmanalyse ist echt unvergleichlich. Und da sag nochmal einer, deutsche Comedy sei tot. Erstmal die alte Trilogie im Vorbeigehen als völligen Müll bezeichnen und danach schön zur "Interpretation" von FURY ROAD Heraklit zitieren. Jemand muss diesen Typen mal das Wort zum Sonntag lesen lassen, dann krieg ich gar keine Luft mehr vor Lachen. Wieso darf ich nicht vor einer Kamera völlig zusammenhanglosen Stuss vor mich hin brabbeln und werde dafür bezahlt? Na ja, in einer Sache sind wir uns immerhin einig: FURY ROAD rockt die Scheiße! Und diese Botschaft ist anscheinend selbst in die Elfenbeintürme der Weingläser-schwenkenden Intellektualisten vorgedrungen.
Ein Rewatch nach vielen Jahren, der mich etwas enttäuscht zurücklässt.
[enthält massive SPOILER]
Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich DARK CITY kurz nach seinem Erscheinen als junger Teenager zum ersten Mal gesehen und mich sofort in ihn verliebt hatte. Seine einprägsame Optik, gepaart mit der interessanten philosophischen Frage nach dem Wesen des Menschen, hatte mich sofort in seinen Bann gezogen. Damals bezeichnete ich ihn sogar als einen meiner Lieblingsfilme. Aus irgendeinem Grund habe ich ihn allerdings in den folgenden Jahren eher selten gesehen, vermutlich nur ein- oder zweimal, und die letzte Sichtung lag inzwischen schon eine lange Zeit zurück - bis heute.
Seit einer Weile drängte es mich stärker und stärker, Alex Proyas' Geheimtipp aus dem Jahre 1998 eine erneute Sichtung zu gönnen, da ich das Gefühl hatte, ihn schlechter in Erinnerung zu haben als er es verdient und ihn daher zu unrecht so selten gesehen zu haben. Allerdings verlief meine erneute Sichtung eher gegenteilig: der Film hat bei mir anscheinend noch mehr verloren als ich befürchtet hatte.
Meine Probleme gingen im Grunde sofort los, also wirklich mit Sekunde Eins. Das Voice Over von Dr. Schreber (Kiefer Sutherland), das zu Beginn der Geschichte schon einige elementare Aspekte der Auflösung vorwegnimmt, traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. So hatte ich das nun wirklich nicht in Erinnerung. Wenn Proyas in seinem Script ein so tolles Mysterium zu bieten hat, wieso gibt er dem Zuschauer nicht Zeit, selbst eigene Theorien zu spinnen und zusammen mit den Charakteren das Geheimnis zumindest teilweise zu entschlüsseln, bis letztendlich der Vorhang gelüftet wird? Ich hätte den Film auf jeden Fall mit der nächsten Szene, in der der Protagonist Murdoch (Rufus Sewell) ohne Erinnerung in einer Badewanne aufwacht, begonnen - ganz ähnlich, wie es SAW einige Jahre später tun sollte.
Die anschließende Etablierung des Settings gefiel mir da deutlich besser. Der größte Pluspunkt von DARK CITY ist sicherlich sein toll inszenierter Schauplatz des düsteren Großstadt-Molochs. Dunkle Gassen, zwielichtige Gestalten, ungelöste Fragen - so fühlt sich der Film in seinen stärksten Momenten an. Dem gegenüber steht dann allerdings leider wieder das Problem, das schon mit dem Voice-Over zu Anfang des Films begann: der Zuschauer hat fast immer einen Informationsvorsprung gegenüber den Figuren. Das nimmt die Spannung aus einigen potentiellen Schlüsselmomenten der Erkenntnis und ist nicht die angemessene narrative Methode für einen jedweden Film-Noir. Insgesamt sieht man einfach zu schnell zu viel von den mysteriösen bleichen Gestalten, die unnötigerweise im Voice-Over schon umgehend als Außerirdische enttarnt worden sind. Ich denke es hätte dem Film gut getan, wenn man ihn fast ausschließlich aus der Sicht von Murdoch erzählt hätte und die gesamten Dialoge der Aliens untereinander oder mit Dr. Schreber nicht - oder erst kurz vor Ende - gezeigt hätte. So hätte man viel mehr aus dem Mysterium der Stadt und ihren Bewohnern herausholen können.
Ebenfalls enorm verwundert haben mich das Erzähltempo und der hektische Schnitt des Films, denn auch diese Aspekte hatte ich vollkommen anders in Erinnerung. In einem düster-mysteriösen Setting wie der namensgebenden Dark City hätte ich eine ruhige, sehr atmosphärische Narration erwartet, vielleicht vergleichbar mit der eines BLADE RUNNER, aber bestimmt kein wildes Springen von Szene zu Szene und Figur zu Figur. Vielleicht sollte damit ein gewisses Gefühl von Panik erzeugt werden, aber ein solches passt einfach nicht so recht zum etablierten Setting, das für meinen Geschmack eher den Eindruck von ruhiger Tristesse, schleichender Beklemmung bis hin zu dreckiger Angst erzeugen sollte. Aber leider steuert der Film insgesamt sehr schnell, fast überhastet, und in stellenweise etwas wirren Schlangenlinien auf das Ende zu, ohne seinen Figuren und Mysterien ausreichend Luft zum Atmen zu gewähren.
Das Ende selbst gehört leider auch zu den großen Schwachstellen des Films. Der übertriebene Action-Stand-Off zwischen dem Protagonisten mit seinen neu erworbenen Tuning-Kräften und dem Alien-Oberhaupt Mr Book (Ian Richardson) will mir so gar nicht zum sehr atmosphärischen Rest des Films passen. Überhaupt ist mir nie klar geworden, wieso Murdoch als Mensch plötzlich die Tuning-Kräfte der Außerirdischen entwickeln kann. Dr. Schrebers Erklärung einer neuen Evolutionsstufe des Menschen scheint mir da doch etwas unbefriedigend und ziemlich aus dem Nichts.
Was ich dem Film allerdings immer noch zugute halten kann, sind die hervorragend gealterten Effekte. Die Szenen des Tunings, in denen die Außerirdischen ihre Kräfte kollektiv bündeln und dadurch die Straßen und Gebäude der Stadt verändern, sehen auch heute immer noch großartig aus. Wenn ich da an andere Filme aus der Zeit des noch frühen CGI denke, wie z. B. den von mir sehr geschätzten EVENT HORIZON, bei dem das CGI in einem unangenehmen qualitativen Kontrast zu den Modellen und praktischen Effekten steht, so ergibt sich im Gegensatz in DARK CITY stets ein stimmiges optisches Gesamtbild.
Auch wenn ich hier jetzt sicherlich mehr Kritik geübt habe als Lob aussprechen konnte, soll nicht der Eindruck entstehen, das mir der Film nicht mehr gefallen würde. So ist es keineswegs, nur macht es mich natürlich traurig, dass ein Lieblingsfilm aus Kindertagen nicht mehr so auf mich wirkt, wie er es einst vermochte. Daher erscheint mir DARK CITY in qualitativer Hinsicht inzwischen eher so wie Proyas' anderer, vier Jahre früher erschienene Kultfilm THE CROW, den ich schon immer nur ganz nett fand. Dass auch I, ROBOT vom gleichen Regisseur ist, wäre mir nie in den Sinn gekommen, wenn ich es nicht in der IMDb zufällig gelesen hätte, da der Film mir wie ein akzeptabler, aber recht routinierter Hollywood-Blockbuster vorkam - etwas, das man über Proyas' andere Werke wohl nicht gerade sagen kann. Sein 2016 anstehendes Projekt GODS OF EGYPT klingt allerdings wiederum recht interessant und wird mir erneut die Gelegenheit geben, einem interessanten Regisseur und Writer wie Alex Proyas eine neu Chance einzuräumen.
Der filmgewordene Alptraum eines jeden Philosophiestudenten. Was hier alles für im Grunde sehr ergiebige Gedanken in vollkommen zusammenhangloser, teilweise geradezu lächerlicher Form auf den Zuschauer eingeworfen werden ist fast schon auf perverse Weise mesmerisierend, aber letztendlich dann doch einfach nur schlecht.
Ich bin noch nie ein großer Hitchcock-Fan gewesen, aber bis heute konnte ich all seinen stets hochgelobten Klassikern (PSYCHO, VERTIGO, REAR WINDOW, NORTH BY NORTHWEST) zumindest genug abgewinnen, um sagen können, dass sie mir gefallen haben. Generell sind das Mystery- oder das Suspense-Genre bis auf wenige Ausnahmen einfach nicht mein Fall, auch wenn ihre Filme handwerklich so gut umgesetzt sind wie meistens bei Hitchock. Wenn es im Grunde nur darum geht, ein mehr oder weniger interessantes Verbrechen aufzuklären, bin ich begeisterungstechnisch nur mäßig involviert. Für meinen Geschmack muss da einfach mehr kommen als der schlichte CSI-MIAMI-Plot - um es mal sehr böse zu formulieren. Ich interessiere mich in Filmen eher für innovative Charakterdynamiken oder philosophische Themen und nicht wirklich für das bloße Whodunit. Allerdings gab es beim vorliegenden Werk ja nicht einmal das.
Außerdem bin ich normalerweise jemand, der sich eigentlich so gut wie immer einen Film zu Ende anschauen möchte, auch wenn er nicht viel mit ihm anfangen kann, aber bei THE BIRDS muste ich wirklich enorm stark gegen den Drang ankämpfen, den Aus-Knopf zu drücken und mich interessanteren Aktivitäten zuzuwenden. Ich habe schon lange keinen so unfassbar belanglosen Aufbau einer Geschichte mehr gesehen. Mir fiel beim Schauen des Öfteren aus schierer Langeweile die Kinnlade herrunter und in der dabei entstandenen Denkerpose fragte ich mich dann, was zum Teufel an diesem Machwerk bitte dessen Klassikerstatus ausmachen könnte. Es hat einen zähen Aufbau, unterirdisches Schauspiel und vor allem zwei Hälften, die für meinen Geschmack NICHTS miteinander zu tun haben.
Die erste Stunde von THE BIRDS besteht im Grunde nur aus einer vollkommen uninteressanten Liebelei zwischen zwei absolut belanglosen Charakteren. Normalerweise gilt Hitchcock ja zurecht als ein sehr visueller Regisseur, der vor allem durch interessante Kameraarbeit mit markanten Bilder und cleveren Einstellungen besticht, aber davon ist bei THE BIRDS recht wenig zu bemerken. Die gesamte erste Hälfte besteht fast ausschließlich aus unendlich langweiligen Dialogen, die zweckmäßig und unspektakulär eingefangen werden. Für wen soll ich mich hier interessieren? Für die Blondine, ihren süßen Anwalt oder dessen extrem nervige Famile?
Später wird aus der öden Liebesschnulze dann ein trashiger B-Horrorfilm. Ich weiß nicht so recht, was von beidem mir im Allgemeinen lieber ist, vermutlich Letzteres? Wirklich besser wurde der Film jedenfalls nicht. Die Vogeleffekte waren damals vielelicht beeindruckend, sehen für heutige Maßstäbe allerdings ungefähr so toll aus wie die aus BIRDEMIC und sind auch inetwa so gut dazu geeignet, ein Gefühl von Spannung oder Bedrohung aufzubauen. Vielleicht muss man auf alten B-Movie-Semitrash stehen, um mit THE BIRDS etwas anfangen zu können - ich weiß es nicht - aber für mich hat hier mal so gar nichts gezündet. Ich fand nicht einen einzigen Charakter in diesem Film auch nur halbwegs interessant oder einprägsam - NICHT EINEN - und dementsprechend war mir auch vollkommen egal, ob sie die dämliche Vogelattacke überleben oder nicht.
Es hilf dem Ganzen auch nicht wirklich, dass bis auf Rod Taylor so ziemlich jeder Dartsteller eine ziemlich miese Performance hinlegt. Die Kinderdarsteller sind allesamt grausam, aber das kennt man ja leider selten anders aus Filmen, besonders aus so alten. Ganz, ganz furchtbar war allerdings Jessica Tandy, die Mutter des Anwalts, die mir mit ihrem stümperhaften Overacting schließlich auch noch den letzten Nerv raubte.
Eine Frage bleibt dann am Ende noch: Was soll das ganze Spektakel mit dem Vogelangriff überhaupt? Geht es hier um irgendeine Mensch-vs-Natur-Thematik in einer so platten und stumpfsinnigen Weise wie in THE GREY oder zelebriert Hitchcock einfach nur stupide Horror-Action? Und wieder: Ich weiß nicht so recht, was davon mir lieber wäre, ich kann jedenfalls nur konstatieren, dass mich THE BIRDS wie selten ein Film absolut kaltgelassen hat und ich rein gar nichts aus dem Werk ziehen konnte. Schlichtweg ein Film, den ich nie wieder schauen und den ich vermutlich morgen schon vollkommen vergessen haben werde.
THE TERMINATOR ist absolut zurecht einer der Klassiker des Actionkinos. Er machte Arnold Schwarzenegger zum unangefochtenen Superstar und war der Beginn von James Camerons Aufstieg zu einem der wichtigsten Action-Regisseure Hollywoods. Ich mochte den Film schon immer sehr aufgrund seines nahezu perketen dramaturgischen Aufbaus, seiner fast durch die Bank weg guten Besetzung, seiner legendären Musik und natürlich den im Film hervorragend platzierten, sehr abwechlungsreichen und einfach großartig inszenierten Actionszenen. Nichtsdestotrotz gibt es doch so einige Kleinigkeiten, die mich im Werk mehr oder minder stören.
Da wäre erstens das ganze Zeitreiseszenario. Da der Film ähnlich wie z. B. TWELVE MONKEYS nicht nur mit den inhaltlich immer sehr schwammigen Zeitreisen, sondern sogar mit einem konkret im Film entwickelten (und besonders im zweiten Teil noch stärker thematisierten) Zeitparadoxon operiert, macht er es dem Zuschauer nicht so einfach, sich die Story verinnerlichen zu können. Doch das ist hier gar nicht mal mein Hauptproblem, nein, mich stört die Art der Zeitreisen, wie sie im Film beschrieben wird. Diese wirkt nämlich doch ziemlich an den Haaren herbeigezogen und selbst im Kontext eines Science-Fiction Films arg wild. Da bauen die Maschinen also eine Zeitmaschine, die nur organisches Material durchlässt? Hä? Natürlich kann man immer argumentieren, dass es vielleicht nicht anders geht wegen Sci-Fi-blabla, aber diesen Schritt kann ich persönlich hier nicht wirklich mitgehen. Da hätte ich schon gerne eine etwas glaubwürdigere Zeitreisemechanik bekommen. Dazu kommt außerdem noch, dass ich nicht begreifen kann, wieso die Maschienen genau EINEN Terminator in die Vergangenheit schicken und die Menschen ihrerseits ebenfalls nur EINEN Kämpfer, um diesen aufzuhalten. Auch wenn Kyle Reese im Film auf die Frage nach der Funktionsweise der Maschine treffenderweise wütend "I don't know, I didn't build the fucking thing" antwortet, stellt mich das einfach nicht zufrieden. Hier sieht man für meinen Geschmack einfach zu deutlich, wie sich die Story der Gegenwart zuerst im Geist des Writes manifestiert hat und dann irgendwie die Zukunftsvision inkl. Zeitreisemaschine herangeklatscht werden musste.
Des Weiteren gibt es wie leider so oft in Actionthrillern einige wirklich haarsträubende Plotholes. Ein mich enorm störendes findet sich kurz nach der ersten intensiven Verfolgungsjagd. Der Termintor kracht mit seinem Wagen in eine Mauer, dann wird zu Reese und Sarah Connor in ihrem Fahrzeug geschnitten während die Polizei anrollt. Und dann plötzlich ist der Terminator verschwunden. Zwei Fragen: wie und wohin ist er so schnell ungesehen entkommen und außerdem - noch viel wichtiger - wieso hat er die beiden nicht einfach genau jetzt angegriffen? Wir sehen zwar später, dass er wohl einige leichte Blessuren von den Unfall davongetragen hat, aber immerhin konnte er sich noch Batman-like innerhalb von 3 Sekunden vom Acker machen. Und keiner kann mir erzählen, dass diese leichten Schäden an seinem Körper dazu geführt hätten, dass er sich vor der heranrauschenden Polizei oder gar vor zwei leicht bewaffneten Menschen nun plötzlich in Acht nehmen müsste. Mir scheint dies die vermutlich beste Gelegenheit im ganzen Film gewesen zu sein, seine beiden Ziele zu erledigen, aber stattdessen wird er vom Drehbuch aus dem Bild gescheucht, damit es kurz darauf zu dem absolut großartigen Shootout in der Polizeistation kommen kann. Etwas ganz Ähnliches passiert dann später noch einmal, als sich das Auto unserer Helden überschlägt und auf dem Dach liegenbleibt. Statt sofort zum Auto zu gehen - denn rennen kann der Terminator ja anscheinend nicht - schnappt sich dieser lieber einen Tanklastzug und steuert diesen gemächlich auf das Auto zu. Dauert zwar zehnmal so lange, gibt aber eine coolere Actionsequenz ab. Solcherlei Plotholes sind kein all zu großes Problem für mich, da sie hier zu abwechslunsgreicher und dynamischer Action führen, sie werfen mich aber dennoch aus einer Geschichte heraus, die ich gerne etwas ernster nehmen würde.
Und genau das bringt mich zu meinem letzten, vermutlich größten Problem mit dem Werk. Ich bin generell ein großer Fan von Arnold Schwarzenegger und ich verstehe natürlich, welchen Kniff man mit diesem Film vollzogen hat: man besetzt den "robusten" Österreicher in der Rolle des wortkargen Killer-Roboters, um so seine "Stärken" (hehe) auszunutzen, während man seine Unfähigkeit Englisch zu sprechen geschickt kaschiert oder einfach mit der Tatsache erklärt, dass er eine Maschine ist. Ich bin allerdings dennoch der Meinung, dass die Besetzung von Arnold diesen Film ein wenig bescheuerter wirken lässt als er eigentlich sein sollte. Das klingt sicherlich deutlich härter als ich es meine. Was ich nur sagen will ist, dass ich trotz meiner Liebe zu Arnold ihn in THE TERMINATOR zumindest ein wenig als Fremdkörper empfinde. Das meiste am Film wirkt irgendwie zu qualitativ um ein guter, trashiger Nährboden für Arnie zu sein. Meiner Meinung nach ist es einfach unmöglich, einen Film mit Arnold machen, den man wirklich ernst nehmen kann und daher sollte man es auch nicht mal ein bisschen versuchen. Wenn ich da im Gegensatz an Werke wie COMMANDO oder einen meiner persönlichen Arnie-Geheimtipps - RAW DEAL - denke, dann funktioniert Mr Universe in diesen Werken einfach viel besser als hier, da ich den Film selbst niemals völlig ernst nehmen will. Dennoch gehört THE TERMINATOR sicherlich zu den stärksten Arnold-Filmen (meine hohe Wertung kommt natürlich nicht aus dem Nichts) - nur deutlich weniger durch ihn selbst als es ansonsten der Fall ist und mehr durch seine inhärenten Qualitäten als knallharter und großartig erzählter Actionthriller. Obwohl Arnie oft gerade für diese Rolle gelobt wird, gehört sie für mich eher zu seinen schwächeren Besetzungen, in der ich vielleicht sogar lieber jemand anderen gesehen hätte.
Softcore-Porno meets Langnese-Werbung
Normalerweise bin ich jemand, der gerne auch mal ein paar Zeilen mehr zu einem Film da lässt, aber zu SPRING BREAKERS fällt mir leider nicht wirklich viel ein. Ich bin normalerweise auch jemand, der gerne mal etwas länger über einen Film diskutiert, aber auch hierzu habe ich bei diesem Haufen Belanglosigkeit nicht wirklich Lust. Das war auf jeden Fall einer der leersten Filme, die ich in letzter Zeit sehen durfte. Ich habe eigentlich seit Minute fünf nur noch auf die Uhr geschaut, wie viel von diesem Quark ich noch ertragen muss, bis ich endlich erlöst bin. Irgendwo in diesem schier endlosen inhaltlichen Ödland gab es sicherlich ein paar nett eingefangene Bilder, die mich aus meinem geistigen Dämmerzustand manchmal mehrere Sekunden lang geradezu mäßig interessiert aufblicken ließen (z. B. die befremdliche Montage eines Raubzugs, zu der merkwürdig passend/unpassend die gute Britney ein paar blasse Töne säuselt), aber insgesamt konnten mich diese leider nicht über die restlichen 90% des Films hinwegtrösten, in denen vier extremst nervige, absolut unsympathische und vor allem maßlos uninteressante Hühnertussies wilde Drogen-Parties feiern, in Pools rummachen oder einfach dumm rumhüpfen.
Wisst ihr was, ihr Fans dieses unterschätzten und missverstandenen Meisterwerks? Seht darin ein tiefgründiges Portrait einer ziellosen Generation ohne Zukunft. Fühlt die tiefsten Emotionen, wenn sich Mädel 3 (auch bekannt als "die Schwarzhaarige") traurig in den Bus setzt und nach Hause zu Mami fährt, während Mädel 1,2 und 4 (aka "die Rosahaarige" und "die beiden Blonden") weiterhin ihrem möchtegern Gangster-Lotterleben fröhnen. Setzt euch in eure Denker-Sessel, schwenkt eure Weingläser und seniert fleißig. SPRING BREAKERS ist eben etwas wahrlich besonderes, ein bisher unerreichter Höhepunkt des menschlichen Intellekts, ein echter Geistes-Porno.
Die verfallenen Schulen, die rostenden Spielplätze und die irgendwo unter Müll verborgenen Kinderwagen sind die kläglichen Überreste einer Gesellschaft, die einst noch eine - wenn auch schmale - Perspektive hatte: die Hoffnung auf eine Zukunft. Zwar konnte niemand sagen, ob dieser neue Morgen besser geworden wäre als die bittere Gegenwart, aber zumindest war sie noch da, die Zukunft am Ende des Tunnels. Doch die rätselhafte Unfruchtbarkeit, die wie die Strafe eines längst verhassten oder vergessenen Gottes über die Menschheit hereingebrochen ist, zieht die Schlinge langsam aber unaufhaltsam enger um den seit je her vernarbten Hals des menschlichen Lebens. Und es fürchtet sich, das letzte Leben, es gerät in Panik, es schlägt aus, es zerfließt wie in Fluss, der um seiner Mündung zu entgehen über seine Ufer tritt und sich lieber verzweifelt in schlammiger Erde verläuft als friedvoll im unendlichen Meer zu erlischen.
Schon immer sind die Menschen gewandert, doch damals hatten sie ein Ziel. Jetzt laufen sie vor sich selbst davon und jagen das scheinbar gegensätzliche Gegenüber dabei, verkriechen sich gegenseitig im Haus des Anderen, versuchen sich vor dem Ende zu verstecken indem sie die Landesgrenzen hinter sich lassen, flüchten sich in ungezügeltem Hedonismus oder vergehen in purer Verzweiflung. Wer ist Schuld an all dem? Ist es der Schatten eines Gottes, was auch immer das einst gewesen sein mag, der seine verbitterte Dunkelheit auf die Welt herabwirft? Oder ist es die Erde selbst, die sich von ihrem Gewürm befreit, dem Menschen, der immerfort den Tod säht und sich dann über die Ernte wundert. Bäumt sich der Planet auf in einer letzten perversen Katharsis, indem er dem Menschen ein Abschiedsgeschenk überreicht, ein Gift, eine Seuche, in den Tiefen des Erdkerns ausgebrütet, um ihm so seinen würdigen Abgang in selbstverschuldeter, widerwärtiger Unwürde zu ermöglichen? Niemand weiß es, niemand will es mehr wissen.
Doch irgendwo in diesem Elend, irgendwo in all der Kälte, in all dem schier unaufhaltsamen Schwinden von Fleisch und Seele blüht ein Keim der Zukunft, denn ein schwangeres Mädchen erscheint pötzlich wie aus dem nichts in dieser amoralischen Wüste des Leidens, die einst Erde hieß. Hat Gott es sich doch noch einmal überlegt? Kann der Planet dem Menschen noch ein letztes Mal verzeihen? Wie es auch sein mag, das Mädchen vermag jeden zu beleben, den es trifft. Manch einer will sie instrumentalisieren, um seinen wieder entfachten Idealen zu huldigen, doch ein anderer, ein bedeutungsloser, ausgebrannter Niemand gewinnt nach Jahren der Trauer und Fremdheit einen Hauch von Leben zurück, will sie einfach nur beschützen, sie und ihr Kind zum rettenden Hafen bringen. Es beginnt somit die letzte ehrenhafte Wanderschaft in all dem ziellosen, schmerzhaften Meandern und sie führt durch Leere, Tristesse und Sterben bis hin zu einem verheißungsvollen Zwielicht, das vielleicht nur das letzte Aufglühen eines Feuers ist, das sein letztes Stück Holz mit vergehender Kraft verzehrt. Aber vielleicht ist es auch mehr, ein Anfang, das erste Wort eines neuen Buches, an dessen Prolog fortan niemand mehr zu leiden braucht. Auf jeden Fall ist es eines: die für alle Zeit verloren geglaubte aber nun endlich wieder aus den tiefen Irrwegen der Welt geborgene Hoffnung.
CHILDREN OF MEN ist ein gleichsam düsteres wie glaubwürdiges Portrait einer nur zu nahen Zukunft, die vor allem anderen von endloser Trostlosigkeit und kalter Apathie geprägt ist. Alfonso Cuarón versteht es wie nur wenige, unserer Gegenwart den Tod einzuhauchen und sie somit in eine Dystopie zu verwandeln. In ihrer Reintform zeigt eine solche das Heute sowohl in seiner entstelltesten als auch in seiner ehrlichsten Form, im auf die Spitze getriebenen, karrikierten, grotesken, Wahnsinn. Und genau wie in CHILDREN OF MEN ein sanftes Babyschreien die Hoffnung auf eine friedvolle Zukunft in den Menschen wieder entfacht und dabei alles Gewehrfeuer, alle Granaten, alle Gewalt zumindest für einen winzigen aber endlos erscheinenden Augenblick verstummen lässt, so belebt Alfonso Cuarón mit seinem Werk auch meine kleine Hoffnung, dass es in der modernen Kinolandschaft doch noch zumindest hin und wieder einen wahrhaft großartigen Film geben kann.
Puh, das war wirklich ein trockenes, unspektakuläres und anstrengendes Filmerlebnis. Bei all meiner Zuneigung für Werke, die sich ihre Zeit nehmen: hier war es was interessante Ereignisse angeht leider einfach ein wenig zu viel des Wenigen. ALL THE PRESIDENTS MEN versucht wirklich nicht sehr energisch, dem wenig politbegeisterten Zuschauer wie mir seine Materie schmackhaft zu machen. Vielmehr will er auf dem Boden bleiben und alle Ereignisse realitsnah und möglichst unverfremdet darstellen. Gelingt das? Bei den ganzen Lobeshymnen in Bezug auf dieses Werk: vermutlich. Will ich persönlich einen solchen Umgang mit einem Thema in einem Spielfilm sehen: nicht wirklich.
Damit ich nicht ganz so negativ klinge, fange ich mal mit dem Positiven an. Da sind vor allem die beiden Hauptdarsteller zu nennen. Redford hat hier noch richtig Ausstrahlung (so kenne ich ihn gar nicht) und Hoffman, ach, ich liebe diesen Typen einfach. Kürzlich durfte ich zum ersten Mal MIDNIGHT-COWBOY genießen und dort spielt er einfach so übermäßig klasse, dass der ganze Rest des Films gleich noch ein ganzes Stück besser wird. Es gibt beim vorliegenden Werk zwar nicht ansatzweise so viele Momente, in denen er angemessen zeigen kann, was in ihm steckt, aber ich freue mich trotzdem immer, wenn er auf dem Screen zu sehen ist. Über Jason Robards aka Cheyenne aus ONCE UPON A TIME IN THE WEST freue ich mich ebenfalls jedes Mal wieder, egal wen oder was er spielt. Außerdem gefällt mir das ruhige Tempo und die wenig reißerische Machart des Films (allerdings nur bis zu einem gewissen Grade) und das eine Long-Take, das mehrere Minuten lang ist, in dem Redford einige Telefonate mit wechselnden Gesprächspartnern führt, gehört sicher zu den Highlights des Werks. Aber das war's im Grunde auch schon mit meinem spärlichen Lob.
Letztendlich fühlt sich dieser Film wirklich enorm minimalistisch an und es war beim Schauen teilweise echt schwierig, gedanklich noch bei der Sache zu bleiben. Ich mag zwar prinzipiell ruhige Filme - gerade im Kontrast zu unserer heutigen Kinolandschaft, wo solche rar gestreut sind - aber es darf dabei dennoch nicht zäh werden und spätestens in der zweiten Hälfte war das hier definitiv der Fall für mich. Meine größte Verblüffung entstand aber in Bezug auf das Ende des Werks: was war denn bitte hier los? Wir erleben einen Dialog in dem der Satz "Our Lives are in Danger" fällt und ca. eine Minute später ist der Film vorbei. Huch, einfach so? Der President muss zurücktreten und damit sind die für den Film relevanten Ereignisse anscheinend abschließend erzählt. Das fühlt sich leider nicht im mindesten wie ein zufriedenstellendes Ende einer Geschichte an. Was passiert denn jetzt weiter? Wie reagiert das Volk der USA auf diesen Skandal? Und vor allem: was wird aus unseren Protagonisten? Ist ihr Leben immer noch oder sogar jetzt erst recht in Gefahr? Sind sie ab sofort die Helden des Journalismus oder bleiben sie weiterhin "normale" Reporter? All diese Fragen werden im Film nicht weiter behandelt, obwohl sie mich eigentlich viel mehr interessiert hätten, als wie viel Geld da jetzt genau von einem Jemand zu einem anderen geflossen ist. Ist es wirklich so spannend zu erfahren, wie diese Verschwörung im Detail verlaufen ist? Reicht nicht ein gröberer Überblick über das Geschehene, um sich dann auf die Bedeutung desselben zu konzentrieren?
Und damit sind wir abschließend bei meinem grundlegenden Problem fast aller auf realen Ereignissen beruhenden Polit-Filme angelangt (manche nennen sie unverständlicherweise Polit-"Thriller", was bei mir oft ein leicht verwundertes Hüsteln hervorruft, denn als "thrilling" empfand ich in diesem Genre noch nie etwas): ich verstehe nicht, worin der Mehrwert eines solchen Polit-Films gegenüber einer Dokumentation besteht. Wenn ich alles wirklich so trocken und realitätsnah erzählen will, warum wähle ich dann als Medium den Spielfilm? Klar kann man auf diese Weise charismatische Darsteller für die Geschichte benutzen, aber das kann doch nicht der alleinige Grund sein. Eine Dokumentation bietet den perfekten Rahmen für reine, unverzerrte Sachlichkeit, ein Spielfilm hingegen lebt von Fiktionalität, Charakter-Entwicklung, Story-Dynamik und Audiovisualität. Warum legt man also ein Werk wie ALL THE PRESIDENTS MEN als Spielfilm an, obwohl es auf die Stärken einer Dokumentation setzt und nahezu jeden wichtigen Spielfilm-Aspekt vernachlässigt?
Alles in allem kann ich für mich persönlich sogar festhalten, das selbst fiktionale Kriminal-, Gerichts- und Politfilme so gut wie nie etwas für mich sind. Die reine Aufklärung eines Falles, einer Verschwörung oder eines Mysteriums an sich gibt mir einfach zu wenig, wenn sie nicht mit interessanten Charaktermomenten, -entwicklungen oder Gesellschaftsthemen verknüpft ist (deswegen schaue ich bspw. auch nie den TATORT, sondern lieber hin und wieder einen COLUMBO, denn hier geht es nicht um die Aufklärung eines Falles - die gibt es ja schließlich immer zu Beginn - sondern hauptsächlich um die Dynamik von Columbo und seinen Mitmenschen). Immerhin kann ich mich heute damit trösten, dass ich diesen Film zu meinem Filmhorizont hinzufügen konnte, obwohl er in Sachen Viewing Pleasure nicht gerade ein Genuss war. Irgendwann einmal wird bei mir auch noch JFK anstehen, aber so richtig Lust auf den nächsten Polit-Klassiker habe ich jetzt eigentlich nicht mehr.
[enthält massivst mutierte SPOILER]
Die ersten beiden Filme dieser inzwischen ja schon fast klassischen Comicfilm-Reihe X-Men (2000) und X-Men 2 (2003) haben mich in meiner Jugend unglaublich stark beeindruckt und geprägt. Ähnlich wie ein Jahrzehnt zuvor Tim Burtons Inszenierungen des Feldermausmanns mich schon als kleines Kind in ihren Bann gezogen hatten, hat Bryan Singer um die Jahrtausendwende eine ähnlich faszinierende Welt voller besonderer Helden mit unglaublichen Fähigkeiten geschaffen. (Da ich wohl nicht der einzige war, der das so empfand, lösten seine Filme eine Welle von Comicverfilumgen aus, die uns inzwischen zwar fast immer nur noch mit belanglosem Schrott überspült, aber immerhin auch gewisse tolle Werke wie die ersten beiden Sam Raimi-Spidermans beschert hat oder auch - über Umwege - für so interessante Filme wie Christopher Nolans Batman-Reihe und WATCHMEN mit verantwortlich ist.)
So ist es also nicht verwunderlich, dass ich mich 2006 wie niemals zuvor auf einen neuen Kinofilm freute: X-MEN: THE LAST STAND. Doch was erwartete mich im Kino? Eine bitterböse Enttäuschung. Ich war verwirrt und vor allem wütend aufgrund dessen, was mir hier vorgesetzt wurde. Erst später erfuhr ich, dass Bryan Singer gar nichts mit diesem Film zu tun hatte, da jener sich lieber mit der Erschaffung eines neuen Superman-Films beschäftigen wollte (der im übrigen noch weitaus problematischer, um nicht zu sagen: MIESER ist als das vorliegende Werk). Auch eine Zweitsichtung von THE LAST STAND half mir damals nicht, den Film in irgendeiner Weise aufnehmen zu können. Ich hing wohl einfach emotional viel zu sehr an der Materie, um dem vorliegenden Werk wenigstens ein wenig abgewinnen zu können. Nun habe ich mir zur Vorbereitung auf X-MEN: DAYS OF FUTURE PAST nach vielen Jahren doch noch einmal dieses Werk zu Gemüte geführt und muss zu meiner Verwunderung feststellen, dass der Film trotz all seiner Probleme, die ich immer noch genau so sehe wie seit je her, doch einige gute Ansätze beinhaltet, die sich zwar fast ausnahmslos ziemlich im Sand verlaufen, aber immerhin irgendwo da sind - nicht wie bei gewissen später erschienenen Werken des Franchises. Yes, I'm looking at you, Wolverine-Movies!
Es gibt einiges zu diesem Film zu sagen. So viele merkwürdige Entscheidungen, so viele vollkommen unerhörte Umgangsweisen mit geliebten Charakteren. Aber dennoch möchte ich wie bereits erwähnt auch einige Aspekte loben, was mir vor meiner erneuten Sichtung am gestrigen Abend nicht im Traum eingefallen wäre. Vielleicht macht es am meisten Sinn, wenn ich versuche, mehr oder weniger chronologisch vorzugehen und so anhand des Plots alle meine Kritikpunkte aufzeige und mich gegebenenfalls auch positiv äußere.
Der Film beginnt sogleich mit einer Rückblende. Wir sehen den jungen Professor X zusammen mit Magneto ein junges Mädchen besuchen, um sie auf die Schule des Professors einzuladen: die kleine Jean. Sogleich erfahren wir, dass Jean weitaus mächtiger ist als wir zuvor wussten. In ihr schlummert die sogenannte Phoenix, eine kraftvolle andere Seite von Jean, die sie nur schwer kontrollieren kann. Und hier begannen damals auch schon gleich meine Probleme mit dem Film. Es nervte mich, dass die beiden mächtigsten Mutanten aller Zeiten sofort in gewisser Weise entwertet wurden, indem uns gezeigt wird, dass es noch mächtigere gibt. Für mich schien das die typische Fortsetzungsproblematik zu sein: wie soll man noch beeindrucken wenn man nicht alles höher, schneller bzw. mächtiger macht. Ich sah schon zukünftige Filme vor meinem geistigen Auge entstehen, die sich immer wieder mit noch stärkeren Mutanten gegenseitig toppen wollen werden. Inzwischen erscheint mir das allerdings als nicht mehr so gewichtig. Die Idee hinter Jean/Phoenix und die Art und Weise, wie Professor X sie zähmt, klingt als Idee doch recht interessant, da es ein toller moralischer Konflikt ist. Soll er sie versuchen lassen, die wilde Kraft in ihr zu kontrollieren oder ist er gezwungen, auf Kosten ihrer freien Entfaltung als Mensch bzw. Mutant ihre Kraft durch seine Gedankenkontrolle zu bändigen? Dieses Dilemma wird kurz in einem Dialog zwischen ihm und Wolverine angesprochen, aber niemals wieder im Film thematisiert. Und genau das werde ich in diesem Review wohl noch einige Male sagen müssen: ein Ansatz ist da, aber wo ist die Ausformulierung? Auch zu Jean/Phoenix und ihrer Funktion im Plot werde ich später noch zurückkommen müssen, aber fürs erste heißt es: weiter im Text.
Nach der erwähnten Rückblende kommt gleich die nächste. Wir lernen einen neuen Charakter als Kind kennen: Angel. Der kleine Junge versucht vergeblich, seine durch Mutation entstandenen Engelsflügel vor seinem Vater zu verbergen, der (natürlich) ein hohes Tier in der Anti-Mutantenpolitik ist. Das befremdliche an Angel ist, dass er nur einige Male kurz auftaucht und sich mir bis heute nicht so richtig erschlossen hat, was der Grund war, ihn mit in diesen Film aufzunehmen. Sein Charakter soll vermutlich eine weitere Seite der gesellschaftlichen Problematik in Bezug auf die Mutantenkontroverse aufzeigen, aber im Grunde wirkt er eher unnötig und seine kleine Story ziemlich halbgar. Da so viele wichtigere Mutanten schon recht wenig Screentime bekommen oder einfach weggelassen werden (einer meiner Favoriten: Nightcrawler), erscheint es äußerst befremdlich, noch einen Charakter mehr schlecht als recht mit in den Story-Topf zu werfen.
Nun sind wir endlich bei den altbekannten X-Men angekommen. Wir erleben eine kleine Actionsequenz mit ihnen, die sich im Nachhinein als Holodeck-Trainigsprogramm herausstellt. So so, sind wir jetzt also auf der Enterprise? Diese Art der Exposition hat mir noch nie gefallen. Warum erleben wir keinen wirklichen Einsatz unserer allseits geliebten Mutantentruppe mit, die vielleicht "sogar" noch relevant für den Rest des Films ist? Zwar wird in diesem Opening allen Mutanten kurz die Möglichkeit gegeben, ihre Kräfte zu zeigen, aber das hätte man noch viel besser in einer für den Film bedeutsamen Actionszene tun können. Und wenn nicht, dann hätte es wenigstens so sein sollen, wie es in den Indiana Jones Filmen getan wird. Hier kann Indi auch immer zu Beginn des jeweiligen Films kurz zeigen, was für eine coole Sau er ist, damit danach der Hauptplot beginnen kann. Der Unterschied ist aber, dass diese Szenen immer ikonisch waren. Dafür sind diese paar Minuten Holodeck hier aber bei weitem nicht intelligent oder einprägsam genug. Trotzdem ist dieser Punkt für sich genommen keine all zu große Kritik am Film. Es ist eher ein Teil eines Problem-Mosaiks, das sich am Ende dieses Reviews hoffentlich ein wenig erschlossen hat. Die Inszenierung der Action ist hier jedenfalls trotz fehlender Bedeutung für die Geschichte, wie auch an fast jeder anderen Stelle des Films, durchaus gelungen. Ich würde sogar in höchst lobenden Tönen konstatieren: sie ist leicht überdurchschnittlich. Zwar kommt hier in dieser Hinsicht nichts an die beiden Vorgänger heran, aber dennoch hat die Action ihre Schauwerte und weiß zu unterhalten, was leider bei zu vielen Comicverfilumgen nicht selbstverständlich ist.
Noch relativ zu Beginn des Films wird ebenfalls ein Fass aufgemacht, dass mit Teenie-Liebes-Sülze gefüllt ist. Rogue fühlt sich wie üblich einsam, da sie ihren geliebten Iceman nicht berühren kann und dieser auch noch beginnt, mit Shadowgirl rumzuflirten (Ich glaube das war gerade der am dümmlichsten klingende Satz, den ich jemals auf dieser Plattform geschrieben habe). Daher macht sich Rogue also auf, um ihre Mutation heilen zu lassen. Ja richtig: sie heilen zu lassen. Diese Idee eines Heilmittels für Mutationen ist nämlich das Haupt-Plot-Device in THE LAST STAND. Es wurde ein Mutant entdeckt, der Mutationen durch seine reine physische Präsenz ausschalten kann (müsste er dann nicht eigentlich auch seine eigene Mutation negieren, was dann wiederum die Fähigkeit seines Negierens negieren würde? Argh, my brain hurts...). Nachdem er in einer Forschungseinrichtung auf Alcatraz untersucht worden ist, wird schließlich seine Fähigkeit in ein Serum übertragen, das bei Injektion zu einer sofortigen "Heilung" führt. Früher habe ich schon die bloße Idee eines Heilmittel für Mutationen absolut verabscheut. Heute sehe ich das nicht mehr ganz so hart, obwohl meine tendenzielle Abneigung gegenüber einer solchen Art Plot-Device immer noch vorhanden ist. Um das näher zu erläutern, muss ich allerdings etwas weiter ausholen.
Die Idee eines Plot-Device findet sich so gut wie immer in Blockbustern. Eines der markantesten Beispiele hierfür ist wohl der Todesstern. Neben seiner Ikonizität mag er außerdem ein wenig bescheuert erscheinen - je nachdem, aus welcher Perspektive man ihn betrachtet (ja ich weiß, er ist eine Kugel und daher sollte die Perspektive egal sein) - er erfüllt allerdings seine Aufgabe in Plot-Hinsicht auf hervorragende Weise. Nun gibt es für mich aber einen gravierenden Unterschied zwischen dem Todesstern und dem Mutantengegenmittel: nämlich dass ersterer den Charakteren in erster Linie verhilft, das zu zeigen was in ihnen steckt, ihnen in der Story ein Ziel gibt, an deren Ende sie über sich hinauswachsen können, wohingegen letzteres ihre Attribute und Fähigkeiten eher negiert und und vor allem entwertet. Natürlich kann man zur Verteidigung des Gegenmittels anführen, dass es ein Grund für Ausschreitungen zwischen Menschen und Mutanten ist, aber für mich ist das eine eher schwache Legitimation für unkreatives Writing, denn man hätte sich stattdessen auch zig andere Devices überlegen können, die nicht das Problem der Entmystifizierung und Entwertung in sich tragen, zu denen ich jetzt komme.
Das Kryptonit im Superman-Universum ist ein weiterer, vielleicht näherliegender Vergleich mit dem Gegenmittel. Man designt einen Helden als unbesiegbar, nur um ihn dann auf schlampige Weise wieder besiegbar zu machen, weil einem kein Konflikt für einen unbesiegbaren Charakter einfällt. Solch ein Writing ist geradezu traurig. Ein vernünftiger Plot-Device bzw. sein Ersetzen durch einen guten Konflikt - denn mehr braucht es meistens gar nicht (auch nicht bei Blockbustern) - für Superman sind nicht grüne Stäbchen, sondern z. B. die Tatsache, dass er nicht überall zugleich sein kann, er manche Menschen töten muss, um andere zu retten oder dass die Menschen ihn nicht akzeptieren etc. Ich kann diese Art der Geschichten selten leiden, wo quasi immer gleich das ganze Universum auf dem Spiel steht, also im vorliegenden Fall gleich die Möglichkeit besteht, alle Mutanten von jetzt auf gleich zu "heilen". Wieso kann es keine Story geben, wo Menschen Menschen bleiben und Mutanten Mutanten und jetzt der daraus entstehende Konflikt behandelt wird? Der Gegensatz zwischen den beiden Fraktionen macht die Geschichte doch gerade so interessant. Permanent die Fronten wieder auflösen zu wollen, geht gerade diesem Konflikt aus dem Weg - wenn man mal von dem daraus resultierenden Geprügel absieht, aber davon rede ich hier wie gesagt nicht, sondern vom Inhalt der Geschichte. Klar ist das im ersten X-Men Film mit seiner "Mache-alle-Menschen-zu-Mutanten-Maschine" auch nicht viel besser gelöst, nur ist es bei THE LAST STAND nur ein Problem in einer Fülle von weiteren und nicht wie bei X-MEN das einzige, was mich wirklich am Film stört. Außerdem gibt es hier noch als Bonus oben drauf, dass die Eigenschaften der Charaktere entmystifiziert und entwertet werden, was für mich ein entscheidender Makel dieses Plot-Devices ist. Ich finde es noch schlimmer als alle Menschen zu Mutanten zu machen, wenn den Mutanten ihre Kräfte wieder genommen werden können. Jetzt haben wir im filmischem Universum ein permanentes Hin- und Her mit der Eigentümlichkeit der Mutanten, einfach furchtbar. Das ist von seiner Klasse her in etwa so wie in EPISODE 1, als etabliert wird, dass blaue, dreckige, krüppelig flatternde Insekten-Aliens immun gegen den Einfluss der Macht sind. Was für eine Beleidigung für die Kräfte der Jedi ist das bitte? Ich bin der Meinung, dass die Macht in Plot-Hinsicht quasi heilig sein sollten, sie also niemals negiert werden darf. Wenn dem nicht so ist, wird sie entmystifiziert (genau wie durch die Mediklorianer) und zu einer bloßen Eigenschaft unter vielen. Und hier spritzen wir Mystique eine Injektion und sie ist einfach Geschichte? Das gehört sich einfach nicht, weil es ihren Charakter in seiner besonderen Idiosynkrasie total banalisiert. Wenn die gesellschaftlichen Konsequenzen, die aus der Existenz des Heilmittels folgen, wenigstens tiefgründig ausgeleuchtet worden wären, aber Fehlanzeige. Rogue macht sich auf, um geheilt zu werden. Danach sehen wir sie bis kurz vor Ende des Films noch genau ein mal. Schließlich sagt sie einfach nur, sie fühle sich nach der Heilung jetzt besser. Deep, really deep. Wenn man sich schon auf diese Entmystifizierung einlässt, dann muss man wenigstens in Return etwas dafür zu bieten haben. Und wieder bin ich bei den Star Wars Prequels, in denen die Idee der Mediklorianer ebenfalls überhaupt nicht weiter verwendet wird und man sich schließlich nur noch fragt, warum George seinen Fans hier den Mittelfinger zeigt.
Nach dem irren Konvolut aus Ideen, dass sich hier Story nennt, muss ich jetzt notwendigerweise zu einem der größten Kritikpunkte von THE LAST STAND kommen: dem Umgang mit seinen Charakteren. Ikonische Charaktere - egal ob gut oder böse - verdienen doch wohl ein wenig Respekt in ihrem Tod, erst Recht, wenn sie für mehrere Filme zu den Hauptcharakteren gehört haben. Man stelle sich vor, Darth Vader würde am Ende von RETURN OF THE JEDI einfach stolpern und in den bodenlosen Abgrund stürzen. So eine Art von entwürdigendem Abgang bekommt Mystique, indem sie von irgendeinem Wachman im Vorbeigehen "geheilt" wird und Magneto sie daraufhin sofort völlig fallen lässt. Was für eine bescheuerte Reaktion seinerseits ist denn das? Sie haben Jahrzehnte lang Seite an Seite gekämpft, sie war sozusagen seine rechte Hand, und sobald Mystique die Injektion bekommt, ist sie quasi tot für ihn? Ohne dass er zumindest versucht, sie wieder zu einer Mutantin zu machen? Man erinnere sich, dass er im ersten Teil der Reihe eine Maschine gebaut hat, die genau das konnte. Aber nein, er geht einfach weg - und das ohne auch nur die mindeste Spur von Bestürzung zu zeigen. Das tolle an Magnetos Charakter ist doch eigentlich gerade, dass er eben nicht bloß böse und hassenswert ist, sondern eben eine andere, stellenweise auch deutlich radikalere Vorstellung davon hat, wie man das "Mutantenproblem" lösen müsse. Professor X und Magneto haben sich trotz ihrer Differenzen aufgrund dessen respektiert, was die Dynamik zwischen beiden Seiten immer zu etwas Außergewöhnlichem gemacht hat. Ich liebe die Szenen in den früheren Filmen, wo sich Charles und Eric bei einer kleinen Partie Schach über die Welt unterhalten. Man merkt, dass sie sich schätzen, auch wenn sie völlig andere Vorstellungen von Richtig und Falsch haben. Nun wird aber besonders in der finalen Actionsequenz Magnetos Charakter in dieser Hinsicht völlig ruiniert. Dadurch dass er mit den Worten "In Chess, the pawns go first." seine untergebenen Mutanten geradezu verfeuert, zeigt er entgegen seinem Charakter, dass ihm Mutanten anscheinend schlichtweg scheißegal sind und es ihm einzig um das Erfüllen seines Plans geht. Das widerspricht der Idee des zumindest in gewisser Weise zu respektierenden Villains, als der er zuvor immer dargestellt wurde, diametral. Im ersten Film merkt man, dass er nicht stolz darauf ist, Rogue an seiner Stelle opfern zu wollen, um seine Maschine zu betreiben, und das macht den Charakter interessant und komplexer als dass er einfach nur der Bad Guy ist.
Und dann ist da natürlich noch Cyclops. Nach gefühlten zwei Minuten im Film wird er schlichtweg abgesägt, damit er bei Singers SUPERMAN RETURNS mal wieder den mit dem Protagonisten um eine Lady konkurrierenden Liebhaber spielen kann. Er war immerhin einer der Hauptcharaktere der letzten beiden Filme und jetzt wird er mal eben als Randnotiz beseitigt. Nein, das geht einfach nicht, das ist nichts anderes als eine Unverschämtheit. Statt Jean wiederzuerwecken und Cyclops zu töten, hätte mich eher gewünscht, dass Cyclops und Wolverine etwas mehr zueinander finden. Durch den Tod der Frau, die ihnen beiden so wichtig war, hätten sie etwas gehabt, das sie in gewisser Weise verbindet. Auch dies wird - wie so oft - zu Beginn des Films ein wenig angedeutet, aber dann stirbt Cyclops in der nächsten Szene und Jean ist wieder da, toll. Des Weiteren wird auch noch Professor X inmitten des Films getötet, der womöglich wichtigste Charakter der Reihe. Das Problem ist hierbei, genau wie bei Mystique und Cyclops, dass sich der Film keine Zeit nimmt, die Konsequenzen dieser Tode beim Zuschauer ein wenig sacken zu lassen. Die Story hat stets ein sehr zügiges Tempo mit vielen Szenenwechseln. Das macht das Werk zwar kurzweiliger in seinem Genuss, sorgt aber auch dafür, dass der Tod eines wichtigen Charakters niemals richtig in seinen Auswirkungen gespürt werden kann. Es geht stattdessen immer schnell weiter zum nächsten Plotpoint. Daher erscheint mir das beknackte Bild von Professor X' Grabstein, neben dem die kleineren Grabsteine von Cyclops und Jean wie Haustierchen-Versionen angeordnet sind, als ein schönes Denkmal für die Unfähigkeit der Story, mit ihren eigenen Konsequenzen angemessen umgehen zu können.
Nun sind wir schließlich bei der großen Endkonfrontation auf Alcatraz angekommen, die audiovisuell durchaus schön inszeniert ist, das muss man fairerweise einfach festhalten. Alle Mutanten lassen hier ihre ganze Bandbreite an Kräften spielen. Wolverine, Beast und Colossus teilen ordentlich aus, die heiße Shadowgirl darf durch viele Wände laufen und der knuffige Juggernaut diese hinter ihr einstampfen ("Don't you know who I am? I'm the Juggernaurt, bitch!"). Wie auch schon früher im Film ist außerdem der Ausbruch von Phoenix' gewalttätiger Kraft und der daraus resultierende Bodycount durchaus angsteinflößend eingefangen. Allerdings zeigt sich genau hier auch das große, vielleicht sogar größte Problem des Films: die Rolle von Jean/Phoenix. Ich verstehe einfach nicht, was sie eigentlich will bzw. tut. Zunächst steht sie einfach nur herum. Wenn sie der mächtigste Mutant aller Zeiten ist, "the only class five mutant ever seen" (was auch immer das bedeutet, denn der Film erklärt dieses ominöse Rating-System niemals), warum in aller Welt kämpft dann überhaupt noch das normale Mutantenvolk gegen die Papp-Menschen? Wieso sagt Magneto ihr nicht: "Hey Phoenix, geh doch mal eben alle niedermähen und dann machen wir uns heute nen schönen Abend zusammen." Und daraufhin schnippt sie mit den Fingern und alle Menschen sind tot. Friede, Freude, Mutantenkuchen. Man kann es leider nicht anders sagen, aber ein Großteil des Plots von THE LAST STAND ergibt einfach keinen Sinn. Vielleicht mag der ein oder andere dagegenhalten, dass Phoenix schon zu sehr jenseits dieser Welt sei, um noch Befehle von Magneto anzunehmen, aber warum rekrutiert er sie dann überhaupt erst? Das merkwürdige "What have I done?" aus seinem Munde soll wohl in diese Richtung gehen, aber mannoman, was hat er denn bitte erwartet vom mächtigsten, unkontrolliertesten Mutanten aller Zeiten? Wie man es dreht und wendet, hier gibt es einfach keine nachvollziehbaren Motivationen.
Was mich abschließend noch ziemlich aufregt, ist, dass es zwei After-Credit-Scenes gibt, die einfach nur völlig bescheuert sind. Die erste deutet an, dass Magneto anscheinend doch nicht seine gesamten Kräfte verloren hat. Er sitzt irgendwo in einem Park und spielt Schach und man sieht, wie durch seine Kraft eine der Metallfiguren wackelt. Neben dieser Eigentümlichkeit könnte man sich jetzt außerdem fragen, WARUM ER VERDAMMT NOCHMAL NICHT IN EINEM GEFÄNGIS SITZT!? Die zweite versteckte Szene zeigt, dass Professor X wohl irgendwie in einem anderen Körper reinkarniert ist. Whatever, keine Ahnung was das jetzt heißen soll oder wie in aller Welt das passiert sein mag. Da haben wir also zwei immens wichtige Plotwendungen mal eben in den letzten zwei Minuten wieder vollkommen aufgehoben. Magneto hat seine Kräfte wieder und Professor X lebt noch. Ähm, was ist gerade nochmal im Film Wichtiges passiert? Lebt Cyclops vielleicht auch noch? Ich erinnere mich an das Ende von KISS KISS BANG BANG, wo eine solche Vorgehensweise bei Filmen nett aufs Korn genommen wird. Diejenigen, die den Film kennen, wissen wovon ich rede. Jedenfalls erinnert mich das hier in unangenehmer Weise ein wenig an STAR TREK: INTO DARKNESS, in dem Kirk am Ende nach seinem vermeintlichen Tod sofort wieder durch ein Zauberheilmittel aufsteht. Sowas macht man einfach nicht in dieser Weise. Man negiert nicht die Auswirkungen seines eigenen Films, wenn man eine bedeutsame Geschichte erzählen will. "Star Wars Episode 7: Hat der Imperator möglicherweise überlebt?" - wir sehen nächstes Jahr, ob es dazu kommt. Wenn man schon Konsequenzen mit weitreichenden Folgen in einen Film packt, dann möge man diese doch bitte nicht sofort wieder relativieren - und dann noch auf so eine schlampige, geradezu dümmliche Weise wie hier.
Alles in allem ist X-MEN: THE LAST STAND allerdings trotz all dieser Kritik zumindest halbwegs erträglich, auch wenn das Fan-Herz nur all zu oft auf eine harte Probe gestellt wird. Die Action ist durchweg brauchbar und der gesamte Film ist solide inszeniert und gefilmt. Das kann zumindest den wohlwollenden Zuschauer über den unausgereiften und stellenweise ziemlich hanebüchenden Plot bis zu einem gewissen Grad hinwegsehen lassen. Der Film ist allemal relevanter als die wahrhaft beknackten und einfach vollkommen unnötigen Wolverine-Filme, die einfach nur als billiger Cashgrab im Kielwasser des beliebtesten Charakters des Franchises hingerotzt wurden. X-MEN: FIRST CLASS ist dann ein immerhin mutiger Schritt in eine neue Richtung gewesen, der zwar alles andere als makellos war, aber mir dennoch genug Lust auf den morgen anstehenden DAYS OF FUTURE PAST gemacht hat. Ich bin gespannt, was auf mich zu kommt und in welche Richtung sich die X-Men-Reihe jetzt bewegen wird.
Ich bin normalerweise nicht gerade für meine kürzeren Reviews bekannt, aber ESCAPE FROM L. A. ist ein Film, zu dem mir - wie man so schön sagt - einfach nichts mehr einfällt. Ich bin ein großer Fan von John Carpenters Klassiker ESCAPE FROM NEW YORK und gerade deswegen fällt es mir besonders schwer, das hier zu besprechende Werk in seiner vorliegenden Existenzform zu begreifen. Mein werter Movie-Co-Pilot Deekin geht davon aus, dass dieser Film wohl so eine Art merkwürdiger Versuch einer Parodie sein müsse, dann anders lasse sich die extreme (vor allem atmosphärische) Diskrepanz zu seinem Original wohl kaum erklären. Auch ich vermute, dass Carpenter wohl etwas in dieser Richtung im Kopf gehabt haben muss, denn warum sonst sollte er den ikonischen Charakter Snake Plissken (legendär und charismatisch gespielt von Kurt Russel) hier stellenweise so sehr ins Lächerliche ziehen. Nicht nur, dass dessen Auftraggeber ihm anscheinend geistig voraus sind, seine coole und kompromisslose Art ihn also vorhersehbar gemacht hat, nein, es kommt noch schlimmer, denn der arme muss nun auf mies animierten CGI-Wellen um sein Leben surfen oder mit vorgehaltener Waffe Basketball spielen. An einer Stelle wird er sogar als eine Art Mini-Folter an ein Laufband gefesselt und macht sich hinten links im Bild zum Affen, während vorne im Fokus der Oberterrorist in Videoform seine Forderungen formuliert.
"Zugutehalten" kann ich dem Film immerhin, dass er an einigen Stellen (un-?)freiwillig komisch ist bzw. äußerst befremdlich operiert und daher zumindest nie langweiligt. Da ist z. B. die schon fast horror-esque anmutende Szene, in der Snake von den vermummten Schergen eines Kults fanatischer Schönheitschirurgen entführt wird, die im dystopischen Los Angeles ihren perversen Neigungen frönen. Generell scheint im Film eine gewisse Groteskisierung des zeitgenössischen L. A. angestrebt zu werden, die aber insgesamt einfach viel zu platt und stillos umgesetzt ist, als dass der aufmerksame Zuschauer etwas Nachhaltiges aus ihr ziehen könnte. Obwohl ich im Allgemeinen großer Trash-Fan bin, kann ich ESCAPE FROM L. A. allerdings in dieser Hinsicht insgesamt nicht all zu viel abgewinnen. Der Film ist einfach zu selten trashig genug, um wirklich lustig zu sein. Meistens kommt er eher als eine vollkommen unnötige Kopie des Vorgängers herüber, in der alle Aspekte, die das Original so großartig machen, völlig verhunzt werden, allen voran das futuristische dreckig-düstere Setting und die damit einhergehende besondere Atmosphäre. Das Werk wirkt hauptsächlich wie ein niveauloses Wiederaufwärmen einer bereits ausgeschöpften Materie, erscheint als ein total mies animiertes und seinen allseits geliebten Hauptcharakter stets beleidigendes Machwerk.
Letztendlich frage ich mich in Bezug auf ESCAPE FROM L. A. hauptsächlich eines: für wen soll dieser Film eigentlich sein? Ist er eher an Fans des ersten Teils adressiert, dann kann ich für meinen Teil nur sagen, dass diese Form der stumpfen Veralberung eines zeitlosen Charakters der Filmgeschichte bei mir nur auf verständnislose Ablehnung stößt. Ist das Werk allerdings wirklich als adäquate Fortsetzung des Klassikers intendiert, dann muss ESCAPE FROM L. A. nichts anderes als das Prädikat des filmischen Totalausfalls bescheinigt werden.
SCARFACE ist kein Gangsterdrama im gewöhnlichen Sinne sondern vielmehr eine Gangstergroteske. Eine knallharte, lineare und vollkommen auf Tony Montana's Charakter (herausragend verköpert von Schauspielgott Al Pacino) fokussierte Geschichte, die neben ihrem klassischen Aufstieg-und-Fall-Schema auch als Parodie auf den American Dream verstanden werden kann. Ihre Gradlinigkeit ist dabei eine ihrer größten Stärken. Ein Film wie z. B. HEAT ist im Kontrast als ein glaubwürdiges Gangsterdrama mit einem breiteren Fokus auf mehrere Charaktere angelegt, das außerdem einige interessante Subplots und Überraschungen zu bieten hat. SCARFACE will all das nicht. Ausnahmeregisseur Brian De Palma geht es hier im Grunde nur um Tony und seinen rise to power mit anschließendem Fall in die downward spiral. Keine Umwege, keine überraschenden Wendungen, nein, völlige Stringenz und Vorhersehbarkeit. Letztendlich ist der Film selbst genau wie sein Protagonist: er hält nichts von Kompromissen.
Zwei unangemessene Kritikpunkte höre ich leider des Öfteren in Bezug auf dieses Werk. Zunächst wird die Unglaubwürdigkeit und Überzogenheit des Charakters Tony Montana kritisiert. Dazu kann und will ich nicht viel sagen. Nur so viel: Es geht hier nicht um Realismus. Natürlich können diese Geschichte und das Verhalten ihres Protagonisten in ihrer krassen Kompromisslosigkeit nicht als völlig realistisch verstanden werden. Man kann eine Geschichte natürlich möglichst realistisch erzählen, aber das ist eben nur eine Möglichkeit. Eine andere ist die Groteske, die Verfremdung von Bekanntem bis hin zur grenzenlosen Übertreibung. Beide Ansätze haben ihre Berechtigung und keiner ist dem anderen in irgendeiner Weise überlegen. Es kommt nur auf die Stimmigkeit in der jeweiligen Methode an und diese liegt bei SCARFACE in unumstößlicher Weise vor. Gegebenenfalls sollte daher die Erwartungshaltung beim Zuschauer neu gerichtet werden. Man akzeptiere einmal diesen "Unsinn" im Sinne der Glaubwürdigkeit und möge sich vom Strudel Tony Montanas Selbstvernichtung einfach mitreißen lassen.
Der zweite Einwand ist da schon etwas interessanter. Manche werfen dem Film nämlich vor, dass er sich zu sehr auf Tonys Entwicklung beschränke und daher der Rest der Charaktere eher blass bliebe. Doch diese Kritik ist ebenfalls vollkommen unangebracht und geht am Kern des Films vorbei. Es ist wichtig, dass man sich dies bei etwaigen Problemen mit dem vorliegenden Werk immer vor Augen führt. Ich möchte diesen Review daher auf eine kleine Analyse einiger Charaktere und deren Funktion im Film fokussieren, um diese fehlgeleite Kritik hoffentlich aus der Welt zu räumen.
SCARFACE zeichnet entgegen mancher unangebrachter Kritik der Flachheit ein sogar ziemlich deutliches Bild von allen Haupt- und Nebencharakteren: nämlich in Bezug bzw. Kontrast zu Tony. Wenn man die Ambition De Palmas hier verstanden hat, kann man auch schwerlich etwas anderes erwarten. Der Film ist Tonys Geschichte, nicht Manolos. Dennoch ist es nicht so, dass wir überhaupt nichts über diesen erfahren würden. Seine Funktion ist klar und seine Charaktertiefe ist perfekt dosiert wie auch bei allen anderen Figuren. Er will im Grunde nur das lockere Gangsterleben erfahren. Er interessiert sich hauptsächlich für Frauen und will sie durch Geld für sich gewinnen. Das ist ein sehr schöner Gegensatz zu Tonys grenzenlosem Größenwahn. Tony will kein Geld, um es zu benutzen, er will Geld, weil es für ihn gleichbedeutend mit Macht ist. Dann gibt es Frank, der in anderer Hinsicht ein perfekter Gegenentwurf zu Tony ist. Er will nicht at the top sein; er ist absolut zufrieden mit seinem Gangsterboss-Leben "im Mittelstand". Er genießt die Vorzüge seines Status und meint, dass alle, die zu viel wollen, am Ende nur umgelegt werden. Er kennt seine Limits, Tony dagegen hat keine. Die Dynamik zwischen den beiden ist ein großartiger Build-Up für den weiteren Verlauf der Geschichte. Elvira zeigt die Leere und Bedeutungslosigkeit des von Tony so wahnsinnig erstrebten Traumes. Sie hat alles Materielle, das sie sich wünschen kann, und dennoch flüchtet sie sich in den hemmungslosen Drogenexzess, da ihr Leben einfach vollkommen bedeutungslos ist. Tony bietet für sie zunächst den vermeintlichen Ausweg aus der Misere der Langeweile und Belanglosigkeit, aber es stellt sich nur all zu bald heraus, dass ihre Hoffnung auf ein erfülltes Leben (mit Kindern) unbegründet war. Tony vernachlässigt sie total, obwohl er sie geheiratet hat. Er verachtet ihre Art zu leben und sieht dabei nicht, dass er im Grunde ein genau so leeres Leben führt wie das, in das er sie zwingt. Nur dass seine Leere nicht zu Antriebslosigkeit und Depressionen führt, sondern zu einem noch stärkeren Sog in die downward spiral, die aus Tonys Sicht ja realitätsfremderweise eigentlich in die Höhe führen soll, also als der way to the top erscheint. Dann ist da noch der kolumbianische Drogenoverlord Sosa, der in gewisser Weise das Idealbild von Tonys Traum ist. Dieser ist allerdings im Gegensatz zu Tony nicht nur ambitioniert, sondern vor allem auch professionell. Er ist nicht von seinem eigenen Dope abhängig und er hat keine problematischen Moralknoten wie Tony in Bezug auf sein Verhältnis zu (seiner) Familie. Das ist übrigens ein sehr interessanter Punkt. Tony ist absolut skrupellos in Hinsicht auf alles und jeden, das bzw. der ihm im Wege steht. Aber der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, entsteht letztendlich durch Tonys Weigerung am Mord der Familie eines Politikers. Aber es ging ja eigentlich gerade um Charaktere und ich kann natürlich nicht alle der wundervollen filmischen und inhaltlichen Qualitäten dieses Meisterwerks hier aufzählen. All die angesprochenen Charakterdetails zeigen sich jedenfalls in wundervoller Weise immer wieder in vielen kleinen und großen Details. Leer fühlt sich hier gar nichts an, vielmehr perfekt konzipiert in Hinsicht auf die Story und das Konzept des Films. Zusammenfassend möchte ich also festhalten: SCARFACE hat perfekt dosierte Charaktere (ähnlich wie z. B. HARD BOILED). Charaktere sind nie per se zu flach oder zu deep, es kommt immer auf die Story an, in der sie auftauchen. Wir müssen kein Psychogramm von Manolo erstellen können. Wir müssen nur verstehen, was seine Figur von der Tonys unterscheidet und wie die Dynamik zwischen ihm und Tony durch deren jeweilige Unterschiede funktioniert.
Wie bei allen meiner Lieblingsfilme könnte ich jetzt noch ewig weiter aufzählen, welche Aspekte dieses Werk zu einem solchen zeitlosen Meisterstück machen, aber ich begnüge mich hier damit, mich hauptsächlich auf die tollen Charaktere beschränkt zu haben. Als kleine Abrundung dieses Texts erscheint mir allerdings eine kurze aber hemmungslose Lobpreisung des Werks angebracht: Alles an SCARFACE ist absolut perfekt in der Hinsicht, dass es nahtlos mit den anderen Aspekten harmoniert. Der Aufbau der Story, die Palette der Charaktere, die Platzierung der Action, die Wahl der Darsteller (allen voran natürlich - wie bereits erwähnt - Al Pacino), Brian De Palmas bildgewaltige Inszenierung - einfach alles stimmt hier. SCARFACE ist eine groteske und gnadenlose Achterbahnfahrt im Gangstermileu der 1980er. Ich kenne wenige Filme, deren Skript einerseits so dynamisch aber gleichzeitig auch so auf den Punkt geschrieben ist. Daher fühlt sich der Plot zu jeder Zeit so unendlich flüssig an. Schauplätze wechseln oft, das Geschehen gestaltet sich stets abwechslungsreich. De Palmas Fähigkeit, ein tolles Skript auch visuell beeindruckend umzusetzen, macht SCARFACE schließlich zu einem nicht zu entkommenden Sog aus Gewalt, Drogen, Verachtung und Kompromisslosigkeit. Er ist die vielleicht kraftvollste Verfilmung ziel- und hemmungsloser Selbstvernichtung.
PERSONA ist ein Film, der nichts fragt und natürlich erst recht nichts aufklärt. Gott bewahre, solcherlei niederes Operieren wäre ja zutiefst widerwärtig, geradezu anti-künstlerisch. Ja, ein wahres Meisterwerk sollte absolut undefiniert bleiben, in ausnahmslos jeder Hinsicht. Charaktere sind für den Pöbel, Menschen im Film müssen allgemein, flach, leer bleiben, damit sich ein jeder (Idiot) in sie hineinversetzen kann. Eine Story (pfui, das Unwort des Jahres!) muss selbstverständlich "transzendiert" - oder mit anderen Worten: vernachlässigt, im Keim erstickt und verachtet - werden. Es sollte keine Geschichte erzählt werden, nicht einmal fragmentarisch - hach, süß, wie das niedere Filmemachervolk so etwas "gestern" noch versucht hat - nein, vielmehr muss eine völlig sinnfreie Kollage zusammenhangloser Bilder und Monologe erstellt werden, denn erst dann fühlt man auch etwas als Zuschauer. Das letztendlich von jedweden Störfaktoren (auch bekannt als filmischem Handwerk) bereinigte Kunstwerk zeichnet sich schließlich dadurch aus, dass es seine Leere für sich schweigen lässt, also vollkommen vollkommen ist. Endlich wurde ein Film geschaffen, der vom Ballast der Sinnhaftigkeit befreit ist. Freudig können nun die Weingläser geschwenkt werden und die Chöre aus "ooohhh" and "aaahhhh" erklingen choralartig. Eine wahrlich beeindruckende Fülle von Leere. Ladys and gentlemen, ich präsentiere ihnen feierlich: Ingmar Bergmann und sein magnum opus... nichts.
PERSONA ist so komplex wie ein 10.000-seitiges Buch über die Psyche des Menschen - mit leeren Seiten. So schwer zu begreifen wie eine Möbiusschleife - aus Luft. Visuell so beeindruckend wie, nun ja, zwei Frauen die in einem Zimmer abhängen und zwischendurch am Strand herummeandern. Der dumme Pöbel (in diesem Falle: ich) fragt dann manchmal zögerlich und verwundert: "Ähm, Entschuldigung, aber in welcher Weise ist das jetzt bitte visuell beeindruckend?" Doch die Antwort erschallt sogleich: "Pssst, wittern sie nicht die Kunst, hier überall?" ("bzw. irgendwo", denke ich.) So schließe ich mich aus Angst vor dem wahnsinnigen Künstlermob lieber resigniert dem Kanon an: Whatever, PERSONA ist wohl schlichtweg der beste Film aller Zeiten (sogar noch knapp vor AVATAR, BATTLEFIELD EARTH und sogar dem noch schwerer zu schlagenden Testbild).
So Freunde, jetzt mal Butter bei die Fische: Was ist das hier? Dadaismus? Eine Kunstfilmparodie? Muss ein Film wirklich erst das Undefiniertheitsbarometer in einer nuklearen Explosion sprengen, damit er als große Kunst gilt? Ich könnte gerade wirklich kotzen (gerne auch in Reimform, wenn es dadurch dem Kunstfreund genehmer ist). Was für eine unendliche Scheiße war das bitteschön gerade? Wieso sollte es eine Leistung sein, filmische Zusammenhänge NICHT herzustellen? Wieso möchte ich einen Film lieber NICHT verstehen können? Wieso sollte ein Film KEINE Systematik haben?
Not sure if serious... please let me in on the joke... oder ist hier irgendwo die versteckte Kamera? Schluchz, Hilfe, sind denn plötzlich alle verrückt geworden? Ist das hier die DrPepper-Show, in der mein Leben von zig Kameras protokolliert wird, nur damit ich am Ende Ed Harris treffen kann, der mich darin einweiht, dass man mir 80 Jahre lang vorgespielt hat, dass PERSONA von allen Seiten bunt umschwärmte Kunst sei, nur um sich jetzt für fünf Sekunden an meinem verdutzten Gesicht zu ergötzen? Zur Hölle, das würde ja immerhin noch EIN WENIG Sinn ergeben. Aber sich vorzustellen, dass PERSONA ernsthaft von echten Menschen geschätzt wird, würde mich wohl schlussendlich völlig in die Gefilden des puren Wahnsinns abschweifen lassen. Vielleicht würde ich sogar stumm werden und mir einbilden, ich wäre meine Krankenschwester oder umgekehrt oder fünf mal im Kreis herum im Rückwärtsgang...
In HARD BOILED vereinigen sich alle von John Woos Qualitäten in ihrer höchsten Form und bringen so die reine Essenz eines bombastischen Actionstreifens zur Welt. Es ist einfach alles da, was diese Art von hervorragend unterhaltendem Actioner braucht. Somit bildet der Film den markanten Höhepunkt von Woos Karriere. Mit anderen großartigen Werken wie A BETTER TOMORROW, THE KILLER oder BULLET IN THE HEAD bewegte er sich stetig auf dieses magnum opus zu und vermochte es letztendlich, alle vorherigen Leistungen noch zu übertreffen. Mit diesem Meisterwerk sollte er das Kapitel der Hong Kong Filme abschließen, um sich nach Hollywood aufzumachen und von da an bestenfalls mäßige Actioner wie FACE OFF oder WINDTALKERS zu drehen. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, er hätte seine Karriere an diesem Punkt gleich komplett beendet als zu einem belanglosen B-Hollywood-Regisseur zu verkommen, aber leider liegt das nicht in meiner Hand.
Zunächst zur Story. Diese ist wie bei vielen von Woos Hong Kong Filmen um den Kampf der Polizei gegen eine kriminelle Organisation konzipiert. Wir finden die üblichen Bausteine wie Freundschaft zwischen Cops und/oder Kriminellen, Charaktere die sich entscheiden müssen, auf welcher Seite sie stehen und die große, besonders spektakuläre Endkonfrontation. Die Geschichte ist daher nicht sonderlich innovativ, allerdings stört das die Seherfahrung nicht im geringsten, da sie mehr Mittel als Eigenwert ist. Es geht hier nicht um überraschende Plotwendungen oder komplizierte Charakterbeziehungen, nein, es geht hauptsächlich darum, ein stimmiges Vehikel für die herausragenden Actionmomente zu generieren. Das ist von mir nicht im geringsten abwertend gemeint, denn nicht jeder Film muss - wie z. B. HEAT es in großartiger Weise tut - seine Action in eine tiefere Charakterstudie einbetten. Das einzige was letztendlich stimmen muss, ist das Gesamtpaket und das kann entweder locker oder deep sein. HARD BOILEDs Story braucht keinen Tiefgang, denn sie funktioniert einfach perfekt zur Präsentation der Action. Die "Szenen zwischen der Action" sind also nicht zum Bier holen da, sondern tragen ihren Teil zum Endprodukt bei: Die Charaktere fühlen sich markant und charismatisch an und werden kreativ eingeführt, alle Motivationen sind schlüssig und es ist immer klar, was gerade auf dem Spiel steht. Die Actionszenen werden somit am Plot gut entwickelt und sind am Roten Faden der Geschichte entlang perfekt platziert. HARD BOILED kann sich einfach so sehr auf den reinen Schauwert seiner Action verlassen, dass alles, was der restliche Film vollbringen muss, nur noch deren Strukturierung und Entwicklung innerhalb einer Story ist. Genau das leistet sie - nicht weniger und nicht mehr. Und ein "mehr" wird eben auch nicht benötigt.
Was macht diese Actionszenen also so großartig, dass sie allein schon einen Großteil des Films tragen können? Hier kommen verschiedene Qualitäten so stimmig zusammen, dass der enorm starke Fokus des Films auf seine Action absolut angebracht, ja geradezu notwendig erscheint. Sie ist prall inszeniert, sehr gut gefilmt und super getimet. Jede Szene ist im Vergleich zur vorherigen noch aufwendiger, noch weitläufiger und noch länger, wobei andererseits auch jede einzelne ihre ganz eigenen besonderen Qualitäten hat und dadurch im Gedächtnis bleibt. Vor allem ist dabei natürlich die äußerst dynamische und ca. drei-minütige Schießerei im Krankenhaus zu erwähnen, die vollkommen ohne Schnitt auskommt (und beeindruckenderweise schon nach sechs Takes im Kasten war). Auch der Bodycount von 307 kann sich natürlich mehr als sehen lassen. Generell nimmt Woo selten einen Verband vor die Kamera und lässt es lieber ordentlich bluten und fetzen. Die vorliegende wahre Blutwurst von Film ist außerdem noch lecker mit dem Woo-typischen Pathos garniert. Zeitlupen und Freeze-Frames gehören zum guten Bild. In vielen anderen Werken würde dies wohl lächerlich rüberkommen, hier wirkt es aber einfach charmant, da man nie des Gefühl hat, dass alles 100%ig Ernst genommen wird. Wie schon erwähnt ist es das Gesamtpaket, das stimmen muss und dafür hatte Woo mit seinen Hong Kong Filmen wie kaum einer sonst ein Händchen.
HARD BOILED will nicht viel, liefert in seiner Nische - dem Heroic Bloodshed - aber perfekt ab. Mich hat der Film quasi im Alleingang zum John Woo Fan gemacht und dafür gesorgt, dass ich sofort nach mehr lächzte. Wer von aufwendig konzipierter, üppig inszenierter und schlichtweg ellenlanger Balleraction niemals genug bekommen kann, der möge sich dieses Werk zu Gemüte führen.
WAKING LIFE vereinigt einen Großteil der Aspekte, die ich persönlich generell so gut wie nie in einem Filmen gut heißen kann. Ich möchte hier anstelle eines gewöhnlichen Reviews fünf der zentralsten in Bezug auf das Werk ausführen. Natürlich hängen einige der Punkte recht eng miteinander zusammen, aber ich möchte trotzdem versuchen, sie halbwegs sinnvoll voneinander zu trennen, um eine gewisse Übersichtlichkeit zu erzeugen.
1. Anreißen unzähliger Themen bei völlig fehlender spezifischer Ausführung. Das Hauptproblem von WAKING LIFE ist schlichtweg, dass keine der angesprochenen Ideen und Kontroversen hier tiefer behandelt werden als es der entsprechende erste Absatz bei Wikipedia tut. Ich bin Philosophiestudent, was bedeutet, dass ich so ziemlich alle Themen dieses Films schon mehr oder weniger ausführlich durchdacht und diskutiert habe. Man kann dem Werk sicherlich zugute halten, dass es trotz fehlender Tiefe immerhin Denkanstöße liefert, die vielleicht für Menschen interessant sein könnten, die sich noch nie mit solchen Themen beschäftigt haben. Dann wäre WAKING LIFE für gewisse Cineasten zum einmaligen Anschauen zu gebrauchen, um gedanklich auf neue Bahnen gelenkt zu werden. Ich für meinen Teil muss aber sagen, dass ich es gerade bei philosophischen Fragen ziemlich unproduktiv finde, einfach mal 20 recht verschiedene auf einmal anzureißen und keines davon in irgendeiner Weise auszuformulieren. Hier wird wild mit tendenziell existenzialistischen, pessimistischen oder nihilistischen bis hin zu spirituellen Ideen jongliert, ohne dabei ein kohärentes Muster zu erzeugen. Weder führt so ein Vorgehen in einem Gespräch zu einer produktiven Diskussion noch in einem Film zu einer erfüllenden Seherfahrung. WAKING LIFE fühlt sich wie eine konfuse Sammlung von Einleitungen verschiedenster Essays an, die zudem noch mit recht kindischen "Feenstaub-Gedanken" oder gar mit völligem gedanklichen Humbuk verunreinigt ist. Man könnte wohl insgesamt sagen, dass es meistens in irgendeiner Weise um das Verhältnis des Menschen und seiner Umwelt zu gehen scheint oder darum, wie er sein Leben bewusster, vielleicht auch romantischer erleben kann - oder so ähnlich. Selbst bei so einer vagen Subsumierung verstrickt man sich aber schon in Probleme, da gewisse Momente einfach vollkommen out of place wirken (z. B. die Szene in der Bar, in der sich zwei Männer zum Abrunden eines netten Gesprächs gegenseitig erschießen, wtf?). Inhaltlich ist der Film ein irrer, hektischer und unglaublich anstrengender Clusterfuck, der mich eher an stupides Gehirnjogging als an eine philosophische Auseinandersetzung mit dem menschlichen Leben erinnert.
2. (post-moderne) plot-/charakter-/strukturlose Filme. Die meisten Filme sind in erster Linie Plot-driven. Durch eine interessante Geschichte lässt sich ein Zuschauer meist schon einmal gut bei der Stange halten. Es gibt auch viele Filme, die ihren Fokus eher auf die Charaktere legen und zu deren Gunsten die Geschichte in den Hintergrund treten lassen, also sehr minimalistisch gestalten. Es gibt natürlich noch viele andere Aspekte, die einen Film antreiben können (Action, Atmosphäre etc.), aber ich persönlich bin der Meinung, dass Plot und Charaktere die beiden grundlegendsten Möglichkeiten darstellen, um ein Grundgerüst für einen Film zu liefern. Wenn nun die Entscheidung getroffen wird, in einem Film weder auf eine Story noch auf Charaktere zurückzugreifen und man gleichzeitig nicht einmal in Nebenaspekten des Werks etwas zu bieten hat, um diesen nahezu fatalen Verlust zumindest ansatzweise auszugleichen, dann entzieht man damit seinem Werk den Boden und es fällt einfach völlig in sich zusammen. Man könnte sich hier metaphorisch vorstellen, dass ein gelungener Film einen liebevoll ausgearbeiteten Roman repräsentiert, während WAKING LIFE ein Haufen zusammenhangloser Buchseiten ist, die verstreut im Zimmer herumliegen und am besten noch ordentlich mit Kaffeeflecken verdreckt sind. Story und Charaktere dienen dazu, den Inhalt eines Films zu gliedern, zu vermitteln und den Zuschauer in ein Werk hineinzuziehen; sie geben einem Film Struktur. Wenn es uns nicht interessiert, wer die Menschen sind, die wir auf dem Bildschirm sehen und es uns völlig egal ist, was sie gerade erleben, dann haben wir oft das Gefühl, dass ein Werk an uns vorbei läuft. WAKING LIFE ist wohl eines der deutlichsten Beispiele für einen Film, der nichts (vielleicht abgesehen von der schrägen Optik?) tut, um den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Mein Gedanke nach dem Schauen war der, dass mir die Präsentation der angerissenen Ideen in Form eines Texts auf einem Blatt Papier, also einer schlichten Liste, genauso viel gegeben hätte wie die "Methode" des Films, mir seinen "Inhalt" zu "vermitteln" (Ich musste für den letzten Teil des Satzes leider eine halbe Gänsefamilie entfußen). Was ist die Operationsweise dieses Films? Eine völlige Aufgabe jedweder Struktur zugunsten eines Wusts aus Ideenfragmenten. Es gibt keine Charaktere, nur irgendwelche Leute, die vor sich hin brabbeln. Undefinierte Niemande, die nicht einmal eine Geschichte erleben (und dabei lasse ich "Person xy hat einen konufsen Traum" offensichtlicherweise nicht als Story in einem sinnvollen Sinne gelten, da sonst auch "Ein Mann geht vor die Tür" eine Story wäre), sondern plötzlich in eine Szene geschmissen werden, nur um genauso schnell wieder zu verschwinden. Sie werden im weiteren Verlauf nie mehr gesehen, nicht mal ihr Gebrabbel wird weiterführend aufgegriffen. WAKING LIFE zelebriert feierlich seine kompromisslose Willkürlichkeit. Der Film hätte fünf Minuten oder fünf Tage lang verwirrende Monologfetzen aneinanderreihen können, es hätte nicht den geringsten Unterschied in Bezug auf sein Gelingen bzw. Scheitern gemacht, da kein Gelaber sinnvoll mit einem anderen in Verbindung gebracht werden kann. "Aber es ist ja alles nur ein Traum und gerade deswegen soll es so konfus sein, damit man sich so fühlt, als würde man selber träumen". Für mich seit je her die billigste Ausrede für das eigene Unvermögen, eine beeindruckende Struktur oder Methode zu erzeugen, dem Rezipienten etwas nachhaltig mitzuteilen. Das Traumsetting vorzuschützen, um sich somit in die völlige Willkürlichkeit flüchten zu können wird niemals einen Funken Respekt in mir entfachen. Das Credo des Films ist einfach nur: Oh looook, it's weeeird, because it's a dreeeeam. AN ANDALUSIAN DOG lässt grüßen.
3. Ansprechen vs. Entwickeln. Wenn es etwas gibt, dass mich immer und immer wieder fassungslos auf Filmrezensionen blicken lässt, dann das Vernachlässigen dieses gewaltigen Unterschieds. Unglaublich viele Menschen scheinen nicht zu verstehen, dass es eine gravierende Differenz dazwischen gibt, ob man in einem Film ein Thema nur anspricht oder es an einer Story oder Charakteren entwickelt. Szenario 1: Wir sehen 120 Minuten lang irgendwelche Menschen, die Drogen nehmen. Szenario 2: Wir erleben mit einzelnen Charakteren, die wir anhand ihrer Handlungen, Äußerungen und Gestiken im Laufe des Films kennen lernen, deren Ein- oder Ausstieg in bzw. aus der Drogenszene und erkennen, inwiefern Drogen ihre Persönlichkeit, Lebensart und soziales Umfeld verändern. WAKING LIFE verhält sich sehr ähnlich wie Szenario 1: Es werden 100 Minuten lang verschiedene Themen angesprochen, also einfach nur wiedergegeben, wobei wir diese Themen eigentlich exemplarisch anhand von einzelnen filmischen Leben präsentiert bekommen sollten. Wo liegt hier bitte der Wert? Analog wäre das so, als wenn ich APOCALYPSE NOW einschaltete, Coppola vor die Kamera treten würde und mir ein paar Minuten lang irgendwelche vagen Äußerungen über die gute und die böse Seite des Menschen entgegenwerfen würde. Wie in aller Welt sollte ich das in 20-facher Ausführung (denn nichts anderes ist WAKING LIFE) gegenüber der ausführlichen Entwicklung eines einzigen Themas präferieren? Will ich mir wirklich lieber zig mehr oder weniger zusammenhängende Gedanken oberflächlich und verhackstückt vorsprechen lassen als eine einzige Idee auf starke und einprägsame Weise zu ihrer Entfaltung in meinem Geist verholfen zu sehen? Möchte ich nicht das Gefühl haben, Menschen präsentiert zu bekommen, die eine besondere Geschichte erleben, die in mir gewisse Fragen von alleine aufkommen lässt? Indem ich mit Cpt. Willard immer tiefer in den Jungel des Krieges, in den moralischen Abgrund reise, erwachsen in mir beim unmittelbaren Erlebnis dieses Seiltanzes der Schnecke auf dem Messer Assoziationen der dunkelsten und hellsten Eigenschaften des Menschen. Der Gegenentwurf von WAKING LIFE: "Ach übrigens, der Mensch ist manchmal gut und manchmal böse und manchmal weiß er auch nicht so richtig, was davon er mehr ist." Yeah, that's deeeep, man...
4. Dialogfilme und das mit diesem Werk entstandene Genre des Monologfilms. Generell finde ich es nett, wenn in Filmen etwas passiert. Das muss nichts Furioses sein, aber wenn ein Film ausschließlich aus Szenen besteht, in denen sich Menschen unterhalten, dann sorgt das meist recht schnell für ein gewisses Gefühl der Tristheit. Es muss schon großartiges Schauspiel (z. B. jeden Satz, den Al Pacino je gesprochen hat) verbunden mit dynamischem Writing (z. B. Polanskis CARNAGE oder Linklaters eigene BEFORE-Filme) vorliegen, damit ich Charakteren auch nach längerer Zeit noch an den Lippen hänge. Da man aber selten sowohl brillante Schauspieler als auch perfekt geschriebene Gespräche zur Verfügung hat, transferiert man Dialoge idealerweise wenigstens in abwechslungsreiche Szenen, in denen auch noch etwas mehr passiert als der Dialog selber. Das kann das das bloße Bewegen der Charaktere von einem Ort zum anderen sein oder etwas aufwendigere Inszenierungen wie zum Beispiel die Fahrt mit einer Fähre in JAWS, während dem Zuschauer Informationen mitgeteilt werden. Als Gegenbeispiel kann man hier die STAR WARS PREQUELS anführen, in denen fast ausnahmslos jeder Dialog daraus besteht, dass zwei Leute irgendwo rumstehen, rumsitzen oder gelangweilt auf Fluren rumschlurfen. WAKING LIFE transzendiert solche Unzulänglichkeiten allerdings sogar noch. Nicht nur, dass niemals etwas anderes passiert, als dass Leute im Sitzen, Stehen oder Schlendern labern, nein, indem sogar meist noch auf die Dynamik eines Dialogs, also das verbale Hin und Her zweier Charaktere, verzichtet wird und an dessen Stelle ein Monolog tritt, verliert das Werk dann auch noch das allerletzte bisschen interessante Struktur. Wenn es wenigstens Streitgespräche zweier konträrer Meinungen gewesen wären. Aber nein, irgendeine undefinierte Person taucht kurz auf, erzählt uns etwas auf hektische und/oder unverständliche Weise und verschwindet wieder, während der "Protagonist" (gibt es so etwas ohne eine Story überhaupt?) einfach dumm in die Leere starrt. Aber das muss wohl so sein, denn wenn man träumt, starrt man ja dumm in die Leere. Hab ich beim Schauen auch gemacht, zzzzhhhh...
5. Style without Substance. Filme sind in erster Linie visuelle Medien. Daher möchten wir sie sehen und nicht riechen. Natürlich hören wir sie auch, aber die visuelle Ebene ist dabei immer die stärkere (bei einer anderen Präferenz würde man wohl eher zum Hörspiel greifen). Ein besonderer visueller Stil wie wir ihn bei WAKING LIFE in Form des Überzeichnens von Realaufnahmen finden (eine Technik, die ich eigentlich für glücklicherweise ausgestorben hielt) kann eine Seherfahrung verstärken, indem sie filmischen Inhalt stilisiert oder abstrahiert und somit eine neue Deutungsebene zum Erfahrungshorizont des Zuschauers addiert. Zack Znyders 300 z. B. überinszeniert seine Action, um damit für sein Werk eine weitere Art des filmischen Genusses zu erschaffen. Das Problem dabei ist nur, dass so ein Vorgehen niemals filmische Essenzen (siehe Punkt 2) ersetzen, sondern nur verdeutlichen, verfremden oder verstärken kann. Und das ist dann eben der große Unterschied der epischen Kampfszenen von 300 im Vergleich zu denen von THE MATRIX. Bei letzterem fühlt man etwas, da der Visual Style nur ein Element von vielen ist, das zahnradartig in andere greift und somit insgesamt ein höheres Viewing Pleasure erzeugt wird. 300 ist einfach nur eine kalte Aneinanderreihung bedeutungslosen Geprügels, das dennoch allein dadurch für manche (mich eingeschlossen) ein gewisses Viewing Pleasure zu bieten hat, mich aber niemals irgendetwas anderes als kurzweilige Unterhaltung empfinden lassen kann. Optische Opulenz muss mit inhaltlicher Essenz verknüpft sein; beides muss sich ergänzen. Nur so kann eine im Vakuum betrachtet nett choreographierte und anständig gefilmte Kampfszene auch zu etwas wahrhaft Bedeutsamen, emotional Ergreifenden und schlichtweg Zeitlosen werden. Bei WAKING LIFE geht es bei der Stilisierung natürlich nicht nur um bloße Action, sondern sogar um den kompletten Look und Stil des Films. Er ist in dieser Hinsicht also eher vergleichbar mit Werken wie OH BROTHER WHERE ART THOUGH?, der permanent einen äußerst starken Gelbfilter hat und somit all seine Szenen artistisch entfremdet. Das tut das vorliegende Werk nun noch krasser, indem es Realaufnahmen im Nachhinein überzeichnet und dabei sogar manche Objekte in Szenen permanent wackeln oder sich in andere Dinge verwandeln lässt. Letztendlich ist der einzige "Sinn" dieses Spektakels dem Zuschauer (noch einmal) zu sagen: "Oh looook, it's weeeird, because it's a dreeeeam". (Zitat: DrPepper: WAKING LIFE Review. 2014. Moviepilot.). Ich finde es äußerst bezeichnend, dass meine Freundin beim Anschauen dieses Werks auf der verzweifelten Suche nach irgendeiner Form von Sinnhaftigkeit des öfteren die Augen schloss, um wenigstens - neben der Strukturlosigkeit und permanenten Hektik des Gebrabbels - nicht auch noch von dem nervigen Gerüttel und Geblinke der Bilder abgelenkt zu werden. Ein kompromissloses Armutszeugnis für das Werk, dass ich selber nicht besser hätte ausstellen können.
Gute Nacht und träumt süß, ähm, ich meine natürlich: konfus, zusammenhanglos, anstrengend und vor allem völlig leer!
Ist das Kunst oder kann das weg? Meiner Meinung nach kann das weg. AN ANDALUSIAN DOG ist definitiv einer der erbärmlichsten Filme die ich je gesehen habe. Uiuiui, er ist ja so vage und kann alles bedeuten, ganz, ganz, ganz beeindruckende Leistung. Es ist einfach nicht im mindesten schwierig, einen Film zu machen, der alles und nichts gleichzeitig bedeutet. Absolut jeder könnte das tun und das ohne den geringsten Aufwand. Ich könnte mich auch mit einem Camcorder auf eine Wiese stellen und einen Haufen Ameisen filmen, die über meine Hand krabbeln, und danach zeige ich logischerweise natürlich noch, wie ich einer Frau an die Brüste und an den Arsch fasse - das natürlich noch mit artsy Überblendungen garniert - und dann habe ich sofort das größte Kunstwerk aller Zeiten geschaffen. Ach nein, ich muss ja Dali oder Bunuel heißen, damit sowas als Kunst durchgeht, sonst wäre es natürlich nur geschmackloser Müll.
Ich finde es absolut traurig, dass so viele Menschen anscheinend von Kunst nicht mehr erwarten als einen undefinierten "Hä"-Effekt. Je sinnloser und ungreifbarer sie ist, desto größer ist die allgemeine Begeisterung. Und wenn irgendetwas ein durchdachtes Konzept hat, dann ist es selbstverständlich nur gewöhnlich, bestenfalls mittelmäßig, weil es in seiner Interpretation so "beschränkt" ist, igitt, igitt. Was will man sich denn produktiv mit einem Kunstwerk auseinandersetzen? Ne, ne, ich will lieber völlig wild alles und nichts reininterpretieren können. Dann wird's ja nie langweilig und es ist ja außerdem so endlos interessant, was denn wohl die anderen für völlig willkürliche und immer per se absolut haltlose Interpretationen liefern. Ich krieg echt das Kotzen, wenn ich mir diese ganzen selbsternannten, weltfremden und pseudo-gebildeten Kunstexperten vorstelle, wie sie mit ihrem Weinglass und der Zigarre in der Hand über irgendeine postmoderne oder surrealistische Scheiße philosophieren, die kein Mensch verstehen soll, geschweige denn kann, und sich dadurch wie die geilsten Intellektuellen vorkommen.
Man kann sich über den Kunstbegriff endlos streiten, aber genau wie jeder andere Begriff muss er zumindest einigermaßen sinnvoll umrissen sein, damit er überhaupt etwas bedeutet und man sich PRODUKTIV über ihn streiten kann. Kunst kann schlichtweg nicht einfach alles bedeuten, denn damit würde der Begriff an sich sinnentleert und man bräuchte ihn nicht mehr. Begriffe und Definitionen sind Abgrenzungen, die uns im Denken und Kommunizieren unterstützen. Man kann sie nicht einfach willkürlich verfremden oder ins Gegenteil umdrehen, wenn man noch als Diskussionsteilnehmer verstanden und ernstgenommen werden möchte. Genau wie es nicht Freiheit ist, in einem Gefängnis zu leben, ist es auch nicht Kunst, irgendetwas irgendwie zu filmen. Es gibt gewisse Grundkriterien, von denen ein Kunstwerk zumindest einige erfüllen muss, um als ein solches bezeichnet werden zu dürfen. Über Aspekte wie Technik, Wirkungsweise auf den Betrachter, zeitlicher Kontext etc. kann man ausführlich und kontrovers diskutieren, aber generell ist es IMMER von zentraler Bedeutung, dass ein Kunstwerk eine Intention und ein Konzept bei seiner Umsetzung hat. So normativ ein solcher Begriff auch ist, er schließt zumindest dieses Minimum an Bedeutung schon deskriptiv ein. Wenn das nicht so wäre könnte Kunst alles bedeuten, also wirklich ALLES, also auch Baum oder Auto oder Kartoffelsalat. Zielloser Surrealismus wie wir ihn hier vorfinden ist also keine Kunst, denn durch das bewusste Verzichten auf ein Konzept und eine Intention wird etwas nicht zu Kunst, nein, es wird zu etwas, das so wenig Kunst ist wie es nur sein kann. Sonst wäre es so, dass wenn ich mich bewusst dazu entschiede, KEINE Kunst zu machen, ich dadurch erst recht Kunst machte. Und wie dumm und absurd wäre es, wenn man dieser Aussage zustimmen müsste.
Kunst heißt nicht, einfach irgendwie abgedreht auf den Betrachter zu wirken. Kein Rezipient kann durch seine Erfahrung eines Objekts Kunst selbst erschaffen, Kunst geht immer notwendig vom Autor aus, das BEDEUTET der Begriff. Intentions- und Konzeptlosigkeit von Seiten des Erschaffers kann NIEMALS vom Konsumenten des vermeintlichen Kunstwerks wettgemacht werden. Und genauso wie mein gleich anstehendes Abendessen kein Film ist, so ist AN ANDALUSIAN DOG keine Kunst.
"Mr Greengrass, ich habe einen ganz fiesen Tremor. Darf ich ihr Kameramann werden?"
So oder so ähnlich muss sich bei THE BOURNE ULTIMATUM wohl das Bewerbungsgespräch für den wichtigen Posten des Director of Photography abgespielt haben. Egal wie sehr diese Filme anscheinend geliebt werden - ich kann niemals ein Fan der Bourne Reihe werden, wenn die Macher sich immerfort weigern zu verstehen, dass man als Zuschauer zu allererst erkennen können muss, was gerade passiert, bevor man in irgendeiner Weise in einer Story involviert sein oder sich von ihren Actionszenen mitreißen lassen kann.
2002 nahm diese unverständlicherweise geradezu vergötterte Reihe mit THE BOURNE IDENTITY noch einen ganz netten Anfang. Dieser Film war zwar recht routiniert geschrieben und inszeniert und daher in keiner Weise herausragend, fühlte sich aber insgesamt immerhin noch einigermaßen komplett und rund an, da er eine interessante Story, brauchbare Darsteller und vor allem einen schönen Arc hatte. Für eine Fortsetzung wurde dann zwei Jahre später allerdings ein neuer Regisseur eingespannt, nämlich der oben bereits erwähnte Paul Greengrass. Unter dessen Regie folgte auch gleich der erste Tiefschlag mit THE BOURNE SUPREMACY, einem Film, der im Grunde genau das gleiche falsch macht wie das vorliegende Werk: In ausnahmslos jeder einzelnen Actionszene wird etwa einmal pro Sekunde - manchmal sogar noch öfter - wild und hektisch geschnitten und das ganze dazu noch mit einer permanent eingesetzten Shaky Cam der übelsten Sorte garniert. Selbst die ruhigeren Szenen strotzen nur so vor unnötigen Schnitten, engen Shots und unangenehmen Kameraeinstellungen.
Früher, lange vor unserer Zeit, da gab es einmal eine filmische Technik namens "Tracking Shot". Dafür stellte man manchmal sogar eine Kamera auf einen Wagen und diesen wiederum auf eine extra aufgebaute Schienenanlage - und wozu das alles? Nur um eine möglichst lange ohne Schnitt auskommende, saubere und dynamische Aufnahme einer Szene zu ermöglichen. Vollkommen unnötig findet man so etwas heutzutage natürlich - wo bliebe denn da die Spannung? Kraftvolle, bedeutsame Aufnahmen, die für sich selbst sprechen können? Kreative Einstellungen, die das Geschehende beeindruckend für die Ewigkeit festhalten? Och nö, lieber zack, zack, zack, cut, cut, cut, sonst wird's doch sofort langweilig! Großartige Regisseure wie Brian De Palma oder Martin Scorsese bedienten sich einst dieser wundervollen Art zu filmen. Inzwischen wird dagegen eine Kamera anscheinend nur allzu oft mit einem Überraschungsei verwechselt. Nur leider sind die guten Werke dadurch sogar seltener aufzufinden als auf jeder siebten Filmrolle.
Für mich sind Paul Greengrass' Werke der Bourne-Reihe letztendlich nahezu unschaubar. Auch wenn die Geschichte passabel sein mag, die Darsteller ihren Job zufriedenstellend erfüllen und man sich immerhin die Mühe gemacht hat, für die Actionszenen ein paar echte Autos zu verschrotten (was ja heutzutage erschreckenderweise schon gelobt werden muss), so haben seine beiden Filme einen unverzeihlichen und tiefgreifenden Makel: Sie versagen schlichtweg in ihrer Funktion als Medium. Sie geben mir, dem ehrlich interessierten Zuschauer, keinerlei Möglichkeit, in das Geschehen einzutauchen, denn meine Augen schmerzen nach kürzester Zeit einfach nur noch aufgrund des geradezu manischen Schnitts und der sich förmlich überschlagenden Handkamera. In der Vergangenheit kam es sogar schon vor, dass ich Filme wie z. B. END OF WATCH aufgrund dieser völligen filmischen Inkompetenz abbrechen musste, weil sich einfach auch beim besten Willen meinerseits nie so etwas wie Viewing Pleasure einstellen wollte. Mir hängt dieser moderne Pseudo-Realismus aufs Extremste zum Hals raus. Bei MAN OF STEEL musste ja sogar das intime Gespräch zwischen Clark und seinem Vater mit einer stets taumelnden Kamera gefilmt werden, denn dadurch symbolisiert man natürlich ganz artistisch das aufgewühlte Innenleben des jungen Superman. Bullshit.
Hollywood, höre endlich auf zu wackeln! Gib mir wieder Filme, in denen ich erkennen kann, was auf der Leinwand passiert. Zeige mir toll inszenierte und stimmungsvoll eingefangene Verfolgungsjagden wie in RONIN, atemberaubende Straßenschlachten ala HEAT oder Chase Scenes wie in CARLITO'S WAY, bei denen die Kamera förmlich an den Charakteren klebt, jeder ihrer Bewegungen flüssig hinterhergleitet und uns somit sanft mitten ins Zentrum des Geschehens bringt. Und wieder einmal schließe ich traurig mit meinem immer währenden Wunsch: Bringt mich zurück in die 80er und 90er, in die Zeit, als man noch wusste wie man Action in Filmen spannend und wahrhaft beeindruckend darstellt, zurück in die Zeit, als Filme noch echt aussahen, wahre Handwerkskunst waren und mich etwas empfinden ließen.
[dieser Kommentar bezieht sich auf beide Filme und enthält SPOILER]
Ich fand beide Teile von THE DARK KNIGHT RETURNS eher mäßig und verstehe die ganzen euphorischen Reviews nicht. Irrerweise scheint am ehesten noch der Animationsstil kritisiert zu werden und den fand ich wiederum durch die Bank gelungen. Mein Problem liegt woanders, nämlich beim Inhalt.
Mit den Stories beider Filme habe ich schlichtweg zu große Probleme, vor allem beim zweiten Film. Der Joker kommt mal wieder zurück und Batman und Superman bekämpfen sich? Ich weiß, dass das auch in den Comics vorkommt, aber ich finde diese Idee einfach so dermaßen bescheuert. Allein dass beide in einem filmischen Universum auftauchen, entwertet Batman als Figur schon aufs Äußerste. Superman kann mit seinem Laser-Blick Flugzeugträger durchtrennen und ansonsten auch noch nebenbei Atombomben aufhalten, aber gegen den advanced Batsuit wird's schwierig? Come on, was soll das...
Generell konnten mich beide Geschichten überhaupt nicht in ihren Bann ziehen. Im ersten Film gibt es ein erneutes Auftreten von Two-Face, das mal eben so im Vorbeigehen abgehandelt wird, und danach diese mir einfach zu abgedrehte Mutantengeschichte, die aber immerhin noch einigermaßen geradlinig gestrickt ist. Und in der Fortsetzung dann die altbekannte Jokerthematik. Batman tötet ja keinen Villain und deswegen kommen die immer und immer und immer wieder zurück. So einen ähnlichen Plot haben wir bereits im zweiten BATMAN BEYOND Film (den ich definitiv besser finde als diese beiden hier). Es wirkt auf mich inzwischen etwas absurd, dass Batman selbst Jahre später aus dem Ruhestand zurückkommen muss, um mal wieder die üblichen Verdächtigen einzubuchten.
Ich weiß außerdem nicht so recht, was ich vom neuen, weiblichen Robin halten soll. Mit ihr geht mir das einfach - wie bei den meisten Story-Elementen hier - viel zu schnell. Man hat sie kaum kennengelernt und schon ist sie die fast vollkommen fähige Partnerin Batmans, der schließlich einst Jahre gebraucht hat, um sich all seine Fähigkeiten anzueignen. So überhastet wie mit dem Robin-Charakter beim Writing umgegangen wurde, hätte ich es lieber gesehen, wenn man ihn ganz weggelassen hätte.
Beide Filme von THE DARK KNIGHT RETURNS können mit einem überzeugenden Zeichenstil aufwarten und mich durch die viele cool inszenierte Action definitiv unterhalten, aber für großartige Werke halte ich sie bei weitem nicht. Dafür hätte eine innovativere und vor allem packendere Geschichte her gemusst. Der erste Teil scheint mir insgesamt leicht besser zu sein, da wenigstens Superman noch nicht auftaucht, der für mich, wie gesagt, einfach nichts in einer Batman-Geschichte zu suchen hat. Dennoch glaube ich kaum, dass ich mir einen der beiden Teile noch einmal ansehen werde und kann daher auch für keinen guten Gewissens eine Empfehlung aussprechen.