cinemaforever.net - Kommentare

Alle Kommentare von cinemaforever.net

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    [...] Mit ihrer Darstellung der Studentin Anne vermittelt Vartolomei bewegend und glaubhaft die Einsamkeit junger, unfreiwillig schwanger gewordener Frauen. Audrey Diwans virtuose Regie ist hier ebenfalls hervorzuheben, denn insbesodere ohne die fantastische Arbeit mit der Kamera, welche Vartolomei stets aus nächster Nähe begleitet, hätten die verzweifelte Suche Annes nach einem Ausweg sowie ihre körperlichen und seelischen Qualen nicht so überzeugend abgebildet werden können. Das Ganze gipfelt sogar in einer cronenbergschen Entschlossenheit. [...]

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    • 8

      [...] Regisseur Mike Mills, der bisher mit "Beginners" (2010) und "Jahrhundertfrauen" (2016) auf sich aufmerksam machen konnte, ist mit seiner neuen Regiearbeit ein wirklich aufrichtiges Kunstwerk gelungen, dessen einziger Fehler darin besteht, dass Themen manchmal zu vage wirken, weil auch noch ein so hoher Unterhaltungswert wie möglich geboten werden soll. [...]

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      • 8

        [...] Dario Argento ist seit über 50 Jahren im Dienst, seine Filme begleiten ganze Generationen. Der Druck auf das Werk eines solches Ausnahmekünstlers ist gewaltig. Dennoch ist es ihm stets gelungen abseits von Erwartungen auf seine Filme und sich selbst zu arbeiten. Dabei blickt er nach vorne und wagt es stilistische und inhaltliche Entscheidungen zu treffen, die nicht immer erwünscht sind. Das tat er bereits vergangenes Jahr, als er in Gaspar Noés Meisterwerk über das Altern Vortex erstmals vor der Kamera eine Glanzleistung zeigte. Dark Glasses gehört nun auch wieder auf die große Leinwand und hat im Rahmen der Berlinale genau den richtigen Ort für eine Weltpremiere gefunden. [...]

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        • 6
          cinemaforever.net 18.02.2022, 23:02 Geändert 21.02.2022, 18:21

          Alter Verwalter! Das neueste Texas Chainsaw Massacre ist für mich tatsächlich das Erinnerungswürdigste seit Tobe Hoopers meisterhaften, zeitlosen Originalen. Diese Neuauflage hat sicherlich einige unverzeihliche Mängel, die ich nicht leugnen kann. Die Dialoge sind lächerlich und einer Parodie würdig. Und das Drehbuch ist so vorhersehbar wie möglich. Doch dann ist da diese radikale Umsetzung, die so sehr zu schockieren vermag wie zuletzt nur Fede Alvarez' "Evil Dead" aus dem Jahr 2013. Der Uruguayer ist hier übrigens ausführender Produzent, was so einiges erklärt. Dieses Massaker würde ohne Umschweife bei einer Kino- und anschließenden Blu-ray-Veröffentlichung den direkten Weg auf den Index finden. Doch jetzt ist dieser albtraumhafte Terror, diese Achterbahnfahrt der Gefühle, beim Streaming-Anbieter Netflix gelandet. Und das wird noch bei vielen für heruntergeklappte Kinnladen sorgen. Wie schon das Original, macht der Film oft kurzen Prozess, schießt schmerzhafte Pfeile mitten ins Herz seiner Zeit. Die Generation Instagram und TikTok wird im Kino wohl nie wieder so rigoros zur Schlachtbank geführt werden.

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          • 3
            über Bigbug

            Jean-Pierre Jeunet ("Die fabelhafte Welt der Amélie") hat noch nie ansatzweise eine derartig abgrundtiefe Nichtigkeit von Film gedreht. Zwischen "RoboCop", "Black Mirror" und "Love, Death & Robots" hätte Jeunets Rückkehr zum Film nach fast einem Jahrzehnt kaum unerträglicher und nicht uninspirierter ausfallen können. Die dystopische Welt, welche uns diese neueste Netflix-Gurke verkaufen möchte, ist wirklich zum Kotzen. Insbesondere das erbärmliche Schauspiel, der grässliche Humor und Setdesigns sowie visuelle Einfälle zum Fremdschämen machen "BigBug" zu einer filmischen Folter, die nur schwer bis zum Ende zu ertragen ist.

            • 8

              [...] Wie gut kann ein Film schon sein, der mit pupsenden Nonnen in einem mittelalterlichen Kloster startet, die sich obendrein gegenseitig mit einem Dildo verwöhnen, der in eine hölzerne Madonnafigur geschnitzt ist? Das ist selbstverständlich vulgär. trashig und ein ziemlich unsubtiler Giftpfeil gegen religiöse Alltagsstrukturen. Doch in der neusten Regiearbeit des niederländischen Enfant Terrible Paul Verhoeven (Starship Troopers, Robocop) sind das eigentlich nur Randnotizen, welche beim Publkum für schallendes Gelächter sorgen. [...]

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              • 8

                [...] Last Night in Soho ist dank seiner inszenatorischen Klasse, aber auch dank der beiden talentierten Hauptdarstellerinnen Edgar Wrights bisher visuell und auch thematisch reichhaltigster Film. Gekonnt bringt der Brite mit seiner rauschhaften Liebeserklärung den Giallo in das 21. Jahrhundert und lässt gleichzeitig das London der Swinging Sixties in Form eines Psychodramas aufleben. [...]

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                • 5

                  [...] Die episodenhaft erzählte Komödie hätte eine unvergessliche Liebeserklärung an den Journalismus und an das französische Kino (damit auch an Wes Andersons Wahlheimat) werden können. In den Fokus gerückt wird der Außenposten einer amerikanischen Zeitung in einer fiktiven französischen Stadt des 20. Jahrhunderts und hierbei wird eine Sammlung von Geschichten zum Leben erweckt, welche im ebenfalls imaginären The French Dispatch Magazine veröffentlicht wurden. Jedoch hat Wes Anderson hierbei rein gar nichts zu erzählen, sondern begnügt sich mal wieder am laufenden Band mit Blödel- und Slapstick-Humor, hier der Marke Louis de Funès, Jacques Tati und Co. [...]

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                  • 8
                    über Titane

                    [...] Solch einen Film habt ihr noch nicht gesehen! Julia Ducournaus erst zweite Regiearbeit fühlt sich wirklich auf brillante Weise an, als hätte David Cronenberg Laurence Anyways gedreht. Mit einem geschätzten Budget von gerade einmal sechs Millionen Euro bringt die Raw-Regisseurin den bisher unvergesslichsten, cleversten Filmrausch des Jahres in die Kinos. Inklusive einer hervorragenden Debütperformance von Agathe Rousselle. [...]

                    • 8
                      über Pig

                      [...] Pig ist ein ruhiges, feinfühliges Drama über eine absolute Liebe und deren endgültigen Verlust. Statt Schüssen fallen hier Worte, an Stelle des Kunstblutes werden hier Männertränen vergossen. Pig ist mehr als eine bloße Dekonstruktion des Rachethrillers, auch mehr als ein arty-farty Therapieersatzfilm, sondern zeigt uns, wie stark und allumfassend eine Person trotz unserer vereinsamten und isolierten Gesellschaft von echter Liebe durchdrungen sein kann. [...]

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                      • 4
                        cinemaforever.net 06.09.2021, 22:43 Geändert 06.09.2021, 22:51
                        über Dune

                        [...] Denis Villeneuve hatte also nur allzu Recht, als er sich dafür einsetzte, dass Dune nicht für das Streaming zu Hause geeignet sei. Das hat jedoch einen anderen Grund, als uns vermittelt wurde: Dune scheitert nämlich in epischen Maßen daran, ein vielschichtiges, gut erzähltes erstes Kapitel für ein unvergessliches filmisches Universum zu präsentieren, welches über die Grundgedanken der Romanvorlage hinausgeht. Das zweieinhalbstündige Science-Fiction-Epos kann weder für sich als alleinstehender Film überzeugen, noch als Exposition, so wie es gerne manche hätten. Vergleiche mit Stanley Kubrick sind ebensowenig angebracht wie mit dem ersten Teil der Der Herr der Ringe-Trilogie. Dune wäre zwar gerne so imposant wie letztere, wie ein moderner Lawrence von Arabien oder wie Das Imperium schlägt zurück, ist am Ende aber vor allem eines: Emotionslos, generisch inszeniert, holprig erzählt, inhaltlich unterwältigend, mit schablonenhaften Figuren gefüllt und in seiner gigantomanischen Machart ermüdemd - inklusive des brachialsten Zimmer-Soundtracks, den ich je gehört habe. [...]

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                        • 4

                          [...] Es sind letzten Endes alle Puzzleteile, die den Film zu dem Fiasko machen, welches er ist. [...]

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                          • 7

                            [...] Bedenklich ist der Film in seiner Aussage aber schon. In diesem Film sind alle Männer schuldig – allen voran die unschuldig aussehenden mit Dackelblick. Dies wirkt schon etwas aufgesetzt. Nur ein einziger Mann, ein Anwalt, bekennt sich schuldig und ihm wird vergeben. Der Film bietet aber insgesamt keinen Lösungsweg, außer der Selbstjustiz, und ist an Differenzierungen wenig interessiert. Die Schuld liegt ja nicht beim Sexualtrieb der Männer, es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem – so klug ist der Film zumindest meistens. [...]

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                            • 9

                              [...] Ti Wests anachronistischer Genrebeitrag ist in erster Linie eine nostalgische Erinnerung an das ehrenwerte Terrorkino der 1980er-Jahre. Mit voyeuristischer Lusthaftigkeit und dokumentarischen Grobkorn-Einstellungen zelebriert er seine leichtfüßig inszenierte Exposition, deren hitchcockesker Spannungsbogen genau an den richtigen Stellen mit beidseitigen Ausbrüchen ausgestattet ist. Sein The House of the Devil ist die ehrende Verneigung vor den Tugenden des amerikanischen Horrorfilms und dessen Schöpfern. Virtuos werden Genresujets moduliert und zu einem völlig neuen Gesamtbild verdichtet, einschlägige Gesetze gleichermaßen devot eingehalten wie auch revolutionär gebrochen. [...]

                              • 8

                                [...] Quo Vadis, Aida? ist ein intensives, starkes, aber auch belastendes Kriegsdrama über den Genozid von Srebrenica aus weiblicher Perspektive erzählt. Ein Film, der gegen das Vergessen und Leugnen einer noch sehr frischen Wunde mitten in Europa ankämpfen will. Meisterhaft zeigt Jasmila Žbanić, wie ein Ort der vermeintlichen absoluten Sicherheit sich erst unbemerkt, aber stetig in einen Ort des Todes verwandeln kann. Dieser Vorgang lässt sich selbstverständlich auch universell auf eine gesellschaftliche Ebene heben und sollte uns allen als Warnung dienen. [...]

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                                • 7

                                  [...] Beautiful Boy ist kein rundum gelungener Film, doch Regisseur Felix van Groeningen erfasst gekonnt die Komplikationen, welche ein Drogenabsturz und die damit verbundene Rehabilitierung mit sich bringen. Vor allen Dingen ist ihm mit dieser Vater-Sohn-Geschichte, insbesondere aufgrund seines talentiertes Casts, sein bisher reifstes und damit sehenswertestes Drama gelungen. [...]

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                                  • 9

                                    [...] Frances McDormand won her most recent Oscar for playing so well with extremes of outrage and pain (Three Billboards Outside Ebbing Missouri), here she shows a mastery of a subtler range of expression. Without a hint of a tear and barely ever raising her voice, she still imbues Fern with the dual friendliness and prickliness that define her screen persona. When asked difficult questions (“Are you homeless?” “Are you married?”), she quickly but cautiously thinks out her responses one word at a time (“I’m not homeless, I’m just houseless.” “I am, but my husband passed away.”) Barely raising her voice or showing a hint of a tear throughout the film, Frances McDormand still shows a tremendous range within a woman who is drawn to other people and fast to make friends, but who also pushes herself away from everyone. [...]

                                    • 6
                                      über Annette

                                      [...] Nach einer kraftvoll erzählten ersten Stunde verliert das düstere Musical leider immer mehr die Orientierung, passé sind die bis zum Abspann anhaltenden begeisterungswürdigen Momente wie noch in Holy Motors. Dass Carax neun Jahre an seiner skurrilen Mixtur aus La La Land, Mulholland Drive , Szenen einer Ehe und Chucky gearbeitet hat, davon zeugen vielleicht einzelne Episoden, doch das Endresultat wirkt unausgegoren. Sehenswert ist diese Freakshow (Adam Drivers Performance ist wirklich irre gut, wohingegen Marion Cotillards Talent erneut in einer englischsprachigen Produktion nicht voll ausgereizt wird) aber trotzdem, eben weil Carax' Cannes-Spalter in mancher Hinsicht erneut Grenzen überschreitet und sich an etwas in Hollywood noch nie Dagewesem probiert. [...]

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                                        cinemaforever.net 29.07.2021, 20:54 Geändert 29.07.2021, 21:00

                                        [...] Es wird deutlich: Im Gegensatz zu seinem Vater, ist Brandon Cronenberg kein Rhetoriker. Es fehlt ein argumentatives Netz zwischen den gestreuten (Bild-)Ideen. Das ist natürlich auch dem thematisch motivierten Verzicht auf ein konventionelles Erzählmuster geschuldet. Possessor will eben mehr Enigma als Allegorie und mehr Autor*innen- als Genrefilm sein. Aufgrund dieser grundsätzlichen, formalen Indie-Askese kommt deshalb nicht selten Langeweile auf. [...]

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                                          cinemaforever.net 29.07.2021, 20:51 Geändert 29.07.2021, 20:57

                                          [...] Thomas Vinterberg hat mit Der Rausch einen berauschenden, erfrischenden, anarchistischen Film geschaffen, der völlig abseits des plumpen Moralismus steht. Es ist kein Problemfilm – zumindest ist nicht der Alkohol hier das eigentliche Problem, sondern vielmehr unsere mutlose, lethargische, kleinbürgerliche Gesellschaft, die nicht mehr im Stande ist, die notwendigen Alternativen in Betracht zu ziehen und danach zu handeln. [...]

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                                            cinemaforever.net 25.07.2021, 13:42 Geändert 29.07.2021, 22:13

                                            [...] Der us-amerikanische Independent-Regisseur Sean Baker ist dieses Jahr zum zweiten Mal in Cannes vertreten, dieses Mal sogar im Wettbewerb. Gut, die goldene Palme wird auch er nicht gewinnen, denn Sean Baker fehlen mit seinem dritten Film nach Tangerine L.A. und The Florida Project die neuen Höhen, welche er jetzt langsam erklimmen sollte. Es ist wieder ein Film, der von Außenseitern der amerikanischen Gesellschaft erzählt, ohne Beschönigungen, realistisch und lebensnah und mit dem typischen Humor, der bereits Bakers beide ersten Regiearbeiten auszeichnete. [...]

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                                              [...] Les Olympiades begeistert nun wieder ab der ersten Sekunde: Aus der Luftperspektive führt uns die Kamera in das multikulturelle 13. Pariser Arrondissement ein, es ist eine spektakuläre Momentaufnahme, welche an die Eröffnungsszenen von Ridley Scotts Blade Runner und Woody Allens Manhattan erinnert. Und auch insgesamt ist Les Olyampiades ein in famose schwarz-weiß-Bilder gehülltes Drama voller inszenatorischer Raffinessen und erzählt dabei ganz leichtfüßig von drei jungen Erwachsenen auf der Suche nach sich selbst. [...]

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                                                cinemaforever.net 25.07.2021, 13:39 Geändert 29.07.2021, 22:11

                                                [...] Auch Frankreich hat dieses Jahr seinen The Father, dank Festivalliebling Francois Ozon (Jung und Schön, Frantz), der es irgendwie mit jedem Film aufs Neue nach Cannes schafft. Dieses Mal widmet sich Ozon nach langer Zeit aber mal wieder einem im wahrsten Sinne todernsten Thema, das Drama ist dabei obendrein mit Sophie Marceau und André Dussollier famos besetzt. [...]