Dergestalt - Kommentare
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Alle Kommentare von Dergestalt
Die Untiefen des Frühwerks in S/W und mit Helge Schneider. "Menu Total" ist noch assoziativer als manch andere Freakorgie Christoph Schlingensiefs, gleichzeitig weitaus stärker auf Atmosphäre konzentriert. Am ehesten bebildert der Film ein abstraktes Albtraumszenario, das nur punktuell seine Verweise gibt. Ein Junge (Helge Schneider ohne Maskerade) lebt zusammen auf einem Landgut mit seiner bandagierten Mutter und seinem gewalttätigen Vater. Als die Großeltern samt Tasche mit einem Herzen darin auftreten, wird der Film episodenhaft, zeigt Leute in Nazikostümen, beim Kotzen und auf der Suche nach eben jener Tasche. Am Ende darf dann noch eine Polonaise sein - ein mutmaßliches KZ-Opfer will auch mittanzen.
Klar, auch dieser Schlingensief will provozieren und tut es bewährt mit seiner Fetischierung des deutschen Nazi-Erbes. Überdrehte Schauspielleistungen, Fäkalhumor auf vielen Ebenen und ein ratterndes Narrativ geben das Ihrige dazu. Ungewöhnlich für Schlingensief scheint mir nur der atmosphärisch-klaustrophobische "Eraserhead"/"The Grandmother"-hafte Beginn mit seinen Schattenspielen, pervertierten Familienverhältnissen und sonderbaren Körpermutationen. Hier fängt sich das Schlingensiefsche Bedeutungschaos in einer prägnanten Situation, ansonsten ist der Film vor allem überbordernd, anstrengend und damit klassisch Schlingensiefian.
"Gretel & Hansel" bietet sicher jenes "Grim Fairy Tale", von dem der englische Untertitel spricht. Schon der Beginn bedeutet für die beiden berühmten Märchengeschwister die Flucht durch eine entrückte Welt säuselnder alter Männer, kreischender Dämonen und einer Mutter, die mit der Axt nach ihren Kindern hiebt. Oz Perkins setzt dabei ein atmosphärisches Setpiece hinter das andere, nutzt leuchtende Farben vor schummrigen Licht, ausgewogene Bildkompositionen und frontale, personennahe Kameraperspektiven, die der Märchenwelt schließlich eine harsche Unmittelbarkeit geben. Entrückt wirkt die dennoch. Die überpräzisen Bildkompositionen, aber vor allem die geometrisch-minimalistische Architektur der Häuser mit dem Hexenhaus als klarem Highlight gibt dieser Welt eine merkwürdig zeitlose Komponente, die der magischen Entrückung weit besser steht als jede Pseudomittelalterlichkeit. Dazu trägt der modische 80s-Synth-Soundtrack ebenso bei wie die tatsächlich sauber inszenierten CGI-Zaubereien, die vereinzelt aber pointiert an einigen Stellen des Films erscheinen. Ähnlich eigenständige Fusionen verschiedener Horror-Ästhetiken im aktuellen Kino kenne ich so bisher nur von Ari Aster.
Während der nun aber auch besondere Drehbücher verfilmt, bleibt Oz Perkins beim gewohnten Märchenstoff, den er ruhig, weitgehend spannungsfrei und mit unnötig doppelndem Voice-Over* abwickelt. Einen produktiven Dreh verspricht immerhin die weibliche Erzählperspektive Gretels, die auch die nach männlicher Lesart klassisch böse Hexe in eine ambivalente Position rückt. Die Thematiken sind also da, spannend oder gar gruselig ist das Ganze aber kaum. Der Schluss des Films gibt dafür das beste Beispiel. Motivisch interessant ist der viel zu schnell und pflichtschuldig abgehandelt. Insofern ist "Gretel & Hansel" auf gutem Niveau doch eine kleine Enttäuschung.
*Habe den Film leider nur in der deutschen Synchronisationsfassung sehen können. Eventuell erhalten diese Passagen im Original eine zusätzliche atmosphärische Funktion, die hier aber fehlte.
Shane Carruths "Upstream Color" ist minimalistisches Kino, das sich nach Großem anfühlt. Impressionistisch, fragmentarisch und mit äußerst überraschenden Momenten (Ein Zitat: "I was born with a disfigurement where my head is made of the same material as the sun.") entfaltet sich der Low-Budget-Film nach eigener Logik, erzählt von der Schwierigkeit, sich zu erinnern, eine stabile Identität zu finden, dystopischen Wurmdrogen und bald auch von der Liebe in all ihren Facetten. Seine eigenartige Dynamik gewinnt "Upstream Color" nicht nur durch die rasche Folge vieler scheinbar unzusammenhängender Szenen, sondern auch durch den häufigen Verzicht auf Worte. Carruth, der auch die Musik zu seinem Film komponiert hat, legt seine hellen, wackligen Bilder immer wieder in weite, hell oder dunkel dröhnende Klangteppiche, die wie bei Großmeister Lynch stets etwas Größeres, Tieferes suggerieren. Ob "Upstream Color" das alles tatsächlich bietet oder ob der Film nicht allzu prätentiös zu viele Themen in ein seltsames Szenario zu quetschen versucht, kann ich nicht beantworten. Seine nervöse wie stimmungsverliebte Art macht Shane Carruths kleinen Ausflug an die Grenzen der Wahrnehmung aber zu einer treibenden, inspirierenden Erfahrung.
Was wollen wir im Filmland Deutschland noch tun? Nach dem Triumph des Willens und dem Triumph des Neuen Deutschen Films bleiben nur Fördergelder, das Lächeln eines Politikers, Show und ever standing Wim Wenders. Dass Christoph Schlingensief mit seinem Trash-Kaleidoskop "Die 120 Tage von Bottrop" keinen neuen Kanon schaffen will, ist jedenfalls klar. Vielmehr fängt der Krawallmacher das deutsche Filmerbe im Rahmen der fiktiven Dreharbeiten an einem Remake von Pasolinis "Die 120 Tage von Sodom" als desorientierendes, sinnlos übersteigertes Horrortableau ein. Wer hier Suizid begeht, stirbt viele schreckliche Tode. Neben Althelden der 60er/70er wie Udo Kier und Helmut Berger darf auch Rainer Werner Fassbinder unecht wiederkehren, als infantil-begeisterter Regisseur ohne deutlichen Plan. Die restlichen Figuren bieten ihr Schlingensief-Soll bravourös. In gestelzt-theaterhaften Reaktionen wird betrogen, kopuliert und gejammert. Zwischendurch einige Ekelbilder, groteske Titeleinblendungen und körniges Filmmaterial von Schlingensiefs Besuch in Hollywood. "Die 120 Tage von Bottrop" überfordern auf 60 Minuten in ihrem Chaos an Handlungsfragmenten, Figuren und Verweisen auf den deutschen wie internationalen Film. Wenn schließlich auch noch Roland Emmerich seine Hoffnungslosigkeit ausdrücken darf, ist das ziellose Albtraumszenario komplett. Beeindruckend aber, wie Schlingensiefs theaterhaft-bunte Kulissen und Gruppenchoreografien in ihrer Antischönheit eigenartig zu glänzen wissen. Und gegen Helge Schneiders Bummeljazz auf der Soundspur kann auch nichts gesagt werden. Keine Einstiegskost, aber faszinierend erschlagend.
Die Nazis sind los. Mit "Terror 2000" bringt Christoph Schlingensief seinen für mich bis jetzt flottesten, geradlinigsten, kaum aber verdaulichsten Film auf den Weg. Im direkten Nachfeld der rechtsradikalen Anschläge von Rostock-Lichtenhagen 1992 attackiert seine Brutalsatire Täter*innengruppen, aber auch die geschichtsvergessene bundesrepublikanische Realität mit all ihren selbstherrlichen Minister*innen, Polizist*innen und Medien. Deren grundsätzlicher und hier kaum übertrieben eingefangener Tenor: Asylant*innen sind uns Dankbarkeit schuldig. Liefern sie die nicht oder klagen uns gar des Rassismus an, haben sie keinen Respekt verdient. Dass sich solche Rezeptionsmuster in der sogenannten "Flüchtlingskrise" 2015 wiederholten und bis heute aktiv bleiben, muss nicht weiter vertieft werden. Schlingensief bohrt schon 1993 tief genug, um grundsätzliche Problematiken der deutschen "Mitte" aufzudecken, an denen der Rechtsradikalismus bis heute wunderbar andocken kann.
Der bewusst trashig inszenierte "Terror 2000 - Intensivstation Deutschland" geht aber noch weiter. Schlingensieftypisch gehört zur Motivation der Täter*innen auch die blanke Geilheit. Sex- und Mordfantasien geraten zu splatterfreudigen wie neurotischen Szenarien. Die hyperphallische Nazigang, zu der auch Ex-Führer Udo Kier ("100 Jahre Adolf Hitler") als sadomasochistischer Priester gehört, tötet ihre Opfer nicht bloß, sie veranstaltet obsessive Fummelorgien, die einen lebendigen Körper nicht unbedingt brauchen. Die Kamera hält drauf, die Musik quietscht vor sich hin, im Off verkündet ein Sprecher das Offensichtliche. Auch bei "Terror 2000" bleibt es schwer, Christoph Schlingensiefs aktionstheaterhafte Inszenierung in Deckung mit den Inhalten zu bringen. Dass der Film in beinahe jeder Minute freidreht, macht ihn als Kunstwerk aber erst so lustig wie gefährlich und hebt ihn über so manche Politgroteske hinaus. Die Frage bleibt: Sucht sich der Faschismus die Obsession oder sucht sich das Obsessive den Faschismus? Henne oder Ei, der Mensch bleibt ein Monster - und bleibt herrlich anzuschauen.
Richard Stanleys Horror-Freak-Out ist nur oberflächlich gesehen ein Nachfolger des okkult-psychedelischen "Mandy". War dieser erste Ausflug Nicolas Cages in den Weird Horror noch atmosphärisches Experimentalkino mit B-Movie-Anleihen, ist Stanleys Lovecraft-Verfilmung selbst ein strammes B-Movie. Die Protagonist*innen des Films bleiben skizziert bis klischeehaft, die Dramaturgie holpert, viele Effekte kommen überhastet, übertrieben, vieles bleibt unformuliert. Statt psychedelischem Horror gibt's einen trashig-überdrehten Hybrid aus Versatzstücken verschiedener Horrorgenres, bei dem so manche irritierende Idee, vor allem einige verstrahlte Bilder abfallen. Fetischhafte Vorlieben für Alpakas, sonderbare Mutter-Kind-Mutationen und pink-deformierte Landschaften geben schon eine eigene Welt her, Cages kontextlose Wahnanfälle ergänzen das stimmig.
"Color Out Of Space" ist dann besonders intensiv, wenn er sich seiner versteckten Eigenlogik vollends überlässt, am lovecraftschen Ungreifbarkeitshorror alle seine Figuren verrückt werden lässt. Schwächen zeigt der Streifen, wenn doch noch etwas Storytelling sein soll, seine Figuren in langatmige bis lächerliche Konversationen geraten. Dazu einige obligatorische CGI-Monster und CGI-Landschaften statt wirklichen Spannungsmomenten und das Ganze ermüdet auch. "Color Out Of Space" wird seiner spannenden Prämisse sicher nicht gerecht und enttäuscht zu einer Zeit der Ari Asters und "Mandys" als launischer Klopper, wirft so aber auch genügend skurrile Ideen für alle Cage-Freund*innen ab.
Voyeurismus an unerwarteter Stelle bietet Christoph Schlingensief mit "100 Jahre Adolf Hitler" zur Genüge. Wir erleben Hitlers letzte Momente im Führerbunker bei intimer Beleuchtung stationenweise und in schwarzweiß. Dem reißerisch-pathetischen Titel steht dabei ein äußerst untergründiges Geschehen gegenüber. Hitler selbst ist vor allem ein drogenkrankes Wrack, Eva Braun schreit Parolen in die Welt, Goebbels kann die Finger nicht von seiner Tochter lassen. Provokation zur Genüge, mit der typisch Schlingensiefschen Low-Budget-Trashigkeit präsentiert. Im Grunde ist "100 Jahre Adolf Hitler" Kammertheater, die überdrehten bis gestelzten Schauspielleistungen passen dazu, ebenso die plötzlichen Handlungsentwicklungen. Überraschend bleibt, dass der Film trotz seltsamer Ideen für Schlingensiefs Verhältnisse gemäßigt bleibt, eher schrilles Requiem als totale Todesekstase. Vielleicht auch der letzte Kniff, Hitler und Gefährt*innen eben nicht zu Popfiguren zu gestalten, sondern in ihrer blockierten letzten Triebabfuhr armselig verenden zu lassen.
Lob für das Cover auf Moviepilot mitsamt BILD-Werbetipp: "Klaus Kinski privat!" Gut, dann wollen wir auch Kinskis private Meinung zum Film hören (nach der Autobiografie: "Ich brauche Liebe"): "Hier muß laut Drehbuch gefickt werden, richtig gefickt! Direkt vor der Kamera, mit allem drum und dran und in allen Stellungen, auch mit dem Mund."
Nach solchen Offenbarungen bleibt natürlich Neugierde, noch dazu, weil "Les fruits de la passion" von Avantgarde-Ikone Shûji Terayama stammt. Avant-Porn? Beinahe. Zunächst scheinen auch alle Zutaten da: die exotische Kulisse eines Bordells in Singapur, viele nackte Leiber, farbenreiche Setpieces und traumhafte Interludes zur Charakterisierung der Figuren. Und natürlich dürfen Kinski und Kompars*innen vor der Kamera, was in Kinskis Autobiografie überall zu lesen ist, nur bei weitem nicht so ausgiebig: Ficken - ein bisschen kinky, ein bisschen traditionell und in Auszügen auch romantisch. Denn vor allem wird eine Liebesgeschichte erzählt. Eine selbst für die Endsiebziger gruselig passive Isabelle Illiers schmachtet Bordellbesitzer Kinski nach, der natürlich, über allem erhaben, seine Frauen wechselt wie Ware. Nur ein revoltierender Arbeiterjunge kann ihr da echte Romantik, Befreiung geben. "Les fruits de la passion" ist weder Arthouse noch Porn, eher ein sonderbarer Exploitation-Hybrid, noch dazu einer mit irritierender Melodramatik. Bedeutung scheint hier nur wenig zu haben, vor allem geht es um Stimmungen, Schauwerte, poetische Spielereien ohne Konsequenz. Das freut das Auge, lockt das Hirn, bleibt im Grunde aber der Fickzirkus, den Kinski vor seinen Augen sah. Kurzweilig wie langatmig.
Werner Herzog in mythischen Untiefen.
Ungefähre träumerische Einsichten, wirklichkeitsfremde Elemente, Mystizismen hält jeder Film Herzogs bereit, die Dokumentationen mit eingeschlossen. "Herz aus Glas" führt diesen Ansatz aber noch weiter, weit ins Feld und verliert sich nach außen in seinen Konturen. Die Geschichte eines bayrischen Dorfs im 19. Jahrhundert, das plötzlich Tod und Wahrsagerei gegenübersteht, ist weniger Erzählung als mythologisches Erzählnetz. Auch die Figuren sind weniger Handlungsträger als träumerisch wankende Stimmen und Körper, manchmal fällt auch beides zusammen. Wohl hat Herzog seine Schauspieler*innen hypnotisieren lassen. Die für Stimmungen dunkler Gemächer und kalter Berglandschaften geöffnete, ruhige Kameraarbeit und der sphärische Klangteppich der Band Popol Vuh bieten die audiovisuelle Entsprechung. Das schläfrige Narrativ am Vorabend der Moderne führt (nach meiner bisherigen Seherfahrung) zu einem der radikalsten Werke Herzogs und macht umso deutlicher, was dessen Filme so eigenartig werden lässt: Die Vielbödigkeit der dargestellten Welten zwischen historischer Kulisse und traumhafter Möglichkeitswelt.
Nach dem surreal-fantastischen "La Planète sauvage" und dem kindisch-verspielten "Les Maîtres du Temps" schließt Animationslegende René Laloux mit "Gadahar" den Kreis fantastischer Science-Fiction-Filme. Die drollig-derbe Atmosphäre des Vorgängerfilms ist verschwunden, schrille Formen und skurrile Lebewesen in großer Zahl gemahnen wieder deutlicher an Laloux wilden Planeten. Auch der Plot hat wenig Kindliches, es geht um einen Überlebenskampf: Ein Planet und seine Bevölkerung sollen durch eine sonderbare Maschinenarmee gesäubert werden. Nur durch eine Heldenmission kann dem Einhalt geboten werden.
René Laloux bleibt auch mit "Gadahar" in der Tradition klassischer Abenteuergeschichten. Figuren und Handlungsmuster sind altbekannt und grobmaschig, manche pathetischen Momente kommen über die Kategorie "Cringe" nicht hinaus. Gleichzeitig schäumt "Gadahar" vor philosophischen Ideen und Handlungsverweisen zwischen Zeitreise und Transformationsprozessen, die psychedelischen Kulissen und Figuren begleiten das ideal. Schräge 80er-Sounds wie im Vorgänger sind am Ende des Jahrzehnts auch nicht mehr zu befürchten. Fazit: Sci-Fi-Zeichentrick für Erwachsene zwischen psychotroper Welterkundung und Heldenpose. Gibt es so wohl nur bei Laloux.
Low-Budget-Psych-Horror am Lagerfeuer.
Fotomaterial für den idealen Werbeauftritt muss her, also wandert ein junges Start-Up zur Selbstprofilierung in die schönen Wälder Nordamerikas. Einem von den Burschen geht es weniger gut. Seit langem versucht er das Bild seines Vaters zu malen, aber dessen Gesichtszüge bleiben leer. Als er beim Start-Up-Camp überraschend auf seine alte Liebe trifft, eskalieren die Ereignisse und irreale Montagen ersetzen den Handlungsverlauf. Was hat die Frau mit dem fehlenden Gesicht des Vaters zu tun? Eine Reise ins Hirn: Absolut begrüßenswert, nur leider auch etwas zu spät. Zwei Drittel der Spielzeit geraten unsympathische, ungreifbare Twens in steifem Schauspiel in undefinierte Konfliktsituationen, dazu konturlose Shots irgendwelcher Waldabschnitte, alles immerhin bei einem sphärisch entrückten Soundtrack, der mehr Stimmung schafft als der unmotivierte Rest. Ja, und dann das letzte Drittel - ein überaus effektives Schnittgewitter zwischen gruseligen Gesichtsüberblendungen, okkulten Symbolen und lynchesken Werbespots (!). Was das alles soll, wohin es geht und was es mit den Figuren zu tun hat, bleibt offen, ein bisschen zu offen. "I Can See You" zeigt, wie immersives Kino für wenig Geld funktionieren kann, vernachlässigt die kostenlosen Basics wie Storytelling (jeglicher Art) aber leider. Immerhin inspirierend.
"Glissements progressifs du plaisir" wird seinem Titel gerecht. Alain Robbe-Grillet sucht die Bewegung der Lust, der Bedeutung, nichts bleibt still. Zunächst scheint es um die Aufdeckung eines Mordes zu gehen - eine Frau soll ihre Partnerin erstochen haben - dann aber entwickeln die üblichen Tatgegenstände neuen, fortan nie festzuhaltenden Wert. Gleiches gilt für die Figuren und schnell wird klar, dass Grillets steriles Kammerspiel voller nackter Frauenleiber bereits an der Oberfläche zu spiegeln beginnt, Blicke niemals tiefer dringen lässt. Noch deutlicher als der frühere "L'édan et après" reduziert Grillet die Räumlichkeiten auf kahle weiße Umgebungen. Meist sind es rote Farbe, Blut, die durch Wirklichkeit oder Fantasie der Figuren und ihrer Zimmer rinnen. Andere Orte, etwa ein Kerker oder ein Strand, erscheinen nur bruchstückhaft. Sie verweisen auf eine Vergangenheit, Charakterhintergründe, bleiben aber auch Folie für sexuelle Spielarten, solche, die den Tod, jeden Mord, problemlos überdauern: Der (geile) Schmerz im Moment wird entscheidend, gibt Bewegung, Zeit, Kausalität vor.
Man kann den wirklichkeitsgebrochenen "Glissements progressifs du plaisir" leicht als asozial oder selbstgefällig werten, die ständigen Spiegelungen der gleichen Objekte und Strukturen als beliebige Spielerei. Einiges wird so erklärlich, etwa die Leblosigkeit, fehlende Dynamik. Und doch bleibt ein Rest Faszination und Sympathie für die manische wie spielerische Verweigerung, Bedeutung zu halten, vor allem, wenn sie zur munteren Satire gerinnt, etwa, wenn Priester oder infantile Richter mit ihrer Ordnungssuche zum Teufel gehen. Das ist befreiendes Kino, radikal frei, unnahbar, in sich aber schon fast verloren. Noch weiter und es wird gleichgültig.
Psychedelika wie LSD oder Psilocybin haben sich in den letzten Jahren von einer obskuren bis kriminellen Munkeldroge zum lifestylekonformen Bewusstseinsmittel gewandelt. Nicht zuletzt durch die verheißungsvollen Experimente im Rahmen einer therapeutischen Anwendung, wie sie aktuell in den USA (!) stattfinden. Die Netflix-Doku "Have A Good Trip" hat also Schützendeckung und so ziehen in ihr einige Stars blank, zeigen sich gewitzt und ungeniert als Drogenuser*innen. Carrie Fisher, Sting oder Ben Stiller plaudern munter über ihre Erfahrungen mit psychedelischen Substanzen. Dazu gibt es comicschrille Animationen zwischen originellen Bildideen und abgegriffenem Slapstick. Dazwischen Mini-Formate, etwa zum Thema "Bad Trips". Das alles ist flott montiert und Meme-gerecht auf unsere Zeiten zugeschnitten. Manchmal, und je nach Erzähler*in, führt das zu interessanten Einblicken in das vielfältige Wirkungsspektrum der Bewusstseinsöffner, manchmal bleibt es bei bloßen Augenreizern. Ehe man aber beim Urteil ist, das alles degradiere Psychedelika zu bunten Ballerdrogen, fallen immer wieder interessante, neue Betrachtungen ab, Widersprüchlichkeiten. Am Ende ist eben nicht klar, was ein Stoff wie LSD ist und bringt. Und diese Offenheit ist doch gerade das, was jenseits bewährter Stigmatisierungen neue Wege eröffnet. Und ja, Spaß macht der abwechslungsreiche Bilderreigen auch.
René Laloux ist vor allem für seinen psychedelischen Animationsfilm "La Planète sauvage" (1973) bekannt. "Les Escargots" ist einer seiner frühen, ebenfalls animierten Kurzfilme. In viel dunklerer Farbpalette, kargen Szenerien und mit reduzierten Bewegungsabläufen schildert der Film die fantastisch-groteske Begebenheit einer Schneckeninvasion, die im urwüchsigen Garten eines Farmers ihren Anfang nimmt. Düster-satirisch zeigt der Film die Folgen hemmungslosen Wachstums, die Unmöglichkeit, die Natur niederzuwerfen und zu funktionalisieren. Die trostlosen Umgebungen und puppenförmig animierten Figuren geben dem grundsätzlich simplen Unterbau des Films dabei eine rätselhaft apokalyptische, fremdartige Note. Noch dazu gelangt "Les Escargots", nachdem er zu einem beinahe klassischen Creature-Feature wurde, zu einem sonderbar surrealen Schlussakt. René Laloux zeigt sich bereits hier als Regisseur, der dem ausbeuterischen Charakter des Menschen eine mindestens ebenso trostlose, fremdartige Welt entgegensetzt. Hoffnung bleibt für niemanden, nicht einmal von Beginn an. Besser man lacht.
Zum aktuellen Fellini-Film Guy Maddins und zu Maddins Herangehensweise ans Kino überhaupt gibt es auf The Quietus einen lesenswerten Artikel:
https://thequietus.com/articles/28227-film-guy-maddin-rabbit-hunters-interview
Während nach "Under the Skin" alle (sicherlich) sehnsüchtig auf einen würdigen Nachfolgerfilm warten, schickt Visionär Jonathan Glazer einen düster-fragmentarischen Kurzfilm in die Welt. "The Fall" berichtet eben von jenem Fall, den ein Gejagter und Gedemütigter tun muss. Er ist Maskenträger in einer Gesellschaft von Maskenträger*innen und wird von der plötzlich in einen tiefen Schacht gestoßen - an einem Strick. Doch er kann sich retten - nur was dann? Viel mehr passiert jedenfalls nicht. Glazers Kurzfilm bleibt eine allegorische, düster audiovisuell durchgeformte Skizze einer Welt, von der ich gerne mehr erfahren hätte. Viele interessante Elemente zeichnen sich ab, die Inszenierung kommt mit ihren dunkel-leuchtenden Bildern und schleifend-dröhnenden Sounds (alb-)träumerisch und vieldeutig. Es bleibt aber der Eindruck, bloß einen Trailer zum kommenden Arthouse-"Purge" gesehen zu haben. Interessant, als Film aber ernüchternd, allzu unformuliert und deutungsoffen. Warten auf Glazer.
"Joe Schreibvogel".
Macht mich nicht fertig.
Ein Kassettenterrorist kämpft gegen den verblödenden Strom manipulativer Muzak. Schön die Zeiten (1984), in denen Musik noch solche Macht zugesprochen wurde und schön die Zeiten, da in einer deutschen Produktion so viele Industrial-Pioniere mitwirken konnten: F.M. Einheit (Einstürzende Neubauten), Genesis P. Orrige (Throbbing Gristle), Ideenguru William S. Burroughs, dazu Heroine Christiane F. und unter anderem mit Musik von Soft Cell. Die Ideen der subversiven wie internationalen Industrial-Szene treffen sich auch im Skript. Es geht um den Kampf um Informationen, denn Informationen sind Macht. Wer wie der Kassettenterrorist (F.M. Einheit) versteht, wie der Feind agiert, unterwandert den Informationsstrom und zerstört das Monopol.
Weil Subversion auch Underground bedeutet, bleibt der Film Low-Budget, die meisten Schauspielleistungen wirken gestelzt, manche Schnitte kommen holprig. Und trotzdem behält "Decoder" seine einnehmende Kraft, gerade in Momenten, da der Film seine skizzenhafte, spannungsfreie Handlung verlässt und auf assoziative Art kunstvoll strahlende Neonbilder, montone Soundscapes und auch Filmmaterial aus verschiedenen Quellen zusammenschneidet. Macht und Genuss dem, der im richtigen Moment in den Informationsfluss tauchen kann. Ansonsten ein sperriges, oft niedlich verstrahltes Relikt aus den 80ern, mit all ihren Techno-Utopien und skurrilen Fetischen.
Treffende Kritik zu meinem liebsten Cronenberg. Wobei mir "Matrix" als durchdachtes Update des Action-Kinos und seiner Prämissen ebenso gefällt. Sind abgesehen von der Thematik zwei sehr unterschiedliche Zugänge, je nachdem, ob man eher treibendes Unterhaltungskino oder unvorhersehbare Arthouse-Exzesse sucht.
Wichtiger Punkt übrigens: "Matrix interessiert sich für die Körperlichkeit seiner Figuren kein Stück [...]. David Cronenberg hingegen erzählt von Virtualität als Begehren, so wie es kaum ein Film zuvor (oder seither) getan hat."
Cronenbergs Ansatz ergibt sich ja gerade aus der ungebrochenen Faszination am "Perversen", das er nie bloß ausstellt, sondern detailreich und mit allen Implikationen erkundet. "Crash" bietet dafür ein weiteres Beispiel. Solche Feinheiten und Vertiefungen hält "Matrix" in seiner glatten Blockbusterästhetik natürlich nicht bereit.
Erinnert sich jemand an die Opening Credits von Gaspar Noés "Enter the Void"? Leuchtende Neonschriften und Designs flackern im Millisekundentakt und zu zerstückelten Elektrobeats über die Netzhaut. Ein hypnotisch-immersives Erlebnis.
Jodie Macks Experimentalstreifen "The Grand Bizarre" weiß das ums Vielfache zu toppen. Die Anlage scheint harmlos: Wir sehen auf 60 Minuten die meist menschenfreie Welt verschiedener Textilien in bunten Farben - meist sind es Schleier, Tücher und Teppiche mit ihren Ornamenten, Arabesken, Blümchenmustern. Wie in den Stop-Motion-Filmen von Jan Švankmajer erhalten die Textilien in einer Welt ohne produktive Verwendung durch den Menschen bald ihr surreales Eigenleben. Flott bewegen sie sich über den Globus, sind in verschiedenen Ländern - und flackern mutig übereinander. Immer wieder unterbricht Mack ihre Shots von beweglichen Textilobjekten in meist statischer Umgebung für absurd schnelle Montagen unterschiedlicher Textilmuster. Zu verfremdeten, rhythmisch treibenden Tracks wechseln die Oberflächen in enormer Geschwindigkeit vor unseren Augen. Dazwischen geraten auch immer wieder Schriftzüge, Muster, Tabellen, alles was sonst so Textur sein kann. Auch psychedelische Muster ergeben sich aus den Texturschnippseln und flackern in wagemutigen Kompositionen vor sich hin. Das ist so atemberaubend physisch wie form- und ziellos. Ein extremes Theater für Hirn und Auge, in seiner Material- und damit Matschwerdung aller Inhalte möglicherweise auch eher etwas für das Unbewusste. Eine Empfehlung für Nicht-Epileptiker. Anarchie und aus.
"Répertoire des villes disparues" bietet das klassische Szenario einer abgeschiedenen Dorfgemeinde, die durch einen tragischen Zwischenfall in ihrer vermeintlichen Idylle aufgestört wird. Ein junger Mann stirbt in einem Autounfall, vermutlich ist es Selbstmord. Laut einer Bekannten soll er mit übernatürlichen Wesen Kontakt gehabt haben. Bald scheint es bei vielen Leuten im Dorf zu spuken.
Obwohl das sehr nach klassischem Horror klingt, läuft die kleine kanadische Produktion eher über winterliche Landschaftsimpressionen, lakonische Dialoge desillusionierter Bewohner und geisterhafte Andeutungen. Gibt es dann mal eine Konfrontation, funktioniert die ebenfalls minimalistisch, wirkt in ihrer düsteren Zurückgenommenheit aber oft besser als jegliche Schockmethode. Das Dorf wird eben nicht von den Geistern der Vergangenheit attackiert, sondern vielmehr langsam durchsetzt. So ergeben sich im letzten Drittel auch absurde Momente, in denen sich Dorfroutine und Übernatürliches grotesk gegenüberstehen. Der ungewöhnliche körnige 16mm-Look, viel Schweigen und symbolhafte Bilder schaffen letztlich einen nachdenklichen Film über Traumata einer Gesellschaft. Anregend, in allen Belangen aber auch etwas karg.
"The Evil Dead" bleibt eine kleine Exploitationperle mit großer Wirkung. Während die beiden Folgeteile klare Bekenntnisse zum teils absurden Horrortrash sind, sucht der erste Teil der Reihe noch eine ausgewogene Mischung aus atmosphärischer Gruselstimmung und skurriler Monsterschlachterei. Schauspielerei und Plot sind dabei vor allem zweckdienlich, auch wenn Bruce Campbell sein maskenhaftes Laienspiel bereits hier ins theatrale Overacting kippt. Damit passt er sich den untoten Fratzen in ihrem manischen Irrsinn ideal an. Überhaupt: Die lachenden, spottenden Toten bleiben bis heute originell in einem Genre, das sich viel zu oft klar zwischen Absurdität (dann Horrorkomödie) oder Grusel (dann purer Horror) entscheidet. "The Evil Dead" kann beides und zeigt, dass hallende Stimmen, Körpertransformationen nicht nur unheimlich und brutal, sondern auch fantastisch, befremdlich, skurril sind. Ein Lachen, weil die Welt der Untoten längst zu fremdartig, abgefuckt, perfide geworden ist. Zum Sterben oder Irrewerden. Und so sind auch Sam Raimis wilde Kameraführung, die expressiv geschminkten Untoten und die farbenfroh-kreativen Körperzerstückelungen mehr "Tanz der Teufel" als "Evil Dead". Subtil und immersiv ist hier nur wenig, die Hölle lebt längst zwischen uns und zeigt heiter ihre Fratze. Was für eine Provokation!
War Luis Buñuels visionäres Frühwerk noch Versuch, die Realität als solche zu demontieren, dabei beiläufig auch bürgerliche Moralvorstellungen, sind es in seinem Spätwerk letztere, die im Fokus seiner satirischen Attacken stehen. Die spielerische Demontage eines bürgerlichen Abendessens, das aus sonderbaren, äußerst willkürlichen Gründen nicht stattfinden kann, steht im Mittelpunkt Buñuels vielleicht populärsten Films. Die allgemeine Beliebtheit des Films verwundert nicht, so ist "Le Charme discret de la bourgeoisie" flott montiert, voller griffiger Zuspitzungen und Freude am Effekt. Buñuel geht aber noch weiter. Ihm gelingt es nicht nur, die Heuchlerei des Bürgertums in all seiner Infantilität bloßzulegen, sondern zugleich auch dessen Realität vollends in Frage zu stellen. Entsprechend fällt nicht nur die bürgerliche Fassade, sondern mit ihr auch die Realität als solche. Traumbilder und Geister dringen ein, Handlungen erhalten neben der pragmatischen eine unbewusste Zielsetzung, Lust, Trieb und Tod verzahnen sich an den feinsten Punkten. Auch im Spätwerk, wenn auch auf vermeintlichen Umwegen, bleibt Luis Buñuel den Zielsetzungen des Surrealismus nahe. Surrealismus als Angriff auf die Realität, die nur scheinbar ist, nur subjektives Produkt sein kann. Alle Konventionen, gerade die pompösen bürgerlichen, bleiben hilfloser Versuch, objektiv Gemeinschaft zu stiften. Die ist aber nur eine Sache, die unser Hirn produziert und höchstens gleichwertig neben unseren Träumen steht. In "Le Charme discret de la bourgeoisie" wird sie harsch von diesen verdrängt. Jeder Mensch bleibt mit seinen Hoffnungen, Idealen, Gelüsten allein im Bett. Dass Buñuel diese düstere Perspektive mit so viel Leichtigkeit und Schwung in Bilder setzt, macht seinen Film zum abgründig subversiven Genuss.
Zwischen Kult und Hassobjekt bleibt das eigentlich unbedeutende Remake des legendären "The Wicker Man" bis heute Gesprächsthema. Viel zu sagen bleibt dazu tatsächlich wenig. Im Grunde ist der Film eine äußerst durchwachsene Vereinfachung des Originals: Philosophischer Kontext, Musicaleinlagen, eigenartiger Schnitt und unvorhersehbare Dramaturgie, gewitzte Schauspielleistungen - fällt alles weg. Hinzu kommen seltsame neue Motive wie das der aggressiven Bienen, das des männerhassenden Matriarchats, die flashbackreiche Aushandlung der Biografie des Protagonisten und natürlich die besondere Schauspielleistung Nicolas Cages. Der erledigt die mehr als einstündige, gleichförmige Informationsbeschaffung zwischen charakterlosen Inselbewohnern zunächst mit gestellter Lässigkeit, dann mit verzerrtem Sorgenausdruck und explodiert schließlich in jenen deplatziert-überdrehten Actionposen, die dem Film Kultstatus brachten. Hier zeigt sich, was das Ding als gute Trash-Kost qualifiziert hätte: Ein überhastetes Genre-Mash-Up zwischen Mystery, Kampfposen und Kasperletheater. Tatsächlich bleibt "The Wicker Man" über lange Zeit nur ein routiniert montierter RTL-Samstagabend-Thriller mit Cage-Überguss. Und seit wann produziert David Lynchs Stammkomponist Angelo Badalamenti solch nölige Streicherteppiche?
Im Zwischenreich der Toten. Der merkwürdige Horrorstreifen "I Am the Pretty Thing That Lives in the House" interessiert sich nicht für Schocks, Terror oder wirkliche Beklemmung. Vielmehr fährt der Film von Beginn an in die Gedankenwelt eines Menschen, der eigentlich schon tot ist, über den Tod seine Überlegungen anstellt und schließlich auch reflektiert, wie es denn zum eigenen Tod gekommen ist. Entsprechend scheint sich die kammerspielhaft angelegte Netflix-Produktion nie wirklich entscheiden zu können, ob sie ihren schwebenden, fast essayhaften Charakter zugunsten einer Horrorhandlung aufgeben möchte, tut es eigentlich auch nie wirklich. Vielmehr investiert der Film in unheimliche Ansichten schummriger Flure und Treppenhäuser, schichtet über einen düsteren Soundtrack Nuancen übereinander, die auf etwas Zerstörerisches hinweisen, das aber selten zu Gestalt kommen lassen. So effizient das unheimliche Stimmung schafft, so poetisch durchdacht auch die Reflexionen aus dem Off - der schwebende Charakter des Films bleibt leider oft von einer immersiven filmischen Erfahrung entfernt, schafft mehr Blässe als wirklich griffige Erlebnisse. Das ist im Horrorkino besonders, selten, wird nicht einmal vom vorsichtigen Genrekino eines Ti West erreicht, dürfte an vielen aber auch seltsam steril vorbeigleiten. Geisterhaft bleibt auch der Film, dessen wirkliche Botschaft, Stoßrichtung, nie ganz deutlich wird, so aber immerhin seinen Spuk eigensinnig in die Welt setzt.