Dergestalt - Kommentare

Alle Kommentare von Dergestalt

  • über Blond

    Requiem for a Blonde.

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    • Dergestalt 14.10.2022, 20:13 Geändert 14.10.2022, 20:13

      Immer wieder schön, auf immersive Low-Budget-Filme zu stoßen. Am ehesten hat mich "The Oregonian" an den späteren Film "The Rambler" desselben Regisseurs erinnert. Ein rudimentäres Setting (Frau hat einen Autounfall und irrt umher) ist Grundlage eines psychotisch-verschrobenen Trips, den man kaum als Handlungsfilm verstehen kann. Dafür gibt's notgeile Männer in Plüschkostümen, lachende alte Frauen im Rotkäppchen-Outfit, viel schwarzes Blut aus vollen Mündern, harsche Schnitte, grelle Farben und einen Soundtrack, der auch in unangenehme Frequenzen steigt. Klar ist: "The Oregonian" will nicht verstanden, sondern erlebt werden. Und das gelingt, sofern man sich von ungreifbaren Bildern, Ekel- und Schocksequenzen im Hochtakt packen lässt. Dann wirbelt der Film durcheinander und lässt uns über die Vorstellungskraft mancher Menschen staunen. Na also!

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      • Dergestalt 16.09.2022, 20:38 Geändert 16.09.2022, 20:43

        Es heißt, Klaus Kinski hätte Werner Herzog den Paganini-Stoff angeboten, der hätte das Angebot zur Regie aber ausgeschlagen. So übernimmt also Kinski selbst Drehbuch, Regie und Schnitt und macht aus dem Leben des sagenumwobenen Teufelsgeigers einen fast halluzinatorischen Bild- und Fleischesrausch. Selbstverständlich spielt Kinski auch die Rolle des Paganini und selbstverständlich bringt sein Paganini die Frauen nicht nur durch das Geigenspiel zur sinnlichen Lust. Es wird also gevögelt, gevögelt, geräkelt, in Slow-Motion durch die Gegend geschritten oder per Kutsche gefahren. Ohne erkennbaren Handlungsbogen und in redundanter Montage reihen sich kitschige Liebesszenarien vor imposanter italienischer Kulisse und manische Begattungsakte in engen Kammern und Kutschen lückenlos aneinander. Darüber und ohne Ende Panganinis ekstatisches Geigenspiel. Irgendwann dämmert womöglich den letzten Zuschauer*innen, dass diese hypersexuelle Inszenierung des vitalen Genies nirgendwohin als zu sich selbst will. Kinski nur, 1989 schon merklich gealtert und als Paganini im Film mehrfach als hässlich bezeichnet, ertrinkt in diesem rasanten Fiebertraum der Bilder fast. Bleich, verzweifelt und getrieben nimmt er von Anfang an alle Abgründe mit, muss scheitern. Nur die Schönheit, die softpornografisch inszenierten Frauenkörper bewahren seine Augen. "Kinski Paganini" - ein manischer, dummer, aufregender Film.

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        • Dergestalt 21.08.2022, 23:05 Geändert 21.08.2022, 23:06
          über Mahler

          Ken Russells Interpretation verschiedener Lebensphasen des Komponisten Gustav Mahler ist eben das, was man vom Regisseur popkulturell verzerrter Biopics (z.B. Liszt, Tschaikowski) erwartet. Zwar bleibt Russell vornehmlich daran interessiert, die Hintergründe der Musik Mahlers fürs breite Publikum emotionsgeladen zu präsentieren und auf zwei Stunden Laufzeit viele Minuten auf die Charakterzeichnung zu verwenden. Gleichzeitig neigt er aber auch dazu, die Erfahrungswelten des Musikers in schrille, fantastische, assoziative Szenen zu kehren. Höhepunkt: Der jüdische Mahler steht als Siegfried der Drachentöter einer als Nazi-Vamp inszenierten Cosima Wagner mit dem Schwert gegenüber. Auch Kitsch und überdrehte Wendungen dürfen nicht fehlen und so ist "Mahler" der richtige Happen für alle, die diesen Kram mit U- und E-Musik nicht ganz ernst nehmen wollen. Rock Me Gustav Mahler.

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          • Dergestalt 21.08.2022, 13:44 Geändert 21.08.2022, 13:49

            Nicolas Winding Refns Serieneinstand "Too Old To Die Young" bedeutet sinnliche Entsagung. Zwar finden wir wie in seinen Filmen auch hier die klassischen Gangster- und Rachegeschichten, die hypervitalen Männerfiguren, die sinnlichen Frauenfiguren, den archaischen Kampf der Rechtschaffenen gegen das Böse. Nur verweigert Refn nicht nur die Psychologisierung all dieser Phänome, die zwischenmenschlichen Konflikte inmitten der Schablonen - er bremst das Ganze auf zehn fast spielfilmlangen Folgen enorm aus. In langsamen Kamerafahrten und Zooms schafft er strahlende Neonplateaus, in denen sich die Genrefiguren als sterile Kunstobjekte selbst gefallen dürfen. Was die klassische Krimi- oder Thrillerstory auflädt, fehlt hier: Individualität, das innere Ringen, die Konflikte, das Aufflammen des Idealismus in einer korrupten Umgebung. Hier ist alles verkommen, zwielichtig. Gewalt wird nie angezweifelt, sondern spult sich vor den emotionslosen Gesichtern der Figuren ab. Gegenwehr erfolgt selten, alles scheint sich der größtmöglichen Brutalität zu beugen. Und nicht nur das - schließlich wird auch die Gewalt, die Unterdrückung sinnlich, oder eben grotesk. Überhaupt findet Refn zu einer Komik, wie ich sie in seinen Spielfilmen so noch nicht gesehen habe. Da spielt der Chefbulle vor seinen Beamt*innen Jesus, da läuft Barry Manilows "Mandy" zur Verfolgungsjagd mit dem E-Auto. Ein bisschen Inzest, Taro, überhaupt die metaphysische Überhöhung der Gewalt überraschen da weit weniger. Am Ende hat sicher auch Kumpel Jodorowsky in Refns Ohr gesäuselt. Wie auch immer: Refn bleibt dem Genrekino bis zur irren Obsession treu, zeigt seine Obsessionen mit aller Strahlkraft. "Too Old To Die Young" ist so faszinierend wie anstrengend, so ernüchternd wie anregend. Ins Leere starren und Farben sehen.

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            • Dergestalt 18.08.2022, 11:32 Geändert 22.08.2022, 10:38
              über Nope

              Jordan Peele ist zurück - und bringt Diskurse mit! Erste Entwarnung aber vorab: Ein zweites "Us" ist "Nope" nicht geworden. Dafür fehlen die Menschenketten, Gegenuniversen, Erklärbären und was nicht alles. Der zunächst angenehm reduzierte "Nope" eröffnet seinen Plot um UFOs, Mensch-Tier-Verhältnisse und die Schattenseiten des Showbiz vielmehr elegant, mit flotter Montage und schwungvollen Performances. In den Weiten der Wüste, auf der Pferderanch geben sich die oberflächlich entworfenen Figuren freche Dialoge, rätseln ein bisschen über merkwürdige Wetterphänomene und prompt gibt es erste UFO-Sichtungen. Eine gruselig inszenierte Rückblende zum Amoklauf eines Schimpansen und den folgenden Traumata für den UFO-Geek Ricky Park geben dem Ganzen zusätzlich Dynamik. Wirklich spannend wird "Nope" dann allerdings nie, allzu offen liegen alle Phänome, können noch dazu nicht unkommentiert bleiben. Die Figuren und ihre hinskizzierten Traumata nehmen nicht mit, auch wenn die Schauspieler*innen mit aller Mühe durch die Wüste witzeln und grausen. Allzu forciert, sauber durchgetaktet ist das alles, bleibt trotz gelungener einzelner Inszenierungen der Totalkatastrophe zwischen flottem Witz und sorgfältig abgesteckter Düsternis hängen. Für die Bilder, die Suggestion des Kinos bleibt wenig Raum. Jordan Peele scheint mir zu gewitzt, zu stilbewusst, um auch nur in irgendeinem der Genres, die er hier zitiert, wirklich einnehmendes Kino zu machen. "Nope" bleibt stilsicher, gibt kluge Gedanken in den Raum, bleibt trotz Wumms aber nur minimal immersiv. Will er als erhabener Metaflick vielleicht auch gar nicht sein, dann bleibt er mir als Kinofilm aber zu Post-Alles, um noch zu packen.

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              • Dergestalt 26.07.2022, 19:25 Geändert 26.07.2022, 19:25

                Ambitionierte Sexualgroteske aus Deutschland. Wahrscheinlich als Satire auf die ganzen Aufklärungsfilmchen um 1970 herum gedreht, bastelt Peter Fleischmann (!) ein eigensinniges filmisches Spiegelkabinett. Die junge Frau und Protagonistin Dorothea führt im Talk mit dem Publikum durch ihre sexuellen Erfahrungen und zur klassischen Frage, die alle Filmschaffenden um 1970 umzutreiben scheint: Wie ist es um das sexuelle Verhältnis von Mann/Frau wirklich bestellt? Patriarchalen Machtmissbrauch, Instrumentalisierung und Sexismus spart Fleischmann in seinem überdrehten Film nicht aus, liebt das Groteske und die jungen Frauenkörper aber doch zu sehr, um etwas Konsistentes oder gar Feministisches aus Dorotheas schmierigen Sexabenteuern zu machen. Das ist bisweilen auch okay, manchmal sogar surrealistisch visionär, wenn hunderte Lachsäcke im Kanon lachen, ein herabhängender BDSM-Sklave Rilke zitiert, eine merkwürdige Sexmaschine für brennende Pimmel sorgt oder Jesus zu sexuellem Missbrauch rät. Manchmal zieht sich das Ganze aber auch bloß, verwirrt sich in seinen Diskursen nur selbst, läuft leer. Für den deutschen Film bleibt "Dorotheas Rache" aber außergewöhnlich und durchaus standhaft neben der Sexual Weirdness eines Regisseurs wie Dušan Makavejev ("Mysterien des Organismus").

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                • Dergestalt 25.07.2022, 10:47 Geändert 25.07.2022, 10:49
                  über Men

                  Okay, dann eben noch ein Horrorfilm über toxische Männlichkeit. Kann man machen, muss sich dann aber nicht so bedeutungsschwanger (pun intended) aufblasen, nur um die dahinterliegende Banalität schließlich gewollt lässig als Inhalt auszustellen. Mit "Men" greift Alex Garland detailverliebt in den abendländischen Symbolfundus, kreuzt Mythologisches, Biblisches, Backwood-Grauen und hofft, dass die "mother!"-schreiende YouTube-Bubble dankbar ihre Videoessays schmettert. Das ist forciert, bisweilen charmant drüber, am Ende aber nur Pose für die ewiggleichen Inhalte. Konsequent immerhin, dass die Protagonistin am Ende selbst ermüdet, nicht mehr schockiert wirkt. Ihr Gesicht als Spiegel des Publikums.

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                  • Dergestalt 24.07.2022, 12:55 Geändert 24.07.2022, 15:23

                    Dem Ruf, Schweden sei ein idyllisches, vielleicht melancholisches Land konnte Bo Arne Vibenius bereits mit "Thriller - A Cruel Picture" entgegenwirken. Eine sexuell misshandelte Frau holt aus und tötet mit stilbildender Augenklappe die Täter in stylischer Slow-Motion. Das hat unter anderem Exploitation-Liebhaber Tarantino zu "Kill Bill" inspiriert und wer "Thriller" gesehen hat, weiß auch, warum der Film fasziniert. Überstilisierte Low-Budget-Action in entsättigten Bildern und Pornografie - was wollen Exploitation-Liebhaber*innen mehr?
                    Denen ist in jedem Fall "Breaking Point" empfohlen, der sich schon im Titel als "Pornografisk thriller" ausgibt. Ähnlich wie "Maniac", "The Driller Killer" oder "Clean, Shaven" steigt der Film tief in die Psyche eines psychotischen Mörders. Ein hypnotisch dröhnender und quietschender Elektrosoundtrack folgt dem Triebtäter, der seinen Opfern in ausgedehnten expliziten Pornosequenzen begegnet. Überraschenderweise scheinen die Frauen meist keine Gegenwehr zu leisten, sondern geben sich wie im klassischen Porno dem sexuell aktiven Mann hin. Schließlich spricht auch ein Experte mit dem Namen "Dr. Siegmund" aus dem Fernsehen zu ihnen: Sie sollen bloß keinen Widerstand leisten, und sowieso: 89% aller Frauen genießen den sexuellen Überfall doch sowieso. Inwiefern das alles vom Killer zurechthalluziniert ist oder doch hochproblematischer Subtext der misogynen Fantasie des Regisseurs bleibt offen. An der Wahrnehmung des Mörders bleibt immerhin viel fraglich: Mal halluziniert er laute Zuggeräusche in seine Modeleisenbahn, mal darf er seiner Arbeitskollegin in Ruhe zwischen die Beine schauen. Der sonderbare Soundtrack irgendwo zwischen Goblin ("Suspiria") und Elektroexperimenten und das übersteuerte Sounddesign tun ihr Übriges, um den Film wie eine verzerrte Fantasie aus einem Wichsheft wirken zu lassen. Faszinierend in jedem Fall - und vollkommen durch.

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                    • Dergestalt 16.07.2022, 11:23 Geändert 16.07.2022, 11:30
                      über Nails

                      Lo-fi-Psych aus dem 2000er-Techno-Russland oder: Statt Drogen hämmer' ich mir Nägel in den Kopf. Ein bisschen ist "Nails" die Story eines traumatisierten Hitman, der sich zur Traumabewältigung Nägel in sein Hirn rammt. Vor allem ist "Nails" ein surreal-groteskes Bilderlaufen aus dem genagelten Hirn. Was den nach klassischen Horror- oder Thrillermaßstäben hoffnungslos übersteuerten "Nails" so wunderbar macht, ist der Wille zu sonderbaren Montagen. Mal entdeckt der genagelte Hitman glibbrige, irgendwie belebte Substanzen in seinem Kühlschrank, mal mutiert die Partnerin zur sonderbaren Zombiepuppe mit steinerner Gesichtsmaske. Dazwischen Splatter, rauschende oder pulsierende Farbflächen, die Wohnung des Killers strahlt im Neonlook. Irgendwo im Subtext lauert vielleicht eine totalitäre Gesellschaft, die den irre gewordenen Hitman irgendwie loswerden möchte. Vor allem ist "Nails" aber ein fröhliches Bildschirmflackern aus der Lyserghölle, so unvermittelt wie einnehmend, so ideal für eine Sommernacht jenseits der Liebsten.

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                      • Dergestalt 13.07.2022, 08:54 Geändert 13.07.2022, 08:57

                        Fieberhaftes Neongewitter aus Kamerun. "Les Saignantes" begleitet zwei Frauen auf ihrem Weg durch die Nacht. Zunächst klingt es nach klassischer schwarzer Komödie: Eine hat einen ranghohen Militär umgebracht und irgendwie muss die Leiche weg. Auch haben sie nur einen Kopf dabei, den sie irgendwie unauffällig unter die Leute bringen wollen. Moment - was? Ja, relativ schnell entwickelt der hektisch geschnittene, zwischen Slow-Motion und Beschleunigung inszenierte Film eine Eigendynamik, die (für westliche Zuschauer*innen?) kaum mehr verständlich ist. Nach Charaktermotivationen und Psychologie fragt man schnell nicht mehr, aber auch als poetischer Rausch klemmt und eckt "Les Saignantes". Mal scheint es um die Korruption Kameruns zu gehen, mal um einen magischen Kreis, dem die Frauen angehören, mal um Vergangenheits- und Zukunftsbewältigung. Dazu loopt der Soundtrip Trip-Hop-Beats, die Kamera filmt ein wenig zu genussvoll die halbnackten weiblichen Körper ab. Am Ende wartet ein versucht stylisches, aber enorm unbeholfenes Nahkampfduell, garniert mit Special Effects auf TV-Niveau. Eine bloße geile Fingerübung, eine audiovisuelle Collage, eine schwarze Komödie. So ganz, hat man das Gefühl, will sich die ambitionierte Lo-fi-Produktion nicht entscheiden und bleibt unbarmherzig zwischen allen Stühlen. Immerhin: Vergessen wird man dieses kleine Leinwandchaos kaum.

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                        • Dergestalt 12.07.2022, 09:14 Geändert 12.07.2022, 09:40

                          Bereits vor dem Cyberpunk-Classic "Tetsuo" hat Shin'ya Tsukamoto überdrehte Bodymutations gefilmt. Der kompakte "The Adventure of Denchu Kozo" erzählt die märchenhafte Geschichte eines Jungen, der mittels eines Rohres, das aus seinem Rücken ragt, durch die Zeit reist und versucht, die Welt vor Punkvampiren zu retten. Bereits hier sind alle Zutaten am Start, die wir von "Tetsuo" kennen (und lieben): Mutierte Menschmaschinen, chaotische Schnittfolgen, überdrehtes Acting, holprige Dramaturgie, Stop-Motion-Actionszenen. Dazu gibt es rettungslos in Filtern und Klaviermusik ertränkte Szenen voller Pathos, die durchaus wieder im Grotesken landen, etwa wenn die Mentorin dem jungen Helden eine Glühbirne am Rohr befestigt, die ihn fortan im Kampf gegen die Vampire unterstützt. Auch mal was: Cyberpunk trifft Märchenzauber.

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                          • Dergestalt 11.07.2022, 14:15 Geändert 11.07.2022, 14:24

                            "Tetsuo" für den Actionfan. Die Fortsetzung des zu Recht als Kultklassiker des Cyberpunk verehrten "Tetsuo: The Iron Man" ist eigentlich gar keine Fortsetzung, sondern ein bekömmlicherer Neuaufguss. Zunächst ist es wieder der unbescholtene Bürokaufmann, der durch eine merkwürdige Infektion zum Maschinenmonster wird und es dann mit der ganzen Welt aufnimmt. Neu sind die generische Backgroundstory mit Frau, Kind und tragischer Kindheit des zukünftigen "Iron Man", ebenso die hypermaskuline Armee der Bösewichte, denen sich der Held stellen muss, um sein Familienheil zu retten. Zwar ist das alles eher lose zusammengeschustert und gibt den weiterhin wild montierten Actionszenen und Körpertransformationen genügend Raum - trotzdem fehlt der Fortsetzung die ungeheure Dynamik des Originals, das doch mehr Raum für erzählerische Leerstellen und poetisch-surreale Bilder gelassen hat. Auch der ambivalente Fetischcharakter der Gewalt ist in "Tetsuo 2" deutlich schwächer ausgeprägt, ebenso der homoerotische Subtext. Ist der Film gemessen an den Standards des Actionkinos immer noch überdreht, bleibt er im Vergleich zum Original doch mutlos. Kurz gesagt: Wer "Tetsuo" kennt und liebt, braucht den zweiten Teil eigentlich nicht. Wer den ersten Teil nicht kennt, ist mit dem eh besser bedient. Empfehlenswerter als "Tetsuo 2" ist in jedem Fall "Tokyo Fist", der die Übermutationen des Cyberpunk stimmig ins Boxermilieu überträgt und eher etwas Neues schafft, als dieser nette, aber unnötige Neuaufguss.

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                            • Dergestalt 03.07.2022, 15:24 Geändert 04.07.2022, 08:54

                              Lasst uns Tags schmettern. Afrofuturistisches Musical. Basierend auf der Idee für eine Graphic Novel. Koproduktion USA/Ruanda. Regie u.a. durch einen Musiker. Neonfarben. "Neptune Frost" bietet alles auf und reißt seine Zuschauer*innen in eine dystopische Welt, in der sich nur ein durchästhetisiertes Hackerkollektiv gegen die überall drohende Ausbeutung wehrt. Erretterfiguren braucht es natürlich auch, etwa in Gestalt der intersexuellen Hackerin Neptune. Das als erzählerische Klammer. Gefüllt wird sie mit neonglänzenden Bildern schöner Menschen, umständlichen, durchchiffrierten Dialogen über Schwarze Identität jenseits kolonialistischer Ausbeutungssysteme und einem ätherischen bis aggressiv stotternden Elektrosoundtrack, auf dem die Figuren ihre Botschaften singen. "Neptune Frost" ist ohne Frage anstrengend, in seiner ununterbrochenen Selbstausdeutung schwerfällig. Gleichzeitig holt der Film audiovisuell ab, lässt die Dialoge bisweilen zu einzigem Klang werden, schafft eine ätherische Gegenwelt zur westlichen Sci-Fi. Diskursbindung bleibt gleichermaßen Pflicht und wer sich für Postkolonialismus, afrikanische Gegennarrative und Hackeranarchismus im Sci-Fi-Setting nicht interessiert, könnte auf der Strecke bleiben. Darf auch sein. Dass sich ein Film mit solcher Wucht und ästhetischen Konsequenz diesen Themen annimmt, ist mehr als erfreulich.

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                              • Dergestalt 13.06.2022, 09:59 Geändert 13.06.2022, 10:01
                                über RRR

                                Bollywood-Mutationen. Der indische Überhit "RRR" schlägt auch hier seine Wellen und so kam ich endlich einmal in den Genuss indischen Genrekinos. Und ja, was soll ich sagen - meine Erwartungen wurden übertroffen. Ein überbombastisches CGI-Gewitter maskuliner Erweckungsfantasien, ideologisch problematisch, dramaturgisch generisch und in seinem (gesuchten?) Trash-Appeal überwältigend unterhaltsam. Auf unbarmherzigen und doch voranpreschenden 190 Minuten folgen wir einem kämpferischen Männergespann auf seinem Kampf gegen das British Empire, sehen es Frauenherzen erobern, zusammen mit Tigern und anderem Getier in Slow Motion durch die Luft fliegen, die abstrusesten Stunts und Tanzsszenen vollführen und schmalzige oder pathetische Dialoge schmettern. Mit Megalomanie in absurd hoher Taktung zelebriert "RRR" sein Pathos und verweist in wenigen Minuten alle ernsthaften Hollywood-Actioner und zugleich allen populären Pseudotrash à la "Sharknado" ihrer Plätze. So vital und energisch kann Kino sein - und so verkitscht, regressiv und populistisch. Mit "RRR" bekommt man alles und darf sich in seinen eigenen widersprüchlichen Gefühlen suhlen.

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                                • Dergestalt 11.06.2022, 13:11 Geändert 13.06.2022, 10:04

                                  Mit "R100" wagt Comedian und Regisseur Hitoshi Matsumoto ("Symbol", "Dai-Nipponjin") erneut schmissig-überdrehtes Metakino, diesmal für ein (über-)erwachsenes Publikum. Der bald unvorhersehbare Plot erzählt von einem masochistischen Mann, der sich einer seltsamen Sexagentur anvertraut. Die schickt ihm auf eigenen Wunsch regelmäßig Dominas vorbei, die ihn im Alltagsleben abrupt und brutal überfallen. Was zunächst nach Schikane aussieht, gefällt dem Mann. Bei seinen vielen Orgasmen verformt sich sein Gesicht, tropfenhaft verzerrt sich das Bild. Diese seltsamen visuellen Effekte bereiten aber kaum auf das vor, was noch folgen wird. Nicht nur eskalieren die Auftritte der Dominas zunehmend, auch stellt sich die Sexagentur als überaus merkwürdige Institution heraus, die nicht nur den Alltag des Mannes, sondern die Realität überhaupt zu kontrollieren scheint.
                                  Wer "Symbol" kennt, könnte ahnen, was folgt: Realitätsbrüche, skurril schwankende Charaktermotivationen, merkwürdige Bildeinfälle und Montagen. Neu hinzu kommt der kontrovers angelegte Kontext von Sex und Gewalt, der auch Kinder nicht ausnimmt und mehr an die Werke Takashi Miikes oder des zweifelhaften Sion Sono erinnert als an das kunterbunt-anarchische Treiben früherer Filme Matsumotos. Anders als in "Symbol" wirkt auch die Verhandlung der bald offensichtlichen Metaebene des Films weniger assoziativ-spielerisch als mühsam gesucht. Wenn Granaten krachen, Real-Life-Wrestlerinnen durchs Bild stolzieren, Ninjas zu Chorsängerinnen transformieren und Dominas quer durchs Bild montiert werden, bleibt dennoch genügend surrealistische Willkür, um "R100" jenseits der Sehgewohnheiten im Gedächtnis zu verankern.

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                                  • Dergestalt 09.06.2022, 19:18 Geändert 11.06.2022, 12:57

                                    Another Midnight. Nach einem Ausflug durch Scorseses großartigen "After Hours" kam nun ein anderer, szenisch ähnlich gelagerter Film: "Bringing Out the Dead" mit Nicolas Cage. Wie "After Hours" ebenfalls ein oft übersehener, eher skurriler Film im Schaffen Scorseses. Wenngleich die Figuren heruntergewirtschaftet sind, der Plot rund um einen vollkommen ausgebrannten Notfallmediziner auf ewiger Streife nach Zynismus schreit, bleibt hier eine grotesk-humorvolle Note, die alles erträglich macht. Mehr noch: Für mich ist dieser wirre Trip durch die Nächte New Yorks ein kleiner Zuspruch an Menschlichkeit, der Suche nach Nähe und trotz allen Schleifen, überdrehten Szenen und klassischen Cage-Performances ein versöhnlicher Film. Und an den von Laternen überstrahlten, regennassen Straßen New Yorks kann ich mich auch hier nicht sattsehen. Für Freund*innen von atemlosen Charakterfilmen wie "Magnolia" aber auch der schweren Ekstase eines "Leaving Las Vegas" (Minus Pathos) eine klare Empfehlung.

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                                    • Dergestalt 04.06.2022, 11:07 Geändert 05.06.2022, 17:03
                                      über X

                                      Ehrlich gesagt bin ich kein Fan der Filme von Ti West. Für "House Of The Devil" und "The Inkeepers" gilt: Sorgfältige Anlage in Sachen Story und Figurenzeichnung, subtiler Spannungsaufbau, überladener Showdown. "X" hingegen kommt für mich aus einem Guss. Einerseits klar im Retrofieber und mit überdeutlicher Referenz an den Backwoodhorror, andererseits stilsicher montiert und mit Brechungen an den entscheidenden Punkten. Beinahe absurd, wie gut die Gratwanderung zwischen Style und Tragödie gelingt, wie Gutes und Böses zusammenfallen, wie romantisch, grotesk, schillernd dieser Hybrid aus Alt und Neu funktioniert. Das Anliegen, vermeintlich böse Rednecks menschlicher, bedürftiger, tragischer zu zeichnen, weibliche Selbstbestimmung für alle Figuren zu verhandeln, gelingt "X" zwar nur bedingt - am Ende bleibt vor allem die Angstlust am alten Fleisch und die Lust an jungen Frauenkörpern - die wilde, zynische Freude, mit der eine vermeintliche Schönheitskultur eingerissen wird, steckt dennoch an, gibt ein befreiendes Gefühl. "X" arbeitet das Genre so genussvoll durch wie seinerzeit "You're Next" und zeigt, dass zeitgenössischer Horror funktionieren kann.

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                                      • Dergestalt 21.05.2022, 09:53 Geändert 24.05.2022, 11:25

                                        Meisterwerk oder konfuser Irrsinn? Was üblicherweise anhand der Filme David Lynchs diskutiert wird, darf auch einmal auf einen Film Martin Scorseses angewandt werden. Der vergleichsweise unbekannte "After Hours" erzählt vom Umherirren eines Mannes im nächtlichen Manhatten. Er trifft auf Gestalten, die so eigenartig inszeniert sind, dass man bisweilen tatsächlich glaubt, in einem Lynch-Film gestrandet zu sein. Nicht nur die Inszenierung mit ihrer schweifenden Kamera (Michael Ballhaus), den merkwürdig bedeutungsschaffenden Close-Ups, den irrealen Raumbeleuchtungen fordert heraus - auch der Plot springt von einer Gegebenheit zur nächsten, nur um plötzlich wieder Verbindungen zu schaffen. Manchmal funktioniert "After Hours" wie eine klassische Komödie mit ihren Pointen, nur um im nächsten Moment düster, abseitig, unverständlich zu werden. Gekonnt, treibend, intensiv ist das alles inszeniert und schließt am Ende einen 90-minütigen Mikrokosmos, der beeindruckt zurücklässt. Die Möglichkeiten des Erzählfilms ausreizen - das können Lynch und Scorsese, so viel darf verglichen werden.

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                                        • Dergestalt 12.05.2022, 09:48 Geändert 12.05.2022, 12:32

                                          Ein knapp vierstündiges Portrait, das seinen Protagonist*innen durch eine fahle chinesische Großstadt folgt. Menschenleere Räume, die nur dann gefüllt sind, wenn Menschen aufeinander losgehen. Eine Kamera, die frei gleitet und doch immer wieder klaustrophobisch eng in den Gesichtern der Figuren hängt. Ein Film, der seine nihilistische Botschaft über die Ödnis der Welt plakativ in seiner müde vorgetragenen Dialoge schmettert. Und das wunderbar allegorische Bild eines stoisch sitzenden Elefanten irgendwo in einem Zoo. Alle Figuren wollen das Tier sehen, kommen ihm schließlich nahe. Was ihnen das gibt? Das lässt dieser Monolith von Film offen, ebenso wie viele poetische Feinheiten, die seinen sturen Realismus immer wieder zärtlich durchbrechen. Verbrannte Streichhölzer an der Decke, ein Billiardstock, der müde seine Besitzer*innen wechselt, ein Junge, der den Schulhof schrubbt und die Poesie liebt.

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                                          • Dergestalt 06.05.2022, 18:35 Geändert 07.05.2022, 11:13

                                            Im Nachfeld der Antipsychiatriebewegung der 70er-Jahre dreht Werner Schroeter das halluzinatorische Kammerspiel "Tag der Idioten". Handlungsort ist eine Frauenpsychiatrie, in die sich die junge Carole einfindet. Aus welchen Gründen sich die getriebene Frau dorthin bewegt, lässt der Film offen. Ein klares Narrativ, eine Handlungsrichtung ist nicht zu finden. Durch die Augen der Protagonistin und ihrer kreisenden inneren Monologe aus dem Off treffen wir auf eine ganze Parade wirklichkeitsgelöster Figuren und ihrer abrupten Auseinandersetzungen mit der Realität. Zu klassischer Musik und vor theaterhaft arrangierten Kulissen, die Schroeters Erfahrung mit Theater und Oper verraten, laufen Leute mit Nachttöpfen als Kronen umher, nackte Frauenkörper sind nicht selten im Bild. Viele Spiegel, Licht-/Schattenspiele und plötzliche Montagen machen den grauen Klinikraum zum unheimlichen wie sinnlich überladenen Innenraum. Bald tritt der Tod in den Anstaltsalltag, der von Beginn bis Ende keine sichere Bindung an die äußere Wirklichkeit kennt. Für Carole vielleicht genau das, was sie braucht. Inwiefern das alles voyeuristisch, aufgeblasen philosophisch, kalt, deutsch, unnötig ist, mag man sich fragen - mich hat der repetitive Wirklichkeitstaumel fasziniert, eingefangen und gelangweilt wie nur Werner Herzogs archaischer Traumfilm "Herz aus Glas". Für Freund*innen des expressiven Neuen Deutschen Films sicher eine Empfehlung.

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                                            • Dergestalt 28.04.2022, 11:04 Geändert 30.04.2022, 11:55
                                              über Gothic

                                              Ich bin sehr froh, dass es Ken Russell gibt. Ein Regisseur, der zwischen wuchtigem Pomp und überspannter Exploitation immer zuverlässig zu finden ist. Einer, der sich nicht scheut, große Namen wie Wagner, Liszt oder hier Lord Byron und Mary Shelley in abstruse Zwischenwelten zu setzen. Und obwohl der überspitzte Stil Russells seine Wurzeln im Exploitationkino nie vergessen lässt, führt seine Fabel über die düstere Inspiration englischer Schriftsteller*innen in prachtvoll ausgestaltete und beleuchtete Sets, zu sorgfältig geschliffenen Dialogen und schließlich in eindrücklich surreale Spiegelbilder. Das Pacing ist hoch, die Merkwürdigkeiten stapeln sich und wer am Ende noch von einem klassischen Grusel- und Schauerfilm reden möchte, hat wohl übersehen, dass Ken Russells psychotropes Spinnerkino Genregrenzen längst überschritten hat. Wäre unsere heutige Kinolandschaft gefüllter mit solch spleenigen Produkten, wäre der Unterhaltungsfilm gerettet.

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                                              • Dergestalt 24.04.2022, 16:14 Geändert 25.04.2022, 10:23

                                                Filmische Avantgarde meets Punk. Wem Godard selbst in radikalen Werken wie "Weekend" zu nüchtern und verkopft kommt, der greife zu Shūji Terayamas Filmen. Sein frühes Werk "Throw Away Your Books, Rally in the Streets" bietet ein irritierend eingängiges Leinwandchaos vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Umbruchsprozesse im Japan der 1970er. In plötzlich wechselnden Farbfiltern, expressiv-surrealistischen Szenentableaus, wirbelnder Kamera und einem Soundtrack zwischen Punk und Noise jagd der Film einem jungen Mann nach, der mit den traditionellen Erwartungen der Gesellschaft brechen möchte. Auf seinem rauschenden Trip gegen Patriarchat, Religion und sittliche Ordnung folgen ihm diverse Gestalten, maskiert, geschminkt, singend, lachend, heulend. An der Figur des verzweifelten Revolutionärs brechen Gesellschaftskonstellationen auf und treten in imaginären Räumen neu zusammen. Hochgradig assoziativ, in seinen gesellschaftskritischen Aussagen aber auch unverblümt, baut dieser Film auf über zwei Stunden eine psychedelische Gegenkultur auf und reißt sie im selben Zug wieder nüchtern auseinander. "Throw Away Your Books, Rally in the Streets" - selten hat mich Kino so belebt und gleichzeitig zersetzt.

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                                                • Dergestalt 20.04.2022, 11:05 Geändert 20.04.2022, 11:14
                                                  über Weekend

                                                  Was bleibt zu "Weekend" noch zu sagen, wenn schon bekannt ist, wie originell und stilprägend diese Mischung aus surrealistischer Handlungsmontage, spielerischer Pop-Art-Stilnummer und apokalyptischem Meta-Genrefilm ist? Jean Luc-Godard beweist ein weiteres Mal, dass er zwar ein anstrengend intellektualisierender Filmemacher ist, gleichzeitig aber auch ein Gespür dafür hat, wie er das intellektuelle Material seiner Filme als Material immer wieder zur Show macht. Angesichts der Wochenendapokalypse voll brennender Autos, sich ermordender Menschen, ständiger Texttafeleinblendungen und Soundfragmente geht den Figuren ihr sozialkritisch-philosophisches Konzeptualisieren leicht verloren, wird unnötig, grotesk, gerade angesichts der existentiellen Zerstörung von Körper, Material. Oder steht die Sache anders? Sind es nicht die Ideen, die menschliche Deutung der Welt, die jede Apokalypse überleben und immer neuen Sinn schaffen, allem immer ein neues System geben, das zu funktionieren droht? Den Surrealist*innen hätte diese Pervertierung von Sinn gefallen. Godard fühlt sich in deren Gefilden sichtbar wohl - und es macht Spaß, ihm dorthin zu folgen. Film als flirrende Abrissaktion.

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                                                  • Dergestalt 09.04.2022, 17:04 Geändert 09.04.2022, 23:12

                                                    Gehört "Adventure Time" bereits zu den originelleren Vertretern zeitgenössischer Animationsformate, setzt Macher Pendleton Ward ausgerechnet für Netflix ein noch abgedrehteres Serienformat in die Welt. Allein die Konzeption von "The Midnight Gospel" ist besonders. Dem Protagonisten der Mini-Serie, dem instellaren Spacecaster Clancy Gilroy legt Ward nicht nur die Stimme des realen Podcasters Duncan Trussell in den Mund, sondern verwendet für die Sprechparts seiner Serie auch viel Material aus dessen Podcast "The Duncan Trussell Family Hour". Im kunterbunten, psychedelisch animierten Universum Wards erscheinen der Podcaster und der jeweilige Gast seiner Sendung jedoch vollständig verfremdet als seltsame Avatare und erleben während ihrem Plausch eine echte "Adventure Time". Die ist übriges weitaus weniger jugendfrei als die beliebte Serie. Entsprechend geht es in interstellare Fleischfabriken, Horrorspiegelkabinette oder inmitten eine Zombie-Apokalypse. Gesprochen wird währenddessen unbeirrt locker über das, was Post-Hippie-Podcaster wie Joe Rogan oder Duncan Trussell eben gern beplaudern: Leben, Sterben, Meditieren, Drogen.
                                                    Geht das zusammen? Jein. Eigentlich unmöglich, den spirituellen Dialogen in diesem Bildschirmchaos jederzeit zu folgen, noch schwerer, Zusammenhänge zu erkennen. Will man Pendleton Ward einen Vorwurf machen, dann vielleicht den, die soften Selfcare-Dialoge durch nonkonformistische Animationen willkürlich cooler zu machen als sie sind oder Trussells überaffirmative Art durch einen gewalttätig irren Kosmos zu relativieren. Aber eben genau das ist es auch, was das Ganze erfolgreich aufbricht und interessante Kontrastspannungen gewinnt. Ein Wohlfühldogma gibt's nicht. Und mal generell gesagt: Die meisten connectenden Wohlfühldialoge braucht es in unserer von ideologischen Fronten durchdrungenen Welt vielleicht doch dringender, als man sich das eingestehen mag, zumal einige der Perspektiven hier spannende Fragen eröffnen. Auf die Podcasts von Trussell habe ich jedenfalls Lust bekommen. Und Netflix hat doch erfolgreich vermarkten können.

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