Framolf - Kommentare
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Alle Kommentare von Framolf
Ein Fernsehmoderator wird beauftragt, drei seiner Freunde, die verdächtigt werden, dem KGB Informationen zuzuspielen, bei deren jährlichem „Osterman Weekend“ auszuspionieren.
Sam Peckinpahs ('Getaway') letzter Film beginnt zunächst ein wenig sprunghaft bzw. wurde im ersten Akt etwas überambitioniert montiert, biegt dann aber zügig auf deutlich klassischere Pfade ein und erzählt die Geschichte eines Katz- und Maus-Spieles, bei dem zwar von Anfang an klar ist, dass etwas nicht stimmt, aufgrund des Misstrauens zwischen den Charakteren aber auch kaum „Ankerpunkte“ zu finden sind, auf die man sich als Zuschauer zuverlässig stützen kann. Und so regiert eben der Zweifel, während sich die Schlinge für den Protagonisten immer enger zieht.
Der Cast bietet mit John Hurt, Dennis Hopper, Craig T. Nelson, Rutger Hauer, Burt Lancaster und Helen (Un-)Shaver einige recht bekannte Namen auf, die für eine ordentliche Portion Glanz sorgen. Drehbuch und Regie hingegen wirken an einigen Stellen etwas konfus; vor allem in Hinblick auf den sprunghaften Anfang und das Ende, das – mit seiner Naivität regelrecht kokettierend - ein wenig über das Ziel hinausschießt.
Somit steht unter dem Strich ein durchaus sehenswerter Thriller, der fraglos seine Momente hat, sich in seinen schwächeren Augenblicken aber auch wiederholt selbst im Weg steht.
Fun Fact: Die Produktion einer Neuverfilmung befindet sich dem Vernehmen nach bereits in der Pipeline.
Mit 'Die Killer-Elite' legte Sam Peckinpah einen Agententhriller vor, der bis heute noch erstaunlich frisch wirkt; weniger im Stil, aber inhaltlich auf jeden Fall, denn zumindest thematisch und strukturell ist man hier nicht allzu weit von Filmen wie 'Triple 9' u. ä. entfernt. Was die Inszenierung betrifft, liegen hingegen Welten zwischen damals und heute. Aber was einige Zuschauer als Längen empfinden, könnten Nostalgiker durchaus auch als wohltuende Entschleunigung empfinden. Denn Peckinpah nimmt sich viel Zeit. Für einzelne Szenen und Dialoge, aber auch für ganze Handlungsblöcke (wie etwa die Reha des Protagonisten). Auf diese Weise entsteht ein Agentenfilm mit dosierter Action und noch sparsamer (aber durchaus effektiv) eingesetzten Humoreinlagen. Die Handlung und die Inszenierung wirken zwar nicht bis ins letzte Detail schlüssig, aber unterhaltsam allemal – sofern man die nötige Geduld für einige betont ausführlich gestaltete Szenen mitbringen kann und möchte.
Nebenbei bemerkt: Der Cast mit James Caan, Robert Duvall und Burt Young passt wie die Faust auf's Auge und wertet den Unterhaltungfaktor zusätzlich auf.
Acht Jahre später sollte Peckinpah mit 'The Osterman Weekend' einen weiteren, thematisch und stilistisch allerdings völlig anders gelagerten, Agentenfilm vorlegen. Sein letztes Werk. (Kommentar dazu folgt morgen)
Eine Gruppe ehemaliger Agenten macht Jagd auf ein paar Elitesoldaten bzw. Söldner, die ihnen selbst gar nicht mal so unähnlich sind. Mit Spionagetätigkeit im Sinne klassischer Informationsbeschaffung oder gezielter Desinformation hat das alles nicht viel zu tun. Stattdessen geht es eher in Richtung „covert operations“. Umso kurioser wirkt dabei die Behauptung, es würde sich hierbei um eine Geschichte handeln, die auf wahren Begebenheiten beruht. Als gegen Ende des Filmes eine Texttafel besagt, dass nichts über den Verbleib der entsprechenden Personen bekannt ist und es auch keine offiziellen Verlautbarungen dazu gibt, stellt sich auch die Frage, auf welcher Basis die Schilderungen überhaupt fußen. In welchen Facetten der Geschichte Autor Ranulph Fiennes in seinem Buch also Geheimnisse ausposaunt oder dem Publikum eine Räuberpistole vorsetzt, bleibt der Phantasie der Zuschauer bzw. Leser überlassen.
Ansonsten: Der Cast reiht eine ganze Riege bekannter Namen auf. Neben Jason Statham in der Hauptrolle wirken in den Nebenrollen Robert DeNiro und Clive Owen ebenso mit wie ganze Schar an Darstellern, die man in erster Linie aus dem Serienbereich kennt: Adewale Akinnuoya-Agbaje ('LOST'), Yvonne Strahovski ('Dexter', '24', 'The Handmaid's Tale', 'Chuck') sowie Aden Young ('Rectify') und Dominic Purcell ('Prison Break', 'Der Fall von John Doe'); die beiden letzteren mit legendärem Styling. ;-D
Spion(T)age 2021 Film 40
https://www.moviepilot.de/liste/spion-t-age-2021-framolf
Ben Kingsley, Charles Dance und Helen Mirren in einer Spionagegeschichte, die 1908 auf einer von türkischen Streitkräften besetzten griechischen Insel (irgendwo in der politischen Peripherie) spielt, aufgrund der Thematik aber zeitloser ist, als es auf den ersten Blick vielleicht erscheinen könnte. Denn 'Pascali's Island' beschäftigt sich mit einer der niedersten Formen der Spionage: Dem Spitzeltum. Ben Kingsley gibt dabei einen jener Spitzel, wie sie manch einer auch aus der Tschechoslowakei und einigen anderen osteuropäischen Staaten (um nur mal ein Beispiel zu nennen) noch kennen dürfte - teilweise blieben diese Strukturen ja sogar einige Monate über das Bestehen des Ostblocks hinaus noch bestehen. In Westeuropa finden sich solche Figuren auch heute noch zuhauf in diversen kriminellen oder politisch radikalen Milieus. Genau das ist es auch, was einen Film wie diesen besonders interessant erscheinen lässt: Diese unselige (und scheinbar zeitlose) Mischung aus Informationsanhäufung und Korruption. Denn unter dem Schutz der örtlichen Besatzungsmacht kann der Protagonist hier auch regelmäßig sein eigenes (durchaus lukratives) Süppchen kochen. Und so braut sich eine unheilvolle Gemengelage zusammen, die ab einem gewissen Punkt mehr oder weniger allen Beteiligten über den Kopf wächst. Und doch (oder gerade deshalb) hat sich diese Methode bis heute erhalten; zumindest – um es mit Niklas Luhmann zu sagen - in einigen Teilsystemen.
'Pascali's Island' kann somit (trotz einer verhältnismäßig bedächtigen Inszenierung) dank seiner clever gesetzten Handlungs- und Figurenkonstellation also durchaus spannende Unterhaltung bieten – sofern man sich für Filme begeistern kann, die mehr oder weniger ihren eigenen Weg gehen. James Deardens Inszenierung erweist sich somit als kleiner und recht unscheinbarer Geheimtipp in Starbesetzung.
Bemerkenswert: Die Kamera führt kein geringerer als Roger Deakins.
Eine Agentin erhält auf zwei verschiedenen Wegen denselben Auftrag; was kann dahinter stecken? In einer passend gesetzten Atmosphäre schickt sich die Protagonistin an, es herauszufinden.
Die Besetzungsliste mit Noomi Rapace, Orlando Bloom, Michael Douglas, John Malkovich und Toni Collette klingt auf den ersten Blick nach einem Blockbuster, unter dem Strich steht jedoch „nur“ ein grundsolider Agententhriller, der aus einer durchaus ansprechenden Prämisse lieber einen Action- als einen Politthriller macht.
++ SPOILER ++
Fast schon ironisch aus heutiger Sicht mutet das Motiv des Antagonisten an, der mithilfe der Freisetzung von Viren eine Art Gesundheitsnotstandsgesetzgebung erwirken möchte.
'Paesa – Der Mann mit den tausend Gesichtern' ein ruhiger Politthriller aus Spanien, dessen Geschichte von einem der Charaktere erzählt wird (Stichwort „unzuverlässiges Erzählen“), kokettiert gleich von Anfang an damit, die Grenzen zwischen Wahrheit und Lüge verwischen zu lassen. Die anfängliche Texteinblendung und die ersten Worte des Erzählers drehen dem Publikum in dieser Hinsicht gleich mal eine lange Nase.
Erzählt wird die Geschichte eines zwielichtigen Spions und eines korrupten Politikers, die gewissermaßen eine Schicksalsgemeinschaft bilden, sich aber dennoch gegenseitig nicht trauen können – aus guten Gründen...
An und für sich bietet der hier dargebotene Plot ohne Wenn und Aber den Stoff, aus dem Geschichten für die Leinwand gemacht sind. Der Stil der Inszenierung ist aber definitiv Geschmackssache, denn über weite Strecken wird die Handlung aus dem Off kommentiert oder (vor allem bei Rückblicken und Auslassungen) erläutert. Diese Technik bringt zwar etwas mehr Tempo in einige ereignisärmere Passagen, sorgt aber immer wieder auch für gewisse Verfremdungseffekte und schafft Distanz zwischen der Darbietung und dem Publikum.
Empfehlung? Vielleicht! Doch an wen? Keine Ahnung! Probiert es bei Interesse einfach aus. ;-)
„Spionieren ist leicht, babysitten ist schwer.“ (41:39)
Bob Ho (Jackie Chan, btw.: Wie alt bzw. jung soll der hier eigentlich sein?) ist ein unscheinbarer Langweiler aus der Nachbarschaft, der allerdings ein geheimes Doppelleben als Spion führt, was offenbar auch ganz gut klappt – bis er eines Tages den Nachwuchs seiner Lebensgefährtin hüten soll...
Diese Prämisse bildet den Aufhänger für eine familiengerechte Actionkomödie, bei der aber weder der Humor noch der Thrill Bäume ausreißen. Die Kampfchoreographien wirken wie ein Streifzug durch die Filmographie von Jackie Chan. Die allermeisten Einlagen hat man in ähnlicher Form schon mal irgendwo anders gesehen; meist sogar mehrfach.
Apropos: Bei der Spinning Einlage mit dem Flatland BMX macht man sich gar nicht erst groß Mühe, zu verschleiern, dass sich Jackie Chan hier doubeln lässt. Denn von der Statur und dem Stil her deutet schon beim ersten Eindruck recht viel darauf hin, dass es sich dabei um Jesse Puente handeln dürfte (1:15:10). Und Tatsache: Er wird dann auch tatsächlich im Abspann als Stunt Double genannt. Tolle Sache für ihn, die Flatland Disziplin auf diese Weise ein wenig in den Fokus rücken zu dürfen!
Fun Facts:
Die Figurenkonstellation hinsichtlich der Geschwister ist im Grunde dieselbe wie zehn Jahre später bei 'Chaos auf der Feuerwache'.
Billy Ray Cyrus ist in einer Nebenrolle mit dabei.
Vorneweg: Mit dem vogelwild erzählten gleichnamigen Actioner von 1995 hat diese Buchverfilmung trotz minimaler Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Agententhematik nichts zu tun. Denn statt einer Trashgeschichte um ehemalige KGB-Agenten dreht es sich hier um eine Story, die vor wahren zeitgeschichtlichen Hintergründen abläuft. Wie hoch der Grad der (Selbst-)Silisierung ist, lässt sich naturgemäß nicht rekonstruieren; schon gar nicht, wenn die Handlung von einer ehemaligen Geheimagentin erzählt wird, die vermutlich selbst mit allen Wassern gewaschen sein dürfte. Im Großen und Ganzen wird den Plot aber sicherlich niemand infrage stellen, da die entsprechenden Hintergründe ja dokumentiert sind. Ob die Agentin allerdings wirklich nicht ahnen konnte, wozu die von ihr gewonnen Informationen führen würden, sei aber mal dahingestellt.
Die Stärken von 'Fair Game' liegen fraglos in den Inneneinblicken, die in Entscheidungsprozesse gewährt werden sowie in der Schärfe und Deutlichkeit, in der diverse Missstände (wie Voreingenommenheit von Entscheidungsträgern) dargestellt werden. Die Relevanz des Themas liegt ohnehin auf der Hand.
Fun Facts: Noah Emmerich ('The Americans', 'The Spy') ist einmal mehr in einer Spionagegeschichte zu sehen.; und Michael Kelly ('House of Cards') spielt erneut den netten Kerl von nebenan – nicht...
Ehemalige KGB-Agenten machen Jagd auf Cindy Crawford. Nicht wegen eines Hormonüberschusses, sondern wegen irgendwelcher anderen Gründe, die aber letztlich sowieso niemanden interessieren. Das ist wie 'Loaded Weapon', nur ohne Witze... In den 90er Jahren vermarktet als eine Art Möchtegern-Blockbuster (was jedoch in keinster Weise funktioniert hat), ist dieses magere Stück Zelluloid zu allem Überfluss auch noch recht dürftig gealtert. Laut gängigen Schätzungen konnte gerade mal ein gutes Fünftel der mit 50 Millionen US-Dollar doch recht beträchtlichen Produktionskosten wieder eingespielt werden. Doch was genau haben die Produzenten mit diesem Budget eigentlich angestellt? Ganz klar, ein Teil davon ging für die Gagen von William Baldwin, Cindy Crawford, Salma Hayek und einigen anderen drauf. Weit über 40 Millionen vermutlich für Actioneinlagen, Stunts und Pyrotechnik. Rein gefühlt explodiert nämlich mindestens alle zehn Minuten etwas – ganz egal, ob es irgendeine Relevanz für die Handlung hat oder nicht. Selbiges gilt für die teils völlig sinnfreien Actionszenen. Jedenfalls darf hinsichtlich des Budgets auch das Drehbuch nicht vergessen werden, das sicherlich auch mit 16,99 $ zu Buche schlägt. Denn recht viel mehr kann dieser stetige Wechsel aus Verfolgungsjagden und Ruhe-Szenen eigentlich nicht gekostet haben. Legendär ist jedoch alles, was irgendeiner Form mit den Hackern zu tun hat. Da werden Wasserhähne gehackt, um die Wassertemperatur unter der Dusche zu erhöhen oder man bekommt durch die Eingabe der Befehlszeile „login gov_fla-dmv“ Zugang zum State of Florida Department of Motor Vehicles, wo sämtliche relevanten Führerscheindaten usw. abrufbar sind. Praktischerweise ist das entsprechende Suchfeld auch schon vorausgefüllt (Minute 14:30) und die Hacker-Software liefert automatisch Fotos des Gebäudes mit, an dessen Adresse die besagte Person gemeldet ist.
Grundsätzlich sind derlei Actionfilm-Marotten ja sogar durchaus charmant; aber wenn sie in so einer geballten Ladung und derart ernst präsentiert werden, kann man als Zuschauer schon ein wenig der vertanen Chance nachtrauern, die eine augenzwinkernde Inszenierung hätte mit sich bringen können. Denn trotz aller Abstrusitäten erweist sich 'Fair Game' als durchaus kurzweilig und unterhaltsam. Aber hätte man aus der erzählerischen Not eine Tugend gemacht, hätte vielleicht ein ganz passable Komödie daraus werden können.
++ Vorsichtige (sehr unkronkrete) SPOILER ++
Französische Miniserie aus dem Thriller- und Krimigenre. Gleich zu Beginn der Erzählung, die auf mehreren Zeitebenen stattfindet, wird man von einer Vielzahl an Charaktere überrannt, von denen zunächst nicht immer ganz klar ist, wer nun eigentlich wer ist; auch deshalb, weil die meisten von ihnen Hals über Kopf eingeführt werden. Ein Weg, der offenbar ganz bewusst in genau dieser Form beschritten wird; nicht zuletzt, um gezielt Verwirrung zu stiften – zumindest vorübergehend. Im Nachhinein erweist sich diese Strategie einerseits als gelungener Kniff in Bezug auf die Erzählung der Kriminalgeschichte, auf der anderen Seite würde man ein derartiges Figurensetting (aus guten Gründen) aber eher in einer Serie mit deutlich mehr Episoden erwarten.
Weniger ambivalent verhält es sich mit einigen Handlungsdetails, die schlichtweg nicht plausibel sind. Alleine schon die Prämisse (eine vom Rest der Zivilisation abgeschnittene Gegend) wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Selbiges gilt für den immensen Aufwand, der zur Tatvorbereitung betrieben wird – nur um dann doch wieder Zeugen zu hinterlassen.
Der eigentliche Star der Serie, die manchmal an eine Mischung aus 'Harper's Island' (Inhalt) und 'Les Revenants' (Stil) erinnert, ist jedoch das Setting in den französischen Alpen, das fast allein schon eine Sichtung rechtfertigt.
→ Kurzer Serienkillersnack für zwischendurch; ein Aufblähen auf eine längere Spieldauer hätte vermutlich aber nicht viel Sinn gemacht – zumindest nicht in der vorliegenden Form.
'Bis zum Untergang' könnte man, wenn man so möchte, als umgekehrten Home Invasion Film bezeichnen. Eine Gruppe von Menschen nimmt an einem Survival Camp teil und wird dort nach einem Vorfall in ein tödliches Katz- und Maus-Spiel verwickelt. Der Rest ist Malen bzw. Filmen nach Zahlen. Zwar werten einige gesellschaftliche und politische Seitenhiebe die Erzählung durchaus auf, zu etwas mehr satirischem Biss oder dramaturgischen Waghalsigkeiten kann oder will man sich aber anscheinend nicht durchringen. Somit steht unter dem Strich ein grundsolider Film, der allerdings gar nicht erst versucht, höher zu springen, als er unbedingt muss.
Die Sportdoku 'KnockoutKuba' bietet im Grunde genommen „nur“ eine Aneinanderreihung von Interviews mit ehemaligen Boxsportgrößen aus Kuba, die noch nicht mal nennenswert hochwertig abgefilmt wurde; und dennoch bietet sie sehr viel mehr, als manche Zuschauer auf den ersten Blick vielleicht argwöhnen könnten. Denn es werden nicht einfach nur austauschbare Anekdoten aus vergangenen Tagen erzählt. Vielmehr wird hier ein Bild über den Umgang mit Spitzensportlern während und nach ihrer Karriere gezeichnet. Und bei allen Unterschieden in den einzelnen Aussagen zeichnet sich ein ganz klares Muster ab, das sich auf folgende Kurzformel bringen lässt: Nach einem Leben als aktiver Boxer – zwar voller Entbehrungen, aber immerhin honoriert mit hohem Ansehen - werden die allermeisten Athleten fallengelassen wie heiße Kartoffeln und mit finanziellen Almosen abgespeist, die gerade mal ausreichen, um nicht verhungern zu müssen. Neben der sportlichen Dimension, die durchaus einige interessante Facetten aufweist, punktet 'KnockoutKuba' also in allererster Linie mit Einblicken in die soziale und finanzielle Lebenswirklichkeit vieler Kubaner allgemein und ehemaliger Boxsportler ganz besonders. Wenn einige der Interviewpartner ihre Einkünfte in Relation zu den Lebenshaltungskosten setzen, bleibt einem als Zuschauer oftmals nicht viel mehr als blankes Entsetzen über einen derartigen Umgang mit ehemaligen Nationalhelden.
Auch und gerade im Verbund mit einer Sichtung der Dokumentationen 'Einzelkämpfer' (über ehemalige DDR-Spitzensortler) und 'Red Army – Legenden auf dem Eis' (Eishockey) ergibt sich ein recht umfassendes Bild über den Umgang mit Profisportlern beim „Klassenfeind“. Ganz sicher dürfte es sich in sozialer Hinsicht bei den hier gezeigten Fällen um kein reines „Systemproblem“ handeln, denn auch der Westen hat eine Unzahl ähnlicher Sportlerbiographien produziert (und tut es wahrscheinlich immer noch). Dennoch bieten Dokumentationen wie die genannten aufschlussreiche Einblicke in ein System, das sich lange Zeit als höchst verschlossen gab. Für Sportfans (und nicht nur für solche) durchaus sehenswert.
(Danke an MP für die Annahme dieses Mitmachmodul-Vorschlages; auch wenn meine andere Einreichung aus für mich unerfindlichen Gründen abgelehnt wurde. Kurios: Obwohl diese Produktion mittlerweile elf Jahre auf dem Buckel hat, weist die imdb noch immer keinen Bewertungsschnitt für sie aus. Aber vielleicht klappt es ja eines Tages noch. Meine Wertung ist jedenfalls drin. ^^)
Um es vorweg gleich mal etwas überplakativ zu pointieren: 'Inheritance – Ein dunkles Vermächtnis' beginnt wie 'Das Schweigen der Lämmer' und endet wie 'Shaun das Schaf'. Nichts gegen 'Shaun das Schaf', der kleine Kerl ist ein lustiger Typ, aber während Vaughn Stein in 'Inheritance' zunächst eine zwar vielleicht etwas unrunde, aber durchaus interessante Ausgangslage vorbereitet, scheint irgendwann eine Art Kinderlogik zu dominieren.
Eine junge und aufstrebende Bezirksstaatsanwältin wird von ihrem verstorbenen Vater postum ohne jegliche Informationen (warum auch immer) mitten in einen undurchsichtigen Fall geworfen, bei dem sie nur eine einzige Informationsquelle nutzen kann. Alle anderen potentiell involvierten Zeugen schweigen sich aus oder werden gar nicht erst intensiv genug von ihr befragt. Denn offenkundig sieht der Jura-Shooting-Star in eigener Angelegenheit den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und so entspinnt sich in einer teilweise ansprechend gesetzten Atmosphäre ein Thriller, der einige durchaus sehenswerte Szenen vorweisen kann, dann aber mit dem eigenen Hintern auch einiges wieder einreißt.
Fun Fact: Simon Pegg in einer undurchsichtigen und düster gehaltenen Thrillerrolle.
(Die Auflistung der Darsteller von MP ist fehlerhaft. Die Rolle der Lauren wird NICHT von Kate Mara gespielt.)
Während der Kubakrise gerät – einmal mehr – ein sportlicher Wettkampf zwischen Vertretern Russlands und der Vereinigten Staaten von Amerika zum symbolisch aufgeblähten Kampf der Systeme. Doch damit nicht genug: Das Aufeinandertreffen der beiden Meister in Warschau soll von allerlei Agenten auf beiden Seiten zu regen Spionagetätigkeiten genutzt werden. Und mittendrin: Der extrem trinkfreudige und (spielerisch sowie menschlich) höchst unkonventionell agierende Schachspieler, den die USA zu diesem Wettkampf schicken. Bill Pullman geht regelrecht auf in dieser Rolle und schafft es, auf diese Weise ein wenig Lockerheit in die Geschichte zu bringen, ohne sie ins Lächerliche zu ziehen.
Die Handlung könnte für einen Agentenfilm eigentlich prototypischer gar nicht sein – die entsprechenden Täuschungsmanöver natürlich inbegriffen. Und was bei dieser Thematik natürlich naheliegt: Bobby Fischer und sein Match gegen Boris Spassky, von dem Edward Zwicks 'Bauernopfer – Spiel der Könige' handelt, stehen über die gesamte Inszenierung hinweg wie der sprichwörtliche Elefant im Raum. Dennoch kommt 'The Coldest Game' ausreichend eigenständig und stilsicher daher – auch wenn man sich auf verschiedenste Weise durch das Agentengenre zitiert. Die Pointe setzt in dieser Hinsicht ein Song (Ania Karwan – My Secret Game), der glatt aus einem Bond-Film stammen könnte.
++ Enthält SPOILER ++
Verwirrspiel hoch vier. Wie man es aus dem Agentengenre kennt, wird auch in dieser Romanverfilmung getarnt und getäuscht, was das Zeug hält. Erfahrene Zuschauer wissen das natürlich bereits vorab und riechen den einen oder anderen vermeintlichen Twist mehrere Kilometer gegen den Wind. Das wiederum ist natürlich den Autoren bewusst und sie drehen die Handlung ein zusätzliches mal auf links. Die einzige Person, die nicht besonders viel zu ahnen scheint, ist der Protagonist...
Aus dieser Konstellation ergibt sich eine Erzählung, die zahlreiche Haken schlägt, von denen einige überzeugen und andere wiederum nicht. Als gelungenen Zug kann man sicherlich verbuchen, dass hier auch innerhalb der Dienste nicht immer mit offenen Karten gespielt wird – und das sogar auf beiden Seiten.
Etwas zu viel der Verwirrung wird es allerdings, wenn man eine Geschichte auf Begebenheiten aufbaut, die wohl lose an den Fall Ashraf Marwans erinnern sollen und man dem entsprechenden Agenten sogar denselben Codenamen (The Angel) verpasst, mit dem er beim Mossad geführt wird. Nur dass die Geschichte hier eben vom Ägypten der frühen 1970er Jahre knapp zwanzig Jahre nach Syrien im Jahre 1990 (bzw. rund um das Jahr herum) verlegt wurde. Und wie auch in 'Operation Finale' und 'Der ägyptische Spion, der Israel rettete', die ein Jahr später als 'Damascus Cover' produziert wurden, lautet auch hier der Auftrag für den israelischen Spion im Zentrum der Handlung wieder, jemanden außer Landes bzw. nach Israel zu bringen. Zwar schlägt die Handlung im weiteren Verlauf einen ganz eigenen Weg ein, aber wenn man wahre Versatzstücke mit einstreut und sie zu einer fiktionalen Geschichte vermischt, kann das gelegentlich durchaus zu etwas Stirnrunzeln führen.
5,5 Punkte mit leichter Tendenz nach oben.
Der Dokumentarfilm mit dem ebenso mehrdeutigen wie zynischen Titel 'The Spy Who Fell To Earth' beleuchtet den Fall (eine ebenso bewusst mehrdeutige Formulierung) Ashraf Marwans. Marwan, seineszeichens ranghoher Regierungsbeamter, Waffenhändler und Schwiegersohn des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser, wurde als Informant unter dem Decknamen „The Angel“ geführt, worauf der Titel dieser Dokumentation ziemlich unverhohlen anspielt. Ebenso klar schwingen dabei aber auch Assoziationen zu den Umständen seines Todes mit, als er von einem Balkon zu Boden stürzte.
In der Doku wird deutlich prägnanter als im Spielfilm 'Der ägyptische Spion, der Israel rettete' herausgearbeitet, wie sehr sich die Versionen der Diplomaten, Regierungsbeamten und Agenten aus beiden Ländern (und teilweise auch innerhalb desselben Landes) gegenseitig widersprechen. Beide Länder beanspruchen die Loyalität Marwans für sich und werfen der jeweils anderen Seite vor, aus Angst vor einem Image- und Gesichtsverlust in dieser Causa keine Fehler eingestehen zu wollen. Aus Israel drangen einige Dokumente zu diesem Fall im Rahmen eines Zivilverfahrens an die Öffentlichkeit, Ägypten hingegen verweigert bislang eine Offenlegung von Regierungsakten, um keinen Präzedenzfall für andere gesellschaftliche und juristische Problemfelder zu schaffen. Zumindest wird es so in dieser Doku kommuniziert.
Nicht unerwähnt lassen sollte man jedoch, dass sich einige der Interviewpartner in diesem Film augenscheinlich auch selbst sehr gerne reden hören. Manche geben sich geschwätzig, andere sind bemüht, sich selbst eine geheimnisvolle Aura zu verleihen oder kokettieren mit Aussagen zwischen den Zeilen. Somit ergibt sich für diese Dokumentation ein ähnliches Problem wie für den besagten Spielfilm: Es lässt sich schlichtweg nicht verifizieren, wessen Version den tatsächlichen Ereignissen wohl am nächsten kommen könnte. Und so kann man als Zuschauer nur spekulieren und abwarten, ob vielleicht eines Tagen doch noch Licht ins Dunkel kommen wird. Aber bis dahin bietet 'The Spy Who Fell To Earth' eine zumindest solide Basis für den Einstieg in die Thematik – auch und gerade in Ergänzung zum Spielfilm 'Der ägyptische Spion, der Israel rettete'.
++ Leichte SPOILER ++
'Der ägyptische Spion, der Israel rettete' erzählt im weitesten Sinne eine (bzw. DIE) Hintergrundgeschichte zum Jom-Kippur-Krieg. Ashraf Marwan, ranghoher Diplomat und Schwiegersohn des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser, der schon unter seinem Schwiegervater nicht besonders gut gelitten war, kommt nach dessen Tod vom Regen in die (politische) Traufe. In der Folgezeit steckt er eine Reihe von Informationen an den Mossad durch, unter denen sich auch ein paar der sprichwörtlichen „Hilfe, Wölfe“-Rufe befinden. Jahre später sollte er als Doppelagent beschuldigt werden; ein Vorwurf, den auch diese Verfilmung eher verfestigt als entkräftet. Seine detaillierten Motive bleiben letztlich ähnlich nebulös wie die genauen Umstände seines Todes.
'Der ägyptische Spion, der Israel rettete' setzt seinem Leben und seinem Wirken also ein filmisches Denkmal; jedoch eines, das nicht ganz frei von Kratzern und Leerstellen ist. Aber gut, man spricht schließlich nicht umsonst von „Geheimagenten“. So kann dann naturgemäß auch in dieser Verfilmung nicht endgültig geklärt werden, wie es denn nun um seine Loyalität bestellt war. Die Aussagen aus Israel und Ägypten widersprechen sich in diesem Punkt ganz extrem. In einigen Detailfragen bleibt die Inszenierung offenbar ganz bewusst doppeldeutig (siehe auch die Texttafeln gegen Ende). Und was die Frage des Kriegsbeginns anbetrifft, nimmt das Drehbuch eine Position ein, die mit keiner der kolportierten Versionen aus beiden Länder übereinstimmt, denn hier wird der Eindruck vermittelt, dass Marwan nicht nur Informationsüberbringer war, sondern durchaus auch in die Planung des Krieges involviert gewesen sein könnte.
Ein Ärgernis ist in dieser Hinsicht der Titel, unter dem der Film im deutschsprachigen Raum vermarktet wird. Während er im Original relativ zurückhaltend 'The Angel' lautet, wird beim hiesigen Pendant (zumindest indirekt) der Eindruck vermittelt, die Lage sei eigentlich völlig unumstritten, was sie jedoch keineswegs zu sein scheint. Inwieweit diese Verfilmung als Zeitdokument taugt, lässt sich dementsprechend nur schwer bestimmen. Ihren Unterhaltungszweck erfüllt sie jedoch durchaus. Aus diesen Gründen lässt sich dann auch nur sehr schwer eine angemessene Punktewertung für diese Produktion finden. Wegen des etwas lapidaren Umgangs mit einigen Leerstellen entscheide ich mich für 5,5 – 6 Punkte, wobei es natürlich gut sein kann, dass die Handlung dieser Inszenierung irgendwann noch einmal völlig auf den Kopf gestellt werden wird – für den Fall, dass doch noch Erkenntnisse an die Öffentlichkeit gelangen sollten, die bisher nicht zugänglich waren.
Nach der Sichtung von 'Red Sea Diving Resort' fühlt sich 'Operation Finale' wie ein Deja vu mit umgekehrten Vorzeichen an – zumindest in inhaltlicher Hinsicht. Israelische Agenten versuchen, in einer völkerrechtlich heiklen Lage jemanden aus dem Ausland per Flugzeug nach Israel zu schaffen. Doch während es im erstgenannten Film um die Rettung von Glaubensbrüdern und -schwestern geht, wird hier eine Neuerzählung der Geschehnisse um Adolf Eichmann geliefert. Nach einer ganzen Reihe von Verfilmungen (u.a. 'Der Mann, der Eichmann jagte') fällt es natürlich nicht ganz leicht, auf der „Überraschungsschiene“ zu punkten – schon gar nicht, wenn die Inszenierung an wahre Begebenheiten gebunden ist.
So gesehen erübrigen sich auch ausschweifende Reden über einen Film, der zwar durchaus sehenswert ist, andererseits aber auch keine großartigen Errungenschaften (inhaltlicher oder formaler Natur) zutage fördert. Außer vielleicht der Tatsache, dass Ben Kingsley hier nicht komplett „oben ohne“ unterwegs ist...
(Langsam beginnt der Endspurt beim Spionage-Marathon ^^)
Stars wie Chris Evans, Haley Bennett, Ben Kingsley, Greg Kinnear, Michiel Huisman und Michael K. Williams in einem Netflix-Film; was soll da schon schiefgehen in Sachen Publikumserfolg...?
...leider so ziemlich alles, da es sich um einen (geo-)politisch angehauchten Stoff handelt. Dabei hat 'Red Sea Diving Resort' durchaus einiges zu bieten: Ein exotisches Setting, etwas Thrill, ein wenig Action, ein paar kleinere Schmunzler und eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. Große Vorkenntnisse werden dabei auch gar nicht vorausgesetzt, weil (stellvertretend für das Publikum) immer wieder mal stichwortgebende Nebencharaktere (sinngemäß) solche Fragen stellen wie „Wie war nochmal der Plan?“ oder „Könnt ihr das nochmal zusammenfassen?“ Man merkt also deutlich das Bemühen von Regie und Drehbuch, keinen Zuschauer im Regen stehen zu lassen und dennoch nicht allzu viel Zeit mit politischen Exkursen zu verplempern. Und dieses Konzept geht auch einigermaßen auf. Der Unterhaltungsfaktor ist jedenfalls ganz passabel. Vorwerfen lassen muss sich das Drehbuch auf der anderen Seite aber eine enorme Simplifizierung, das Ausblenden diverser Probleme sowie eine gewisse Naivität gegenüber der politischen Lage.
[SPOILER] Das Ende wirkt etwas zynisch, wenn nach der Rückkehr nach Israel eingeblendet wird, dass es weltweit über 80 Millionen heimatvertriebene Menschen gibt. Ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen: Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn Heimatvertriebene in ein Land gebracht werden, in dem ähnliche Phänomene unter umgekehrten Vorzeichen auftreten. [SPOILER ENDE]
Am Ende steht ein Film, der seinem Unterhaltungszweck durchaus gerecht wird, als historisches Lehrmaterial aber nicht besonders viel taugt...
6 - 6,5 Punkte.
++ Enthält (teils massive) SPOILER ++
Homo homini bestia.
Der spanische dystopische Horrorthriller 'Der Schacht' lehnt sich vordergründig an die Handlung von Vorgängern wie 'Cube' an und lässt natürlich alleine schon deshalb aufhorchen. In einem Schacht ist eine Vielzahl von vertikal angeordneten Zellen eingelassen, deren (paarweise in den Räumen untergebrachte) Insassen monatlich auf andere Etagen verlegt werden. Die Verteilung der Verpflegung beginnt regelmäßig in der obersten Ebene und setzt sich nach unten hin fort. Frei nach dem Motto „Wenn weg, dann weg.“
Entsprechend dieser Prämisse liegt die These nicht fern, dass es sich bei der Inszenierung durch Galder Gaztelu-Urrutia um ein filmisches Spottlied auf die Trickle-Down-Theorie handeln könnte. Dabei wird zunächst der obersten Schicht die in diesem Umfeld härteste Währung zugeführt (hier Nahrung, dort Geld) – und zwar von außen, nicht durch eigenes Zutun. Durch eigene Arbeit wird hier kein Reichtum generiert, sondern nur durch die Abschöpfung anderweitig produzierter bzw. abgebauter Ressourcen (oder in der realen Welt eben zumindest durch entsprechende Investitionen). Wirklich produziert werden in den obersten Etagen nur Exkremente – die dann auch nach Herzenlust nach unten weitergegeben werden. Abgesehen davon dringen eben nur die Reste nach unten durch, die oben übrig gelassen werden. Völlig undurchsichtig erscheint dabei die Systematik, nach der die einzelnen Personen nach oben oder nach unten gespült werden. Fleiß und Redlichkeit scheinen ganz offenkundig nicht die entscheidenden Kriterien zu sein. Was aber dann? Vitamin B, das Erkennen einer inneren Logik oder vielleicht doch purer Zufall? Dem Protagonisten ist es jedenfalls nicht vergönnt, dieses Geheimnis zu ergründen.
Dementsprechend ist es auch kein Wunder, dass der personelle Verschleiß in einem derartigen System groß ist. In den unteren Schichten aus Mangel an Ressourcen, in den oberen vor allem wegen Neid und Gewalt; also wegen übertriebenem Ellbogeneinsatz, wenn man so möchte. Wie wird diesem Mikrokosmos nun neues Menschenmaterial (habe angesichts der Handlung und einiger Auswüchse in der Realwirtschaft ganz bewusst die grenzwertige Formulierung gewählt) zugeführt? Einerseits ganz offenkundig durch zweifelhafte Heilsversprechen (hier: anerkannter Universitätsabschluss), die für sich selbst genommen schon ziemlich unlauter wirken und deren Einhaltung absolut fragwürdig ist. Auf der anderen Seite – was man wohl als kleinen boshaften Seitenhieb oder Witz seitens der Autoren werten darf – als Bestrafung. Denn an diesem Ort scheint für so ziemlich jeden Platz zu sein, aber (einem entsprechenden Dialog zufolge) ganz sicher nicht für Kommunisten (oder alle, die aufgrund politisch gemäßigter Forderungen aus dem bürgerlichen Mitte-links-Lager vom „System“ dafür gehalten werden). Denn die Forderung nach Mäßigung beim Konsum zugunsten des Überlebens von Unterprivilegierten geht den meisten dann eben doch zu weit. Denn schließlich könnte man ja selbst eines Tages zu denen da oben gehören. Nebenbei bemerkt gibt es an der Schnittstelle von Politik-, Volks- und Medienwissenschaft einige Publikationen, die auf diese Weise den Wahlerfolg von Parteien erklären, deren Politik in allererster Linie auf die Interessen einiger besonders wohlhabender Minderheiten ausgerichtet sind; womit wir auch wieder bei der Trickle-Down-Theorie (auch bekannt unter dem Terminus „Voodoo Economics“) wären, die (vielleicht nicht nur) im Schacht das Antlitz von Thomas Hobbes Leviathan zu einer häßlichen Zerrfratze verkommen lässt.
Wie Moviepilot Headshot77 bereits richtig anmerkt, scheitert auch der verbale Appell zu Verzicht zugunsten der Unterprivilegierten an der Gier einiger Individuen. Der planwirtschaftliche Ansatz hingegen lässt sich zwar einigermaßen durchsetzen, allerdings nur unter Androhung und Anwendung massiver Gewalt.
Doch zurück zur Prämisse: Die beiden Zellenbewohner (der Begriff „Genossen“ war selten so angebracht wie hier) haben sich selbst mit „Mitbringseln“ ausgestattet, deren Unterschied plakativer kaum sein könnte: Ein Buch und ein Messer. Die Ironie an der Sache: Als nutzlos für ihre ursprünglichen Besitzer erweisen sich letztlich beide. Ab einem gewissen Punkt ist es eben ganz offenkundig auch egal, ob man das Wort oder das Schwert wählt. Bei ihrer freiwilligen Fahrt nach unten versuchen es zwei Insassen auf ihrem Höllenfahrtskommando [sic!] mit einer Kombination aus beiden und kommen damit immerhin – wenn auch mehr schlecht als recht – ans Ziel. Dieses liegt bemerkenswerterweise im 333. Untergeschoss, was auf eine rechnerische Belegung von 666 Insassen schließen lässt. Wie schon eingangs erwähnt: Der Mensch ist eben des Menschen Biest.
Man könnte auch argumentieren, das Kind wäre der 665. Insasse. Der letzte Tropfen zum Überlaufen des Fasses fehlt also (zumindest derzeit) noch. Am Ende steht somit die Hoffnung in Person eines Kindes (als Vertreter einer ganzen Generation). Wohlgemerkt ein Kind, das sich offenbar selbst schon lange innerhalb dieses Systems bewegt und darin a-sozialisiert [sic!] wurde. Kann diese Hoffnung zu irgendetwas führen? Man weiß es nicht. Dementsprechend bleibt das Ende dann auch offen. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt. Zumindest vielleicht.
Abschließend noch ein Wort zu den handwerklichen Aspekten. Natürlich sollte man nicht unerwähnt lassen, dass auch eine ganze Reihe von Fragen offen bleibt: Wie lange befindet sich das Kind schon in der untersten Ebene und wie ist es überhaupt in den Schacht gelangt? Wo befand es sich während der vorherigen Zyklen? Weshalb wird der Aufzug eine Weile im Keller zwischengeparkt? Müsste dort nicht eigentlich alles zugemüllt sein oder traut sich womöglich sogar Personal dorthin? Diese Liste ließe sich nach Belieben fortsetzen, was ja auch durch viele Kommentatoren gemacht wird. Als höchst bemerkenswert erweist sich allerdings die Struktur des Drehbuchs, das fernab jeglicher Formellogik immer wieder die Erwartungen durchbricht und laufend neue Reize setzt. Zwar geht diese Herangehensweise auch ein Stück weit auf Kosten einer gewissen Geradlinigkeit der Handlung, dafür werden stets neue Haken geschlagen, die das Geschehen unvorhersehbar halten.
Mindestens ebenso geschickt erscheint allerdings die konkrete Ausgestaltung dieser Filmidee; angefangen mit dem Setting: Ein Gefängnis, das in architektonischer Hinsicht zwar das Gegenteil eines Panoptikums darstellt, in dem aber ganz offensichtlich trotzdem nichts verborgen bleibt. Für die Charaktere (und die Zuschauer) sind jedoch nur die jeweils benachbarten Ebenen gut wahrnehmbar – und dabei naturgemäß vor allem die unteren. Von den oberen bekommt man (fast) nur so viel zu sehen, wie diese zulassen. Die unteren können sich gegen ein Eindringen in die Privatsphäre nur wenig bis gar nicht wehren.
Als außerdem bemerkenswert erweist sich der Score, der nicht nur eine adäquate Atmosphäre setzt und abstrakte Kategorien wie Spannung, Unbehagen oder Zeitdruck hörbar macht, sondern in seiner schrulligen Art auch noch in Sachen Kreativität Akzente setzt.
→ Unter dem Strich erweist sich 'Der Schacht' als kleines, dreckiges Quasi-Kammerspiel, das ganz gewiss nicht frei von Fehlern ist und eine ganze Reihe von Ecken und Kanten aufweist, mit seiner politischen Agenda und ganz besonders mit der unbehaglichen Atmosphäre aber auch die eine oder andere Duftmarke setzt. Das Ergebnis ist dann eben das Gegenteil eines komplett durchkalkulierten Crowdpleasers. Vielmehr wendet sich die Regie mit einem vielleicht nicht bis ins allerletzte Detail ausgereiften Entwurf an das Publikum und lässt diesen wirken. Wie man es eben auch aus der Realpolitik kennt. Warum auch nicht? Gerne mehr davon!
Im Rausch der Entschleunigung.
Rennsportdrama über einen ehemaligen Rennfahrer und heutigen Schrauber und seinen Sohn, der nun in seinen Fußspuren wandelt. Nicht zuletzt aufgrund eines vergangenen Schicksalsschlages leidet das Verhältnis der beiden zueinander und es entwickelt sich eine gewisse Rivalität zwischen ihnen.
Während der Cast mit John Travolta und Michael Madsen zwei Haudegen aufbietet, die sich vor zwanzig Jahren wahrscheinlich noch in einem Thriller belauert hätten, kommt die Inszenierung von 'Burning Speed' deutlich gesetzter daher. Und zwar stellenweise so sehr, dass sogar die Rennwägen nur im zweiten Gang zu fahren scheinen. Während sich in anderen Rennsportfilm alles um Geschwindigkeit dreht, ist in diesem Drama fast schon Gemütlichkeit Trumpf. Dementsprechend gehen die Charaktere zwischen den Rennen hier auch vorzugsweise angeln oder in die Kneipe...
Auf der einen Seite wirkt die gesamte Inszenierung etwas verschroben, andererseits verleihen gerade diese schrulligen Anwandlungen dem Film auch einen gewissen Charme. Bei Actionfans könnte das vielleicht zu enttäuschten Gesichtern führen, wer aber Lust auf ein entspanntes Sportdrama hat, kann mal eine Sichtung riskieren.
Fun Fact: Toby Sebastian und Rosabell Laurenti Sellers, die in 'Game of Thrones' seine Cousine spielt, agieren hier Seite an Seite.
'His House' erzählt die Geschichte eines Paares, das von Geistern und/oder Dämonen aus der eigenen Vergangenheit (und somit aus den eigenen Erinnerungen) gequält wird und noch dazu in einer fremden (und mitunter feindseligen) Umgebung zurecht kommen muss. Dieser britische Film ist somit eine jener Produktionen, die den inneren Horror der beiden Protagonisten externalisieren und auf diese Weise für das Publikum sichtbar machen. Wie so manche ähnlich geartete Genrevertreter hätte man dieselbe Geschichte also vermutlich auch recht gut als Psychodrama inszenieren können. Regisseur Remi Weekes wählt jedoch den Horroransatz und schafft auf diese Weise eine zwar grundsolide, stellenweise aber auch etwas schläfrig und mitunter auch traumwandlerisch anmutende Inszenierung – was man dem Film (je nach Sichtweise und Vorlieben) sowohl positiv als auch negativ anrechnen kann.
Etwas skurril wirkt die filmische Umsetzung der Hände, die aus der Wand kommen. In Zeiten, in denen man schon voll und ganz auf CGI-Einsatz in derlei Situationen konditioniert ist, mutet der hier gewählte Weg antiquiert, charmant und bizarr zugleich an. Auch mein Einwurf dazu ist weder positiv noch negativ gemeint, sondern soll einfach nur eine wertneutrale Feststellung sein, die sich auch nicht auf die Punktewertung auswirkt.
→ 'His House' gehört zu jenen Filmen, die durchaus etwas zu sagen haben und neben dieser Relevanz (zumindest in einigen Aspekten) eine gewisse Kreativität mit einbringen. Andererseits wird stellenweise aber auch ein eher biederer und höchst konventioneller Weg eingeschlagen. Damit steht unter dem Strich einer der wenigen Filme, bei denen sowohl die begeisterten als auch die enttäuschten Kritiken nachvollziehbar erscheinen. Für mich war die Sichtung ein stetiger Wechsel aus Anerkennung und Ernüchterung. Daher entscheide ich mich für eine Wertung in der Mitte.
5 – 5,5 Punkte.
(Das gibt jetzt womöglich böses Blut, aber hilft ja nichts...)
++ Enthält leichte SPOILER ++
(Vorneweg: In manchen Punkten polemisiere ich ganz bewusst ein wenig, was mir hier durchaus angemessen erscheint, nachdem die Serie selbst gerade in diesem Punkt teils heftig über das Ziel hinausschießt.)
Laudatio auf Brian Yorkey:
Der 'Under the Dome' Award für massiven Qualitätsverlust nach der ersten Staffeln geht dieses Jahr an Brian Yorkey für sein (Mach)Werk '13 Reasons Why'. Yorkey ist es auf unnachahmliche Weise gelungen, einen mutigen und originellen Plot, der bedacht in Szene gesetzt wurde, in eine Erzählung zu überführen, die einer hypersensiblen Person (das Geschlecht wird hier ganz bewusst nicht definiert) gleicht, die mit einem Holzhammer durch die Gegend rennt und auf jedes Thema einschlägt, in dem sich auch nur ein Hauch von Zeitgeist verbergen könnte. Doch der Reihe nach:
Staffel 1 erzählt die Geschichte einer Schülerin, die nach ihrem Tod eine Reihe von Audio-Cassetten hinterlässt, auf denen sie ihre Sicht der Dinge schildert und beispielsweise von Mobbing oder sozialem Druck berichtet. Durch die Verbindung von Problemen aus dem Highschool Alltag mit 80er Jahre Gimmicks (Walkman, MC) bringen die Produzenten gleich zwei Zielgruppen auf einmal unter den Hut und können aufgrund des schonungslosen Finales auch noch auf große öffentliche Aufmerksamkeit bauen. Alles richtig gemacht, möchte man meinen; und man hätte vielleicht mit dieser Miniserie ein dickes Ausrufezeichen in der Serienlandschaft hinterlassen können. Doch die Cash Cow will natürlich weiter gefüttert werden (ob das Melken lukrativ war, kann nur Netflix beurteilen).
Staffel 2 versucht daher ein sehr ähnliches Konzept umsetzen und begleitet die juristische Aufarbeitung der Geschehnisse aus der initialen Staffel und setzt nun Polaroids an die Stelle der Cassetten – mit eher mäßigem dramaturgischen Erfolg. Die erzählerische Not beginnt bereits mit den Dingen, die vor Gericht verhandelt werden und ganz besonders mit der Art und Weise, in der sie besprochen werden. Immer wieder werden Zeugen befragt, in wen sie zu welcher Zeit verliebt waren oder was sie sich dachten, als sie dieser oder jener Person ein Gedicht schrieben und dergleichen mehr. Die (an und für sich sicherlich lobenswerte) Intention dahinter ist klar: Dem jugendlichen Teil des Publikums soll das Gefühl vermittelt werden, dass ihre Empfindungen und Gedanken von großer Bedeutung sind – und nebenbei lässt sich auch gleich ein gewisser Gefühlsvoyeurismus der restlichen Zuschauer bedienen. Doch ob das der Dramaturgie wirklich dienlich ist?
Staffel 3 schneidet ein paar alte Zöpfe ab und orientiert sich in einer ganz bestimmten Hinsicht sogar wieder auf seine Wurzeln, indem ein „kriminalistisches Rätsel“, das an der Highschool aber ein offenes Geheimnis zu sein scheint, in den Mittelpunkt rückt. Für die Zuschauer gilt es jedoch wieder, einen Fall zu lösen. Aber offenbar vertraut man dieser Idee selbst nicht so ganz und setzt statt einer nüchternen Betrachtung auf eine Inszenierung, die einer Art Dr. Sommer TV im Serienformat gleicht. Depression, Homosexualität, Loyalität, Einsamkeit, Verhütung, Schwangerschaft(sabbruch), Mobbing, Ausgrenzung, soziale Phobien, Drogenprobleme, Ausreißertum, Gewalt und was Jugendliche sonst noch so bewegen könnte, wird hier wie auf einer Strichliste abgearbeitet. Ein legitimer und sicherlich auch relevanter Ansatz, doch ob man sich (und dem Publikum) wirklich einen Gefallen damit tut, eine Staffel mit derart vielen Themen zu überfrachten, statt sich einiger weniger Themen intensiv anzunehmen?
Staffel 4 führt diese Methode konsequent fort und kann sich (besonders während der ersten Episoden) noch nicht mal so recht entscheiden, welchem Genre sie zugehörig sein möchte. Kleine Ausflüge ins Metier der Psychothriller folgen auf kurze horrorartige Sequenzen usw. So oft wie der Protagonist mit verstorbenen Charakteren spricht, könnte man sich von Zeit zu Zeit gar bei 'Ghost Whisperer' wähnen. Gelegentlich wird es aber auch (unfreiwillig) lustig; etwa wenn ein zum Zeitpunkt des Drehs 24-Jähriger Darsteller ausruft: „Wir sind doch noch Kinder!“ Aber solche Hinweise können auch durchaus sinnvoll sein. Ein anderes dieser „Kinder“, Christian Navarro, knapp 29 Jahre alt, hätte sonst womöglich sogar für einen Lehrer gehalten werden können. Fast so, als wollte der Showrunner die naturgemäße Alterung seiner Darsteller kompensieren, lässt er seinen Protagonisten eine höchst seltsam anmutende mentale Entwicklung durchlaufen. Während dieser in den ersten beiden Staffeln zumeist erwachsener agiert als die meisten Charaktere aus der Generation seiner Eltern, handelt er im späteren Verlauf immer konfuser und unsicherer. Womöglich lässt sich dies auch von den traumatischen Geschehnissen ableiten, die er zu durchleben hatte. Doch kann man dann wirklich auch in der Persönlichkeitsentwicklung (Modus des Sprechens etc.) um Jahre zurückfallen? Gerne lasse ich mich hier von Psychologen eines besseren belehren. Ein weiteres heikles Thema stellen die Hyperbeln bei der Darstellung von sexueller Diversität dar. Es spricht sicher nichts dagegen, Vielfalt zu würdigen und (nicht nur) Jugendlichen in dieser Hinsicht Selbstvertrauen mit auf den Weg zu geben. Wird dieser Weg jedoch so weit getrieben, dass er nur noch eine verzerrte Realität wiedergibt, erscheint höchst fraglich, inwiefern die Zuschauer Hilfestellungen für ihr eigenes Leben davon ableiten können. Verkürzt gesagt: In einem derart diversifizierten Umfeld fällt es den Charakteren natürlich nicht schwer, sich zu ihrem eigenen Lebensentwurf zu bekennen. Viele Zuschauer dürften in ihrem wahren Leben jedoch mit völlig anderen Phänomenen konfrontiert sein als beispielsweise Standing Ovations für ein Coming Out.
Um schlussendlich auf den Punkt zu kommen: Aus einer kontrovers diskutierten Prämisse ging die Saat für eine empathisch inszenierte erste Staffel auf, bei der man es vielleicht hätte belassen sollen. Die Produzenten haben sich jedoch anders entschieden, obwohl ursprünglich ganz offensichtlich kein ausgereiftes Gesamtkonzept in der Schublade lag. Stattdessen hangelt man sich eher mühsam von Staffel zu Staffel und hinterlässt neben einigen begeisterten Zuschauern sicherlich auch einige, die die Stirn runzeln. Mit etwas mehr Sorgfalt bei den Drehbüchern wären einige Kritikpunkte wahrscheinlich leicht zu umgehen gewesen, aber vermutlich saß den Produzenten auch der Streaming Anbieter im Nacken. Aber gut, dafür gibt es jetzt einen schicken virtuellen Award.
Oscar Madness Film 11 (1 Auszeichnung, 6 weitere Nominierungen)
++ Enthält indirekte SPOILER zum Ende des Films ++
Was darf Literatur und was kann sie bewirken?
Joe Wrights Inszenierung von Ian McEwans Erzählung 'Abbitte' handelt im Grunde genommen zwei Themenkomplexe ab: Einen vordergründigen um Schuld und den Umgang damit sowie einen zweiten über die eingangs gestellte Frage über die Funktion und die Möglichkeiten von Literatur. Kann ein Autor real existierenden Personen wirkungsvolles „literarisches Glück“ verschaffen, oder therapiert er sich damit eigentlich nur selbst? Und wenn die in der Erzählung geschilderte Rechtfertigung der entsprechenden Figur zutreffen sollte, wieso wählt Wright bei seiner Inszenierung dann den exakt gegenteiligen Ansatz?
Anders formuliert: Das mit großer Sorgfalt umgesetzte Drehbuch lässt ganz bewusst zwei gegensätzliche Ansätze aufeinanderprallen und liefert auf diese Weise (ganz in der Tradition von Friedrich Schlegel und Umberto Eco) einen in die Praxis umgesetzten Beitrag zu einer literaturtheoretischen Debatte.
In einer zweiten Dimension wird mit großer handwerklicher Raffinesse die (Haupt-)Geschichte um Schuld und (mögliche) Abbitte abgehandelt. Auf ein Anfangsdrittel im Stile eines Kriminaldramas folgt eine Episode, in der die Kriegsthematik vertieft wird, ehe es anschließend wieder in Richtung Schuld-Drama geht.
Bei der Oscar-Verleihung 2008 wurde 'Abbitte' mit einer Auszeichnung für die beste Filmmusik bedacht. Nicht minder beachtenswert erscheint das (adaptierte) Drehbuch, das wilde und dennoch plausible Haken schlägt, in einer stark besetzten Kategorie (u. a. mit 'There will be Blood') jedoch das Nachsehen gegen 'No Country for old Men' hatte. Zusätzliche Nominierungen gab es für das Szenenbild, das Kostümdesign, die Cinematographie, als bester Film sowie erstmals für die spätere „Serientäterin“ Saoirse Ronan ('Brooklyn', 'Lady Bird', 'Little Women').
Was tun, wenn man ein B-Movie mit einem klassischen Charles Bronson Plot verfilmen möchte und Mel Gibson keine Zeit hat? Ganz klar, dann wird Antonio Banderas angefragt! Und da sich dieser eine Mitwirkung offenkundig nicht nehmen lassen wollte, konnte es auch schon losgehen mit den Dreharbeiten. Vorzugsweise an bulgarischen Drehorten, die sich leicht absperren lassen (Filmstadt, Parkplatz, Lagerhalle, Vorortstraße, Flächen neben einem Güterbahnhof oder unter einer Brücke etc.). Dagegen spricht natürlich nichts – ganz im Gegenteil, so zieht man deutlich weniger Aufmerksamkeit oder Unmut der Anwohner auf sich- aber bemerkenswert ist es trotzdem (allerdings weder positiv noch negativ gemeint).
Der Film an sich präsentiert eine altbekannte und schnörkellos inszenierte Rachestory um einen (mittlerweile) wortkargen Rächer, der im Spaghettiwestern-Stil aufräumt. Die Kampfkunstausbildung im Schnelldurchlauf geht ein wenig arg schnell vonstatten und auch den Handlungsstrang mit seiner neuen Weggefährtin hätte man etwas sorgfältiger ausarbeiten können; ansonsten aber wird hier solide Unterhaltung mit einer Geschichte geboten, die keine Gefangenen nimmt und ohne größere Schlenker auf den Punkt kommt.
→ Für zwischendurch ganz okay.
++ SPOILER ++
Gedankenexperiment bzw. kleine Spinnerei: Ganz neue Möglichkeiten hätten sich vielleicht auftun können, wenn der Gegenspieler nicht die Frau und Tochter des Protagonisten getötet hätte, sondern wenn man vielleicht noch einen Bruder oder Freund Frank Valeras mit in die Geschichte geschrieben hätte, der am Rande mit dem ursprünglichen (also dem ersten) Verbrechen zu tun hatte und dann getötet worden wäre. Dann wäre Valera im Finale quasi auf sein Ebenbild getroffen.