J.F.Lannister - Kommentare
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Alle Kommentare von J.F.Lannister
Funfact:
"Jaws 3D" kam 1983 mit einem PG-Rating in die US-Kinos :D
PG-13 gab es damals noch nicht.
Wider meiner Erwartung eine Steigerung nach dem zweiten Teil.
Während in den beiden Vorgängern der Hai noch klar als Antagonist verstanden wird, kehrt Teil 3 diese Charakterisierung teilweise um, die "Jaws"-Reihe weckt hier zum ersten Mal Sympathien für den Hai. Beziehungsweise für die Haie, denn es handelt sich um ein Muttertier und ihr Junges. Setting ist diesmal ein Seaworld-Vergnügungspark, der vom Film kritisch ins Visier genommen wird. Unwissentlich schwimmen die beiden Haie in das Außengelände des Seaword-Parks und sitzen dort fest, das Haijunge wird eingefangen - ein lebender Weißer Hai im Park, die Sensation! - und leidet fortan enorm unter nicht-artgerechter Haltung und Stress durch die Zurschaustellung. Das Filmfinale wird dann als Racheakt des Muttertiers in Szene gesetzt.
Mit der Action und dem Horror hält sich "Jaws 3D" in den ersten zwei Dritteln abgesehen von wenigen Spitzen überraschenderweise zurück. Stattdessen erzählt der Film von der Suche nach einem verschollenen Parkarbeiter (als Zuschauer weiß man, dass er zu Beginn vom Hai getötet wurde), diese Erzählung zeichnet sich durch eine gut konstruierte, dynamische und spannende Dramturgie aus, in die dann oben beschriebene Seaworld-Kritik miteinfließt.
Auch wenn die Seaworld-Kritik zu den Stärken des Films zählt, ist sie nichtsdestotrotz zu kurz gedacht. Auf den Orca und die Delfine im Park greift die Kritik nicht über, vielmehr noch gelten die Delfine als vermenschlichte, beste Freunde des Menschen, als sei "Jaws 3" in Wahrheit ein Spin-Off von "Flipper".
Um noch wenigstens über eine rudimentäre Verbindung zu den beiden Vorgängern zu verfügen, werden hier die beiden Brody-Söhne als Hauptcharaktere angelegt, interessanter gestalten sich die menschlichen Charaktere dadurch allerdings nicht. Sean Brodys Meerestrauma aus Teil 2 und eine entsprechende Aufarbeitung werden zwar gelungen angerissen, laufen zugunsten des Actionfinales dann jedoch ins Leere. Michael Brody wird immerhin noch von einem jungen Dennis Quaid gespielt.
Als das wahre Ärgernis stellen sich allerdings die Actionszenen und Effekte bezogen auf das Hai-Muttertier heraus. Einerseits werden dadurch leider doch noch die niederen Genreklischees bedient, durch die sich Tierhorrorfilme oft auszeichnen. Andererseits setzt Teil 3 aufgrund der 3D-Effekte als erster Film der Reihe verstärkt auf CGI-Effekte, die heutzutage nur noch als miesester Trash durchgehen und jede Atmosphäre und Immersion sofort zunichtemachen. Beim 3D handelt es sich stets um selbstzweckhafte Pop-Out-Effekte, die oft auch geschmacklos ausfallen, wenn der Film dem Zuschauer abgetrennte Körperteile vor das Gesicht hält.
"Jaws 2" orientiert sich an der Introszene des Vorgängers und funktioniert den Haihorror zur reinen Teenie-Coming-of-Age-Geschichte um, was keine allzu gute Idee ist. An die Stelle des psychologischen und vielschichtigen Charakterkonflikts tritt nun eine Gruppe schablonenhaft ausgearbeiteter Jugendliche, deren laienhaften Schauspieler overactend und hysterisch um die Wette kreischen. Die Teenager haben Spaß, flirten und knutschen rum, widersetzen sich den Anweisungen ihrer Eltern und werden von dem Hai gefressen, "Jaws 2" nimmt also bereits sämtliche Negativeigenschaften des Slashergenres vorweg.
Roy Schneider als Polizeichef Brody muss sich derweil mit der undankbaren Rolle begnügen, trotz seiner Erfahrungen als paranoider Irrer zu gelten, dessen Warnungen diesmal nicht nur in den Wind geschlagen werden, sondern die auch zu seiner Entlassung führen.
Immerhin rettet Schneider in seinen Szenen noch einigermaßen den Tag, zusammen mit den Haieffekten in den Actionszenen und John Willimas Filmmusik, dessen neuarrangierte Melodien aus dem Vorgänger wie von selbst laufen.
Am Sonntag im Kino gesehen.
Im Prinzip handelt es sich bei "Jaws" um eine in die Neuzeit verlegte "Moby Dick"-Erzählung. Quint ist analog zu Ahab geradezu besessen von Haien im Allgemeinen und später dann von dem einen Weißen Hai im Speziellen, in abgeschwächter und gesunder Form lässt sich das zudem noch anhand von Hoopers Liebe für Haie beobachten. In beiden Fällen geht die Beziehung zu Haien wie bei Ahab und dem Wal zurück auf traumatische Ereignisse in der Vergangenheit. Quint war 1945 als Marinesoldat auf dem Kriegsschiff USS Indianapolis stationiert, welches Material für den erste Atombombe transportierte und danach von einem japanischen U-Boot versenkt wurde. 1100 Mann mussten vier Tage lang im Wasser überleben und waren ständigen Haiattacken ausgesetzt, am Ende überlebten nur 300 der Männer. Hooper hatte als Kind beim Angeln auf dem Meer einen Tigerhai am Haken, der im Folgenden sein Boot zerstörte, sodass Hooper sich schwimmend an Land retten musste.
Im Bezug auf die Weltkriegs-Veteranenschaft erstellt "Jaws" als Film der 70er Jahre ein direktes Abbild dieser Gesellschaftsgruppe, was sich aus heutiger Sicht als großer Vorteil entpuppt, weil der psychologische Konflikt zwischen den drei Männern auf dem Boot dadurch ein größeres Gewicht erlangt. Quint und Hooper prahlen mit ihren durch Meerestierangriffe verursachten Narben so als seien es Kriegsnarben; und das, obwohl Hooper selbst nur ein Jüngling ist, der den Krieg nie aktiv miterlebt hat. Ein unterbewusster Schwanzvergleich. Brody wirft währenddessen einen Blick auf seine Schussnarbe am Bauch, ist aber zu verschämt, um sie Quint und Hooper zu offenbaren, oder er hält diese Narbenprahlerei für albern und steht über diesem Machogetue.
Der Hai fungiert als Ausdrucksmittel und Katalysator menschlicher und maskuliner Hybris, darüberhinaus treibt er den Konflikt innerhalb der Alphamännchen- und Autöritätsstrukturen auf dem Boot an. Quint, Hooper und Brody fahren mit dem Selbstverständnis auf das Meer hinaus, dass der Hai eine Bedrohung für die Menschheit darstellt und in jedem Fall getötet werden muss. Jeder der drei Männer hat Autoritätspositionen inne - Brody ist Polizeichef, Quint ist ein erfahrener, raubeiniger Haijäger, Hooper ist Ozeanologe - aus deren Anspruch heraus sie regelmäßig und heftig aneinandergeraten. So entbrennt zum Beispiel ein Streit wegen der Frage, wer welche Aufgaben übernimmt. Quint und Hooper streiten sich darüber, wer von beiden über die Befehlsgewalt über die Jagdmethodik und den Job des Jägers verfügt. Hooper verliert, darf stattdessen zwar die ebenso ehrbare Arbeit des Bootsfahrers ausüben, als solcher er allerdings dem Jäger Quint unterstellt ist. Sich Befehle geben zu lassen, stört Hooper sichtlich. Brody muss sich derweil mit der niederen, ekligen Arbeit des Köderers zufriedengeben und beschwert sich vergebens, warum ihn Hooper nicht wenigstens einmal ablöst. Ansonsten entbrennt zwischen Hooper und Quint noch ein Streit zwischen dem Städtisch-Akademischen und Ländlich-Praktischen sowie zwischen altbewährt-traditioneller und neuartiger Jagdtechnik.
Im Gegensatz zu Quint und Hooper zeichnet sich Brody allerdings oft durch Ausgewogenheit und Rationalität aus. Zum Bootsuntergang führt letztendlich auch nicht der Angriff durch den Hai, sondern die Überbelastung des Bootes durch Quints Aktionen und Quints stetiges Ignorieren von Brodys Anmerkungen, dass man für so einen Hai ein größeres Boot benötige. Des Weiteren wird der Hai weder durch Quints traditionelle noch durch Hoopers neuartige Methoden getötet, sondern durch Brodys Improvisationstalent, der beide Methoden miteinander kombiniert. Mit Hilfe eines Karabiners bringt er eine Druckluftflasche im Maul des Hais zur Explosion. Eine Zusammenarbeit der widerstreitenden Positionen Quints und Hoopers führt also schließlich zum Erfolg und Brodys Charakterzüge qualifizieren ihn zum Heldendasein und Monstertöter. Währenddessen bezahlt Quint aufgrund seiner Selbstüberschätzung und seines starken Autoritätsverhaltens mit dem Tod und Hooper mit ähnlicher, jedoch schwächer ausgeprägten Veranlagung mit einer Nahtoderfahrung.
Auch wenn man "Jaws" eine Haidämonisierung und Realitätsverzerrung nicht absprechen kann, gibt sich der Film doch Mühe, den Hai nicht als Aggressor im ursprünglichen Sinn darzustellen. Der Hai agiert nur seinen Fressinstinkten innerhalb seines Jagdterritoriums entsprechend. Die Angriffe und Tötungen geschehen nur, weil die Touristen und Haijäger in das Territorium des Hais eindringen und weil die Verwaltung und Tourismusbranche die wirtschaftlich-kulturelle Notwendigkeit des Tourismus über das Wohl der Menschen stellen.
Ansonsten wurde "Jaws", wie man es schon zigmal gelesen hat, genial in Szene gesetzt, zu nennen sind da Kameraarbeit, Schnitt, Musik, Hai- und Horroreffekte. Im Kino auch nochmal beeindruckender. Im Folgenden ein Highlight, welches ich nicht mehr in Erinnerung hatte: Der Vertigo-Shot, der Brodys Gefühlslage als Momentaufnahme perfekt visualisiert, als er nach dem ersten Tod am Strand Wache hält und dann der Junge vom Hai attackiert wird.
8 - 8,5 von 10 Punkten
David Hasselhoff in "Moped Rider".
Ein zweiminütiger Kurzfilm für mobile.de
https://www.youtube.com/watch?v=iByp3UoloAM
Im Kino gesehen, erneut und noch mehr beeindruckt worden.
Was mir bisher (glaube ich) noch nie aufgefallen ist:
Die Protagonisten sehen das (naturwissenschaftliche) Zum Leben Erwecken der Dinosaurier wie die Filmzuschauer ebenfalls begeistert auf einer Großleinwand. Parkgründer John Hammond interagiert mit seinem Leinwand-Ich, ähnlich wie auch John Hammond eine Art Alter Ego des Regisseurs Steven Spielberg darstellt. Durch den gesamten Film und explizit in einem Dialog zwischen Hammond und Ellie Sattler zieht sich die Fragestellung, ob man an das Projekt "Jurassic Park" mit Rationalität und kritischem Hinterfragen oder mit Emotionalität, Magie und Begeisterung herantreten sollte. Das könnte gefühlt auch ein Dialog zwischen Spielberg und Roman- sowie Drehbuchautor Crichton sein.
Der Verlauf der Handlung wird im Prinzip schon dadurch vorhergesagt, dass die Protagonisten Grant, Sattler und Malcolm aus dem Drehscheiben-Sitzbereich ausbrechen, um die lebenden Dinos zu begutachten, während der Anwalt Gennaro noch fragt, ob sie das überhaupt dürfen. Das Leben finde immer einen Weg und die Evolution überwinde jede Barriere, so heißt es. Grant, Sattler und Malcolm sind diejenigen, die Bedenken ob der natürlichen, biologisch-evolutionären Macht äußern, sie akzeptieren und sich ihr fügen, während Gennaro abseits der Regelkonformität nur an den Profit denkt. Dementsprechend gewinnen die evolutionären Grant, Sattler und Malcolm auch den Überlebenskampf, während Gennaro gefressen wird. Auch hier findet eine Selektion statt.
Den verschollenen Brüdern Werner Herzogs (Quay Brothers) beim Drehen eines Stop-Motion-Animationsfilms zuschauen.
https://www.youtube.com/watch?v=z-xoS73f53A
Wo hast du "Quay" gesehen?
Einem unwahrscheinlichen und lustigen Zufall entspringend, ist "Fisherman's Friends" Teil meiner Kindheit, obwohl der Film erst 2019 erschien und ich gestern zum ersten Mal von ihm gehört habe. Mein Vater berichtete meiner Mutter und mir gestern Abend begeistert vom Film, den er im TV gesehen hatte, und schwelgte gleichzeitig vom Urlaub 1993 in England. Der Name Port Isaac und das Hafenstädtchen selbst kamen meinen Eltern seltsam bekannt vor, also schnell das Fotoalbum von damals aus dem Regal gezogen und tatsächlich: Genau dort waren wir im August 1993 im Urlaub! Die Fotos entsprechen fast 1:1 den Natur- und Stadtaufnahmen im Film. Ich war damals gerade mal ein Jahr alt und saß noch im Buggy, kann mich nun verständlicherweise aber leider überhaupt nicht mehr an den Urlaub erinnern^^ Daher musste ich mir "Fisherman's Friends" sofort in der ARD-Mediathek anschauen.
Der Film erzählt die auf wahren Begenheiten beruhende Erfolgsgeschichte einer aus gealterten Fischern bestehende Shanty-Band aus Cornwall, die aller Widrigkeiten und Stolpersteine zum Trotz die britischen Charts stürmt und das meistverkaufteste Shanty-Album der Musikgeschichte produziert. Angereichert mit Stadt-Land-Culture-Clash, einer Lovestory und dem Charakterwandel eines Workoholics aus dem Musikbusiness, der am Leben vorbeilebt. Dramaturgisch und inhaltlich arg konventionell und klischeehaft, aber dennoch:
"Fischerman's Friends" ist überaus herzlich und sympathisch und in seiner Sache so einnehmend, dass ich ihn sofort lieb gewann. Der Cast harmoniert wunderbar miteinander, bringt auch manch überzeugende Einzelleistung hervor (James Purefoy) und profitiert des Weiteren von der bezaubernden Tuppence Middelton ("Sense8"). Der Culture Clash ist witzig genug, um über die Drehbuchschwächen hinwegzutäuschen, und dann sind da eben noch die hochatmosphärischen Shanty-Songs. Bestes Seefahrerfeeling seit den (alten) "Fluch der Karibik"-Filmen - und dabei gibt es hier gar nicht mal so viele Seefahrtszenen!
Wie um die Sache perfekt zu machen und eine Brücke zurück zum Urlaub 1993 zu schlagen, beginnt am Wochenende erneut der August. In dreieinhalb Wochen werde ich nicht 1 Jahr sondern 28 Jahre alt, das gleichnamige Charts-Album der Port Isaac's Fischerman's Friends steht bereits ganz oben auf meiner Geschenkwunschliste^^
https://www.youtube.com/watch?v=p3afGi3REu8
@Moviepilot-Redaktion
Mich wundert es, dass gerade so eine Filmpersönlichkeit wie Olivia de Havilland kein Profilbild hat. Könnt ihr ein solches einfügen?
Möge sie in Frieden ruhen.
"Robinson Crusoe" von Daniel Defoe (1719)
"Es ist nie zu spät, um klug zu werden." - Robinson Crusoe
Zum Einen stehen im Roman zwar Gottlosigkeit und Sünde, Gottesfürchtigkeit und Bestrafung im Fokus, zum Anderen werden dem im Zeichen der Aufklärung aber auch vernunftbegabtes Denken und Gebrauchen des Verstandes gegenübergestellt. Oft geschieht es, dass Schicksalsschläge und Ereignisse Robinson Crusoe so sehr verzweifeln und ängstigen, dass dies irrationale Züge annimmt und er übernatürliche Kräfte dafür verantwortlich macht. Als er zum Beispiel den menschlichen Fußabdruck entdeckt, glaubt er zunächst, der Teufel sei hinter ihm her. Sobald Crusoe allerdings in Ruhe, rational und logisch über die Geschehnisse nachdenkt, erschließen sich ihm neue Sichtweisen und Erkenntnisse, kann er die Geschehnisse besser und sinnvoller einordnen und das Übernatürliche fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Wäre zum Beispiel der Teufel hinter Crusoe her, würde er sich eine schrecklichere Gestalt als die eines Menschen aussuchen und würde auch keinen Fußabdruck am anderen Ende der Insel hinterlassen, dessen Entdeckung ein reiner und unwahrscheinlicher Zufall ist.
Neben einer Kritik an menschlicher Habgier wohnt dem Roman auch eine philosophische - ich würde sogar sagen buddhistische - Note inne. Der Mensch ist Sklave seiner Erwartungen, Wünsche und Begierden. Erst wenn der Mensch sich von diesen Einflüssen und von hedonistischen Neigungen befreit und schätzen lernt, was er bereits hat - sofern er unabhängig von Armut und Gefangenschaft ist -, wird er wahres Glück finden. Wenn ich das so betrachte, kann man die oben aufgeführten, christlichen Sünden und Bestrafungen auch als buddhistisches Karma interpretieren. Treffenderweise gerät Robinson Crusoe nach seinem "sündigen" Leben als gottloser, ruheloser und abenteuerischer Seefahrer sowie ferner als habgieriger Tabakplantagenbesitzer, der sich auf kriminellem Weg mehr Sklaven verschaffen möchte (das war damals noch streng reguliert), in einen heftigen Seesturm und wird aus dem Wasser kommend auf der einsamen Insel wiedergeboren.
Ansonsten bin ich sowohl bezogen auf das Erscheinungsjahr 1719 als auch das Handlungsjahr 1659 überrascht, dass die Verbrechen der Spanier in Südamerika schon damals von sämtlichen europäisch-christlichen Mächten scharf verurteilt wurden. Daran knüpft Defoe im Roman Robinson Crusoes Meinung über die karibischen Kannibalen und lässt ihn ein Plädoyer für gesetzliches Recht und eine vernünftige Rechtspflege halten. Crusoe verachtet die Kannibalen zunächst wegen ihres Kannibalendaseins und ihres Verbrechens gegen die menschliche Natur und möchte sie deshalb (hin)richten. Später wird ihm bewusst, dass er die Kannibalen lediglich aus seinem christlichen Weltbild heraus beurteilt hat, für ihn als Christ mag der Mensch heilig sein, für die Kannibalen ist es nichts anderes, als würden sie ein Schwein schlachten. Als Mensch obliege ihm nicht, über Menschen anderer Weltvorstellungen zu richten, die oberste und einzig wahre Gerichtbarkeit geht für Crusoe, für das Christentum, schließlich von Gott aus. Gott müsse über die Kannibalen richten, falls Crusoe selbst es tue, mache er sich wie die Spanier einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig. Die Mayas und Azteken seien zwar auch gottlos gewesen und hätten Menschenopfer dargebracht, seien in ihrem Wesen und Dasein aber unschuldig gewesen.
Die Beziehung zwischen Crusoe und dem Kannibalen Freitag steht im Zeichen der Missionierung des "Heiden" hin zum guten Christen. Defoe lässt Freitag dabei sogar Zweifel ob der Widersprüche im christlichen Weltbild hegen und beschreibt Crusoe als mäßig talentierten Glaubenslehrer, geht dann aber ohne Weiteres darüber hinweg und lässt Freitag im Widerspruch zu seiner eigentlichen Charakterisierung zum Christentum konvertieren. Bezüglich der antagonistischen Kannibalen, sobald diese einen Christen töten und essen wollen, wendet sich Crusoe von seiner ursprünglichen neutralen, gesetzes- und justizbezogenen Haltung ab und entschließt sich bereitwillig zur Selbstjustiz und Tötung der Kannibalen. Letztendlich gewichtet er das Leben eines Christen dann doch höher als das eines "Heiden".
Abseits davon wird hier aber eben auch eine sehr innige Freundschaft zwischen einem Europäer und einem Eingeborenen aufgebaut, die sich gegenseitig perfekt ergänzen und jeweils die Schwächen des anderen ausgleichen. Sicherlich ist diese Freundschaft klar durch die christliche Konvertierung Freitags bedingt, sie fußt allerdings nicht auf einer reinen Überlegenheit des Europäers gegenüber dem amerikanischen Eingeborenen. Freitag ist Crusoe zum Beispiel körperlich und im Umgang mit der Waffe überlegen. Auch wird Freitags kannibalischer Stamm im Gegensatz zum antagonistischen Kannibalenstamm den Europäern gegenüber als freundlich, hilfsbereit und friedliebend charakterisiert, die Eingeborenen werden im Roman also ambivalent gezeichnet. Und hier muss man wohl auch das Erscheinungsjahr berücksichtigen, ich habe keine Ahnung, wie (un)konventionell die Annahme einer solchen Freundschaft zu Beginn des 18. Jahrhunderts ausfiel. In jedem Fall kommt "Robinson Crusoe" ohne Romantisierungen und nationale Mythenbildung aus, wenn man die Freundschaft Crusoes und Freitags mal mit jener von Old Shatterhand und Winnetou in den Büchern Karl Mays vergleicht.
Sehr gut gefallen hat mir darüberhinaus die Passage in den Pyrenäen gegen Ende des Romans, die an sich so gar nicht in die Geschichte passen möchte, sich im Endeffekt jedoch als gelungene Spiegelung des Afrika-Bildes entpuppt, welches Defoe zu Beginn des Romans zeichnet. Afrika wird in "Robinson Crusoe" unter Anderem beschrieben als ein Land der wilden Menschen (auch als ein Land der Neger- und Mohrenvölker), der wilden Natur und der tierischen Bestien (Löwen, Leoparden), welche dem Menschen nach dem Tod trachten. In den Pyrenäen müssen die Menschen im Allgemeinen und Crusoe, Freitag und ihre Gefährten im Speziellen ebenso der wilden Natur trotzen. Ein kalter, verschneiter Winter treibt Wölfe und Bären in die Siedlungen, Crusoes Gruppe muss während der Überquerung der Pyrenäen nicht nur gegen das Wetter sondern auch gegen Bären und Hunderte von Wölfen ankämpfen, was in der Form analog zum Afrika-Bild geradezu grotesk anmutet. Zudem hat die Gruppe Angst davor, "Wölfen auf zwei Beinen" zu begegnen.
Drei kurze Passagen, die mir ansonsten noch Kopfschmerzen bereiteten: Das zum Narren Halten und Erschießen eines Bären in den Pyrenäen, was als großer, witziger und vergnüglicher Spaß dargestellt wird. Das Zwingen von Eingeborenen-Frauen in die Ehe mit europäischen Männern, was Defoe als etwas Einverständliches und Gutes, gar als Happy End versteht. Gegen Ende entwickelt Crusoe Allmachtsfantasien und Herrschaftswillen gegenüber den Spaniern auf der Insel, die sich laut Defoe bereitwillig und entgegen vorheriger Motive in dieses Schicksal fügen. Da sich am Rand der Konflikt zwischen Katholizismus und Protestantismus durch den Roman zieht, scheint es so, als wolle der protestantische Engländer Defoe hier etwas mit den katholischen Spaniern abrechnen. Erst recht, wenn man bedenkt, dass sich England und Spanien im 16. und 17. Jahrhundert mehrfach u.A. aus religiösen Gründen im Krieg miteinander befanden.
Alles in Allem würde ich "Robinson Crusoe" wohl mit 7-8 von 10 Punkten bewerten. Trotz so Einigem an Befremdlichkeit und Überholtheit ein durchaus progressiver Roman, den es sich auch heute noch zu lesen oder hören lohnt.
Ende Juli 2020 fügst du hier noch einen Film ein?^^
Realaufnahmen von der Nolan'schen Volksfront:
https://www.youtube.com/watch?v=yRO0XcevFOs
Ich bin mit Jude Law mehr als zufrieden, Mark Strong hätte ich mir aber auch gut vorstellen können. Jared Harris ebenso, dann aber nicht als Dumbledore der 1920er Jahre sondern als jener der 1940er Jahre.
"Cube" trumpft mit einem neuartigen Horrorkonzept, kreativem Artdesign und herrlich-fiesen Splattereffekten auf, hat gleichzeitig aber auch hart mit abstrusen Drehbuchentscheidungen, schwacher Charakterarbeit und amateurhaften Schauspielleistungen zu kämpfen. Die Spannungkurve fällt im Vergleich mit den Copycats ("Saw II", dem "Portal"-Kurzfilm, "Escape Room", ja sogar "Alien vs Predator") meiner Meinung nach auch recht flach aus.
Am Interessantesten ist der allegorische und biblische Hintergedanke, das Leben und den Sinn bzw. die Sinnlosigkeit des Lebens anhand des Kubus und des Handelns der Charaktere darzustellen. Wer genau den Kubus errichten ließ und zu welchem Zweck bleibt bis zum Ende hin offen. Die Charaktere hadern mit der Pein ihrer Existenz im Kubus und obendrein mit der Frage nach dem Schöpfer und einem höheren Sinn. Der rot-schwarzen Hölle innerhalb des Kubus steht die himmelsgleich weiße Freiheit außerhalb des Kubus entgegen, die Menschen werden hier einer moralischen und charakterlichen Prüfung unterzogen.
Als allzu ausgereift erscheint mir dieser Hintergedanke jedoch nicht, dafür sind die Regeln des Kubus zu spezifisch ausgearbeitet, was sich wiederum mit den vagen Hintergrundinformationen beißt. Um dem Kubus entkommen zu können, benötigt man tatsächlich Informationen über die Beschaffenheit desselbigen und zudem über mathematische Fachkenntnisse sowie enormes Denkvermögen. Dementsprechend ist die Menschengruppe im Kubus auch genau daran angepasst, neben einem Miterbauer des Kubus finden sich hier auch eine Mathematikstudentin und ein Autist mit mathematischer Inselbegabung. Als allgemeingültige Prüfung des Menschen funktioniert das also nicht, denn die meisten Menschen könnten diese Prüfung gar nicht erst bestehen. Und im Gegensatz zu den Saw-Filmen gibt es hier eben keinen Hintermann, der seine Opfer bewusst auswählt und die Fallen entsprechend an die Opfer anpasst.
Dem Drehbuch ist also weniger an einer konkreten Aussage und einem charaktergetriebenen Konflikt gelegen, vielmehr ist "Cube" ein selbsterfüllender Horrorfilm, dem das Rätsellösen und das Entkommen bereits in die Wiege gelegt wurden. Zwar trifft das nicht auf alle zu, die drei oben genannten Charaktere dienen aber in erster Linie dem Plot und dem Happy End.
Ich meine, wenn ich 20 wär
Und supertalentiert
Und Scorsese hätte schon angeklopft
Und Quentin Tarantino
Und ich hätt auch schon für Nolan gespielt
Und wär mental topfit
Und Kevin Feige würd bei mir
Auf der Matte stehen
Ich würde meine Tür nicht öffnen
Weil's für mich nicht in Frage kommt
Sich bei so Leuten wie von Marvel
Seinen Charakter zu versauen
Das wollt ich nur mal klarstellen
Damit wir uns richtig verstehen:
Ich habe nichts gegen Stan Lee
Ich würde nur nie ins MCU gehen
Muss denn sowas wirklich sein?
Ist das Leben nicht viel zu schön?
Sich selber so wegzuschmeissen
Und zum MCU zu gehen
Was für Eltern muss man haben
Um so verdorben zu sein
Einen Vertrag zu unterschreiben
Bei diesem Scheiß-Franchise?
:-) :P
Ganz selten kommt es vor, dass mir Schauspieler bzw. ihre Rollen unerträglich auf die Nerven gehen, in der Originalfassung von "Rush Hour 2" war Chris Tucker mal wieder so ein Fall. Zum Einen sein ständiges Rumgequietsche, zum Anderen diese alberne Mischung aus Michael-Jackson-Hommage und James-Bond-Parodie. Des Weiteren zieht sich der Sexismus und Rassimsus noch viel mehr als schon in Teil 1 durch den gesamten Film und Jackie Chan schließt sich dem gelegentlich sogar noch an. Abseits weniger gelungener Auftritte Chris Tuckers obliegt es Jackie Chan und seiner Actionperformance, dass der Film nicht komplett in sich zusammenfällt, leider fokussiert sich "Rush Hour 2" mehr auf die geschwätzigen Dialoge zwischen Tucker und Chan als auf die eigentliche Action. Zhang Ziyi kommt kaum zur Geltung.
Währenddessen wartet man vergeblich darauf, dass die Handlung endlich beginnt, diese hat hier tatsächlich mal gar nichts zu bieten. Teil 1 beschäftigte sich immerhin noch etwas mit den Charakteren der beiden Protagonisten und sponn um die Actionkomödie eine interessante Geschichte über den Postkolonialismus Hong Kongs sowie die Diskriminierung der Polizei und Nicht-Amerikaner durch das FBI. Hinzukommt in "Rush Hour 2", dass der Film Hong Kong bereits nach dem ersten Drittel wieder verlässt und in die USA zurückkehrt, anstatt einen kulturellen Gegenpol zum Vorgänger zu bilden und komplett in Hong Kong zu spielen.
Ein zärtlicher Komplex hetero-, bi- und homosexueller Liebesbeziehungen, Sehnsüchte, Spielereien und Neckereien vor dem Hintergrund des kommenden Untergangs der deutschen Demokratie. Die Weltwirtschaft muss nach dem Hoch unweigerlich zusammenbrechen, dem nationalsozialistischen Aufschwung und Umsturz schreiten nationalkonservative und antisemitische Intrigen voran. Selbst das organisierte Verbrechen Berlins befindet sich in einem Aufruhr aus Rache und drohendem, finanziellem Ruin. Lose zusammengehalten wird die Staffel von einem Edgar-Wallace-artigen Kriminalplot, der als eine schöne und sympathische Hommage erscheint.
Staffel 3 kommt nicht mehr so spannend und beschwingt daher wie noch die ersten beiden Staffeln, hier und da gerät sie leider auch etwas trashy und cringy, sie stellt aber weiterhin klar einen Genuss dar. Abseits meiner schauspielerischen Lieblinge Volker Bruch, Liv Lisa Fries, Karl Markovics und Lars Eidinger fand ich vor Allem Gefallen an Benno Fürmanns größerer und ernstzunehmender Rolle als Hauptantagonist der Staffel.
Ich freue mich auf Staffel 4!
Das wird der beste Film seit "James Bond: Moonraker"!
Ohne bisher auch nur einen Roman oder eine Verfilmung von Edgar Wallace zu kennen:
Liege ich richtig mit der Vermutung, dass es sich bei Staffel 3 bzw. der Romanvorlage "Der stumme Tod" um eine Hommage handelt? Und zugleich um eine Art 2010er-1920er-Rekreierung der Kriminalgeschichten? Eine schöne Idee, wenn man bedenkt, dass so einige der Wallace-Romane zu der gleichen Zeit entstanden, in der auch die Serie spielt.
Ich habe mir gerade die Kommentare unter Brie Larsons erstem Youtube-Video durchgelesen und habe mal wieder frustriert den Glauben an die Menschheit verloren...
https://www.youtube.com/watch?v=d6S0u8VENOE
"Solange Wir die Natur immer noch so dreist ausbeuten, gilt meine Sympathie im Tier-Horror-Genre wohl weiterhin meist dem Viehzeug"
Seit Jahren wünsche ich mir schon eine ernsthafte und groß angelegte Verfilmung von Erich Kästners "Die Konferenz der Tiere".
(Was vielleicht auch daran liegt, dass ich das Hörspiel aus meiner Kindheit als episch in Erinnerung habe und ich dieses Gefühl auch gerne als Erwachsener verspüren möchte^^)
Leider gibt es da nur diesen CGI-Kinderfilm.
Ein Westerndrama aus dem Jahr 1948, das die Erlebnisse der US-Soldaten während und nach des Zweiten Weltkrieges verarbeitet, indem die Handlung in das Jahr 1865 kurz nach dem Ende des Sezessionskrieges verlegt und ein Unionsregiment in den Fokus gerückt wird. Es geht um Kriegsheimkehr, Kriegsverbrechen der Siegerpartei, Desertierung, die Schwierigkeiten der Rückkehr in das normale Leben, mangelnde Unterstützung und Entschädigung durch die eigene Regierung sowie das Leiden unter Posttraumatischen Belastungsstörungen. Der Oberst des Regiments wird nach dem Krieg zum Richter ernannt und fällt nach und nach dem Wahnsinn anheim.
Hier und da vielleicht etwas altbacken, insgesamt aber überzeugend umgesetzt und gut geschauspielert. Mit Glenn Ford in der Hauptrolle als Richter und William Holden in der Nebenrolle als früherer Armee-Captain, der vom Richter zum Marshal ernannt wird. Nach einer Story von Borden Chase ("Red River").
Ein Crowdpleaser der schlimmsten Sorte, der so vor Schmalz und Kitsch trieft, dass die Charaktere oft darunter verschwimmen und in diesen Szenen nicht mehr als echte Charaktere wiederzuerkennen sind. Handlung, Charakterentwicklung und Emotionen sind von Beginn an genau durchdekliniert, als Zuschauer benötigt man keine Auffassungsgabe, sondern muss einfach nur schauen. Dem Protagonisten Ove Lindahl werden dabei vom Drehbuch diverse Schicksalsschläge auferlegt, sodass man auch ja Sympathien zu diesem alten Griesgram und Pedanten aufbaut, der Film bemüht sogar wortwörtlich das zu große Herz des guten Mannes.
Wäre "En man som heter Ove" ein Hollywoodfilm, wäre er wahrscheinlich von Robert Zemeckis oder Frank Daborant inszeniert worden. In jedem Fall wundert mich die Oscarnominierung für den Besten fremdsprachigen Film nicht.
Positiv zu erwähnen abseits des offensichtlich guten Willens und der lebensbejahenden Botschaft: Zum Einen die Selbstverständlichkeit der schwedisch-persischen Nachbarsfamilie und die am Rande thematisierte Homophobie im Islam, auch daran merkt man, dass es sich hier um einen Film aus Schweden handelt. Zum Anderen der Cast, insbesondere Hauptdarsteller Rolf Lassgård und Bahar Pars stemmen sich mit großer Klasse gegen die Inszenierung. Ein Bonuspunkt für die süße Katze.
Funfact aus "Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs":
Während der Stelle im Abspann, an der Harvey und Bob Weinstein als Executive Producers genannt werden, sieht man im Hintergrund die Zeichnungen der beiden Trolle, die das Schwarze Tor öffnen^^