JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 6

    [...] Weil Kanonenboot am Yangste-Kiang lieber den Fokus auf die üblichen Konflikte seiner kleinen, bekannten Insel (sprich dem Schiff mit den Amerikanern) und den versprengten Landsmännern- und Frauen drumherum legt, gerät der historische Hintergrund schnell zur fast beliebigen Randerscheinung. Obwohl dafür 180 Minuten Zeit sind, das ist schon fragwürdig. Aber bei allem was sich dem Film dadurch ankreiden lässt, er ist einfach hervorragend inszeniert, prima gespielt (Richard Crenna, Rambo, als wohl interessanteste Figur mit echter Entwicklung ist super und stiehlt McQueen eigentlich die Show) und hat dann auch noch so einen bärenstark gemachtes Finale. Die letzten 30 Minuten stellen tatsächlich die einzigen, echten Kampfhandlungen dar, die sind dafür fantastisch vorgetragen und auf nicht nur für damalige Standards herausragendem Niveau. Von der Präsentation wie der narrativen Effizienz. Da mag man vieles nicht unbedingt vergessen, aber positiv gestimmter darüber urteilen. So funktioniert Kino oftmals auch. Am Ende der Schlacht werden die Toten gezählt.

    Enorm großer Aufwand. In der Relation sogar recht wenige, dafür wenn exzellent arrangierte Action- und Spannungssequenzen. Tolle Darsteller, viel Drama, Romanzen am Rande und politisch nur geringfügig aussagekräftig (eher gar nicht), dafür aber wiederrum weniger Pathos als unter diesen Vorrausetzungen anzunehmen: „Kanonenboot am Yangste-Kiang“ ist ein klassisches, haushohes Hollywood-Epos vor der hausinternen, filmischen Revolution, das mit den Macken seiner Ära zu kämpfen hat, trotzdem dadurch nicht als völlig antiquiert und „mutlos“ bezeichnet werden sollte. Den halben Schuh darf es sich aber schon anziehen. [...]

    8
    • 8

      [...] Es ist mehr der Gesamtzustand eines sich stetig und rasend schnell entwickelnden Landes, in dem das Eine seinerzeit völlig normal und legitimiert ist, nun plötzlich vom notwendigen und richtigen Fortschritt nicht nur komplett überholt, sondern sogar konsequent zersetzt wird. Diese Traditionen und Werte sind oft nicht mehr als antiquierte, noch aus der nie so wahrgenommenen, barbarischen Vergangenheit resultierend, auf der die USA ihren American Dream tatsächlich erst kurz zuvor begründeten. Texas ist gestohlener Boden von denen, die nun dort ein Sklavendasein fristen. Was darunter brodelt ist wertvoller als das was ihn bewohnt. Und auch wenn man sich als kleiner Mann aus dem Schatten des Giganten erhebt und ihn nach Jahrzehnten selbst in den Schatten gestellt hat, es bleibt die bittere Erkenntnis, dass sich mit Geld nicht alles kaufen lässt. Liebe, Glück, Geborgenheit. Die obszöne Dekadenz und die schützende Selbstherrlichkeit: Vorgetragen von Einzelnen, stellvertretend für eine ganze Nation. [...] Und, natürlich, erkennt dies nach einer langen Reise auch das Oberhaupt in einem besonders für ihn schwierigen Prozess irgendwann an, was der Film mit seinem selbstverständlich ebenfalls gepflegten Pathos hier und da am Ende gerne auch zu dick aufträgt. Das Finale ersäuft bald an oberflächlicher In-Your-Face-Selbstbeweihräucherung, damit auch bloß niemand die Message nicht aufsaugen könnte. Aber womöglich war das 1956 ernsthaft noch notwendig und appelliert letztlich an das Richtige. Bedenkt man, wie wenig sich in den USA in gewissen Punkten seitdem getan hat und wo sich in der jüngsten Vergangenheit gar zurückbewegt wurde, scheint dies sogar heute noch nötig zu sein. [...]

      19
      • 8

        Die Zeit heilt alle Wunden. Aus Geistersicht purer Hohn, mag man der nachdenklichen wie überdachten Szenerie von David Lowery folgen, der mit A GHOST STORY einen der aufregendsten und im direkten Kontrast gleichzeitig langsamsten Filme der letzten Jahre aus dem Bettlaken zaubert. Fast müheselig werden einzelnen Fragmente in ihrer augenscheinlichen Ereignislosigkeit zelebriert, um sie schlussendlich und rückblickend als unbezahlbares, kostbares Gut zu vergolden. Was würde man in dieser Position dafür geben, jeden dieser Momente noch jahrelang zu erleben? Selbst die Schmerzhaften, aber dafür Lebendigen, Gemeinsamen? Wenn man dazu verdammt ist, alles als stiller Beobachter an sich vorbeirasen zu sehen, irgendwann gar hilflos verloren im Strudel von Zeit, Ewigkeit und dem eigenen Unfähigkeit, sich seinem Schicksal zu fügen? Ein poetischer, zu tiefst melancholischer Diskurs über die unberechenbare Vergänglichkeit des Daseins so wie wir es kennen und erleben, ohne es oft richtig wertschätzen zu wollen, und die gleichzeitige Darstellung einer alternativen Bewusstseinsebene, die uns allen nur eine Lehre sein sollte. Mit einem wundervollen Gefühl für seine kreative wie empathische Situation schildert dieser wahrscheinlich oft als langweilig oder sperrig wahrgenommen Film in seinen ausgiebigen Momentaufnahmen exakt das, woran es in Jahrhunderten von sinnlosem Schattendasein mangelt. Und wie wichtig es ist, einfach los zu lassen. Unprätentiös rührend.

        21
        • 4

          [...] Gefühlt soll Graduation Day nicht so ein radikaler Unfug wie vieles aus dem Hause TROMA sein, orientiert sich deutlicher am ersten Freitag, der 13. und wirkt insgesamt relativ ernst gemeint, wenn er denn nicht immer mal wieder durch die Unterhose geblasenen Flachwitze rausflöten würde. Die so weder richtig bescheuert zünden, noch dem eigentlichen Anliegen des Projekts zuträglich sind. Die für das Subgenre unabdingbaren Kills treten kontinuierlich auf, fallen ähnlich schwankend zwischen völlig uninteressant, halbgar und ein einziges Mal sogar ganz witzig-kreativ aus, auch da ist Inkonsequenz trumpf. In Memoriam an den hauseigenen Vorgänger-Hit Muttertag - Ein Alptraum aus Blut und Gewalt gibt es eine billige Schaufensterpuppen-Enthauptung, womit die Preisklasse auch direkt geklärt wäre.

          Würde wenigstens eine ulkige, überraschende Auflösung der Slasher-üblichen Whodunnit-Frage angewandt werden, doch davon hat Graduation Day wohl noch nicht viel gehört. Letztendlich sollte man deren Zweckdienlichkeit auch nicht zu sehr durch die Mangel drehen, welches Vergleichswerk ist da schon entscheidend besser? Nur wäre das vielleicht noch der Kniff, der diesen offensichtlich billigen und wenig talentierten Trittbrettfahrer eventuell hätte aufwerten können. Lediglich dem enormen Selbstbewusstsein gebührt Respekt: Es ist kaum zu ignorieren, wie sehr sich im Finale in Bild und (musikalischen) Ton an Psycho angelehnt wird. Das erzeugt das wohl größte Lächeln und das ist wenigstens etwas. So umschreibt sich wohl am gnädigsten, dass hier nur mit krudem Charme gepunktet wird. Auch den muss man sich erstmal verdienen. [...]

          11
          • 4

            [...] Kein Kammerspiel auf engstem Raum, stattdessen ist Ein perfekter Mord ein üblicher, leicht hochglänzender, distanziert-steriler und trotz seines grundsätzlichen perfiden Inhaltes ein fast schon biederer Thriller der späten 90er, wie es sie damals öfter zu begähnen gab. [...] So wird die Zahl der wichtigen Figuren um eine reduziert bzw. zwei werden kombiniert. In der Konsequenz auch mit logischen Auswirkungen auf den späteren Plot und den gewohnten Ablauf, was an und für sich kein schlechtes Vorhaben ist. Daraus entsteht so was wie ein eigener Ansatz, dem aber keinen aufregenden Facetten abgewonnen werden können. Etwa emanzipierter wirkt der Film durch seine stärker und nicht ganz so hilflos dargestellte Frauenfigur, was jedoch beim Blick auf die Entstehungsjahrgänge der jeweiligen Version und ihre damals gängigen Rollenmuster eigentlich selbstverständlich sein sollte. Das größte Problem besteht eindeutig in der Aufgabe des Kammerspiel-Prinzips: Die Geschichte wird durch den größeren Handlungsradius seiner essentiellen Stärke beraubt; das schweißtreibende, spontan anmutende Notfall-Flickwerk ist in der intensiven Form niemals vorhanden. Die Überraschungen halten sich in Grenzen, das Tempo wirkt verschleppt und besonders fehlen das ausgeklügelte Zusammenspiel und die Priorität auf den direkten, nahtlosen Dialog, was erst den Saft aus der Geschichte presste. [...]

            10
            • 8

              [...] Vom gescheiterten Opfer zur unschuldigen Mittäterin hin zum alleinigen Sündenbock: Während der manipulative Bad Guy seinen Kopf trotz einem typischen Fall von „Hochmut kommt vor dem Fall“ höchst unverdient, aber trotzdem respektabel-clever aus der Schlinge zieht, muss die unwissende Heldin der Herzen seinen Platz auf dem Schafott einnehmen. Mit all seiner narrativen und inszenatorischen, detailversessenen Raffinesse wie seinem Hang zum trockenen Humor am Rande spielt Hitchcock so genüsslich sowohl mit dem Gerechtigkeitsbedürfnis, der Neugier aber auch der Schadenfreude bis hin zum latenten vorhandenen Sadismus des Publikums. Eigentlich scheint es gefühlt völlig unmöglich, dass dieser Schweinehund mit dieser Nummer ungeschoren davon kommt, die Frage stellt sich nur: Wie und wann wird aus dem Stolpern der vernichtende Sturz? Der Weg ist, wie so oft bei Hitchcock, das Ziel und wenn er sich voll und ganz dieser Prämisse verschrieb, war er oft unschlagbar. Übrigens: Wohl selten gab es eine entscheidende Schlüsselszene, die diese Bezeichnung so sehr verdient wie hier. [...]

              11
              • 3

                [...] Oliver Stone hat als Regisseur mit Filmen wie Platoon, Geboren am 4. Juli und Zwischen Himmel und Hölle mehrfach und erfolgreich seine eigenen Vietnam-Erfahrungen verarbeitet, als Produzent ermöglicht er nun einen auf dem Papier sehr wichtigen Beitrag über ein damals noch taufrisches, humanitäres Desaster, was in den Händen eines durchaus direkt betroffenen Regisseurs eigentlich ein Selbstläufer sein müsste. Erschreckend oberflächlich, austauschbar und völlig undifferenziert lässt sich Savior – Soldat der Hölle lediglich in dem Vorhaben loben, einen schrecklichen Krieg erstaunlich unparteiisch und in all seiner Brutalität völlig schonungslos darzulegen. Grausam ist hier vieles, manchmal bis an die Schmerzgrenze, gleichzeitig werden alle Beteiligten nur auf eben diese Schandtaten reduziert. Wer macht hier was warum? Keine Ahnung. Soll auch nicht zur Debatte stehen. Politisch oder hinterfragend, erläuternd oder aufklärend hat sich der Film keinesfalls auf die Fahne geschrieben. Mutiert stattdessen zur selbstgerechten Wiedergutmachungstour für ein Arschloch, das einen zugegeben absolut nachvollziehbaren Schmerz durch einen radikalen, (nicht nur) fast faschistoid angehauchten Rachefeldzug und anschließende Flankierung von perversen Kriegsverbrechen kanalisiert hat. Nun den Persilschein-Antrag stellt, weil nur ein (natürlich) Amerikaner plötzlich aus diesem Moloch von Tieren moralisch den Überblick behält und eine Frau und ihr Baby zu retten hat. Aha. Und der Krieg? Darf als Schaufenster dienen. [...]

                10
                • 4

                  [...] Dieses nachgeschobene Anhängsel vom ehemaligen Western-Fachmann Andrew V. McLaglen (Rancho River), der später mit TV-Produktionen und ramschigen Kriegsfilmen wie diesem in der Versenkung verschwand, hat lange fast nichts zu bieten. Bis auf eine erstaunlich prominente Besetzung, deren Zugpferde sich aber damals schon den Seniorenteller bestellen durften und bis auf den fast bemitleidenswerten (da eindeutig zu alt für diesen Scheiß) Richard Burton alle eine recht ruhige Kugel schieben dürfen. Curd Jürgens & Rod Steiger wohnen hinterm Schreibtisch und Robert Mitchum geht das sichtlich gemächlich an, wirkt manchmal gar narkotisch tiefenentspannt, während das arme Großväterchen Burton in voller Montur im Dauereinsatz ist.

                  Sonderlich viel los ist da trotzdem nicht. Erst der etwas actionlastigere Belagerungszustand im Finale bringt etwas Schwung in die Bude. Da fliegt schon mal ordentlich was in die Luft und Robert Mitchum muss sich doch beinah bewegen. Ganz ohne Double, alle Achtung! Und sonst? Wenig. Ganz wenig. Weil die Inszenierung auf mittelprächtigem B-Movie-Niveau zumindest am Ende als ganz solide anzusehen ist und sich den vielen bekannten Gesichter wenigstens ihre Präsenz nicht richtig nehmen lassen, ist dieses überflüssige und - aus künstlerischer Sicht – total absurde Hauruck-Sequel so erträglich wie belanglos. [...]

                  11
                  • 7

                    [...] Nüchtern - durch das Verwenden eines Off-Erzählers wie aus klassischen Krimiserien gewohnt nur noch verstärkt in einem leicht rekapitulierenden, fast dokumentarischen Tonfall – erläutert Kubrick zunächst die Planung wie die Motivation der einzelnen Figuren, was nicht unbedingt hochspannend abläuft, für das Gesamte aber von fundierter Bedeutung ist. Speziell wenn der exzellent arrangierte Schlussakt das eigentlich Verbrechen aus den jeweiligen Perspektiven praktisch mehrfach schildert, aber erst in der Summe ein stimmiges Bild ergibt, ist diese Stilistik gar nicht mal so trocken wie zunächst gefühlt. Kubrick detailliert bereits früh und somit auch ausgiebig, wie das perfekte Verbrechen laufen sollte, woran es scheitern könnte und was davon am Ende letztlich zutrifft. Eine Fehleranalyse ohne Netz und doppelten Boden, die aus der beobachtenden Position schon zynische, hämische Züge annimmt. The Killing – Die Rechnung ging nicht auf ist narrativ sehr reif, progressiv für seinen Jahrgang und kommt nicht drumherum, eine gewisse Sympathie für seine schwarzen Schafe zu kreieren, nur um sich ihre eigene Medizin schlucken zu lassen. So schadenfroh, das deutlich zu fühlende Lächeln des allgemein als kühl verschrienen Kubrick straft dessen Emotions-Leugner alle Lügen. [...]

                    12
                    • 5

                      [...] Kiffende, unbedarfte 80er-Teens auf dem Rummel, insgeheim angeführt von einer zaghaften, aber durchaus interessierten Jungfer mit FINAL-GIRL in fetten Druckbuchstaben auf der Stirn, treffen auf einen Wahnsinnigen und einen (auch) Missgebildeten in der Geisterbahn, die vor Mord nicht zurückschrecken. Gut und schön, warum sich aber nicht schon deutlich eher in das echte, in das wichtige und reizvolle Szenario verlaufen wird, diese Frage muss man sich hier ernsthaft stellen. Für die stimmige Einführung des Settings würden 15 bis maximal 20 Minuten genügen, statt subtiler Bedrohung wird eher Zeit vertrödelt und verbummelt, obwohl diese Prämisse in ihrer Schlichtheit einiges zu bieten hat. Gott sei Dank keine reine Spekulation, denn sobald das Funhouse von innen zum farbenfroh-strahlenden Irrgarten des Terrors wird, ist da plötzlich ordentlich was los. Nun erinnert das sogar rudimentär an Mario Bava (Die toten Augen des Dr. Dracula) und Dario Argento (Suspiria), aber selbst dann wirkt der Film seltsam gehemmt. Erst im wirklich letzten Akt dreht Tobe Hooper total auf und erinnert neben den ganzen anderen Referenzen auch an sein Goldstück, nur das dieses jaulende, tragisches Killer-Baby eine Frankenstein-Maske trägt, nicht die selbstgebastelte aus Opferhaut.

                      Furios und wild wird der lange auf die Geduld gestellt Zuschauer halbwegs versöhnlich aus dem Funhouse gejagt, während der erst als ach so wichtig eingeführte und schlussendlich als bremsender Klotz am Bein verwirrend dazwischen gejubelte Bengel hoffentlich endlich schläft. Nur ein Beispiel dafür, wie cool dieser Film sein könnte. Wie gut er ist, wenn er sich einfach voll auf die Grundprämisse verlässt und den ganzen störenden Ballast nicht so wichtig nehmen würde. Im Gesamtbild leider etwas zu wenig. [...]

                      10
                      • 7

                        [...] Ab wann ist es ethisch überhaupt noch vertretbar lediglich zu schildern und zu dokumentieren, gerade wenn sich einem die Chance bietet, aktiv für das eintreten zu können, was man persönlich als richtig erachtet? Oder ist genau das nicht das wirklich Unethische, schließlich sollte man als Journalist doch verpflichtet sein, möglichst unbefangen und so nüchtern wie möglich die Fakten aufzudecken? Eine Grundsatzfrage, die bei Under Fire zusätzlich erschwert wird zu beantworten, da die Beteiligten hier vorerst nicht den rein informativen Auftrag sondern schlicht die eigene Karriere und das Bankkonto im Fokus haben. Dieser Krieg und alle die darunter zu leiden haben, sind nur Mittel zu Zweck. Sie profitieren davon genauso wie diejenigen, die ihn betreiben oder in ihn investieren.

                        Irgendwo ein absurder, stillschweigender Schulterschluss mit einem Terrorregime. Gipfelnd in ein sonderbares Spektakel, wenn der Despot auf die Pressetribüne einlädt um beste Sicht auf die von ihm angeordnete Bombardierung der eigenen Hauptstadt zu ermöglichen. Wenn schon Berichterstattung, dann doch bitte im gegenseitigen Einvernehmen. Als der Krieg plötzlich doch droht auch sie unmittelbar zu gefährden, verkrümeln sie sich schneller als die Ratten von einem sinkenden Schiff. Wer kann denn so was ahnen? Nick Nolte verkörpert dieses eine Exemplar, das es satt hat nie die Augen, aber immer Kopf und Herz vor dem Grauen verschließen zu müssen, um sich am Ende des Tages nicht mit der unangenehmen Frage konfrontiert zu sehen, was er hätte ändern können. Dieses glaubhaft, nicht belehrend oder moralinsauer und trotz einer etwas überflüssigen Dreiecksbeziehung am Rande durchwegs spannend zu gestalten zeichnet Under Fire aus, der auch wegen seines filmisch selten verwendeten historischen Hintergrundes unbedingt häufiger Erwähnung finden sollte. [...]

                        7
                        • 6
                          JackoXL: Moviebreak 12.07.2018, 21:43 Geändert 12.07.2018, 22:29

                          Ein gleichwohl mysteriöser, reizvoller wie völlig absurder Quell des ewigen Genre-Mischmaschs, den einem Popcorn-Handwerker Gore Verbinski überraschend unvermittelt hier unterjubelt, dadurch aber erstaunlich unterhaltsam. Am Anfang eines selbstbewusst viel zu lang gezogenen Films wird sehr viel Zeit in den Aufbau von Suspense investiert, bei dem zu einer Kopie des ROSEMARIES BABY-Scores ein sonderbar-spannender wie jetzt schon leicht grotesker Film zwischen Gothic-Horror, Mario Bava (BARON BLOOD im Speziellen), HAMMER, FRANKENSTEIN und anderen Klassikern des Mad Scientist-Kinos sich erfrischend merkwürdig seine Nische freistemmt. Da werden viele Fragen aufgeworfen, von denen einige zwischendurch offenbar selbst vergessen wurden, einige in ihrer „Auflösung“ null Sinn ergeben, einige eine böse Nähe zur Ironie offenlegen und der Rest in erlesen-kuriosem Edel-Trash münden…was aber völlig in Ordnung geht. A CURE OF WELLNESS ist unverschämt überteuerter, chic und zeitweise sogar geschickt vorgetragener Unsinn. Wie B-Horror der 60er und 70er, der sich heimlich in die Neuzeit geschummelt hat und nun so tut, als wäre er die ganz große Blockbuster-Nummer oder ein Polanski. Schräg(er als erwartet), auch deshalb sympathisch.

                          13
                          • 5

                            [...] Wenn das große Abschlachten beginnt, bleiben dem Zuschauer die in Blut und Schlamm trotzdem zur fast gesichtslosen Masse verschmelzenden, angerissenen Einzelschicksale mehr oder weniger gleichgültig. Dramaturgisch gibt sich Hamburger Hill wohl auch bewusst etwas arg schlicht, will dafür lieber das Grauen auf dem Schlachtfeld und die Sinnlosigkeit von strickten, dem gesunden Menschenverstand wiedersprechenden Befehlsgehorsam in den Vordergrund rücken. Ersteres kann aufgrund einer schonungslosen, ausführlichen und wenig befürwortenden Darstellung abscheulicher Gewalt durchaus als gelungen betrachtet werden, auch wenn der Film dadurch dennoch Gefahr läuft, aus den falschen Gründen von einem weniger reflektierten Publikum bejubelt zu werden. Daran ist er zu einem nicht geringen Teil selbst schuld, da er besonders bei der Frage nach Moral, Sinn und Unsinn des Geschehens wahrscheinlich das Richtige will, es aber oftmals nicht vernünftig artikulieren kann. Teilweise sogar extrem unglücklich beinah so wirkt, als wolle er nach Rechtfertigungen dafür suchen, in der Schlacht um einen beliebigen Hügel immer wieder in den sicheren Tod zu rennen wäre die einzig richtige Option, auch weil einem sonst nicht viel bleibt. [...]

                            15
                            • 7
                              JackoXL: Moviebreak 09.07.2018, 23:27 Geändert 17.07.2018, 00:37

                              Der Wilde Westen als Vorhof der Hölle, besonders aus weiblicher Sicht. Bei seinem ohne Frage ziemlich Eindruck hinterlassenden Euro-Western zelebriert der Niederländer Martin Koolhoven ein wahres Marytrium, das als hochspannender, da mysteriöser Hybrid aus Western und potenziellem Horrorfilm beginnt, obwohl die Geschichte da schon weit fortgeschritten ist. Die nicht chronologische Erzählweise ist nicht nur eine unnütze und selbstverliebte Spielerei, erst dadurch funktioniert BRIMSTONE in seinem Rhythmus, dem Zuschauer stets eine neue Enthüllung präsentieren zu können, die ein qualvolles Puzzle Stück für Stück zusammensetzt. Exquisit inszeniert und trotz seiner Länge jederzeit enorm aufregend nutzen sich diverse Momente leider sogar ab, gerade das in aller Extreme dargebotene Leid grenzt manchmal ans Selbstzweckhafte und selbst der so aufopferungsvoll-diabolische Guy Pearce erreicht am Ende – nachdem er eh schon im Gesamtkotext recht sonderbare Michael Myers-Qualitäten offenbart – einen Punkt, der die Parodie unvorteilhaft tangiert. Wehrmutstropfen, die leider wirklich nicht wegzudiskutieren sind. Die Intention des Films bleibt etwas wankelmütig, was ihn aber trotzdem nicht seinen Reiz und seine vorhandenen Qualitäten nimmt, die teilweise auf höchstem Niveau stattfinden. Sollte man sich angucken, darüber richten darf man wie man denkt.

                              22
                              • 8 .5

                                [...] Ein enorm unbequemes, aber gerade deshalb in seiner Aufarbeitung und schonungslosen Offenlegung so unabdingbar wichtiges Thema, dem sich Ari Folman auf dieser ungewöhnlichen wie spannenden Weise annimmt. Diese spezielle Stilistik erlaubt es ihm die narrativen, visuellen Freiheiten eines nachstellenden Spielfilms mit Interviews von Zeitzeugen und Weggefährten spielerisch zu verknüpfen; den zwangsläufigen oft trockenen Rhythmus einer normalen Dokumentation komplett aufzuhebeln. Ohne entsprechendes Hintergrundwissen könnte man Waltz with Bashir völlig losgelöst von seinem dokumentarischen Backround als Fiktion wahrnehmen, wenn auch natürlich beruhend auf wahren Ereignissen. Es sieht nicht nur nicht aus wie ein klassischer Dokumentarfilm, es fühlt sich auch nur sehr bedingt so an. Aufregend und ästhetisch in seinen Bildern, berauschend vertont mit einem exquisiten Soundtrack schafft es Folman wie es auf konventionellen Weise niemals möglich wäre, auch für außenstehende und historisch mit diesem Konflikt nicht vertraute Zuschauer ein Gefühl für Zeit, Geschehen und besonders das persönliche Situation der Figuren – zu denen der Regisseur ja selbst gehört – zu schaffen.

                                Waltz with Bashir erfüllt damit nicht nur den (Bildungs)Aufrag eines unabdingbar wertvollen Zeit- und Geschichtsdokumentes, schildert nicht nur die Auseinandersetzung mit persönlicher und politischer Schuld sowie den diffizilen Prozess von Traumabewältigung, er ist auch auf emotionaler Ebene unglaublich intensiv ohne mit künstlich aufgebauschten, manipulativ gestrickten Momenten zu kokettieren. Tatsächlich wird der Film mit einem an sich ganz simplen, aber in seiner Wirkung so brillanten wie niederschmetternden Einfall beendet. Wenn sich am Ende alles plötzlich ganz echt, ganz real anfühlt und auch den visuell schützenden Mantel ablegt, dann wird einem ganz anders. [...]

                                15
                                • 7

                                  [...] Das Verfahren ist eingestellt, vergessen Sie’s! (im Original tatsächlich kaum weniger umständlich betitelt, das geht sicher schmissiger) erreicht insgesamt nicht ganz die Qualität von Damiani-Perlen wie Der Tag der Eule oder Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert. Dafür ist er manchmal etwas zu plakativ, ein wenig marktschreierisch veranlagt und bedient ohne Frage auch diverse Klischees. Bei besagten Vergleichswerken war der Regisseur/Autor subversiver, was deren Klasse im Besonderen ausmachte. Hier ist er fast an der Grenze zur Überzeichnung, speziell in der ersten Hälfte, da wird eben dezent zu dick aufgetragen. Seine Wirkung erzielt der Film natürlich trotzdem und am Ende ist der Unterschied fast schon wieder vergessen. Neben dem durchgehend aufopferungsvoll agierenden Franco Nero überzeugt speziell die letzte halbe Stunde des Films, in dem Damiani den Finger wieder geschickt und trotzdem schmerzhaft direkt in die offene Wunde bohrt, das es unverkennbar eine SEINER Arbeiten mit voller Inbrunst ist. Ein Mensch wächst und verödet mit und an den Umständen, die oft konträr sind zu seinem eigenen Wohlfühlfaktor. Ob er standhaft bleibt, auch in besseren Zeiten, das macht einen gesunden Charakter aus. [...]

                                  11
                                  • 5

                                    Der später wegen des Erfolges seines Haudrauf-Dream-Teams zur sprücheklopfenden Klamotte umgemodelte und unter anderem Titel neu veröffentlichte Spaghetti-Western hat in seiner Urform wenig mit dem typischen Hill/Spencer-Vehikeln gemeinsam. Terence Hill steht die Rolle des düsteren, mysteriös angehauchten Todesengels im Stil von Clint Eastwood in EIN FREMDER OHNE NAMEN ziemlich gut und der grundsätzlich räudige Tonfall weiß zu gefallen. Allein der Opener, in dem ein Zug voller Leichen in den Bahnhof einrollt, weckt hoffnungsvolle Erwartungen. In der Folgezeit werden die eher enttäuscht, denn GOTT VERGIBT – DJANGO NIE lebt eigentlich nur von solchen vereinzelten Momentaufnahmen, zusammengehalten durch eine schleppende, ungeschickt ausbremsend erzählte und im besten Fall mittelprächtig inszenierte Rache-Story. Da bleibt wenig hängen und nach dem Film würde heute wohl kein Hahn mehr krähen, wenn er nicht diese zwei wie Pech und Schwefel auf der Leinwand vereint hätte. Deren außerordentliche Chemie lässt sich bereits hier erkennen und in ihrer (einzigen) Kampfszenen gegeneinander gibt es schon ihre Special-Moves: Den eingeschwungenen Hill-Reck-Doppel-Tritt in‘s Maul und die budsche‘ Dampframme in den Nacken. Aus filmhistorischer Sicht nicht uninteressant und isoliert davon wenigstens mit ein paar wertigen Fragmenten versehen, insgesamt betrachtet aber kaum mehr als das.

                                    12
                                    • 8 .5

                                      [...] Die Illusion von bis aufs Blut verfeindeten Nationen, die im meisten Fall und besonders in den häufigen Einzelschicksalen schlicht von Menschen verkörpert werden müssen, ohne dass diese konkret etwas gegen einander haben. Die ihren Rolle nach den vorgegebenen Regeln spielen, aber im entscheidenden Moment leider doch das tun müssen, was angeblich unausweichlich scheint. Obwohl es offensichtlich nicht zwingend ihrer Überzeugung entspricht. Die Illusion von Brüderlichkeit und Gleichstellung, obwohl selbst im Krieg noch ein Klassenmodell existiert, und sei es nur hinter vorgehaltener Hand. Die Illusion von Gut und Böse, von Richtig und Falsch, denn in letzter Konsequenz handelt jeder aus einem individuellen Blickwinkel und aus Motiven heraus, die nicht mal zwingend dem eigenen Ideal entsprechen. Und auch die Illusion der eigenen Unvoreingenommenheit, denn Kluften zwischen den Nationen, den gesellschaftlichen Schichten und auch dem kulturellen wie religiösen Hintergrund sind zweifelsohne vorhanden und – so ehrlich muss man sein – schlussendlich der Grund für diese gewaltige Katastrophe namens Krieg, die eigentlich keiner will aber unter der nun alle zu leiden haben. [...] Eine zeitlose Parabel über den Sinn und besonders den Unsinn jedes Krieges. Ein flammender Appell an die Menschlichkeit und die Vernunft, ohne sich dabei in kitschige Phrasen oder unrealistischer Utopie zu verrennen, auch wenn es wirklich illusorisch erscheint, dass dieser Film jemals in seiner entwaffnenden Logik komplett in die Tat umgesetzt wird. Und sei es nur kurzfristig. Immer noch unglaublich wichtig und für seinen Entstehungszeitraum so wagemutig, reflektiert wie beinah mit prophylaktischer Weisheit versehen, die nur leider zu spät kam und ihn sogar damals grenzübergreifend als unbeliebten Plagegeist (zumindest teilwiese) im Giftschrank verschwinden ließ. [...]

                                      14
                                      • 6 .5

                                        [...] Jeder Kopf hat seinen Preis wirkt inhaltlich besonders zu Beginn ziemlich zerfahren und praktisch ziellos, was sich im weiteren Verlauf angenehm relativiert. Es geht hier nicht um DEN Fall oder DEN preisträchtigen Kopf. Eigentlich schildert der Film auf eine launige Weise nur den oft kuriosen 24/7-Irrsinn eines selbstständigen Menschenjägers. Einem aus der Zeit gefallenen und aufgrund der stolzen, als teilweise absurd entlarvten, denkmalgeschützten Verfassung der USA legitimierten Berufes; einem Relikt des Wilden Westens. Einem Job für echte Kerle. Die sich wüste Verfolgungsjagden mit verrückten Pyro-Gebrüdern durchs Maisfeld liefern (auf dem Mähdrescher, da werden Erinnerungen an Prime Cut wach); bewaffnete, geiselnehmenden Junkies nach halsbrecherischen Zirkusnummern auf dem U-Bahn-Dach stellen und praktisch nach Feierabend noch die eigene Familie vor kriegsbemalten Psychopathen retten müssen, indem man eine Schule in die Luft jagt. Und trotzdem klappt man am Ende zusammen, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt, endlich mal echte Verantwortung für jemanden zu übernehmen, den man nicht mehr einfach so abgeben kann/sollte.

                                        Obwohl der Film absolut Stringenz irgendwo vermissen lässt, sich nicht immer passend zwischen flapsigen Späßchen und plötzlich doch straffen Actionszenen stimmig einordnen kann, mit einer gewissen Warmlaufzeit und dem Verständnis dafür, was hier eigentlich erzählt werden soll, macht Jeder Kopf hat seinen Preis immer mehr Spaß. Angereichert mit flotten Running-Gags - insbesondere das brachiale Unvermögen des im wahren Leben passionierten Motorsportverrückten Steve McQueen, sobald er ein Fahrzeug unfallfrei bewegen soll - und dem bis dato praktisch unbekannten Talent seines Hauptdarstellers, sich von einer selbstironischen, humorvollen Seite zu zeigen, die ihm ausgezeichnet steht. [...]

                                        14
                                        • 7 .5

                                          [...] Auf der Grundlage von Fakten und lediglich mit den gar nicht mal so zahlreichen, aber eben besonders wichtigen, unbekannten Variablen spielend ist Wonderland ein smart erzähltes Thriller-Puzzle voller dubioser, gebrochener, aber auch tragischer Verlierer-Typen geworden, die sich gegenseitig in den Abgrund gerissen haben oder noch dabei sind es zu tun. Cox zeigt viel Gespür für den Zeitgeist dieser Periode, dem Umbruch von den späten 70ern in die frühen 80er, als die Leichtigkeit der wilden Zeit plötzlich verloren ging und der harte Aufprall auf den Boden der Realität unvermeidbar. Die Quittung für einen exzessiven Lebensstil sozusagen. Auch optisch passt sich der Regisseur des dargestellten Zeitraums an, präsentiert Bilder im leicht ausgeblichenen, verwaschenen Retro-Look, mit einem passenden Soundtrack unterlegt.

                                          Obwohl man Wonderland vielleicht vorwerfen könnte, sich etwas wenig zu trauen, da er eigentlich keine eigenen Thesen aufstellt und die einzigen Spekulationen aus den jeweiligen, zum persönlichen Vorteil geschönten Aussagen seiner beiden unglaubwürdigen Kronzeugen zitiert, er maßt sich dadurch zeitgleich auch nicht an, für eine der nicht bestätigten Halbwahrheiten Partei ergreifen zu wollen. Es ist auch kein klassisches Biopic, wodurch die so immens spannende Person des John Holmes lediglich auf dieses Ereignis begrenzt bleibt, aber mehr soll auch gar nicht dargestellt werden. Der Film versteht sich mehr in der neutralen Beobachter-Rolle, einer Berichterstattung im Gewand eines Krimis, die sich aber nicht davor scheut seine wichtigsten Figuren mit einer gewissen Sympathie auszustatten. Oder zumindest so was wie Mitleid, ohne irgendetwas gutzuheißen. [...]

                                          10
                                          • 4

                                            [...] Kommt nicht oft vor, aber Ghoulies II ist in der Tat besser gelungen als das Original. Nicht so radikal, dass sich plötzlich von einem guten oder nur brauchbaren Film reden ließe, aber immerhin, etwas mehr Spaß bringt die Jahrmarkts-Nummer. Allein das Setting passt wesentlich besser und – was sehr entscheidend ist – die fiesen Kreaturen handeln endlich mal selbstständig. Im Vorgänger waren sie nur willenlose Handlanger, kaum mehr als lebendiges Werkzeug für ihre menschlichen Meister, nun drangsalieren sie auf eigene Rechnung. Töten und Quälen ihre Opfer aus purem Spaß am Sadismus…und scheinbar auch Hunger. Das verschafft ihnen mehr Screentime und sorgt insgesamt für mehr Ereignisreichtum als im zwischenzeitlich schleppenden Vorgänger. Selbst das Creature-Design wirkt einen Hauch professioneller, die Animation eine Spur geschmeidiger und agiler. Der Film hat mehr was von einem trashigen Grusel-Schabernack, der wenn die Ghoulies am Ende den gesamten Rummelplatz verwüsten rudimentär an Gremlins – Kleine Monster erinnert. In der schäbigen Variante, versteht sich. [...] Es gibt keinen triftigen Grund, warum man sich diesen Film ansehen sollte, aber wenn es aus irgendeinem Grund dazu kommt, lässt er sich relativ flott und besser durchstehen als so manch anderes Zeugs dieser Qualität. Ganz besonders aus der Puppenkiste von Charles Band. [...]

                                            9
                                            • 3 .5

                                              [...] Im Opener sind die dämonischen Handlanger nur geringfügig vertreten und machen dort noch einen ganz anständigen Eindruck, die Show stiehlt ihnen eh Michael Des Barres (Mulholland Drive – Straße der Finsternis) als grünäugiger Hobby-Okkultist mit ausgiebigem Wendekreis im Oberstübchen. Brachiales Mega-Overacting als ginge es um den Nicolas Cage-Award, ein Triumph der guten Laune durch schlechten Geschmack. Ähnlich vielversprechend geht es weiter, denn nach einem Zeitsprung von 25 Jahren ist es nun an Filius Jonathan (Peter Liapis, Wishmaster), das undankbare und schwere Familienerbe nichtsahnende fortzuführen. Wenn er und seine im typischen 80er-Stil mies frisierten, lächerlich gekleideten, völlig beknackt skizzierten und dazu noch mit einer richtig steilen, deutschen Assi-Synchro („Hey, wie wär‘s mit ’ner Runde Knattern?“) noch besser vertonten Spacko-Freunde just for fun Daddy’s alte Satanisten-Rituale aufführen, ist Ghoulies auf eine urig-ulkige Retro-Art echt charmant und lässt auf wüsten Splatter-Unfug hoffen. Schließlich könnte es jetzt richtig losgehen. Könnte. Bitte gehen sie weiter, es gibt lange nichts zu sehen.

                                              Obwohl die kleinen (und unkaschiert in voller Pracht nun wirklich eher unvorteilhaft albernen) Höllen-Gnome schnell auf der Bildfläche auftauchen, sie müssen sich lange zurückhalten. Spaßbremse Jonathan spinnt gefühlt ewig vor sich hin, findet noch zwei weitere, sonderbare Bedienstete von wo auch immer und erst als die lange vermisste Bagage vom Anfang kurz vor Schluss wieder eingeladen wird, geht auch endlich so ganz leicht die Post ab. Was objektiv betrachtet trotzdem ziemlich dürftig ist, aber inzwischen ist man mit wenig zufrieden. Um es kurz zusammenzufassen: Ghoulies macht immer dann fast Spaß, wenn Vollblut-Spinner Michael Des Barres im Bild ist, denn dieser reißt auch den unfassbar bekloppten Showdown wieder unnachahmlich an sich. Wie schön-doof dieser Film sein könnte, wenn nur alle so konstant auf die Kacke hauen würden. Die unterbeschäftigten und wenig creepigen Ghoulies am wenigsten ausgenommen. [...]

                                              10
                                              • 1 .5
                                                JackoXL: Moviebreak 27.06.2018, 14:28 Geändert 30.06.2018, 22:10

                                                [...] Cabin of the Damned bzw. Tarnation (so der Originaltitel) begnügt sich damit, seine No-Budget-Identität schützend, entschuldigend vor sich aufzubauen. Guckt euch an, wie billig das ist. Deshalb dürfen wir uns jeden Rotz rausnehmen und müssen uns keine Mühe geben, dadurch sind wir doch erst so verrückt und witzig. Ähm, nein. Das ist armselig. Da der Film ja nicht mal eine wirkliche Parodie von Tanz der Teufel ist. Gleiche Situation, so viel kopiert wie möglich und da wo man an seine Grenzen stößt (ziemlich oft) wird versucht sich platten Galgenhumor-Charme anzudichten. Was TROMA oder ASTRON-6 bei (fast) vergleichbaren Mitteln oft auszeichnet(e): Kreativität, die gekleidet in das billige Auftreten wüste Geschmacklosigkeit mit durchaus subversiver Ironie paarte, auf ganz unnachahmliche Weise. Das alles fehlt diesem quälenden Fanboy-Goofy an allen Ecken und Ende. Selbst wenn so was mal ansatzweise zu erkennen ist, wie im Finale, ist das immer noch lediglich peinlich. Ach ja: The Cabin in the Woods lässt – auch unabhängig vom deutschen Titel – ebenfalls deutlich grüßen, was nicht mehr als eine wertfreie Feststellung sein soll. Besser macht das leider gar nichts. [...]

                                                11
                                                • 8
                                                  JackoXL: Moviebreak 26.06.2018, 15:51 Geändert 27.09.2018, 23:46

                                                  Thunderbolt und Lightfoot kommen zueinander wie die Jungfrau zum Kinde. Der falsche Pfaffe und der Bleifuß mit dem Holzbein; der abgebrühte Knochen und der unbekümmerte Heißsporn. Michael Cimino schickt sie bei seinem für ein Debüt unglaublich abgeklärt inszenierten und voller Raffinesse vorgetragenen Roadtrip durch wunderschöne Impressionen des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten, wo der amerikanische Traum auch von Gaunern gelebt werden darf. „Es ist komisch: Ich habe nicht das Gefühl, dass wir kriminell sind“ stellt Jeff Bridges kurz vor Schluss fest und spricht dabei dem Zuschauer eigentlich aus der Seele. Es sind zwei Glücksjäger auf einem zugegeben etwas krummen Pfad zur Sonne, die Cimino aber so herzlich, charmant und ursympathisch anlegt, dass man zu gerne beide Augen zudrückt. Im Gegensatz zu seinen späteren (Meister)Werken mit viel Leichtigkeit und Humor versehen, dabei nie albern und mit einer romantischen Melancholie durchzogen. Einer tiefen Sehnsucht nach Freiheit, Freundschaft und dem, was Amerika allen verspricht: Die Welt gehört dir, du musst nur zugreifen…bevor es jemand anderes tut.

                                                  12
                                                  • 4 .5
                                                    über Simpel

                                                    [...] Solange der unschuldige, entwaffnende Kuscheltier-Charme eines geistig behinderten Sonnenscheins diese wohlige Zwangs-Empathie kitzelt, die jeder Menschenliebhaber am liebsten dann für sich selbst entdeckt, wenn er im Alltag möglichst wenig damit zu tun hat, ist doch alles spitze. [...] So grenzwertig hier zunächst die stationäre Aufnahme eines behinderten Menschen als menschenunwürdiges, herzloses Abschieben an den Pranger gestellt scheint, ist Simpel stattdessen der vernünftige Apell daran, dass dies eben nicht der Fall ist bzw. nicht sein muss. Wenn aus falsch verstandenem Verantwortungsbewusstsein sich nicht nur das eigene, sondern sogar das Leben des eigentlich so herzlich Betreuten nicht richtig entfalten kann, dann ist damit niemanden wirklich gedient. Mit seiner naiven, eindimensionalen und oftmals manipulativ-weltfremden Art entwickelt sich der Film wenigstens am Ende noch in die halbwegs richtige Richtung oder stellt wenigstens klar, dass er absolut gut gemeint ist. Nur eben sehr...naja, simpel. Passt schon, der Titel. Und wie schon gesagt, im direkten Vergleich mit der ekelhaften, heuchlerischen Vorführ-Doppelmoral eines Honig im Kopf, wo am Ende gar propagiert wird, dass nur im Schoß der Familie schwer Pflegebedürftige gut aufgehoben sind, das so was doch ganz selbstverständlich ist und auch keine große Sache, wenn man sich ganz doll lieb hat und nur mal richtig Mühe gibt (in der Hinsicht übrigens genauso furchtbar: Ich bin Sam), ist Simpel beinah schon gut. Aber das ist ja nun wirklich fast jeder Film. [...]

                                                    9