JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

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    JackoXL: Moviebreak 29.09.2018, 21:49 Geändert 01.10.2018, 21:22

    -„Sind sie schon auf unserem Land?“
    -„Nein, Sir.“
    -„Dann geht es uns ja nichts an.“

    Obwohl der amerikanische Bürgerkrieg 1863 seine Heimat in Virginia unmittelbar betrifft, ignoriert bzw. entzieht der stolze Farmer, verbitterter Witwer und gestrenger, autoritärer 7facher Vater Charlie Anderson sich dem Tohuwabohu, denn schließlich hat er weder Sklaven, noch interessiert ihn irgendetwas anderes als das, was ihn und seinen gewollt begrenzten Mikrokosmos von außen zu beeinträchtigen versucht. Seit dem Tod seiner Frau – bei der Geburt seines jüngsten, inzwischen 16jährigen Spross -, verfolgt er eindeutige Regeln: Die Kinder (mehr oder weniger alle erwachsen, aber noch mit den Füßen unter seinem Tisch) wachsen gehorsam, aber gut erzogen und durchaus mit eigener Meinung auf (die jedoch unmissverständlich formuliert werden muss, denn Papa diskutiert nur auf klarem Standpunktniveau), gehen artig zur Kirche, weil er das Mama auf dem Sterbebett versprochen hat (obwohl er scheinbar seitdem persönlichem mit dem Glauben abgeschworen hat) und ziehen definitiv nicht in den Krieg, mit dem sie nichts zu schaffen haben. Bis die Front sich 1863 direkt vor seine Haustür verlagert hat. Die Einschläge kommen näher, alle wollen seinen stolzen Bestand an Tieren und potenziellen Soldaten (= Kanonenfutter) zwangsrekrutieren, doch Old Charlie (als grantiger, gerechtigkeitsfanatischer Dickkopf famos: James Stewart) bietet jedem die Stirn.

    Bis der Zufall sein Nesthäkchen in die Kriegsgefangenschaft schickt. Nun geht sie der Krieg ganz persönlich etwas an und der Clan reitet aus, aber trifft genau auf diese Konsequenzen, weshalb der mürrische Charlie sein eigen Fleisch und Blut krampfhaft von diesem sinnlosen Töten fernhalten wollte. Trotz einiger lapidaren Aussetzer wie einer merkwürdigen Slapstick-Prügel-Sequenz und dem sentimentalen Grundton, der eindeutig seines Entstehungszeittraums und der bieder-braven Historie des damals schon heftig angestaubten US-Westerns geschuldet ist, erweist sich Der Mann vom großen Fluss als einer der besten Genre-Beiträge seiner Zeit. Fast schon mehr Anti-Kriegsfilm als Western wird eindeutig Stellung bezogen, und zwar nicht begrenzt auf Nord- oder Südstaaten. Dass es dabei mitunter etwas altbacken daherkommt ist verständlich, aber alles auf verkraftbarem Niveau. Die Message ist richtig, der Plot dynamisch, mitunter überraschend und James Stewart ist göttlich. Insgesamt viel stärker als die meisten (US-)Western seiner Zeit.

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    • 8

      Erschreckend schnell, erstaunlich reflektiert auferstanden aus nuklearen Ruinen. Der erste GODZILLA - damals vermutlich selbst gedanklich weit weg von dem, was man heute unter dem unsterblichen Monster-Franchise versteht - ist eine autodidaktisch anmutende (da so nie zuvor und selten jemals wieder praktizierte) Sternstunde des politisch-gesellschaftlichen, mahnend-nachdenklichen B-Creature-Films. Was so kompliziert klingt, ist zurecht dermaßen einzigartig. Als sich Japan nicht mal ansatzweise von seinem (nicht unverschuldetem, wohlgemerkt ungeahndet der Tragweite dennoch) schlimmsten Albtraum nur grob erholt haben konnte, begann schon eine filmisch bemerkenswert selbstkritische Aufarbeitung, die natürlich aus „Opferperspektive“ immer etwas „leichter“, „mitfühlender“ über die Lippen geht, dennoch alles andere als selbstverständlich ist. Aus dem Meer erhebt sich der durch die atomaren Bombenangriffe erweckte und zusätzlich (vermutlich) noch stärkere Ur-Gigant GODZILLA, bis dato nicht mehr als Seemannsgarn, nun eine globale Zerstörungsorgie auf zwei Beinen. Wobei genau das der Film nur in einer, einprägsamen Sequenz Züge-fressend, infernal-ausatmend zelebriert. Alles andere ist Aktion und Reaktion. Es gibt diese nichtkompatiblen Parteien, die aufeinander prallen. Was durch Pearl Harbor provoziert wurde, endete in Hiroshima und Nagasaki. Unverhältnismäßig fatal, endgültig, aber eben als Konsequenz eines Mangels an vernünftigen Optionen. So hadert der einäugige (unter den Blinden) Retter der Nation selbst lange mit dem Einsatz seiner Massenvernichtungswaffe, weil sie genau ihren Haken schon im Namen trägt. Anstatt ein Miteinander zu finden, muss sich gegenseitig vernichtet werden…bevor es der andere tut. Im Prinzip wird hier der Umkehrschluss überlegt: Man könnte sich mit einem Schlag des Gegners entledigen, aber die Folgen sollten bedachten werden und raten eher davon ab, denn es gibt noch die Verantwortung für „das Danach“. Selbst wenn es nur aus der Verteidigungshaltung passiert. Klar, hinterher ist man immer schlauer, besonders wenn es das eigene Volk so hart trifft, aber sich ohne verständliches Wutschnauben schon jetzt derartig überlegt der Ursachenforschung und den daraus abzuleitenden Konsequenzen zu stellen – und selbst der anfangs manipulativ wirkende Perspektivwechsel ist eigentlich nur eine doppelte Meta-Ebene – ist nicht nur vom Gedanken richtig und wichtig, der kleine Film nebenbei ist einer der wichtigsten Monsterfilme, seit es Monster und Filme gibt. Er transportiert eine Botschaft, die danach (nicht nur im Franchise) oftmals verloren ging. Wenn überhaupt ernsthaft wahrgenommen.

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      • 4 .5
        JackoXL: Moviebreak 25.09.2018, 22:26 Geändert 25.09.2018, 22:46

        [...] Ein interessanter Ansatz – der sowohl grenzwertige Methoden von sogenannten Teambuilding- und Life-Coaching-Scharlatanen wie insbesondere auch Sekten-Dynamiken bedient und hinterfragt – trifft auf eine leider sehr schlichte Inszenierung und insbesondere einen unglaubwürdig vorgetragenen Plot, dem es trotz separiert-eindringlicher Momente kaum gelingt, das Erzählte schlüssig zu untermauern, und sei es nur um der Wirkung, der moralisch-ethischen Parabel willen. Mit guten, wichtigen und kritischen Anliegen in Herz und Kopf scheitert Gehirnwäsche an seiner plumpen Vorgehensweise, die es nicht vermag das Unfassbare greifbar zu reflektieren. Dass so was möglich ist, ist belegt und wurde auch filmisch schon vielfach grob rekapituliert, auch da nicht immer astrein, aber das Ding an sich ist kein Hirngespinst. Praktisch jede Sekte generiert so ihre Mitglieder. So was aber in der Kürze der Zeit und ohne entsprechende Rahmenbedingungen (vergleichbar: Das Experiment, wo zumindest ein Rollenspiel Gut und Böse definiert wurde) aufzuziehen und nur vor dem Hintergrund, dass jede Demütigung akzeptiert und sofort im Anschluss als „reinigend“ angenommen wird, nur weil alle um ihren Job bangen oder zu feige sind, das ist – zumindest so erzählt – viel zu dünn.

        Würde die Gratwanderung von Satire, Horrorfilm und moralischem Warnschild gelingen, Gehirnwäsche würde (wahrscheinlich auch sehr gerne) an die frühen Arbeiten von David Cronenberg erinnern, irgendwie schwebt diese Assoziation manchmal lose im Raum. Prallt dafür postwendend an eine Mauer des Unvermögens. Trotzdem besitzt der Film durchaus gelungene Reizpunkte, die sich aber nicht in ein rundes Gesamtbild fügen mögen. [...]

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        • 5 .5

          [...] Ein Oppa sieht (noch ohne Brille) rot: Altersgemäß wird Charles Bronson mit dem Bus in das übelste Ghetto von New York gebracht, wo er trotz 28 Grad Außentemperatur nie den dicken Pulli auszieht. Naja, bis auf eine kurze Oben-ohne-Szene, nachdem er die locker 30 Jahre jüngere Anwältin beglückt hat, die ihn „zum Essen“ einlädt, da sie keinen netteren Menschen als den Selbstjustiz-Greis kennt, den sie gerade aus dem Bau geholt hat. Heftig untervögelt, so als Ferndiagnose. Nach einer extrem hüftsteifen Vorlaufzeit (ist halt nicht mehr der Jüngste) sorgt Großvater Bronson doch noch für "Gerechtigkeit", oder wie man das bei CANNON Mitte der 80er als solche interpretiert hat. Heißt in dem Fall: Du böse, du tot. Erst schießen, dann auch nicht fragen, der Spaß wird auch nur rund, wenn endlich die Munition für die Großwildjagd und der Raketenwerfer angekommen sind. Aber dann...rums, bums, hinüber. Der alte Mann braucht einen trauernden Witwer zum Munition halten und eigentlich noch den Zivi, damit es Tatter-Charlie beim Rückstoß nicht aus der Bahn wirft.

          Plumper, gewaltverherrlichender, ultra-reaktionärer Unsinn, der aber zum Glück so bescheuert daher rumpelt, als das man das in den richtig falschen Hals bekommen könnte. Eine Moral will der Film nicht mal versteckt unters Volk jubeln, der ist absichtlich komplett durch die gute Kinderstube geflogen, feiert Auge-um-Auge so radikal ab, da MUSS man drüber lachen. Allein wenn sich die ewige unterdrückten Nachbarn endlich trauen, ihre Knarren aus dem Nachttisch zu holen und wie die kleinen Kinder jubeln, wenn sie einen "Punk" abgeknallt haben, sagenhaft. Im Schlussspurt brettert Death Wish 3 – Der Rächer von New York so vehement in die Leitplanke von Moral und Ethik, hält statt abzubremsen voll drauf und nagelt mit 200 Klamotten munter weiter. Normalerweise furchtbar bedenklich, in dem Rahmen nur eine irre-stumpfe, kompromisslos bescheuerte Alt-Herren-Dampfwalze von einem Großstadt-Reißer, bei der guter Geschmack zwingend an der Garderobe abzugeben ist. Schlägt ein wie eine Rakete in das Gangmitglied, nur sehr behäbig in der ersten Stunde, wenn auch da schon auf eine amüsante Art heftig daneben (wer kommt schon mit einem Messer zu einer Schießerei, selbst Schuld). [...]

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          • 4

            [...] Der Weg dorthin ist bei Die heilige Bestie der Kumas auf gar keinen Fall das Ziel, der ist ziemlich träger, oftmals unvorteilhaft alberner Quatschkram, bei dem schon sehr deutlich wird, dass der spärliche Einsatz der Krokos nicht dazu dient die Spannung subtil zu erhöhen. Wenn das Vieh plastisch in Szene gesetzt wird, ist das mal recht okay und mal…puh. Da dümpelt eine unbewegliche Luftmatratze in Krokodilform gegen ein Boot. Hat man ja beinah mehr Angst um die als um den Kahn. Ein rausstehender Nagel oder nur ein harter Splitter und puff.

            Witzig, dass die Größe des Tiers optisch immer wieder variiert. Mal riesig, mal bald Aquariums-tauglich, da stimmt die Relation selten. Aber mit solchen Details hat es der Film eh nicht so. Die urigen Miniatur-Modelle von Gebäuden und Fahrzeugen um an den Special-Effects zu sparen sind schon wieder ganz Retro-charmant, aber richtig kurios wird es eigentlich erst, als die Messe bereits gelesen ist. Das Finale ist, wie gesagt, mit Abstand das Beste am Film und macht in seinem Tempo und Alarm durchaus Spaß. Aber wie kann es denn sein, dass unsere Helden mitten in der Nacht unter Wasser zum Showdown mit dem dämonischen Reptil antreten und nach ein paar Minuten bei strahlender Mittagssonne wieder auftauchen? Was ist denn da los? Super auch, dass die restlichen Überlebenden – nachdem gerade eben (aber wer weiß, ist ja auch schon wieder hell) um sie herum dutzende Menschen aufgespießt, gehängt, erschossen, angebrannt oder gefressen wurden – plötzlich total gute Laune haben und das kleine Nervensägen-Mädchen noch einen flotten Spruch zum Abspann durch die Zahnlücke rauspfeift. Wir sind schließlich zum Urlaub hier, bezahlt ist bezahlt. Ein Schmarn, ehrlich, aber leider nicht unterhaltsam genug darin. [...]

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            • 3 .5
              JackoXL: Moviebreak 22.09.2018, 00:29 Geändert 22.09.2018, 00:52

              Vom Hoffnungsträger zum Prügelknaben und ganz ehrlich, es ist gar nicht genau auszumachen in wie weit Shane Black zurecht das eine oder das andere Siegel verdient hat. Zu zerfahren und konfus wirkt PREDATOR – UPGRADE, der zwischen deftigem Gore und manchmal treffsicheren, manchmal heillos albernen Comedy-Elementen hin und her taumelt, während der Plot jegliche Stringenz und Konsequenz vermissen lässt. Als wenn zugekokste ADHS-Asperger eine Nacht durchgemacht hätten und aus ein paar losen Geistesblitzen einen Film gedreht hätten, auf Teufel komm raus und ohne Rücksicht auf Verluste. Klingt furchtbar, aber eigentlich ist es das nur, wenn man sich zwanghaft an die große Bürde von PREDATOR (und mit etwas Abstand auch dem direkten Sequel) klammert, damit verglichen ist das natürlich Quatsch mit Soße. Aber in seinem Chaos trotzdem irgendwie kalkulierter Irrsinn, dessen Tempo und rudimentärer Unterhaltungswert nicht zum Stillstand kommt, egal wie sehr er sich durchgehend selbst sabotiert. Dem Anspruch des Franchise kann er somit unmöglich gerecht werden, wagt eine Form von Anarchie, die allerdings klobig ausformuliert ist und einige Male auch deutlich nach hinten losgeht. Da stimmt vieles nicht, hat keinen Rhythmus und vergisst offenbar immer wieder die eigenen Ansätze, PREDATOR – UPGRADE lebt nur im Hier und Jetzt, was dafür einen kruden Charme besitzt. Trotz aller Unzulänglichkeiten ist so ein bewusst lockerer Sauhaufen dann doch effizienter als der aufgrund seiner peniblen und dadurch unfreiwillig albernen Ernsthaftigkeit abgesoffenen PREDATORS. Der hier ist nicht gut, aber auf sonderbare, irgendwie interessante Art und nicht die sonst langweilig-austauschbare Weise gescheitert, was ihn wiederum eine individuelle Note verleiht.

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              • 4

                [...] Warum der zugrundeliegende Roman ein Achtungserfolg war, lässt sich auch anhand der filmisch Adaption von Auftragsregisseur Daniel Petrie (Cocoon II – Die Rückkehr) erahnen, denn Der Clan bedient High-Society-Groschenroman-Gelüste, in bester Tradition von Nobel-Soaps wie Der Denver Clan oder Dallas, die zu ihrer Zeit echte Straßenfeger waren. Solch schlichte Ambitionen sind vermutlich gar nicht mal beabsichtigt, zu mehr taugt das Geflecht aus Intrigen, Eifersüchteleien, Affären, Vergeltungs-Frotzelein, Machtspielchen, Industriespionage und verbotenem Bettgeflüster leider nicht, obwohl da durchaus Potential vorhanden ist. In seinen besten Momenten – deutlich im letzten Drittel positioniert – deutet der Film eine grobe Nähe zu epischen Familiensagen wie Giganten oder Der Pate an, was aber aufgrund der restlichen Unzulänglichkeiten nur ein frommer Wunschtraum bleibt. Das anfänglich enorm träge Familienportrait entwickelt sich schleppend von einem fragwürdigen Kreuz-und-Quer-Gelage (gefühlt schläft hier jeder irgendwann mit jedem) zu einem dramaturgisch überfrachteten und in seiner Konstellation extrem unglaubwürdigen Tragödien-Theater mit Mord, Totschlag und ganz kalt aufgekochter Vendetta, was alles mehr oder weniger absurd erscheint.

                Schade besonders um den bemerkenswerten Cast, denn gerade der spielfreudige Laurence Olivier, der immer sehenswerte Robert Duvall und der noch halbwegs knitterfrei, aber knatter-willige Tommy Lee Jones liefern ansprechende Vorstellungen ab, die einfach in einem halbgaren Script aus lose angehauchter Industrie- und Zeitgeistkritik und müder, holpriger Seifen-Oper-Dynamik münden in einem Crescendo wie direkt aus dem Wochenblatt-Jahres-Special, leider selbst dafür nur mittelprächtig inszeniert. [...]

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                • 5

                  [...] Ein entstellter, für tot gehaltener Maskierter tötet von Rache getrieben die Mitglieder eines Theater-Ensembles. Das klingt stark nach Das Phantom der Oper und tatsächlich ist der Film eigentlich nur eine abgewandelte Variation des Klassikers von Gaston Leroux. Wie kommt man da zu Poe? Nun, die Darsteller-Truppe führt zu Zeit das Stück „Mord in der Rue Morgue“ auf. Allerdings basiert nicht mal das auf der literarischen Vorlage, sondern auf der ersten Verfilmung von 1932 mit Bela Lugosi (Dracula), die ebenfalls nur eine Idee aus der Geschichte in einen komplett anderen Kontext setzte. Verwirrt? Ja, zu Recht. So was als einen Edgar Allan Poe-Film zu verkaufen ist schon mehr als feist, vermutlich nur so angewandt, da Arkoff schlichtweg noch die Rechte an Poe, aber nicht an Das Phantom der Oper besaß. Eine Mutmaßung, aber alles andere wäre noch merkwürdiger als dieses Projekt in dieser Form ohnehin schon ist. [...] Mit einer ansehnlichen Besetzung für derartigen B-Horror versehen – neben Herbert Lom in der Hauptrolle mit dem späteren Oscarpreisträger Jason Robards (Die Unbestechlichen), Christine Kaufmann (Orgie des Todes) und Lilli Palmer (Das Versteck – Angst und Mord im Mädcheninternat) – ist Mord in der Rue Morgue ein zweckdienliches, aber selten richtig mitreißendes Genre-Stück, dem gerade der zwar günstige, aber hingebungsvolle, gelegentlich gar vor echter B-Movie-Eleganz strahlende Charme der Corman-Arbeiten sichtlich abgeht. Obwohl der Film nur so tut als wenn er was mit Poe zu schaffen hätte, lässt sich aber eine gewisse, ideologische, moralische Nähe erkennen, gerade weil der Plot einige seiner Ideen, Motiven und makabren Ansätze trotzdem grob aufgreift. [...]

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                  • 4

                    [...] Dem immer und auch hier sehenswerten, aber verständlich leicht orientierungslos agierenden Max von Sydow (Die Jungfrauenquelle) wird die undankbare Aufgabe zu Teil, das Alter Ego von Hermann Hesse eine greifbare Präsenz zu verleihen. Indem vieles Spekulatives, Interpretierbares hier sehr visuell und direkt in Form gepresst werden muss - und obwohl dabei wenigstens versucht wird, dieses individuell (nicht immer gelungen) zu verwirklichen –, verliert der Film nicht nur wahnsinnig viel vom Reiz und dem Wirken seines Ursprungs, er hantiert oft behäbig, verkompliziert und negativ-sperrig. Er klammert sich so dogmatisch und unflexibel an die literarische Blaupause, ohne die Sog-Wirkung derer auch nur ansatzweise wiedergeben zu können, eben weil es das Medium SO nicht zulässt. Übrig bleibt eine ambitionierte Arthouse-Baustelle, die keine emotionale oder wenigstens intellektuelle Bindung zum grundlegenden Material bereitstellt, was so nur wirkt wie selbstverliebte und fehlgeleitete Selbstbeweihräucherung, die so (ganz bestimmt) nicht beabsichtig war. [...]

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                    • 6 .5
                      JackoXL: Moviebreak 14.09.2018, 21:35 Geändert 14.09.2018, 22:35

                      [...] Die Kulisse des irischen Unabhängigkeitskrieges dient immer wieder als effiziente Prämisse für sowohl historisch gehaltvolle wie als spannender Genre-Beitrag verwertbare Filme, da macht auch Ein Händedruck des Teufels keine negative Ausnahme. Mit einer straffen Narration und einer hohen Ereignisdichte kommt niemals Leerlauf auf und es wird durchaus ein treffendes Bild der damaligen Situation wie der ideellen Motivation der Beteiligten geliefert, auch wenn natürlich eher einseitig und nicht unbedingt unparteiisch gelagert. Dankenswerter Weise wird aber keine stumpfe Legimitation von Gewalt und Terrorismus betrieben, denn der sich geduldig entwickelnde, sich zuspitzende Konflikt zwischen Schüler und Lehrer, Soldat und General entsteht aus der Erkenntnis heraus, dass auch im Kampf um die Freiheit der Zweck nicht immer die Mittel heiligt. Trotz einiger pathetischen und gelegentlich leicht hölzernen Dialoge, einem etwas primitiven Frauenbild und einem kleinen Biedermeier-Anstrich in seinem ganzen Auftreten (die 50er sind ja nun auch nicht gerade berühmt für ihre moderne, mutige und innovative Art des Kinos), gelingt ein somit auch inhaltlich runder, flüssiger und dezent kritischer, ambivalenter und hinterfragender Film, der mit ein paar inszenatorischen Merkmalen sogar deutlich hervorsticht. Seine düster-schattigen Bildkompositionen beziehen sich offenkundig massiv auf den gerade verebbten Film Noir und eine Verhörszene aus der POV-Perspektive ist für damalige Verhältnisse relativ kreativ und unkonventionell. [...]

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                      • 7 .5

                        [...] Weil sich eine junge Frau – genau genommen noch ein Kind (!) – nicht mit der ihr selbstverständlich zugewiesenen Rolle als Besitztum oder Handelsware arrangieren will, sondern nach anfänglich naiver Bauchpinselei tatsächlich ihren eigenen Willen zum Ausdruck bringt und sich nicht auf ein gehorsames Objekt reduzieren lassen will, erzeugt sie zunächst nur einen als unbedeutend belächelten Sturm im Wasserglas, der sich aufgrund ihrer charakterlichen Integrität und unerschütterlichen Furchtlosigkeit zu einem Orkan hochschaukelt, der bis dahin stillschweigen akzeptierte Grundsatzfragen neu stellt. [...] Wenn die betont volksnahen Mafiosi die Ärmsten der Armen mit ihren milden Gaben in Schutzhaft nehmen, um ihre riskante Drecksarbeit zu erledigen. Exekutionen auf offener Straße als notwendiges Übel akzeptiert werden und – wie es Francesca’s Vater sagt – „Die Armen nichts machen können“ angesichts der Entführung, Vergewaltigung und sogar einer anschließend doppelt-pervers anmutenden „Verlobungsfeier“ mit ihnen als erniedrigten Ehrengäste, dann tritt dieser Bankrotterklärung eines jedem Rechtsstaates ein mutiges Mädchen gegenüber, dessen Vorpreschen gar die eigentlichen Gesetzeshüter überrumpelt. Damiano Damiani schildert sizilianische Normalität als ein erschreckendes, aber niemals unglaubwürdiges oder überspitztes Armutszeugnis einer angeblich modernen Gesellschaft, in der Kriminalität, männliche Dominanz und existenzielle Furcht eine viel größere Rolle spielen, als es außerhalb dieser in der Zeit stehen gebliebenen Sub-Kultur jemand glauben möchte, der nicht direkt davon betroffen ist. [...]

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                        • 4
                          JackoXL: Moviebreak 09.09.2018, 20:57 Geändert 09.09.2018, 21:19

                          [...] Mit Asphaltgorillas meldet er sich nun nach dem Exil im Kinderfilm direkt mit einer Gangsterrap-Ganoven-Posse aus den Straßen Kreuzbergs zurück. Kontrastprogramm, auch und vor allem das zeichnet Buck aus und lässt hoffen, dass er den Spagat wieder mit einer gehörigen Portion Chuzpe hinbekommt. Tja, und dann machste‘ dicke Backen. Denn Asphaltgorillas ist über weiter Strecken tatsächlich kaum mehr als Affentheater, dessen Intention als skurril-überspitze Szene- und Genre-Satire klar zu erkennen ist, die nur leider oftmals überhaupt nicht funktioniert. [...] Manche bewusst überstilisierten Action- und Gewaltszenen könnten aus aktuellen Hollywood-Produktionen stammen und sind klar dort angelehnt (Hallo, John Wick), dazu alles unterlegt mit einem interessanten Soundtrack-Mischmasch aus prolligem Gangsterrap und kratzigem Electro. Damit hebt sich der Film klar von der Masse ab und wenn das wahrscheinlich geplante Vorhaben - nämlich das Genre mit scharfzüngigem Schalk sich selbst auf’s Korn nehmen zu lassen - dank eines pfiffigen, anarchischen Drehbuchs aufgehen würde, dann wäre das unter Umständen ein außerordentlich feiner Film. Das Resultat ist maximal halbgarer Kasperkram, der seine zwei bis drei wirklich amüsanten Szenen unter viel lauter, genuschelter und manchmal im wahrsten Sinne des Wortes affig gespielter Parodie-Pampe vergräbt, bei der man sich vereinzelt die Frage stellt, ob Detlev Buck seinen trockenen, punktgenau-pointierten Biss mit den Jahren eingebüßt hat. Hoffentlich nicht, es wäre ein herber Verlust. [...]

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                          • 7

                            [...] Dass selbst nicht zu leugnende Sympathie und Anerkennung für den angedrohten Schwiegersohn und der oberflächlich immer wieder beteuerte Liberalismus nicht darüber hinweghelfen können, dass es da eine Barrie gibt, deren Beseitigung unmöglich scheint. Das Problem ist da, auch wenn es eigentlich nur eines ist, weil es zu einem gemacht wird. Oder besser generationenübergreifend gemacht wurde, ohne wirklich etwas dagegen zu unternehmen. Der Film schildert nicht nur deshalb auch einen Generationskonflikt, wenn sich die Eltern mit ihrer eigenen Engstirnigkeit und Voreingenommenheit ungeschönt konfrontiert sehen, von der eine neue Generation sich mit gesundem Menschenverstand befreien möchte. Nicht mehr bereit ist, sich von den Altlasten der Geschichte einschränken zu lassen. Mit seiner wichtigen und selbstbewusst vorgetragenen Botschaft weiß der Plot den Zuschauer für sich zu gewinnen, speziell da exzellent besetzt und mit teilweise sehr klugen und ehrlichen Dialogen versehen, die leere Worthülsen, zweckdienliche Klischees und unangebrachte Witzelein weitestgehend vermeiden.

                            Allerdings muss sich der Film auch den Vorwurf gefallen lassen, diesem tief verwurzelten und ja selbst heute immer noch durchaus vorhandenen Problem mit einem Hang zur Sentimentalität und dem ebenfalls naiven Idealismus begegnen zu wollen, dass sich Grundsätze, Weltanschauungen und lebenslange Prägungen innerhalb von wenigen Stunden überdenken oder gar gänzlich verwerfen lassen, wenn man nur gute Argumente (das beste davon: Wahre Liebe) vorzubringen hat und den Menschen an seinem Gewissen triggert. Das wäre wundervoll, ist aber total utopisch und vereinfacht das Ganze gewaltig. Etwas sehr Hollywood am Ende, aber wenn man ehrlich ist: Wäre doch schön, wenn es wirklich so sein könnte. Man möchte es glauben. [...]

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                            • 4 .5

                              [...] In einem ADHS-geprägten Setting voller hyperaktiver YOLO-Menschen wird der Job des Fahrradkuriers als geilster Scheiß der Welt verkauft. Mindestens so cool wie Geheimagent, Popstar oder YouTuber mit siebenstelliger Follower-Zahl, im Prinzip sogar alles auf einmal…halt nur schlechter bezahlt. Egal, Hauptsache das Adrenalin spritzt bei den aufregenden Postboten-Jobs nur so aus jeder Pore, wenn man durch prophetische Shining-Skills sich seinen Weg durch das Mienenfeld Straßenverkehr schlupfwinkelt, in dem sonst Tag für Tag bestimmt hunderte, ach was, TAUSENDE, Kameraden dem Heldentot zu Opfer fallen, it’s a jungle out there. [...] Puh, was für ein überpitchter Zappelphilipp, dieser Premium Rush. Flott ohne Wenn und Aber, da passiert dauernd irgendetwas, leider gerne auch das selbe drei bis viermal, nur mal aus einer anderen Perspektive. Soll wohl für eine clevere, unchronologische Erzählweise sprechen, ist aber eher eine repetitives, redundantes Gewurschtel, um den Hauch einer Story irgendwie smarter verpacken zu wollen. Naja, mit so einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne wie sie der Film zelebriert und bedient ist das womöglich sogar artgerecht, mag sein. Joseph Gordon-Levitt (Snowden) ackert sich mit vollem Körpereinsatz aber charismatisch wie vom Talent heillos unterfordert durch dieses abgefilmte Workout, während Michael Shannon (Shape of Water – Das Flüstern des Wassers) in seinen gelegentlich gepflegten Mad-Dog-Modus verfällt, der nicht frei von Unterhaltung, aber auf Dauer viel zu ausufernd-aufdringlich erscheint. [...]

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                              • 7

                                [...] Nun könnte eigentlich ein typischer Rache-Western folgen, Fulci wäre voll in seinem Element und wahrscheinlich würde sein Film wenigstens bei der breiten Masse wesentlich besser ankommen, da er nun wieder gewisse Konventionen erfüllen würde. Stattdessen verschwindet das Objekt der Vergeltungs-Begierde von der Bildfläche und Verdammt zu leben – Verdammt zu sterben wandelt sich sehr überraschend zum langsam erzählten Melodram und tragischen Romanze. Die einerseits Bezüge zum neuen Testament nimmt (auch wenn lange nicht so aufdringlich wie z.B. in Keoma – Das Lied des Todes), wenn sich die schwangere Hure an ihren neuen Gefährten und Seelenretter bindet und ihr Kind am Ende gar der Hoffnungsschimmer (um nicht zu sagen Stern) am Horizont einer eigentlich in sich geschlossenen, allem Fremden abgrenzend gegenübertretenden Kommune wird. Andererseits immer noch seinen aktuellen Zeitbezug im Auge behält, etwa wenn der geisteskranke (und natürlich schwarze) Bud nicht mehr dem Rückweg aus seiner Psychose findet, die seinem jahrelangen Umgang mit dem Tod geschuldet ist und irgendwann selbst zu einer Art Geist wird. Und schon wieder lässt das unliebsame Thema Vietnam zwischen den Zeilen, den Grabsteinen und dem Geruch von gebratenem Menschenfleisch grüßen.

                                Das generelle Vorhaben, der erzählerische Rhythmus und der durchaus als experimentell zu beschreibende Stil ist gewagt, besonders da Lucio Fulci sich niemals auch nur auf eine Richtung festlegen will. Mal makaber, ultra-brutal und perfide, dann wieder sensibel bis an die Grenze zum Beinah-Kitsch. Mal kraftvoll und temporeich, mal zurückhaltend und geduldig, da macht auch der sonderbar gemischte Score mit. Zwischen fiebrig-packenden, bedrohlich-mystischen Klangexperimenten wie aus einem schlimmen Albtraum bis hin zu poppigen Balladen ist da alles vorhanden, aber so wie es eingesetzt wird ist da durchaus ein System dahinter, das erstaunlich gut aufgeht. [...]

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                                • 6 .5

                                  [...] Wenn Fulci etwas konnte, dann Stimmung erzeugen und sich auf rustikal-konfrontationslustige Weise nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Der im Original mit dem etwas umständlichen Titel Le colt cantarono la morte e fu... tempo di massacro versehene Film ist immer dann beeindruckend und selbst heute noch recht heftig, wenn er Taten sprechen lässt…was er dankenswerter Weise relativ häufig tut. Dass es da in der Narration teilweise holpert und rumpelt und angesprochene Humor-Versuche wie eine sehr sonderbare Akrobatik-Einlage mit eingesprungener, dreifacher Schraube im Schlussspurt unpassend wirken wird zur Kenntnis genommen, aber aufgrund seiner Stärken mühelos verziehen. Dafür sind diese bei Fulci und im Genre allgemein nicht unbekannten Problemchen zu irrelevant und mit Blick auf das Gesamtbild kaum der Rede wert. Zudem bekommt unser „Django“ (da kommt selbst die deutsche Synchro durcheinander: Ganz am Anfang wird er noch mit dem korrekten Namen Tom angesprochen, danach nur noch mit Django. Putzig.) mit dem alten Giallo-Haudegen George Hilton (Die Farben der Nacht) in der Rolle seines versoffenen Bruders noch einen akkuraten Sidekick gestellt. [...]

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                                  • 7
                                    JackoXL: Moviebreak 01.09.2018, 21:38 Geändert 01.09.2018, 22:25

                                    [...] Heavenly Creatures versteht sich dabei weniger als psychologisch vielschichtige Analyse, darf das aber durch seine gewählte Perspektive absolut, die sich praktisch ausschließlich auf die seiner beiden Hauptfiguren konzentriert. Dadurch erreicht er sogar eine vielleicht nicht sofort realisierte Genauigkeit, die massive Persönlichkeitsstörungen nicht auf ihre Auswirkungen und das „gesunde“ Umfeld eingrenzt oder definiert, sondern eine Erklärung anbietet, warum Menschen aus objektiver Warte so handeln, wie sie handeln. Das könnte vielleicht einseitig klingen, ist letztlich aber der genau richtige Weg, diese schwierige und an sich fürchterliche Geschichte zu erzählen, ohne sie zu verharmlosen oder gar zu glorifizieren. Den Unverstandenen wird ermöglicht, in ihre Welt, hinter ihren Vorhang zu blicken und macht es auf narrativ fantasievolle, empathische und trotzdem nicht beschönigende Weise verständlich, wie eines zum anderen führen kann. Wenn die Gegebenheiten fatal ineinander greifen, Warnzeichen nicht erkannt werden und es aufgrund gesellschaftlicher Wertevorstellungen offenbar keinen anderen Ausweg zu geben scheint, als die eigene Traumwelt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. [...]

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                                    • 2

                                      „Hallo, ist hier jemand? Hallo, ist hier keiner?“

                                      Hallo? HALLO?!!!

                                      Über PAY THE GHOST kreisen schon die peinlichen CGI-Geier bald prophetisch, bevor er nur andeutet eine Gurke zu sein. Anfänglich nicht weniger (aber definitiv auch nicht mehr) als jedes lumpiges DTV-Gerümpel mit genügend Restkapital um Sick-Nic zu bezahlen KÖNNTE daraus mit viel Glück und überraschendem Geschick noch was entstehen, aber der im deutschen Film öfter mal positiv auffallenden Uli Edel bleibt in den USA eine Notlösung für Drehbücher, die keiner haben will. Und weil sich selbst dafür keine Vollzeitkellnerinnen aus L.A. ihre Tagesgage durch die Lappen gehen lassen wollen, darf die bemüht abgehungerte Vroni Ferres auch eine relativ sinnlose Nebenrollen noch mal mit ihrer nachgeschönten Präsenz beglücken, aber das interessiert abseits unserer Landesgrenzen nun wirklich niemanden. So notwendig ist das.

                                      Dieser Film dürfte auch im Rest der Welt nichts und niemand hinterm Ofen vorlocken. Wenn man schon Nicolas Cage für so einen stinklangweiligen Geister-Mumpitz verpflichtet, warum tut er ausgerechnet jetzt so, als wäre er der seriöseste Darsteller der Welt, der zufällig in so eine „ambitionierte“, „subtile“ Mischung aus „Suspense“-Mystery, Thriller und Familiendrama gerutscht ist? Keine Ahnung, vielleicht gab es kein Koks oder nur koffeinfreien Kaffee. Schön zu sehen, dass es nicht nur an ihm liegen muss. Tja, kacke dass genau dieser Film so scheiße-doof daherkommt und zu allem Überfluss in so einem unfassbar verblödeten Finale münden muss. Nic the Sick sucht seinen Sohn, die weinende Frau und findet durch einen Tippelbruder die Hängebrücke zum Kinderhort im Jenseits gerade noch rechtzeitig, bevor der Fandleihzettel ausläuft. Bierernst aufgetischt, da guckste mehr als nur verwundert aus der ganz alten, nie gewaschenen Hui-Bui-Unterwäsche von anno Knack. Wirklich alles an diesem Film ist so überholt, dröge und im negativem Sinn albern, wer glaubt denn ernsthaft, damit holt man irgendwen noch ab? Das sind kein Spot und keine rhetorischen Fragen, das ist eine Schadensanalyse, rein oberflächlich.

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                                      • 6 .5
                                        JackoXL: Moviebreak 27.08.2018, 22:47 Geändert 29.08.2018, 00:52
                                        über Revenge

                                        [...] Eine „normale“ Einstellung scheint es hier har nicht zu geben, selbst banalen Situationen und Sets wird etwas Surreales, Über-Plastisches entlockt, was sich später – wie alles in dieser halluzinogen-angehauchten Rachefantasie – in ein radikales Extrem steigert.

                                        Wummernd, pumpend, angetrieben und ein Stückweit sogar wirklich erzählt durch einen brillanten Electro-Soundtrack wandelt sich ein an sich wenig sympathisches, leicht hohl und - sorry – auch „billig“ dargestelltes Mädchen für einen Abend zum missbrauchten Racheengel. Gewachsen aus einer Mischung von Schmerz, Wut, Peyote, Wahnsinn und exploitativem Emanzipations-Amok (wohl gemerkt, inszeniert von einer Frau, die nicht mit weiblichen Reizen geizt, nur um das Geschehen weiter anzuheizen) wird ein Monster wiedergeboren, dessen Vergeltungs-Wahnsinn keine Hemmungen mehr kennt. Die Geschichte kann und will nicht mehr anbieten als in zwei bis drei Sätzen auserzählt ist, die Bühne gehört einer Style-over-Substance-Spielwiese, die aber dennoch erstaunlich gut diesen schmalen und ausreichenden Grat trifft, die es zu mehr als einer reinen Gore-Sause macht. Wie stilsicher, breitschultrig-selbstbewusst das hier präsentiert wird, teilweise mit atemberauender Dynamik versehen und gipfelnd in einem Finale, bei dem endgültig die Frage geklärt wird wie „ernst“ dieses Muskelspiel von Talent, Genre-Affinität, alternativ-kreativem Wundmanegment und (in der Form sogar zwingend notwendigem) Augenzwinkern zu nehmen ist („Hier ist heute richtig was los!“), das macht Revenge stark genug, um über nicht zu leugnende Angriffspunkte wenigstens argumentativ ausgerüstet streiten zu können. [...]

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                                        • 9
                                          JackoXL: Moviebreak 27.08.2018, 22:32 Geändert 20.09.2018, 22:19

                                          [...] Beginnt Das Apartment noch wie eine typisch-smarte, trotz keiner großen Hektik-Ausreißer sehr flotten und zielstrebigen Komödie mit der gewohnt erstklassigen Handschrift von Wilder und seinem Stamm-Co-Autor I.A.L. Diamond - die eventuell nur am Rande einer klassischen Rom-Com-Dreiecksbeziehung über soziale, kapitalistische Missstände sinniert und diese schlau seziert - entpuppt sich der Film als melancholisches, rührendes Portrait über die urbane Anonymität, gipfelnd in tragischer Einsamkeit, die die gesamten 2 Stunden mit immenser Steigerung prägt. Mühelos könnte Wilder den Plot in eine typische Romanze mit Standard-Happy-End verwandeln, ist sich aber Gott sei dank der Verantwortung bewusst (ja, auch solche Filme können/sollten diese haben), das sein Werk mehr anbietet als nur gut gemachte, leicht Unterhaltung mit satirischen Untertönen. Das macht Das Apartment zu einem der besten, aufregensten, mutigsten und sogar überraschensten Filmen seiner Dekade, da er nie die einfache (und trotzdem wohl effektive) Abzweigung nimmt und sich lieber für die des etwas größeren Widerstandes entscheidet. [...]

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                                          • 6 .5

                                            Wie von Sergio Corbucci gewohnt ruppige Spaghetti-Western-Kost, bei der gerne auch Frauen und Kinder abgeknallt werden, was hier sogar recht beiläufig am Rande geschieht. Andere Filme würden sich davor in die Hose scheißen oder wenn ein Riesenfass aufmachen, bei Corbucci gehört das zum guten Ton. Räudig, aber stimmig in seinem Rundumschlag. Die dazugehörige Geschichte fällt ziemlich schlicht aus, erfüllt mehr oder weniger nur ihren Zweck, wie auch der bemühte, aber völlig fehlbesetzte Burt Reynolds. Als indianischer Klein-Kopfgeld-Jäger Navajo Joe optisch wie der junge Costa Cordalis, glaubwürdig wie Pierre Brice ohne Synchronisation, aber das simple Szenario funktioniert ohne Frage. Mit einer geringen Hemmschwelle und exzellenten Fähigkeiten ausgestattet erfüllt dieser wütende Italo-Western seinen Anspruch mühelos, der später von Quentin Tarantino für KILL BILL recycelte Score bleibt ebenso hängen. Kein echter Hit, aber die Faszination für ihn und der vorhandene Kultstatus sind absolut nachvollziehbar, dafür ist der einfach viel zu knarzig. Wenn auch deutlich reine B-Ware.

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                                            • 8 .5

                                              [...] Billy Wilder ist ein Genie was pointierte, doppeldeutige Dialoge, flüssige Situationskomik und besonders ein unglaublich präzises Timing angeht, womit quasi jede Komik – sei es im Film oder auf der Bühne – auf lange Sicht steht und fällt. Der selbe Witz kann unter verschiedenen Bedingungen zwischen grässlich und brillant pendeln. Selten in diesem Extrem, aber auch das ist denkbar, unterstreicht wie wichtig das Gespür für die Materie ist. [...] Kaum eine Komödie hat so einen exzellenten Aufbau, verfügt über so ein kontinuierliches und ergiebiges Steigerungspotential und verläuft trotz hingebungsvoller Slapstick- und Screwball-Elementen nicht zur reinen Nummernrevue. Wunderbar wird mit dem plötzlichen Situationswechsel gespielt, ganz nebenbei sogar ein Plädoyer gegen sexuelle Belästigung gehalten (damals noch gerne als den freundlichen Popoklaps als Kompliment abgetan) und eine durchaus vorhandene „Irritation“ von Geschlechterrollen thematisiert, über die 1959 niemand etwas hören wollte, teilweise sogar als krankhaft eingestuft oder als Verbrechen verfolgt wurde. Jack Lemmon verfällt nicht umsonst zusehend seiner Rolle, will von Anfang an sogar gegen jede Absprache spontan Daphne genannt werden. Obwohl er es selbst sich nicht eingesteht, er fügt sich nicht nur seiner Rolle („Ich bin ein Mädchen!“), er geht in SIE über. Was in einen äußerst kuriosen, aber analytisch betrachtet sogar sehr interessanten Teilaspekt mündet, dem sogar die finale Pointe gewidmet ist. Ob Mann oder Frau, scheißegal. Was so witzig verpackt wird, hat mehr Substanz als man sich (sicher damals) wohl zugestehen möchte. Und das Marilyn Monroe hiermit kurz vor ihrem Tod erst zum Idol wurde („I Wanna Be Loved By You“), ist genauso wenig zufällig wie alles in diesem außergewöhnlichen Film. [...]

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                                              • 5
                                                JackoXL: Moviebreak 20.08.2018, 22:41 Geändert 23.08.2018, 22:58

                                                [...] Seine Herkunft eines TV-Films kann Helter Skelter leider nie verbergen, unabhängig von der epischen Laufzeit, des weniger prominenten Cast und der unspektakulären Inszenierung. Der sicherlich gewollte, mehr berichterstattende denn erzählerisch ausgeprägte Stil sorgt trotz der interessanten Geschichte immer wieder für Längen und eine gewisse Trockenheit, die mitunter in echte, nicht immer sinnvolle Zähflüssigkeit mündet. Der Film wirkt mehr wie eine ausgiebige, informative Zusammenfassung der Geschehnisse, die weder Tieferes über ihre Figuren preisgibt, noch mehr anbietet als das, was letztlich auch aus einer echten, rein faktenbasierten Dokumentation über das Verfahren oder die Ermittlungen hervorgehen würde. Das ist so gesehen schade, denn schließlich ist das nun mal ein Spielfilm, der vielleicht auch etwas mehr spekulieren, mutmaßen oder vertiefen dürfte, auch wenn er sich Korrektheit und zu einem gewissen Maß auch Diskretion auf die Fahne geschrieben hat. Beeindruckend ist jedoch das Spiel von Steve Railsback (Der lange Tod des Stuntmans Cameron) als Charles Manson, der diesen Teufel eine erschreckend glaubhafte Präsenz verleiht, die einem stellenweise durchaus einen leichten Schauer den Rücken hinunterjagen kann.

                                                Recht informativ, (fast zu) ausführlich und mit einem kritischen, ungeschönten Blick auf die teilweise schon grob fahrlässig durchgeführten Ermittlungen ist „Helter Skelter“ ein ambitioniertes und zum damaligen Zeitpunkt brandheißes Projekt, das jedoch zu wenig wagt und in Präsentation wie Narration öfter gar bieder daherkommt. Zudem wirkt er am Ende, wenn er darauf hinweist das die Täter aufgrund der Umwandlung des Urteils theoretisch bereits 6 Jahre später wieder auf freien Fuß sein könnten, wie ein direktes (und gefühlt tatsächlich so gemeintes) Plädoyer für die Todesstrafe, was bei aller Liebe und Verständnis nun wirklich unter aller Kanone ist.

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                                                  [...] Der zwischenmenschlich, sozial-psychologische Aspekt gepaart mit Comig-of-Age-Dramaturgie ist spannend, hebt Sturm über Jamaika tendenziell sichtlich vom reinen Piraten-Abenteuer ab. Die Mischung könnte aber deutlich mutiger, prägnanter herausgearbeitet werden. Der Wandel der Figuren ist nachvollziehbar, entbehrt jedoch tieferer Substanz, funktioniert in erster Linie über die guten Darsteller (Anthony Quinn konnte damals eh alles über seine reine Präsenz regeln, eine Naturgewalt) und relativ schlicht gezeichnete Mechanismen. Aber er funktioniert, das ist nicht selbstverständlich. Aufgrund der angerissenen Möglichkeiten und besonders der moralisch ambivalenten Pointe dürfte sich der Film gerne wesentlich mehr herausnehmen, ist dafür nicht nur zu zaghaft: Er ist zu harmlos. Wobei das immer noch reicht für eine nicht alltägliche, grundsätzlich interessant konzipierte Geschichte um Verantwortung, Integrität, Erwachsenwerden, Schuldbewusstsein und nicht zuletzt auch gesellschaftliche Normen, die wandlungsfähig und biegsam sind, wenn die Umstände nur Entsprechendes zulassen…oder zwingend vorgeben. Ein Stückweit ihre Verlogenheit dokumentiert.

                                                  Sehr gut besetzte, in wunderschönen Aufnahmen unterhaltsam erzählte Kreuzung aus Abenteuerfilm, Charakter- und Gesellschaftsstudie, die ihrem potenziell gehobenen Anspruch allerdings nur bedingt gerecht wird. Das sind jedoch hausgemachte „Probleme“, allein das Anliegen ist schon aller Ehren wert. Und „Sturm über Jamaika“ scheitert maximal nur am eigenen Anspruch, nicht aber in grundsätzlichen Dingen. [...]

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                                                  • 8

                                                    Mit seinem beinah unverschämt prägnanten Debüt unterwandert Na Hong-jin mal ganz nebenbei viele (besonders westliche Genre-)Sehgewohnheiten und definiert so einen ganz eigenen, narrativen Stil, der genüsslich wie intelligent mit Konventionen und Erwartungshaltungen spielt. Überraschend werden ungewohnt realistische und gefühlt fast satirisch-überspitze Aspekte einer Geschichte um einen misogynen Serienkiller, seinen vermeidlich misogynen Anti-Helden-Jäger und einen – geschlechtsunabhängig - völlig unfähigen und desinteressierten Justizapparat miteinander vermischt, womit THE CHASER zwischen hochspannender Dynamik, expliziter Brutalität, zermürbend-ätzender Anklage und zynischer Karikatur sich seinen Weg gräbt, der sich so nicht unbedingt erwarten lässt. Im Tonfall wandlungsfähig, kurzfristig vielleicht irritierend, aber im Gesamtkontext total überlegt erweist sich THE CHASER als eine kleine Offenbarung des wirklich (!) modernen Thriller-Kinos, welches eben nicht nur Konventionelles routiniert bedient, sondern erstaunlich abgeklärter eine eigene Mitte findet, die so kaum ein Film vorzuweisen hat. Erst recht nicht ein Erstlingswerk. Ein Hammer-Film.

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