JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 7

    [...] Meisterregisseur Jean Renoir (Die große Illusion) widmet sich bei der Romanverfilmung Bestie Mensch der Tristes der niederen Arbeiterklasse. Beschreibt diese mit dem Kampf zwischen selbstauferlegten wie echten psychischen Problemen und der allgemeinen Ausweglosigkeit, die auch und besonders vom Gesellschafts- und Geschlechterrollenverständnis geprägt ist. Eine eheliche Harmonie wird urplötzlich zur von Gewalt und Abscheu gezeichneten Zweckgemeinschaft, obwohl der auslösende Faktor von außen kommt. Der das Gemeinsame, Liebevolle nicht beeinflussen sollte, und dennoch komplett zerstört. Nun erscheint auf der Bildfläche auch noch ein Schutzengel, der sich selbst erst richtig dazwischen drängelt und eine vernichtende Kettenreaktion heraufbeschwört. Technisch enorm fortschrittlich und inhaltlich von erschlagendem Pessimismus ummantelt ist Bestie Mensch ein einziges Klagelied über unerfüllte Bedürfnisse, gekränkten Stolz, aufbrausende Emotionen, soziale Schieflagen, fehlinterpretierten Beschützerinstinkt und die damit einhergehende Manipulationen, die wahrscheinlich eher unterbewusst stattfinden. Die eigentlich so fragile und unbedarft-naive Séverine verkommt zur waschechten Femme fatale, die das Unheil erst ins Rollen bringt und alle um sie herum mit in den Abgrund zieht. [...]

    9
    • 9

      Von der vermeidlichen Totgeburt zum eigenständigen Meisterwerk. Kaum ein Remake kann per se schwachsinniger und kaum eine Aufgabe somit unmöglicher sein als eine Neuverfilmung von Dario Argento’s einmaligen Erlebnis SUSPIRIA von 1977. Wie soll da der Ansatz aussehen? Die Stilistik, unmittelbar gekoppelt an die essentielle Wirkung von damals kopieren? Keine Chance, würde auch niemand probieren. Nur, was ist der Gegenentwurf? Etwa konventioneller Mainstream-Horror? Noch schlimmer in diesem speziellen Fall. Luca Guadagnino macht weder das eine noch das andere und erfindet SUSPIRIA komplett neu. Macht nur auf dem Papier ein Remake, das ist SEIN Film mit Haut und Haar. Ähnlich exzentrisch wie das Original, aber auf ganz anderen Wegen. (Ideal) Verlegt in das geteilte Berlin der späten 70er. Kalt, grau, gespenstisch und aufgeladen von den politischen wie gesellschaftlichen Unruhen seiner Zeit, zusätzlich verfolgt von den individuellen Dämonen der Vergangenheit. Guadagnino versteht es vortrefflich diesen neuen Rahmen zum unsichtbaren Nebendarsteller zu machen und gleichzeitig Argento’s audio-visuellen Rausch aus Wahn, Exzess und ins Märchenhafte verlagerten Urängsten in einem anderen Kontext neu zu interpretieren. Körperlich, verkopft, parabelhaft-interpretativ und vor allem so feministisch wie fast kein Horror-Film zuvor. Kaum ein (echter) Mann verirrt sich in dieses Manifest der Weiblichkeit und wenn, wird er zum Opfer des blanken, erniedrigenden Spotts. Komplett gegen den Strich und jedwede Erwartungshaltungen gebürstet (die ausdrücklich bei diesem Film äußerst breit gefächert sein dürften) erstaunt und beeindruckt der neue SUSPIRIA durch sein wahnsinniges Selbstbewusstsein, seinen unglaublichen und nicht ausreichend zu lobenden Mut zum Experiment. Zur Herausforderung und natürlich auch Provokation, aber nicht um des Provozieren willen. Einfach weil es in der Form schlicht unvermeidlich bleibt. Kaum in passende Worte zu fassen, wie Luca Guadagnino das schwere Erbe verbiegt, verformt, mit Hochachtung zerstört, wieder neu aufbaut und dabei wirklich etwas erschafft. Ein Triumphzug, Chapeau.

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      • 9

        In wie weit ist das einzelne Zahnrad in einer gigantischen Maschinerie des Bösen für seine Taten zur Verantwortung zu ziehen, wenn es doch „nur seine Pflicht erfüllt hat“? Heiligen die Lebensumstände und ein vom Staat ausgerufenes Verständnis von Recht und Unrecht wirklich jedes Handeln wider besseren Wissens und Gewissens, auch wenn man selbst damit eventuelle nur die eigene Haut retten wollte? Schwierige Fragen, mit denen sich Stanley Kramer’s starbesetztes Mammutwerk DAS URTEIL VON NÜRNBERG zwischen Fiktion und Geschichtsstunden weder einseitig, manipulativ und dennoch letztlich nicht ohne eine klare, eigene Meinung zu vertreten über drei Stunden ausführlich auseinandersetzt. Das Grauen des Dritten Reiches an nicht unmittelbar dafür Verantwortlichen, aber nicht Unbeteiligten festzumachen kann nicht ohne kritische Grautöne ablaufen. Mit viel Verständnis für alle Seiten, für die Zeit und Umstände wird ein zermürbender, intensiver Prozess eindringlich geschildert. Von Propaganda oder blindem Populismus keine Spur. Grandios geschrieben und gespielt werden Worte zu Waffen und selbst kleinste Gesten sagen mehr als jedes Geschichtsbuch es jemals emotional vermitteln könnte. Nicht eine von 190 Minuten zu lang, vielmehr vergehen sie wie im Flug. Mit das Beste, was Kino seinerzeit (und bis heute) bewirken kann, auf allen Ebenen.

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        • 6 .5

          [...] Das Stendhal Syndrom ist lange Zeit eher ein interessanter, mitunter wackeliger Mischmasch, den man kaum einordnen kann und will, bis er etwas zu früh seine Intention offenbart. Die ist allerdings nicht dumm, nur zu wenig fundiert wie fokussiert. An Hitchcock-Niveau gescheitert, als Versuch und durchaus interessierter Variable aller Ehren wert. Genau durch seine manchmal krude, nicht unbedingt logische, aber immer reizvolle, spannende Variation mit harter und sexueller (Identität spielender) Note. Selbst Töchterlein Asia Argento (Das Phantom der Oper) kann halbwegs überzeugen, wenn das mal nichts ist. Die zwischen unerprobt und albern einzustufenden CGI-Einlagen hätte man sich aber lieber erspart, visuell gewinnt der Film keine Preise. Schade, denn wenn sich Kunst und Realität verschmelzen, hat auch dieses Werk seine Momente, da stören die angestaubten Effekte keinesfalls. [...]

          15
          • 8

            [...] Die vielen Parallelen zu Suspiria sind natürlich unübersehbar (allein die Taxi-Fahrt zum Hexenhaus zu Beginn) und selbst ästhetisch gelingt Argento eine vergleichbare Meisterleistung wie bei seinem Opus magnum. Die Aura des Todes erstrahlt in kraftvolle Blau- und Rottöne getaucht; den bitter-süßen Duft der Verdammnis, man kann ihn beinah selber riechen. Goblin verzerrte, verstörende Albraumsymphonien kommen leider nicht mehr zum Einsatz, dafür setzen Keith Emerson’s nicht minder abgründigen Komposition in Kombination mit klassischer Musik einen neuen akustischen Reizpunkt. Alles (nicht über Stimmung und Präsentation) Erzählerische ist von Anfang an höchstens sekundär, obwohl die Geschichte mit mehr Interesse daran auch einiges anbieten könnte. Erinnert teilweise an Polanski’s Wohnhaus-Trilogie (insbesondere Der Mieter), nur in keiner Weise ausformuliert. In fieberhaften Wahnvorstellungen treibt Inferno den Zuschauer vor sich her, heult mit gelegentlich erbarmungslosen Gore-Einlagen den Mond an und beschwört bei der Suche nach der Mater Tenebrarum ein faszinierendes Unbehagen herauf, mündend in einem lodernden Feuertanz, der den zweiten wie schon den ersten Akt von Argento’s Hexensabbat beschließt. [...]„Inferno“ ist eine so gnadenlos konsequente Fortsetzung zu „Suspiria“, dass sie dafür eine gewisse Opferbereitschaft bewusst in Kauf nimmt. Reduziert auf das Künstlerische, isoliert von narrativem Ballast (den Argento ja eh nie wirklich beherrschte). Ein purer, reiner Albtraum ohne Haltegriffe oder Führungsleine. Ein Strudel, in dem man sich entweder mittreiben lässt oder hoffnungslos absäuft. [...]

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            • 7

              [...] Auch wenn in den fast zwei Stunden durch einige Plot-Holes gestolpert wird und diverse Verhaltensweise bzw. Reaktionen (die teilweise so einkalkuliert sein sollen) ehrlich gesagt verdammt wenig Sinn ergeben, 52 Pick-Up überrascht positiv als eine Art Neo-Noir Selbstjustiz-Reißer, der dabei allerdings nicht auf blanke, reaktionäre Gewalt baut. Wenn der von seinen Peinigern in die Enge getriebene, aber offensichtlich maßlos unterschätzte Fast-Senior (Roy Scheider) plötzlich zur präzise durchdachten Gegenoffensive ausholt, wird das vorher als gnadenlos-rücksichtslos präsentierte Gangster-Trio (bestechend besetzt mit John Glover, Robert Trebor und dem eiskalten Clarence Williams III) von diesem Nachvornepreschen völlig überrumpelt. Deren Verwirrung, Hektik und Selbstzerfleischung wirkt dahingehend nachvollziehbar. Der Spieß wird fast umgedreht, doch wissen sich die Antagonisten auch spontan zur Wehr zu setzen, was zur völligen Eskalation der Lage führt (übrigens: John Frankenheimer und Heroin als Waffe, das hat Methode…). Was den Film in seiner Entwicklung sehr interessant macht: Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die ursprüngliche Prämisse zum totalen Selbstläufer mutiert. Für eine am Ende unverhältnismäßig läppische Summe wird ein grausames Kapitalverbrechen an das nächste gereiht. Weil es längst nicht mehr darum geht, nur darum als Sieger hervorzugehen. Männlicher Schwanzvergleich deluxe. Das eigentliche Erpressungs-Tape: Nichts mehr als der klassische Macguffin. Eine pulpige wie auch smarte Konstellation, die als solche absolut beabsichtig ist. Cool. [...]

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              • 8

                [...] Regisseur Joseph Sargent kann als echter Veteran der US-Fernsehgeschichte bezeichnet werden; inszenierte haufenweise Serienfolgen und TV-Movies. Seine Kinokarriere fällt verglichen damit recht überschaubar aus, sein letzter Film dort war doch sogar tatsächlich der schon legendär miserable Der weiße Hai IV – Die Abrechnung. Mit Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3 gelang ihm jedoch ein wahrer Knaller, der nicht nur inzwischen als echter Klassiker bezeichnet werden darf, sondern immer noch einen grandiosen, prägenden Beitrag seines Genres darstellt. In bester New Hollywood-Tradition wird ein weiterer, wichtiger Baustein zum räudigen New York-Thriller-Kinos der 70er Jahre abgeliefert, das die unkontrollierbare Verrohung der Stadt die niemals schläft ähnlich authentisch und unverwechselbar als Kulisse verwendet wie auch French Connection – Brennpunkt Brooklyn oder Taxi Driver. Fast vollständig verlagert in deren Underground, trotz seines langen, lokal bedingten Stillstandes wahnsinnig dynamisch und rasant in seinem Vorgehen entfesselt sich ein gleichwohl beklemmender, intensiver und teilweise trocken-humorvoller Nägelkauer. Die Mischung aus Hochspannung und sarkastischem Witz kommt dabei keinesfalls unpassend daher, spiegelt eher den allgegenwärtigen Zynismus und Galgenhumor dieser Tage wieder; reflektiert das aktuelle Zeitgeschehen in Form eines clever konstruierten Reißers mit hochwertiger Besetzung. [...]

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                • 3
                  JackoXL: Moviebreak 12.11.2018, 22:28 Geändert 12.11.2018, 22:32
                  über Schock

                  [...] Eine lächerliche Ansammlung verkorkster Haunted-House-Elemente mit einem unglaublich hohen, unfreiwilligen Humor-Potenzial, bei dem einem mehr als einmal so die Haare zu Berge stehen wie der (wie immer, aber trotzdem gerne rumgereichten) unmöglichen Hauptdarstellerin Daria Nicolodi (Profondo Rosso - Die Farbe des Todes, einst mit Dario Argento liiert) beim paranormalen Geschlechtsakt, der nicht mal den Höhepunkt der hier dargebotenen Spitze des Unsinns-Eisbergs anbietet. Allein die Präsentation ist erschreckend. Lieblos, uninspiriert, gleichgültig hantiert Shock mit surrealen Schießbuden-Frechheiten als wenn ausgerechnet Mario Bava NICHT eine ganze Stilistik mit seinen Ideen geprägt hätte. Auf drittklassigem Niveau werden absurde Momente eingestreut. Von (aus?)lachenden Klavieren, über zu Laser-Schwert-Sounds umherschwirrenden Cutter-Messern und zum Absturz geschaukelten Flugzeugen, präsentiert in billiger Not-My-Cup-Of-Tea-Lustlosigkeit, veredelt mit beschämenden Performances. Angeführt von Madame Nicolodi, die hysterisch kreischt und grimassiert wie vom tollwütigen Affen missbraucht; eine Zumutung ist das.

                  Sprachlos lässt das Anhänger des brillanten Visionärs Mario Bava im Regen stehen. Offensichtlich als Schützenhilfe für seinen Sohn Lamberto angelegt verleugnet der Meister sein gesamtes Können und liefert unter seinem Namen eine fremd-verbockte Zwischenprüfung ab, die jedwede Versetzung im Keim erstickt hätte. Die wenigen Gore-Effekte, die sind okay. Alles andere, so schmerzhaft es ist das so zu benennen, ist Müll. Höchstens auf der absurd-komischen Schiene erträglich. Aber das kann ja unmöglich der Anspruch sein. [...]

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                  • 5

                    Ein Film mit Herz, aber ohne eigene Identität. Das kanadische Kollektiv RKKS versammelt schon bei TURBO KID die geballte Ladung Liebe zu den guten alten 80er-, VHS- und BMX-Zeiten und kreierte daraus eine Hommage im Spielfilmgewand, die unabhängig davon im Resultat etwas zu wenig zu bieten hatte. Bei SUMMER OF 84 wiegt dieser Faktor noch schwerer, wirkt er doch wie ein reiner Trittbrettfahrer auf der Retro-Welle und STRANGER THINGS-Klon, der zudem auch noch das alte Lied vom vermeidlich bösen Nachbarn aus der suburbanen Idylle wieder und wieder aufkocht. Das einst von Hitchcock brillant verwendete Format (wenn damals auch nicht suburban: Das Grundprinzip ist übertragbar von DAS FENSTER ZUM HOF) wurde bereits bei Filmen wie DISTURBIA mehr schlecht als recht ins Teenagermilieu verlagert. Inhaltlich bietet dieser Beitrag im Grunde nichts anderes und ist zudem bis auf seine Bemühungen den Zeitgeist der 80er mitunter schon krampfhaft-gezwungen zu beschwören - weil ihm leider sonst nicht viel einfällt - kaum mehr als 08/15-Konfektionsware. Das eigentlich nur Klischees und Standards rezitiert und verwendet werden, was sowohl Ablauf wie Figuren angeht, mag Absicht sein und gerade an einem Genre-Film (der 80er) so etwas ernsthaft zu kritisieren wäre Unsinn…weil es dazu gehört. Nur fehlt es trotz des handwerklich vernünftigen Niveaus fast an jedweder Notwendigkeit dieses Projekts. Warum anschauen, wenn alles schon x-fach gesehen wurde, sich nur an nebensächlichen Referenzen maximal erfreut werden kann und der eigentliche Plot fast neutral und ohne eigene Geschmacksrichtung seiner Wege entlangbummelt? Vielleicht weil es ihm eindeutig nicht an Enthusiasmus mangelt (Hingabe, Identifikation ist klar zu erkennen) und wenigstens das Finale schön biestig daherkommt. Vielleicht, aber ganz bestimmt nicht zwingend.

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                    • 8 .5
                      JackoXL: Moviebreak 10.11.2018, 23:43 Geändert 11.11.2018, 00:07

                      [...] "Du musst positiv denken. Hast du schon mal jemanden umgebracht?“

                      [...] Die Story um einen inselbegabten, melancholischen Außenseiter mit schlichtem Gemüt aber großen Herz und einem gnadenlosen Killer-Gen ist der Coen-Film, den die Brüder nie gemacht haben und bestimmt heimlich neidisch drauf sind. Die Mischung aus skurriler, teils brillanter Situationskomik („Warum machen wir das hier nicht nachts?“) - mitunter auch pechschwarz und bitter-böse -, einfühlsamer Charakterstudie, spleenig-liebevoller Romanze und Gangsterstreifen ist in seiner herausfordernden und meisterlich homogenen Kombination einfach sagenhaft vorgetragen. Vortrefflich und mutig besetzt mit einem exzellenten Jason Priestley, der bis heute eigentlich nur als bleichgesichtiges Teenie-Idol der frühen 90er bekannt ist und genau wie Wolodarsky erstaunlicherweise nicht von seiner hier herausragenden Leistung profitieren konnte. Filmkarriere blieb aus, bedauerlich.

                      -„Willst du nicht das Klopapier abmachen?“
                      -„Ist mir im Moment scheißegal!“
                      -„Es wirkt aber nicht sehr professionell auf mich.“

                      Mit welch unfassbaren Präzision es das Gespann Wolodarsky/Priestley versteht, diesen knuffigen und bemitleidenswerten Cosmo zum Leben zu erwecken ist hinreißend schön. Wenn er in dem viel zu großen Anzug seines verstorbenen Vaters beim „Vorstellungsgespräch“ praktisch verschwindet wirkt er genauso verloren wie sonst in seiner mickrigen Existenz. Gleichzeitig wächst er aber förmlich über sich hinaus, wenn er in der Folgezeit beginnt ein eigenes Selbstwertgefühl zu entwickeln und sich bewusst wird, dass seine Fähigkeiten nicht nur anderen zum Vorteil bestimmt sind. Aus dem kümmerlichen, mit extrem wenig (un)zufriedenen Sitzriesen wird ein aufrechter Mann. Auch und besonders durch die grandiose Performance von Jason Priestley, der wahnsinnig viel über Körperspannung- wie Haltung, Mimik und Gestik ausdrückt, befeuert durch furztrockenen Dialoge und Oneliner, für die viele buchstäblich töten würden. [...]

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                      • 6

                        [...] „Du bist nicht nur eine Hure, du bist eine dumme Hure!“

                        Auch wenn oder besonders sogar weil 8 Millionen Wege zu sterben sich in die Beschützerrolle versetzt, bedient der Film misogyne Rollenklischees ohne mit der Wimper zu zucken. Passend zum Zeitalter von Walter Hill (Die letzten Amerikaner) und im Gedenken an einen Sam Peckinpah (Getaway) ist die Frau ein auslösender, aber für sich komplett unselbstständiger Faktor, der zwingend die Hilfe des männlichen Geschlechts benötigt, obwohl sie erst durch selbiges in diese Lage gebracht wurde. Die moralische und inhaltliche Essenz ist teilweise grenzwertig, da sehr von Unterwürfigkeit und Inkonsequenz geprägt. Das ist nicht unbedingt astrein, genauso wie es quasi ein Problem des Films darstellt, dass er Opfer seines Potentials wird. Welches wahnsinnig hoch ist, da hervorragend besetzt (neben Bridges mit Rosanna Arquette, Pulp Ficiton, und Andy Garcia, Der Pate 3, als skrupelloser Schmierzopf-Ganove) gut inszeniert und prickelnd im Aufbau. Mündend in einem zwischenzeitlich fast schnöden, recht holprigen Thriller mit einigem an Leerlauf, der sich aber gerade in seinem prolligen Exzess pünktlich zum Duell echter Mannbilder wieder fängt. [...]

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                        • 6

                          [...] Das sich im Fall von Wildling nicht von einer Spoiler-Attacke reden lassen kann wenn gewisse Details über den weiteren Verlauf sorglos ausgeplaudert werden dürfen, liegt leider am fertigen Film selbst. Der tut recht wenig dafür, als dass nicht jeder mitdenkende und halbwegs Genre-erprobte Zuschauer schon nach wenigen Minuten wüsste, auf was das hier hinausläuft. Das wird scheinbar auch erwartet, denn auf den Effekt eines Twists wird offenkundig nicht gebaut. Nur bleibt es zweifelhaft, ob wirklich schon so frühzeitig eigentlich alle Karten auf dem Tisch liegen sollten und ein Showdown heraufbeschworen wird, der dann nicht unbedingt die unfreiwilligen Erwartungen zu erfüllen vermag. Wildling könnte enttäuschen, wenn er sich auf die Rolle als verlässlicher, gewalttätiger Creature-Schlock oder hintergründig-offenbarendes Horror-Melodram festlegen müsste, denn beides beherrscht er nur rudimentär. Vermischt es und tendiert eindeutig in die zweite Richtung, nur hat da an dem Problem zu knabbern, dass die Konkurrenz oder eher Idole der letzten Jahre zu stark und prägnant waren. Die Bemühungen von Fritz Böhm sind aber aller Ehren wert, denn...

                          ... „Wildling“ verkommt niemals zum stumpfen Horror-Einerlei und präsentiert sich stätig als talentiert inszeniertes Fantasy-Märchen mit einer hervorragenden Hauptdarstellerin (von Bel Powley darf man noch einiges erwarten, die kann was), dessen 80er-referenz-Effekte auch mehr den Möglichkeiten denn einer Hommage geschuldet sein könnten. Dafür aber toll gemacht, wesentlich besser als jedes CGI vom Mittelfeld des lieblosen Studio-Fließbandes. Der Film könnte eigenständiger, kreativer sein, keine Frage. Für das, was er abliefern will ist er aber sehr ordentlich und enorm sympathisch in seinem ganzen Vorgehen. [...]

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                          • 7
                            JackoXL: Moviebreak 06.11.2018, 17:07 Geändert 09.11.2018, 20:30

                            [...] Was Mario Bava hier zelebriert, ist einer der ersten echten, vielleicht sogar der wichtigsten Bausteine zum italienischen Genre-Kino, ohne den es womöglich und wahrscheinlich niemals (in der Form) einen Suspiria gegeben hätte. An einem losen Gerüst freischwebende, komplett im Studio gedrehte Wundertüte, veredelt mit der kargen, dafür wie immer exzellenten Performance von Christopher Lee (The Wicker Man), dessen Prominenz und Dracula-Image auch eine der zahlreichen Eigenheiten dieser Produktion geschuldet ist. Ursprünglich auch im Originaltitel mit einer Vampir-Assoziation bedacht, musste dieses spontan geändert werden. Übrig blieb der deutsche Titel und von Vampir-Vergleichen gibt es bis zu dem offensichtlich nachgebessertem Finale (2 Minuten vor Ende) auch nichts zu sehen. Das irritiert beinah mehr als das es seinen Zweck erfüllt. Aber wie das meiste hier: Scheißegal! Schöner, bewusster und in seiner Wichtigkeit zwingender, ästhetisch-rettender war Mario Bava wohl nie. Ein mittelmäßiger Regisseur kann aus einer exzellenten Vorlage leichter einen geilen Film machen, als ein Meister seines Faches aus praktisch nichts. Wie so was dennoch funktioniert, das stellt Bava hier eindrucksvoll zur Schau.

                            „Vampire gegen Herakles“ ist wie den besten Sex der Welt zu haben…nur in der völlig falschen Umgebung. [...]

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                            • 7
                              JackoXL: Moviebreak 04.11.2018, 22:55 Geändert 04.11.2018, 22:57

                              [...] Was Nightmare II – Die Rache schmerzlich abging und nun (wieder und sogar noch mehr als je zuvor) zum Dreh- und Angelpunkt des Geschehens wird: Die Traumsequenzen. Mit deutlicherem Fokus auf die Welt und den Einzugsbereich des Freddy Kruger gewinnt Nightmare 3 – Freddy lebt! nicht nur theoretisch enorm an Qualität dazu, er versteht es auch vortrefflich damit umzugehen. Das Pendeln zwischen Wach- und Schlafzustand wird ähnlich smart verwendet wie im Original, hinzukommen reichlich kreative Einfälle in der Darstellung des Albtraum-Wunderlandes. Die zunächst nur der entstellte Platzhirsch sich zum Heimvorteil macht und mit auf jedes Opfer individuell zugeschnittenen Terror- und Tötungssequenzen satt die Muskeln spielen lässt (die Effektarbeit ist übrigens prima). Bis erkannt wird, dass eine surreale Traumwelt keine reine Einbahnstraße sein muss. Im Traum sind wir nicht nur ausgeliefert, wir können auch über uns hinauswachsen und alles bündeln, was uns in der Realität verwehrt bleibt.

                              Der Film öffnete damit zwar schon leicht die Tore für die ungesunde Richtung die die Serie von Teil 4-6 einschlug (bis Wes Craven 1994 sich dem Ding wieder annahm und erneut das Ruder entscheidend herumriss), aber hier noch befreit von deren überzeichnetem Blödsinn. Freddy Krueger ist immer noch das bitter-böse Schreckgespenst, das sich am Leid seiner Opfer ergötzt und nicht mit Sonnenbrille den Sprüche-klopfenden Pausenclown gibt. [...] Wurden in den späten 80ern Horrorfilme schon wie reines Milchvieh behandelt, sticht der dritte Nightmare daraus (immer noch) erstaunlich deutlich hervor. Mit viel kreativem Input, starker Handwerkskunst und deutlicher Liebe zur eigentlichen Geschichte ein Highlight der gesamten Reihe, die seitdem nie wieder auch nur grob auf Augenhöhe agieren konnte. [...]

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                                [...] Satirisch ist Two Thousand Maniacs! von Anfang bis zum Ende, wenn auch ganz bestimmt nicht auf die subtile und intellektuell-hochwertige Weise. Der springt dir mit dem nackten und vermutlich nicht gründlich abgewischten Arsch frontal ins Gesicht und lässt dabei noch einen fahren, bei dem Land mitkommt. Rein nüchtern, objektiv und formell betrachtet ist dieser schnell runtergedrehte und auf pure Provokation durch Exzess gepolte Schund eine einzige, skurrile Fehlerkette. [...]
                                Kaum zu glauben, was 1964 (dort galten selbst die Werke der HAMMER-Studios als schwer jugendgefährdend) für eine sadistische und gleichzeitig schellmische Sauerei abgefeiert wird. Haben bestimmt einige spontan aus dem Seitenfenster gekotzt. Heutzutage mag das verträglich sein – obwohl immer noch ziemlich fies und explizit -, damals quasi unzumutbar und mit Alleinstellungsmerkmal. Herschell Gordon Lewis mag kein genialer, nicht mal ein richtig guter Filmemacher gewesen sein, aber ähnlich wie z.B. ein William Castle (Schrei, wenn der Tingler kommt) war er ein kluger Kopf und letztlich prägende Figur des Kinos, die seiner Zeit weit voraus war. So wie Two Thousand Maniacs! theoretisch kein richtig guter Film ist, praktisch dafür wahnsinnig unterhaltsam und rückwirkend betrachtet gar sogar wichtig; filmhistorisch (stellvertretend für das Schaffen seines Regisseurs) irgendwie unverzichtbar.

                                „Jetzt werd‘ ich mir ´ne Katze fangen und etwas Spaß haben!“ [...]

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                                • 8

                                  [...] Den größte Clou dieses ohnehin beeindruckend vorgetragenen Thrillers zieht er genau zum richtigen Zeitpunkt aus dem Ärmel: Nach einer gefühlten (aber nie überlangen) Ewigkeit an falschen Verdächtigen entblößt sich urplötzlich der brillante Tony Curtis (Manche mögen’s heiß) als vermeidlicher Strangler, aber unter sehr schwierigen Bedingungen. Er muss erstmal zu einem verwertbaren Geständnis gebracht werden, obwohl er eh kaum strafunmündig wäre. Der Schlussakt von Der Frauenmörder von Boston – konzentriert auf ein sezierendes Verhör zwischen Tony Curtis und Chef-Ermittler Henry Fonda (Spiel mir das Lied vom Tod) – ist pures, aufwühlendes und perfekt arrangiertes Psycho-Kino, das seiner Zeit weit voraus ist. Selbst moderne und ambitionierte Genrebeiträge gucken angesichts dessen stumpf und ziellos ins Nichts. Inhaltlich, darstellerisch wie auch visuell ein bestechender Film, den sich der grandiose Tony Curtis ab einem gewissen Punkt sogar komplett aneignet. Was der bis dahin eher als schelmischer Frechdachs berühmt gewordenen Mime hier abzieht, ist beinah so revolutionär wie dieser Film und viele seiner Weggefährten für die Entwicklung des Kinos seinerzeit. [...]

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                                    JackoXL: Moviebreak 31.10.2018, 22:00 Geändert 04.11.2018, 22:47

                                    So richtig gebraucht hätte es diese Mischung aus alles ignorierendem Sequel (gab es schon, H20), Remake (gab es auch schon) und Fan-Service nicht wirklich, schlecht gemacht ist das dafür keinesfalls. Die Leidenschaft für das Projekt ist jederzeit erkennbar. Vollgepackt mit Referenzen an (ausdrücklich nur) die besseren Teile der Reihe, die allerdings auch nicht mehr wert sind, als das sie wahrgenommen werden wollen. Bis zum Schlussdrittel. Da zieht der Film nicht nur deutlich Tempo, Intensität und Gore an, dort werden diese Zitate auch plötzlich sinnvoll und reflektierend neu-interpretiert (Schrank & Balkon), wodurch das Gesamte endlich richtig zündet. Bis dahin auch kein verkehrter Film, nur fehlt es lange an echter Grundspannung. Lieber wird darauf gebaut, mit solidem Handwerk und eher belanglosen, trotzdem netten Easter-Eggs die Fans abzuholen, anstatt sich selbst deutlich zu definieren. Am Ende ist das HALLOWEEN-Reboot trotz seines etwas zu wenig selbstbewussten Alleinstellungsdrangs (weshalb Rob Zombie’s H2 beispielsweise immer noch der Vize im Franchise-Königreich ist) aber immer noch ein anständiges Abliefern mit eindeutiger Hingabe und Identifikation zur Basis, was ja selbst den Sequels der ersten Generation irgendwann deutlich abging. Und Jamie Lee Curtis mal wieder über einen längeren Zeitraum zu sehen ist schön…auch wenn sie Sarah Connor spielt.

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                                      [...] Es fehlt dem Episodenfilm schon an inszenatorischer Klasse, was sich besonders in den ersten beiden Geschichten deutlich macht. Alle Abschnitte verfügen über gute bis sehr gute, plastische Effekte, da lässt sich das Gesamtprodukt nicht lumpen. Die erste Story hat mit George Kennedy (Die nackte Kanone) den prominentesten und besten Darsteller zu bieten, ist so gesehen auch ganz nett, hat aber null Überraschungswert und verfügt über die noch sauberste, moralische Ebene. Was ihn gerecht, aber etwas langweilig in seinem Vorgehen macht. Nummer 2 ist nicht gerade spitze gespielt und (bewusst, trotzdem) nervig geschrieben in seinen Figuren, hat aber auch eine simple wie dadurch aber auch geile Prämisse, die enorm kurzweilig und fies daherkommt. Besonders das Ende entschädigt für die deutlichen, aber im Zusammenhang weniger relevanten Unzulänglichkeiten. Guter Aufbau, denn nach halbwegs okay und gar nicht so schlecht überzeugt der Showdown namens Der Anhalter umso mehr. Eine richtig garstige, von galligem Sarkasmus nur so triefende Karma-Möbius-Schleife, veredelt mit einem zynischen Running Gag und einem so deftigen Gore-Anteil, dass die immer noch existente Indizierung nun auch noch Sinn macht. Was für ein (Fast)Rausschmeißer, der allein schon das Ansehen absolut lohnt. Übrigens: Hier gibt Stephen King als betonter Whitetrash-Trucker sein übliches Cameo. [...]

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                                      • 6 .5

                                        [...] Michael Matthews zelebriert den Western, besonders die europäische Variante, vor einheimischer, südafrikanischer Kulisse mit dementsprechend exotischen Beigeschmack. Das Inhaltliche weicht dabei niemals von bekannten Motiven ab und so wirkt Five Fingers for Marseilles trotz seines individuellen und interessanten Settings nie wirklich eigenständig oder sonderlich kreativ. Wirklich alles kennt man bereits aus anderen Filmen, die fleißig und teilweise auch sehr stimmig zitiert werden. Allein Beginn wie Showdown sind eindeutig dem legendären Finale aus Zwei glorreiche Halunken entnommen. Dazwischen regnet es reichlich Referenzen zu Für eine Handvoll Dollar, Django, Die glorreichen Sieben oder Ein Fremder ohne Namen (obwohl, Mein Name ist Nobody…). Da wartete man schon erfolglos auf diese richtig selbst entwickelten Momente, wobei es diese mit einem mageren Budget von 1.000.000 $ inszenierte und dafür erstaunlich gut aussehende Hommage-Schleuder hervorragend versteht, das Bekannte sehr effektiv sich selbst zunutze zu machen.

                                        Kompromisslos und ziemlich radikal wird eine schlichte, aber impulsive Geschichte über spät angenommene Verantwortung und pures Auge-um-Auge vorgetragen, die nicht allen Figuren genug Platz einräumt und am Ende auch ein Stückweit unverständlich bzw. lückenhaft erzählt erscheint. Stilistisch aber hervorragend umgesetzt und mit einem sehr interessanten Ansatz versehen, der diesen Film auf alle Fälle sehenswert gestaltet. [...]

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                                        • 6

                                          [...] Der direkt als schwul bezeichnete und gezeichnete Sportlehrer, der in einschlägigen Fetisch-Etablissements unterwegs ist und später durch Freddy entsprechend „gezüchtigt“ wird, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Das bereits erwähnte Verlangen von Freddy, sich mit seinem blonden Jüngling intim zu vereinen (ihn mehr oder weniger zu vergewaltigen), wird derartig explizit thematisiert und mit vielen schrägen Details auch optisch so knallhart überstilisiert (eine Szene erinnert an einen „umgedrehten“ Blow-Job), verwundert reibt man sich die Augen und feiert es gleichzeitig auch ab aufgrund des subversiven Selbstbewusstseins, so was in der Form ernsthaft in die Tat umzusetzen.

                                          Wer meint all das wäre nur Zufall, sollte sich zwingend selbst davon überzeugen. In seinem Vorgehen ist der Film manchmal so hemmungslos und unzweideutig, dass man es schon wieder übersehen kann. Damit rechnet doch niemand! Da hier alles ohnehin ziemlich spleenig und „extravagant“ umgesetzt wird mag es vorkommen, dass gewisse Anspielungen in der Flut des Irrsinns untergehen oder nicht mit entsprechender, ja sogar clevere Wertigkeit bedacht werden. Denn eigentlich erweckt Nightmare II – Die Rache im ersten Moment nur den Eindruck eines mitunter absurden, gescheiterten Versuchs aus dem Erfolg des Erstlings schnellstmöglich Kapital zu schlagen. Dabei ist es das vermutlich individuellste, entdecken- und erforschenswerteste (dennoch nicht beste, aber aufgrund der dünnen Konkurrenz sogar nah dran) Sequel zum famosen Original, vom dem es sich weit entfernt, aber auf eine erfrischende, mutige Weise. [...]

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                                          • 5

                                            [...] Seine zurückhaltende Vorgehensweise macht irgendwo den Reiz, aber auf paradoxe Art gleichzeitig auch einen Schwachpunkt des Films aus, denn wirklich gekonnt wird die Spannungsschraube nicht angezogen, mehr plätschert das auf halbwegs solide, aber unspektakuläre Weise vor sich hin. Der geringe Gore und Bodycount ist an sich völlig okay, auch wenn man im ersten Moment vielleicht etwas anderes erwarten mag, nur fehlt es eben auch an inszenatorischer wie narrativer Klasse, um wirklich als mitreißender, in die Irre führender Suspense-Grusel zu überzeugen. Zumindest hält der leicht undurchsichtig gestaltet Plot so lange bei der Stange, dass man schon gerne die Pointe erfahren würde. Die fällt dann leider auch weit weniger raffiniert aus als zwischenzeitlich mal insgeheim erhofft. Was vermutlich gar nicht zwingend das Anliegen einer Produktion war, die keine größeren Ansprüche verfolgt und mit seinem Status als vernünftig gemachte Hausmannskost schon ganz zufrieden ist. Viel mehr bietet Dark Night of the Scarecrow unterm Strich tatsächlich nicht an, dafür fehlt es dann doch an Substanz. Hat aber wenigstens einen interessanten Ansatz und zum einmaligen Gebrauch als leicht unheimlicher Gute-Nacht-Film geht das insgesamt schon in Ordnung, gerade zu Halloween. [...]

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                                            • 6

                                              [...] Land of the Dead wirkt mehr Mainstream, mehr angepasst an die Sehgewohnheiten einer jüngeren (natürlich schon erwachsenen, aber eben anderen) Generation, die die Dinge gerne direkter, schneller und actionreicher vorgesetzt bekommen, ohne bei einem derartigen Film länger über dessen Botschaft nachgrübeln zu müssen…die sie anderweitig wahrscheinlich gar nicht wahrnehmen würde. Trotz dieser Zugeständnisse an das Zeitgeschehen, sicherlich auch Produzenteninteressen und natürlich auch einer leichten Altersminderung des inzwischen nicht mehr so wüsten und radikal-kreativen Geist eines George A. Romero, fühlt sich der Auftakt der neuen Trilogie immer noch richtig an, immer noch unverwechselbar wie einer seiner Filme. [...] Die doppelte Revolution im alten-neuen Zombie-Land: Romero’s Dreiklassen-Kampf entbehrt etwas seinem früheren, cleveren Subtext und wirkt in gewisser Weise auch wie eine Wiederholung seiner selbst. Kann auch nicht ganz die rohe, beklemmende Weltuntergangs-Stimmung seiner Basis wieder zum – naja – „Leben“ erwecken, präsentiert sich summa summarum aber immer noch als durchaus gelungener Neustart mit Luft nach oben (die leider in der Folge nicht wirklich ausgenutzt wurde), der auch dank seiner platten, aber kritischen Stellungnahme, der handwerklichen Qualitäten und einiger netter, kleiner Referenzen definitiv seinen Platz im Fanherz verdient hat. [...]

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                                              • 7

                                                [...] Der Tod wird durch die unsterbliche Liebe kurzzeitig besiegt. Das ist einerseits traurig, andererseits auf eine merkwürdige Weise schön. So schlicht The Crow – Die Krähe eigentlich gestrickt sein mag, so sehr kann er einen berühren. Eine traurige, schöne, dunkle Geschichte, dessen einfache Botschaft menschlicher und zugänglicher wirkt als bei so manchen „ambitionierten“ Dramen, eben weil er auf Genre-Pfaden an die natürlichsten und intensivsten, menschlichen Emotionen appelliert: Liebe und Hass. Mit vielen interessanten B-Visagen besetzt, mit einem passenden Soundtrack vertont, mit einem angemessenen Härtegrad versehen (was vielen Comicverfilmungen heute stark abgeht) und noch mit dem Interesse, nicht ein möglich breites Publikum anzulocken, sondern ein bestimmtes sehr gezielt zu bedienen. In seiner narrativen Simplizität (eigentlich ist der gesamte Film ein 100 Minuten langer, wenn dafür auch langsamer Showdown) beeindruckt der Film durch seine Detailversessenheit und emotionale, stimmungsvolle Dichte, die weit über dem der oft beliebigen Blockbuster-Comic-Fraß steht, der einem spezielle in den letzten Jahren so in den Trog gekippt wird. Mit Mut zur Tristesse und Pessimismus, aber nicht ohne die Hoffnung auf eine halbes Happy End. Denn tot sind sie alle von Anfang an schon. Manche wissen es halt nur später.

                                                Liebe ist leider nicht stärker als der Tod…aber was wäre wenn, und sei es auch nur für eine Nacht? Den Stellenwert von „The Crow - Die Krähe“ nur (oder größtenteils) auf seine tragischen Rahmenbedingungen zu beziehen ist selbstverständlich kompletter Unfug und unfair, auch wenn sie damals fraglos auf morbide Weise „unbezahlbare Werbung“ betrieben. Vielmehr fängt der Film intensiv seinen Zeitgeist ein (das sich Kurt Cobain im Jahr des Kinostarts das Leben nahm passt da auf sonderbare Weise mit hinein), in dem Antihelden und Grundsatz-Negativität - mit dem Anliegen, dadurch etwas zu bewegen oder wenigstens aufmerksam zu machen - auf einem Höhepunkt waren, der langsam brach. Quasi im Sterben lag. Da wirkt dieses finstere, zur unweigerlichen Grabesrückkehr verfluchte One-Way-Ticket wie der Abgesang einer Pop-Kultur und Generation. [...]

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                                                • 8

                                                  Herzlich Willkommen zurück, Drew Goddard, Sie wurden schmerzlich vermisst. Zumindest in der Funktion als kompletter, selbstständiger Filmemacher, was vor einer gefühlten Ewigkeit THE CABIN IN THE WOODS zu einem außergewöhnlichen Schmankerl machte. Und das lange Warten hatte einen Sinn, denn auch der für seine Qualität wie seine kreative Hingabe sträflich miserabel promotetet und trotz eines grundsätzlich recht positiven Feedbacks noch viel zu wenig wertgeschätzte BAD TIMES AT THE EL ROYALE ist schon wieder eine echte Perle geworden. Wie man meinen mag als Tarantino-Patenkind, was ihm nicht gerecht wird. Trotz gewisser Parallelen hat der Mann mit dem Dalton-Kinn diese auch hier angewandte Stilistik der nicht chronologischen, an in sich verbindenden Kapiteln orientierten und stark mit Musik und Dialog arbeitenden, Genre-referenziellen Räuberpistole nicht erfunden, nur wiederholt salonfähig gemacht. Drew Goddard nimmt ihm vielleicht sogar etwas vorweg, was wir bei des Meisters neuestem Werk im nächsten Jahr sehen werden.

                                                  Wie auch immer, das was hier veranstaltet wird ist eine unglaublich akribisch-detaillierte Zeit-Reise durch das filmische Hotel California, das wie fast jeder hier unter falschem Namen und Identität eincheckt. Gebaut auf der Staatsgrenze von Kalifornien und Nevada ist alles ein nicht genau definierter Wandervogel, der bewusst kein konkretes Handlungsjahr vorgibt und schon dadurch spannend mutmaßen lässt, wann wir uns exakt befinden. Denn allein das rückt einiges hier – und wenn es nur kleinschrittig erscheinen mag – in ein anderes Licht. Zwischen den späten 60ern und den frühen/mittleren 70ern; zwischen Korea und Vietnam; zwischen Charles Manson und Watergate; zwischen JFK und Nixon hantiert das fantasievolle, spielerisch-veranlagte Script mit vielen, selten genau ausformulierten Fixpunkten der damaligen US-Geschichte, die aber kaum nicht (wieder-)zu erkennen sind. Dabei tanzt der Film oftmals auch ganz direkt, mit physischen Stiefelchen auf dieser als geschichtlichen wie realitätsbezogenen verwendeten Metapher-Trennlinie, die es erlaubt auch über ganz korrekte Timeline-Konflikte zu spekulieren, da hier nichts beim echten Namen genannt wird und alles nur ein einziger Spagat aus zweier der prägendsten, kaum voneinander zu separierenden Dekaden einer Landes verstanden werden soll, dessen Zeitspanne sich am ehesten noch am Soundtrack festmachen lässt. Der Orientierungspunkt im wuseligen, kontrollierten Chaos.

                                                  Dem zielgerichteten Neo-Noir-Geschichts-Mikado von Drew Goddard, das neben seinem geduldigen, überdachten Storytelling, seiner liebevollen Figuren-Zuwendung, seiner stilistischen Finesse und dem Herz am rechten Fleck auch noch mit sensationellen Kino-Rookies wie Cynthia Erivo oder Lewis Pullmann auftrumpft, die sicher auch nicht jeder mit so wichtigen Rollen ausstatten würde. Mut wird manchmal auch im Filmbusiness belohnt. Wenn auch nicht zwingend kommerziell, was hier besonders bedauerlich ist. Dabei ist es doch angeblich genau das, was alle immer fordern und sehen wollen. Einfallsreiches, handwerklich starkes und nicht verblödetes Genre-Kino. Auf dem Silbertablett verschimmelt, wie zynisch.

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                                                    [...] Der Hang zum Bizarren blitzt ab und zu positiv durch. Leider bleibt es mehr ein Aufflackern in einem letztlich zwar ambitionierten, aber über weite Strecken dennoch sehr generischen, austauschbaren Haunted-Place-Best-Of, das wenig wirklich kreativen Eigen-Input anbietet und selbst das Bekannte nicht richtig effektiv für sich zu interpretieren vermag. Das Interesse am Verlauf wird zunächst aufrechterhalten, die Figuren besitzen vermeidlich leicht mehr Tiefe als in vergleichbarer B-Kost, die Umsetzung ist relativ ordentlich. Alles schön und gut, nur am Ende bleibt The Axiom unabhängig davon viel zu viel schuldig. Vielleicht ein Stückweit auch weil das partiell viel besser wirkt oder antäuscht, als das was übrig bleibt.

                                                    Das Rätselhafte im Plot verkümmert durch beliebige Schockmomente von der Stange und endet in einer gezwungenen, beinah schon skurrilen Pointe, die dem angedeuteten, inhaltlichen sowie fachlichen Potential nicht mal ansatzweise gerecht wird. Was eindeutig einer groben Verschwendung gleichkommt, denn an sich ist ja alles oder wenigstens vieles vorhanden. Man müsste nur damit besser umgehen, aber das ist wahrscheinlich auch einfacher gesagt als getan. Unabhängig davon, unterm Strich zählt das abgelieferte Produkt und das enttäuscht trotz angedeuteter Talente zu deutlich, als das jetzt die rosarote Stets-Bemüht-Brille da mehr rausholen könnte. [...]

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