Julio Sacchi - Kommentare
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Alle Kommentare von Julio Sacchi
1970 wurde die Berlinale zum ersten und bisher letzten Mal vor dem offiziellen Ende abgebrochen. Grund dafür war der umstrittene Film O.K. von Michael Verhoeven, an dem insbesondere Jury-Präsident George Stevens Anstoß nahm. Verhoeven greift darin eine wahre Geschichte aus dem Vietnam-Krieg auf, die Brian De Palma 18 Jahre später als CASUALTIES OF WAR erneut verfilmen sollte: Amerikanische Soldaten entführen, vergewaltigen und töten ein vietnamesisches Mädchen; einer von ihnen verweigert die Teilnahme an den Greueltaten und bringt sie zur Anzeige.
Im Jubiläumsprogramm der diesjährigen Berlinale hatte man nun eine seltene Gelegenheit, diesen berüchtigten Film zu sehen. Verhoeven verlegt den Film in den bayerischen Wald und arbeitet mit zahlreichen Brechtschen Verfremdungseffekten. Damals noch unbekannte, heute berühmte Schauspieler stellen sich und ihre Rollen vor und eiern dann in US-Uniform durchs deutsche Unterholz. Das kratzt lange und absichtlich am Nonsens, bis die damals 15jährige Eva Mattes als Mao auftaucht - hier wechselt der Film den Ton und geht einem mit ihrem Martyrium direkt und gnadenlos an die Nieren.
Ein krasses politisches Statement im Gewand einer fast experimentellen Groteske, noch heute voll mit der rohen Power eines wütenden Filmemachers. Daß danach Verhoeven mit Eva Mattes, Friedrich von Thun, Hartmut Becker und Wolfgang Fischer auf die Bühne kommt, macht diesen Tag endgültig zum Festival-Highlight und erneuert meine Freude und Dankbarkeit für diese Filmfeiertage in meiner Stadt. Toll!
Inszenierung dürftig, Kamerarbeit nicht zufriedenstellend, Schnitt teils viehisch. Dazu ein grünstichiges Grading zum Weglaufen. Die Einordnung in den 70ern wirkt auch nicht gerade authentisch, vor allem nicht, wenn die Sängerin einen auf DSDS macht. Die lange Kette bekannter Namen im Vorspann verblüfft, aber da muß man sich schon auf harte Schocks gefasst machen: Brendan Fraser sieht aus wie Fatty Arbuckle und spielt auch wie im Stummfilm, und die einst naturschöne Famke Janssen hat sich vom Chirurgen in eine außerirdische Schotenversion ihrer selbst verunstalten lassen; daß man von ihr und Stormare texanische Accents nicht erwarten kann, geschenkt.
Aber Travolta macht seine Sache extrem gut (auch den Akzent), schlurft hier als abgeranzter, aber moralisch integrer Privatdetektiv durch Galveston und macht sich und anderen Ärger. Das Mysterium hat auch Noir-Qualitäten, irgendwann steigt man nämlich nicht mehr durch. Zwei unübersichtlich inszenierte, aber recht heftige Shootouts steigern den Unterhaltungswert dieses insgesamt ganz passablen Timewasters.
Cross (Sardou) ist ne ganz harte Sau. Der Bulle ballert selbst bei Lösegeldübergaben, bei denen kleine Kinder involviert sind, wild um sich. Da gibt's natürlich Ärger vom Chef, der Partner ist auch ein dummer Asi und die Ex-Frau, die von Cross wie von jedem französischen Filmpolizisten zu nachtschlafener Zeit aus dem Bett geklingelt wird, hat auch keinen Bock mehr auf ihn. Das alles mit Optik und Musik aus der 80er-Schublade des Grauens.
Der Asi-Partner sagt zu Cross: Hey, da issen Killer in der Stadt, den sollten wir beobachten, ach und übrigens, Dein alter Erzfeind ist aus der Irrenanstalt abgehauen! Danke für die Info, Asi. Jetzt macht der Film eine überraschende Kehrtwende: Der Psycho (Patrick Bauchau) macht mit seiner Idiotengang einen auf Home Invasion und fällt ins Haus von Cross' Schwiegermutter ein. Dort wird einer abgeknallt, alle anwesenden Frauen als Geiseln genommen, vor allem natürlich Cross' Ex und die gemeinsame kleine Tochter.
Cross macht jetzt das, was jeder in dieser Situation tun würde: Er spürt den Killer auf, der in der Stadt ist, und bittet ihn, ihm zu helfen! Nach ein wenig Gerangel, was m.E. relativ viel kostbare Zeit frisst, machen sich Cross und der gegelte Giraud auf den Weg, die Bande hat sich mittlerweile nämlich WARUM AUCH IMMER in einem abrißreifen Haus versteckt. Dort geht es vornehmlich um die Frage, wer wen als ersten rapet, der Chef hat sich schon Cross' Ex vorgenommen, was aber wohl irgendwie ok ging ("Die anderen hätten mich vergewaltigt", hä?!), und der Rest will natürlich am liebsten das Kind schänden (ein 18er, wie er im Buche steht).
Cross und der Killer eiern ewig durchs abrißreife Haus, inzwischen gibt's schon wieder Tote und am Ende räumt man sich recht unspektakulär gegenseitig weg. Am härtesten trifft Cross der Tod des Psychos, da isser fast am Heulen, das kann man sich echt nicht ausdenken, der ist doch nicht mehr ganz cross in der Birne!
Große Waffen, lockeres Gelaber, alles voll asi und Achtziger, wer sowas mag, muß irgendwie ran, mach Dein Cross und fahr zur Hölle!
Asiatische Genrefilme im Zoo Palast? Ein Muß. Jedes Jahr. Weil sie immer eine Augenweide sind und hier richtig richtig knallen. Ein Muß, selbst wenn sie nicht so gut sind. Der hier ist urgeil.
Vier junge Kumpels wollen raus aus der hoffnungslosen Tristesse einer koreanischen Großstadtdystopie. Ein letzter Raubzug soll das Ticket in die Freiheit bringen, aber sie klauen das Falsche von den falschen Leuten - und nun klebt ihnen ein sadistischer Aufräumer an den Fersen.
Klar, kennt man, CHARLEY VARRICK mit leichten BULLET IN THE HEAD- und DEAD PRESIDENTS-Vibes (sogar die Musik im Vorspann rifft Isaac Hayes), aber der Aufräumer ist ein Geistesbruder vom HITCHER und der Film schon nach 10 Minuten auf Vollgas. Sieht geil aus, entwickelt teils Höchstspannung und steigert sich in brachial apokalyptischen Kugelhagel, ein endgeiler Wahnsinn.
Im Zoo Palast knallen die Schnellfeuergewehre so brachial laut, daß sich die Teetrinker-Schluffis die Öhrchen zuhalten. Überhaupt, das Sound Design dieses Films, es ist ein Fest. In einer Szene müssen die Boys in einer nächtlichen Tiefgarage ein Auto klauen, die Alarmhupe trötet, wird auf der Tonspur runtergefiltert, phast sich im High Pass rund durch den Kinosaal und trifft ganz unten auf den Beat. Maximum Overdrive. Master Class.
Ganz klar die satteste Abrißbirne dieses Festivals. Blockrocker statt Cockblocker. Prädikat MEGA.
Willem Dafoe schenkt in seiner Holzhütte im verschneiten Nirgendwo Schnaps aus. Das ist dann aber auch schon der letzte konkrete Moment im neuesten Heuler von Regie-Punk Abel Ferrara: Dafoe darf eine scharfe Schwangere befummeln und macht sich nach dieser geilen Marienerscheinung auf die Suche nach sich selbst.
Mit seinen Huskys stakst er durch Schnee, Wüste und den bayerischen Zauberwald. Da trifft er auf einen sinistren Doppelgänger, aggressive Jugendliche mit Prollcore auf der Playlist, einen Schamanen, einen Zauberer, auf seine Ex und natürlich auf Vati ("Dad?"). Außerdem darf er regelmäßig junge Hupen kneten, vielleicht die schärfsten Eroberungen seines Lebens oder alle, die er gern mal ferkeln wollte, keine Ahnung.
Irgendwann dachte ich, jetzt könnte auch noch ein Fuchs im Unterholz erscheinen und was Schlaues zu ihm sagen. Aber das übernimmt ein Fisch, der in der Pfanne liegt und labert und dann ist der Film aus.
Der verunsicherte Alpha-Mann auf der Suche nach dem Sinn - kein neues Thema für Ferrara, aber noch nie so frei und formlos verhandelt wie hier. Für einen derart assoziativ mäandernden Selbstfindungstrip ist SIBERIA aber einfach zu bildschwach und die angefreakten Provo-Momente zu altbacken. Tanzende nackte Kleinwüchsige und aus dem Schritt blutende Omas, das sind abgehangenste Schockmomente aus Willi Schwabes Rumpelkammer.
Im Publikum wurde ob der erschütternden Flachheiten im Dialog ("My only mistake was that I loved you too much" o.ä.) viel gekichert, die Reihen lichteten sich zunehmend. Aus Respekt vor Ferrara, den ich sehr verehre, bin ich geblieben. Das war der einzige Grund.
Öhm, hier geht es wohl um die Auswirkungen eines von der Militärregierung 1980 gebauten Stausees auf die Natur und die Bewohner des Amazonas-Gebietes. Das weiß ich aber aus dem Berlinale-Programm, der Film verbringt die meiste Zeit mit Angucken. Mittig guckt sich der Filmemacher einmal ein schier endloses unbebildertes ungeschnittenes Interview zu diesem Thema auf seinem Macbook an, aber selbst der gütigste Geist schaltet da irgendwann die Hirse ab.
Der Filmemacher Fernando Segtowick ist hier Protagonist oder auch nicht, er horcht mal ne alte Frau aus ("ja früher fuhr hier ein Zug") oder ein kleines Mädchen ("Mein Bruder ist 12 - glaube ich"), dann taucht er ne halbe Stunde gar nicht mehr auf. Der Film ist schwarzweiß gedreht, also so digitales grau-in-grau, ich weiss nicht warum, es macht ihn dull.
Die Einstellungen währen ewig, Leute gehen in eine Hütte, es dauert, die Kinoreihen lichten sich; die Leute haben ja keine Ahnung, was noch kommt; mehrere Minuten Stummfilm
von der Nüsseernte etwa. Dann spielen irgendwelche Menschen Fußball, minutenlang, und dann tanzen welche, in ner Baracke, vielleicht für Stunden, vielleicht für Jahre, ich kann es nich sagen.
Am Anfang des Films unterhält sich Segtowick mit seinem Kameramann. Der sagt zu ihm: "You know how it is with documentaries, sometimes it works, sometimes it doesn't."
Ja so isses wohl.
Pharmaingenieur Xhafer (in Höchstform: Mišel Matičević) fühlt sich an seinem Arbeitsplatz übergangen, gegängelt und ausgegrenzt; zuhause hängt ihm jemand tote Ratten ans Gartentor. Der Kosovoalbaner führt das alles auf seine Herkunft zurück, aber wie soll er das beweisen? Seine Frau (Sandra Hüller) hat eine merkwürdige Art, ihn zu beschwichtigen, "vielleicht mögen sie Dich einfach nicht".
Der Moderator kündigte einen "gerade heute so wichtigen" Film an, eine Zuschauerin fabulierte von Alltagsrassismus. Meiner Meinung nach geht es in EXIL darum gar nicht. Der Film ist, daran läßt Visar Morinos herausragende Inszenierung eigentlich keinen Zweifel, waschechtes Paranoia-Kino.
Xhafers Arbeitsplatz ist das reinste Höllenloch; dunkle Flure, an deren Ende gleißendes Licht keine Erlösung bietet. Alle dort schwitzen in Strömen, es muß unerträglich heiß sein. Zuhause ist alles zu dunkel, in den schmalen Lichtwürfen kurios angebrachter Lampen hat oft nur eine Figur Platz, der Rest ist Schatten. Oft folgt die Kamera Xhafer; wir wollen sehen, was er sieht, aber meistens verdeckt er es oder es ist unscharf. Aber vielleicht würden wir sowieso nicht sehen, was er sieht, man kann hier niemandem trauen.
Visar Morino hat im Publikumsgespräch abgestandene Lynch-Vergleiche mit der naheliegenden Referenz DER MIETER von Polanski ausgehebelt. Damit ist schon viel gesagt über diesen fantastischen Film: EXIL ist - selten genug im gegenwärtigen, nicht nur deutschen Kino - vor allem eines: Er ist unheimlich.
Ein Tag im Leben der Assistentin eines erfolgreichen Filmproduzenten. Der Film arbeitet sich in der Darstellung ihrer Aufgaben an den bekannten Unterhaltungsindustrie-Klischees ab, die leider allesamt der Wahrheit entsprechen: Als erste im Büro, saubermachen, ausdrucken, die Frau des Chefs am Telefon beschwichtigen, den verzweifelten Stars erklären, wie man parkt, den Staubsauger benutzt oder sich die Hose zumacht, "it's not your fault".
Natürlich, wir schreiben 2020, ist der Chef ein kaum verklausulierter Harvey Weinstein; Angestellte werden gedemütigt, Anweisungen nur gebellt und alles, was jung und weiblich ist und sich in Hotel oder Büro verirrt, wird gnadenlos weggeflext. Diesen systemischen Mißbrauch erkennt irgendwann auch die Assistentin, doch ihr wird flink versichert, daß sie sich keine Sorgen machen müsse, "you're not his type".
Kitty Green hat das mitunter etwas zu eindeutig (viele Topshots, so daß einem kein Detail entgeht), aber insgesamt sehr klug inszeniert: Statt Bürohektik stellt ihre betont statische Regie die ermüdende Tristesse glaubwürdig heraus. Den Pseudo-Weinstein sieht man nie, man hört nur gekläffte Ansagen am Telefon, fast wie die Lehrer bei den Peanuts. Kitty Green weiß, daß die ihn umgebenden Personen psychologisch viel interessanter sind.
Deswegen ist dieser Film dann doch nicht nur ein später Beitrag zur #metoo-Bewegung, sondern ein gut gedrehter, toll gespielter Versuch, alle Mittäter des systemischen Mißbrauchs zu beleuchten, die freiwilligen wie die unfreiwilligen.
Schöner Cameo von Patrick Wilson auch.
Editorin Bettina Boehler hat aus Tonnen von Archivmaterial einen Dokumentarfilm angefertigt, der ohne neues Footage oder Interviews chronologisch Christoph Schlingensiefs künstlerischen Werdegang nachzeichnet, von den ersten Kurzfilmen seiner Kindheit bis zu seinen ausschließlich selbstreferenziellen Arbeiten während seiner Krebserkrankung. Daß diese über zweistündige Archivschlacht nicht beliebig, sondern stringent und unterhaltsam beim Zuschauer ankommt, liegt vor allem an ihrer klugen Entscheidung, einen roten Faden zu finden: Sie betrachtet Christophs Werk vornehmlich anhand seiner Auseinandersetzung mit Deutschland und kontrastiert diesen Konflikt mit seinem Verhältnis zum Elternhaus.
Weil ich mich selbst schon oft durchs Schlingensiefsche Euvre wühlte, war mir gefühlt ein nicht unbeträchtlicher Teil des Bildmaterials bekannt. Und doch war es ein frischer Blick auf ihn, gerade wegen der thematischen Einordnung seiner Aktionen und Arbeiten; mir wurde auch nochmal bei Ansicht der Filmausschnitte deutlich, was für ein fantastisches Auge er für Bilder hatte.Es gibt aber keine Einordnung von außen, Christoph erklärt sich in zahlreichen Interviewausschnitten selbst, das reicht logischerweise von verblüffenden Erkenntnissen bis zu entrücktem Geblubber - aber bei ihm war auch das ja immer sehr einnehmend, man hört ihm gerne zu; Teil seines Erfolges war sicher diese Mischung aus seinem jungenhaft guten Aussehen und dem verschmitzten Charme, die einen harten Bruch zu seinen teils grellen Aktionen bedeutete.
Mir ist es nicht möglich, unpersönlich über Christoph Schlingensief zu schreiben; ich habe ihn im Zuge verschiedener Produktionen zwischen 1996 und seinem Tod schon ein bißchen kennengelernt und sehr sehr gemocht. Er hatte, wie jeder Mensch, natürlich auch Schwächen und Charaktereigenschaften, die manchmal im Kontrast zu seinem Anspruch an andere standen, aber eine irgendwie halbprivate Analayse habe ich hier nicht vermißt. Allerdings gab es auch Momente des Scheiterns bei Christoph, in denen er verloren wirkte und wütend über sich selbst war; diese Momente haben viel über ihn und seine eigenen Konflikte erzählt, etwa wie er bei TALK 2000 an Harald Schmidt verzweifelte oder Michel Friedman ihn bei DDN beherrschte.Diese Momente zeigt der Film nie; Schlinge steht da in Talkshows bei Schawinski oder Fried oder Christiansen und kommt immer als Hero raus, mit dem selbst seine Gegner lachen können. Da kratzt die Doku letztlich dann doch hart am Fanfilm.
Aber das ist legitim, das ist Bettina Boehlers Blick auf ihn, und der Film ist schön und macht Spaß; er wirkt des thematischen Schwerpunkts wegen auch zeitgemäß und aktuell. Vor allem aber, und das ist das Wichtigste, zeigt er nochmal mit Nachdruck, wie sehr Christoph fehlt, wie sehr jemand fehlt, der "den Hitler zerfleddern", den Nazi in Deutschland so lange ausstellen und abnutzen wollte, bis keiner mehr "diese alte Jacke tragen will". Ja, Christoph war toll, und Christoph war wichtig.
GEIL. Actionbombe ohne wenn und aber, extrem gut in Szene gesetzt, auffallend gut geleuchtet, eine echte Pracht! Es wird die ganze Zeit geliefert und/oder einer draufgesetzt. Sammo kommt super, aber toll fand ich auch, wie viel stärker und effizienter hier die Girls fighten.
Absolutes Highlight!
Lumet total geflasht von der chassidischen Community. Und wie so oft, wenn Filmemacher von irgendner Community geflasht sind, wird auch hier jedes Maß verloren: Bei der dritten Montage von Brotbacken und Kreistanzen schlägt sich die unfreiwillige Komik Bahn. Sehr lustig auch die absurd fehlbesetzte Piepsmaus Melanie Griffith als vom Leben abgehärtere "Police Person" mit dem ganz großen Mantra ("You should have seen the things I've seen). Griffith treibt ihr patentiertes Zwangsgeräusper mal wieder auf die Spitze, stöndig möchte man ihr Rachendrachen zuwerfen.
Daß das alles mal als Krimi anfing, spielt bald keine Rolle mehr, und wo der thematisch oberflächlich verwandte WITNESS nie belehrend wurde, muß Griffith die archaischen Regeln der Chassidim als life-changing experience begreifen - a wife, a mother, what can be more important than that?
Der Film sieht immerhin ganz gut aus (fotografiert von Andrzej Bartkowiak), kann darüber hinaus aber leider unter Totalausfall wegsortiert werden.
Mal wieder Mega Vega.
100% on point.
Alle vertrauten Elemente oldschooligen HK-Actionkinos: Pathos, Kitsch, traurige Männer, Frauen und Kinder in Gefahr. Und überhaupt alles, was weh tut, von Kindesmißbrauch bis Zwangsprostitution. Zu viel, zu traurig für einen Heuler, der sich vorgeblich mit einer brisanten Festplatte beschäftigt.
Aber die Stars sind in Form, es knallt fast durchgängig und trotz haarsträubender CGI-Autos und -Explosionen auch mit Wucht und originell (das Finale!). Die Plot Twists sind hanebüchenst, sorgen aber genau deshalb für Abwechslung. Insgesamt fand ich den geil, sieht auch schick aus.
Durch die Bank gut gespielt, besonders von DiCaprio, von Spielberg stilsicher und modern in Szene gesetzt (nur mit den übergroßen KW-Bomben, die hier durch jedes Fenster brezeln, übertreibt er es dieses Mal), durchgängig unterhaltsam und randvoll mit Retro-Charme. Aber der Film ist so fluffig, da bleibt partout nichts hängen.
Rod Steiger wechselt wie so oft zwischen Intensität und Karikatur, gerade am Anfang spielt er sich mal wieder nen Wolf. Aber der Film ist hart und glorifiziert nicht, er führt die Gnadenlosigkeit der Prohibitionszeit ohne Glamour vor Augen. Nur der interessanteste Konflikt - Capone und die Witwe seines Mentors - der ist mal wieder frei erfunden.
Diese Fu-Man-Chu-Heuler sind schon alle SEHR fad. Der hier ist etwas besser als der Vorgänger, wegen Horst Frank und der Doppelgänger-Story, aber Christopher Lee sitzt eh nur rum und am Ende explodiert was.
Ja, der Film ist haarsträubend doof und irgendwie denkt man in dem Moment, wenn der Killer aufgedeckt wird auch irgendwie, hä, das weiß ich doch schon, und ja, Borelord Beresford inszeniert wie immer schön behäbig und lasch, stimmt alles, Stewart Copelands Score wechselt von strange zu gut und wieder zurück, stimmt ja auch, und ja, Linda Hamilton wird total verheizt, es gibt auch null Chemie mit Dreyfuss. Alles richtig. Aber dennoch, Dreyfuss ist toll, Walsh auch, und der Film hat sowas herbstlich.-geheimnisvolles.
Tolle New-York-Locations, ein gewohnt starker Goldsmith-Score und eine bis in die kleinste Nebenrolle eine namhafte Superbesetzung. Die schauspielerischen Highlights findet man allerdings eher in den Nebenrollen: Danny Aiello, David Paymer, Richard Schiff, Martin Landau usw sind einfach super. Cusack hingegen findet so gar nicht in seine Rolle; sobald er mit der schmallippigen Fonda ein Ermittlerduo bildet, geht der Film hart in die Knie. Pacino darf sich in einem albernen Supermonolog am Sarg eines Kindes austoben und bringt erst in seiner letzten Szene mit Cusack seine Meisterschaft zum Vorschein. Da ist der Film aber schon von schön spannendem Einblick in Politmachenschaften zum haarsträubenden Melodram geworden. Daß hier drei (!) Top-Autoren, unter anderem Paul Schrader, am Werk waren, mag man so gar nicht glauben.
George Raft kommt aus dem Knast und kriegt kein Bein an den Boden, und dann läuft auch noch ein exzellenter Bogie mal wieder mit dem Film davon. Harte Zeiten! Interessanter ist da schon, wie ein blutjunger William Holden an der Mißbilligung der Gesellschaft scheitert und nun selber auf die dunkle Seite wechseln will. Ein recht schöner, temporeicher Film mit guter Action im Finish, der allerdings nie sonderlich zu überraschen weiß und darum ein bißchen zu gemütlich dahinplätschert.
Notorischer Monsterflop aus der Katastrophenschmiede von Sir Lew "low" Grade. Warum dieser Heuler allerdings derartige Unsummen verschlungen hat, lässt sich nach Ansicht des Films nicht eindeutig klären: Aus der okayen, aber auch nicht gerade gigantischen Besetzung ragt allenfalls Alec Guinness heraus, und der hat nicht mehr als ein Cameo. Die Effekte kommen erst in der finalen Bergungsmission zum Tragen, aber mehr als ein aus Zeitlupenwasser gezogenes, eindeutig als solches zu erkennendes Schiffsmodell gibt es da auch nicht zu sehen. Die schönste Szene ist Richard Jordans Begehung des Ballrooms und die Ankunft der Titanic im Hafen von New York. Außer Spesen nichts gewesen.
Auch John Barry tut dem Film keinen Gefallen: Obwohl er immer in der Lage ist, schöne Melodien zu schreiben, offenbaren sich seine Grenzen bei Action- und Spannungsszenen. Wie Blei zieht seine Musik den Film in die Tiefe.
Millers Theaterstück prangerte unverhohlen die Hatz auf "unamerikanische Umtriebe" der McCarthy-Ära an, aber seine Botschaft bleibt zeitlos. So auch in Hytners Film, der sich mit Verve an Millers Drehbuch abarbeitet und leider nicht immer den richtigen Ton trifft - mal zu steif, mal zu verkitscht, immer im falschen Moment. Dank herausragender Darstellerleistungen und einer unkaputtbaren Message dennoch eine eindrückliche Erfahrung. Sehenswert.
Nettes Creature Feature von Monsterguru Stan Winston. Der Aufbau ist ausgezeichnet, dank Henriksens intensivem Spiel geht einem das Ableben seines Jungen richtig an die Nieren. Hinten raus fällt dem Film aber nicht mehr viel ein und die Kills sind schlichtweg zu schlaff. Da hätte man ruhig mal die Gorebauern abkeulen können.
Mit etwas zu langem Atem erzählte Hochland-Saga mit Liam Neeson als hünenhaftem Tölpel. Manchmal greift die Regie kräftig daneben - das Gelic Playback, au weia - aber die Landschaftsaufnahmen sind toll und emotional kommt auch irgendwann Druck auf den Kessel. Trumpfkarte sind aber die Bösen: Genüßlich zelebrieren John Hurt und Brian Cox ihre blaublütigen Widerlinge, und Tim Roth fackelt mit seinem perfiden Archie eine Jahrhundertperformance ab. Der finale Schwertkampf ist erstklassig.
Unterirdischer Mega-Cheapo, von Stümpern auf Video gedreht. Hier schiebt der obligatorische Penner seinen Einkaufswagen noch selber in die Verfolgungsjagd rein. Fights, Shootouts und Car Chases sind absolute Graupen, da geht wirklich absolut gar nichts, man weiß auch immer, welches Auto gecrasht wird, es sind immer die schrottreifen Arschmühlen, wie einst beim 7. Sinn. In der Hauptrolle präsentiert ein gewisser Deron McBee seine Muskeln, die Kamera fährt gleich am Anfang genßlich seinen Schritt entlang, später kommt er mit Jeansweste und Sonnenbrille in eine Bar und das ist auch schon der ganze Witz. Kann sich alles irgendwo zwischen CrossClub und Fog2 einordnen.
Sehr billig produziert, teils erbarmungswürdig gespielt und nicht allzu kompetent inszeniert (es gibt nicht mal einen Außenschuß des Hauses, so daß man sich nie recht orientieren kann). Der Film lässt, ganz dem Slasher-Genre verhaftet, ständig Leute im Dunkeln rumlaufen, bis sie einer abserviert. Die Gore-Effekte sind ebenfalls cheap, aber heftig: Dem Hausmeister wird der Kopp aufgebohrt, ein anderer Typ kriegt x-mal mit dem Nagel-Baseballschläger auf die Omme und die arme Daphne Zuniga kommt in ihrer ersten Rolle unter die Räder. Dank eines unerwarteten Endes ein bemerkenswert fieser Film, nicht zuletzt dank eines frühen Scores von Chris Young durchaus atmosphärisch.